Ein letzter Tanz von -Menami- ================================================================================ Kapitel 23: Tag 10 - Zeit heilt alle Wunden (3/3) ------------------------------------------------- „Hört zu, so geht das nicht weiter. Die letzten zehn Tage waren einfach das reinste Chaos.“ Bunny griff mitfühlend nach seiner Hand, doch er schüttelte leicht seinen Kopf. „Nein, bitte, hört mir erst zu. Es tut mir leid, wie sich alles entwickelt hat. Ich weiß bis heute nicht, warum ich mich auf diese Abmachung eingelassen habe.“ Weil du wolltest, flehten Motokis Augen stumm, doch sein Blick blieb unerwidert. „Jedenfalls ist es ein Fehler, den ich nicht mehr rückgängig machen kann und das Einzige, was wir jetzt machen können, ist es mit den Folgen zu leben und alles wieder normal werden zu lassen.“ Motoki biss sich bei diesen Worten auf die Unterlippe. Und ihm wurde mit einem Schlag bewusst, dass er sich die Suppe selbst eingebrockt hatte – er hatte Mamoru verführt, ja. Aber er hatte ihn auch immer wieder, und vor allem am Ende, zurück in Bunnys Arme getrieben. Er hätte ihm die Entscheidung nicht abnehmen dürfen. Verzweiflung zerriss sein Herz. „Ich… Ich kann für drei Tage Ausflug in eine andere Welt nicht mein ganzes Leben aufgeben, Motoki. Ich kann für drei Tage nicht eine Beziehung aufgeben, die ich schon ein Leben lang habe.“ Mamoru drehte sich zu ihm und sah ihn hilflos an. „Bitte, versteh das doch“, flüsterte er so leise, dass nur er es hören konnte. „Tu mir das nicht an“, murmelte Motoki und kämpfte gegen seine Tränen an. „Bitte, bitte tu mir das nicht an.“ „Aber du hast es doch auch so gewollt“, sagte Mamoru leise, doch dann brach seine Stimme weg und der Schmerz erfasste ihn. In Motokis Augen standen die Tränen. Er wollte etwas sagen, er wollte ihn aufhalten, er wollte ihn für sich gewinnen. Er wollte mit ihm zusammen sein und der Welt beweisen, dass eine vorherbestimmte Liebe nicht jene sein musste, die man auch wirklich wollte. Mamoru sammelte seine Kräfte. „Ich liebe Bunny.“ Seine Stimme wurde fester und er griff nach ihrer Hand. „In der Vergangenheit, heute, in der Zukunft. Mir wird immer wieder erneut bewusst, was ich für diese Frau empfinde.“ Bunnys Augen besänftigen sich. In Motoki wütete der Sturm. Das kann doch nicht alles sein, wollte er ihm sagen. Für dich waren es nur drei Tage, aber für mich war es die Welt. „Ich kann nur hoffen, dass Bunny mir verzeihen kann. Ich will damit nicht sagen, dass mir die drei Tage egal waren, sie sind passiert und sie stehen nun zwischen uns. Motoki, einst sagtest du, du könntest die Gefühle für uns alle in den Griff bekommen. Wir könnten wieder die beste Freunde sein. Ja, die Tage sind passiert, das kann ich auch nun nicht mehr ändern. Aber der Mensch, mit dem ich zusammen sein will, ist Bunny. Es war schon immer so.“ Das kannst du nicht, schwirrte es ihm durch den Kopf. Nur weil es so sein soll, kannst du dich nicht für sie entscheiden. „Ich habe dir schon immer vertraut, Motoki. Und als du meintest, ich solle um Bunny kämpfen… Da war ich mir erst recht sicher.“ Mamoru zog sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Motoki stand wie ein Häufchen Elend da. Er hätte schreien sollen, nicht wahr? Hätte sie anschreien sollen, wie unfair diese Situation war. Er hätte ihn durch schütteln sollen und ihm sagen, dass er endlich seine Augen aufmachen sollte. Nur weil es schwierig war, nur weil es voller Hindernisse war, war es doch nicht unmöglich, dass sie eines Tages zusammen sein würden. Gott, Mamoru konnte ihm das einfach nicht antun. Denn egal wie oft Mamoru beteuerte, dass er ganz genau wusste, wen er wollte… Egal wie oft er behauptete, dass er Bunny liebte. Motoki kannte ihn. Und er sah in seien Augen, dass es nicht die Wahrheit war, dass er wie Motoki gerade die Hölle durchlitt. Warum hatte er sich für den einfachsten Weg entschieden? Motoki starrte ihn an. Wut, Trauer, Hilflosigkeit. Mamoru konnte seine Worte einfach nicht ernst meinen. Aber er war selbst schuld, nicht wahr? Er hätte ihn nicht zum Heiratsantrag bewegen dürfen. Und am Ende hätte er nicht mit Bunny reden dürfen. Mamoru ging den Weg, den Motoki geebnet hatte. Er war selbst schuld. „Ich möchte, dass am Ende alles wieder okay ist“, flüsterte Bunny und sah abwechselnd zu Motoki und Mamoru. „Wenn ich bereit bin zu verzeihen, dann möchte ich euch wieder als die besten Kumpels sehen, die ihr immer wart. Möchte euch vertrauen können, wenn ihr zu zweit unterwegs seid…“ Motoki hielt die Schmerzen kaum aus. „Das wirst du können“, flüsterte er. „Bunny, ich stehe zu meinem Wort. Nicht nur Mamoru ist mein bester Freund, sondern du auch meine beste Freundin. Erinnerst du dich an unser Gespräch? Du sagtest mir, Mamoru sei das Wichtigste in deinem Leben. Und ich habe dir mein Wort gegeben, dass zwischen mir und Mamoru nie wieder etwas laufen wird.“ Er holte tief Luft. Vertrieb die Tränen und Ängste aus seinen Gedanken. Er war doch selbst schuld. „Vertrauen kann wachsen, wenn die Liebe stark genug ist. Weißt du noch, als ich dir das gesagt habe?“ Bunny nickte schwach, selbst den Tränen nahe. „Und ich habe dir gesagt, dass ich bereit dazu bin. Bereit bin, gehen zu lassen. Weil ich weiß, dass ihr zwei zusammen gehört. Und all das kann ich nicht, obwohl ich Mamoru liebe – sondern weil.“ Mamoru schluckte. Für einen kurzen Augenblick ließ er Bunnys Hand los und drehte sich zu ihm, doch im gleichen Atemzug ging er einen Schritt nach hinten und sie griff wieder nach seiner Hand. „Es wird wieder normal. Es wird ein wenig dauern, aber dann ist alles wieder okay zwischen uns ist. Ihr gehört zusammen und könnt die Beziehung wieder genießen. Und ich und Mamoru können wieder die besten Freunde sein. Es soll so sein, nicht wahr? Und es wird wieder so sein.“ Mamorus Kloß im Hals wurde größer. Zweifel nagten an ihm. Nicht wegen der Gefühle zu Bunny, sondern ob der Weg, den sie eingeschlagen waren, der Richtige war. Aber Motoki sagte es doch selbst, Motoki hatte diesen Weg doch erst geebnet. Aber… Mamoru sah ihn an. Sie fixierten sich gegenseitig. Bis Mamorus Innere aufgab. „Ja, so ist es am Besten. Ich liebe Bunny und will mit ihr zusammen sein.“ Und in diesem Moment gab auch Motoki auf. Drei Tage waren es für Mamoru wohl nicht wert, um zu kämpfen. Sein Herz zerbrach in Stücke, als er Mamoru anlächelte – zum letzten Mal, zum Abschied. Der letzte Tanz sollte ihnen einfach nicht gehören. Egal, wie sehr er es sich gewünscht hätte. Bunny ließ Mamorus Hand los und lief auf Motoki zu. Und in diesem Augenblick stach das naive, unschuldige Mädchen hervor. Und auch Motoki wurde klar, dass er sie einfach nicht verletzen konnte. Weinend ließ sie sich von ihrem besten Freund in die Arme ziehen. „Danke, Motoki“, hauchte sie. Motoki schloss sie in sie Arme, sah an ihr vorbei zu Mamoru. Gab nach. Er schloss seine Augen und umarmte sie. „Nicht dafür, kleine Bunny.“ ○ ● Motoki kickte gedankenverloren einen Stein vor sich her. Die Leere, das Chaos, das Haltlose. Das Leben zog an ihm vorbei. Wieder einmal. Um ihn herum hechteten die Menschen durch die Straßen, die Einkaufstüten prall gefüllt, die einen telefonierten, die anderen unterhielten sich mit ihrem Begleiter. Autos hupten, Vögel – Wind – Natur? Nichts von alldem hörte er. Er hörte den Verkehr, die quietschenden Reifen, das Gerede der Menschen, Fahrradreifen, die über den Asphalt rasten, das Piepen von Ampeln, das Klingeln von Handys. Er schluckte seine Unsicherheit hinunter, als er dem regen Trubel zusah. Er fühlte sich hilflos. Nicht angekommen. Allein. Die Zeit lief an ihm vorbei, ohne, dass er sie aufhalten konnte. Wie sollte er sich dem rasenden Leben nur stellen können, wenn er seinen Platz verloren hatte? Er hätte ihn nicht in ihre Arme treiben dürfen. Er hatte verzichtet, obwohl er nicht im Ansatz dazu bereit war. Ja, man sollte zu seinen Freunden stehen, es sollte die Freundschaft sein, die einem wichtig sein sollte, die fürs Leben hielt. Und beide waren seine besten Freunde. Aber es tat weh. Es tat so unendlich weh. Er hatte ihnen gesagt, dass er es konnte. Aber wie? Wie sollte er seine Gefühle einfach so in den Griff kriegen? Er strich sich die Tränen aus dem Gesicht, ehe sie von seinen Wangen flossen. Er musste es einfach können. Der Freundschaft Willen. Dann würde es auch allen wieder gut gehen … Es war von Anfang an klar, dass er den Kürzeren bei der ganzen Sache ziehen würde. Er hatte doch nicht ernsthaft daran geglaubt, dass … „Leb wohl“, flüsterte er und bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge. Es würde wieder alles normal werden, wenn sie sich nur die Zeit gaben. Die Zeit... Die Zeit würde seine Wunden schon heilen. Es war das Einzige, worauf er hoffen konnte. Und dann würde er Mamoru wenigstens als besten Freund halten können. Und er war selbst schuld, nicht wahr? ○ ● Bunnys und Mamorus Finger waren fest ineinander verharkt, als sie sich langsam auf dem Weg nach Hause machten. Mamoru konnte noch immer nicht glauben, welchen Wahnsinn ihn die letzten zehn Tage heimgesucht hatte und dass dieser wohl endlich ein Ende genommen hatte. Er lächelte glücklich, als Bunny sich bei ihm einharkte und ihren Kopf gegen seinen Arm schmiegte. „Ich bin froh, dass wir endlich wieder zueinander gefunden haben. Die letzten Tage waren grausam ohne dich.“ „Ja…“ Mamoru strich ihr abwesend durchs Haar. „Deine Spieluhr ist noch immer bei mir.“ Bunny lächelte leicht. „Stimmt. Ich wusste mir echt nicht mehr zu helfen. Ich war so verzweifelt, als dass alles passiert ist. Gott, ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn wir uns nicht…“ Sie brach ab und blieb stehen. Glücklich drehte sie sich zu ihm. „Ich weiß, warum Motoki unser bester Freund ist“, sagte sie und blickte ihn ernst an. „Weil er immer Herr über der Lage ist und weiß, was am Besten ist.“ Mamorus Herz zog sich zusammen. „Ja, er kann zwar auch auf idiotische Ideen kommen, aber im Endeffekt…“ „Wenn er nicht mit mir geredet hätte, was wäre dann passiert?“ Mamoru sah ihn ihre blauen Augen. Und sein Herz klopfte beruhigt. „Ich hätte so oder so um dich gekämpft“, meinte Mamoru. Bunny lächelte ihn an. „Ich bin so, so froh… Meinst du, wir kriegen das hin? Und dass es wieder normal mit Motoki wird?“ „Klar… Wir brauchen zwar alle Zeit, aber wir schaffen das.“ Mamoru umrahmte mit beiden Händen ihr Gesicht. „Ich liebe dich, Bunny“, murmelte er und meinte jedes Wort genau so, wie er es sagte. „Ich liebe dich wirklich. Und ich verspreche dir, dir nie wieder weh zu tun. Du warst es schon immer, und du bist und bleibst der Mensch, den ich für mein Leben brauche.“ Bunny stellte sich leicht auf den Zehenspitzen. „Ich liebe dich auch, Mamoru.“ Und dann verschmolzen sie zu einem innigen Kuss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)