Digimon Battle Generation von Alaiya ([Digimon Tamers] Wenn Welten kollidieren) ================================================================================ Episode 30: Matsuri ------------------- Episode 30: Matsuri Es ist nun drei Jahre her. Drei Jahre, seit wir in die digitale Welt gekommen sind, und beinahe drei Jahre, seit Toshi gestorben ist. Dabei war er nicht einmal ein Tamer, als er in die digitale Welt gegangen ist – ohne mich hätte er damit nie etwas zu tun gehabt. Und doch war er es, der in der digitalen Welt gestorben ist und nicht ich. Und ich bin es, die nun in dieser neuen Welt lebt, nicht er... - Akimoto Kayako Ein warmer Wind wehte Kayako entgegen, als sie an der Shinjuku-Station aus dem Shinkansen ausstieg. Es war Mitte Juli und da die ersten Tokyoter Universitäten bereits Ferien hatten, hatte sie sich überreden lassen, die anderen Tamer in Tokyo zu besuchen. Doch als sie sich nun umsah, konnte sie von den anderen niemand entdecken. „Ich habe Hunger“, jammerte Chiupumon, das auf ihrem Kopf saß. „Ich weiß“, meinte sein Tamer, da das Digimon sich bereits die letzte halbe Stunde der Bahnfahrt über seinen Hunger beklagt hatte, Kayako es jedoch nicht eingesehen hatte, etwas aus dem überteuerten Bistrowagon zu kaufen. „Du bekommst schon etwas zu essen.“ „Ich habe aber jetzt Hunger!“, beschwerte sich das Digimon. „Das ist dann dein Problem“, erwiderte Kayako. Da sie keinen der anderen sehen konnte, beschloss sie in die Haupthalle des Bahnhofs zu gehen. Mit ihrer Sporttasche, in der sie Kleidung für das Wochenende verstaut hatte, unter dem Arm, machte sie sich auf den Weg die Treppe vom Gleis hinab zum Tunnel, der in die Eingangshalle der Bahnstation führte. Gerade als sie dort ankam, hörte sie ein Rufen. „Kayako-san!“ Das Mädchen, das nach ihr rief, hätte sie in dem hier herrschenden Gedrängel nicht gesehen, wohl aber Lopmon, dessen Ohren durch die Luft wedelten. So kämpfte sich Kayako zu der Stelle, wo sie Lopmon sehen konnte, durch. „Tut mir leid, dass ich etwas verspätet bin!“, entschuldigte sich Shuichon, als sie vor ihr stand. Kayako schüttelte den Kopf. „Das macht nichts.“ „Hattest du eine gute Fahrt“, fragte Shuichon. „Ja“, antwortete Kayako. Sie folgte dem Mädchen durch das Gedränge aus dem Bahnhof hinaus, nur um an den Haaren gerissen zu werden, kaum dass sie draußen war. „Essen!“, rief Chiupumon aus und schnupperte angeregt in der Luft. Dann breitete es seine Flügel aus und flog zu einem Takoyaki-Stand. „Kayako!“, rief es dann und zeigte auf den Stand. „Takoyaki!“ Daraufhin seufzte Kayako und holte ihre Geldbörse hervor. „Entschuldige mich bitte“, meinte sie zu Shuichon, die ihr allerdings zum Takoyaki-Stand folgte. „Ich sehe, das Chiupumon noch immer... Eigenwillig ist“, kommentierte sie das Verhalten des Digimon dabei. „Ja“, erwiderte Kayako, während sie für zwei Portionen Takoyaki bezahlte. „Hier.“ Sie wollte die zweite Portion Shuichon geben, doch diese winkte ab. „Du solltest selbst etwas essen“, meinte sie. „Meine Mutter kommt wahrscheinlich erst heute Abend nach Hause, daher gibt es vorher nichts zu essen. Außerdem solltest du doch auch einmal tokyoter Takoyaki probieren.“ Sie grinste. „Ich kann mir selbst etwas kaufen.“ Kayako nickte. Während Shuichon nun ebenfalls Oktopusbällchen für sich und Terriermon kaufte, machte sich Chiupumon über seine Portion her, machte jedoch direkt nachdem es das erste Bällchen in seinen Mund geschoben hatte. „Also die in Osaka sind besser“, verkündete es nicht gerade leise. Kayako zog eine Augenbraue hoch. „Dann musst du eben hungern.“ „Gemein“, grummelte das Digimon, aß aber weiter. „Wie läuft es im Studium?“, fragte Shuichon schließlich, woraufhin Kayako nur mit den Schultern zuckte. „Ganz gut.“ Für einen Moment schwieg sie. „Und die Schule bei dir?“ „Es geht“, erwiderte Shuichon. „Aber jetzt sind ja Ferien.“ Kayako nickte. Sie wusste, dass Shuichon zusammen mit ihren Eltern nach Amerika fliegen würde, um ihren Bruder zu besuchen. „Wann fliegt ihr?“ „Montag Abend“, antwortete Shuichon. Sie schaute etwas verlegen drein. „Ich schwänze die letzte Schulwoche dafür.“ Etwas später saß Kayako in dem Zimmer, das früher einmal Shuichons Schwester Jaarin gehört hatte, die mittlerweile jedoch bereits verheiratet war und nicht mehr hier lebte. Sie seufzte. Sie war schon lange nicht mehr in Tokyo gewesen. Allerdings war sie erstaunt, wie einfach es war mit Shuichon zu reden. Auch wenn sie sich von ihr hatte überreden lassen, überhaupt herzukommen, so hatte sie das Mädchen doch als aufmüpfiger in Erinnerung. Doch auch wenn ihr Verhalten noch immer nicht unbedingt japanischer Etikette entsprach, so schien sie mittlerweile doch ganz umgänglich zu sein. Dennoch kam sie nicht umher, sich ein wenig bedrückt zu fühlen. Auch Chiupumon, das am Fenster saß und hinaussah, schien dies zu bemerken. „Was hast du, Kayako?“, fragte es und drehte sich zu ihr herum. „Nichts“, murmelte sie, wusste aber, dass sie nicht besonders überzeugend klang. „Du denkst an Toshi“, stellte Chiupumon fest und ließ seine Flügel etwas hängen. Darauf antwortete Kayako nicht. Natürlich hatte das Digimon Recht. Sie kam nicht umher an Toshi zu denken, denn als sie das erste Mal hier gewesen war, war er noch bei ihr gewesen, so dass sie sich jedes Mal, wenn sie herkam, an ihn erinnert fühlte. „Kayako“, meinte Chiupumon vorsichtig. Sie seufzte und kam sich albern vor, weil sie noch immer nicht ganz darüber hinweg war. Doch kam sie nie umher, darüber nachzudenken, wie es wohl gewesen wäre, wenn all die Dinge nie passiert und sie nie in die digitale Welt gekommen wären. Wenn Toshi nicht dort gestorben wäre. Wären sie zusammen geblieben? Wären sie glücklich gewesen? Es war diese Frage, die sie so sehr quälte. „Kayako!“ Chiupumons Stimme hatte nun größeren Nachdruck und sie sah auf. Matt lächelte sie das kleine, teddybärartige Digimon an, dessen weiße Flügel noch immer hinabhingen. „Es ist schon in Ordnung.“ In dem Moment merkte sie, wie die Erde begann zu beben. Natürlich wusste sie, dass diese Beben in Tokyo nun schon seit Wochen anhielten, doch verhinderte dieses Wissen nicht, dass sie sich im ersten Moment erschreckte. „Kayako, schau!“, rief Chiupumon und zeigte aus dem Fenster, woraufhin sie aufsprang, um hinauszusehen. Tatsächlich zog ein Flackern über das Abbild der digitalen Welt im Himmel. Dann verebbte das Beben, ehe es nur wenige Sekunden später an der Tür klopfte. „Kayako, kann ich hereinkommen?“, fragte Shuichons Stimme. „Ja“, erwiderte Kayako schnell, woraufhin Shuichon ihren Kopf ins Zimmer steckte. „Ich wollte nur fragen, ob alles in Ordnung ist.“ Kayako nickte. „Ja“, antwortete sie. „Ich habe mich nur etwas erschrocken.“ „Dann ist gut“, meinte Shuichon. „Magst du etwas mit ins Wohnzimmer kommen? Wir könnten etwas spielen oder so, bis die Jungen kommen.“ Noch bevor Kayako darüber nachdenken konnte, nahm Chiupumon ihr die Antwort ab. „Spielen klingt gut“, meinte er mit einer so überschwänglichen Begeisterung, dass Kayako wusste, dass es sie dazu bringen wollte mit zu gehen – und sei es nur um auf andere Gedanken zu kommen. „Ja“, meinte sie daher. „Spielen klingt gut.“ „Super.“ Shuichon lächelte breit. „Du kannst ja schon einmal vorgehen. Ich hole uns noch etwas zu trinken und zu knabbern.“ Damit lief sie in die Küche, die ohnehin direkt neben dem Wohnzimmer lag. Das Licht der Nachmittagssonne wirkte blass auf Makoto, während er durch die Straßen der Wohngegend von Shinjuku ging. Er hatte keine Hausaufgaben mehr, um die er sich hätte kümmern können, so dass er kaum etwas anderes tun konnte. Immerhin hatte er keine Lust mit den anderen auf eins der Sommerfeste zu gehen oder sich überhaupt in der Nähe seiner Schwester aufzuhalten. Er wusste, dass es teilweise kindisch war, vor allem nicht mit seiner Schwester zu reden, doch er konnte nicht anders. Auch wenn er wusste, dass weder Ai, noch Impmon diese Entscheidung bewusst getroffen hatten, konnte er einfach nicht umher sich von ihnen betrogen zu fühlen. Doch nicht nur das. Er fühlte sich außerdem einsam. Vielleicht wäre es anders gewesen, wäre er wie Takato und die anderen und hätte Impmon erst mit zehn Jahren oder sogar noch später getroffen. Doch Impmon war bei ihm und Ai gewesen, beinahe seit er denken konnte. Seit zehn Jahren waren sie ein Team gewesen – nun, mehr oder weniger zumindest – selbst wenn er und Ai oft gestritten hatten. Es war für ihn normal gewesen und jetzt war es auf einmal anders. Er kickte gegen einen Stein, der am Rand der Gasse lag. Was sollte er denn überhaupt machen? Sollte er einfach ein normales Leben führen und sich nicht mehr um die Digimon kümmern? Sollte er so werden, wie die Geschwister von Jenrya und Shuichon? Oder vielleicht wie Katou Juri? Hatte er überhaupt eine Wahl? „Makoto-kun?“, hörte er eine Stimme hinter sich und drehte sich um. Dort stand Kitagawa Kenta, zusammen mit seinem Partner Penmon. „Kitagawa-san“, grüßte Makoto ihn halbherzig. Eigentlich wollte er im Moment allgemein nicht um Leute mit Digimonpartnern sein. Kenta kam zu ihm hinüber. „Ich bin überrascht dich hier zu treffen“, meinte er. „Was machst du hier?“ Makoto seufzte. Er hatte keine Lust auf eine Unterhaltung, doch da er gut erzogen war, wollte er den Älteren auch nicht einfach abwimmeln. „Ich gehe nur ein wenig spazieren“, antwortete er – nicht ganz ehrlich. „Und du?“ „Ich wohne hier in der Nähe“, erwiderte Kenta. „Ich wollte eigentlich gerade zur U-Bahnstation um die anderen in Shinjuku zu treffen.“ „Ach so“, meinte Makoto. „Wieso bist du nicht mit Shirou-kun, deiner Schwester und dem Okamura-Mädchen unterwegs?“, fragte Kenta weiter. Daraufhin steckte Makoto die Hände in die Hosentaschen und ließ den Kopf hängen. Kenta schien zu verstehen, dass diese Frage nicht besonders durchdacht war. „Tut mir leid“, meinte er halblaut und ging für eine Weile schweigend neben Makoto her. „Weißt du“, begann er nach einer Weile wieder, „du solltest morgen mitkommen. Wir wollen alle zusammen nach Ueno zum Natsu Matsuri fahren.“ „Ich weiß“, murmelte Makoto, der davon bereits von seiner Schwester gehört hatte, als sie versucht hatte mit ihm zu reden, ohne dass er ihr die Tür zu seinem Zimmer geöffnet hätte. „Aber ich habe keine... Keine Zeit.“ „Popipa“, meldete sich nun auch Penmon zu Wort und sah ihn mit einem Blick an, der genau wie der Kentas sagte, dass es ihm nicht wirklich glaubte. „Ich kann verstehen, dass du nicht unbedingt Zeit mit den anderen verbringen willst“, meinte Kenta vorsichtig. „Aber... Na ja, vielleicht würde es dir ganz gut tun, wieder ein bisschen etwas mit Freunden zu machen.“ Makoto hatte den Blick auf den Boden gerichtet, wo die kleinen Häuser und niedrigen Mauern länger werdende Schatten auf die den Weg warfen. „Freunde...“ Er war sich nicht einmal sicher, ob Takumi und Rin seine Freunde waren. Immerhin war es Ai gewesen, die so wirklich den Kontakt zu ihnen hergestellt hatte. Was verband ihn schon mit den beiden? Wenn er so darüber nachdachte, fragte er sich, ob er überhaupt irgendwelche Freunde hatte. Mit seinen Klassenkameraden und den anderen Spielern aus der Baseball-AG hatte er selten etwas unternommen, da er sich doch meistens mit den Digimon beschäftigt und sonst gelernt hatte. Aber was blieb ihm ohne die Digimon? „Ich bin mir sicher, dass die anderen mal wieder gerne etwas mit dir unternehmen würden“, meinte Kenta. Erneut erwiderte Makoto nichts, sondern ging nur stumm neben dem jungen Mann her. „Pipa!“, hörte er irgendwann Penmon ausrufen. Es zeigte auf eine Seitengasse, die zu einer der breiteren Straßen führte. „Du hast Recht“, erwiderte Kenta zu seinem Digimon und wandte sich dann wieder an Makoto. „Dort ist die Station“, meinte er. Er schien zu überlegen. „Überleg' es dir, Makoto-kun. Bis... Bis morgen.“ „Bis dann“, murmelte Kenta und sah ihm hinterher. Dann wandte er sich wieder nach vorn. Ein Teil von ihm wollte tatsächlich etwas Zeit mit den anderen verbringen, doch es gab eine Sache, die er einfach nicht vergessen konnte. „Ich habe kein Digimon“, murmelte er und ging weiter. Takumi stand vor der Ueno Station und starrte in die Menschenmassen, die alle in Richtung des Parks strömten. „Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee war, uns hier zu treffen“, meinte Kotemon, das neben ihm stand und von den Menschenmassen noch überwältigter war, als sein Partner, da es den meisten Menschen kaum bis zur Hüfte ragte. „In Shinjuku ist es wegen der Parade nicht besser“, erwiderte Takumi und hielt nach den anderen Ausschau. Es dämmerte bereits, da es Abend war, doch da der Himmel klar war, konnte man nun besonders gut die Strukturen der digitalen Welt erkennen. Takumi fragte sich, wie es dort wohl war, denn mehr als ein paar Bilder und die Erzählungen der alten Tamer, kannte er nicht. „Takumi-kun“, hörte er eine Stimme ganz in seiner Nähe und sah sich um. Es war Rin, die mit Kunemon auf der Schulter zu ihm kam. Sie trug einen dunken Yukata mit Kirschblütenmuster und hatte ihre Haare nach japanischen Stil hochgesteckt. „O-Okamura-san“, stammelte Takumi und fragte sich, warum seine Wangen brannten. Er war überrascht Rin in dieser Kleidung zu sehen – wahrscheinlich, weil sie normal sehr westlich wirkte, dank ihrem blondierten Haar. „Du trägst einen Yukata?“ Das Mädchen wandte den Blick ab. „Ja“, murmelte sie und wirkte etwas verlegen. „Ich dachte, es wäre ganz angemessen...“ „Äh, ja...“ Mehr brachte Takumi nicht heraus. „Ich habe vorhin Matsuda-san, Katou-san und Makino-san gesehen“, meinte Rin dann. „Dahinten!“ Sie zeigte in die Richtung, in der ein anderer Ausgang der Station gelegen war. Takumi nickte. „Dann lass uns dort nachschauen.“ Während sie sich durch die Menschenmasse drängelten, die in Richtung des Parks strömte, kam sich Takumi ein wenig schlecht vor, da er Kotemon nicht tragen konnte, was es dem Digimon einfacher gemacht hätte, durch die Menge zu kommen. Tatsächlich fanden sie Takato, Juri, Steve und Ruki in Begleitung Yamaki Mitsuo, den Takumi aus dem Fernsehen kannte, und einer rothaarigen, schlanken Frau und einem Mädchen, das Rukis Hand hielt und von einem dunklen Digimon, das nur wenig kleiner war, als Renamon, begleitet wurde, unter einer Straßenlaterne stehen. Auch Juri, Ruki und das kleine Mädchen trugen Yukatas, während Takato tatsächlich Hakama trug. Der andere Mann und die rothaarige Frau trugen jedoch Alltagskleidung. „Guten Abend, Shirou-kun“, grüßte ihn Takato, als sie näher kamen, und schenkte ihm ein mattes Lächeln. Auch Ruki nickte ihm zu. „Guten Abend, Shirou-kun, Okamura-san.“ „Guten Abend“, erwiderte Takumi und kam nicht drum herum erneut zu erröten, da ihm gleich zwei der alten Tamer grüßten. „Guten Abend“, sagte auch Rin und verbeugte sich förmlich. „Wisst ihr wo die anderen sind?“, fragte Takato dann. Takumi schüttelte nur den Kopf. „Nein, tut mir leid.“ Ruki seufzte genervt. „Wo bleiben die nur?“ „Vielleicht finden sie uns nicht“, meinte Renamon ruhig. „Ich werde nach ihnen suchen.“ Damit sprang es auf die Straßenlaterne und war im nächsten Moment verschwunden. Das dunkle Digimon, das offenbar zu dem kleinen Mädchen zu gehören schien, sah sich um. „Ich werde Renamon helfen“, sagte es dann und tat es Renamon gleich. Während die beiden Digimon fort waren, stellte Takato Takumi und Rin die beiden Erwachsenen vor. Die Frau an der Seite Yamaki Mitsuos war dessen Frau Reika, das junge Mädchen das Kind der beiden – Namiko. Das Digimon, das sie begleitete, war Lumamon. Kurz darauf kam eine weitere Gruppe zu ihnen, bestehend aus drei Männern und drei Frauen. Einen der Jungen, Shoji, kannte Takumi bereits. Den anderen Mann und eine der jungen Frauen kannte er zumindest vom Sehen. Diese waren Yuki Denrei und Lee Shuichon – sie war die einzige, die sich für das Fest gekleidet hatte, allerdings nicht in einem Yukata, sondern in einem chinesischen Kleid, während sie ihre Haare zu zwei Pons gebunden hatte – doch die zweite Frau, deren hellbraunes Haar zu einem Zopf gebunden war, war ihm vollkommen unbekannt. Sie wurden von ihren Digimon begleitet: Gazimon, Dracomon, Lopmon und Chiupumon, das, wie Guilmon ein Digimon war, das von Kayako selbst erdacht und real geworden war. Die beiden älteren Leute, die die beiden begleiteten, waren die Eltern von Shuichon. Schließlich brachte Renamon Hirokazu und Kenta her. „Ist Ryou nicht hier?“, fragte Hirokazu, als er zu ihnen kam. Zumindest war sein schwebendes Digimon dazu gut, ihm einen Weg im Gedränge freizuräumen. „Ryou kommt nicht“, erwiderte Ruki, ohne ihn anzusehen. „Oh.“ Hirokazu wirkte ein wenig enttäuscht. Nun begann Rin sich jedoch etwas unsicher umzusehen. „Wo ist Ai? Wollte sie nicht noch kommen?“ Shuichon war es, die ihr Handy aus dem Beutel, den sie bei sich trug, herausholte. „Ich rufe sie an“, meinte sie und wählte offenbar Ais Nummer aus dem Telefonbuch aus. Doch gerade als sie ihr Handy ans Ohr hob, rief jemand nach ihnen. „Takato! Takumi! Hey, alle zusammen!“ Jemand sprang in der Menge auf und ab, so dass ab und an eine winkende Hand zu sehen war, doch bald schon schaffte es Impmon sich zu ihnen vorzudrängen. „Ich sehe, man hat uns schon erwartet!“, kommentierte es. „Ich sehe, du musst dich etwas aufspielen“, erwiderte Renamon in einem so neutralen Tonfall, dass es schwer war, zu sagen, ob es das kleinere Digimon aufziehen wollte, oder nicht. Da kam auch Ai zum Vorschein. Sie verschaffte sich recht rücksichtlos mit den Ellenbogen einen Weg durch die Menge und stand schließlich neben ihnen. „Puh, es tut mir leid. Bin zu spät.“ Sie schient etwas außer Atem. „Die Sandalen bringen mich um.“ Noch mehr als bei Rin überraschte es Takumi, dass auch Ai in einem Yukata und dazu Geta trug. Vielleicht starrte er sie zu sehr an, vielleicht war sie aber einfach nur gereizt, da sie ihm einen genervten Blick zuwarf. „Was gibt es zu schauen?“ Sie verschränkte die Arme. Takumi tat sein bestes schnell in eine andere Richtung zu sehen. „Nichts.“ Es war in dem Moment, dass noch jemand anderes zu ihnen stieß, der noch mehr angestarrt wurde, als Ai, jedoch offenbar nicht ganz darauf brannte, sie zu größen. „Guten Abend“, murmelte Makoto und blieb – offenbar ganz bewusst – am Rand des nicht ganz so kleinen Kreises stehen. „Hanemura-kun“, stieß Rin überrascht aus. „Du kommst auch mit, Hanemura?“, fragte auch Takumi überrascht. Tatsächlich sah Makoto nicht unbedingt aus, als wäre er erfreut, dabei zu sein. Jedoch wirkte es auch nicht so, als wäre es Ai gewesen, die ihn dazu gezwungen hatte mitzukommen. Für einen Moment wirkte es so, als würde eine peinliche Stille entstehen, aber Ruki unterbrach diese früh genug. „Dann können wir losziehen, oder?“ „Kayako, schau! Kandierte Äpfel!“ Wieder saß Chiupumon auf Kayakos Kopf und zeigte zu einem der eng stehenden Stände. „Ich frage mich immer wieder, wie du bei so einem kleinen Körper so viel essen kannst“, meinte Kayako, holte aber ihren Geldbeutel hervor. Takato, der zusammen mit seiner Freundin vor ihr ging, drehte sich um. „Das frage ich mich bei beinahe jedem Digimon.“ Kayako lächelte. Es fiel ihr viel einfacher, als sie es in Erinnerung hatte, mit den anderen Tamern und den Digimon auszukommen und zu reden. Sie fühlte sich lockerer, als in der Vergangenheit und sie kam sich – obwohl sie die anderen beinahe ein Jahr lang nicht mehr gesehen hatte – weniger wie ein Außenseiter vor, als bei ihrem letzten Treffen. Dabei war sie sich nicht ganz sicher, ob dies nun an ihr selbst lag, oder an den anderen. Während sie den Apfel für Chiupumon kaufte, blieb Shoji stehen, um auf sie zu warten. „Pass auf, dass du uns nicht verlierst“, meinte er. Sie nickte und reichte den Apfel Chiupumon. „Pass auf, dass du nichts in meine Haare klebst!“, ermahnte sie es, was das Digimon nur mit einem „Ja ja“ abtat, ehe sich Kayako Shoji zuwandte. „Nun, zumindest die Digimon sind einfach zu finden, nicht.“ „Wohl wahr“, erwiderte Gazimon und sah sich um. Es wirkte etwas angespannt, als wäre ihm die Menschenmenge nicht ganz lieb. „Ich hoffe, du fühlst dich nicht zu sehr außen vor“, meinte Shoji dann und ging weiter, als sie ihre Geldbörse weggesteckt hatte. „Nein, gar nicht“, antwortete sie. „Aber danke für deine Besorgnis.“ „Sehr gern“, erwiderte er und sah sich um. „Was willst du eigentlich machen, wenn du mit den Studium fertig bist, Kayako-san?“ Sie hatten schon am Vortag, als sie Abends mit Shuichon, Denrei und Shoji bei der Parade an der Shinjuku-Station gewesen waren, darüber geredet, dass sie dieses Jahr ihr Studium beenden würde. „Ich weiß es noch nicht“, erwiderte sie wahrheitsgemäß. „Aber ich denke, ich werde wieder nach Hokkaido gehen. Vielleicht nach Wakkanai.“ Shoji nickte, und für eine Weile zögerte Kayako. „Und was willst du machen? Willst du studieren? Du bist doch im letzten Schuljahr, oder?“ „Ja“, antwortete Shoji. „Ich überlege auf Lehramt zu studieren.“ Kayako lächelte ihn an. „Ich denke, du wärst ein guter Lehrer.“ „Danke.“ Shoji sah verlegen aus und für eine Weile liefen sie wieder still nebeneinander her. „Wer ist eigentlich der Ausländer?“, fragte Kayako schließlich. Ihr war der junge, westlich aussehende Mann schon zuvor ins Auge gestochen, doch hatte sie sich nicht getraut, zu fragen, da sie nicht hatte unhöflich erscheinen wollen. „Du meinst Steve?“ Shoji sah sich nach hinten um, wo der ausländische Mann an einem Stand stehen geblieben war und einige Masken, die dort für Kinder verkauft wurden, ansah. „Er ist als Austauschstudent hier – aus Amerika. Er hat uns bei der Sache in Chiyoda geholfen...“ Bei dem letzten Teil senkte er die Stimme. Daraufhin nickte Kayako nur. Sie hatte von dem Vorfall gehört und genug mitbekommen, um zu wissen, dass es sehr schlimm gewesen war. Als der Amerikaner sich nun von dem Stand abwandte, winkte Shoji ihn zu ihnen herüber. „Was ist?“, fragte er, wobei man seiner Aussprache deutlich anhörte, dass er kein Japaner war. „Ich wollte dir Kayako vorstellen, da es noch niemand gemacht hat“, erklärte Shoji. „Das ist Akimoto Kayako.“ Nach kurzem Zögern verbeugte sich Kayako förmlich. „Und das ist Larson Steve“, fuhr Shoji fort. Steve lächelte. „Ähm, freut mich dich kennen zu lernen.“ Anders als Kayako ging es Makoto. Denn auch wenn er sich durch Kentas Worte dazu hatte bringen zu lassen, seine Schwester zu begleiten, so fühlte er sich nicht besonders wohl. Er konnte nichts dagegen tun. Er merkte, dass sich seine Schwester, Takumi, Rin und auch Impmon sehr um ihn bemühten und doch fühlte er eine immer eisiger werdende Kälte in seiner Brust. „Möchtest du etwas Zuckerwatte?“, fragte Ai und hielt ihm die rosa Zuckerwolke entgegen. „Nein, danke“, murmelte er und steckte die Hände noch tiefer in die Taschen der Sommerjacke, die er trug. Seine Schwester sah ihn für einen Augenblick mit einer Mischung aus Besorgnis und etwas anderem an, beschloss dann jedoch offenbar nichts zu sagen, ehe Kotemon die Aufmerksamkeit der Kinder auf sich zog. „Was machen die da?“, fragte es und zeigte auf einen Stand. Es war ein Stand, an dem einige Kinder um ein niedriges Becken saßen und versuchten mit Papierringen die Goldfische darin zu fangen. „Man fängt die Fische“, meinte Impmon. „Hast du so etwas noch nie gesehen?“ „Nein“, erwiderte Kotemon. „Ist es ein Spiel für Menschenkinder?“ „Nicht nur für Kinder“, entgegnete Rin sanft. Sie sah lächelnd zu den anderen. „Lasst es uns auch probieren.“ „Ich weiß nicht...“ Takumi sah sie unsicher an. Seine Wangen erröteten. Ai grinste. „Ich finde die Idee klasse!“ Sie drehte sich zu Makoto um und schien ihn erst bei der Hand nehmen zu wollen, überlegte es sich dann aber doch anders und packte stattdessen Takumi, um ihn hinüber zu ziehen. „Magst du auch, Makoto?“, fragte sie dann vorsichtig an ihn gewandt. Anstatt zu antworten, schüttelte Makoto nur den Kopf. „Nein, nein.“ Er blieb am Rand des Standes stehen, während die drei anderen sich die Papierringe zum fangen kauften. Ai kaufte auch einen für Impmon, das diesen nur missmutig ansah. „Was soll ich damit.“ „Hast du Angst zu scheitern?“, meinte Ai und grinste es an. „Quatsch!“ Impmon riss ihr den Ring aus der Hand. Es starrte auf die Fische, die dicht gedrängt in dem Becken schwammen, doch schon als sein Ring das Wasser berührte, zerriss er. „Verdammt.“ Auch Rin seufzte, da ihr Ring ähnlich schnell zerriss, wie der Impmons. „Schade...“ Takumi saß konzentriert neben dem Becken und beobachtete die Fische. Dann ließ er den kleinen Kescher auf das Wasser hinabsaußen – wo jedoch auch bei ihm das dünne Papier riss. „Lasst euch zeigen, wie es gemacht wird“, meinte Ai nun. Makoto seufzte und wandte sich ab. Er ahnte, dass seine Schwester wieder einen der kleinen Fische fangen würde. Sie hatte schon immer ein Talent mit allem gehabt, was Kraft oder Geschick erforderte. Doch nicht nur damit. Sie war immer dickköpfiger gewesen als er, immer eigensinniger, aber dabei auch viel eher bereit, auf andere Menschen zuzugehen. Als er Rin im nächsten Moment „Wow, du bist wirklich gut“ sagen hörte, fühlte er sich bestätigt. Er ging. Er gehörte einfach nicht zu ihnen dazu. Egal wie sehr sie sich bemühten. Am Ende hatte das alles nie etwas mit ihm zu tun gehabt. Das Turnier, die Morde – er selbst hätte sich nie eingemischt, anders als Ai... Anders als Impmon. Ja, wahrscheinlich waren die beiden deswegen Partner. Wahrscheinlich war er immer nur das fünfte Rad am Wagen gewesen. Die ersten Laternen schwammen bereits auf dem Wasser, als Kayako, Shoji, Steve und Ruki, die die Hand des kleinen Mädchens Namiko hielt, zum Sumida-Fluss kam. Sie waren die ersten der Gruppe hier. Takato und seine Freundin hatten sich schon vor einer Weile ein wenig distanziert, was Kayako verstehen konnte, und nachdem Dracomon gejammert hatte, dass es noch etwas essen wollte, waren Denrei und Shuichon erst zu einem Fastfood-Restaurant aufgebrochen. Nun standen sie am Ufer des Flusses, wo Namiko sich an einen Stein gekniet hatte, um ihre Laterne zu beschriften. „Sei vorsichtig, dass das Papier nicht reißt“, ermahnte Lumamon es. Tatsächlich war das Kind so verspannt, da es offenbar ordentlich schreiben wollte, dass es stark auf das Papier der Laterne aufdrückte. „Ja, ja...“, murmelte es. Auch Kayako hielt eine Laterne in der Hand, hatte jedoch nicht begonnen, sie zu beschriften. „Hast du keinen Stift?“, fragte Shoji, der dies bemerkte. Kayako sah auf, überrascht angesprochen zu werden. „Doch“, meinte sie. Auch sie hockte sich hin, um besser schreiben zu können. Die Laternenbote sollten die Seelen der Verstorbenen auf das Meer zurück leiten. Sie kam nicht umher sich zu fragen, ob dies auch für Toshi möglich war. Er war in der digitalen Welt gestorben hatte nicht einmal einen toten Körper hinterlassen. Und was war mit Culumon und den anderen Digimon. Hatten sie überhaupt eine Seele? Sie hielt inne und atmete tief durch. Der Gedanke an die Ereignisse von vor drei Jahren versetzte ihr noch immer einen Stich in der Brust. Da zuckte sie zusammen. Jemand hatte ihr die Hand auf die Schulter gelegt und als sie aufsah, erkannte sie, dass es der Amerikaner war. „Alles in Ordnung?“, fragte er. „Du siehst... traurig aus.“ Kayako schüttelte den Kopf. „Es ist schon in Ordnung.“ Sie schrieb was sie begonnen hatte fertig und faltete die Laterne dann auf. „Hast du jemanden verloren?“, fragte Steve dann, was Kayako beinahe erschreckte. Sie musste sich daran erinnern, dass der junge Mann Ausländer war. Ihm schien jedoch auch im nächsten Moment klar geworden zu sein, dass die Frage unangebracht war. „Es tut mir leid. Die Frage war sehr persönlich, ja?“ Sie seufzte und lächelte matt. „Es ist schon in Ordnung.“ Für einen Augenblick zögerte. „Ich hatte einen Freund, der vor drei Jahren bei einem Kampf in der digitalen Welt gestorben ist.“ „Oh“, machte Steve. „Das... Tut mir leid.“ „Dann wart ihr beim Kampf vor drei Jahren dabei?“, fragte Leormon, das offenbar nicht ganz bemerkte, wie unangebracht die Frage in der Situation war. Doch Chiupumon nahm es Kayako ab, dazu etwas zu sagen. „Ja. Wir haben gegen D-Reaper und gegen Ultimate Chaosmon gekämpft.“ „Oh, ich habe davon gehört“, murmelte das katzenhafte Digimon, senkte aber den Kopf und schwieg, als es endlich Steves Blick bemerkte. „Hier“, meinte nun Shoji und reichte Kayako eine Kerze, um sie in die Laterne zu stecken. „Danke.“ Sie bemühte sich die Kerze zu befestigen, ehe Shoji ein langes Streichholz anzündete und gegen den Wind schützte, um erst seine, dann Kayakos Kerze anzuzünden. Sie sprachen dabei nicht, doch ließen sie ihre Boote danach gemeinsam zu Wasser. „Es ist so schön“, freute sich derweil Namiko, welche als Kind sich wenig Gedanken um etwas anderes zu machen schien. „Psst“, machte Ruki und kniete sich neben sie. „Sei für eine Weile ruhig, ja?“ Kayako seufzte leise, während die beiden Laternen von der Strömung erfasst wurde und in die Mitte des Flusses trieb, wo sie neben einer Gruppe anderer Laternen herschwammen. Sie hoffte, dass die Seelen von Digimon ebenso Frieden finden konnten, wie die von Menschen, und dass Toshis Seele, wo auch immer sie war, ebenfalls Frieden gefunden hatte. Und sie konnte nicht umher dafür dankbar zu sein, dass sie mit den Ereignissen, die nun hier in Tokyo vor sich gingen, nichts zu tun hatte. Denn sie wollte nicht kämpfen. Nie mehr. Ai seufzte und sah sich noch einmal um, als sie am Ufer des Flusses standen. „Blöder Makoto“, grummelte sie. Makoto war nun schon seit einer Weile verschwunden, hatte sich offenbar zwischen den Ständen davon geschlichen, während sie nicht auf ihn geachtet haben. „Lass ihn“, meinte Impmon und verschränkte nun die Arme. „Er hätte zumindest etwas sagen können“, erwiderte Ai. Rin sah die Augen des anderen Mädchens böse funkeln. „Er hat sich wahrscheinlich außen vor gefühlt“, versuchte sie Ai zu beruhigen, bekam jedoch nur ein Schnauben zur Antwort. „Aber er hat sich selbst ausgeschlossen!“ „Sprich mit ihm, wenn du nach Hause kommst“, schlug Takumi vor. Ai holte tief Luft, als müsste sie dies tun, um sich selbst zu beruhigen, seufzte dann aber. „Du hast ja Recht... Ich verstehe ihn nur nicht.“ „Vielleicht sollte ich versuchen, allein mit ihm zu reden“, meinte Impmon. Sein Tamer zögerte für einen Moment. „Ja, vielleicht...“ Dann schwiegen sie beide und Rin wandte sich zu einem der Stände um, die Laternen verkauften. „Ich möchte eine anstecken“, meinte sie. „Wartet kurz.“ Damit ging sie zu dem Stand hinüber, um eine Laterne zu kaufen und sich einen Stift zu leihen, um diese zu beschriften. „Wieso...?“, begann Takumi, der ihr dabei zusah. Rin zögerte. Sie hatte dies von Anfang an vorgehabt, doch sie war sich nicht sicher, was die anderen darüber denken würden. „Es ist nur... Es sind so viele wegen der Kämpfe mit den Digimon gestorben und auch... Auch der Junge, der die Leute angegriffen hat und...“ Sie zögerte. „Auch der Meister der Spiele. Ich weiß nicht ob sonst jemand für ihn...“ Sie brach ab und sah auf die zusammengefaltete Laterne in ihren Händen. Nun kam Ai zu ihr. „Ich finde es ist eine gute Idee.“ Zögerlich nickte Takumi. „Ja, ich auch.“ Mit einem zurückhaltenden Lächeln sah Rin sie an. „Danke.“ Derweil saß Makoto auf einer Bank auf der anderen Seite des Flusses und sah auf die kleinen Flotten von Laternen, die den Fluss hinabtrieben, ohne sie wirklich zu sehen. Er ahnte, dass seine Schwester wieder versuchen würde, mit ihm zu reden, sobald er nach Hause kam, und er wusste, dass sie sauer war. Er konnte nicht so einfach davon laufen. Natürlich nicht. Doch im Augenblick wünschte er sich nichts mehr als das. Er wollte mit all den Sachen, die hier vor sich gingen, nichts mehr zu tun haben. Er wollte seine Schwester nicht mehr sehen. Doch wohin konnte er schon gehen? Unwillkürlich wanderte sein Blick zu der schimmernden Struktur der digitalen Welt im Nachthimmel hinauf. Allein der Gedanke war verrückt! Er seufzte und stand auf, um entlang des Flusses zu laufen und vielleicht irgendwann nach Hause zurück zu gehen. Dabei schimmerten die vielen Kerzen in den Laternen, die in kleinen Gruppen nebeneinander schwammen, erstaunlich hell in der Nacht. Jedoch war er nicht weit gegangen, als er unbewusst etwas aus einem Gespräch mithörte. „Die Laternen sollen Seelen führen, richtig?“, fragte eine etwas kindlich wirkende Stimme. „Ja“, erwiderte eine andere matt. „Vielleicht führen sie ja auch deinen Bruder zurück.“ „Als ob. Wie denn? Wenn er in der digitalen Welt ist...“ „Nun, vielleicht...“ Die erste Stimme brach ab, da ihr offenbar keine Antwort darauf einfiel. „Wenn ich nur dahin könnte...“, meinte die andere Stimme wieder. „Er ist nun schon sechs Jahre fort...“ Makoto sah sich nach den Sprechern um und erkannte schließlich einen Jungen, der älter war als er selbst, zusammen mit einem Vogeldigimon auf der zum Fluss hinabfallenden Wiese am Rand des Walls saß und zum Fluss schaute. Er hätte selbst in dem Moment nicht sagen können, was ihn dazu antrieb, doch er machte einen Schritt auf den Jungen zu. „Ich weiß, wie man in die digitale Welt kommt“, sagte er laut vernehmbar. „Ich kann es euch zeigen.“ Der andere Junge sah sich zu ihm um. Auf seinem Gesicht zeichneten sich sowohl Überraschung, als auch so etwas wie Wut ab. „Und wer bist du?“ Makoto zögerte für einen Moment. „Ich bin Hanemura Makoto.“ Der andere Junge stand auf und sah ihn an. „Und selbst wenn du es wüsstest“, meinte er dann. „Wieso solltest du es uns zeigen wollen?“ Dieses Mal zögerte Makoto etwas länger. „Ich... Ich habe meinen Partner verloren. Und ich... Ich will ihn zurückholen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)