Evil Never Dies von Manganime (Fortsetzung zu "Ghosts") ================================================================================ Prolog: The new Threat - Die neue Bedrohung ------------------------------------------- Als die Schule an einem Tag im Spätherbst zu Ende ging, strömten endlich erleichtert und aufgeregt die Kinder aus dem Gebäude. Unter ihnen befanden sich auch Genta, Mitsuhiko und Ayumi, die natürlich von Conan und Ai begleitet wurden. Während die drei darüber redeten, welche Pläne sie für diesen Tag machen sollten und sich fragten, ob es wohl bald neue Fälle zu lösen gäbe, hörten Conan und Ai nur zu. „Niemand hat uns heute eine Nachricht geschickt“, meinte Genta stirnrunzelnd. „Ich glaube, hier hat keiner ein Rätsel für uns, das wir lösen sollen.“ „Oh, na dann können wir uns vielleicht eines suchen!“, schlug Ayumi mit einem Lächeln vor. „Genau!“, stimmte Mitsuhiko mit ein. „Sowas ist ja schon mal vorgekommen!“ Conan hielt sich zurück, etwas dazu zu äußern, aber er wusste, er würde lieber nicht mit den Detective Boys weiterhin Rätsel lösen. Es war oft nicht einfach, da sie meistens nicht verstanden in welche Gefahr sie sich begaben und vor allem Genta glaubte, dass er alles darüber wusste, wie man etwas entdeckte, auch wenn er in Wirklichkeit keine Ahnung hatte. Doch Conan sagte nichts. Er hielt sich stattdessen zurück, und er und Ai wechselten einen Blick. Damit hatte er schon alles gesagt, was er dachte. Ai´s Blick antwortete ihm, dass sie ihn verstand, und dass sie oft dasselbe dachte, aber es freute sie auch zu sehen, dass die drei immer noch so viel Unschuld zeigten, trotz allem was sie schon erlebt hatten. Keiner von ihnen nahm wahr, dass sie von einem Mann in einem weißen Porsche beobachtet wurden. Seine Augen flackerten auf, als er das Quintett observierte, während er sie mit den Bildern in seinem Kopf verglich. Mit einem höhnischen Grinsen lehnte er sich zurück und sah zu der Person im Beifahrersitz hinüber. „Das ist die eine“, meinte er grinsend. „Das braunhaarige Mädchen, Ayumi Yoshida.“ Rabenschwarze Locken fielen ihm bis zu den Schultern und ins Gesicht, welche halbwegs seine stechend blauen Augen verdeckten. Er nahm sich eine Zigarre und kappte sorgfältig das Ende davon, während sich ein Ausdruck von Zufriedenheit auf seinen Gesichtszügen breit machte, als er daran dachte was nun bevorstehen würde. Der Ouroboros-Ring, den er trug, fing den Lichtstrahl der Sonne ein und glänzte bei den Bewegungen des Mannes. „Trotzdem sehe ich immer noch nicht, was das soll“, meinte die Frau neben ihm stirnrunzelnd, einige Strähnen ihrer pinkfarbenen Haare aus ihrem Gesicht wischend. „Was willst du mit einem kleinen Mädchen anfangen?“ „Es führt alles zurück auf Rache“, erwiderte er fast schon schnurrend. „Indirekt war es nämlich ihre Schuld, dass Yusuke Ushio getötet wurde. Natürlich mache ich nicht sie dafür verantwortlich. Sondern den Mörder. Wenn er sich nicht eingemischt hätte, dann wäre das alles nicht passiert.“ Er zündete seine Zigarre an und zog daran, während Wut in seinen Augen aufflackerte. „Ich habe zwar nie das befürwortet, was Ushio getan hat, wohlgemerkt, aber er hatte es nicht verdient, was man ihm angetan hat. Und ich werde mich an demjenigen rächen, der ihn in die Hände des Todes übergeben hat.“ „Indem du das Mädchen nimmst?“, rief die Beifahrerin ungläubig. „Jetzt pass mal auf, es ist vollkommen gleichgültig, ob er sie das eine Mal gerettet hat oder nicht, er ist immer noch ein Assassine. Und einer der besten noch dazu. Ich will nicht, dass du dich mit ihm anlegst.“ Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, ihre Augen schimmerten. „Du weißt nicht, auf was du dich da einlässt.“ „Sogar ein hart gewordener Assassine hat seine Schwachpunkte“, antwortete der dunkelhaarige Mann, „und ich denke, ich habe seinen gefunden. Wir schnappen das Mädchen, wir bringen ihn zu uns.“ Er machte eine Pause, in der sein Grinsen nur noch breiter wurde. „Und es gibt noch andere Trumpfkarten, die wir ausspielen können. Vielleicht sind wir zum Beispiel sogar in der Lage, seinen Partner zu benutzen.“ Er ließ die Asche aus dem Fenster fallen, während er die Kinder im Auge behielt, die die Straße überquerten. Sie waren alle so jung und unschuldig, besonders das Yoshida Mädchen. Er konnte verstehen, warum Ushio so fasziniert von ihr gewesen war. „Wie das?“, entfuhr es der Frau ungehalten. Er nahm die Zigarre zurück in den Mund. „Die beiden arbeiten schon fast zehn Jahre zusammen. Sie haben gewisses Vertrauen und Respekt zueinander, wenn auch sonst nichts. Und in jeder Beziehung kann ich einen Weg finden, diese zu meinem Vorteil zu verkehren.“ Nun begann sie zu verstehen. „Kehre sie gegeneinander, meinst du?“, schlug sie vor. Er nickte nachdenklich. „Warum nicht. Es ist auf jeden Fall machbar. Ich kann jedes noch so rührend enge Verhältnis, das sie zueinander besitzen, zunichtemachen. Sie wurden darauf trainiert, jedem zu misstrauen, und wenn sie beide denken würden, dass der jeweils andere ein Verräter ist, dann wird das bestimmt ein hübsches Feuerwerk geben. Mithilfe meiner Manipulation könnte ich sie vielleicht sogar dazu bringen sich gegenseitig umzubringen.“ Sie blinzelte ihn an. „Aber ich dachte, du wolltest ihn umbringen und ihn zu uns führen, indem wir das Mädchen benutzen“, erwiderte sie. „Aber siehst du nicht, ich werde ihn töten“, meinte er nur lächelnd. „Es ist mein Verdienst, der zum Auseinanderbrechen ihres Zusammenhalts führen wird, wenn es das tut.“ Grinsend startete er den Motor. „Und das wird es.“ Sie sah ihn weiter an, immer noch nicht wissend was sie von der Idee halten sollte. „Schnappen wir uns nun das Mädchen?“ fraget sie zögerlich. „Nein“, überlegte er kurz, „nicht jetzt. Zuerst werde ich es mit der Manipulation versuchen, mit der Ushio gedroht hatte, aber die er nicht zu Ende gebracht hat.“ Er parkte den Wagen aus und fuhr die Straße entlang. „Außerdem wäre es den Aufwand nicht wert, sie zu schnappen, während ihre Freunde um sie herum sind. Also werden wir uns erst darauf konzentrieren, jegliche Verbindung zwischen Ushios Mörder und seinem Partner zu durchtrennen.“ Er fing an zu lachen, es war ein grausames und böses Lachen. ~ Wodka seufzte, während er sich leicht gegen das Lenkrad des schwarzen Porsche lehnte. Er und Gin hatten nun schon einige Zeit mit Warten verbracht, in der Annahme, dass ihr Zielobjekt bald nach Hause zurückkehren würde, aber bis jetzt gab es kein Anzeichen davon. Gin war äußerst gelangweilt, und anscheinend auch müde, da er Wodka befohlen hatte Ausschau zu halten, während er seinen Hut über die Augen gezogen und sich in den Sitz zurück gelehnt hatte. Er hatte sich seit einiger Zeit nicht mehr bewegt, und Wodka hatte das Gefühl, dass Gin eingeschlafen war. Gin würde nicht einmal im Traum zugeben, dass er sich immer noch nicht ganz fit fühlte, nachdem vor einigen Wochen auf ihn eingestochen worden war und er vergiftet wurde. Einige von den anderen Agenten waren der Meinung, dass er nicht schon eine Woche nach diesem Ereignis wieder Aufträge annehmen sollte, aber Gin hatte darauf bestanden. In diesem Punkt war er schon immer stur gewesen und das konnte manchmal für ziemlichen Ärger sorgen. Jedoch, auf der anderen Seite, wenn er nicht so stur gewesen wäre, wäre er wohl schon längst nicht mehr am Leben. Das Klingeln seines Handys brachte Wodka wieder zurück in die Realität und er hob unverzüglich ab, bevor das Läuten seinen Partner aufwecken würde. „Hallo?“ „Wodka, du hörst dich ja an als hättest du es eilig“, erklang Vermouths Stimme belustigt. Innerlich stöhnte Wodka auf. „Was gibt´s, Vermouth?“, fragte er, aus dem Fenster Blickend. „Anokata hat mir gesagt, nachdem ihr euer Zielobjekt ausgeschaltet habt, wird er euch auf einen etwas… weniger drastischen Auftrag schicken.“ Eine lange Pause setzte ein und Wodka fragte sich, ob sie es absichtlich machte oder ob sie nach irgendwelchen Notizen suchte, die sie für den Auftrag haben könnte. Schließlich meldete sie sich wieder zu Wort. „Er will, dass ihr jemanden aufspürt, den er als Ersatz für Ushio herausgesucht hat.“ Wodka gefiel die Sache nicht, aber er bezweifelte, dass es überhaupt einen Ersatz gab, der mindestens genauso hinterhältig wie Ushio war. „An wen hat er dabei gedacht?“, fragte er. „Ich habe hier einen Namen…Ling Hi Sou?“ Vermouth runzelte die Stirn, als sie auf ihre Handfläche starrte und sich fragte, ob sie richtig gelesen hatte. Doch dann erkannte sie, dass sie richtig gelesen hatte und nickte zustimmend. „Er wohnt im Hiragi Appartment Komplex in der Stadt.“ „Okay“, antwortet Wodka und prägte es sich ein. „Was ist so besonders an ihm?“, wollte er noch wissen. Er hörte ein Klicken, als Vermouth sich eine Zigarette anzündete. „Er soll fast dieselben Verbindungen haben, wie sie Ushio hatte. So scheint es zumindest. Wie auch immer, er will, dass ihr ihn sobald wie möglich aufsucht.“ Eine kurze Pause entstand. „Wie geht es Gin?“ „Es geht ihm gut“, antwortete Wodka sofort. Er würde Vermouth nie davon erzählen, dass er sich Sorgen machte um Gins Zustand, und er wusste, dass Gin das auch niemals wollen würde. Einen Seitenblick auf den blonden Assassinen werfend, zuckte er leicht überrascht zusammen, als er sah, wie Gin ihn durch seine langen Strähnen hindurch anblickte. Andererseits, so vermutete Wodka, sollte es ihn nicht überraschen. Gin hatte einen leichten Schlaf, vor allem im Auto, außerdem hatte er gelernt, sich lautlos zu bewegen, sodass niemand etwas davon mitbekam wenn er es tat. Das alles kam mit dem Training als Assassine. Offensichtlich war er von Wodkas Gespräch mit Vermouth sowieso aufgewacht. Auch schien er darüber nicht sehr erfreut zu sein. Oder es lag einfach daran, dass er immer noch nicht ganz wach war und versuchte den Schlaf abzuschütteln. Vermouth grinste. „Ja, ich bin mir sicher, dass es ihm gut geht… oder wenigstens, dass er dich das glauben lassen will. Nun ja, dann lass ich euch mal eure Arbeit machen.“ Und damit legte sie auf. Gin knurrte. „Worum ging´s?“, verlangte er zu wissen, seinen Hut wieder zurückschiebend. „Vermouth wollte wissen, wie es dir geht“, erzählte ihm Wodka unruhig hin und her rutschend. „Mir geht’s gut.“ Er sah seinen Partner eindringlich an. „War das alles was sie wollte?“ Irgendwie bezweifelte er das. Vermouth war nervig, aber Gin glaubte nicht, dass sie Wodka nur anrufen würde, um sich über ihren aktuellen Zustand zu informieren. Dafür war sie zu beschäftigt. „Nachdem wir diesen Typen erledigt haben sollen wir uns auf die Suche nach einem neuen Informanten machen“, erklärte Wodka zögerlich, und berichtete ihm von dem Rest des Gesprächs mit dem ausländischen Organisationsmitglied. Er war sich nicht sicher, wie Gin auf diese Neuigkeit reagieren würde, aber dessen Reaktion beschränkte sich lediglich auf einen genervten Blick und das Anzünden einer Zigarette. „Es ist mir egal, in was diese Person verwickelt ist und wer er ist“, bemerkte Gin, als er Wodkas fragenden Blick bemerkte. „Sogar wenn er so jemand wie Ushio ist, wir werden mit ihm auskommen müssen.“ Insgeheim hatte er die Hoffnung, dass Ling nicht ein Stück wie sein verhasster und nun toter Feind war. Alles in ihm sträubte sich dagegen, dass er die Existenz solcher Leute wie Ushio anerkennen musste. Jedoch konnte er nicht mehr seine Zeit damit verschwenden darüber nachzudenken, als er ihr Zielobjekt erblickte, welches soeben die lange und gewundene Straße seines Anwesens hinauf schlenderte. Gin zog seine Waffe hervor und machte sich daran, aus dem Auto zu steigen. Wodka, der die extreme Abscheu in Gins Blick und Stimme bemerkte hatte, folgte ihm. Dem blonden Assassinen war es in Wirklichkeit nicht egal, aber er wurde es langsam leid, und Wodka wusste, dass das was er gesagt hatte, wahr war. Ihre persönlichen Präferenzen beiseite schiebend, hatten sie keine andere Wahl als mit Ling auszukommen, genauso wie sie es mit Ushio hatten müssen, selbst wenn er auch ein Pädophiler war. „Aniki?“, fragte Wodka zögerlich. Gin sah kurz hinter sich als sie sich dem Hof näherten. „Bereust du es, das Kind gerettet zu haben?“ Wodka hatte sich das manchmal gefragt. Seitdem hatte sich in Gins Verhalten eine gewisse angespannt wirkende Seite gezeigt, die vorher nicht da gewesen war. Wodka hatte das Gefühl, dass, welche Geister der Vergangenheit Ayumi auch immer heraufbeschworen hatte, Gin immer noch von ihnen verfolgt wurde. Gin bestieg die Ziegelmauer und landete lautlos auf der anderen Seite, während er auf Wodka wartete, bevor er antwortete. „Nein“, kam es glatt von ihm als Antwort, sein Partner landete neben ihm. Es dauerte nicht lange, bis sie ihren Auftrag erledigt hatten und auf dem Weg zum Hiragi Apartment Komplex waren, um Ling Hi Sou zu finden. Vermouth hatte ihnen keine Apartmentnummer gesagt, aber sie schafften es ziemlich bald, sie herauszufinden und machten sich schnell auf den Weg in das fünfte Stockwerk. Gin schwieg im Aufzug, wie üblich, und Wodka tat es ihm gleich, obwohl er sich innerlich fragte, was er erwarten sollte. Jemanden in Ushios Alter? Älter? Jünger? Jemanden, der Ushio ähnelte, mit einer krankhaften aalglatten Persönlichkeit und scheinbar immer einen Trick auf Lager, oder jemanden, der kalt und schweigsam war wie Gin? Wodka warf wieder einen flüchtigen Blick auf Gin als sie den Aufzug verließen. Seine Augen waren dunkel, und es war unmöglich zu wissen, was ihm durch den Kopf ging, doch Wodka schätzte, dass er sich in etwa dieselben Fragen stellte, wie er selbst. Er war angespannter und unruhiger geworden seit ihrer Herfahrt, ein sicheres Zeichen dafür, dass er sich mehr Gedanken darum machte als er zugeben wollte. Nachdem sie die Türglocke geläutet hatten, schien es eine Ewigkeit zu dauern bis jemand die Tür öffnete. Gin wurde gereizt und fing an mit der Zigarettenpackung in seiner Tasche herumzuspielen, obwohl im Flur Rauchverbot war. „Er macht einen schlechten ersten Eindruck“, stellte er knurrend fest, dazu verleitet einfach eine Zigarette herauszuholen und anzuzünden. Im selben Moment wurde die Tür aufgemacht und sie wurden von einem überrascht wirkenden blonden Mädchen mit pinken Haarsträhnen begrüßt. Sie blinzelte die beiden an und lächelte plötzlich als sie sie erkannte. „Oh, ihr seid die Leute, die Ling erwartet, wie er gesagt hat“, stellte sie fest und hielt ihnen die Tür auf. „Wisst ihr“, sagte sie, ihre Stimme um ein oder zwei Oktaven senkend, „ihr beide seid irgendwie süß.“ Wodka fühlte wie ihm vor Bestürzung die Röte ins Gesicht stieg, aber bevor Gin eine seiner kurzen Antworten geben konnte betrat Ling Hi Sou den Raum. Er musterte alles in schnellen Zügen, sein scharfer Blick ruhte auf den beiden, länger jedoch auf Gin. Seine schwarzen Haare fielen ihm bis zu den Schultern und seine blauen Augen glommen eisig. Gin bemerkte den Ring an seiner rechten Hand. „Also… ihr seid die Geschäftsleute von der Organisation, die ich zu erwarten hatte?“, fragte er schließlich, und seine Stimme klang freundlich aber ernst. „Richtig“, antwortete Gin. Wie immer übernahm er meist das Reden und Wodka war damit zufrieden. Gin war der Anführer. Wodka bevorzugte es zu folgen. Ling nickte leicht. „Setzt euch“, sagte er mit einer Geste auf die verschiedenen teuren Sofas und Stühle deutend. Sie wählten eine Couch und setzten sich, und Ling tat dasselbe auf einer gegenüberliegenden Couch. Ein gläserner Couchtisch stand dazwischen. Ling lehnte sich vor, beinahe den Tisch berührend, als er Gin und Wodka musterte. Die beiden machten dasselbe mit ihm, immer noch nicht ganz sicher. „Was für Informationen kannst du uns geben?“, fragte Gin schließlich. „Wir sind der Annahme, dass du zu denselben Dingen Zugang hast wie Yusuke Ushio.“ Er beobachtete wie die unbekannte Frau im Zimmer herumlief und sich daraufhin an die Couch lehnte auf der Ling saß. Sie schien verunsichert über irgendetwas zu sein, aber Gin war sich nicht sicher, warum. Sie warf Ling besorgte Blicke zu – oder waren es obsessive, begierige? – und ließ sie anschließend im Raum umher wandern bevor sie auf Gin und Wodka fielen. Nachdem sie einen Moment lang auf sie gestarrt hatte, wiederholte sich das Ganze wieder. Gin fragte sich, ob er versuchen sollte sie später alleine zu sprechen. Ihr Verhalten kam ihm seltsam vor. Dachte sie, dass Ling in irgendeiner Gefahr schwebte – oder umgekehrt? Und wenn dem so war – warum? In jedem Fall schien Ling ihr Verhalten nicht wahrzunehmen, noch nicht einmal die Aufmerksamkeit, die sie damit erweckte. „Das ist richtig“, stimmte er nun zu, und fuhr fort ihnen einige Beispiele nützlicher Informationen zu nennen, welche mögliche Verräter, Orte für zukünftige Organisationsstandorte und Waffenbeschaffung beinhaltete. Es war dasselbe womit Ushio sie beliefert hatte mit seinen Verbindungen, und er hatte fast immer Recht gehabt. Schließlich nickte Gin zustimmend „Du kannst uns nützlich sein“, sagte er, „und vermutlich sogar mehr als Ushio es war.“ Er bemerkte den finsteren Blick, der in diesem Moment in Lings Augen aufglomm, aber es verschwand wieder und er lächelte, doch Gin fand, dass es gezwungen aussah. Und während dies stattfand bemerkte Wodka einen verängstigten Ausdruck in den Augen der Frau, der blieb. „Es ist eine Tragödie… was mit Ushio passiert ist“, bemerkte Ling. „Er diente jahrelang als treuer Informant für eure Organisation, und dann wurde er plötzlich getötet.“ Die Anspannung in der Luft war so stark, dass Wodka sie förmlich spüren konnte. Als er zu Gin blickte wusste er, dass der blonde Assassine sie ebenfalls spürte. Etwas lief hier falsch. „Er hat sich zu sehr überschätzt, als dass er noch von Nutzen gewesen wäre“, schnaubte Gin. „Wenn man seine Stellung vergisst, ist das der Anfang des eigenen Untergangs.“ Er zündete sich, immer noch genervt, eine Zigarette an „Ja“, meinte Ling nachdenklich. „Das ist nur zu wahr, Agent Gin. Nur allzu wahr.“ Er warf seinem Gegenüber einen durchdringenden Blick zu, der erwidert wurde, und nach für einen langen Moment verharrten sie so, sich gegenseitig anstarrend. Aber dann wurde, wie zuvor, die Stimmung gebrochen und Ling lächelte als ob er eine andere Person wäre. „Nun, lasst uns über die Bezahlung reden“, bestimmte er. Gin war wieder einmal in Schweigen verfallen auf dem Weg aus Lings Apartment und starrte auf die Stadt, die man durch den gläsernen Aufzug sehen konnte. Er mochte Ling nicht, und es schien, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte. Gin hatte etwas von ihm ausgehen gespürt, und zwar einen extremen Hass. Aber er wusste nicht, ob es nur auf ihn gerichtet war, oder ob es sich auf Wodka ausweitete, oder sogar auf die gesamte Organisation. Einige ihrer Informanten waren äußerst geldgierig, die nur ihre Bezahlung wollten aber diejenigen hassten, die sie ihnen gaben. „Aniki?“ Er sah zu Wodka, der beunruhigt aussah. „Was denkst du von dem Typen?“ Gin nahm einen Zug aus seiner Zigarette. „Ich kann ihn nicht leiden“, antwortete einfach. „Er ist anders als Ushio, aber ich denke, dass er auf andere Art und Weise gefährlich ist. Er hat ziemlich viel aufgestaute Wut und Hass in sich, und irgendwann wird er sie wahrscheinlich raus lassen.“ Seine grünen Augen verengten sich. „Es wäre mir egal, außer dass es sich so angefühlt hat, als wäre es auf uns gerichtet, oder vielleicht auch nur auf mich. Das könnte ein Problem werden in der Zukunft.“ „Du willst ihn nicht ranlassen?“ Wodka überlegte, ob es eine gute Idee war, im Angesicht dessen, was sie beide mitbekommen hatten. „Ich würde es nicht, nur wie sagt ein Sprichwort so schön: Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher“, antwortete Gin. „Ich will wenigstens ab und zu wissen was er vorhat, und wenn wir ihn als Informanten haben, ist es der beste Weg dies zu bewerkstelligen.“ Der Aufzug kam zum Halten und er stieg aus, dicht gefolgt von seinem Partner. „Aber… wenn du denkst, dass er einen Hass auf uns hat, könnte er uns doch falsche Informationen geben“, entgegnete Wodka, der sich fragte, was genau Gin dachte. Die meiste Zeit war es schwer zu wissen was er dachte und manchmal schien es fast so, als wäre der blonde Assassine verrückt, doch normalerweise ging es so aus, dass er den anderen bereits immer einige Schritte voraus gewesen war. Wodka hoffte, dass es auch diesmal der Fall war. „Deswegen werde ich auch alles doppelt überprüfen, was er uns erzählt“, schwor Gin, als sie zum schwarzen Porsche kamen. „Er wird nicht die Genugtuung bekommen, uns gegenüber einen Vorteil zu bekommen.“ Er sah nachdenklich aus. „Und ich will mit dem Mädchen noch reden“, merkte er an. „Hast du gesehen, wie nervös sie war während wir geredet haben?“ Wodka nickte. „Besonders als Ushio erwähnt wurde“, fügte er hinzu, während er die Autotür öffnete. Seit Gin vergiftet worden war, hatte Wodka die meiste Zeit fahren müssen und so hatte er sich nun automatisch ans Steuer gesetzt. Gin widersprach dem nicht und setzte sich auf den Beifahrersitz. „Ich würde gerne wissen in welcher Verbindung sie zueinander gestanden haben“, murmelte der blonde Assassine, sich im Sitz zurücklehnend als sie davon fuhren. „Es muss etwas geben, weswegen Hi Sou so stark darauf reagiert hat. Und hast du den Ring gesehen? Es ist dasselbe Symbol wie das, das einer von Ushios Männern als Tattoo hatte.“ Wodka blickte besorgt zu ihm herüber. „Denkst du, dass Hi Sou vielleicht für ihn gearbeitet hat?“, fragte er. Gin ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. „Ich weiß es nicht“, gab er zur Antwort. „Es ist schwer zu sagen. Es könnte nur ein Zufall sein mit dem Ring. Aber ich werde es mir genauer ansehen.“ Er bezweifelte stark, dass es nur ein Zufall war. ~ Als die beiden Organisationsmitglieder gegangen waren, schloss Ling die Tür und sah die Frau triumphierend an. „Das wird sogar noch besser als ich erwartet hatte“, grinste er. „Indem ich Informationen für sie sammle, kann ich die Dinge so drehen, dass es so aussieht, als ob sie zu Verrätern werden und sie werden es nicht einmal hinterfragen.“ Er näherte sich ihr, eine Hand über ihre Wange streichend. „Dann werden wir eine angemessene Rache für Yusuke Ushios Tod bereitstellen“, lachte er. „Sie denken, sie haben die Kontrolle, aber die werden sie nicht haben.“ Sie versuchte zurückzulächeln, aber das unangenehme Gefühl in ihrer Magengegend wollte nicht verschwinden. „Ich denke, wir legen uns mit einer Menge an Dingen an, die über uns stehen“, erwiderte sie zögerlich. „Ich denke wirklich, dass diese Typen klüger sind als du sie einschätzt.“ Und sie hatte Gins kalte Augen gesehen. Falls er herausfand was Ling vorhatte, war sie sich sicher, dass er nicht zögern würde sie auszuschalten. Sie wollte das nicht geschehen lassen. Stirnrunzelnd bewegte er sich von ihr weg. „Oh nein, ich weiß, dass sie klug sind“, erwiderte er scharf. „Das ist der springende Punkt. Ich muss etwas Passendes für sie zurechtlegen, etwas insoweit, dass ich ihre Intelligenz schätze und es ihnen heimzahlen werde dafür, dass sie Ushio getötet haben. Wart´s ab. Ich werde sie herausfordern und gewinnen.“ Er sah aus dem Fenster als er sprach, wobei seine Augen gefährlich aufblitzten. Er war entschlossen zu gewinnen. Falls er versagte… nun, dann wäre es eben der Beweis dafür, dass er nicht würdig gewesen war die Herausforderung anzunehmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)