Mikado von Hotepneith (Von Verwechslungen, Irrtümern und sonstigen Fehlern) ================================================================================ Kapitel 7: Kühler Empfang ------------------------- Der Empfang des Kaisers war überaus gut besucht, auch, wenn die anwesenden Fürstinnen und Prinzessinnen es zum einen bedauerten, dass weder Vater noch Sohn an ihnen weiter interessiert waren, zum anderen, dass keine Dame des Kaiserhauses die neue Mode vorgab. Beides allerdings Punkte, von denen kein anwesendes männliches Wesen etwas erfuhr. Nachdem Naraku und seine Töchter sich pflichtgemäß vor dem Inu no Taishou und Sesshoumaru verneigt hatten, machte er sich in den Räumen des Empfangs auf die Suche nach Fürst Kato, erkannte jedoch rasch, dass dies vergeblich war, da der Türsteher eben diese Familie ausrief. So blieb der Fürst von Teien stehen. „Kanna,“ sagte er leise: „Suche dir einen ruhigen Platz und nimm deinen Spiegel. Ich möchte wissen, ob es Hakudoshi gelungen ist das Ungeheuer zu fassen, und was Akago treibt.“ Sie wurde vorgestellt, also würde ihr Fehlen nicht auffallen. Und er wollte vermeiden, dass seine Söhne etwas gegen ihn unternahmen, womöglich sich sogar verbündeten. Das durfte unter keinen Umständen passieren. Sie waren ihm zu ähnlich geraten. Das Mädchen gehorchte wortlos, wie immer. Fürst Kato verneigte sich ebenso wie seine Ehefrau und seine beiden Kinder tief vor dem Kaiser. „Willkommen, mein lieber Schwager,“ sagte der Inu no Taishou freundlich. Er wusste nur zu gut, dass seine Schwägerin ihm das Schicksal nicht verziehen hatte, das er ihrer älteren Schwester bereitet hatte, als er sie in die Verbannung in die tiefste Provinz schickte. Allerdings wusste er auch, welche Meinung Kato zu ihren Racheplänen geäußert hatte: „Blödsinn!“ Der hatte sie darauf aufmerksam gemacht, dass auf einen Mordanschlag hin Verbannung ein äußerst mildes Urteil war – und der Mikado noch zu ganz Anderem, inklusive grausamsten Toden, das Recht besessen hätte. „Ich freue mich, dich und die Deinen wieder einmal zu sehen. - Deine Kinder sind nun auch schon fast erwachsen. - Teuerste Schwägerin, dein Kleid steht dir hervorragend.“ Das war eine sehr freundliche und ausführliche Begrüßung, auf die die Familie allerdings gewisses Anrecht besaß. Immerhin bestanden verwandtschaftliche Beziehungen zum ehemaligen Kaiser. Selbst Sesshoumaru äußerte daher mehr als nur einige höfliche Worte, ehe die Fürstenfamilie von Nakamura sich den anderen Gästen zuwandte. Naraku hatte sie beobachtet. Nun ja. Seine Töchter hätte er nie so mangelhaft bekleidet herumlaufen lassen, wie dies Fürst Kato und seine Gemahlin bei ihrer taten. Yura trug nur das aller notwendigste und ließ ihre Reize mehr als nur erahnen. Hoffte sie so auf einen Bräutigam? Wäre sie erst einmal mit einem seiner Söhne verheiratet, würde sie schon lernen müssen, wie man sich benahm. Aber einstweilen sollte er gute Miene machen. So neigte er höflich den Kopf als das Ehepaar mit den beiden Kindern zu ihm kam. „Ah, mein werter Naraku. - Du erinnerst dich gewiss an den Fürsten von Teien, meine Liebe?“ fragte er seine Ehefrau höflich. Er selbst hatte die vergangenen Tage, ja zwei Wochen fast mit täglichen Gesprächen mit Naraku verbracht. „Aber ja.“ Der Blick der Fürstengemahlin glitt nicht uninteressiert an dem jung aussehenden Mann auf und ab. „Ich freue mich, Euch nahezu unverändert wiederzusehen.“ Hoppla, dachte Naraku prompt, ehe er mit einem gesitteten Kopfsenken antwortete: „Das jugendliche Aussehen ist in meiner Familie zum Glück erblich. Ich hoffe, dass auch meine Söhne dies besitzen.“ Die weißhaarige Hundedämonin lächelte flüchtig: „Oh ja, Ihr habt ja zwei. Darf ich Euch meine Tochter Yura vorstellen? Man nennt sie auch Yura mit dem langen Haar.“ Lang war es ohne Zweifel, es reichte fast bin zum Boden. Naraku nickte kurz: „Ich freue mich Euch kennen zu lernen.“ Yura lächelte deutlicher als es die Höflichkeit geboten hätte: „Danke, Fürst,“ sagte sie jedoch nur, wohlerzogen: „Darf ich fragen, ob Eure Söhne ebenfalls hier sind?“ „Nein. Ich brachte nur meine Töchter mit in die Hauptstadt. Meine Söhne erledigen derweil anfallende Probleme für mich.“ Sie schien es ja wirklich auf einen Heiratskandidaten anzulegen. Umso besser für ihn und seine Pläne. „Sehen Sie Euch ähnlich?“ erkundigte sich Yura: „Haben sie Euer Haar?“ Was interessierten sie denn Haare? Ein wenig verwirrt meinte er: „Nein, sie haben beide viel hellere, fast weiße – so wie Kanna. Kagura ist die Einzige mit dunklen Haaren.“ „Yura!“ zischte ihre Mutter auch, während Fürst Kato eilig meinte: „Verzeiht, werter Naraku. Yura schwärmt immer von Haaren, ich fürchte, sie teilt danach die Welt ein.“ „Schon gut.“ Was für ein eigenartiges Hobby.... Nun ja, er war wohl der Letzte, der sich über seltsame Angewohnheiten beschweren sollte. Immerhin lauteten seine auf Hochverrat. Und Fürst Kato würde ihm dabei ein wertvoller Verbündeter sein. „Ich bin entzückt, Euch kennenzulernen, Yura. - Ihr seid gewiss Yari, der Erbprinz?“ wandte er sich an den bislang schweigenden Sohn. Dieser fuhr zusammen, sichtlich in Gedanken gewesen: „Ja, Fürst Naraku,“ erwiderte er jedoch höflich. „Ich freue mich, dass Ihr meinen Namen wisst.“ Ah, Yari hatte Sesshoumaru gemustert. War da etwa jemand eifersüchtig? Rechnete sich selbst an diesen Platz? Dann würde Yari seinen Vater gewiss in seiner Richtung beeinflussen. Er sollte sich länger um den Jungen kümmern. Naraku gelang es mit gewinnendem Lächeln und einigen Worten, die beiden Damen wegzuschicken und mit Fürst Kato ud Yari ein weiteres, ernstes Gespräch über die Zukunft der Kinder für den nächsten Tag zu vereinbaren. Einige pflichtgemäß verbrachte, langweilige Stunden später, sah er sich nach seinen eigenen Abkömmlingen um. Kagura stand, wie er es wollte, nahe am Kaiser und damit Sesshoumaru, die sie allerdings beide nicht beachteten, sondern die Menge musterten. Hatten sie auch seine Unterhaltung mit Kato und seiner Familie mitbekommen? Nun, Heiratsverhandlungen waren weder unüblich noch mischte sich der Mikado da ein. Der gute, alte Inu no Taishou. Er ahnte gewiss nicht, dass die ersten Bausteine zu seinem Untergang heute Abend gelegt worden war, zu seinem und zu dem seines auch so arroganten Sohnes. Wo war Kanna und was trieben seine eigenen Söhne? Er fand sie in einem kleinen Gelass, das von Wandschirmen abgeteilt war. Sie sah von ihrem Spiegel auf. „Nun?“ „Akago ist im Schloss und kümmert sich um die Verwaltung. Er studiert die Bücher, die Finanzen.“ Naraku hätte fast gelächelt. Intelligenter Bursche – Akago war klar, dass man so auch auf versteckte Geschäfte kommen konnte. Allerdings war der Kleine noch naiv, wenn er annahm, er, Naraku, habe derartiges in den offiziellen Papieren. „Und Hakudoshi?“ „Er ist am Großen Sumpf. Dort ließ er die Dämonenkrieger zurück, die dort auf das Ungeheuer getroffen sind, und ritt mit einem der sieben Krieger weiter, um die anderen zu treffen.“ „Es kümmert sich also nur bedingt um das Ungeheuer? Gegen seinen Befehl?“ Das war wirklich ungeschickt von ihm. „Er entdeckte, dass Menschen dort über den Pass gelangen wollen und plant sie zu töten, ehe er sich dem Ungeheuer wieder selbst widmet.“ Hm. Das war wohl notwendig. Allerdings kannte er Hakudoshi gut genug, um zu wissen, dass dieser die Menschen durchaus auch zum eigenen Vergnügen töten wollte. Wie immer hart am Rande seines Befehls. Gehorsamer war Akago, ohne Zweifel – aber auch der gefährlichere der beiden Zwillinge, dachte der Erzeuger, ihm selbst ähnlicher. Wenn er wieder einmal Abkömmlinge erschaffen sollte, musste er aufpassen, dass sie nur die Fähigkeiten erhielten, die sie nützlich machten. Ehrgeiz gehörte nicht dazu. Und den besaßen sowohl Akago als auch Hakudoshi im Überfluss. Nun gut. Sollte sich der Junge mit den Händler amüsieren. Bedenklicher war allerdings, dass es Menschen wagten über die Pässe zu gehen, in der Nachbarprovinz zu handeln. Waren seine eigenen Anweisungen, Handel nur über die Hauptstadt zu treiben, denn so undeutlich gewesen oder die Strafen zu mild? Das müsste er wohl noch einmal klarstellen. Das Allerletzte, was er in diesem Stadium seiner Pläne gebrauchen konnte, wäre die Aufmerksamkeit des Shogun oder gar des Kaisers selbst. Trotz seiner ominösen Krankheit der letzten Jahre schien der Inu no Taishou nichts von seiner politischen Intelligenz eingebüßt zu haben. Da er selbst mit der Unerfahrenheit Sesshoumarus gerechnet hatte, musste er nun behutsamer vorgehen. Zum Glück hatte er sich nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, war stets im Hintergrund geblieben. „Komm, Kanna. Ich möchte dich Yari vorstellen. Du wirst so tun, als ob er dir gefällt. Ich möchte Heiratsverhandlungen beginnen.“ Das sollte Kato im Hinblick auf die gemeinsamen Pläne glauben lassen, dass er an einem zweifachen Familienanschluss interessiert sei – und den Kaiser vor allem ebenfalls. Leute, die Heiratspläne schmiedeten, dachten in aller Regel nicht an Hochverrat. Das Mädchen schob den Spiegel in ihre Kleidung, ehe sie ihm wortlos folgte. Der Mikado sah ebenso regungslos in das Gedränge der Gäste wie sein Sohn, wenn auch mit anderen Gedanken. Während Sesshoumaru den Sinn solcher Feste nicht recht einsah und für Zeitverschwendung hielt, spürte sein Vater entfernt etwas wie Freude seines Schwertes. Aus irgendeinem Grund war die höllische Klinge erfreut und er hatte lange genug mit ihr zusammengelebt, um ein wenig beunruhigt zu sein. Aber, was sollte schon geschehen? Sie befand sich während dieses Festes in seinem Schlafzimmer, der kleine Geist der Scheide, Saya, passte auf, dass das Höllenschwert nichts Eigenständiges unternahm, selbst, wenn sich ein Mensch oder Dämon dort hineinwagen würde. Nein. Die Klinge konnte keine Person übernehmen, dafür war gesorgt. Und solange er selbst dieses wahrhaft höllische Schwert besaß, würde es auch so bleiben. Warum also diese Irritation? Hätte er gewusst, dass just diese Gelegenheit von einer überaus geschickten schwarzen Priesterin benutzt worden war, um die Klinge des Jenseits in seinen Untergang zu verwandeln, hätte er gewusst, warum sich der dunkle Geist so freute. Bei Sonnenaufgang erreichten die Flüchtlinge die Region des Schnees. Kagome fror, aber sie beklagte sich nicht. Zum einen trug sie noch immer Inu Yashas Gewand, das sie wärmte, zum anderen war es ihr Glück gewesen, dass sie in der Priesterschule verhaftet worden war. Das gewöhnliche Kleid der Mädchen in Teien reichte nur bis zum Knie, während die Priesterinnen knöchellange Hosen trugen. Allerdings war sie mehr als müde. Zwar hatte der Halbdämon sie und Sango nach Mitternacht immer wieder etwas getragen, aber sie war derartige schlaflose Nächte nicht gewohnt. Der Wind kam ihnen von oben entgegen, kalt und unfreundlich. Der Takayama war alles andere als einladend. Inu Yasha blieb stehen und drehte sich um, um nach seinen Begleitern zu sehen, die ihm hintereinander folgten, möglichst in seiner Spur bleibend. „Sango, weißt du, wie weit es hier noch ist?“ fragte er laut, um in dem immer weiter auffrischenden Wind gehört zu werden. Die Dämonenjägerin schüttelte den Kopf: „Es scheint noch ein ganzes Stück zu sein. - Wir müssen Pause machen.“ „Ja, das wäre gut. Ich bin nicht müde, aber ihr. Und es kommt ein echter Sturm.“ „Woher weißt du das?“ fragte Kagome verblüfft. Sicher, der Wind wurde immer heftiger, aber zwischen Böen und Sturm war doch ein Unterschied. Als Antwort tippte er nur an seine Nase. Er konnte es riechen? Wieder einmal war sie erstaunt, hatte sie vergessen, dass er eben kein Mensch war. „Bald?“ fragte sie daher bloß. „Ja.“ „Dann gehen wir weiter,“ meinte Miroku: „Wenn wir irgendwie einen geschützten Platz finden, machen wir Rast. Immerhin haben wir auch noch etwas zu essen.“ „Kein Feuer!“ warnte Inu Yasha, setzte sich jedoch bereits wieder in Bewegung. Aber das war auch den anderen klar. Hinter ihnen waren Dämonen her und niemand von ihnen wusste, wie lange die Krieger durch die Riesenschlange am Großen Sumpf aufgehalten worden waren. Zum Glück war das Fleisch, das sie noch von dem Wildschwein übrig hatten, gegart. Bis sie jenseits des Passes in Sicherheit waren, würden sie nichts anderes bekommen. Nach keinen fünfzehn Minuten war der Wind so heftig geworden, dass sie hintereinander gehen mussten, der Halbdämon voran. Zu allem Überfluss wurde der verharschte Schnee immer tiefer und sie sanken stellenweise bis zu den Knien ein. Kagome, die von allen die Untrainierteste war, klammerte sich an den Gedanken, dass es bald Pause geben würde, musste. Inu Yasha entging ihre Müdigkeit nicht. „Soll ich dich noch einmal tragen?“ „Nein, du...dir ist doch sicher kalt,“ sagte sie kleinlaut. Immerhin trug sie ja auch noch sein Obergewand. „Keh!“ Aber er prüfte die Luft: „Da scheint eine Höhle oder so etwas zu sein. Dort oben.“ Er deutete nach links. „Gehen wir dorthin!“ schrie Sango von hinten, die die Geste mehr richtig gedeutet hatte, als verstanden, was er sagte. Auch sie war müde und sie konnte sich vorstellen, dass das für die Priesterschülerin härter sein musste. So standen die Fünf kurz darauf vor einer Öffnung im Fels. „Vorsicht!“ mahnte Miroku: „In Höhlen suchen nicht nur wir Schutz!“ Das stimmte und so witterte Inu Yasha, ehe er den Kopf hineinsteckte: „Nichts zu riechen,“ sagte er dann: „Und es scheint kein Gang weiterzugehen. Shippou, mach mal Licht.“ Der kleine Fuchs war stolz, etwas zu können, das sonst keiner vermochte, er nicht nur Ballast für seine neue Freunde war. Kagome hatte ihn bislang getragen, da ihm der Schnee bis zur Nasenspitze reichte: „Fuchsfeuer!“ Er warf eine leuchtende Kugel hinein, in deren Schein auch die Menschen erkennen konnten, dass es eine kleine Grotte war. Im Hintergrund drang Wasser aus dem Fels, das sich einen Weg herausbahnte, um dann unter dem Schnee zu verschwinden. „Übersichtlich!“ sagte Miroku erleichtert. In Höhlen wohnten manchmal sehr unfreundliche magische Geschöpfe, von normalen Gefahren wie Wölfen oder Bären abgesehen. Damit würden sie sicher fertig werden, aber ein Kampf würde sie zusätzlich ermüden. So gingen sie hinein und Kagome setzte sich erleichtert: „Willst du dein Gewand wieder haben, Inu Yasha? Hier ist es doch viel wärmer...“ Nun ja, windgeschützter, aber sie hoffte, dass sich die kleine Grotte durch die Anwesenheit dreier Menschen, eines halben und eines ganzen Dämons bald aufwärmen würde. Shippou sprang auch wieder zu ihr in die Arme und sie genoss die Tatsache, dass er eine deutlich höhere Körpertemperatur als Menschen hatte. So zog sie das rote Obergewand aus und reichte es seinem Besitzer. Inu Yasha nahm es wortlos. Er hätte sich lieber die Zunge abgebissen als zuzugeben, dass es angenehm nach ihr roch. Sie duftete insgesamt so angenehm...Er sah sich noch einmal um, da das auch Sango tat: „Ist was?“ fragte er etwas beleidigt. Er hatte hier doch nichts außer Fels gewittert. „Nein, nicht wirklich,“ sagte die Dämonenjägerin sofort: „Ich habe mich nur gewundert, wie das Wasser hier durch den Fels dringt. Reine Neugier.“ „Das ist eine Quelle, liebe Sango.“ Der Mönch war neben sie getreten und strich beiläufig über ihre Kehrseite. „Hoshi-sama!“ Sowohl Sangos Kommentar als auch ihre handfestere Antwort hatten die anderen drei der Gruppe in den vergangenen Tagen bereits kennengelernt. Ungerührt fuhr sie fort: „Ja, eine Quelle. Aber woher kommt das Wasser, wenn es hier eine Fels ist?“ „Wir sind am Fuß einer Felswand,“ sagte Miroku und hütete sich die Wange zu reiben: „Das Wasser läuft durch das Gestein und hier zusammen. Wo ist dein Problem?“ Sie zuckte die Schultern: „Ich kann es nicht sagen.“ Es war ja nur etwas wie eine Ahnung. Allerdings wusste sie, dass sie durch das Training der Dämonenjäger und die bestandenen Aufträge ihr Unterbewusstsein für derartige Ahnungen geschärft hatte. Da jedoch weder Inu Yasha noch Shippou etwas mitbekamen mochte es auch nur ihre Müdigkeit sein. So setzte sie sich und lehnte sich an die Wand. Miroku tat es ebenfalls, wie auch der Halbdämon und so waren alle bald eingeschlafen. Inu Yasha schreckte auf, als ihn sein Instinkt warnte. Er hatte bereits die Hand an Tessaiga und sprang auf, als ein dumpfes Rauschen, dann Grollen auch die anderen vier weckte. Es war vollkommen dunkel in der Grotte – obwohl der Tag weit vorangeschritten war. „Mist!“ Der Halbdämon ließ sein Schwert los und ging zum Eingang. „Was ist passiert?“ erkundigte sich Kagome in der Dunkelheit: „Ist es schon Nacht?“ „Eine Schneelawine hat den Eingang zugeschüttet,“ erwiderte Miroku und stand ebenfalls auf: „Wir werden uns wohl ausgraben müssen.“ Er tastete sich vor, bis er Inu Yasha berührte, der bereits dabei war, den Schnee auf die Seite zu schaufeln. „Mit bloßen Händen mag das dauern.“ „Ja, und der dämliche Schnee rutscht dauernd nach,“ murrte der Halbdämon: „Das ist wirklich mehr als blöd.“ „Fuchsfeuer? Shippou?“ Der Mönch sah sich um, wo das Fuchskind gerade wieder Licht warf. Der Kleine zuckte die Schultern, kam aber heran: „Ich versuche es. Mit Schnee habe ich es noch nie getan.“ Tatsächlich half das Feuer nur bedingt. Immer mehr Schnee rutschte von oben nach und Shippou wurde müde. „Das war schon sehr gut,“ sagte Kagome tröstend: „So viel kann doch gar nicht mehr nachkommen.“ „Dein Kazaana, hoshi-sama?“ erkundigte sich Sango. Das also hatte sie irritiert. Trotz der Kälte war die kleine Quelle nicht erstarrt – und das Wasser hatte wohl auch oberhalb den schneebedeckten Hang unterspült, den Schnee ins Rutschen gebracht. Der Mönch nickte: „Ja, natürlich. Ich kam nur nicht auf die Idee, weil ich noch nie Schnee eingesaugt habe.“ „Was für ein Kazaana? Ein schwarzes Loch?“fragte Kagome erstaunt. „Ja.“ Miroku hob die Hand: „Hier, der Fluch, den ich mit mir trage. Wir haben es ja schon meine Geheimwaffe genannt. Mein Großvater war der Erste, der es trug und jeder männlicher Nachkomme. Ein Dämon hat ihm das aufgehalst. Die Gebetskette bannt es, aber alles, was es berührt, wird eingesaugt. Und es wächst. Eines Tages wird auch mich das Schicksal meines Großvaters und Vaters ereilen und ich mich selbst einsaugen.“ „Keh!“ machte Inu Yasha: „Was war das denn für ein Dämon? So was Gemeines!“ „Ich weiß es nicht genau. Er hieß Nara oder so. Er hat sich meinem Großvater nicht vorgestellt.“ „Na, fast wie der liebe Fürst.“ „Stimmt.“ Kagome war nicht sonderlich gut auf Naraku zu sprechen, je unbequemer ihr Abenteuer wurde. Überdies hatte sie dem Fürsten von Teien durchaus nicht verziehen, dass er sie an ein Ungeheuer hatte verfüttern wollen. „Mach noch einmal Licht, Shippou!“ Der Mönch fasste eine Gebetskette: „Geh lieber zurück, Inu Yasha. Ich kann nicht kontrollieren, was es alles einsaugt.“ „Noch nicht!“ zischte der Halbdämon und packte das Handgelenk des Mönches: „Da ist etwas, über uns!“ Die anderen Vier erstarrten. Nun konnten es alle wahrnehmen. Eine deutliche, dämonische, Aura strich über sie hinweg. Nur die Tatsache, dass sie hier unter dem Schnee verborgen waren, ließ sie unentdeckt bleiben. Hakudoshi flog mit seinem Schimmel allein über den Pass. Der Wind hatte nachgelassen, aber der Sturm hatte auch ihn aufgehalten. So nutzte er die Flugfähigkeiten seines Pferdes, um rascher voran zu kommen. Aber er fand keine Spur von Menschen, geschweige denn Händlern. Waren sie womöglich im Unwetter umgekommen? Er wusste nicht viel über Menschen, aber eines: sie starben viel schneller als jeder Dämon. Als er die Passhöhe und damit die Grenze der Provinz Teien erreichte, hielt er an. Falls es die Menschen hierher geschafft hatten, waren sie außer seiner Reichweite. Er hatte keinerlei Autorität sie in den Nachbarbezirk zu verfolgen. Abgesehen davon war Vaters Befehl eindeutig gewesen. Er sollte das Ungeheuer des Todeswaldes einfangen. Mochte Naraku auch noch damit einverstanden sein, Händler daran zu hindern die Provinz zu verlassen, so hatte der sicher kein Verständnis dafür, dass er Streit mit dem Nachbarfürsten vom Zaun brach, gar sich dieser beim Kaiser beschwerte. Das würde die Zukunftspläne des Fürsten von Teien empfindlich stören. Und Vaters Strafe in diesem Fall wollte sich Hakudoshi nicht einmal vorstellen. Es war wichtig, überlebenswichtig, für ihn, das Ungeheuer einzufangen, zumal er sicher war, dass sein Zwillingsbruder zuhause eifrig dabei war, an seinem Stuhl zu sägen. Nein. Er durfte sich keinen Fehler leisten. Er drehte um. Die Flüchtlinge hatten angespannt gewartet. Miroku war schon drauf und dran sein Kazaana einzusetzen, als sie erneut die dämonische Aura spürten, diesmal in die umgekehrte Richtung. „Wer auch immer es war, er hat wohl die Verfolgung aufgegeben.“ Sango flüsterte unwillkürlich. „Einstweilen,“ mahnte der Mönch: „Wir müssen hier raus und weiter. Sicher können wir uns erst jenseits des Passes fühlen.“ „Wenn überhaupt.“ Inu Yasha trat zurück: „Ich meine, keine Ahnung, wie weit Naraku geht, um mich wieder einzufangen. Von euch weiß er ja nichts.“ „So interessant bist du nun auch nicht,“ sagte Kagome prompt: „Er hat doch keine Ahnung, dass du ein Halbdämon bist, “ korrigierte sie sich dann, als sie seinen verletzten Blick bemerkte: „Und irgendein Tier solange zu jagen...“ „Immerhin lässt er ihn bis hierher verfolgen,“ antwortete Sango: „Denn das galt sicher ihm. Und denke an die vierzehn Dämonenkrieger...“ „Sind alle weg?“ Miroku war praktischer. Er wartete die kurze Bestätigung ab, ehe er seine Gebetskette entfernte. Der einsetzende Erfolg überraschte die drei der Reisegefährten, die das Kazaana noch nie in Aktion gesehen hatten. Der Schnee wurde eingesaugt und verschwand scheinbar in der Hand des Mönches. Dieser wickelte die Gebetskette hastig wieder um, als der Ausgang frei war. „Wahnsinn,“ meinte Kagome: „Von so etwas habe ich noch nie gehört! Nicht einmal in der Priesterschule.“ „Es ist ja auch ein Fluch,“ erklärte Miroku: „Kommt, wir gehen hier lieber.“ „Wohin verschwindet denn das Zeug?“ erkundigte sich der Halbdämon. „Ich weiß es nicht. Ich habe so auch schon Wurmdämonen aufgesaugt, aber...“ Der Mönch zuckte die Schultern: „Das konnte mir nie jemand sagen.“ Sie traten vorsichtig aus der Grotte und sahen zu dem nun wieder blauen Himmel. „Los jetzt!“ drängte Inu Yasha. Die anderen, so gern sie etwas gegessen hätten, folgten ihm. Der Schlaf musste ihnen eben genügt haben. Die Dämonenaura hatte nur zu deutlich gezeigt, dass noch immer Verfolger hinter ihnen und vor allem dem „Ungeheuer“ namens Inu Yasha her waren. In gut zwei Tagen wären sie im Dorf der Dämonenjäger und in Sicherheit. ** Optimismus oder ein Irrtum? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)