Hinter den Kulissen von WeißeWölfinLarka ================================================================================ Prolog: -------- „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.“ 1. Korintherbrief, Kap. 13, Vers 13       Was man nicht alles tut, wenn man verliebt ist. Man kennt das ja. Oder wenn man meint, dass man verliebt ist. Wie war das denn bei eurem ersten Schwarm? Hat es bis heute gehalten? Erinnert ihr euch an all die Unsicherheiten? Oder war es von Anfang an klar, dass diese eine Person „diejenige, welche“ ist, mit der ihr bis an euer Lebensende zusammen sein wollt? Mit der Liebe ist das so eine Sache. Liebe, das ist so ein weitverbreitetes Wort, das so viele verschiedene Nuancen von Beziehungen und Zuneigung beschreibt. Ich glaube, jeder kann da seine eigene Geschichte erzählen. Jeder kann zu der Definition von Liebe etwas anfügen. Angefangen bei der Liebe zu den Eltern, unter Geschwistern, dem besten Freund und schließlich diese so genannten romantischen Gefühle, die man für einen anderen Menschen entwickelt, der irgendwann einmal den eigenen Lebensweg gekreuzt hat. Leider ist das Wort „Liebe“ an sich auch schon sehr verbraucht, weil man es schon viel zu oft benutzt und sagt. Sag es nur, wenn du es meinst, wenn du es „von Herzen“ meinst! Das sagt man doch so? Vor allem sag es der Person, die für dich die ist, die dir die Welt erklärt, immer und überall. Lass sie wissen, was du fühlst. Lass sie wissen. Und dann gibt es immer noch die spezifischen Liebesprobleme. Wer betrügt wen? Das Warum ist da nicht wichtig. Und dann gibt es immer noch diese perfekten Paare. Nun, zumindest scheinen sie nach außen stets perfekt zu sein, kein Wässerchen trügen zu können. Und dann gibt es immer noch Anfeindungen, weil irgendjemandem nicht passt, mit wem ihr zusammen seid. Selbst heute gibt es so etwas, wo wir doch meinen sollten, wir leben in einer aufgeklärten Welt, in der sich die Leute nicht mehr scheuen müssten, anders zu sein. Es ist erschreckend, dass selbst in Amerika, dem „Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten“, nur in sechs Bundesstaaten die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert ist (Sodomie dagegen in 26 Staaten – good going, USA, aber das ist ein anderes Thema). Lasst uns sehen, wie die Hauptcharaktere dieser Geschichte mit ihrer Liebessituation umgehen.   Liebe kennt keine Grenzen, Liebe kennt keine Hindernisse. Liebe ist von mannigfaltiger Art und Auswirkung. Liebe ist ein Geschenk. Liebe ist Kraft, Stärke, Leben. Liebe ist Rückhalt. Liebe ist Vertrauen. Und vor allem: Liebe macht keine Unterschiede zwischen Alter, Herkunft, „Rasse“, Hautfarbe oder dem Geschlecht. Kapitel 1: Set-mode on ---------------------- Liebe verändert deine Welt. „Und im Übrigen gehört sich das nicht.“ „Wie kannst du sowas sagen, Sweta?“ „Das ist einfach unnatürlich! Widerlich! Ein Mann soll bei einer Frau liegen und umgekehrt. Dass sich Männern mit Männern und Frauen mit Frauen verbinden, das geht einfach nicht!“ Irina stand auf, schüttelte den Kopf. Ihre goldenen Locken fielen dabei nach vorne und sie strich sie sich zurück hinter ihr Ohr. „Ich hätte gedacht, du wärst da liberaler. Ich mache ihm keinen Vorwurf. Immerhin ist es dein Bruder, über den wir reden! Du solltest ihm mit mehr Verständnis gegenübertreten. Er braucht dich jetzt“, rügte sie die andere junge Frau. Doch Swetlana reckte ihr Kinn trotzig vor und straffte ihre Schultern, bevor sie noch einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse nahm. Das Porzellan klirrte leise, als sie es zurück auf den Kaffeetisch stellte und ihre Beine demonstrativ überschlug. „Ich weiß, dass er mich braucht. Ich werde ihm helfen, auf den richtigen Weg zurückzukommen. Dieses ‚Schwul-Sein‘ werde ich ihm schon noch austreiben.“ Kapitel 2: Set-mode off ----------------------- Ah! Wann wird dieser lange Tag voll Mühen enden und mir erlauben, meiner Liebsten zu begegnen? Edmund Spenser   „Uuuuuuuuuund CUT!!“ Die Kameras schwenkten um, die Szene war im Kasten. Nach der dritten Wiederholung hatte dem Regisseur die Umsetzung endlich gefallen. Seufzend fuhr Julia Lebedew sich durch das anthrazitfarbene Haar. Mit ihrer Kollegin tauschte sie rasch ein paar Höflichkeitsfloskeln aus, ehe sie aufstand und sich streckte. Sie verabschiedete sich für heute, erst in zwei Tagen hätte sie wieder Drehbeginn. Ihre Szenen für die nächsten zwei Folgen waren abgedreht. Erschöpft ließ sie sich im Schminkwagen in ihren Stuhl sinken. „Na, was darf’s heute für dich sein, Süße?“, fragte ihre Stylistin fröhlich wie immer. „Einfach abschminken, bitte. Ich will nur nach Hause zu meinem Freund…“ „Alles klar. Ich mach dir ein bisschen natürliches Make-up drauf, wer weiß, wen du sonst noch so triffst… Und soll ich dir das kleine Schwarze mitgeben?“, feixte die andere breit. Julia lächelte müde: „Ich glaube, das brauche ich heute nicht mehr.“ Als ihre Visagistin sie abgeschminkt hatte, war die Schwarzhaarige froh, endlich aus dem Wohnwagen auszusteigen. „Endlich frei…“, murmelte sie, als sie den Caravan verließ. „Da ist ja mein Engel!“ Julia wandte sich nach links. Dort stand ihr Produzent, dem sie es zu verdanken hatte, diese Rolle bekommen zu haben. Er hatte sie auf der Straße ‚aufgelesen‘, einfach angesprochen, ob sie Interesse an einem Vorsprechen hätte – dann kam eins zum anderen und sie hatte die Rolle der Swetlana Petrenkov bekommen. „Dobryj wjetschjer, Viktor Fjodarawitch.“ Sie benahm sich höflich und zurückhaltend, wie immer. Schließlich konnte sie ihrem Vorgesetzten nicht die kalte Schulter zeigen, auch wenn sie nichts lieber wollte, als endlich nach Hause zu kommen. Der Tag war anstrengend gewesen, sie war seit drei Uhr morgens auf den Beinen, hatte nur zweieinhalb Stunden schlafen können und wünschte sich jetzt nichts Sehnlicheres, als sich endlich einfach nur in die starken Arme ihres Freundes sinken zu lassen. „Hast du noch drei Minuten für mich, Julitschka? Du warst großartig heute, aber ich möchte, dass du noch eine Spur zickiger bist. Und angewiderter deinem Bruder gegenüber. Ich meine, du musst dir vorstellen, er bringt Schande über deine Familie. Er ist der Stammhalter, er muss sich eine Frau suchen, um das zu schaffen.“ Julia unterdrückte ein erschöpftes Seufzen. „Ich will es versuchen. Ich arbeite daran.“ „Das wollte ich hören.“ Lachend wünschte Viktor Breschnew ihr noch einen schönen Abend und ging winkend seiner Wege. Julia sah ihm nach. Müde rieb sie sich über die Augen. Plötzlich fühlte sie sich an einen warmen Körper gedrückt, doch die direkt folgende, leicht verstimmte Stimme entwarnte sie und ließ sie sich entspannen. „Engel, ich glaub’s auch. Blöder Fatzke.“ „Shh, sag das nicht so laut. Hast du wieder gelauscht?“ Sie wurde in der rückwärtigen Umarmung umgedreht und konnte nun in saphirblaue Augen blicken. „Ich bin eben ungeduldig. Du brauchst immer so lange. Und es ist gefährlich für ein Mädchen wie dich, nachts allein nach Hause zu gehen.“ „Nicht meine Schuld.“ Sie schlang die Arme um den Hals ihres Begleiters. „Lass uns endlich nach Hause gehen, Yura. Ich will mal wieder neben dir einschlafen und auch aufwachen.“ Kapitel 3: Kick it with him --------------------------- Liebe geht durch den Magen. Doch was geschieht mit der Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist? Eckhart von Hirschausen   Ein wohliger Schauer lief über seine Haut, als eine zarte Sommerbrise durch das Schlafzimmerfensterfenster hineinwehte. Er streckte sich genüsslich, dann drehte sich noch einmal auf die andere Seite. Da fühlte er weiche Finger durch sein Gesicht streichen und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Verschlafen blinzelte er und öffnete seine Augen auf Halbmast. „Du bist ja noch da…“ Ein Schmunzeln. „Ich bin schon wieder da.“ „Häh?“ Kais weniger intelligente Reaktion brachte seine Bettgesellschaft dazu, ihm den Wecker vor die Nase zu halten. Es war drei Uhr – dem Sonnenschein zu urteilen, nachmittags. „Ich kann mich immer noch nicht an diesen Anblick gewöhnen… Du hast dich gestern wieder nicht abgeschminkt.“ Kai brummte. „Das vergesse ich halt immer. Außerdem war ich gestern viel zu müde…“ „Weißt du denn nicht, dass du davon Falten kriegen kannst? Das trocknet doch die Haut so aus. Grade du solltest doch eigentlich auf dich achten.“ „Ach, halt die Klappe, ist doch nur Wimperntusche. Ich bin ja schon froh, wenn ich ans Rouge, den Concealer und das Haarspray denke.“ „Es ist beängstigend, dass du die Namen dieser Dinge kennst - und noch viel mehr, dass du weißt, für was die gut sind!“ „Das bleibt nun mal nicht aus, Yura.“ Blinzelnd reckte er sich noch einmal und schlang dann seine Arme um den Nacken des Rothaarigen. „Du warst schon arbeiten?“ „Ja. Und im Übrigen hat Ray angerufen, ob er wieder den Lehrgang machen soll. Ich hab gesagt, du meldest dich bis vier bei ihm. Und Ivan hab ich geschrieben, dass er heute das Training übernimmt.“ „Häh? Ich dachte, er nimmt keine Befehle mehr von dir entgegen, du bist doch nicht mehr sein Teamchef.“ „Hab so getan, als wär ich du. Mit ner SMS von deinem Handy ziemlich easy.“ Kai stutzte kurz, dann gähnte er und verschmierte dabei die Wimperntusche noch mehr, indem er sich erneut über die Augen rieb. „Praktisch, so ein Sekretär.“ „Ich geb dir gleich Sekretär, du Pandabär!“, pöbelte Yuriy und schwang sich über ihn, gewillt ihn mit einem Kissen zu erschlagen. Die wilde Reiberei im Bett hörte erst auf, als die ersten Federn flogen. Doch das befreite Lachen war längst nicht erstickt. Noch unter leichtem Gekicher schmiegte sich der Rotschopf an Kais Wange, führte seine Nase sanft an dessen Jochbein entlang und rieb sie, einen hauchzarten Abstand zu seiner Haut lassend, Kais Nasenbein hinab, bis sich ihr Spitzen berührten und ihre Lippen sehnsuchtsvoller miteinander verschmolzen. Der Kuss war leicht und flatterhaft, und Kai hätte sich in ihm verloren, wenn sein sensibles Riechorgan nicht einen ganz speziellen Duftstoff an seinem Freund ausmachte. Mit einem Seufzen löste er sich von den verlockenden Lippen. Yuriy sah ihn enttäuscht an. „Malysch, du kommst direkt von der Arbeit, oder?“ „Ja sicher!“ „…“ „Oh. Sag nichts. Ich rieche noch nach Tod?“ „Ein bisschen.“ Kai richtete sich auf, als Yuriy sich erhob und sich die Strähnen, die sich während des Tobens aus seinem Zopf gelöst hatten, hinter die Ohren strich. „Tut mir leid. Ich versuche mich ja schon daran zu gewöhnen“, entschuldigte sich der Silberhaarige. „Du musst noch mehr üben. Besser krieg ich den Geruch nicht raus. Ich hab schon geduscht.“ Yuriys ärgerliche Stimme verunsicherte Kai, dennoch lächelte er und schob sich aus dem Bett. „Du hast sicher Hunger. Komm, ich mach dir was zu essen.“ Man sah es Yuriy Ivanov zwar nicht an, aber mit Essen konnte man ihn locken, denn er aß gerne – und viel. Außerdem liebte er Kais Pilmeni, ein weiterer praktischer Aspekt, wenn der Graublauhaarige sich mit ihm versöhnen wollte. „Du mutierst schon so’n bisschen zu nem Heimchen am Herd, weißt du das?“ Kai brummte: „Willst du jetzt mit mir essen oder nicht?“ Yuriy lachte. „Schon gut. Aber dusch dich erstmal und dann ruf Ray an. Du musst dich nicht beeilen.“ Kapitel 4: Sting of jealousy ---------------------------- Du bist immer neu. Der letzte deiner Küsse war von allen der süßeste. John Keats „Mokusō!“ Ivan kniete vor seiner Schülerschar im Seiza und schloss die Augen. Noch war etwas Rascheln zuhören, doch schon bald war es ganz ruhig in der kleinen Trainingshalle. Seine Schüler sollten sich auf die kommende Trainingsstunde vorbereiten, versuchen, die Außenwelt abzuschotten. Wenn das Training begann, war der Alltag losgelöst, egal ob man auf dem Weg zum Dōjō einen Platten oder Streit mit dem besten Freund hatte. Jetzt galt nur die Konzentration auf das Training. Normalerweise, so erklärte Ivan stets den älteren Teilnehmern, stellte man sich seinen eigenen Ki-Fluss vor. Diese Erklärung unterließ er aber, denn seine jetzigen Schüler konnten mit dieser etwas abstrakten Vorstellung noch nicht so recht etwas anfangen. Der älteste der Gruppe war gerade mal 9 Jahre alt. Es war Kais Idee gewesen, das Trainingsangebot auch für Kinder auszuweiten. Jetzt hielt er die Meditationszeit für angemessen. Meistens zählte er nie länger als 15 bis 20 Sekunden, denn danach wurden die Kinder wieder etwas unruhig. „Mokusō yame!“ Sofort waren alle Augen wieder auf Ivan gerichtet. Sie hatten es auch in dieser jungen Gruppe bereits eingeführt, dass der höchste Grad den Sensei grüßte. Das war in diesem Fall ein Junge mit goldgelocktem Haar, der Träger des 7. Kyu war. Seine kindliche Stimme hallte durch den Raum, als er energisch das Begrüßungskommando ausrief: „Sensei ni rei!“ Die Kinder und Ivan verbeugten sich voreinander. Ivan stand zuerst wieder auf, seine Schüler folgten ihm. „Otagai ni rei!“ Erneut verbeugten sie sich voreinander, diesmal im Stehen, und Ivan begann nun mit den Aufwärmübungen. Gerade als sie am Schluss der Gymnastik angelangt waren und sie ihre Muskeln etwas lockerten, ging die Tür auf und Kai trat ein. Er verneigte sich, bevor er einen Fuß in die Halle tat, nickte Ivan kurz zu und holte in einer Ecke in Ruhe und ohne zu stören die Begrüßung und eine kurze Aufwärmung nach. Auch er nahm unter Ivans Aufsicht am Training teil, denn er brauchte die Abwechslung. Außerdem mochte er seine Schüler und wenn er im Kumite mit ihnen trainierte, konnte er ihnen auch Tipps geben und hatte gleich einen Überblick über ihren Fortschritt. Zum Abschluss übten sie alle zusammen noch die Katas, von der Taikyoku Shodan bis zur Heian Nidan, jeder seinem Grad entsprechend. Danach hatten Ivan und Kai ein bisschen Zeit für sich, ehe das Erwachsenentraining anfing. „Was machst du hier – und dann auch noch so früh? Ich hab dich heute nicht erwartet, du hast mir doch extra das Training übertragen“, meinte der Jüngere und setzte sich neben Kai auf eine Holzbank. „Yura hat mich rausgeworfen. Er fühlte sich nicht gut, hat sich ne Magen-Darm-Grippe eingefangen oder so. Und er wollte nicht, dass ich mich anstecke. Und er wollte das Bad putzen, weil er es vorhin vollgekotzt hat.“ „So schlimm?“ „Na ja, ich glaube, dass er was Falsches gegessen hat.“ „Hast du ihn vergiftet?“ Ivan schüttelte sich und wickelte seinen Gürtel ab, um mit dessen Hilfe seine Beine zu dehnen. Er legte sich auf den Rücken und reckte sie abwechselnd in die Höhe. „Machen wir gleich Kumite? Freikampf? Hätte ich Lust zu“, lenkte er von dem für seinen Geschmack zu unappetitlichen Thema ab. „Meinetwegen. Wenn du glaubst, du kannst gegen mich bestehen…“ „Das ist kein Beyblade, Kai, und ich bin kein Idiot. Ich hab auch nen schwarzen Gürtel, weißt du?“ Der kleine Junge mit der großen Nase von damals hatte einen gewaltigen Schuss in die Höhe getan. Zwar kam er noch nicht an Kais oder Yuriys Größe heran, aber mit 1,71m war er jetzt wenigstens kein Knirps mehr. Aber Kai lachte nur. „Schon gut, Zwerg.“ Den Spitznamen jedoch wurde er nicht mehr los. Sehr zu seinem Leidwesen. Ivans Gesichtsausdruck drückte auch deutlich seinen Unmut aus. „Fresse, du Arschkrampe“, gab er weniger charmant als Kompliment zurück. „Shhh, es sind noch Kinder anwesend!“, entrüstete sich Kai und mit einem tadelnden Kopfschütteln ging er zur Tür, um den letzten Schülern, welche die kleine Dōjō-Halle verließen, noch kurz zuzulächeln. Als sie zur Tür hinaus war, wandte er sich wieder an Ivan. „Ich hab heute Nachmittag noch mit Ray telefoniert. Er kommt wieder rüber und macht unseren Lehrgang.“ „Dass er dafür wohl immer Zeit hat, ist erstaunlich. Wo er doch so berühmt ist“, ätzte Ivan etwas spöttelnd. Er konnte den Erfolg, den Ray mit seiner eigenen Karateschule, die er gegründet und aufgrund seines Ruhmes und seiner Bekanntheit durch seine Zeit als Beyblader international bekannt gemacht hatte, nicht so gut verkraften. Aber sie profitierten davon. Ray kannte einige gute Tricks und er war, was Techniken anging, nahezu perfekt, man konnte es gar nicht anders sagen. Außerdem war er sehr erfinderisch, was Kombinationstechniken anging. Kai liebte Trainings mit ihm. Gerne nahm er sich ein paar Tage frei, um Ray zu besuchen oder dessen Anwesenheit in vollen Zügen zu genießen. Er freute sich jedesmal auf den Chinesen und es hatte sich eine enge Freundschaft zwischen ihnen beiden entwickelt. Aber leider beschränkte sich ihr Besuch immer nur auf ein paar Tage im Jahr, sie wohnten einfach zu weit auseinander. „Ach Ivan, jetzt sei nicht so. Wir lernen viel von ihm.“ „Das Yuriy seinetwegen keine Eifersucht schiebt ist auch alles.“ Kai seufzte. „Er weiß, dass er nicht eifersüchtig zu sein braucht.“ „Wenn du das sagst...“ „Hör auf jetzt. Und Ray wird den Lehrgang leiten. Komm damit klar, verstanden?“ Als er sich streckte, knackte es laut, und er gab ein erleichtertes Seufzen von sich. Dennoch ärgerte er sich gerade maßlos, und das Tuten des Telefonhörers machte es nicht besser. Endlich klickte es in der Leitung. „Mensch, Babuschka! Hast du beim letzten Mal irgendwas mit dem PC gemacht, als du bei uns warst, um ihn zu benutzen?“ „Hallo erst mal! Und ja hab ich. Frag nicht..das Kriegsbeil wurde ausgegraben.. Ich hab mich jetzt für einen Kurs angemeldet.“ Yuriy stöhnte genervt auf: „Ich frag mich wie man so wenig Ahnung von etwas haben kann und trotzdem so zerstörerisch wirken kann..hier klappt gar nix mehr.. Ich fahr jetzt zu Sergei, unseren PC kann man nach deiner Benutzung in die Mülltonne kloppen!“ „Das tut mir leid, mein Schatz. Falls sich deine Süße bei mir meldet, sag ich ihr Bescheid. Und die Reparatur von eurem Computer bezahle ich euch natürlich.“ Yuriy dankte ihr und rieb sich über das Gesicht. Er brauchte den PC. Besser, er brachte ihn mit zu Sergei. Der hatte mehr Ahnung als er. Als er dann schon im Auto saß, seit einer halben Stunde auf dem Weg zu seinem alten Freund, klingelte sein Handy. Jules prangte auf dem Display, und auch der Klingelton von Biene Maja – ein Streitpunkt zwischen ihnen, aber bis jetzt hatte er noch keinen passenderen gefunden – sagten ihm, wer anrief. Grinsend drückte er den Knopf seiner Freisprechanlage. „Ja bitte?“ „Ich find's nicht schön, allein im Bett zu liegen.“ „Sorge, ласточка, aber ich brauch aber noch ein bisschen. Serge hat gesagt, ich soll in seine Firma kommen, da hätte er das passende Werkzeug. Meine Oma hat meinen PC abgefuckt.“ „Schon gut, dann ersetze ich eben Liebe durch ein Erdnussbuttersandwich.“ Yuriy lachte. „Die machen aber nicht so glücklich wie ich.“ „Muss für's Erste reichen. Komm sicher an.“ „Ich pass auf. Dawai, mein Herz.“ Mokusu - Konzentrieren Yame - Aufhören, stop! Sensei ni rei - Gruß zum Lehrer Otagai ni rei - Gruß an die Mitübenden Kumite – Partnertraining Taikyoku Shodan - dt. „Kata des Universums“, „universale Kata“, „vorbereitende Kata“ Heian Nidan - dt. Friede, zweite Stufe 7. Kyu – Karategrad. Orangener Gürtel ласточка [lasstatschka] (die Schwalbe) : Das Wort ласточка hat sogar auf Russisch nur die Verkleinerungsform! Kapitel 5: Clever advertising ----------------------------- “Love is our true destiny. We do not find the meaning of life by ourselves alone -- we find it with another. ” Thomas Martin.   Sitze gerade im Einkaufszentrum und futter ne Brezel, da kommt so‘n Opi zu mir an und brüllt mir ins Gesicht: "DAS FRESSEN MUSS AUFHÖRN!" Beinahe hätte sie, nicht ganz lady-like, ein belustigtes Grunzen von sich gegeben. Das sollte dir Feedback zu deiner Figur geben… Schnell hatten ihre Finger die Antwort in ihr Handy getippt. Er wusste, dass sie vor Interviews immer nervös war, egal wie viele sie schon in ihrem bisherigen Leben gegeben hatte. Es waren weitaus mehr gewesen als ihr lieb war. Aber immerhin hatte sie ihn. Er munterte sie kurz vorher immer irgendwie auf. Das Interview war für eine allmorgendliche Fernsehsendung, die allerdings darum gebeten hatte, eine live Webcam-Verbindung zu ihrer Homepage zu schalten. Außerdem würden sie sich auf Englisch unterhalten, um die Weltoffenheit russischer Medien zu propagieren. Vermutlich hatten die Verantwortlichen des Senders einfach nur mehr Klicks auf ihre Site im Sinn. Zum Glück war sie mit der englischen Sprache gut vertraut. Noch einmal überprüfte sie den Sitz ihres Pullis und den Halt ihrer Haare. Obwohl Viktor Breschnew anderer Meinung gewesen war, hatte sie sich für einen dunkelgrauen Oversized Strickpulli mit Kapuze und Bommeln an langen Strickkordeln und eine enge ausgewaschene Röhrenjeans entschieden. Ihre locker hochgesteckte Frisur ließ sie in ihrer Gesamterscheinung eher unsexy erscheinen. Genau das Gegenteil, was ihr Boss sich vorgestellt hatte. Aber gerade bei visuellen Interviews konnte sie es nicht gebrauchen, dass man ihr auf die Brüste bzw. in den Ausschnitt schauen konnte. Sie mochte es bequem und lässig und hielt es sich zugute, auf diese Weise auch natürlicher rüber zu kommen.   „Okay, bist du bereit, Julia? Dann zählen wir jetzt abwärts von drei und die Webcam geht an. Wir sind auf Sendung in 3… 2… 1…“ „Welcome folks! As promised, we’re here now with actress Julia Iwanowna Lebedew! She’s starring, as you may know, in the daily soap "Wakoschke swet a w serze tjma" as the lofty Swetlana Petrenkov, whose brother is closeted gay. Welcome, Julia!” „Thank you. “ “Let’s talk about your work. Your character is obviously utterly disgusted at the mere thought of her brother being a little fairy, or, as you may say, a bender-“ Julia lächelte dümmlich ihren Gesprächspartner an, während sie ihre Kiefer fest aufeinander presste. Natürlich, sie bewegten sich hier auf dünnem Eis, Schwulenpropaganda war per Gesetz verboten, Anti-Propaganda dagegen war Grauzone. Allerdings war offensichtlich, dass ihr Interviewer die Abneigung gegenüber Schwulen nicht nur spielte. „Yes. But it’s still hard to put myself in her position. It takes a lot to be her, I mean to be Swetlana. It is just so irreal, I mean, having a brother who is gay.” Sie wog ihre Worte ab. Weder wollte sie etwas gegen Homosexuelle sagen, noch etwas dafür, was ihr später als Propaganda angekreidet werden könnte. „Nevertheless it’s presumably harder for my colleague. Although he’s not gay, and I can confirm this, he gets this nasty letters from haters. That’s no fun to read. They menace him. All because of his role.” Ihre Miene wurde hart. “I want to make this clear: it’s just a role, people. Please don’t harass him because of his work. He does best in what he does. He’s as a devoted actor as I am. If he’s going to perform a mysterious stranger, be it. If he’s gonna act the love interest of main character, be it. If he should enact a gay guy, so be it! We are actors. We do as the director says. That’s all.” Sie war energisch geworden. Das Thema regte sie insgeheim einfach auf. Nervös zwirbelte sie an einem ihrer Bommel, um sich zu beruhigen. „Wow, okay, I’m sorry. Your fellow actor sure means a lot to you, doesn’t he?” Julia war froh, dass ihr Interviewer – dessen Namen sie sich gar nicht erst gemerkt hatte – das Gespräch in diese Richtung lenkte. „Why, yes. I find it very unfair that he gets anonymously hate for something he just enacts. Well… on the other hand that’s maybe just the reward for being so good at what he does. For the effort he puts into the role, despite of these really awful responds against him personally.” Das Interview verlief weiter, ohne energetische Zwischenfälle ihrerseits. Allerdings versuchte man ihr immer wieder eine Beziehung zu ihrem On-screen Bruder, also ihrem Schauspielkollegen anzudichten. Darüber konnte sie nur lachen. Irgendwie kam, und das war vermutlich auch so von dem Radiosender als auch von Breschnew beabsichtigt (sie war diese windigen Hunde im Showgeschäft schon aus einem früheren Leben gewohnt), die Sprache auf einen Mann in ihrem Leben und natürlich auch die Frage nach der schönsten Nebensache der Welt. Breschnew hatte ihr eingebläut, auch um für die Serie ein bisschen Werbung zu machen, so offen wie möglich zu sein. Natürlich hatte er keine Ahnung von ihrem Privatleben, aber laut ihm sollte sie eine Mischung aus niedliches Fräulein und femme fatale bieten. “But if you, as you just said, have the need for sex daily, do you HAVE it daily? And if so, alone or do you have, like, friends with benefits? Or a boyfriend maybe?” Innerlich seufzte sie. Sie hätte sich gerade nicht so weit aus dem Fenster lehnen sollen. Klar, sie sollte ordentlich die Werbetrommel rühren, aber eigentlich gingen ihr die Fragen doch schon ziemlich weit. Gerade für ein Web-Interview. Die Viralität des Internets war gefährlich. Sie entschied sich dennoch für eine weitaus ehrliche Antwort und hoffte nur, ihr Freund würde ihr nicht den Kopf dafür abreißen. “You asked me how often do I like to have sex with my partner when I’m in a relationship. I answered daily, because if I’m with someone then it is because I’m attracted enough to that person to desire him every night. Also, if I’m in a relationship it’s because I love my partner, and I wish to claim his body as mine, to make him enjoy his own sexuality and make my partner know how beautiful and attractive I find him.” Sie konnte sich schon vorstellen, wie seine Ohren rot anliefen, wenn er ihre Worte hörte. Bei Komplimenten stellte er sich stets sehr unbeholfen an, und noch schlechter konnte er es händeln, wenn er selbst welche bekam. Mit einem verschmitzten Schmunzeln auf den Lippen beendeten sie – endlich – das Interview. Müde streckte sie sich, ließ ein paar Knochen knacken und entschuldigte sich. Ein leises Vibrieren kündigte ihr eine weitere Textnachricht an. Come outside to let ME know YOU how’d I love to claim the body of yours tonight! „Nichts lieber als das, Yura…“, feixte sie, nahm ihre Jacke und war ohne ein weiteres Wort raus aus der Tür. Kapitel 6: Unexspected Confession --------------------------------- Es ist nicht wichtig, wie das Herz schlägt, sondern für wen.       Ihre Finger waren miteinander verwoben. Kopf an Kopf lagen sie auf dem Bett, das Fenster weit offen, die Vorhänge beiseitegeschoben. „Es ist nur ein Ärzteball… Kein roter Teppich, und ich nur ein kleines Licht. Aber wenn du mich begleiten würdest, wäre das wirklich schön.“ „Als ob ich gierig nach Rampenlicht und dem roten Teppich bin.“ „Du hast meine Frage nicht beantwortet.“ „Und wenn ich ‚Nein‘ sage?“ „Dann akzeptiere ich das. Und suche mir ne andere Begleitung.“ „WAAAAAS? Wer würde denn freiwillig mit dir gehen?“ Yuriy wurde energisch in den Oberarm gepiekt. „Du bist doch bloß neidisch auf meinen Alabasterkörper!“, lachte der Rotschopf und streckte die Zunge raus. „Wohl eher à la Pasta, mein Dickerchen...“ „Boah was!? Ich bin nicht dick! Nur gut sichtbar – durch all die Muskeln, die ich hab!“ Es raschelte neben ihm. Yuriy blinzelte dem Sonnenlicht entgegen, als er seinen Blick aufrichtete. Warme, weiche Beine schlossen sich fest um seine Hüfte und ein fester Po machte es sich in seinem Schoß gemütlich. „Wir können diese Muskeln gern noch ein wenig trainieren heute…“ „Schon wieder?“, grinste Yuriy breit und zwirbelte eine dunkle Locke um seinen Zeigefinger. „Hmhm…“ Yuriy zog sanft an dem Haar, so dass sich verführerische rote Lippen zu ihm hinunterbewegten. Wie gebannt starrte er auf sie, leckte sich über die eigenen. Sein Mund war plötzlich ganz trocken. „Ich liebe dich, Kai.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)