Chained von Bettyna (In his arms) ================================================================================ Kapitel 1: No turning back -------------------------- Das Haus war erfüllt von einem herrlichen Duft. Die lauen Temperaturen machten die Frühlingsnacht zu etwas ganz besonderem, sodass auch die meisten Fenster offen standen, um die angenehm frische Luft mit dem Geruch der langsam erblühenden Kirschblüten in die Räume zu lassen. Vorhänge wiegten sich sanft in der leichten Brise. Lampions im Garten und auf der Terrasse tauchten die Umgebung in ein fast mystisches Licht. Der schwache silberne Schein des halbvollen Mondes tat sein übriges dazu. Wie gern wäre Damasu dort draußen gewesen. Den Blick zu den Sternen heben, den Geräuschen der Nacht lauschen. Sie war ein Mensch, der die Natur liebte, doch kaum zuvor hatte die Stille und die Einsamkeit sie so angezogen. Dabei trug sie auf gewisse Weise Mitschuld an der Situation, in der sie sich befand und aus diesem Grunde versuchte die junge Frau, ruhig zu bleiben und das alles gar nicht so nah an sich herankommen zu lassen. Sie saß an dem reich gedeckten Tisch. Die Zubereitung der köstlich aussehenden Speisen musste Mikoto, der Hausherrin, schrecklich viel Arbeit gemacht haben. Doch sie wirkte sehr stolz auf ihr Werk, sicher nicht nur deswegen, da ihre Mutter bei jedem zweiten Bissen Lobesworte loswerden musste. Damasus Mutter war nie eine begabte Köchin gewesen, doch sie hatte auch nie eine große Familie zu versorgen gehabt. Takaras Eltern waren früh gestorben und ihre Schwiegereltern, Mutter und Vater von Hien, wohnten zusammen mit dessen Bruder in Kaminari no Kuni. Damasu war ihr einziges Kind und ihr Mann war höchstens eine Woche im Monat zu Hause. Die Familie Ofuda war nicht arm, so konnten sie es sich leisten regelmäßig mit Freunden oder Geschäftspartnern essen zu gehen. Doch anscheinend kam die Kunst diverser Spitzenköche nicht an diese mit Sorgfalt vorbereitete Hausmannskost heran. Doch nicht nur das Lob stimmte Mikoto erleichtert. Sie hatte wirklich Bedenken gehabt. Nein, nicht wegen des Abendessens, sondern wegen… allem anderen. Doch die Stimmung schien einigermaßen ausgeglichen zu sein. Dies traf vor allem auf Itachi zu. Er wirkte nicht ganz so verkrampft wie die beiden Male zuvor, als sie Besuch gehabt hatten. Seltsam, damals waren Fugaku und die anderen Väter noch in Verhandlungen gewesen. Diesmal war das Treffen jedoch verbindlich. War das etwa der Grund? Hatte ihr älterer Sohn sich seinem Schicksal etwa ergeben? Das sähe Itachi nicht ähnlich und schon beunruhigte dieser Gedanke Mikoto wieder. Ihr Mann war jedenfalls in seinem Element und auch Hien redete angeregt, doch mit höflicher Zurückhaltung. Es ging - wie konnte es anders sein - um Konohas politische Situation. Mikoto hörte schon gar nicht mehr hin, denn ihrer Meinung nach gab es an diesem Abend wichtigeres als die neuen Verträge, die die Godaime Hokage mit dem Mizukage geschlossen hatte. „Möchtest du noch etwas Nachschlag, Damasu-san?“, fragte Mikoto und lächelte der jungen Frau gutmütig zu. Diese musste sich bemühen, nicht so zu wirken, als wäre sie gerade vollkommen abgeschweift - das war ihr nämlich passiert. Sie blickte auf ihren Teller und sah, dass sie wohl wie mechanisch alles aufgegessen hatte. „Die Tempura sind wirklich ausgezeichnet“, antwortete sie und klang dabei sogar sehr aufrichtig, denn auch ihr schmeckte das Essen sehr gut, egal was der Anlass dafür war. Die Hausherrin ließ es sich daraufhin nicht nehmen, ihren Teller dankend wieder zu füllen. Damasu nickte und bemerkte, wie ihre Mutter sie ansah. Sie saß links neben ihr. Takara ahnte, dass ihre Tochter sich bemühte, stark zu wirken, trotz aller Versicherungen, es ginge ihr gut und sie würde schon zurechtkommen. Dabei war dies das erste Zusammentreffen. Niemand konnte bei so einem steifen, um Perfektion bemühten, übertrieben höflichen Anlass erkennen, wie der Alltag und die Persönlichkeiten dahinter waren. Auf Damasu lasteten wirklich eine schwere Bürde und hohe Erwartungen. Doch Takara wusste, dass sie tatsächlich einen festen Willen hatte und nicht leicht unterzukriegen war. Ermunternd legte sie unter dem Tisch ihr Hand auf das Knie ihrer Tochter und zwinkerte ihr kaum merklich zu. Auf alle Fälle hatte sie Mikoto bei einem kurzen Vorabtreffen als eine herzensgute Frau kennengelernt, so würde es wenigstens mit der Schwiegermutter keine Probleme geben. Ja, Schwiegermutter. Damasu sollte heiraten. Und nicht irgendjemanden. Der Bräutigam war Uchiha Itachi. Der Sohn des Anführers des Clans. Fugaku hatte es satt gehabt, dass die Zukunft der Familie immer noch kein festes Fundament hatte. Itachi war 24 Jahre alt. Das war kein Alter zum heiraten, doch das Oberhaupt der Uchiha hatte die Befürchtung, dass sein älterer Sohn eher mit seiner ANBU-Maske verschmelzen würde, als dass er selber eine standesgemäße Frau fand. Itachi ging niemals aus und in seiner Arbeit hatte er nur mit Kunoichi zu tun. Dass er eine Kunoichi heiratete, war ausgeschlossen. Wie sollte er eine Familie gründen, wenn seine Frau auch auf Missionen ging? Auch ein Mädchen aus dem Uchiha Clan war nicht geeignet für Itachi, da es wichtig war, die Geltung des Clans durch geschickte Verbindungen zu einflussreichen Familien zu vergrößern. Dies war schon bei zwei jungen Damen der Fall gewesen. Vermögendes Haus, die Väter hatten wichtige Posten inne, die Mütter waren gebildete Frauen. Itachi hatte sich, so besonnen und rational er meistens war, quergestellt. Nun, Fugaku musste zugeben, dass er seinem Sohn diese vehemente Ablehnung nicht ganz übel nehmen konnte. Die beiden jungen Damen waren verzogene, sprunghafte und bequeme Mädchen gewesen, die sich keinen Deut für den Clan und dessen lange Shinobitradition interessierten und dachten, sie könnten durch die Heirat mit einem zukünftigen Clanführer ein Lotterleben führen. Sie waren Vater und Sohn alles andere als sympathisch gewesen. Ofuda Damasu jedoch... Ihr Vater hatte als Vermittler in politischen Kreisen einen angesehenen Namen. Ihre Mutter hatte früher als Goldschmiedin gewirkt. Die Familie hatte sich durch viel Arbeit einen guten Ruf verdient. Damasu hatte als kleines Mädchen die Ninjaakademie besucht und war der Welt der Ninja daher nicht fremd. Auch sie hatte das Verhandlungstalent ihres Vaters, da sie als Zwischenhändlerin und Gutachterin für wertvolle Waren fungierte und dabei viel Verantwortung hatte. Sie arbeitete, hatte also eine realistische Vorstellung vom Leben. Sie war intelligent. Sie war hübsch. Mehr konnte ein junger Mann wie Itachi sich nicht wünschen, oder? Fugaku war jedenfalls dieser Meinung. So war die Verbindung schnell und endgültig zustande gekommen. Hien hatte schnell eingewilligt, da er seine Tochter auf diese Weise in guten und sicheren Händen sah. Das Uchihaoberhaupt konnte zufriedener nicht sein. Er verschwendete keinen Gedanken daran, dass sein Sohn damit nicht glücklich war. Itachi sah, wie Mutter und Tochter Ofuda eine Trost spendende Geste austauschten. Die junge Frau war hier völlig fremd, es ging ihr wohl nicht sehr gut, obwohl sie bemerkenswert gefasst aussah. Er saß rechts von ihr. Es war ein seltsames Gefühl, sich bewusst zu machen, dass diese Frau von nun an an seiner Seite leben sollte. Ein Ehepaar. Mann und Frau. Itachi bemühte sich, seine Hände nicht zu Fäusten zu ballen. Für einen Moment wallte unkontrollierbare Wut in ihm hoch. Er hatte nichts gegen die junge Frau an sich, denn sie konnte nichts dafür, dass sie nun hier saßen wie zwei drapierte Marionetten. Nein, sein Ärger galt jemand anderem. Wie konnte sein Vater über seinen Kopf hinweg entscheiden? Der Uchihaerbe war nicht bereit dafür, zu heiraten. Er hatte mehr Verantwortung und andere Pflichten, als sein Vater es sich vorstellen konnte. Missionen, die die Sicherheit Konohagakures aufrecht erhielten, Aufträge, deren Ausführung ein ruhiges Leben in dieser wunderschönen Stadt ermöglichten. Itachi war glücklich, wenn er seine Kräfte fordern konnte, wenn er in der Gegenwart seines besten Freundes Shisui war, wenn er mit seinem Bruder Zeit verbringen konnte. Er liebte es, für sich zu sein, sein eigener Herr zu sein, Zeit verstreichen lassen zu können, wie er wollte – und das sollte sich nicht ändern. Da war kein Platz für eine Frau. Er wusste nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Wäre er ein bisschen mehr wie Sasuke... Der jüngere der Uchiha Brüder war wesentlich offener und weniger nachdenklich als Itachi. Und so war es ein wenig verwunderlich, dass Sasuke bisher kein Wort gesagt hatte. Hatte er vielleicht Angst, dass sein Vater auch für ihn eine Hochzeit arrangierten würde? Rührte er sich deshalb kein bisschen, um sich 'unsichtbar' zu machen? Nein, eigentlich brauchte er nichts zu befürchten. Er hatte nämlich schon eine Freundin. Sakura. Er kannte sie schon seit Kindertagen. Sie war ihm schon immer hinterher gelaufen. Nerviges, kleines, quietschendes Ding. Mit rosa Haaren. Wer hätte da gedacht, dass er sich im Laufe der Jahre an sie gewöhnt hatte und ihre Präsenz und Fürsorge zu schätzen lernte? Sie war ein beständiger Faktor in seinem Leben und neben seiner Mutter die wichtigste Frau in seinem Leben. Dass Sakura einen burschikosen, ehrgeizigen Charakter entwickelt hatte, trug dazu bei, dass er sie als ebenbürtig ansah – nicht, was seine Kraft und sein Können anging. Und trotzdem war sie bereits jetzt mit ihren jungen Jahren eine ausgesprochen talentierte Iryonin, ein Faktor, warum sein Vater die Beziehung zu ihr duldete. Kein Wunder, sie war ja auch mal Schülerin der Hokage gewesen... Außerdem war Sasuke nicht der Erstgeborene und würde nicht zum Oberhaupt des Clans werden. Es schüttelte ihn bei diesem Gedanken. So viel Verantwortung zu übernehmen, den Erwartungen von so vielen Menschen ausgeliefert und in einer Rolle gefangen zu sein, das war nichts für ihn. Er lebte lieber frei und tat, was er wollte. Deshalb tat ihm sein Bruder irgendwie Leid. Itachi hatte bisher nur wenig gegessen. Seine Kiefermuskeln waren angespannt. Er hatte nur das nötigste gesprochen. Und die hochtrabenden Reden ihres Vaters machten es nicht besser. Doch was tun? Dass der Abend in einer lockeren Feier enden würde, war ja von vornherein schon ausgeschlossen, aber ein wenig entspannter durfte es definitiv werden. „Damasu-san, du warst doch einmal Genin. Wer war damals dein Sensei?“, fragte Sasuke deshalb und klopfte sich jetzt schon gedanklich ob dieser genialen Frage auf die Schulter. Itachis Schultern entkrampften sich ein wenig. Damasus Gesicht ließ Erleichterung und etwas mehr Wohlbehagen erkennen. Anscheinend war ihr das Thema lieber als die Diskussionen über Politik oder ihr zukünftiges Leben in Konoha. Auch sein Vater und Hien verstummten. Takara schaute ein wenig verwirrt und auf Mikotos Lippen bildete sich ein leichtes Schmunzeln, da sie – ganz die Mutter – erkannte, was ihr jüngerer Sohn vorhatte. Sie war etwas überrascht, dass ausgerechnet Sasuke versuchte, die Atmosphäre zu retten, doch da Sakura bei diesem Abendessen leider wegen dieser wichtigen Familienangelegenheit nicht dabei sein durfte, langweilte er sich sicher schrecklich. „Es ist lange her, aber... Mein Sensei war Yakamashi Raiden“, antwortete sie und es war verwunderlich, welche Emotion die Erwähnung dieses Namens in ihren Augen wecken konnte, als machte allein die Erinnerung sie glücklich. Doch nicht nur an ihrer Attitüde änderte sich etwas. Itachi drehte seinen Kopf in ihre Richtung und sah sie wohl zum ersten Mal direkt an. Sasuke griff mit seiner Hand neben sein Glas, das er gerade hochheben wollte. Die Augen von Fugaku weiteten sich. „Dieser Mann nahm nur sehr selten Schüler“, bemerkte das Oberhaupt des Uchiha Clans und damit schien auch seine Neugier geweckt worden zu sein. Damasu konnte auf diese Aussage hin nur nicken. Dass sie auf einmal zum Mittelpunkt des Gesprächs geworden war, schien ihr nicht aufzufallen, oder es machte ihr nichts aus. „Ja, Raiden war meistens eher ein Einzelgänger. Doch er war damals schon sehr krank, als er beschloss, wieder einen Schüler zu nehmen und sein Wissen ein letztes Mal weiterzugeben. Ich habe es damals nicht verstanden, doch er meinte immer, er wollte noch etwas von sich hinterlassen. Dafür gab er sich wirklich sehr viel Mühe und war ein sehr geduldiger Lehrer. Er starb aber früh und leider-“, erklärte die junge Frau, doch ihre von Respekt und Verbundenheit reichen Worte wurden von ihrem Vater unterbrochen. „Leider konnte sie ihre Ausbildung dann nicht fortsetzen. Es war wohl eine Fügung des Schicksals, denn dadurch wurde ihr Interesse an Schmuckwerk und der Goldschmiede wieder geweckt, nicht wahr, Damasu-chan?“, sagte Hien und schickte seiner Tochter ein entschuldigendes Lächeln über den Tisch. Itachi fand sein Betragen seltsam. Er wirkte ein wenig unbehaglich und leicht nervös, versuchte dies aber mit versöhnlichen Gesten zu überspielen. „Das stimmt. Okaa-san hat früher selber Schmuck hergestellt und ich war als Mädchen fasziniert davon. Mir fehlt aber die Geduld für so feine handwerkliche Arbeiten, deshalb begann ich mich mit den Rohstoffen zu befassen, Edelmetall und Edelsteine“, fuhr die junge Frau fort, doch dieser Teil ihrer Geschichte klang nicht mehr ganz so enthusiastisch. Trotzdem hatte sie immer noch etwas zufriedenes an sich, als würde ihr die Arbeit Genugtuung bringen. „Meine Tochter hat ein gutes Auge für Qualität und auch für den Wert der Waren mit denen sie handelt. Wenn sie in Konoha Schmuck mit Aquamarinen aus Mizu no Kuni kaufen, dann sind die Steine hundertprozentig durch ihre Hände gegangen“, griff Takara die Geschichte auf und schien dabei sehr stolz auf Damasu zu sein. Ja, so schnell hatte sich das Thema wieder zu belanglosen Dingen gedreht. Damasu verstummte wieder, warf einen kurzen Blick auf ihren Vater und begann mit etwas weniger Appetit als vorhin von den Tempura zu essen, von denen ihr Mikoto vorhin gegeben hatte. Sasuke lehnte sich entnervt zurück und konnte endlich etwas trinken. Nur Itachi, der blieb wach. Denn irgendetwas irritierte ihn. Er konnte es nicht in Worte fassen, er wusste nur, dass es sich in diesem Raum befand. Und es kitzelte seine Nerven, weil es etwas war, was er noch nie wahrgenommen hatte... Das vertraute Lachen seiner Mutter, die auf eine Aussage von Takara reagierte, ließ ihn erkennen, dass er nur phantasierte. Es war die Situation, die ihm so ein seltsames Gefühl vermittelte. Seine Eltern hatten eine Heirat für ihn arrangiert. Gegen seinen Willen. In seinem Inneren war er wütend, aufgewühlt. Wahrscheinlich spürte er nur den eigenen Drang, dieser ganzen Situation zu entfliehen. Wenn er damals einfach... Nein, diese Erinnerung gehörte jetzt nicht hierher, denn es war absurd, darüber nachzudenken, was geschehen wäre, wenn er damals vor dem Ältestenrat und seinen eigenen Befürchtungen klein beigegeben hätte. Kurz spähte Itachi zu der jungen Frau neben ihm und es war ihm immer noch unmöglich, sich vorzustellen, wie seine Zukunft nun laufen würde – mit ihr. Vor ein paar Wochen hatte er noch Trainingseinheiten und Missionen geplant, Sparrings mit Shisui und seinem Bruder, ruhige Zeiten für sich allein. Was kam nun auf ihn zu? Hochzeitsvorbereitungen? Ein Platz im inneren Kreis des Clans, der ihn auf seine spätere Rolle als Oberhaupt vorbereiten sollte? Eine eigene Familie, mit allem was dazu gehörte? Er kam nicht umhin, über das alles nachzudenken. Und alles andere um ihn herum schien zu verschwimmen, als er immer weiter eintauchte in eine Welt, in der er von allem frei sein konnte. Doch trotzdem war er sich der Realität bewusst, weswegen er einfach nicht vergessen konnte, was gerade geschah. Als ob er rannte, rannte und rannte, und sich nicht von Fleck bewegte. Würde er auf diese Weise seine beherrschte Art beibehalten können? Er wusste es nicht und genau das, der Gedanke, dass er sich verändern könnte, machte ihm Angst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)