Digimon Battle Generation von Alaiya ([Digimon Tamers] Wenn Welten kollidieren) ================================================================================ Episode 02: Der illegale Tamer ------------------------------ Eine Woche ist vorbei und weiter geht es mit Digimon Battle Generation :D Dieses Mal lernt ihr den neuen „Goggleboy“ Shirou Takumi kennen, der ein kleiner Dickkopf ist. Und natürlich seinen Partner, Kotemon. Viel mehr möchte ich vorher nicht sagen ;) Ich wünsche euch viel Spaß mit Episode 2! ⌊ • • • • • • • • ⌉ Episode 02: Der illegale Tamer Seit dem Vorfall im Oktober 2008 hat die Anzahl der Digitalen Monster, kurz genannt Digimon, die sich im japanischen Raum aufhalten um ein vielfaches erhöht. Wie Yamaki Mitsuo, der Leiter der zuständigen Regierungsabteilung HYPNOS bestätigte, ist auch die Anzahl der registrierten Tamer angestiegen. Die Zahl, die drei Monate nach der Einführung der Registrierungpflicht im Juni 2009 bei über 300 lag hat sich seither beinahe verdreifacht. Allein in der Präfektur Tokyo gibt es laut aktuellem Stand 54 registrierte Tamer. Wie groß die Anzahl der sogenannten illegalen Tamer, die sich nie haben registrieren lassen, ist, lässt sich jedoch nicht genau bestimmen. Ausschnitt aus der Nikkei vom 02.04.2011 Es war schwer, viel über Shirou Takumi zu sagen. Selbst seine Lehrer taten sich dabei schwer. Einige erinnerten sich nicht einmal wirklich an ihn. Und das, obwohl er der Sohn von einem ihrer Kollegen war. Doch Takumi war, alles in allem, meist ein eher ruhiger Junge. Nicht schlecht in der Schule, aber auch nicht gut genug um positiv herauszustechen. In den Stunden war er meist ruhig und gehorsam und in den Pausen unterhielt er sich meist mit seinen Mitschülern. Doch auch diese konnten erstaunlich wenig über ihn sagen. Einzig Herr Kagawa, der Sportlehrer, der auch die Baseball AG der Yashio High School leitete, lobte Takumi in höchsten Tönen, sollte Herr Shirou sich in einer Pause oder nach einer Lehrerkonferenz einmal nach seinem Sohn erkundigen. Es ließ sich also eines über Shirou Takumi feststellen: Er tat sein bestes, um nicht aufzufallen. So lauschte er auch schweigend, während Shiragawa Rito, einer seiner Klassenkameraden, aus seinem Englischbuch vorlas. Seine Augen waren brav auf seine eigene Ausgabe des Buches geheftet, aber er verfolgte die Sätze nur halbherzig und selbst das nur, um nicht erst die Stelle suchen zu müssen, sollte Herr Inaba ihn als nächstes aufrufen. Er mochte kein Englisch. Genau so wenig wie er Mathe oder Naturwissenschaften mochte. Auch mit Japanisch oder Geschichte konnte er wenig anfangen. Nicht, weil er diese Fächer nicht verstand, sondern weil sie ihn langweilten. Die Schule langweilte ihn. Weil es jeden Tag dasselbe war, ohne irgendeine Abwechselung. Einzig Sport und Informatik waren Fächer, für die er sich begeistern konnte. Doch da sie dieses Jahr kein Informatik hatten, fiel auch diese positive Abwechselung für ihn weg. Die Schulglocke schlug zur Mittagspause bevor Takumi zum Lesen drankommen konnte. Für die meisten seiner Mitschüler war dies eine Erleichterung und sie begannen freudig miteinander zu reden, noch bevor der Lehrer den Klassenraum verlassen hatte, während das einzige, woran Takumi denken konnte, war, dass sie am Nachmittag noch Gesellschaftskunde hatten. „Hey, Takumi“, hörte er eine Stimme und jemand klopfte ihm auf die Schulter. „Sag mal, schläfst du?“ Ozaki Ryoichi setzt sich neben ihm auf den nun freien Stuhl, von dem sich erst vor kurzen Misaki erhoben hatten. Er grinste, noch bevor Takumi antworten konnte. „Na ja, kann ich auch verstehen. Englisch ist so langweilig.“ Nicht nur Englisch, dachte Takumi, sagte aber nur: „Ja. Und ich fürchte ich bin etwas müde vom Training gestern...“ „Du hast gestern trainiert?“, fragte Ryoichi entsetzt. „Man, die AGs gehen doch erst nächste Woche los!“ „Na ja, ich will in Form bleiben“, antwortete Takumi. „Wir haben Anfang Mai unser erstes Spiel.“ „Ganz schön vorbildlich“, erwiderte sein Klassenkamerad, der zusammen mit ihm in der Baseball AG war. „Man, ich sag dir: Dieses Jahr solltest du der Teamleiter werden!“ Schnell schüttelte Takumi den Kopf. „Nein, nein. Ich glaub das wäre keine gute Idee.“ „Wieso?“ Ryoichi sah ihn an. „Du bist ein guter Spieler und tust ziemlich viel für's Team.“ „Ich bin einfach kein guter Anführer...“, murmelte Takumi und wandte den Blick ab. „Ach, du hast ein zu schlechtes Selbstbild“, erwiderte sein Klassenkamerad. „Aber kein Wunder, bei deinem Vater... Ich mein, du weißt ja, dass ich ihn letztes Jahr in Mathe hatte und...“ Takumi hörte nicht weiter zu, da ein Wort an sein Ohr gedrungen war, das seine Aufmerksamkeit praktisch automatisch auf sich zog. „Ich habe gehört, dass man eine Einladung bekommt“, flüsterte Eri, eine seiner Klassenkameradinnen, die sich gerade mit Hiro und Kasumi unterhielt. Hiro, der einzige Junge der Dreierrunde, der außerdem den hintersten Platz am Fenster inne hatte, schüttelte den Kopf. „Ich denke, dass ist alles nur ein Gerücht.“ „Dafür hält es sich aber schon ziemlich lang“, murmelte Kasumi. „Aber wir sind in Tokyo“, warf Hiro ein. „Hypnos kontrolliert hier noch stärker als sonst wo. Ich mein, als ob man hier einfach so ein illegales Turnier aufziehen könnte. Das würde doch jemand merken.“ „Hypnos kann aber nicht überall sein“, meinte Eri. Hiro zuckte mit den Schultern. „Na ja, nicht das es uns was angehen würde... Wir sind keine Tamer.“ „Ich glaub, ich könnte auch kein Digimon Tamer sein“, griff Kasumi dies auf. „Ich mein, einige Digimon sind ja noch ganz niedlich... Aber hast du mal die Zähne von einem Agumon gesehen?“ Am liebsten hätte Takumi etwas dazu gesagt, doch er hielt sich zurück, und einen Moment später öffnete sich die Tür zum recht hellen Klassenraum und drei seiner Mitschüler kamen mit dem Speisewagen hinein. „Juhu!“, jubelte Ryoichi. „Endlich gibt es was zu Essen. Die haben sich ganz schön Zeit gelassen.“ Er schnupperte. „Und es riecht, als gäbe es heute Curry!“ Irgendwie vergingen auch die verbleibenden Stunden und schließlich verließ Takumi kurz nach drei das Klassenzimmer. Er beeilte sich so schnell wie möglich vom Schulgelände herunter zu kommen, ehe sein Vater ihn finden konnte und im Auto mit nach Hause nehmen würde. Er wollte noch nicht nach Hause. Nein, er hatte noch etwas anderes zu tun. Schnell beeilte er sich und lief zur U-Bahn-Station, die nur knappe 300 Meter von der Schule entfernt war. Mit der Bahn fuhr er zwar Richtung Odaiba, wo er mit seinen Eltern wohnte, stieg jedoch nicht an der Daibastation aus, in deren Nähe ihre Wohnung lag, sondern fuhr bis Kokusaitenjijo weiter, wo er die Station Richtung Süden verließ. Einigen der wenig befahrenen Gassen folgend, gelangte er so zum Ufer der südlichen Insel, das von einigen Bäumen und Büschen gesäumt wurde. Hier bleibt er stehen. „Kotemon?“, rief er aus. „Kotemon? Bist du da?“ Es dauerte etwas, bis ein Rascheln erklang und das recht kleine Child-Digimon in Kendokleidung zwischen zwei Büschen hervorkam. „Du konntest kommen“, meinte es erfreut. Takumi grinste. „Klar!“ Nachdem er sichergegangen war, dass man ihn von der Promenade aus nicht sehen konnte (immerhin trug er auch noch seine schwarze Schuluniform), stellte er seinen Schultasche ab und holte eine Tüte mit Melonenbrötchen aus dieser hervor. „Entschuldige bitte, dass ich nicht mehr mitbringen konnte.“ Kotemon schüttelte den Kopf, wobei die Kendomaske etwas hin und her rutschte. „Das macht nichts. Ich kann mir außerdem im Notfall selbst etwas organisieren.“ Es nahm die Tüte entgegen und begann die Brötchen in Stücke zu zerkleinern, die durch das Schutzgitter der Maske hindurchpassten, was Takumi dazu brachte, sich erneut zu fragen, ob Kotemon den Helm überhaupt abnehmen konnte. „Wie war es heute in der Schule?“, fragte Kotemon, nachdem es aufgegessen hatte. „Naja“, murmelte Takumi. „Langweilig. Und das schon am dritten Tag des Schuljahres.“ „Du solltest versuchen, dich mehr dafür zu begeistern“, schlug das Digimon vor. „Tu ich ja“, protestierte der 14-jährige. „Aber es ist halt langweilig. Davon abgesehen gehe ich wahrscheinlich auf die blödeste Schule in ganz Tokyo!“ „Das würdest du an einer anderen Schule auch sagen“, meinte Kotemon. Vehement schüttelte der Junge den Kopf. „Nein. An anderen Schulen ist mein Vater nicht Lehrer.“ „Hmm“, war alles, was dem Digimon deswegen einfiel. „Außerdem gibt es Schulen, bei denen der Umgang mit Digimon unterrichtet wird“, meinte Takumi. „Na ja, zumindest versuchen sie es. Bei uns tun sie sogar in Gesellschaftskunde so, als würde es keine Digimon geben.“ „Ich nehme an, die Menschen müssen sich eben noch daran gewöhnen“, meinte das kleine Digimon vorsichtig, da es wusste, dass der Junge bei dem Thema empfindlich war. „Es sind aber doch schon fast drei Jahre...“, murmelte der Junge und seufzte. Er war gerade zwölf geworden, als der Himmel „zerbrach“ und die Digiwelt zu einem Teil der normalen Welt wurde. Er hatte es kaum glauben können. Zwar hatte er schon länger gewusst, dass Digimon wirklich existierten, doch dass sie ein Teil des alltäglichen Lebens werden könnten, hätte er nie auch nur zu hoffen gewagt. Gedankenverloren wendete er sein Digivice, welches im klassischen Weiß gehalten war, während der Rahmen um den Bildschirm und die Knöpfe gelborange waren. „Du, Kotemon“, begann er auf einmal. „Ich habe heute schon wieder diese Gerüchte gehört.“ „Von dem Turnier?“, fragte das Digimon. Der Junge nickte. „Ja.“ Er sah auf den Hafen hinaus. „Ich frage mich, ob da etwas dran ist.“ „Wenn du könntest, würdest du an einem solchen Turnier teilnehmen?“ Kotemon sah seinen Partner an. Takumi überlegte für eine Weile. Dann seufzte er. „Ich weiß es nicht wirklich“, murmelte er dann. „Ich meine, ich würde gerne, dass du weiter digitierst... Aber wenn man dort wirklich andere Digimon tötet... Ich meine... Tote Digimon kommen nicht zurück, oder? Es ist nicht, wie im Spiel... Oder? Und ich würde auch nicht wollen, dass du stirbst...“ Den letzten Satz fügte er etwas leiser hinzu. „Nun, in der digitalen Welt haben wir immer gekämpft“, meinte Kotemon. „Dort war es von Vorteil digitieren zu können. Immerhin konnte zu jeder Zeit ein Kampf anstehen...“ „Aber hier nicht“, sagte Takumi leise. „Hier ist alles friedlich, nicht? Hier können auch die Digimon in Frieden leben. Wir brauchen hier keine Digitation.“ „Das stimmt.“ Kotemon warf einen Blick auf das Meer in der Bucht von Tokyo und für eine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden. „Würdest du kämpfen wollen, Kotemon?“, fragte Takumi schließlich. Das Digimon erwiderte zuerst nicht, sondern stand auf und sah ihn an. „Ich bin dein Partner, Takumi. Ich werde immer tun, was du für richtig hältst.“ Daraufhin antwortete der Junge nichts. Es wurde bereits dunkel, als Takumi endlich nach Hause kam. Er öffnete die Tür zu der Wohnung, welche im dritten Stockwerk eines Apartmenthauses lag, mit seinem eigenen Schlüssel, und ging hinein. „Takumi?“, hörte er bereits seine Mutter rufen, noch bevor er die Tür ganz geschlossen hatte. „Ja“, erwiderte er. „Ich bin wieder zu Hause.“ Er bückte sich, um seine Schuhe auszuziehen und diese gegen seine Pantoffeln zu tauschen und ging dann in das Wohn- und Esszimmer der mittelgroßen Wohnung hinein. „Du bist spät“, stellte sein Vater fest, der Zeitung las, während im Hintergrund der Fernseher lief. „Ich war noch mit ein paar Klassenkameraden im Park“, log Takumi, wie schon einige Male zuvor. Sein Vater hatte dunkleres Haar als er selbst, welches jedoch einige Graue Strähnen hatte. Es war ordentlich gekämmt und gerichtet. Auch sein weißes Hemd war sauber und ordentlich, auch wenn er seine Krawatte gelockert und den obersten Knopf geöffnet hatte. Sein Gesicht, im Moment von einer Lesebrille geschmückt, wies einige Falten auf und wirkte streng und respekteinflößend. „Du hättest Bescheid sagen sollen.“ Auch wenn die Worte nicht so formuliert waren, so waren sie ein schwerer Vorwurf. „Ich hab dich nicht gefunden.“ Eine weitere Lüge, die Takumi ohne zu überlegen über die Lippen kam. Wahrscheinlich hätte sein Vater noch etwas gesagt, doch gerade da kam ihre Mutter aus der kleinen Küche. „Geh dich Waschen, Takumi, damit wir essen können.“ „Ja, Mama“, erwiderte der Junge und erntete dafür einen tadelnden Blick seitens seines Vaters. „O-kaa-san“, murmelte Takumi daher, ehe er zum Flur hinüber ging, an dem die beiden Schlafzimmer und das Badezimmer der Wohnung lagen. Er öffnete die Tür zu seinem Zimmer und legte seine Schultasche neben seinem Schreibtisch zu Boden. Sein Zimmer war nicht wirklich groß, aber doch größer als die Zimmer von einigen seiner Freunde. Es war länglich gezogen und hatte ein großes Fenster an der hinteren kleineren Wand, das zur Rückseite des Hauses ausgerichtet war. Sein Bett stand unter diesem Fenster, während sein Schreibtisch gegenüber der Tür stand. Beide Möbel waren durch ein Bücherregal ohne Rücken getrennt. Was ebenfalls auffiel, wenn man sein Zimmer mit dem anderer Jungen in seinem Alter verglich, war, dass es recht ordentlich war. Zwar lagen einige Zettel auf seinem Schreibtisch, doch es lagen weder Bücher, noch Manga, noch dreckige Kleidungsstücke auf dem Boden, seinem Stuhl oder dem Bett. Neben Bett, Regal und Schreibtisch gab es noch einen kleinen Kleiderschrank, der den knappen Meter zwischen dem Fußende des Bettes und Wand füllte, und eine Kommode, die an der Rückwand des Zimmers stand. Nachdem Takumi die Tasche abgestellt hatte, zog er seine Schuluniform aus und hängte sie auf einen Kleiderbügel an das Regal, ehe er eine einfache Jogginghose und ein T-Shirt aus dem Kleiderschrank holte. Mit diesen ging er ins Bad um sich zu waschen und kam kurze Zeit darauf umgezogen zu seinen Eltern zurück. Mittlerweile hatte sein Vater die Zeitung zur Seite gelegt und seine Aufmerksamkeit dem Fernseher zugewandt. „... Dennoch gibt es immer noch Leute, die die Digimon fürchten“, sprach der Moderator einer Nachrichtensendung, der gerade eine junge Frau interviewete, bei der es sich, wie Takumi sofort erkannte, um Makino Ruki handelte. „Und wenn ich mir einige der Digimon ansehe, komme ich nicht herum mich zu fragen, ob diese Angst nicht berechtigt ist.“ „Natürlich ist diese Angst berechtigt“, erwiderte die junge Frau, deren rötliches Haar locker über ihre Schultern fiel. „Digimon sind weiterhin potenziell gefährlich und haben eine hohe Kampfkraft, die niemand unterschätzen sollte. Die meisten Digimon bemühen sich, sich unserer Gesellschaft anzupassen, aber wie wir alle sehr wohl wissen, gab es trotzdem immer wieder Zwischenfälle, die wir nicht gänzlich verhindern konnten. Wir rufen jedoch weiterhin dazu auf, den Notruf zu betätigen und die Behörden zu informieren, wenn sie ein sich auffällig verhaltendes Digimon sehen. Unter 110 können Sie die Polizei verständigen und unter 114 die in Ihrer Stadt zuständige Kontrollbehörde bezüglich Digimonvorfälle. Beide werden ihnen weiterhelfen können!“ Während sie sprach, wurden die Nummern unten um Bildschirm eingeblendet. Takumi merkte, wie sich das Gesicht seines Vaters anspannte. „Das werden wir bedenken“, erwiderte der Moderator. Er sah auf seine Karten. „Kommen wir zu einem anderen Thema“, meinte er dann. „Im Moment gibt es etwas über 50 Digimon Tamer im Tokyoter Raum, ist das wahr?“ Unten im Bildschirm wurde eingeblendet, dass sich der Begriff Digimon Tamer auf Menschen mit einem Partnerdigimon bezog. „Ja“, antwortete Makino Ruki. „Im Moment liegt die offizielle Zahl bei 54 registrierten Tamern in Tokyo. Wir gehen aber von einer wesentlich höheren Dunkelziffer aus.“ „Geht von diesen nicht registrierten Tamern eine Gefahr aus?“ Takumis Herz begann zu klopfen, während die junge Frau im Fernsehen zögerte. „Nun, nicht unbedingt“, erwiderte sie dann. „Die meisten dieser Tamer sind Kinder und Jugendliche, die Angst vor der Reaktion ihrer Umwelt haben und ihre Partner daher verstecken. Wir halten sie jedoch weiterhin dazu an, sich registrieren zu lassen – nicht zuletzt um die Sicherheit ihrer Partner zu gewährleisten. Außerdem ist es illegal einen unregistrierten Partner zu haben!“, fügte sie mit Nachdruck hinzu. „Registrierungen sind in jeder behördlichen Niederlassung möglich“, erklärte der Moderator und räusperte sich dann. „Vielen Dank, Makino-san.“ Er wandte sich um und das Bild wechselte. „Machen wir nun weiter mit dem Sport...“ „Was hast du, Takumi?“, ließ die Stimme seiner Mutter den Jungen auf einmal zusammenzucken. „Setzt dich doch...“ Takumi, der am Ende des Flurs stehen geblieben war, sah sie an und nickte. Schweigend ging er zum Tisch und setzte sich neben seinen Vater, der erbost wirkte. „So ein Blödsinn“, murmelte er. „Sie lassen diese Monster hier einfach gewähren. Sie haben schon viele Menschen umgebracht! Diese Wesen sind lebende Waffen.“ „Ja...“, erwiderte Takumis Mutter nur tonlos. Sie wusste genau so gut wie Takumi, dass es keinen Sinn hatte mit Shirou Kensuke über dieses Thema zu diskutieren. Und irgendwie stimmte sie ihm auch zu, denn Digimon waren gefährlich. Allein in den letzten zwei Jahren war es immer wieder zu „Zwischenfällen“ gekommen, die nicht nur große Zerstörung angerichtet hatten, sondern auch einige Todesopfer gefordert hatten. „Na ja“, meinte Takumis Mutter schließlich. „Lasst uns essen.“ Takumi starrte ausdruckslos auf den Tisch. Er wusste genau, dass er es ihnen nicht sagen konnte. Etwa eine halbe Stunde später kam Takumi erneut in sein Zimmer und ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. Er lehnte sich zurück und sah zu Boden, während er den Stuhl langsam im Kreis drehen ließ. Dann schließlich raffte er sich auf und startete seinen PC. Er wollte kein illegaler Tamer sein. Aber was hatte er für eine Wahl? Er konnte seinen Eltern, vor allem seinem Vater niemals von Kotemon erzählen. Er wollte sich nicht einmal vorstellen, wie sein Vater reagieren würde. Offiziell durften sie ihn – wenn er sich einmal registriert hatte – nicht von seinem Partner trennen, sofern dieser keine Gefährdung darstellte. Doch es waren immer noch seine Eltern und er war erst 14 und... Er war sich sicher, dass sein Vater einen Weg finden würde, ihn von Kotemon zu trennen. Also hatte er keine Wahl. Er musste Kotemon weiter verstecken... Schon seit zwei Jahren... Mit einem Seufzen und einem Kopfschütteln wandte er sich seinem Laptop zu. Es hatte keinen Sinn darüber nachzudenken, denn letzten Endes konnte er es ja doch nicht ändern. Stattdessen sollte er lieber Hausaufgaben machen – auch wenn es wirklich unglaublich war, dass sie jetzt schon welche hatten. Nichts desto trotz holte er seine Unterlagen aus dem Rucksack und begann einen Lückentext für Englisch auszufüllen, wobei er einzelne Vokabeln im Internet nachschlug. Aber bald merkte er, dass er sich kaum konzentrieren konnte. Die Fernsehsendung, die Worte seines Vaters und nicht zuletzt sein Gespräch mit Kotemon kreisten durch seinen Kopf. Er zwang sich, den Text fertig zu machen, doch als die Aufgabe fertig war und er an die Sozialkundehausaufgaben dachte, lehnte er sich erneut zurück. Sozialkunde hätten sie erst nächste Woche wieder... Eigentlich hatte er sich angewöhnt seine Hausaufgaben immer möglichst am selben Tag, wie er sie aufbekam zu machen, doch heute konnte er sich einfach nicht konzentrieren. Stattdessen rief er Google auf. Ohne groß darüber nachzudenken gab er ein: „Digimon Tamer Turnier Tokyo“ und drückte auf „Suchen“. Tatsächlich fand er einige Ergebnisse in verschiedenen Foren und BBS. Er öffnete das erste Ergebnis, nur um enttäuscht festzustellen, dass es ein Bericht von einem D-1 Turnier von 2007 war. Er suchte weiter, nun auf die Daten der Ergebnisse achtend. „Stimmt es, dass es ein Turnier für Digimon Tamer gibt?“, las er schließlich in einem Message-Board. „Nur illegale Tamer können teilnehmen, habe ich gehört“, lautete eine Antwort. Darauf hatte jemand anderes geantwortet. „Ist doch klar, die anderen werden doch alle vom Government überwacht.“ So ging die Diskussion in dem Board weiter: Aber warum sollten Tamer gegeneinander kämpfen? Damit ihre Digimon digitieren können! Die Digimon können doch meistens aufs Adultlevel digitieren. Das ist nicht besonders hoch... Ja, aber die Digimon von Ryou, Takato und den ganzen alten Tamern können doch auf aufs Perfectlevel digitieren! Die arbeiten doch für's Government... Das Government hat die blauen Karten. Blaue Karten? Die enthalten einen Code, der es Digimon erlaubt zu digitieren. Dann kann man bei dem Turnier eine blaue Karte gewinnen? Dieses Turnier ist doch nur ein Gerücht. Vielleicht gibt es auch eine andere Möglichkeit für die Digimon zu digitieren?! Wie kann man bei dem Turnier teilnehmen? Darauf hatte niemand mehr geantwortet. Takumi seufzte. Vielleicht war es wirklich nur ein Gerücht. Es schien keinerlei Beweis dafür zu geben, dass es dieses Turnier wirklich gab. Vielleicht war es eins der vielen Gerüchte, die jemand irgendwann ins Internet gesetzt hatte, so dass es sich verselbstständigte. Davon abgesehen: Was brachte es einem, wenn der Partner weiter digitieren konnte? An sich gab es kaum Digimonkämpfe zu bestreiten... Doch dann... Ein Gedanke kam Takumi in den Kopf. Wenn Kotemon weiter digitieren könnte, wäre es nicht mehr so einfach, sie zu trennen. Würde es jemand versuchen, könnten sie kämpfen! Trotzdem... Er tippte selbst eine Antwort: Warum sollte man das Leben eines Digimon für so etwas riskieren? Dann schloss er den Explorer und fuhr den PC herunter. Er lauschte nach seinen Eltern und zog schließlich vorsichtig das Digivice aus seiner Schultasche hervor. Mit dem kleinen Gerät in der Hand ging er zu seinem Bett hinüber und ließ sich auf eben dieses fallen. Er hielt das Digivice über sein Gesicht. „Kotemon...“, murmelte er und fragte sich, was sein Partner wohl gerade tat. Es regnete, wie auch schon an den vergangenen Tagen, als Takumi aufwachte. Er wollte schon aufstehen, um zur Schule zu gehen, als ihm einfiel, dass Wochenende war. Das erste Wochenende im neuen Schuljahr und sein erstes Wochenende als Mittelschüler. So blieb er liegen und sah auf die grünen Gardinen, die über seinem Bett hingen, während dahinter der Regen kräftig gegen das Glas prasselte. Er seufzte. Zumindest heute weckte ihn niemand auf. Noch ein wenig liegen bleiben... Er drehte sich auf die Seite, wobei seine Hand unter sein Kopfkissen rutschte und auf einen harten Gegenstand traf. Sein Herz begann schneller zu schlagen, als er den Gegenstand unter seinem Kopfkissen hervorzog. Es war noch immer da! Er betrachtete das Digivice in seiner Hand und betätigte einen der beiden Knöpfe, was jedoch nichts an der Einblendung auf dem Bildschirm änderte: No Data. Keine Daten. Also hatte er ein Digivice, aber keinen Digimonpartner... Und das obwohl es einige Digimon in Tokyo gab. Darunter musste doch ein Partner für ihn sein! Schnell rappelte er sich auf und öffnete die Gardinen, um aus dem Fenster zu sehen. Natürlich bedeckten draußen dunkle Wolken den Himmel und versperrten somit die Aussicht auf die Digiwelt. Aber das änderte nichts daran, dass sie da war und das schon seit fast einem halben Jahr! Es war so, wie er schon immer geträumt hatte. Es gab Digimon und sie lebten zusammen mit Menschen und dass er ein Digivice hatte hieß, dass er ein Tamer war! Das hieß, dass er einen Partner haben konnte! Dieser Gedanke ließ schnell alle Müdigkeit weichen und er schwang sich aus dem Bett. Sich Hose und T-Shirt aus seinem Schrank holend, lief er mit der Kleidung unter dem Arm ins Badezimmer, aus dem er nach einer Katzenwäsche angezogen wieder hervorkam. Er brachte seinen Schlafanzug in sein Zimmer und lief ins Wohn- und Esszimmer, wo sein Vater bereits die Zeitung las und offenbar schon gegessen hatte. „Guten Morgen“, meinte er streng, wobei der Tadel in seinen Worten mitschwang, dass Takumi selbst keinen guten Morgen gewünscht hatte. „Hmm, Morgen, Too-san“, erwiderte der Zwölfjährige und lief in die Küche, wo seine Mutter gerade kochte. „Oh, guten Morgen, Takumi“, meinte sie. „Du bist schon auf?“ „Morgen, Mama“, antwortete er. „Ich wollte mich mit Freunden treffen“, erfand er schnell eine Ausrede, während er einen Blick in den Kühlschrank warf. „Und ich bin schon spät dran!“ Er schnappte sich ein abgepacktes Melonenbrötchen. „Kann ich das unterwegs essen?“ „Hast du es etwa so eilig?“, fragte seine Mutter überrascht. „Ja, ich bin schon spät“, meinte er. Kurz zögerte seine Mutter und lächelte dann. „Na, dann beeil dich lieber.“ „Mach ich“, erwiderte er, packte das Melonenbrötchen und eine Flasche Tee, die er ebenfalls im Kühlschrank fand und verschwand damit wieder in seinem Zimmer, wo er das Digivice, Melonenbrötchen, Tee, sein Portemonnaie und ein paar seiner Digimonkarten in einem Rucksack verstaute. Mit diesem verließ er das Zimmer und rannte Richtung Wohnungstür. „Du sollst nicht in der Wohnung rennen“, rügte sein Vater ohne von seiner Zeitung aufzusehen. „Wo willst du überhaupt hin.“ „Hab mich mit Freunden verabredet“, antwortete Takumi knapp, während er in seine Schuhe schlüpfte, eine Jacke überwarf und schließlich noch einen Regenschirm von dem Kleidungsständer neben der Tür nahm. Ohne auf eine Antwort seines Vaters zu warten, öffnete er die Wohnungstür und verschwand nach draußen. „Bis später“, rief er noch, ehe er die Tür schloss und schnell auf dem nach außen verlegten Treppenhaus Richtung Treppe lief. Verschlafen erwachte Takumi am nächsten Tag und griff aus Gewohnheit unter sein Kopfkissen, wo er natürlich sein Digivice vorfand. Es war riskant, es mit ins Bett zu nehmen, aber anders wusste er nicht, wenn Kotemon in Gefahr war. Er erinnerte sich an seinen Traum. Der Tag, an dem er Kotemon getroffen hatte... Er streckte sich und sah auf die Uhr. Es war viertel vor sechs und die Schule würde erst um halb neun anfangen. Aber er hatte nicht das Gefühl noch Schlaf zu finden, zumal die Sonne bereits in sein Zimmer schien. Also stand er auf und beschloss, dass er genau so gut die Hausaufgaben machen konnte, die er gestern nicht mehr geschafft hatte. Er streckte sich und machte sich auf den Weg ins Bad, um sich zu Waschen und seine Zähne zu putzen, ehe er in sein Zimmer zurückging und den Laptop startete. Sein Digivice packte er bereits in seine Schultasche, um es später nicht zu vergessen. Doch gerade als er den Explorer öffnete und seine Sozialkundesachen aus dem Rucksack nahm, fiel ihm auf, dass er eine Email hatte. Schnell schloss er, dass diese wohl von seiner Schule oder der Bibliothek stammte, da ihm normal niemand eine Email schrieb, doch als er sein Postfach öffnete, erkannte er den Absender nicht. „Einladung“, lautete der simple Betreff. Er öffnete die Email und erschreckte. Tamer Shirou Takumi, wie du sicher weißt, liegt es in der Natur eines Digimon zu kämpfen um stärker zu werden. Deswegen werden sie von vielen als Gefahr angesehen, auch wenn du sicher weißt, dass dem nicht so ist. Die Digimon der Regierung können bis auf das höchste Level digitieren, aber dein Partner ist an die Begrenzung des Adult-Levels gebunden. Sie sagen es ist den Digimon verboten zu kämpfen, auch wenn sie genau wissen, dass es in ihrer Natur liegt. Sie nehmen Tamern, die sich nicht registrieren lassen, ihre Partner weg. Willst du stärker werden? Willst du dich ihnen widersetzen? Willst du deinem Partner die Möglichkeit geben, seiner Natur zu folgen? Hiermit lade ich dich zum Turnier der illegalen Tamer in Tokyo ein. Wenn du teilnehmen willst, lade das Programm, welches du im Anhang dieser Nachricht findest auf dein Digivice. Damit wirst du fähig sein andere Turnierteilnehmer zu finden. Wenn du die Einladung nicht annimmst, lösche diese Email. Ich hoffe dich bald im Turnier begrüßen zu dürfen. Der Meister der Spiele Er starrte auf die Email. Das konnte doch nicht sein? War es vielleicht nur ein schlechter Scherz? Tatsächlich gab es einen Anhang, in dem irgendeine Datei von einem ihm unbekannten Format gespeichert war. Noch immer konnte er seinen Blick nicht von dem Bildschirm abwenden, sah schließlich aber in die Zeile des Absenders. noreply00@atra10.ceta1.com lautet dieser. Und er zweifelte, dass er von dieser Email antworten bekommen würde. Er konnte nicht glauben, dass dies ernst gemeint war. Das Turnier, es war doch nur ein Gerücht, diese Email nur ein Scherz. Oder? Aber woher wusste der Absender, dass er, Shirou Takumi, ein Tamer war? Sanft spülten die Wellen gegen die gemauerte Promenade, während Takumi auf einer Bank saß und in den Sonnenaufgang sah. Kotemon saß neben ihm und verspeiste ein Brötchen, dass Takumi aus der Schule mitgebracht hatte. „Du, Kotemon?“, meinte der Junge. Das Digimon sah auf. „Ja?“ „Ich habe heute Nacht von dem Tag geträumt, als wir uns getroffen haben“, fuhr er fort. „Uhm...“ Kotemon schien nicht wirklich zu wissen, was es darauf antworten konnte, und schob daher einen weiteren Bissen zwischen seine Maske. „Es ist schon zwei Jahre her“, murmelte Takumi. „Ja“, antwortete das Digimon schlicht. Es schien wenig für Nostalgie übrig zu haben. Beide schwiegen für eine Weile. Kotemon aß weiter und Takumi sah weiter Richtung Bucht, auf der ein Rundfahrtschiff in einiger Entfernung an ihnen vorbeifuhr. Ein Jogger lief die Promenade entlang und eine kleine Familie, bestehend aus Vater, Mutter und einem Grundschulkind, die mir ihrem Hund spazieren ging, warfen Kotemon und Takumi einen misstrauischen Blick zu, als sie vorbeigingen. „Du, Kotemon?“, setzte Takumi schließlich wieder an. „Ja?“, antwortete das Digimon. „Ich habe heute morgen eine Einladung für dieses Turnier bekommen“, meinte er. „Und?“, fragte sein Partner. „Stimmt es, dass es in der Natur von Digimon liegt zu kämpfen?“, fragte er. „Ja“, erwiderte Kotemon. „So wurden wir erschaffen.“ Der Junge sah nun zu dem kleinen Digimon in Kendorüstung. „Warum kämpft ihr nicht mehr?“ „Weil sich die Regeln der Welten geändert haben und wir uns der neuen Welt anpassen“, antwortete es ohne zu überlegen. „Willst du kämpfen?“ Das Digimon überlegte. „Ich weiß es nicht.“ Daraufhin schwieg der Junge wieder und seufzte leise. Die Wahrheit war, dass er nicht wusste, was er selbst wollte. Denn auch wenn er nicht wusste, was passieren würde, wenn sie kämpften, was passierte, wenn ein Digimon besiegt wurde... Er wollte stärker werden. Und sei es nur, um so vielleicht mit Kotemon zusammen bleiben zu können. Und vielleicht, ja, vielleicht auch, um sich selbst zu beweisen, dass er stark sein konnte... „Würdest du kämpfen, Kotemon?“, fragte er. „Wenn du es so entscheidest“, erwiderte sein Partner und sah ihn mit festem Blick in den gelb aus der Maske hervorleuchtenden Augen an. „Ich bin dein Partner, Takumi, und als solcher tue ich, was du für richtig hältst“, wiederholte es dann dieselben Worte wie am Tag zuvor. Der Junge seufzte. Du bist keine große Hilfe, dachte er und wusste noch immer nicht, was er tun sollte. Wahrscheinlich war es besser die Email einfach zu löschen, wenn er nach Hause kam. „Du bist schon wieder spät“, stellte sein Vater fest, als Takumi nach Hause kam. „Du weißt, dass du noch Hausaufgaben machen musst.“ Takumi musste sich ein Seufzen unterdrücken, während er seine Schuhe auszog. „Tut mir leid“, meinte er stattdessen brav. „Ich mache meine Hausaufgaben schon noch.“ „Du weißt, dass es wichtig ist zu lernen“, fuhr sein Vater fort. „Ja“, antwortete Takumi schlicht. Daraufhin erwiderte sein Vater nichts mehr, bis Takumi ins Hauptzimmer der Wohnung kam. „Wo warst du wieder?“, erkundigte er sich dann in einem möglichst neutralen Tonfall. „Mit Freunden einkaufen.“ Dabei klang Takumis Stimme schon etwas zu unbeteiligt, was auch sein Vater bemerkte. Dieser sah ihn an. „Es hat nicht mit diesen Monstern zu tun, dass du so spät nach Hause kommst?“, fragte er auf einmal. „Natürlich nicht“, antwortete der Junge gereizt. Natürlich wusste sein Vater, dass er Digimon-Fan war, beziehungsweise gewesen war. „Du weißt, dass diese Monster gefährlich sich?!“ „Ja, O-too-san“, erwiderte Takumi heftig. „Ich war nur nach der Schule einkaufen. Keine Monster weit und breit.“ Er sah seinen Vater genervt an. „Takumi...“, begann seine Mutter, die in der Küche das Abendessen vorbereitete, doch der Junge reagierte nicht auf sie, auch wenn er versuchte seine Stimme zu dämpfen. „Ich gehe in mein Zimmer“, meinte er. „Sagt mir Bescheid, wenn das Essen fertig ist.“ Damit ging er mit wütendem Schritt zu seinem Zimmer und konnte sich nicht beherrschen die Tür ein wenig zu heftig hinter sich zu schließen. Sein Vater war schon damals, im November 2008, als der Himmel zerbrochen war, den Digimon gegenüber misstrauisch gewesen. Verständlich, irgendwie, nachdem was im Sommer zuvor passiert war... Viele Leute waren gestorben, als eine Gruppe von Digimon, die sich Demon Lords genannt hatte, in die reale Welt mit einer ganzen Armee von feindlich gesinnten Digimon eingedrungen war. Und Takumi wusste, dass es vor zehn Jahren, als er gerade einmal vier gewesen war, bereits schon einmal einen solchen Vorfall gegeben hatte. Er hatte Takumis Leidenschaft für die digitalen Monster mit Argwohn beäugt, doch hatte er nichts getan, bis die japanische Regierung sich entschieden hatte, die Monster anzuerkennen und es seinen Bürgern, die in den meisten Fällen Kinder und Jugendliche waren, zu erlauben einen Partner zu haben, sofern sie diese meldeten. Etwas, das Takumis Vater nicht verstanden hatte. Er hatte Takumi seine Karten weggenommen und ihm verboten sich weiterhin mit den Digimon zu beschäftigen – doch wie konnte Takumi? Jetzt, wo etwas, von dem er seine gesamte Kindheit lang geträumt hatte wahr geworden war...? Jetzt, wo sein Digivice erschienen war? Und nun...? Der Junge stand mit dem Rücken zur Tür und bemerkte, dass seine Arme zitterten. Er war wütend. Wütend, dass sein Vater nicht verstehen wollte. Wütend, dass seine Mutter nichts sagte. Und er war wütend auf sich selbst, weil er log, anstatt seinem Vater die Stirn zu bieten. Aber was sollte er tun? Was konnte er tun? Wie sollte er Kotemon beschützen? Er ging zu seinem Laptop und startete ihn. Während das Gerät hochfuhr, öffnete er seine Schreibtischschublade und holte aus dieser das Kabel, um sein Digivice an seinen PC anzuschließen, hervor. Gab es einen anderen Weg? Das einzige, was er tun konnte, war stärker zu werden. Die einzige richtige Entscheidung zu kämpfen. Takumi schlenderte zusammen mit Kotemon eine Gasse in einem Wohngebiet im Süden Minatos entlang. Es wurde bereits dunkel und Takumi wusste, dass er Ärger bekommen würde – zumal gerade erst Montag war. Er war nach der Schule bereits Zuhause gewesen, doch hatte er es geschafft unter einem Vorwand wieder nach draußen zu verschwinden, nachdem er sich umgezogen hatte. Nur, weil sein Vater heute eine Besprechung an der Schule hatte. Er sah auf sein Digivice. Es hatte sich verändert, nachdem er das Programm aus der Email geladen hatte. Der Ring um den Bildschirm war verschwunden und stattdessen teilte nun ein breiter gelber Strich das Digivice, während die Knöpfe und das Band orange geblieben waren. Doch sonst war seither nichts passiert. Kein Kampf, keine weitere Nachricht, gar nichts. Dabei waren schon drei Tage seit der Email vergangen. Er seufzte. „Solltest du nicht nach Hause gehen, Takumi?“, fragte Kotemon. Takumi kickte einen kleinen herumliegenden Stein. „Ja, wahrscheinlich“, murmelte er. „Was ist heute mit dir los?“ Kotemon, dem seine schlechte Stimmung nicht entgangen war, sah ihn fragend an. Erneut musste der Junge seufzen. „Es ist nichts...“ Er konnte es selbst nicht genau sagen. Zuhause war seit dem vergangenen Freitag nichts besonderes vorgefallen und die Schule war heute nicht anders gewesen als sonst. War es wegen dem Turnier? Wollte er wirklich kämpfen? Er war sich immer noch nicht sicher, doch irgendwie war er tatsächlich enttäuscht, dass so einfach gar nichts passiert war. „Du wirkst wirklich etwas niedergeschlagen“, bohrte das Digimon in der Kendorüstung weiter. „Nein, ich...“ Er brach ab und schwieg kurz. „Ich frag mich nur...“ Weiter kam er nicht, da auf einmal ein lautes Piepsen zu hören war. Er schreckte zusammen. „Was...“, begann er. „Das Digivice!“, stellte Kotemon fest. Verwirrt sah Takumi seinen Partner an, ehe er verstand. Er griff nach dem Gerät, dass er an einer Gürtelschlaufe seiner Hose befestigt hatte, und sah es an. Der Bildschirm leuchtete und als er es hochgehoben hatte erschien die übliche Hologrammanzeige, jedoch mit einem vollkommen neuen Inhalt. Es zeigte eine Karte an – eine Karte ihrer Umgebung, wie Takumi erkannte. In der Mitte der Karte war ein orange leuchtender Punkt; sein Standpunkt. Und nicht weit von ihm entfernt ein weiterer Punkt. „Das...“, stotterte er. „Das...“ Langsam begriff er. „Ein Gegner?!“ Er sah Kotemon an. „Lass uns gehen“, meinte das Digimon. Noch immer zögerte der Junge für einige Sekunden, doch schließlich nickte er. Der andere Punkt näherte sich ihnen bereits, war nur noch einige hundert Meter von ihnen entfernt. „Dann los“, sagte Takumi schließlich, schluckte einmal und rannte los. Dabei hatte er eine Karte in der Hand. „Card Slash! Super Evolution Plug-In S!“ Kotemon, das neben ihm lief, wurde von Licht umgeben. „Kotemon – Shinka!“ Die leuchtende Gestalt Kotemon wuchs auf mehr als die 5-fache Größe an. „Dinohumon!“ Das humanoide Reptiliendigimon, das beinahe drei Meter groß war, lief neben Takumi her und überholte diesen schließlich. Es konnte seinen Gegner spüren und sprang nun in eine weitere Seitengasse, wohin ihm Takumi folgte. Als Takumi es einholte, sah er einen anderen Jungen, der wahrscheinlich etwas älter war als er selbst und helleres Haar hatte. Ähnlich wie Takumi, der ein rotes Baseballhemd über einem dunklen T-Shirt trug, hatte auch der andere Junge eine Weste über ein T-Shirt gezogen. Auch trug der andere Junge eine Kappe, die sein Gesicht teilweise verdeckte. „Was...“, setzte Takumi an, unsicher, wie er sich nun verhalten konnte, als ein Digimon – es war ein Gladimon – bereits auf Dinohumon zu stürmte. Doch bevor die beiden Digimon aufeinander trafen erschien auf einmal ein Lichtkreis auf dem Boden zwischen den beiden Jungen, aus dem ein seltsamer, scheinbar selbst leuchtender Nebel strömte und sich auf dem kleinen Grünstück zwischen zwei Häusern, auf dem die Jungen standen, verteilten. Takumi war geblendet und sah erst, als sich seine Augen an die wesentlich hellere Umgebung gewöhnt hatte, dass Gladimon Dinohumon gegen die Wand genagelt hatte und sein Partner die beiden Schwerter des Gegners nur mit bloßen Händen von seinem Körper fernhalten konnte. „Dinohumon!“, rief Takumi aus und sah die Augen des Digimon zu sich wandern. Dann schnaubte Dinohumon, spannte seine Arme an und schaffte es, Gladimon zurück zu drängen. „Gladimon!“, hörte Takumi nun den anderen Jungen rufen. „Card Slash! Boost Chip!“ Kurz leuchtete das Digivice des anderen auf, dann machte Gladimon einige Schritte zurück und sprang dann in die Luft, ein Schwert in jeder Hand. Es begann sich um seine eigene Achse zu drehen. „Wheel Rush!“ Und wie ein mit Schwertern bestücktes Rad griff es Dinohumon an. „Weich aus!“, schrie Takumi. Sein Herz klopfte wild. Ein richtiger Kampf. Ein Kampf zwischen Tamern. Ein Kampf auf Leben und Tod. Wenn er einen Fehler machte, würde sein Partner sterben! Er hatte es vorher gewusst, aber er spürte die Angst. Er durfte nicht verlieren. Er versuchte ein Zittern zu unterdrücken, während Dinohumon versuchte den Attacken auszuweichen, und griff nach seinen Karten. Er musste sie nutzen! „Card Slash! High Speed Plug-In H!“ Die Bewegungen Dinohumons beschleunigten sich und es zog nun sein großes Schwert, um die Attacken des gegnerischen Digimons abzuwehren. Dann ging es zum Gegenangriff über. „Akinakes!“ „Card Slash!“ Takumis Gegner hatte eine weitere Karte in der Hand. „Jumper ROM!“ Gladimon wich der nächsten Attacke mit einem Sprung zur Seite aus und schaffte es Dinohumon einen Treffer von der Seite zu verpassen. Dann hielt es beide Schwerter vor sich, wobei diese zu leuchten begannen und zu einem einzigen Lichtschwert verschmolzen, das beinahe in blauen Licht zu pulsieren schien. „Knight's Honor!“ Damit schoss ein gleißender Lichtstrahl aus der Waffe in einem Wirbel auf Dinohumon zu, das in die Schulter getroffen wurde und knurrte, während es für einen Moment Probleme zu haben schien, sich auf den Beinen zu halten. „Dinohumon!“ Takumi zitterte. Nein, er durfte auf keinen Fall verlieren! Eine weitere Karte kam in seine Hand. „Card Slash! Fladramon – Knuckle Fire!“ Flammen umgaben nun Dinohumons Klauen. „Knuckle Fire!“ Damit schlug es mit bloßen Fäusten auf seinen Gegner ein, während Takumi eine weitere Karte in der Hand hatte. „Card Slash! Wild Seventh!“ Der letzte Schlag Dinohumons warf Gladimon zurück und es viel auf den Rücken. Noch bevor es sich aufrichten konnte, war Dinohumon auf ihm und drückte es mit einer Hand zu Boden, während es mit der Unterarmklinge des anderen Arms die Rüstung seines Gegners attackierte. Doch bevor einer der beiden Tamer weiteres tun konnte, hörten sie ein Knurren und ein Digimon kam durch den Nebel auf sie zugelaufen. „Was...“, flüsterte Takumi und fragte sich für einen Moment, ob dies ein weiterer Turnierteilnehmer war. Doch dann konnte er das rote Reptil erkennen, das sie nun aus seinen goldenen Augen drohend ansah. Es war Guilmon! Dieses legte nun seinen Kopf in den Nacken und eine Energiekugel bildete sich in seinem Maul. „Pyroball!“ Der Flammenball schoss auf die beiden kämpfenden Digimon zu, die mit einem Sprung zurück auswichen, als sich zwei weitere Gestalten durch den Nebel hindurch näherten. Es waren ein junger Mann und eine junge Frau und zumindest den Mann konnte Takumi identifizieren. Es war Matsuda Takato, einer der legendären Tamer. Natürlich, denn Guilmon war sein Partner. Das Digimon, das er selbst erschaffen hatte. „Was geht hier vor?“, rief Takato, nachdem er die Situation erschrocken gemustert hatte. „Ich bin von Hypnos. Ihr wisst, dass es verboten ist, gegen die Digimon anderer Tamer zu kämpfen.“ Natürlich wusste Takumi das. Und auf einmal spürte er eine neue Angst. Wenn sie ihn nun festnehmen würden – was würde dann passieren? Sie würden ihm Kotemon sicher wegnehmen. Und würden ihn bestrafen...? Und wenn sein Vater hiervon erfuhr... „Dinohumon!“, rief er aus, wandte sich ab und lief davon. Hinaus aus dem Nebel. Vielleicht konnte er so entkommen... Vielleicht... Er rannte durch die Dunkelheit, bis ihm die Lunge wehtat und er den Eindruck hatte, keine Luft mehr zu bekommen. Dinohumon lief hinter ihm. Schließlich blieb er stehen und sah sich das erste Mal um. Niemand folgte ihm. Er wollte etwas zu seinem Partner sagen, brachte aber kein Wort heraus. Natürlich war es verboten. Aber wer hätte gedacht, dass sie ihn bei seinem ersten Kampf fanden? Er wollte sich selbst ohrfeigen. Warum war er nur so dumm? Wieso nur war er so feige? ⌊ • • • • • • • • ⌉ Anmerkungen & Erklärungen Digimon muss ich dieses Mal wohl nicht erklären, da diese ja bereits im letzten Kapitel auftauchten ;) Dafür noch Minato, das ebenfalls ein Stadtteil von Tokyo ist. Hier lebten übrigens die erwählten Kinder der ersten Digimonstaffel, um genau zu sein im Distrikt von Odaiba, das eine künstliche Halbinsel in der Bucht von Tokyo ist. Und ja, ich habe diesen Wohnort bewusst gewählt. Ich hoffe bei diesem Kapitel, man kann Takumis Gedankengang, auch wenn ihr wahrscheinlich anders handeln würdet, halbwegs nachvollziehen. Denn das wird natürlich noch zu einem großen Konfliktpunkt werden ;) Wie immer freue ich mich über jedwedes Feedback! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)