Digimon Battle Generation von Alaiya ([Digimon Tamers] Wenn Welten kollidieren) ================================================================================ Episode 51: Connection ---------------------- Episode 51: Connection Die Stadtregierung hat eine Anweisung herausgegeben, die alle Bewohner der inneren Bezirke Tokyos dazu aufruft, aufgrund der anhaltenden Erdbeben die Innenstadt zu evakuieren. Dies betrifft die Stadtbezirke Shinjuku, Minato, Chou, Chiyoda, Shibuya, sowie die Bezirke Bunkyo, Taito, Sumida, Koto, Toshima, Nakano, Meguro und Shinagawa. Bitte wenden sie sich für weitere Informationen an die nächsten staatlichen Einrichtungen, von denen aus die Evakuierung geleitet wird. – Anweisung über Lautsprecher am Morgen des 29. Juli 2011 29. Juli 2011 – Shinjuku, Tokyo Anders als Takato oder Shoji hatte Juri durch die Nacht geschlafen. Immerhin hatte sie kein Digimon mehr, dass sie aufwecken würde, und wenngleich all die Ereignisse der vergangenen Wochen auf ihrem Geist lasteten, war sie doch nicht so in Gedanken versunken, wie Shoji. Sie bemerkte zum ersten Mal, dass etwas nicht stimmte, als sie am Morgen aufstand und sich auf den Weg ins Badezimmer machte. Das Licht des Telefons auf dem Flur leuchtete nicht, was ihr komisch vorkam. Keine Minute später bemerkte sie, dass auch das Licht im Bad sich nicht anschalten ließ. Sie zögerte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus. Natürlich machte auch sie die Verbindung zu den seltsamen Ereignissen und jenen merkwürdigen Wesen. Hatte es nicht an der Shinjuku Station auch einen Stromausfall gegeben? „O-too-san?“, fragte sie in die Wohnung in der Hoffnung, dass ihr Vater noch da war. Doch niemand antwortete ihr. „O-kaa-san?“ Wahrscheinlich waren sie schon in der Bar oder kauften ein. Es war Donnerstag. Normaler Weise machte ihr Vater Mittwochs oder Donnerstags Besorgungen für die Bar. Dafür öffnete sich eine andere Zimmertür. „Was ist, Nee-san?“, murmelte ihr Bruder, Masahiko, und rieb sich gähnend die Augen. Juri zögerte. Ihr Bruder war gerade einmal dreizehn Jahre alt und sie wollte ihn nicht beunruhigen. „Der Strom scheint ausgefallen zu sein“, meinte sie. Hoffentlich war keins dieser Wesen hier in der Nähe aufgetaucht. Aber wenn würde sich Takato darum kümmern, oder? „Hmm…“, machte Masahiko verschlafen. „Weißt du, wo O-too-san und O-kaa-san sind?“, fragte Juri. „Wahrscheinlich unten“, meinte ihr Bruder und sah in sein Zimmer. Juri musterte ihn, unsicher was sie tun sollte. Aber etwas sagte ihr, dass ihr nicht viel Zeit zu entscheiden bliebe. „Zieh dich an, Masahiko“, sagte sie. „Ich mache kurz einen Anruf.“ Er sah sie ungläubig an. „Aber es sind Ferien!“ „Ich weiß“, erwiderte sie nur. „Zieh dich an.“ Damit drehte sie sich um und ging auf ihr Zimmer, um nach ihrem Handy zu greifen. Sie musste Takato anrufen. Er würde wissen, was los war. Doch wie auch Takato sah sie nur einen flackernden Bildschirm. „Was…“ Verwirrt sah sie auf das Gerät, startete es neu. Während sie darauf wartete, dass das Gerät wieder startete, lief sie unruhig in ihrem kleinen Zimmer auf und ab, bis ihr Blick auf dem Fenster fiel. Draußen… Etwas stimmt nicht. Ein Flackern. Die digitale Welt flackerte, aber nicht nur die digitale Welt, auch ein Teil der Häuser. Wie konnte das sein? Und in der Ferne… Das war ein Stream. Aber wieso? Nein, etwas schien nicht in Ordnung zu sein. Sie wusste, was zu tun war. Das einzige, was sie tun konnte. Schnell zog sie sich um und warf sich ihr Kleid über, ehe sie in das Zimmer ihres Bruders ging. „Wir müssen gehen, Masahiko“, sagte sie, während er sich nur langsam in sein T-Shirt zwängte. Seufzend ging sie zu ihm rüber und zog es ihm über den Kopf. „Hey!“, protestierte er. „Wir müssen gehen“, sagte sie nur noch einmal. „Aber wohin?“, fragte er und sah sie verwirrt an. „Zum Metropolitan“, erwiderte sie. „Komm.“ Sie hoffte nur, dass ihre Eltern unten in der Bar waren. 29. Juli 2011 – Digitale Welt Takumi starrte das Digimon, das vor ihnen erschienen war, an. Erst nach einigen Momenten realisierte er, dass es nicht nur ein Digimon war, sondern zwei. Doch das zweite war klein im Verhältnis zu seinem Gefährten und schwebte über dessen Schulter. Das größere der beiden Erinnerte an eine große, humanoide Katze, mit leuchtend orangem Fell und einer roten Rüstung. Das kleinere Digimon dagegen hatte eine vollkommen humanoide Gestalt, saß im Damensitz auf einer schwebenden Sichel und war vollkommen in eine enge, weiße und hell violette Rüstung gehüllt. Er kannte die beiden Digimon, doch noch bevor er etwas sagen konnte, rief Ai aus: „Apollomon! Dianamon!“ Ihre Stimme war erleichtert, sogar erfreut, was Takumi glauben ließ, dass sie diese Digimon bereits kannte. „Wir haben keine Zeit“, erklang eine Frauenstimme, die offenbar von Dianamon kommen musste. „Die digitale Welt zerfällt.“ „Das haben wir auch schon gemerkt, Knirpse“, brüstete sich Impmon. Bevor eines der beiden olympischen Digimon etwas sagen konnte, wurden sie schon von den Babydigimon unterbrochen. „Apollomon! Dianamon!“, riefen auch diese durcheinander. Sie alle schienen in der Luft zu schweben, beziehungsweise in dem dunklen Nichts, das sie noch immer umgab. Allerdings schienen sie nicht mehr zu fallen. Stattdessen hatte sich ein violett und orange leuchtender Nebel um sie gehüllt und schien sie zu tragen. Offenbar durch die Macht von Apollomon und Dianamon. „Hört uns zu“, sagte Apollomon mit tiefer Stimme. „Wir bringen euch in die reale Welt. Ihr könnt nicht hier bleiben.“ „Könnt ihr uns sagen, was hier passiert?“, fragte Makoto und sah zwischen den Gesichtern der beiden Digimon hin und her. „Wieso ist die digitale Welt so… Anders als vorher?“ „Eine andere Welt“, begann Dianamon, wurde dann aber von dem älteren der beiden Nakamurabrüder unterbrochen. „Diese Welt ist in Kontakt mit einer anderen Welt gekommen“, erklärte dieser. „Die beiden Welten kolidieren und wie es aussieht, wird das beide Welten zerstören.“ „Was?“, fragte nun sein jüngerer Bruder. „Woher weißt du…“ „Wir haben versucht es zu verstehen“, sagte Sanzomon. „Es aufzuhalten.“ „Davon haben wir gehört“, sagte nun Dianamon. Aus seiner Stimme klang Reue. „Aber es ist zu spät.“ Takumi verstand nicht wirklich wovon sie redeten. Eine andere Welt? Meinten sie die reale Welt? Wovon sprachen sie? Unbewusst fand sein Blick den von Rin. Sie sah verängstigt aus und genau so verwirrt wie er, während sie nur eine gute Armlänge von ihm entfernt in der Luft schwebte. „Wir müssen gehen“, wiederholte Apollomon nun. „Es ist zu spät.“ Und dann setzten sie sich in Bewegung – zumindest fühlte es sich so an. Doch statt weiter in die dunkle Tiefe ging es nun nach oben. Jedenfalls glaubte Takumi das, auch wenn es in der Dunkelheit ohne Himmel und Boden kaum einen Weg gab, dies zu sagen. 29. Juli 2011 – Shinjuku, Tokyo „Was passiert hier?“, fragte Ruki, als sie durch die Tür des Hypnos Hauptquartiers kam. Renamon erschien hinter ihr und folgte ihr in den Hauptüberwachungsraum, in dem Takato, Shoji, Steve und auch Yamaki bereits standen. Die Sphäre, zur Überwachung der physischen Ebene, zeigte nur noch ein Flackern. Keine Informationen über die Datenbewegungen auf der Ebene waren mehr zu sehen. Stattdessen nur ein Wort das in dicken, leuchtenden Buchstaben über die beieinander liegenden Bildschirme flackerte: ERROR. Takato war seit nun mehr vier Stunden hier, doch noch immer wussten sie nicht, was hier passierte. Nur, dass die Lage von Stunde zu Stunde schlimmer wurde. Seltsamer. Erst war der Strom ausgefallen, zusammen – natürlich – mit sämtlichen Telefonnetzwerken. Erst schien es wie ein einfacher Fehler, vielleicht eine der Anomalien, die in der Nähe von einer der Verteilstationen aufgetaucht war. Doch das seltsame war, dass in den letzten zwölf Stunden keine weitere Anomalie in Tokyo oder der näheren Umgebung aufgetaucht war. Dann hatte es weitere Erdbeben gegeben und dann war dasselbe Flackern, dass schon seit der Nacht das Abbild der digitalen Welt befallen hatte, in der realen Welt aufgetaucht. Von allem was sie wussten bisher nur im Zentrum von Tokyo: Shinjuku, Shibuya, Ginza, Minato, Chiba. Die zentral liegenden Distrikte. Doch er war sich sicher, dass es sich weiter ausbreiten würden. So geschah es in letzter Zeit doch immer… Und dann, vor nun mehr einer halben Stunde waren die ersten Streams aufgetaucht. Data Streams, wie in der digitalen Welt, doch wie damals an den Stellen, in denen die Demon Lords in die reale Welt eingedrungen waren, waren sie scheinbar an eine Stelle gebunden. Soweit wussten sie von acht. Drei in Shinjuku. Zwei in Minato. Jeweils einer in Shibuya, Ginza und Chiba. Doch da auch viele der Polizei- und Regierungsstellen Probleme mit der Stromversorgung zu haben schienen und besonders kleinere Stationen nicht unbedingt eine Notversorgung hatten, konnten sie es nicht genau sagen. „Ruki“, murmelte Shoji, als er die junge Frau reinkommen sah. Sie gesellte sich zu ihnen, während sie in der Nähe der Treppe, die in die Überwachungskuppel führte, standen. „Ruki“, begrüßte sie auch Takato, wenngleich nur mit matter Stimme. Er sah sie nur kurz an, ehe er wider auf die Bildschirmfront neben der Kuppel sah, die aktuelle Bilder der Streams zeigte, von denen sie soweit wussten. „Was passiert hier?“, wiederholte sie ihre Frage. Takato schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß es nicht.“ Auf den Bildschirmen – durchweg Helikopteraufnahmen – sah man auch, wie Polizisten die Menschen in der Nähe der Streams die Straßen entlang eskortierten. Sie mussten evakuiert werden. Niemand konnte sagen, was als nächstes geschah. „Matsuda-kun!“, hörte er eine Stimme nach ihm rufen. Yamaki. Er drehte sich um. Yamaki hatte bis eben telefoniert, doch kam nun zu ihnen hinüber. „Ich habe mit Ikeda-san gesprochen“, erklärte er mit müder Stimme. „Und?“, fragte Takato. Er wusste, dass es darum ging, wie sie weiter verfahren sollten. Immerhin standen sie nachwievor unter der Verantwortung der Regierung. „Sie werden bis heute Mittag besprechen, wie wir weiter vorgehen“, fuhr Yamaki fort. „Es kann sein, dass wir Zentral-Tokyo evakuieren müssen.“ „Evakuieren?“, fragte Ruki. „Aber wie?“ Takato sah sie an. Er wusste genau was sie meinte. Allein in Shinjuku lebten über 300 000 Menschen. Es war kaum möglich, sie alle zu evakuieren – vor allem ohne alle überhaupt auf irgendeinem Kanal vernünftig erreichen zu können. Und wenn es so weiter ging… Sie wussten nicht was passieren würde. „Was ist mit meinen…“ Shoji hielt inne und verbesserte seinen angefangenen Satz dann: „Was ist mit unseren Eltern?“ „Geht zu ihnen“, meinte Yamaki. „So wie es aussieht…“ Ein Knurren unterbrach ihn und alle Augen wandten sich auf Guilmon, dessen Pupillen sich erneut verengt hatten, während es in Richtung der Bildschirme sah. Takato folgte dem Blick seines Partners. „Was…“, murmelte er und sah es dann. Auch wenn die Bilder flackerten, wie ein schlecht eingestellter alter Fernseher, konnten sie es sehen. Da waren Anomalien – mehr als eine – auf verschiedenen der Bildern zu sehen. Doch auch sie schienen anders als zuvor. Denn auch sie flackerten, während sie sich zwischen den Häusern hindurch bewegten. Wie digitale Geister flackerten sie, verschwanden und tauchten dann woanders wieder auf. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Renamon, das ebenfalls mit verengten Pupillen auf die Bildschirme sah. „Wir haben keine Zeit mehr“, murmelte Shoji und ballte die Fäuste. „Wir…“ 28. Juli 2011 – Paolo Alto Megumi saß im Gang vor dem neu aufgebauten Labor. Sie war müde, obwohl es erst Nachmittag war. Doch bei allem, was geschah... Auch sie hatten die Bilder aus Tokyo gesehen. Die Anomalie… Hier war davon noch nichts angekommen, doch sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war. Wie würde es geschehen? Würde die Welt sich irgendwann auf einmal auflösen, wie ein Computer der abstürzte? Würde es Stück für Stück gehen – erst Tokyo, dann Japan und dann der Rest der Welt? Sie hatte Angst. „Megumi“, hörte sie die mittlerweile schon fast vertraute Stimme Keiths, als dieser durch die Labortür kam. „You are not looking good.“ Sie schüttelte den Kopf. Für einen Moment zögerte sie. „I am wondering, what's going to happen… I… I do not want to die.“ Keith seufzte und setzte sich neben sie. Ein Schatten lag auf seinem Gesicht, als er ihre Hand nahm. „Nobody of us wants to.“ Daraufhin schwieg sie für einen Moment. „My parents are not in Tokyo. They live in Fukuoka, but still…“ „Let's see what is going to happen“, unterbrach er sie und drückte ihre Hand, ehe er sie losließ. „Maybe… Maybe there is a little time left.“ Dabei war ein Zweifel aus seiner Stimme zu hören. Megumi sah ihn für einen Moment an. Sie wusste seine Worte zu schätzen, auch wenn er wohl selbst nicht an sie glaubte. Mühsam brachte sie ein Lächeln zustande. „I am going back in.“ Damit stand sie auf und wandte sich der Doppeltür zum Labor zu. Sie wusste, dass es nichts bringen würde. Selbst wenn sie den Code besser verstehen würden, so waren sie zuwenige, um die fehlenden Teile in Stunden oder bestenfalls zwei, drei Tagen zu restaurieren. „Onodera-san!“, hörte sie eine Stimme hinter sich, gerade als sie die Tür erreicht hatte. Sie sah sich um und erkannte Jenrya, Janyuus Sohn, der Terriermon auf dem Arm trug, Dracomon und Denrei, gefolgt von dem dunkelhäutigen Mädchen, dass sie auch vom Flughafen abgeholt hatte, und einen ebenfalls afroamerikanischen Mann. Sie waren gerade durch die Feuerschutztür am Ende des Flurs gekommen und gingen nun auf sie zu. „Wenn es etwas gibt, was wir tun können“, sagte Jenrya, der noch müder aussah, als irgendeiner von ihnen, „dann werden wir helfen.“ Er warf Denrei einen bitteren Blick zu, sagte aber nichts. „Was passiert hier?“, fragte Dracomon nur. „Wir haben gehört, dass es komisch ist zuhause.“ „Wir wissen es nicht“, erwiderte Megumi. Sie sah die beiden jungen Männer an, nicht wissend ob es irgendetwas gab. „Kommt mit rein“, sagte sie dann leise. „Vielleicht gibt es noch etwas was ihr tun könnt.“ Zumindest – und das wusste sie sicher – würden die Jugendlichen nicht kampflos aufgeben. Das hatten sie mehr als einmal bewiesen. Doch dies war kein Kampf, den man durch Digitation, die richtigen Karten und Glauben an sich selbst gewinnen konnte. Aber vielleicht hatten sie noch nicht verloren. 29. Juli 2011 – Shinjuku, Tokyo Das warme Wasser lief über Ryous Körper. Es brannte an einigen Stellen und machte ihn erst richtig dessen bewusst, dass er einige Kratzer und blaue Flecken von den Kämpfen der letzten Tage davon getragen hatte. Er wusste, dass vor dem Badezimmer ein Pfleger stand und Wache hielt. Wieso scherrten sie sich überhaupt noch darum? Es war ohnehin zu spät! Die Welt ging unter. Er konnte von seinem Fenster aus bestens sehen, wie es draußen aussah. Vielleicht war er nicht intelligent genug zu verstehen, was genau passierte, aber er verstand, dass beide Welten langsam ineinander kollabierten. Und wenn das geschah… Nun, es konnte nicht gut sein! Man würde nicht dazu kommen ihn zu bestrafen oder etwas in der Art zu tun. Es würde einfach alles aufhören zu existieren. Alles wegen dieser seltsamen Anomalie. Ein ungutes Gefühl erfüllte ihn. Auch wenn er die Stimme in seinem Hinterkopf versuchte zum Schweigen zu bringen, war sie doch da. Es war eine leise, dünne Stimme, die immer wieder fragte: „Ist es nicht auch deine Schuld.“ Aber, daran erinnerte er sich, das war es nicht. Er hatte nur diese Welt verteidigen wollen vor den seltsamen Wesen, die hier aufgetaucht waren. Jetzt war es ohnehin zu spät. Zu spät… Doch so sehr er auch versuchte es zu unterdrücken, zu verdrängen, ein Teil von ihm wusste doch, dass er zumindest dazu beigetragen hatte, dass die Situation so eskalierte. Und jetzt würden sie alle… Ja, was eigentlich? Sterben? Verschwinden? Einfach aufhören zu existieren? Was wusste er schon?! Auch Ruki. Auch Monodramon. Yamaki. Reika. Ihre Tochter. Sein eigener Vater in Kitakyushu. Sein Vater, den er so enttäuscht hatte. Bevor es endete, wollte er sie noch einmal sehen. Vielleicht schaffte er es nicht mehr nach Kitakyushu, aber nur ein letztes Mal wollte er noch mit Monodramon sprechen. Mit Ruki. Ein letztes Mal nur… Er wollte nicht allein in einem Krankenhauszimmer sein, wenn die Welt unterging. Das wäre nicht er. Das wäre… Doch was machte es für einen Sinn darüber nachzudenken. Er kam hier nicht heraus, oder? Es sei denn… Es würde ihm noch mehr Ärger machen, doch was machte es jetzt schon für einen Unterschied? 29. Juli 2011 – Digitale Welt Ihre Umgebung war seltsam. Es schien, als würden Zahlen, Buchstaben und was Rin annahm Zeilen von Computercode in der Luft schweben. War das die Grenze der digitalen Welt? Sie wusste zu wenig darüber, doch das war es, was sie annahm. Doch etwas stimmte nicht. Sie wusste nicht, wie es hier aussehen sollte, denn als sie hergekommen waren, in die digitale Welt, war es anders gewesen. Vielleicht, weil sie das Tor von Hypnos aus geöffnet hatten. Zumindest konnte sie das vermuten. Um sie herum schien alles zu flackern. Die Zeichen, der Code, eigentlich erschien er blau leuchtend, doch immer wieder lief weißes und rotes Flackern hindurch. Etwas sagte ihr, dass es so nicht sein sollte. Sie fühlte sich unwohl und sie wusste sehr genau, was dieses Gefühl war: Angst. Keine panische Angst, wie sie es gehabt hatte, als sie mit einigen Digimon zu tun gehabt hatte, oder als sie in die Tiefe gefallen war, sondern jene einfache, beklemmende Angst, wenn man wusste, dass etwas schlechtes Bevorstand, dem man einfach nicht entgehen konnte. Sie seufzte. Zumindest war Kunemon noch bei ihr. Wie immer lag es um ihren Hals und hatte seinen Kopf gegen ihre Wange gelegt. Auch die anderen waren hier. Ihre Freunde. Takumi schwebte zu ihrer Linken, Ai rechts von ihr. Sie alle waren umgeben von dem Licht der beiden olympischen Digimon. „Wo sind wir?“, rief Takumi aus. „Der Übergang zwischen den Welten“, erwiderte Apollomon. „Wir sind zwischen den Welten“, erklärte Dianamon weiter. Etwas geschah: Das seltsame Flackern ging auf sie über. Rin sah es nicht nur, wie Ai und Impmon flackerten, sie spürte es auch selbst. Wie ein elektrischer Schlag lief es durch ihren Körper. Sie zuckte zusammen und konnte ein überraschtes Stöhnen nicht unterdrücken. Es tat weh. Da spürte sie etwas anderes. Ais Hand legte sich um ihre. Überrascht sah sie zu Ai hinüber, die sie aufmunternd anlächelte. Sie sagte nichts, doch Rin konnte sehen, dass sie auch Impmon bei der Hand gegriffen hatte. Rin konnte nicht anders, auch etwas zu lächeln und sah zu Takumi, der seinerseits seine Hand ausstreckte, um die ihre zu ergreifen, während er mit der anderen Hand nach Kotemons Klaue griff. Was auch immer hier los war: Sie mussten in die reale Welt zurück. Sie würden jetzt nicht scheitern – zwischen den Welten. Sie würden nach Hause zurückkehren! Sie sah zu den anderen und war überrascht, dass Makoto, wenngleich zögerlich, ebenfalls Impmons andere Klaue ergriffen hatte. Vielleicht waren sie am Ende doch alle ein Team. Freunde. Irgendwie würden sie es schon schaffen, gemeinsam, und dann würde irgendwann alles wieder gut werden, oder? „Da ist es!“, erklang Dianamons Stimme. Und tatsächlich sahen sie ein helles Leuchten vor sich. So hell, dass sie nicht wirklich etwas erkennen konnten. Es erinnerte Rin an die Sonne, wenn man aus dem Meer auftauchte. Doch das Flackern wurde immer stärker und Rin kam nicht umher das Gefühl zu haben, dass etwas sie zurückhielt. „Noch ein bisschen!“, rief Ai und Rin war klar, dass es die beiden Digimon anfeuerte, die sie trugen. Sie drückte Ais Hand. „Nur noch ein bisschen…“ 28. Juli 2011 – Paolo Alto Jenrya hatte das Gefühl, dass es Minute um Minute chaotischer wurde. Nicht nur die Bilder, die sie aus der ganzen Welt sahen, von dem seltsamen Verhalten, das die vermeintlich physische Welt überall zeigte, und die Streams, die überall aufgetaucht waren, sondern auch die Leute in dem Büro. Immer und immer mehr Leute waren in der vergangenen Stunde hierher gekommen. Studenten, andere Professoren, Forscher von einigen der großen Silicon Valley Firmen. Offenbar hatten Dolphin und die anderen Mitglieder des Wild Bunch jeden Kontakt genutzt, den sie hatten. Er selbst saß vor einem Rechner, der gerade mit großer Geschwindigkeit Code analysierte, ihm dabei jedoch wenig zu tun gab. Sie hatten dank Kali Ressourcen der NASA zur Verfügung gestellt bekommen, was ihre Rechenleistung stark vergrößert hatte. Doch sie kämpften gegen die Zeit. Zumindest glaubte er halbwegs verstanden zu haben, was Shibumi plante. Ein Reboot. Die Welten auf einen Status zurücksetzen, als die Anomalie noch nicht überhand genommen hatte. Er wusste nicht, ob es möglich war, doch wenn Shibumi mit seinen anderen Aussagen Recht hatte, dann hatten sie keine andere Wahl als es zu versuchen. Und es sah danach aus, als hätte Shibumi Recht. Seufzend stand er auf und nahm seine Tasse, um sich neuen Kaffee zu holen. Terriermon lag auf dem Rechner, den er benutzte und schlief selig. Wahrscheinlich hatte es bei ihrem unfreiwilligen Aufenthalt in der Militärbasis genau so wenig Schlaf bekommen wie er und es konnte nun auch sehr wenig helfen. Immerhin war dies nicht Doodlebug… Selbst wenn es nicht unähnlich war. Hatten sie nicht damals auch die digitale Welt in einen vergangenen Zustand versetzt? Er sah sich um. Sein Vater saß zusammen mit Daisy und Babel an einem der Rechner und schien mit ihnen über den Code zu reden. An einer anderen Stelle half Keith weitere Rechner an das Netz anzuschließen. Da war auch Denrei, der mit einem amerikanischen Studenten vor einem anderen Rechner saß, während Shuichon – ihren Arm weiter in einer Schlaufe – neben ihm saß. Sie war gerade einmal vor zwanzig Minuten hergekommen und hatte ihn kaum eines Blickes gewürdigt. Etwas verkrampfte sich in seinem Inneren. Er hasste es, sie so zu sehen. Vielleicht hätte er etwas gesagt, doch er wusste, dass sie gerade besseres zu tun hatten. Also ignorierte er es. Was würde es auch für einen Unterschied machen? Er ging zur Kaffeemaschine hinüber. Mittlerweile hatte jemand in einer Ecke mehrere Maschinen aufgestellt, sowie auch Wasserkocher für Tee und eine Campingherdplatte, wie auch eine Mikrowelle. Sie wussten, dass sie in den nächsten zwei Tagen – wenn sie noch so lange hatten – dieses Büro wahrscheinlich nicht mehr verlassen würden. Eine Kanne Kaffee war in einer älteren Maschine gerade durchgelaufen. Er goss sich etwas ein und packte dann noch zwei Löffel Zucker hinzu. Er hatte das Gefühl langsam zu unterzuckern. Aber es würde sicher nicht lange dauern, bis jemand das nächste Mal etwas bestellte. Mit der Kaffeetasse in der Hand wollte er sich gerade umdrehen und zu seiner Arbeitsstation zurückkehren, als er beinahe in Alex hineinlief, die hinter ihm stand. „Hey“, sagte sie mit einem sehr vorsichtigen Tonfall. „Hey“, erwiderte er matt. „Du bist noch hier?“ Tatsächlich hatte er damit gerechnet, dass sie mittlerweile gegangen war. Sie zuckte mit dem Schultern. „Ja. Wo soll ich sonst sein?“ „Was ist mit deiner Familie?“, fragte Jenrya. Ein weiteres Schulterzucken. „Hier kann ich mehr helfen.“ Sie musterte ihn. „Blitzmerker.“ Jenrya trank einen Schluck Kaffee und lehnte sich gegen einen der Tische. „Ich bin müde“, murmelte er nur. Er sprach Englisch, wie immer mit ihr. „Vielleicht solltest du dich etwas ausruhen“, meinte sie ruhig. „Ein, zwei Stunden.“ „Wir haben keine Zeit“, erwiderte er. Alex seufzte. „Dann komm zumindest für ein paar Minuten mit mir nach draußen. Etwas frische Luft schnappen. Mir schwirrt der Kopf.“ Daraufhin nickte Jenrya nur. Mit der Tasse in der Hand folgte er ihr auf die Wiese vor dem etwas abseits liegenden Laborgebäude, in dem sie nun alle Technik untergebracht hatten. Er hatte von Daisy gehört, dass sich hier vor einigen Jahren das erste Digimon materialisiert hatte. Ein Greymon, von allem was er wusste. Eine Bank stand an einem Weg, der zur Straße hinunterführte. Die Bank war von Wind und Wetter arg mitgenommen worden und hätte gut eine neue Lackierung gebrauchen können, doch offenbar hatte ihr niemand genug Beachtung geschenkt. Die Sonne schien. Es war unwirklich. Vielleicht waren seine Erwartungen nur von Film und Fernsehen zu sehr beeinflusst worden, doch eigentlich hätte man glauben sollen, es würden Sturmwolken aufziehen oder so etwas in der Art. Aber nein: Strahlender Sonnenschein auf einem blauen Himmel. Nur das Abbild der digitalen Welt flackerte über ihnen und in der Ferne konnte er einen Stream erkennen. „Wie geht es eigentlich dem Jungen?“, fragte er, da Alex darauf zu warten schien, dass er etwas sagte. „Du meinst Nico?“, erwiderte sie und hob eine Augenbraue. Er nickte rasch. „Ja, genau den.“ Immerhin hatter er mit dem Jungen nichts zu tun gehabt. Alles was er wusste war, dass Shuichon angeschossen war wegen diesem Jungen und Denrei. „Er isst viel“, antwortete Alex. „Und schläft viel. Er ist mtigenommen von allem… Na ja, kein Wunder, oder?“ Sie sah ihn an als würde sie auf eine Antwort warten, doch als er nichts erwiderte fuhr sie fort. „Eigentlich sollten seine Eltern übermorgen vorbei kommen…“ Ihr schweigen am Ende des Satzes sagte deutlich: „Wenn es bis dahin überhaupt noch geht…“ „Erst?“, fragte Jenrya ohne wirkliche Anteilnahme. „Sie arbeiten“, erwiderte Alex. „Und aktuell ist es schwerer mit den Fliegern und so…“ Darauf antwortete Jenrya nicht. Stattdessen trank er einen Schluck Kaffee und lehnte sich dann zurück, wobei die Bank etwas karzte, und schloss die Augen. Für eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen beiden, doch dann war es Alex, die diese Stille brach. „Warum hasst du Denrei so?“ „Was?“ Verwirrt und überrascht sah er sie an. Woher kam diese Frage jetzt. „Denrei“, meinte sie, „warum hasst du ihn so?“ Jenrya erwiderte nichts. Stattdessen biss er sich auf die Unterlippe. Er wollte darüber nicht reden. Was hatte das überhaupt mit irgendetwas zu tun. Als er schwieg, legte sie eine Hand auf seine Schulter. „Jian…“ Er drehte sich zu ihr. „Lass mich!“ „Nein!“ Ihre Stimme war nun scharf. Streng. „Ich lasse dich nicht.“ Er funkelte sie an. Was musste sie sich in diese Dinge einmischen. „Warum?“ Alex sah zur digitalen Welt hinauf. „Ich denke nur…“ Sie seufzte und zögerte für einen Moment. „Ich denke nur, wenn die Welt wirklich untergehen sollte, dann… Willst du dich nicht mit deiner Schwester vertragen?“ Darauf schwieg Jenrya erneut und sah nur auf die Oberfläche des Kaffees hinab, in der sich immer wieder Wellen bildeten, da er nicht vollkommen ruhig saß. „Er hat dir nichts getan, oder?“, erwiderte sie. „Und deine Schwester liebt ihn – selbst wenn es dir nicht gefällt.“ „Sie ist unvernünftig“, murmelte Jenrya. „Sie… Er hat sie so oft in Gefahr gebracht!“ Alex seufzte und zuckte mit den Schultern. „Von dem was ich mitbekommen habe, ist sie selbst ganz gut damit, sich in Gefahr zu bringen. Denrei versucht sie zu beschützen. Aber ich glaube… Anders als du hat er eingesehen, dass sie kein Kind ist und dass sie ihre eigenen Entscheidungen treffen kann.“ „Was soll das heißen?“, fragte er nüchtern. „Dass du sie wie ein Kind behandelst“, antwortete sie in einem beinahe beiläufigen Tonfall. „Aber sie ist kein Kind mehr. Selbst wenn sie jünger ist als du.“ Sie zögerte. „Du weißt, dass ich gleich zwei jüngere Geschwister habe. Und ich weiß, wie du dich fühlst, glaub mir. Ich meine, als Mike noch jünger war habe ich oft auf ihn aufgepasst, weißt du? Aber mittlerweile ist er auch schon 14 und ich kann nicht die ganze Zeit für ihn da sein. Natürlich hat er ein paar Freunde, die ich nicht leiden kann und einer seiner Freunde, Jonas, macht die ganze Zeit Witze, die… Na ja, du kannst es dir denken. Aber ich kann ihm nicht vorschreiben, mit wem er befreundet ist, weißt du?“ Für einen Moment pausierte sie, während sie weiter zur flackernden digitalen Welt hinaufsah. „Und ich wette, irgendwann wird er eine Freundin haben, die ich ganz furchtbar finde. Vielleicht irgendso ein oberflächliches Girly Girl oder so.“ Sie lachte leise, trocken. „Aber das kann ich ihm nicht vorschreiben. Egal wie es mich stört: Es ist sein Leben. Und ich mein, dasselbe gilt für Lisa. Und glaub mir, es gibt eine Sachen an Lisa, die mich aufregen… Aber… Na ja, sie sind eigene Menschen. Und ich denke, dasselbe gilt für Shuichon.“ Jenrya antwortete noch immer nichts. Er wollte das alles nicht hören. Was brachte es jetzt auch? „Jian“, meinte sie. Seit wann nannte sie ihn überhaupt so? „Ich meine nur… Vielleicht hast du ein paar Vorurteile, die du überdenken solltest. Nur so ein Gedanke… Und, na ja… Also von allem was ich gesehen habe, ist Denrei sehr darauf bedacht, deine Schwester zu beschützen. Er ist echt kein schlechter Kerl.“ „Du kennst ihn nicht“, murmelte Jenrya nur. Daraufhin zuckte Alex nur mit den Schultern. „Vielleicht… Aber kennst du ihn?“ Damit stand sie auf. „Vertrag dich mit ihm, Jian. Vertrag dich mit deiner Schwester, bevor… Noch einmal wanderte ihr Blick zur digitalen Welt hinauf. „Bevor es zu spät ist.“ Sie seufzte und schüttelte den Kopf. Einige Sekunden vergingen, ehe sie ihn noch einmal ansah und sich dann umdrehte. „Ich gehe wieder rein.“ Und damit drehte sie sich um und ging, ohne auf ihn zu warten. Jenrya sah nur auf die Tasse in seinen Händen. Hatte sie Recht? Konnte sie Recht haben? Was wusste sie schon? Mehr kleine Wellen erschienen auf der Oberfläche des Kaffees. Dieses Mal war es nicht sein eigenes Zittern gewesen. Noch ein Beben. Ob wohl noch eines dieser Wesen hier auftauchen würde? Doch das war nicht mehr wichtig. Es hatte ohnehin keinen Sinn gegen diese Wesen zu kämpfen… Es gab wichtigeres zu tun. „Kuso…“, murmelte er auf Japanisch. Alex' Worte würden ihm sicher nicht helfen, sich zu konzentrieren. 29. Juli 2011 – Shinjuku, Tokyo Als sich die reale Welt unter ihnen zeigte, wusste Makoto, dass etwas nicht in Ordnung war. Noch immer hielt er Impmons klauenartige Hand, was sich gleichzeitig gut und falsch anfühlte. Sie waren keine Partner mehr, oder? Es war Nacht in Japan. Doch normaler Weise lag Tokyo um diese Uhrzeit hell erleuchtet an der Bucht. Jetzt war es mehr wie eine Ansammlung von Schatten. Sicher, einige Gebäude leuchteten noch immer. „Was…“, flüsterte seine Schwester, während sie umgeben von Apollomon und Dianamons Licht langsam in die physische Welt hinab sanken. „Etwas stimmt nicht“, murmelte auch Kaito zu seiner Rechten. Die Dunkelheit, die sich über der Stadt ausgebreitet hatte war nicht der einzige Hinweis, dass etwas nicht stimmte. An mehreren Stellen konnten sie Streams sehen, die beide Welten miteinander verbanden. So war es nicht gewesen, als er die reale Welt verlassen hatte. Ein Flackern lief durch einige der Hochhäuser unter ihnen. „Was geht hier vor?“, stellte Takumi die Frage, die in ihrer aller Köpfe herumspukte. Doch für den Moment schien ihm niemand antworten zu können. „Das sind welche von diesen Wesen!“, rief Impmon auf einmal aus und zeigte an eine Stelle in den finsteren Straßenschluchten, die vom Licht eines weiß-bläulich leuchtenden Wesens erhellt wurde. Makoto hatte so etwas noch nie gesehen, auch wenn ihn etwas an der flackernden weißen Struktur des Wesens an die infizierten Digimon erinnerte. „Was für Wesen?“, fragte er. „Wir haben so etwas in der digitalen Welt gesehen“, erwiderte Ai zurückhaltend. „Es ist wie das Monster, das uns angegriffen hat!“, rief Bearmon aus. „Sie sind auch hier!“ Einige der kleinen Digimon, die ebenfalls vom Licht getragen wurden, fingen an ängstliche Laute von sich zu geben. Das Wesen, auf das Impmon gezeigt hatte, war nicht das einzige. Als sie die Straßen unter sich betrachteten, sahen sie noch drei weitere. „Was tun diese Wesen hier?“, fragte Kaito. „Das ist die Anomalie“, antwortete sein Bruder tonlos. Er schien blass zu sein, selbst wenn es in dem farbigen Licht, dass sie umgab, schwer zu erkennen war. „Ich habe nicht gedacht, dass es soweit gekommen ist.“ „Anomalie?“ Makoto sah zu ihm hinüber. „Was für eine Anomalie?“ „Es ist eine andere digitale Lebensform“, erklärte nun Dianamon. „Es kommt aus einer anderen digitalen Welt. Welche von ihnen sind im Verlauf der letzten Monate in die digitale Welt gekommen. Unsere digitale Welt. Erst waren es nur seltsame Formen, aber dann haben sie angefangen diese…“ Es zögerte, offenbar nach dem richtigem Wort suchend. „Dann haben sie diese Körper ausgebildet.“ „Was passiert dann?“, fragte Rin und ihre Stimme zitterte. „Wir wissen es nicht“, erwiderte Apollomon. Langsam kamen sie auf die Höhe der Dächer der Hochhäuser hinab. „Wohin sollen wir euch bringen?“, fragte Dianamon schließlich. Sie zögerten, doch es war schließlich Ai, die erwiderte: „Der Shinjuku Central Park. Bringt uns dahin.“ Die beiden olympischen Digimon sahen einander an und Makoto meinte beinahe etwas wie ein Lächeln in ihrer schwer zu deutenden Mimik zu erkennen. „In Ordnung.“ Takato saß vor einem der Bildschirme in der Hypnos Zentrale. Er wünschte sich wieder, dass er mehr Ahnung hätte, mehr tun konnte. Zumindest zwang ihn niemand mehr nach draußen zu gehen und zu kämpfen. Er wollte diesen Wesen nicht noch mehr Schaden zufügen. „Können wir wirklich nichts machen, Takato?“, fragte Guilmon mit angelegten Fledermausohren. „Nicht wirklich“, erwiderte er. Irgendwie waren die falschen von ihnen hier. Weder er, noch Shoji, Ruki oder Steve wussten zu viel von Informatik und konnten hierbei nicht viel helfen. Die Zeit zu kämpfen war vorbei. Selbst wenn er sich nie als Kämpfer gesehen hatte, war es doch die Position, die er in der Gruppe im Moment füllen musste. Er hatte überlegt zu seinen Eltern zu gehen, bevor diese die Stadt verließen, doch er konnte auch nicht einfach gehen. Shoji kam zu ihm hinüber. Er war gerade erst wieder in den Überwachungsraum gekommen. „Irgendetwas neues?“ Takato schüttelte nur den Kopf. „Wo ist Ruki?“ „Sie ist bei Namiko“, erwiderte Shoji. Vor etwa zwei Stunden war Reika mit ihrer Tochter zu ihnen gekommen. Auch sie half. Daraufhin nickte Takato nur und stand schließlich auf. Vielleicht konnte er sich etwas zu trinken holen. Es war besser als hier herum zu sitzen. Es war auf halben Weg, dass Guilmons Stimme erklang. „Takato, schau!“ Er drehte sich herum und sah, dass Guilmon schon wieder auf einen der Bildschirme schaute. „Das sind Apollomon und Dianamon“, murmelte Shoji und sah auf die Bildschirme. „Glaubst du, es sind… Na ja, Coronamon und Lunamon?“, fragte Gazimon und stellte seine Ohren nun auf. „Wer weiß“, murmelte Takato. Er drehte um und ging zur Treppe, die in die nächste Etage des Hauptquartiers führte, wo er aus der großen Fensterfront sah. Tatsächlich konnte er den großen Umriss von Apollomon noch immer im Shinjuku Central Park sehen. Vielleicht brachten die beiden Digimon neue Informationen? Takato ging zu einem der Labore, deren Tür offen stand. Ein Teil des Computerequipments, das nicht direkt mit der Überwachung verbunden war, stand hier, und er wusste, dass er Yamaki hier wahrscheinlich finden würde. Natürlich lag er damit richtig. Yamaki, seine Frau, Hatsuyama und einige andere ihrer Forscher saßen hier vor Rechnern. „Irgendwelche Fortschritte?“, fragte Takato, als er hineinkam. Yamaki ließ sich mit einem frustrierten Stöhnen in seinem Bürostuhl zurück sinken. „Nein“, sagte er nur kurz angebunden. Bevor Takato weitersprechen konnte, warf Guilmon ein: „Apollomon und Dianamon sind da!“ „Was?“, fragte Yamaki verständnislos. „Apollomon und Dianamon“, erwiderte Takato. „Die beiden sind im Central Park gelandet.“ Daraufhin nickte Yamaki nur und konzentrierte sich auf den Bildschirm. Zugegebener Maßen hatte Takato nicht wirklich eine andere Reaktion erwartet. Es gab gerade wichtigere Dinge, als zwei Digimon, die ihnen sehr wahrscheinlich nicht feindselig gesonnen waren, Aufmerksamkeit zu schenken. „Gibt es nichts, was wir tun können?“, fragte er vorsichtig. „Irgendetwas?“ Die Untätigkeit frustrierte ihn selbst. „Wenn du nicht gerade weißt, woher wir Code bekommen können, von dem wir bis vor kurzem nicht einmal wussten, dass er existiert, dann nicht“, erwiderte Yamaki nur, ohne vom Bildschirm aufzusehen. „Nein“, erwiderte Takato nur und wandte sich ab. Seine Hand griff ganz unbewusst nach seinem Digivice und legte sich um es. Auf gewisse Art und Weise tröstete es ihn immer wieder, doch es war im Moment praktisch nutzlos. Er sah zum Fenster hinüber, hinter dem eine rabenschwarze Nacht zu liegen schien, nur unterbrochen von dem fernen Schimmern eines Datastreams. Irgendetwas… Gerade als er sich umdrehte, um den Raum zu verlassen, stand Shoji in der Tür. „Yamaki-san“, sagte er ebenso vorsichtig, wie Takato zuvor. Er wartete bis Yamaki aufsah, ehe er fortfuhr: „Hanegawa Ai und Makoto, Shirou Takumi, Okamura Rin sind da“, erklärte er. „Sie waren in der digitalen Welt und…“ Er zögerte. Yamaki nickte nur. „Sie sind wieder da?“, fragte Reika nun und sah auf. Sie schien erleichtert zu sein. „Nicht nur sie“, erwiderte Shoji, als ein anderer junger Mann hinter ihm auftauchte. Der Mann hatte mittellanges dunkles Haar und war eindeutig ebenfalls ein Japaner. Takato meinte, sein Gesicht schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Der junge Mann zog ein Tablet aus einer Umhängetasche hervor. „Ich habe etwas, dass Ihnen vielleicht weiterhilft“, sagte er nur. Yamaki sah ihn misstrauisch an. „Wer sind Sie?“ „Nakamura Shinji“, erwiderte der Mann und hielt ihm das Tablet entgegen. „Nehmen Sie.“ „Was ist das?“, fragte Reika und stand anstelle ihres Mannes auf, um ihm das Tablet abzunehmen. Nakamura gab es ihr und sah sie an, ehe er antwortete: „Daten aus der digitalen Welt. Daten aus jener anderen digitalen Welt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)