The Darkside von somali77 ================================================================================ Kapitel 35: Die dunkle Seite (Sai, Sakura) ------------------------------------------ ~ Eine Weile lang war sie gut damit beschäftigt, all die glitzernden, bunten Dinge in den vorderen Regalreihen zu betrachten. Einige waren so seltsam geformt, dass sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie man sie benutzen sollte. Während sie sich im Laden umsah, ihre Finger über weiche Federn und Spitzenunterwäsche gleiten ließ, saß Sai am Verkaufstisch und zeichnete. Die Musik im Hintergrund war ruhig und angenehm unaufdringlich. Sie spürte wie nach und nach die Beklemmung ein wenig nachließ. Wenn sie doch nur noch Narutos Handynummer gehabt hätte! Jetzt gerade, in dem Moment, hätte sie wirklich gern seine Stimme gehört. Erst recht nach dem verstörenden Treffen mit Sasuke. Egal wie nervtötend und laut er sonst sein konnte, er war auch freundlich und stark... und so wunderbar sanft. Wenn er jetzt seinen Arm um sie legen und ihr sagen würde: Keine Angst Sakura-chan, ich beschütze dich-... dann würde es ihr sehr schwer fallen, sich nicht an seinen Brustkorb zu drücken und das Gesicht irgendwo in seinem Shirt zu verstecken. Nur aufgrund der außergewöhnlichen Umstände... Ihr Blick fiel auf den voll konzentrierten Sai. „Zeichnest du etwa mich?“, wollte sie misstrauisch wissen. „Hmm“, gab er zurück. „Nackt?“, langsam ging sie eine Regalreihe weiter. Er antwortete nicht und lächelte nur. „Perversling“, bemerkte sie, „Wenn ich irgendwann ein Comic finde, in dem irgendwelche versauten Zeichnungen von mir sind, verklag ich dich!“ „Keine Sorge“, Sai wischte mit raschen Bewegungen ein paar Radierspuren vom Blatt, „Versaute Comics von dir will garantiert kein Mensch lesen.“ „Oh... Hey!“ Endlich ging es ihr etwas besser. Beinahe hatte sie den Schrecken von vorhin schon abgeschüttelt, als sie um noch eine Regalreihe bog. Was sich dort vor ihren Augen erstreckte, ließ sie wie angewurzelt stehen bleiben. Und je mehr sie entdeckte, desto deutlicher spürte sie auch eine gewisse, flaue Übelkeit. Masken. Schwarzes Leder. Knebel. Peitschen und Riemen. Riesige Dildos. Groteske Teile von Verkleidung, die an Hundeschnauzen, Henker oder Wesen aus einer anderen Welt erinnerten. Von der Decke baumelte etwas, das aussah wie ein Leichensack. Schwarzes Material- wahrscheinlich Gummi- in Menschenform, das mit breiten Bändern in der Schwebe gehalten wurde. Einen halben Meter daneben hing ein netzähnliches Ding mit breiten Riemen und Platten, dessen vier Ecken mit silbernen Ketten an einem Haken befestigt waren-... Eine Glasvitrine stellte auf drei Etagen silberne Instrumente zur Schau-... Zangen, Skalpelle, Kanülen und komplizierte medizinische Geräte-... ein Rad aus lauter scharfen Spitzen an einem Haltegriff-... Metallstifte in unterschiedlichen Längen und Größen, große Haken mit dicken Kugeln am normalerweise spitzen Ende. Sie riss ihren Blick davon los, entdeckte Fesseln. Ketten. Halsbänder. Nachgebildete Körperteile, gegossen aus Wachs oder Plastik; aber nicht nur die allgegenwärtigen Penisse, ganze Hände und Füße, ganze Unterarme-... Und in einer fernen Ecke etwas besonders abscheuliches: ein Kopf-... eine Art Büste von einer Figur, deren bläuliche Haut wie ein Nadelkissen mit silbern schimmernden Nägeln gespickt war, auf beinahe jedem Zentimeter, als hätte ein verrückter Professor die Haut genau unterteilt, grausam methodisch und akkurat. Die Symetrie hätte beinahe schön sein können, wäre es nicht so abscheulich gewesen. Ganz besonders dieses Ding weckte in ihr ein Gefühl, als würde ihr Magen von einem bodenlosen Abgrund an Abartigkeit angezogen, ein Sog der sie taumeln ließ. „Was... ist das?“, hauchte sie. „Oh“, Sai sah kurz auf und nickte, „Pinhead... Figur aus einem klassischen Horrorfilm. Steht für Erkenntnis durch Schmerz. Mein Vorgänger fand, es wäre ein passendes Maskottchen für die S/M- Ecke. Inzwischen muss ich sagen, wirkt das nicht mehr ganz zeitgemäß. SSC und so weiter, die Szene hat sich weiterentwickelt. Aber es gibt immer noch einige, die den sehr... archaischen Ansatz für das einzig wahre halten. Naja, menschliches Sexualverhalten... ein faszinierendes Phänomen...“ Sakura wollte sich losreißen. Sie wollte nicht länger all diese Dinge sehen, aber es war wie ein Sog, ohne weiteres die Augen schließen konnte sie auch nicht. Endlich schaffte sie es, sich abzuwenden, ihr Herz pochte wieder heftiger, sie atmete mühsam durch. „Und, was gefunden?“, wollte Sai arglos wissen, „Für deinen Freund vielleicht?“ Großer Gott-... Sasuke. In diesem Augenblick fiel ihr die Szene von ein paar Stunden früher wieder ein, als er seine Hand auf ihr Gesicht gedrückt hatte und sie ein paar entsetzliche Momente lang das Gefühl gehabt hatte, sterben zu müssen. Ob er... auf solche Sachen stand? Zögernd sah sie sich noch einmal über die Schulter hinweg um. Vielleicht reagierte er deshalb so genervt auf normale Annäherungsversuche. Wenn sie zurück dachte, wurde ihr mit Schrecken klar, dass er tatsächlich immer nur dann freiwillig jemandem nahe gekommen war, wenn er gleichzeitig grausam sein konnte... Nur wenn sein Gegenüber ganz starr war vor Angst, bekam er diese zärtliche Bettstimme... Das hatte ja gerade noch gefehlt. Sasuke stand auf S&M? Vor ein paar Stunden hatte sie ihm noch beteuert, sie könnte alles sein was er brauchte. Aber konnte sie das auch? Sie bezweifelte es. Dass er irgendwann in einem Rausch von Macht und Wahnsinn die Kontrolle verlor und einfach nicht mehr aufhörte, ihr die Luft abzudrücken, war zu wahrscheinlich. Sie liebte ihn-... sie war ihm hoffnungslos verfallen. Aber selbst sie hatte genug Instinkt um ihm nicht zu vertrauen. Er hatte schon früher versucht sie zu töten. „Das-... ist doch krank... das ist lebensgefährlich!“ Unbestimmt gestikulierte sie in die Ecke aus der sie gerade gekommen war. Sai legte den Kopf schief und sah sie lange an. „Hängt davon ab, mit wem man es tut“, sagte er. Sie schwieg. Einen kurzen Moment lang kam ihr der schwindelerregende Gedanke, dass sie vielleicht doch in eine Falle gelaufen war. Vielleicht war der unheimliche Sensenmann mit Absicht nicht durch die Eingangstür nachgekommen. Vielleicht war es ein Verbündeter von diesem merkwürdigen, perversen Verkäufer. Sie warteten auf den richtigen Moment, und wenn sie sich weit genug in diese dunklen Ecken hinein wagte, würde der riesige Mörder plötzlich hinter ihr stehen und sie packen und dann-... würde sie mit den Handgelenken an Heizungsrohren aufgehängt und im Hinterzimmer zu Tode gefoltert werden, mit all diesen schrecklichen Dingen, die sie zur Tarnung hier vorn im Laden verkauften... Vielleicht stellten sie das Video davon dann ins Internet, zahlten reiche Psychopathen nicht viel Geld für so etwas? Hatte sie das nicht mal im Fernsehen gesehen? Eine Welle von Panik stieg in ihr hoch, sie atmete tief durch und versuchte vernünftig zu bleiben. Irgendwie war die Idee doch unlogisch-... wenn der Verkäufer sie angreifen wollte, hätte er es schon längst getan, oder? Sie kam wieder näher zum Verkaufstresen. „Du... wirst mir doch nichts tun, oder?“, flüsterte sie und schob ihre Finger unsicher über die Tischplatte, „Bitte tu mir nichts... es geht mir so schon scheiße genug“ Sais Augen hoben sich. „Falls es dich beruhigt-...“, bemerkte er sachlich, „Nicht jedes männliche Wesen das einen Blick auf dich wirft, will dich sofort vergewaltigen. Und ich bin da keine Ausnahme“ Trotz ihrer Lage konnte sie sich ein nervöses Grinsen nicht verkneifen, sie schlug die Augen nieder und kratzte mit dem Daumennagel an der Kante des Verkaufstischs. „Jetzt weiß ich nicht, ob ich beruhigt oder beleidigt sein soll“, murmelte sie. Sai erwiderte ihr Lächeln, ein wenig verschmitzter als vorher. „Kann ich hier bleiben, bis deine Schicht zuende ist?“, flüsterte sie, „Ich hab solche Angst, dass dieser Kerl draußen irgendwo auf mich wartet... wenn der mich erwischt, wird er mir irgendwas furchtbares antun, das weiß ich... würdest du mich später nach Hause bringen? Wenn es kein zu großer Umweg ist?“ Sai zeichnete mit flinken Strichen auf seinem Blatt einen Penis mit kleinen Flügelchen links und rechts, dazu eine Sprechblase. „Klar“, schrieb er mit großen Druckbuchstaben dort hinein. ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)