Meine kleine Sammlung von w-shine (One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 4: Warum er und nicht ich? ---------------------------------- Ich presse ihren Körper noch enger gegen den meinen und bewege mich so lange vorwärts, bis wir gegen die Wand stoßen. Unsere Lippen sind verschmolzen und unsere Zungen ringen um die Vorherrschaft. Unser Kuss ist leidenschaftlich und stürmisch und keiner will vom anderen lassen. Ich knabbere an ihrer Unterlippe und schmecke ihren Erdbeerlippenstift auf meiner Zunge. Ich fahre ihre ebenen Zahnreihen entlang und intensivere den Kuss noch ein wenig weiter. Oh Gott, wie ich sie liebe. Sie schnappt nach Luft und unterbricht den Kuss kurz. „Daniel…“ Von diesem kurzen Wort – meinem Namen – werde ich aus meiner Trance gerissen. Ich hebe die Augenlider und starre in das Augenpaar und das hübsche Gesicht vor mir. Für einen Moment scheint die Person vor mir braunhaarig mit blauen Augen zu sein, doch dann verschwimmt das Bild und ich sehe die Realität. Blonde Haare. Grüne Augen. Das bist nicht du. Ich habe mich wieder der Illusion hingegeben, dass ich dich küssen würde und von dem kurzen Erklingen ihrer Stimme, die sogar nicht wie die deine ist, wurde ich wieder zurück geholt in die schmerzende Realität. „Ja…“, murmele ich und sehe das Mädchen vor mir an und versuche verzweifelt mich an ihren Namen zu erinnern. Ich weiß, dass ich ihn weiß, doch er will mir momentan einfach nicht einfallen. Meine Augen wandern an ihrem Körper herunter, sie trägt ein grünes Top und eine schwarze Jeans und ich glaube mich erinnern zu können, dass sie in dem Jahrgang unter mir ist. „Ich muss dann jetzt langsam los. Wir sehen uns später, okay?“ Sie sieht mich mit ihren großen grünen Augen fragend an. „Ja, bis später.“ Sie drückt mir noch einen kurzen Kuss auf die Lippen, bevor sie an mir vorbei geht und verschwindet, natürlich nicht ohne mir vorher noch einen letzten Blick und ein wirklich umwerfendes Lächeln zu zuwerfen. Ich sehe ihr noch eine Weile hinter her. Sie hat eine wohlgeformte Figur und ein hübsches Gesicht, wahnsinnige grüne Augen und ein niedliches Lächeln. Sie sieht wirklich gut aus und sicher sind viele der männlichen Schüler an unserer Schule neidisch auf mich. Doch sie interessiert mich nicht. Die Einzige, die mich interessiert, bist du. Es ist zum verrückt werden, dass kein noch so schönes Mädchen mich von dir ablenken kann, dass meine Gedanken ständig nur um dich kreisen und du es nicht einmal weißt. Wegen dir habe ich jetzt schon den Ruf als Daniel Flämming der Herzensbrecher, weil ich wieder und wieder mit einem neuen Mädchen versuche, den Gedanken an dich zu verdrängen, zu verdrängen, dass ich dich nicht haben kann. Aber die Mädchen geben sich mir auch nur zu gerne hin. Ich habe so ein leichtes Spiel mit ihnen. Warum funktioniert es bei ihnen, aber bei dir nicht? Warum, verdammt noch mal? Als ob das Schicksal mich auslachen will, kommst du gerade den Gang entlang. Ich sehe dich lachen. Deine dunkelbraunen Haare fliegen durch die Luft und glitzern im Sonnenlicht, als du dich zu der Person neben dir wendest und sie anstrahlst. Ich bin mir sicher, dass ein eben solches Strahlen auch in deinen blauen Augen zu sehen ist. Ich liebe deine Augen einfach. Ich finde, sie sehen aus wie der Himmel, ebenso blau und genauso strahlend. Doch sie strahlen auch, wenn die Sonne nicht scheint und wenn du lächelst, dann sind sie einfach nur überirdisch schön. Wenn man mich fragen würde, wie ich dich beschreiben würde, bräuchte ich nur ein Wort: Perfekt. Wenn man meine ausführliche Beschreibung hören würde, dann würde man mich sicherlich einen romantisch-verliebten Spinner schimpfen, doch ich kann nicht anders. Ich finde, dass du perfekt bist. Es gibt niemanden, der so schön, so intelligent und einfach so wundervoll ist wie du. Deshalb schmerzt es so sehr, dich und diese Person neben dir zu sehen. Emil. Dein Freund. Was hat er, was ich nicht habe? Ich kann diese Frage für mich nicht ordentlich beantworten. Sicherlich ist er ganz nett – zumindest behaupten das alle Mädchen, ich habe nie wirklich mit ihm geredet. Sicherlich sieht ganz gut aus – zumindest behaupten auch das alle Mädchen, ich bin ein Mann und kann das nicht so gut beurteilen. Sicherlich ist er ganz höflich – das habe sogar ich mit bekommen. Und alle behaupten auch, dass ihr gut zusammen passt – und das finde ich nicht. Aus diesem Grund frage ich mich auch immer, warum du mit ihm zusammen bist. In einem Moment, in dem ich wohl komplett verrückt gewesen sein muss, habe ich sogar deine beste Freundin Lily gefragt, was du eigentlich an ihm findest. Sie sah mich sehr perplex an und antwortete mit hochgezogener Augenbraue: „Emil ist charmant, elegant, intelligent, zuvorkommend und gutaussehend. Was soll ein Mädchen sich mehr wünschen?“ Darauf habe ich keine adäquate Antwort gewusst und Lily ging mit einem „Siehst du“ davon. Ich muss auch zugeben, dass du glücklich aussiehst, wenn du mit ihm unterwegs bist. Doch das alles stört mich. Ich will dich für mich und will nicht, dass du mit ihm zusammen bist. Alle reden ständig davon, dass sie sich immer nur wünschen, dass die Person, die sie lieben glücklich ist. Sicher will ich auch, dass du glücklich bist, denn ich kann nicht ertragen, wenn du unglücklich bist. Aber noch viel lieber wäre es mir, wenn auch ich dabei glücklich sein könnte. Und das wäre nur so, wenn ich an deiner Seite wäre und nicht er. Ich weiß, dass das vielleicht egoistisch klingt, aber ich kann nun mal nicht anders. Ich kann ohne dich nicht leben. Dein Blick schweift durch die Gegend und trifft auf meinen. Du winkst mich zu dir und Emil hinüber. Für einen Moment stocke ich, da ich ihm nicht begegnen will, doch dann gehe ich hinüber. Schließlich will ich dich sehen und du mich offensichtlich auch. Da soll es doch für einen Moment egal sein, ob er da ist oder nicht. „Hey, wer war denn die Hübsche?“, fragt mich dein Freund und auch du siehst mich durchdringend an. Ich befinde mich in einer Zwickmühle, da ich ihren Namen vergessen habe. „Ja, also das war…“ Ich stocke, da mir so schnell kein Name einfällt. Du ziehst missbilligend eine Augenbraue hoch. „Amelie Brighnon, sie ist im Jahrgang unter uns“, löst du die peinliche Situation auf. Aus deiner Stimme klingt keinerlei Verachtung oder Belehrung hervor, obwohl ich in deinem Blick erkennen kann, dass es dir missfällt, was ich tue. Ich habe schon von Anfang an gemerkt, dass du mir etwas unterkühlter begegnet bist, seit ich durch die Betten unserer Schule hüpfe. Doch ich kann nichts dagegen machen. Wenn du abwesend zur mir bist, renne ich noch schneller zu einem neuen Mädchen und du wirst nur noch kühler, weil du mich dafür verachtest, weil du es nicht respektvoll findest, was ich tue. Es ist ein verdammter Teufelskreis. „Lasst uns essen gehen“, höre ich deine Stimme wieder und ich nicke automatisch, so wie Emil es tut und so laufen wir zusammen in die Große Halle zum Mittagessen und setzen uns dort. Wie automatisch greife ich nach deinem Becher, um dir Orangensaft einzugießen. Kaum habe ich das Trinkgefäß wieder abgesetzt, hast du es auch schon in der Hand, bedankst dich und trinkst voller Begeisterung einen ersten Schluck. Ich kann immer nicht begreifen, was genau du an Orangensaft so liebst, aber du trinkst ihn fast immer und so gieße ich dir auch, wann es auch immer mir möglich ist, welchen ein. Das habe ich gemacht als wir noch Kinder waren und durch dein zu Hause gerannt sind und auch jetzt tue ich es noch, auch wenn mir diese Aufgabe immer öfter von Emil weggenommen wird, wenn er schneller deinen Becher ergreift. Es ist merkwürdig, aber irgendwie kränkt es mich, wenn er mir auch diesen kleinen Teil streitig macht. Ich beobachte dich aus dem Augenwinkel, wie du dir dein Mittagessen nimmst, so dass ich nicht mitbekomme, wie mein bester Freund Martin auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches auftaucht und mir auf die Schulter klopft. „Daniel, warum bist du denn vorhin so schnell abgehauen?“ Ich murmele nur irgendwas in mich hinein und er sieht mich etwas mitleidig an. Er weiß natürlich, dass ich jeden Moment leide, wenn ich euch zusammen sehe. Es ist manchmal wirklich furchtbar, wie sehr er mich durchschaut, wie gut er mich kennt, aber schließlich sind wir auch schon einige Jahre beste Freunde und da lernt man einander zu lesen. Wir schweigen uns während des Mittags an, da er mir kein Gespräch aufzwingen will. „Wir sehen uns später, Daniel, Martin.“ Mit diesen Worten stehst du auf und winkst uns beiden noch einmal kurz zu. Du hast jetzt Politik, was Martin und ich nicht gewählt haben. Ich sehe dich mit Emil davon gehen, eure Hände sind ineinander verhakt und ich kann euch lachen hören, während ihr aus der Halle geht. Wieder werde ich von Martin aus meinen Gedanken gerissen. „Hey, zieh nicht so ein Gesicht, eines Tages bekommst du schon noch deine Chance.“ Ich schnaube nur kurz. „Außerdem… was willst du denn. Alle anderen Mädels stehen auf dich, du siehst gut aus und in der Schule läuft es auch.“ Ja, genau das ist. Alle anderen rennen mir hinterher. Nur du nicht. Alle anderen erzählen mir ständig, wie toll sie mich finden. Nur du nicht. Warum nur? Warum er und nicht ich? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)