Can´t cange it von Akio21 ================================================================================ Kapitel 6: Die Geschichte ------------------------- Im gleichen Augenblick hatte ich eine Idee. Wäre ich eine Comic- oder Animefigur gewesen, würde jetzt wahrscheinlich über meinem Kopf eine leuchtende Glühlampe schweben. „Oh Bruder“, schluchzte ich und hielt mir die Hände vor´s Gesicht. „Yu-chan, was ist denn nur passiert?“ Seine Stimme klang jetzt besorgt. Ich hatte zwar geplant nur so zu tun, aber als Shori mich in die Arme nahm, heulte ich tatsächlich. Shori war das nicht gewohnt von mir. Schon gar nicht, das ich ihn Bruder nannte und noch weniger, das ich mich von ihm umarmen ließ. Er war sicher halb verrückt vor Sorge, fragte aber nicht. Stattdessen hielt er mich fester, und mit seiner rechten Hand streichelte er meinen Rücken. Ich war wirklich dankbar für diese Geste. Heute war viel passiert, und es hatte mich anscheinend mehr verwirrt, als ich es mir eingestehen wollte. Als ich mich beruhigt hatte, schob ich ihn wieder von mir weg. „Bruder, könntest du mir was zu essen holen und dann in mein Zimmer kommen." Er nickte. „Wir haben Thunfischbrötchen und Sushi." „Nein, keinen Fisch. Am liebsten gekochte Eier und heißen Tee." Innerlich schüttelte ich mich bei der Vorstellung von Eiern mit Tee, aber ich brauchte Zeit um mir meine Geschichte noch glaubhafter zurecht zulegen. „Kommst du klar?“ „Ja." Er nickte wieder und ging nach unten. Eine Viertelstunde hatte ich bestimmt. Wahrscheinlich länger. Wie ich meinen fürsorglichen Bruder kannte, würde er noch Blumen, Servietten und einen Teller mit Glückskeksen auf das Tablett packen. Ich zog mich ganz aus und stellte mich unter die Dusche. Einfach herrlich. Okay, eine ältere Frau hatte mich angesprochen und mich gebeten, ihre schweren Tüten nach Hause zu tragen, es sei nicht weit. Und da ich ohnehin auf den Bus warten musste, weil mein Fahrrad kaputt war, das stimmte sogar, verdammt, mein Fahrrad. Das stand noch irgendwo bei Wolfram in seinem schicken Parkgarten herum. Den Gedanken zur Seite schiebend überlegte ich weiter. Als ich bei der Frau dann angekommen war, wollte sie mir zum Dank einen ganz speziellen Saft anbieten. Ich hätte angenommen, da ich großen Durst hatte. Das stimmte irgendwie auch. Ein wenig. Vor lauter Durst trank ich es in einem Zug leer, als mir schwindlig wurde, und ich in Ohnmacht fiel. Shori würde von sich aus vermuten, das irgendwelches Zeug unter den Saft gemischt war. Moment, er hatte den Alkohol gerochen – ach egal, passt schon. Als ich wieder zu mir kam, lag ich halbnackt in ihrem Bett und sie hing wie ein Vampir an meinem Hals. In meiner Not hätte ich nach Hilfe geschrien, und zu meinem Glück, waren meine Schreie von einem draußen parkenden Taxifahrer gehört worden, der dann geklingelt hatte, und mich auf meine Bitte hin nach Hause gefahren hatte. Das stimmte auch irgendwie. Ich drehte den Hahn zu, zog mir meinen Bademantel über und ging wieder in mein Zimmer. Zugegeben, die Geschichte klang sehr abenteuerlich, aber heutzutage passierten ja die unglaublichsten Sachen. Davon las man doch ständig in der Zeitung. Entweder Shori nahm sie mir ab, oder ich hatte ein echtes Problem. Und ich war mir gar nicht so sicher, ob die Wahrheit nicht noch unglaubwürdiger klingen würde. Ich saß an meinem Schreibtisch, im Profil meinem Bruder zugewandt, der vornübergebeugt auf meinem Bett saß und mit betrübter Mine meiner Geschichte lauschte, die ich ihm stockend und mit leidendem Gesichtsausdruck erzählte. Es war nicht so, als wäre an mir ein großartiger Schauspieler verloren gegangen, sondern eher an Shori ein miserabler Koch. Wie konnten normale Eier dermaßen fürchterlich schmecken, wie hatte er das nur hinbekommen? Als ich mit meiner Erzählung fertig war, stand er auf und kam voller Mitleid auf mich zu. Ich dachte noch, bitte nicht, besann mich aber zum Glück noch rechtzeitig auf meine Rolle, und ließ mich nicht nur in den Arm nehmen, sondern schmiegte mich auch noch hilfesuchend an ihn. Einen Augenblick dachte ich daran, oh Bruder zu rufen, beschloss aber dann doch es nicht zu übertreiben. Das hatte er auch nicht verdient, trotz allem liebte ich ihn ja. Shori blieb noch bis etwa 22 Uhr bei mir und wünschte mir dann eine „Gute Nacht." Ich selbst wollte auch nur noch ins Bett und schlafen. Und vergessen, dass ich gelogen hatte, als hätte ich in meinem ganzen Leben nichts anderes getan. Vergessen, dass ich mit einem anderen Jungen ziemlich, na ja, intim geworden war. Tatsächlich war die ganze Sache mit Wolfram zuvor sehr...Hör auf. Ich legte mich ins Bett und konzentrierte mich gedanklich wieder auf die Englischvokabeln, bis ich einschlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)