The Darkside von somali77 ================================================================================ Kapitel 47: Macht und Verantwortung ----------------------------------- ~ „Warte!“, bellte Sasuke ihm hinterher. Er erreichte die Toilette kurz nach dem Rotschopf, halbnackt und auf Krawall gebürstet und warf sich genau so in die offene Tür, beide Hände am Türrahmen abgestützt. Gaara hatte ihn wieder einmal aus der Balance geworfen und er hatte die Nase voll davon! Natürlich wusste er, dass es eine irrsinnige Idee war, einen Kampf anzuzetteln-... das hatte er auch gar nicht vor-... aber er konnte doch nicht einfach an der Bar stehen bleiben wie ein Idiot! Gaara positionierte sich ungerührt mit dem Rücken zu ihm, am Waschbecken das am weitesten von der Tür entfernt war. Sorgfältig wickelte er den nassen Schal von sich, legte ihn auf die Ablagefläche, senkte dann leicht seinen Kopf um an der Schnalle am Hinterkopf zu nesteln. „Hör auf, mich zu ignorieren, verdammt!“, der Uchiha schlug die Tür hinter sich ins Schloss, dass es nur so schepperte. Das innere Zittern hatte wieder eingesetzt. Gerade noch war er nur ein bisschen frustriert gewesen-... jetzt fühlte er sich wieder in Stimmung, irgendetwas kaputt zu treten. Der Anblick von Gaara in diesem-... schockierenden... Fetisch- Zeug, das war krass, es war unheimlich, es war-... er schluckte. Seine Augen hingen daran, wie lange, weiße Finger die schwere Schnalle und den festen Sitz der Gurte lösten. Leder knirschte, Metall klimperte und allein diese sachten Geräusche waren in Sasukes wunder Verfassung auf gleich mehrere Weisen unerträglich. Bilder von dem verfluchten Club blitzten auf, das schwarze, ledergepolsterte X, glühende, blaue Augen die tief in seine Seele blickten, warme Handflächen auf seiner wehrlosen Seite-... [style type="italic"]„... atmen...“ [/style] Und Gaaras teuflisches, wissendes Grinsen, die rote Wolke auf schwarzem Grund, ein namenloses, blutüberströmtes Opfer das schrie-... [style type="italic"] „Es war das Zentrum“ „Dem Verlierer wurde etwas genommen...“ „Wusstest du, dass Naruto das Darkside gut kannte?“ [/style] Sasuke schüttelte unwillig den Kopf um seine Gedanken wieder klar zu bekommen, presste die Lippen zusammen und versuchte den dunklen Schauder zu ignorieren. Wenn er vorher gewusst hätte, was er von Gaara erfahren hatte-... nichts auf der Welt hätte ihn mit Naruto allein in dieses Zimmer gebracht... und schon gar nicht an das Andreaskreuz. Oder doch? Das alles machte noch viel unverständlicher, warum er-... warum Naruto-... ihn nicht-... „Herzlichen Glückwunsch“, knurrte Gaara da unvermittelt zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sasuke hob den Kopf. „Du hast mir gerade den wundervollen Auftakt für einen wirklich... vielversprechenden... Abend versaut“ Die Finger des Rotschopfs schlossen sich um den weißen Stoff des Schals um ihn auszuwringen, lautlos tropfte klares Wasser ins Waschbecken. Neben ihm lag der schwarze Maulkorb auf der Ablage. Sasukes Blick wurde wie magnetisch davon angezogen und konnte sich kaum wieder lösen. „Wovon redest du?“, schnaubte er. „Das Vorspiel gehört dazu“, Gaaras Blick glomm im Halbdunkel des Spiegels, „Weißt du, wie oft wir spielen? Einmal im Monat. Du hast mir gerade meinen einzigen Spielabend des Monats versaut.“ Sasukes Gehirn versuchte immer noch, sichtbare Tatsachen zu verkraften, was nicht einfach war. „Ich konnte ja nicht wissen-...“, setzte er zur Verteidigung an, bevor der Versuch einer viel drängenderen Frage wich, „Du-... könntest wahrscheinlich die meisten Idioten hier drin einfach umbringen bevor die Security merkt, dass etwas nicht stimmt... Warum-... lässt du sowas mit dir machen?“ „Es wäre sinnlos, dir das zu erklären“, seufzte Gaara schulterzuckend, "Manche Dinge kann man nicht beschreiben... man muss es selbst erlebt haben" Sasuke schnaubte verächtlich. „Ist das hier etwa auch ein SM- Club?“ „Nein“, Gaara trat hinüber zum Handfön und begann dort den weichen Stoff zu trocknen, „Wir gehen später ins Darkside“ „Aber-...“, der Uchiha leckte verständnislos seine rissige Unterlippe. Er trat ein paar Schritte näher, streckte die Finger ungläubig zu der Schnalle des Maulkorbs aus, „Du hast doch gesagt-...“ „Dass der neue Slingraum dort toll ist?“, Gaara neigte den Kopf, „Mhh richtig, das hab ich wohl...“ „Gehst du... mit Kiba?“, Sasukes Augen flackerten zwischen dem Monstrum aus Leder und dem kühl glänzenden Stachelhalsband an der weißen Haut hin und her. Schon wieder spürte er dieses dunkle Kribbeln im Bauch. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, was für ein Gefühl das sein musste, in einem Club voller Leute unter normaler Kleidung den Kopf so in Leder verschnürt zu haben... den stetigen sanften Druck der Metallkrallen an der weichen Haut um den Hals, das kühle Gleiten der Kette auf der nackten Brust, die Enge des Lederhalsbands-... unwillkürlich rieb er sich mit der Hand selbst die Kehle und vor seinem inneren Auge sah er den Inuzuka mit den roten Reißzahnabzeichen auf der Wange, wie er in die Kette griff und eine lange, schwarze Peitsche schwang... „Nicht anfassen“, mahnte Gaara und Sasukes Finger zuckten zurück als hätte er sich verbrannt, „Nein, nicht mit Kiba... Mit Lee“ Sasuke blinzelte stumm. „Du verarschst mich“ Gaaras Lächeln war dünn und spöttisch. "Nein, das tue ich nicht" „Oh... mann!“, der Uchiha verzog das Gesicht, wand sich vor Ekel und wich einen Schritt von ihm weg, „Das ist-... oh Gott..! Du bist sowas von abartig!“ „Mmh“, Gaara legte langsam den Kopf schief, über sein blasses Gesicht kroch ein Lächeln, „Du weißt nicht, was dir entgeht“ „Was mir entgeht?!“, Sasuke würgte, „Ich wäre weniger geschockt, wenn du gesagt hättest, dass du dich von Kibas Hund ficken lässt!“ Das Grinsen in Gaaras Gesicht wurde breiter. „Ahh... aber er hat wirklich sehr beeindruckende... Argumente, wenn du verstehst was ich meine“ „Ich will das nicht hören!“, Sasuke hob beide Hände an seine Ohren, „Lalala!“ „Kennst du das geile Gefühl... wenn du ihn siehst und denkst, das kann unmöglich passen?“, Gaara hielt sehr vergnügt seinen Blick auf Sasuke gerichtet, leckte sich demonstrativ leicht die Unterlippe, „Aber dann passt es doch und es fühlt sich so unglaublich voll und tief an, wie nichts was du dir jemals vorstellen konntest-...“ „Hör auf mir das zu erzählen!“, Sasuke rollte vor Horror die Augen. „Nur darüber zu reden macht mich total scharf...“, Gaara genoss jeden Moment seiner Schadenfreude, während er den Schal glättete und die letzten feuchten Stellen unter den Luftstrahl hielt. „Wie schön für dich“, schnaubte Sasuke verstimmt, lehnte das Becken an die Reihe der Waschbecken und verschränkte die Arme vor der Brust, „Dank dir hab ich noch ein Trauma mit dem ich klarkommen muss“ „War mir ein Vergnügen“, Gaara zuckte die Schultern, „Aber warum läufst du mir überhaupt hinterher? Brauchst du so dringend Gesellschaft? Was willst du?“ Stille fiel zwischen sie. Sasukes Finger krochen wieder zu der Maulkorbschnalle, um gedankenlos daran zu tippen. „Du schuldest mir ein paar Antworten“, meinte er trocken. „Ist das so..?", bemerkte Gaara zweifelnd, "Ich sagte, Finger weg davon.“ „Ja, das ist so...“, Sasuke nahm den Maulkorb aus purem Trotz in beide Hände, um ihn sich genau anzusehen. Er war recht schwer... gepolstert an den Rändern... mit einem Mittelteil, den man wohl separat öffnen konnte um an den Mund heran zu kommen... hm. „Zum Beispiel interessiert es mich, wer das Darkside im Moment kontrolliert...“, er starrte konzentriert auf seine scheinbar sinnlos beschäftigten Finger. „Hat... Naruto etwas damit zu tun?“ Gaara schickte ihm einen finsteren Blick aus den Augenwinkeln. „Du tust nicht viel um dich beliebt zu machen, Uchiha. Warum sollte ich dir noch was erzählen..? Gib das her“, er hielt seine Hand auf, mit dem Erfolg, dass Sasuke den Maulkorb mit einer Hand hochhielt. „Ah, vielleicht bist du mal nicht immer so böse zu mir?", gab er mit leisem Singsang- Ton und kühl gehobener Augenbraue zu bedenken, "Immerhin war ich derjenige, der dich vorhin höflich gegrüßt hat“ Gaara legte mit finsterem Ausdruck den Kopf schief. „Vielleicht erzählst du mir was, weil du weißt, dass der, wem-auch-immer das Darkside denn nun gehört, bald ungemütliche Gäste bekommen wird?“, Sasukes Ton glitt von verspielter Provokation zu offener Drohung. Ihre Blicke trafen sich. „Du hast sie umgebracht, oder?“, wisperte Gaara und hielt den Blickkontakt ohne zu blinzeln. „Orochimaru und alle anderen... Du warst das.“ „Tss...“, Sasuke wandte den Blick ab und warf den Maulkorb scheinbar gleichgültig ein Stück in die Luft, um ihn wieder aufzufangen, „Wer weiß?“ „Ich kenne den Blick“, knurrte Gaara unbeirrt, „Diesen Blick von dir. Und er gefällt mir nicht. Es gibt keine Sicherheit, dass du dich nicht mit den falschen Leuten einlässt und noch mehr Schaden anrichtest. Es gibt keine Sicherheit, dass -du- nicht der größte Störenfried bist. Wenn du Naruto noch einmal schlägst, sind wir Gegner. Und ich sage es dir zum letzten Mal-... gib das zurück. Es ist nicht dein Spielzeug.“ Sasuke warf den Kopf zurück und lachte bitter auf. „Oh, hat sich jemand bei dir ausgeheult? Was hast du denn mit Naruto? Bist du vielleicht selber scharf auf ihn, dass dich das so stört, hmm?" Gaaras Lippen wurden sehr schmal. Und dass er ihm keine Antwort gab, gefiel Sasuke gar nicht. "Ist schon bitter, wenn Lee deine Alternative ist...“, flüsterte er, seine Stimme war süßes Gift, "Was tust du, wenn ich dir dein perverses Ding hier nicht wiedergebe..? Fängst du dann an zu heu-...“, weiter kam er nicht. Gaara reagierte mit der Geschwindigkeit einer Sandviper- ein Ruck, ein blendender Schmerz, Wirbel von Schwarz und Rot vor den Augen-... Sasuke schnappte nach Luft. Er fand sich wieder mit dem Kopf im Waschbecken und Gaaras freier Faust an seinem Hals- hätte der andere ein Messer gehabt... nur einen beliebigen spitzen Gegenstand, womöglich auch nur einen Schraubenzieher, würde er jetzt über genau diesem Porzellanbecken ausbluten, mit einem gezielten Stich in die Schlagader, genau so wie man ein Schwein tötete... und sein letzter Anblick würde sein wie sein Leben vor seinen Augen aus seinem Körper rann und im Abfluss verschwand. Mühsames Husten rang sich aus seiner Brust. Er war wie zu Eis erstarrt. Sein Hinterkopf pochte, er war damit wohl hart am Wasserhahn aufgeschlagen, aber noch viel tiefer saß der Schock, in dieser Position zu liegen-...Gaara beugte sich über ihn. „Hör mir gut zu, Uchiha“, flüsterte er ihm beinahe zärtlich ins Ohr, „Du hältst dich für unbesiegbar. Du bist es nicht. Egal auf welcher Seite du stehst, du wirst ungemütliche Gegner haben... und egal wie du dich drehst und wendest... soweit ich das sehe, ist es nicht mehr die Frage -ob- du gefickt wirst. Die Frage ist... von wem. Und du solltest schnell reagieren, wenn du das Ergebnis noch selbst beeinflussen willst. Denn sonst entscheidet das Schicksal. Und dann gefällt es dir vielleicht nicht...“ Damit ließ er ihn mit einem Ruck los, warf ihm noch einen finsteren Blick zu und nahm den Ledermaulkorb, der bei dem Handgemenge auf dem Boden gelandet war. Er hob ihn auf, schob ihn vor Sasukes ungläubigem Blick vors Gesicht und zögerte kurz. Noch einmal setzte er ihn ab und sein dämonisches Lächeln flackerte auf. „Fakt ist, jeder liegt irgendwann auf den Knien...", bemerkte er, "Frei- oder unfreiwillig. Einfach jeder von uns. Egal für wie mächtig und unantastbar er sich hält. So ist das Leben. Irgendwann kommt der Moment. Und es gibt nichts was du dagegen tun kannst... Es ist nur eine Frage der Zeit“ Damit schob er seinen Kopf in das Leder, wandte sich ab, zog die Schnalle fest und wickelte den Schal wieder um sich. Hinter ihm schwang mit leisem Quietschen die Tür zu. Sasuke rappelte sich wieder auf. Vorsichtiges Tasten am Hinterkopf überzeugte ihn, dass er wenigstens nicht stark blutete. Er rutschte zittrig mit dem Hinterteil von der Ablage, fuhr sich langsam durchs Haar. Ein paar Momente lang war er noch wie betäubt, sein Blick stumpf und reglos nach unten gerichtet, so als könnte er nicht ganz begreifen, was eben passiert war. Dann trat er plötzlich mit einem tiefen, hasserfüllten Aufschrei gegen den Papierkorb unter dem Handfön, fletschte die Zähne, trat auf das Ding ein bis die Plastiksplitter durch die Gegend flogen. Es war ein Rausch der Vernichtung, der nicht eher aufhörte, bis er in einem Feld von nassen Papierfetzen stand und nichts mehr hatte, das er in noch kleinere Stückchen brechen konnte. Tief durchatmend warf einen Blick in den Spiegel, strich sich mit die Haare zurecht. Mit ungeduldiger Kopfbewegung warf er wirre Strähnen aus dem Gesicht, ruckte seine Jacke in Form. Seine Kehle zuckte. Er glitt instinktiv mit den Fingern in seine Taschen. Dort fühlte er glatte Päckchen. Ein Wirbel von Gier riss ihn unter sich. Gleich war er in einer der freien Kabinen, schloss die Tür, fingerte mit zitternden Händen das Päckchen hervor. Scheiße, er brauchte jetzt dieses Gefühl. Vor ihm tat sich ein gähnender, schwarzer Abgrund auf. Hastig versuchte er das Zeug zwischen den Fingern zu feinerem Pulver zu zermahlen, krümelte etwas davon auf seinen Handrücken. Er hatte sich noch nie etwas durch die Nase gezogen und die Vorstellung war ihm auch zuwider. Aber er hatte hier keine Glaspfeife, keine Alufolie-... und essen wollte er das Zeug auch nicht. Ein tiefes Ausatmen, er stählte sich innerlich für das bestimmt unangenehme Erlebnis, hob die Hand zur Nase und kniff die Augen zu, um mit einem Ruck tief einzuatmen und die ganze, breite Linie aus weißem Pulver tief in sich hinein zu saugen. Augenblicklich spürte er widerlichen Schmerz in der Nase. Er schlug sich eine Hand vors Gesicht um sich von dem scheußlichen Gefühl abzulenken, spürte gleichzeitig wie ekelhaft schmeckende Flüssigkeit seine Kehle hinunter rann. Er hustete. Sein ganzer Kopf schien zu brennen. Kleine, nicht völlig zermahlene Kristalle sickerten ihm in den Rachen. Er beugte sich halb blind über die Toilette, würgte, spuckte ein wenig Schaum von sich. Ohh, wie ekelhaft..! Und eine heiße Welle von Scham und Selbstverachtung schlug über ihn. Was... tat er hier eigentlich? Schwer atmend biss er sich auf die Unterlippe. Alle Anderen hatte er tot geschossen und was war mit ihm selbst? Er wühlte die übrigen Päckchen Stoff hervor und starrte sie lange an. "Versager", flüsterte er leise und bitter. Das war die hässliche, stumpfe Wahrheit. Irgendwie... war er immer schon ein Versager gewesen. Ein Schwächling, ein Mamakind, ein nerviger kleiner Bruder der nichts kapierte und nur im Weg war. Ein überflüssiger Sohn... Ein unfähiger Beschützer. Ein Verlierer, der mit Frauen schlief und dabei die Sehnsucht unterdrückte, einem Mann in den Armen zu liegen. Der Idiot, der sich in jemanden verliebte, der Schwule "irgendwie komisch" fand. Er würgte noch einmal. Es war alles so sau erbärmlich. Warum konnte er diesen ganzen Dreck in seinem Innern nicht einfach aus sich heraus kotzen? Mit heftiger Bewegung schleuderte er die Päckchen aus seiner Hand in die offene Toilette, griff nach der Spülung und spürte das Zittern in ihm etwas nachlassen, während er in das strudelnde Wasser starrte. Ein mächtiger, wirbelnder Strudel, der alles hinunterzog und in gnädigem Vergessen alles wieder ein bisschen besser zu machen schien. Ein bisschen sauberer. Wie dieser Club hier. Er musste gegen die Sucht ankämpfen... Er konnte das doch-... sein Wille war legendär unbeugsam. So etwas würde ihn nicht in die Knie zwingen... In den Ohren hörte er sein eigenes Herz pochen. Gaaras Stimme in seinem Kopf hallte spöttisch: „Die Frage ist nicht mehr, -ob- du gefickt wirst. Die Frage ist - von wem...“ Im ruhiger werdenden, klaren Wasser tauchte ein kleiner Beutel mit weißem Pulver und Luftblase im Innern wieder auf und trieb langsam im Becken der Porzellanschüssel. Sasuke drückte mit aller Kraft noch einmal die Spülung, blieb aber nicht mehr da um zu sehen ob er erfolgreich war, sondern floh aus der Kabine, warf die Tür hinter sich zu und gab sich ein paar Momente, um durchzuatmen. Als er in den Spiegel beim Waschbecken aufsah waren seine Pupillen so weit, dass er nur noch einen feinen, roten Kreis drum herum sehen konnte. Seine Augen waren blutunterlaufen. Einzelne Adern durchzogen das Weiß auf angestrengte, kränkliche Weise. Er hielt eine Hand unter den Wasserhahn um sich den Mund auszuspülen. Dieser ekelhafte Geschmack hing ihm immer noch hinten auf seiner Zunge. Ein wenig von dem kühlen, klaren Nass schluckte er. Seine Kehle fühlte sich wund und offen an. Langsam, pulsierend ließ die Anspannung nach. Er spürte das vertraute Rauschgefühl über sich kommen. Den Gedanken daran, was passieren würde wenn die Wirkung der Dosis nachließ, verdrängte er so weit es ging. Beim Hinausgehen sah er einen Kondomautomaten an der Wand. Kurz entschlossen trat er an ihn heran und zog sich ein Päckchen, zusammen mit einer Probe Gleitgel... Er war verflucht nochmal nicht passiv! Und das würde er jetzt beweisen. ~ Der Darkroom des Rasengan war ein düsterer, schwitziger Sündenpfuhl voller halb- oder ganz nackter Männer in verschiedenen Stadien der Extase. Ein verwirrendes Neben- und Übereinander von Körpern, eine Geräuschkulisse von Stöhnen und Ächzen neben dem Stampfen und Pulsieren der Bässe im Club... Sasuke war mittendrin doch im ersten Augenblick etwas verloren und überfordert von den plötzlichen -... Möglichkeiten... Die Atmosphäre, der Geruch von hemmungslosem Sex überall um ihn herum-... das war-... so viel auf einmal, es war-... unwirklich... Er versuchte Gesichtszüge zu erkennen, stolperte über fremde Füße, rutschte halb auf benutzten Kondomen aus und war schon- überreizt und betäubt von diesem Overkill an Angebot- taumelnd auf der Suche zurück nach dem Ausgang um etwas Luft zu schnappen, da bemerkte er vor sich, nicht einmal zwei Meter entfernt an der Wand in dem Meer von fremden Gesichtern etwas... vertrautes. Sein Mund war unangenehm trocken, wahrscheinlich hatte er zu viel Pulver erwischt und die Schemen verschwommen leicht vor seinen Augen... aber dieser helle, zerzauste Haarschopf... diese Halbmaske-... der entspannte Gesichtsausdruck... War das Kakashi? Ein paar Fremde blockierten die Sicht, schoben ihn weiter und in der Düsternis war es sowieso nicht gerade leicht, wirklich sicher zu sein... für einen Augenblick hatte er gedacht, er hätte Kakashi gesehen, flach an eine Wand gedrückt und ganz in den Händen von einem dunkelhäutigen Kerl, der aussah als könnte er Autos tunen und Prowrestler sein. Sasuke zog leicht die Nase hoch. Es fühlte sich immer noch an, als wäre dort etwas verstopft von all dem Pulverzeug. Das Gefühl war widerlich. Konnte das wirklich Kakashi gewesen sein, dort hinten-..? Sasuke sah sich um. Irgendwie wollte er sicher stellen, ob sein Hirn ihm nicht einen Streich gespielt hatte. In welcher Richtung war es gewesen? Vor ihm war jemand sehr enthusiastisch dabei, seinem Begleiter einen zu blasen, zwei Schritte weiter waren sogar zwei junge Männer auf einmal an einem dritten zugange. Sasuke versuchte, möglichst wenig Körperkontakt zu den Leuten zu halten während er sich durch die Menge schob- ein hoffnungsloses Manöver. Gerade hätte er jemandem schon fast die Hand gebrochen der ihn im Dunkeln angefasst hatte, da spürte er wieder einen Griff am Ellenbogen, fuhr herum-... Und die Welt bremste auf Stillstand... das... konnte unmöglich-... „Buh!“, rief der Mann der vor ihm stand gegen den Lärmpegel und grinste ein spitzzähniges, unnachahmliches Grinsen. Er war blass und spitzgesichtig, mit kurzen, hellen Rattenhaaren- In dem unwirklichen, düsteren Licht wirkte er wie ein Geist. Eine Erscheinung. Sasuke starrte ihn an. Hatte er Halluzinationen? „Suigetsu?!“ „Live und in Farbe!“, brüllte sein Gegenüber ihm mit überdrehtem Grinsen entgegen. Seine Augen flirrten, wirkten glasig und dieses winzige bisschen weggetreten, mit dem man sich in Wahnsinn oder im Amphetaminrausch wiederfand, wie in einer Paralleldimension. Das, und er hatte die schlechte Angewohnheit an allem Herumzufingern immer noch nicht aufgegeben. Im Moment zupfte er zudringlich an Sasukes Jacke, rutschte von dort an schnell abwärts zum Hosenbund. „Ich wusste, dich hat´s nicht erwischt! Haha!“ Die Atmosphäre um sie herum war betäubend. Die Hitze, all der Geruch nach Schweiß und Sex, der Mangel an Sauerstoff ließ Sasuke schlingern. Suigetsus zudringliche Finger wurmten sich zwischen die offene Front der Jacke, suchten so gierig nach Haut wie nach der nächsten Ladung Stoff. Er kam nah mit dem Kopf, um ihm die nächsten Sätze ins Ohr zu rufen: „Ich hab´s immer gesagt! Sasuke Uchiha ist ein beschissener schwarzer Panther! Der wahre König der Straße! Nachdem du untergetaucht warst, hab ich mich auch mal zurück gezogen... War ne ganz schöne Explosion! Aber so leicht bin ich ja nicht totzukriegen... war fleißig und hab allen Stoff zusammengesucht den ich finden konnte! Du findest kein Stäubchen Zeug mehr irgendwo! Es gibt ein Versteck, das niemand kennt außer mir! Also...“, er legte den Kopf schief, „Was hast du dir überlegt, um denen da draußen ne Lektion zu erteilen?“, sein Brustkorb bebte vor Aufregung, „Wird Zeit, deine Herrschaft so richtig offiziell zu machen, oder?!“ Sasuke wich zurück, schob die klammernden Finger auf Abstand. „Du spinnst“, meinte er, „Ich hab nie gesagt, dass ich vorhätte, weiter zu machen. Es ist vorbei!“ „Was?“, Suigetsu blinzelte verständnislos, „Aber... das kannst du nicht tun! Scheiße! Du kannst doch nicht... das Kartell vernichten, nur damit es kaputt ist!“ „Ich kann tun was ich will, klar?“, das unmissverständliche Knurren, zusammen mit dem sehr aufrechten Rücken, dem herrisch über den Anderen geneigten Kopf und dem glühenden Blickkontakt hatte immer gewirkt. Immer. Dieses Mal duckte Suigetsu sich nur erschrocken darunter weg, seine Miene rutschte von Fassungslosigkeit hin zu blanker Angst: „Aber-... scheiße, die machen uns fertig! Orochimaru war schon ein kranker Wichser, aber die-... Du kannst dir nicht vorstellen, was da schon für Sachen passiert sind! Ich hab Geschichten darüber gehört! Du musst die Kontrolle über das Gebiet übernehmen, Mann! Ansonsten killen die uns! Die kriegen mit, wen du kennst! Mit wem du zusammen warst, wer deine Freunde sind, wen du fickst, einfach alles! Erst zerlegen die deine Kontakte, dann ficken sie deinen Verstand und erst wenn sie mit dem Ergebnis zufrieden sind, bist du selbst dran! Die werden nicht einfach schießen-... das ist eine persönliche Sache! Du hast die persönlich beleidigt, Mann, weißt du was das bedeutet?!“ Sasuke wich zurück. Er wollte nichts mehr davon hören. Sein Kopf dröhnte. „Lass mich in Ruhe!“, schnappte er, „Es gibt kein Zeug mehr im Umlauf und es wird auch keins mehr geben! Ende der Geschichte, kapiert?!“ „Sasuke!“ Er reagierte nicht mehr. Verbissen kämpfte er sich hinaus, zurück zu mehr Luft und Platz um ihn herum, zurück auf den Flur vor den Toiletten, wo irgendein seltsam vermummter Typ ihm Käfersalbe andrehen wollte-... wirklich, nur Verrückte an diesem Ort..! Die Treppe hinauf in den Club und von dort aus nach ein paar kurzen, betäubten Momenten schließlich ganz hinaus. Die Laune auf andere Menschen und laute Musik war ihm erst mal vergangen. Klare, kalte Nachtluft umschloss ihn, beruhigte seinen erhitzten Kopf, seinen kurzen, keuchenden Atem. Die Hände tief in die Taschen vergraben, den Kopf gesenkt wanderte er stille Straßen hinunter, einfach gerade aus. Er hustete gepresst. Eine ganze Weile lang konzentrierte er sich nur darauf, seinen Atem gleichmäßiger werden zu lassen und das Gefühl, als ob ihm eine riesige, stählerne Faust langsam den Brustkorb zerdrückte, loszuwerden... Schließlich blieb er stehen. Es ging ihm etwas besser... Stille und die Einsamkeit taten ihm immer gut. Die nächtliche Stadt war sein natürlicher Lebensraum... Einen ratlosen Blick schickte er die Straße hinunter, dorthin wo nächtlicher Betrieb die Gegend heller und belebter machte. Von dort her war er gekommen. Vor ihm lagen mehrere Möglichkeiten weiter zu gehen und einen Augenblick war er sich völlig unschlüssig. Dann fiel sein Blick auf einen kleinen Kaugummiautomaten auf der anderen Seite der Straße, umgeben von Unkraut das sich durch Risse im Asphalt gedrückt hatte, zwischen dunklen Hintergassen. Er war orange. Unter der Straßenlaterne bei der er stand war die Farbe trotz des nicht mehr fabrikneuen Zustands klar zu erkennen. So leuchtend und... warm, irgendwie. Sasuke ging darauf zu. Seine Schritte waren langsam. In ihm wuchs die seltsame Sehnsucht, einen Krankenwagen zu suchen... Einfach so, nur irgendeinen. Der Anblick würde ihn beruhigen... Orange war so eine warme, lebendige Farbe... Gut, früher hatte er sie penetrant und aufdringlich gefunden, aber wenn es drum herum kalt und dunkel genug war, war es wie eine Signalfackel. Wie ein Leuchtfeuer. Selbst völlig blutverschmiert... Blutverschmiert... er blinzelte. Trat einen Schritt zurück und richtete seinen Blick auf etwas, das ihm vorher nur beiläufig aufgefallen war- im Lichtkegel der Laterne zog sich zu seinen Füßen eine dunkle Spur aus Tropfen und Schleifspuren, verschwand in gekrümmter Linie um die nächste Ecke, und... es hätte Farbe sein können, aber jetzt fiel sein Blick auf den Laternenpfahl vor ihm. Als er genauer hinsah war es gut zu erkennen. Es war der blutige, verschmierte Abdruck einer Hand, als hätte sich jemand mit letzter Kraft daran abgestützt. Sein Herz sprang ihm in die Kehle und begann, schwer zu pochen. Er hatte kein gutes Gefühl. ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)