Nothing clear von YoungBlood (reloaded) ================================================================================ Prolog: Maraudere est audere ---------------------------- Remus: Manchmal dachte ich früher zuhause: "Wie sich das wohl anfühlt, Menschen um sich zu haben, die mit dir lachen und alles mit dir teilen. Habe mich gefragt warum die Figuren aus Büchern immer so schnell Freundschaft schlossen." Aber wenn ich jetzt nachdenke, dann kann ich nur antworten: Seit dem ersten Tag in dem roten Zug habe ich das verstanden! 1. September Es war überfüllt, wie an jedem Samstag aber es schien so, als würden die Menschen gerade heute alle beschlossen haben das Wochenende zu nutzen, um mit dem Zug zu verreisen. An jeder Ecke stolperte man über einen Koffer, stieß sich das Schienbein an den Wagenkarren, die achtlos im Weg stehen gelassen worden waren oder wurde von alten Damen vorwurfsvoll und warnend gemustert, während sie ihre Handtaschen an die Brust drückten, als wäre man selbst der ideale Typ von Dieb, der sich nur deshalb in diesem Gemenge aufhielt. Es war aber auch ein Tag, wo viele Muggelkinder erstaunt an Mamas Hand zogen und auf die Wagen deuteten, auf deren Ladung ein Eulenkäfig thronte, worin das gefederte Tier majestätisch zu ihnen hinüber blickte, oder manch Geschäftsmann sich wunderte, immer wieder jungen Menschen zu begegnen die alle dieselben Koffer in die Richtung des selben Gleises schoben. Ein kleiner blonder Junge schaffte es sich von der Hand zu lösen, die ihn hielt, während seine Mutter anstand, um eine Brezel zu kaufen. Er sprang neben einem weiteren Kofferwagen her und winkte aufgeregt dem braunen Kauz, der seine Flügel spannte, als wolle er den Jungen ermutigen. Schließlich machte der Wagen eine Biegung und wurde auf einen der Bahnsteige gerollt. Enttäuscht blieb der Blondling stehen und riss nur die Augen auf, als der Wagen samt Eule und der schiebende Junge plötzlich verschwanden. James seufzte zufrieden, wie er mit dem Wagen die Barriere durchtreten hatte. Von zu vielen Leuten war er angestarrt worden und manche hatten sich immer nur über die wundersamen Schotten beschwert, die wie jedes Mal im September den Bahnhof so wüst und unübersichtlich machten. Jaja die Schotten. Aber er war kein Schotte, sondern geborener Brite! Und schließlich würde er gleich wieder in den Hogwartsexpress einsteigen und nach Hogwarts fahren. Und das war das Beste an allem. Festessen, Schlafsaal, seine Freunde, ein neues Jahr. James grinste in sich hinein. Leider wussten die Leute da von der Schule ja gar nichts! Eigentlich schade, sie würde sicherlich allesamt neidisch drein schauen, wenn er als ausgewählter den gewohnten Weg zum Zug entlang marschierte. Es war nun schon sein fünftes Jahr an der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei. Und er mochte ja nicht angeben oder so, nein so etwas tat er nie! Aber er war ziemlich gut. So gut, dass er von sich selbst behaupten konnte, dass er dieses Jahr nicht in Prüfungspanik ausbrechen musste, wenn er feststellte, dass er sich bis zwei Wochen vorher noch keinen vergangenen Stoff zu Gemüte geführt hatte. Vor ihm stand die rote Dampflock, an der Seite bedruckt mit den schwarzen Lettern und ihren goldenen Umrandungen am äußeren Gehäuse, und daran gehängt die roten Waggons, alle mit schwarzen Nummern nummeriert, in ihnen die Abteile für die Schüler. Ganz vorn die Vertrauensschüler- und Schulsprecherabteile, im letzten das Abteil der Süßigkeitenhexe. Viele Schüler waren bereits in den Abteilen, winkten aus den Fenster, bekamen noch Kleinigkeiten hinein gereicht oder unterhielten sich aus dem Fenster gelehnt noch mit ihren Eltern. Der Rauch von der Dampflock waberte über den Bahnsteig, hüllte mehrere Gestalten ein, ließ weiter hinten nur schemenhaft Leute erkennen. Dazu kam noch, dass feine Rußpartikelchen sich auf seine Brillengläser setzten und ihm die Sicht erschwerten. Dennoch suchten seine Augen den Bahnsteig wie von selbst ab. Das war das erste, das er seit vier Jahren machte, wenn er hier ankam. Viele bekannte Gesichter, alte Freunde seiner Eltern, die ihm zunickten, manche Leute aus seiner Jahrgangsstufe, doch nicht seine drei besten Freunde. Es hätte ihn allerdings auch gewundert, wenn er den einen hier draußen noch antreffen würde, den anderen überhaupt und der letzte hatte wahrscheinlich noch nicht zu ihnen gefunden. Am besten er erkämpfte sich den Weg in den Zug und suchte sich das beste Abteil raus was er noch finden konnte. Vielleicht war einer ja doch schon da. Er wurde das Gepäck schnell los und kletterte in den Zug. Hier und da begrüßte er einige Leute, schenkte Mädchen ein wundervolles Lächeln und ging ignorierend an Slytherin Haufen vorbei. Auch wenn er Hogwarts und seine Verrückten vermisst hatte, so konnte er gut und gerne auf diese Schlangen verzichten, sie tränkten ihre Umgebung mit ihrem Gift und besudelten so manches gute Andenken an die Zauberergesellschaft der letzten Jahrhunderte. James bahnte sich seinen Weg durch den Gang, sah nur in die Abteile hinein und ging daran vorbei, wenn sie bereits besetzt waren, so auch an dem gerade eben – woraufhin er aber seine Schritte verlangsamte und dann langsam rückwärts ging, um festzustellen, dass er sich nicht getäuscht hatte. Schwarz, dunkelblond, rot, rot, schwarz. Sirius Black war sein bester Freund, seine zweite Hälfte. Ihre Angewohnheit die Sätze des Anderen ab und zu zu beenden sorgte bei manchen Mädchen für Kicheranfälle, die sich nur schwerlich niederringen ließen. James würde für ihn die Hand ins Feuer legen, Sirius durfte alles und James würde ihn nie abweisen. Die Einzige Ausnahme lag in ihrer beider Beziehung zu James Besen, von dem der Schwarzhaarige gefälligst die Finger zu lassen hatte, denn wie bekannt brachte er Unglück. Schließlich waren James zu viele Unfälle passiert, nachdem Sirius sein Heiligtum berührt hatte. Sirius wurde von ihnen Tatze oder Pad, Padfoot genannt. Ein ungewöhnlicher Spitzname, wenn man nicht wusste warum... Und er war und ist soweit der einzige Black der in das Haus Gryffindor gesteckt wurde – eine verdammte Kuriosität! Peter Pettigrew, ein kleiner, etwas kräftigerer Junge, welcher etwas gemütlicher war als die beiden Schwertführer. Er bevorzugte es mit dem vierten im Bunde die ruhigeren Aktivitäten zu planen und durchzuführen. Zu seiner Leidenschaft zählten das Koboldsteinspiel, sowie Schach und Mühle, Dame, auch hatte sich Peter letztes Jahr in den Literaturclub eingeschrieben und versuchte an manchen Abenden verzweifelt James davon zu überzeugen, dass die Ansicht vom William P. Young durchaus verständlich war für einen Menschen, der nichts von Magie wusste und somit sein Schicksal in die Hände Gottes legte. Allerdings hatte selbst Remus gesagt, dass dieses Buch schrecklich langweilig war und James hatte daraufhin die Diskussion für beendet erklärt. Sein Name lautete Wurmschwanz oder Wormy, wobei manch ein Außenstehender dabei auf falsche Schlüsse kam und somit wehrte sich Peter ab und zu gegen seinen Spitznamen. Und der Dritte und somit Letzte war noch gar nicht da. Was ungewöhnlich genug war, wenn man bedachte, dass Sirius seinen Weg zuerst hier her bewältigt hatte – Weltrekord! - und selbst Peter bereits im Abteil saß. Musste vermerkt werden. Außerdem war es noch ungewöhnlicher, in welcher hübschen Gesellschaft James seine beiden Freunde antraf. Lily Evans, das Mädchen, mit den lindgrünen Augen, von denen James behauptete sie hätten kleine goldene Sprenkel die ihn immer wieder anglitzerten, sollte Lily ihn ansehen, und den roten Haaren, die sich heute wie ein seidener Wasserfall über ihre Schultern ergossen. Seit zwei Jahren versuchte James das Mädchen von sich zu überzeugen, spielte sich in ihrer Gegenwart jedes Mal auf und versuchte sie zu beeindrucken, was nie ihn nie wirklich seinem Ziel näher brachte. Immer hatte sie eine Abfuhr parat. Eigentlich betrachtete Lily ihn und seine Freunde – außer Remus – als Unruhestifter und Plagegeister, weswegen sie nicht viel mit ihnen zu tun haben wollte, dennoch saß sie mit Sirius im Abteil und James wagte es zu behaupten, dass Sirius sich einfach mit hinein gedrängelt hatte. "Hey Lily! Ich hoffe du hattest schöne Ferien? Meine Briefen scheinen auf dem Weg verloren gegangen zu sein, ich hätte nicht Karamba nehmen sollen in letzter Zeit war sie etwas patzig." platzte James in das Abteil und das laufende Streitgespräch und setzte ein breites Grinsen auf, während die drei Mädchen verstummten und Sirius sein letztes Argument ohne Zuhörer zu Ende ausführte. Sie verzog das Gesicht, biss sich auf die Unterlippe und hielt ihre Hand davon ab ihm jetzt schon eine zu scheuern, so wie sie es sich im letzten Jahr angewöhnt hatte, stattdessen stand sie nur auf, gab ihren Freundinnen zu verstehen, dass sie gehen und das Feld räumen würden und schob sich an ihm vorbei in den Flur. Dabei achtete sie auch genau darauf, dass ihre Haare ihm ins Gesicht peitschten – was für James nur zeigte, dass sie ihn zumindest wahrgenommen hatte. "Oh man Krone! Das Schuljahr hat noch nicht mal angefangen und es steht schon 0:1 für Evans!" schimpfte Sirius spielerisch, der es sofort zum Anlass nahm auf das Thema zu sprechen zu kommen. Er zog James nur zu gerne mit seiner Liebelei für Lily auf. "Tja!" grinste James und ließ sich neben Sirius auf den Sitz fallen und streckte Peter die Faust entgegen, welcher mit seinen Fingerknöcheln sogleich entgegenkam, dann sah James nach draußen: Unmassen von Eltern und Schülern und Kleinkindern. Ein Chaos hoch eins! Ganz hinten beobachtete er zwei rausstechende Gestalten in schwarz. Wie zwei drohende Gewitterwolken wachten sie über die Geschehnisse auf dem Bahnsteig. Ihre genauen Gesichtszüge mochte James nicht erkennen, allerdings wusste er genau wer sie waren und an der gedrückten Haltung und den schwarzen Kapuzen über dem Gesicht wirkten sie alles andere als fröhlich und nett. "Deine Eltern haben dich hergebracht?" Sirius schielte nur aus den Augenwinkeln hinaus und gähnte dann ausgiebig. "Sie meinten ich könnte ihrem Reggi einen Fluch aufhalsen! Pah! Dafür-", er drohte mit dem Zeigefinger, "-hab ich in Hogwarts auch noch genug Zeit!" Die Beziehung zwischen Sirius und seinen Eltern, seinen Eltern und Regulus, sowieso Regulus und Sirius war kompliziert und von Spannung so überlastet, dass James sich schon lange fragte, wann der große Knall kam, der das System erschütterten würde. Eigentlich verehrte Regulus ja seinen Bruder, bewunderte ihn, aber er hatte sich von seinen Eltern einwickeln lassen und stand ihrer Meinung eigentlich vollkommen offen gegenüber. Daraus ergab sich ein Zwiespalt zwischen den Brüdern, der sich in den Ferien sehr dramatisch entwickelt hatte. "Wo ist Moony?" fragte James ablenkend und eine Sorgenfalte bildete sich auf seiner Stirn, während er den Bahnsteig nach den Karamellhaaren absuchte. "Wir haben ihn nicht gesehen!" sagte Sirius achselzuckend, bevor er sich zurück lehnte und die Augen schloss. Ein Zischen ertönte. Der Zug knarzte und quietschte. "Drei... zwei... eins..." zählte er und bei eins ruckte der Zug, fuhr an und verließ den Bahnhof. James Augen blieben währenddessen noch auf den zwei Gewitterwolken haften, bis sie um die Ecke bogen und aus seinem Sichtfeld und damit hoffentlich auch aus seinen Gedanken verschwanden. "Frei!" rief Sirius, er holte seinen Zauberstab aus seiner Jackentasche und betrachtete ihn liebevoll, "Bald darfst du Schniefelus wieder verhexen!" "Oja!" quiekte Peter und klatsche aufgeregt in die Hände. Kleinkind!!! "Krone?" fragte Sirius nach einer Weile, in der sie sich darüber aufgeklärt hatten, welche neuen Aspekte ihrer Streiche und Vorhaben sie sich in den Ferien überlegt hatten. "Hm?" James war gerade dabei seinen Umhang über seinen Pullover zu ziehen, wobei er feststellte, dass der Umhang ihm inzwischen perfekt passte, nachdem er ihm vor gut zwei Monaten noch etwas zu groß gewesen war. "Weißt du wer der zweite Vertrauensschüler von Gryffindor ist?" "Ne! Ich weiß nicht mal einen!", lachte James und sah Sirius fragend an, "Warum? Wer ist denn der Erste?" "Evans!", kam es aus Peters Mund. Aber es überraschte James nicht einmal wirklich. Sie war einfach der Lehrerliebling und die Verantwortungsvollste in dieser Jahrgangsklasse! Zudem schrieb James ihr ungeahnte Führungskräfte zu, immerhin war sie ziemlich selbstbewusst und sie konnte gut organisieren. Eine größere Gruppe würde zweifellos auf sie hören. "Na gut aber wer ist der andere, ich meine-" Es rumpelte draußen auf dem Flur, etwas knallte dumpf auf den Boden. Draußen wurden Abteiltüren aufgeschoben, wurde gelacht, bevor sie wieder zuglitten, selbst James war sofort an der Tür und hatte sie aufgerissen. Sein Blick fiel sofort auf das strubelige Karamell und die einigermaßen blasse Haut, während der Gefallene sich langsam aufsetzte und sich die Seite rieb. Dann sah er am Ende des Ganges noch einen Umhang in einem Abteil verschwinden und James bildete sich ein schwarze Haare erkannt zu haben, die lockig gereiht auf dem Kopf thronten und wippten. Jerome Nott. "Moony! Was machst du denn da unten?" fragte James scheinheilig und streckte seine Hand hinunter, um dem Gestürzten aufzuhelfen, „So viele Bücher mit, dass du sie nicht tragen kannst?“ Das war der gute Remus John Lupin. Er war zu gut für die Welt und erst recht zu gut für James und Sirius. Oft hatten sie sich gefragt, warum er sich ausgerechnet mit ihnen abgegeben hatte damals, sie waren ihm nicht gewachsen in James Augen. Remus war einfach auf einer anderen intellektuellen Ebene. Natürlich waren sie James und Sirius nicht dumm, aber der kränkliche Gryffindor hatte eben eine andere Art von Wissen, seins ging mehr in die Tiefe, es war unheimlich weit und nutzvoll in allen Bereichen, ihr Wissen bezog sich auf den Unterricht und Angriffe sowie Abwehrzauber. Es war eben vollkommen anders und Remus hätte ihrer Meinung nach viel besser zu den Ravenclaws gepasst – im Nachhinein konnte sie froh sein, ihn zu haben. Einer der Gründe, warum sie vier meistens unzertrennlich waren, jedenfalls innerlich und sich nie verraten würde – wie zum Beispiel das Geheimnis, das Remus seit seinem siebten Lebensjahr mit sich herum trug und dass seine Freunde mit der größten Vertraulichkeit bewahrten. Zum Vollmond hin wurde Remus immer blasser, seine Augen nahmen immer weniger ihre bernsteinerne Farbe an und wurden von gelben Sprenkeln durchsetzt, die sich ausweiteten, bis schließlich in der Vollmondnacht der Werwolf aus Remus herausbrach und seinen Verstand raubte. Immer wieder fiel Remus in die Schiene zurück sich selbst als Monster zu betrachten, worauf besonders Sirius immer wieder mit einer Raserei reagierte, doch insgesamt hatte er inzwischen nicht mehr so viele Sorgen im Kopf, wie in seinem ersten Jahr. "Eigentlich nicht." meinte Remus überrascht und nahm James Hand an. Als er stand wurde James mal wieder bewusst, dass Remus ein kleines Stück größer war als er selbst, was ihn insgeheim schon etwas ärgerte, da war es auch kein Trost, das Remus fast ein Jahr älter war. Er nahm Remus Koffer und ächzte übertrieben, als er diesen in ihr Abteil zerrte – aber ehrlich, er war eindeutig schwerer als seiner! Sirius ließ gerade Peters Zauberstab durch die Luft wirbeln und Kunststückchen vorführen, während Peter ihm beeindruckt zusah und hin und wieder bewundernd in die Hände klatschte. Kleinkind!! "Hey Moonyleinchen!" rief Sirius, ließ den Zauberstab einen Looping über James Kopf hinweg machen, sodass er unkontrolliert gegen die Gepäckablage knallte und auf Peters Kopf landete. Remus schüttelte nur wieder den Kopf und grüßte die Beiden ebenfalls, hievte mit James seinen Koffer über sie auf den Gepäckträger und ließ sich auf den Sitz neben Peter fallen. "Beinahe hätte ich den Zug verpasst... Meine Mutter kommt einfach nicht mit einem Auto zurecht!" "Aber sie ist doch ein Muggel oder?" "Ja Peter, aber ich glaube sie ist einfach zu ungeschickt. Fast hätte sie unseren Briefträger überrollt! Der Arme hat sicher einen Schock..." Kapitel 1: V like... -------------------- Kate Potter: "Manchmal habe ich mich verflucht, was ich denn für eine schlechte Mutter war. Konnte meinen Sohn nicht zu Anstand und Manieren erziehen. Aber dann fiel mir immer wieder die Ähnlichkeit zu seinem Vater auf." "Schatz? Schatz ich bin wieder zu Hause!", rief William Potter quer durch das ganze Haus und hängte seinen Mantel an die Garderobe, welcher überfüllt war von Mänteln, sodass man meinen könnte, eine ganze Horde an Menschen wäre zu Gast. Doch das Potter Manor lag ruhig da, die Eingangshalle ging nahtlos in das leere Wohnzimmer über, an dessen Fenster der Regen klopfte. Eine gewundene etwas breitere Treppe aus polierten Schieferplatten führte hinauf in das obere Stockwerk, über dessen Dielen man heute nicht einmal Schritte gehen hörte. Es war beinahe erschreckend leer hier und William war sich bewusst, dass es wohl eine Weile so bleiben würde – sollte James nicht aus irgendwelchen Gründen hier auftauchen, sei es der lang ausgebliebene, irgendwie schon erwartete Schulverweis oder ein schweres Trauma aufgrund unverständlicher Aktivitäten. Die Arbeit hatte William heute mal wieder in den Bann gezogen und er war wieder viel zu spät heimgekommen, noch hinausgezögert durch seinen kurzen Aufenthalt im nächst gelegenen Baumarkt, der in den letzten Jahren zu Williams zweiter Heimat geworden war. War das Kind aus dem Haus musste er ja schließlich etwas tun, denn jeden Abend oder am Wochenende daheim sitzen und von Kate angeboten bekommen nähen und sticken zu lernen war nun wirklich nicht sein Wunsch. Er steckte den Kopf ins Wohnzimmer. Das Kaminfeuer brannte, der Tisch war noch gedeckt, die kalte Lasagne stand ebenfalls noch dort – das würde vermutlich Ärger geben. Doch seine Augen fanden seine Frau nicht, was eigentlich ein gutes Zeichen war, denn das bedeutete dass sie sich mal wieder im Badezimmer verkroch und die Stunden der Einsamkeit dort nutzte um sich zu entspannen, einmal um Williams Arbeitswillen zu entkommen und zum anderen um seinen Arbeitsprojekten zu entkommen. Beides war nicht immer ganz nach ihrem Willen. Also stieg er die Treppe nach oben, wobei er sich die letzten Stufen nach oben zog, so müde war er nach diesem Tag. Über sich selbst schmunzelnd und sich gedanklich schimpfend, dass er schwächelte bezog er vor der Badetür Stellung. Abgesperrt... "Schatz?" "Hm..." "Ich hab was gekauft. Es-" "Brings ZURÜCK!!!" Oh diese Reaktion hatte er schon erwartet. Wenn jemand unter seinen Projekten litt, dann war es Kate, sie war stundenlang damit beschäftigt ihm hinterher zu räumen und ärgerte sich Tag ein Tag aus, dass ihr Kind nicht zur Schule gefahren war. Vermutlich hatten William und James die Körper getauscht! Jedes Mal ging das so wenn James aus dem Haus war. Und da gab es auch noch das Loch... Ja das Loch im Schlafzimmer. Es war heute Früh entstanden, als Kate bereits auf dem Weg gewesen war James zum Bahnhof zu bringen, auch wenn William der Ansicht war, dass sein Junge alt genug war um dort allein aufzutauchen – was schließlich James Stolz gekratzt hatte und er darauf bestanden hatte wenigstens nur abgeliefert zu werden. "Schaaaatz?", versuchte er es unschuldig, allerdings hörte man bereits seinem Unterton an, dass er mal wieder etwas angestellt hatte, was sie nicht billigen würde. "William Harold Potter! Was hast du schon wieder gemacht?", hörte man es hinter der Tür hervor poltern und das Wasser wurde ruckartig abgelassen. Ein Seufzen. Und schon machte Kate die Tür auf. In ein Handtuch gehüllt stand sie da, die nassen blonden Haare tropften auf den Laminat, während sie ihren Mann mit ihren braunen Augen durchleuchtete. Selbst in ihrem etwas höheren Alter war Kate immer noch wunderschön – zumindest in seinen Augen – nur um die Augen und in den Mundwinkeln fielen die kleinen Fältchen auf, was ihr aber eher noch eine gewisse Ausstrahlung verlieh. "Warst du heute schon im Schlafzimmer?" "OH ja und ich war sehr überrascht. Da war nämlich ein großes Loch mitten im Fußboden!" "Ach das ist doch kein Loch! Der Grand Canyon, das ist ein großes Loch!" "Das Telefon ist tot." "Wie das Telefon ist tot?" "So wie ich es sagte!" ... "Ach das waren die Kabel die ich zerschnitten hab!“ "Und was soll dieses Papierstück da sein, dass dein Vater uns geschickt hat?“ "Das ist für James allerdings muss ich es noch etwas... spezifizieren." "OH NEIN! Du wirst meinem Sohn nicht noch ein Utensil schicken mit dem er noch mehr Unsinn anrichten kann! Sonst schick ich dich höchstpersönlich zu Minerva, damit du auf die Knie fallen kannst um zuzugeben, dass du schuld bist, dass DEIN Sohn genauso ein Chaot ist und außerdem kannst du dabei auch gleich noch-“ Hätte in diesem Moment nicht eine Eule gegen das Badfenster getockt, hätte William vermutlich sein Abendessen nicht mehr bekommen und wäre ins Bett geschickt worden. Er versteckte sich hinter seinem Buch. Er wollte nicht an den Gesprächen der Anderen teilhaben. Schließlich konnte er bei Quidditch wohl kaum mitreden, und dieses Thema würde bestimmt als erstes fallen. Dieser Sport war etwas, was Remus nie verstanden hatte und vermutlich auch nie verstehen würde. Zudem kam noch seine Abneigung hinzu, die er fürs Fliegen empfand und aus diesem Unverständnis und der Abneigung eine Mischung zu machen war wirklich das absolute Gräuel. Das einzige Mal wo Remus sich auf einem Besen befunden hatte war in der ersten Flugstunde gewesen, welche damit geendet hatte dass die Krankenschwester ihm ein Schmerzmittel hatte geben müssen und Professor McGonagall ihn von diesem Unterricht frei stellte. Auch bemerkte er aus den Augenwinkeln, dass Sirius ihn die ganze Zeit beobachtete und einen Du-schaust-nicht-normal-aus-Blick aufgesetzt hatte, welchen Remus nur zu gut kannte, denn er wurde fast jeden zweiten Tag damit bedacht. "Ist alles in Ordnung?" fragte Rem deshalb und senkte das Buch ein wenig, "Stimmt was nicht mit mir?" Was für eine dämliche Frage... Er war heute wirklich nicht zum Reden aufgelegt, immerhin wusste er nicht recht, wie er das alles anpacken sollte, aber davon wussten die Drei ja noch gar nichts... "Kann es sein Moony, dass bald Vollmond ist?" kam es von Sirius, der inzwischen Peters Zauberstab zurück gab. "Äh, ich- ähm nein erst in zwölf Tagen.", antwortete ich erleichtert und wie immer gewohnt korrekt. Der Mondkalender auswendig zu wissen war für mich eine verdammte Pflicht, der ich immer nachkam. Von ihm hing mein Leben ab und ich lebte in seinen Zeitabständen. Natürlich spürte ich es innerlich wenn der Tag des Vollmondes näher rückte – der Wolf wurde präsenter und meine Augen nahmen eine geradezu scheußlich gelbe Farbe an – aber ich verließ mich gerne auf Fakten, so wie sonst auch. Aber wie lange konnte ich dieses Spiel aushalten? Nein das Problem war nicht der Vollmond, obwohl der auch mit V anfing. Sirius nickte nur, bohrte die Zunge in seine Wange und suchte sich das nächste Thema. James war dabei Peter zu erklären wie Oliver Stinson seine perfekten Loopings hinbekam, aus denen er seine Sturzflüge auf den Schnatz einleitete, aber Peter langweilte sich an diesen Erklärungen genauso wie Remus und so landeten sie schließlich wieder beim Diskutieren über diesen unmöglichen Sport, wobei er anscheinend den Staatsanwalt spielte, der für alles Beweise erbringen musste, wohingegen James einfach alles aus seinen Behauptungen schloss. Nach einer halben Stunde hatten sie sich wenigstens darauf geeinigt, dass Oliver Stinson sich bereits zweimal die Nase gebrochen hatte aufgrund seiner gefährlichen Manöver, die ihn meistens nicht weit brachten. Doch als James und Sirius begannen ihn aufzuziehen zog er sich wieder hinter sein Buch zurück. "Durchsetzungsvermögen und Mut und wie ich sie erlernen kann, von Heldor Gamtic." Ein Buch, dass einem Helfen sollte über seinen eigenen Schatten zu springen und sich zu trauen seine Meinung zu sagen. Das würde er NIE hinkriegen! Da war er sich jetzt schon hundert Prozent sicher! Aber sowas brauchte man, wenn man SO ein Problem bekommen hatte. "Für welches Fach ist den dieser Schinken schon wieder!?" kam es eher verständnislos als interessiert von James. Er hielt ihm die Hand hin, als Zeichen, dass Remus ihm das Buch geben soll, damit er sich eine Meinung darüber bilden konnte, die sicherlich nicht gut ausfiel, James Stärke war sicherlich nicht das Verständnis von Sachbüchern. Remus schluckte und reichte seinem Freund zögernd und langsam den Band. "Es ist nicht so wie-", er wurde unterbrochen, doch nicht von James unerträglichem Lachen oder Fragen, sondern von dem Aufschieben der Abteiltür und einer ruhigen, vor Bosheit triefenden Stimme, die Remus gerne als zischend bezeichnete, wobei sie diese Eigenschaft noch nie gezeigt hatte, auch wenn ihre Worte genau so giftig sein konnten wie die Giftzähne von Schlangen. "Der Kindergarten fährt auch diesmal wieder mit." schnurrte Jerome Nott und kam in ihr noch heiles Abteil hinein gestiefelt. Für einen Slytherin der jetzigen siebten Klasse wirkte Nott noch wesentlich jünger. Wer ihn nicht kannte, würde nicht ahnen, zu welchen Taten er fähig war und was zu seinen Hobbys zählte. Ein Hobby war sie bei jeder Möglichkeit zu diskriminieren und zu demütigen, was ihm bei James und Sirius meistens nicht wirklich gelang, die standen da drüber. Aber Peter und Remus waren für sowas schon recht anfällig. Da half es ihnen auch nichts, dass Nott mit seinem braunen Haarbob und seinen hellen Meeraugen nicht wirklich angsteinflößend aussah. Ruckartig zog Remus seine Hand mit dem Buch wieder zurück, denn James war genau wie Sirius aufgesprungen und hatte den Zauberstab gezückt, allerdings noch defensiv nach unten gerichtet. Peter hatte sich nicht bewegt. Doch Jerome beugte sich an James vorbei, der zwar nicht zurückwich, ihm aber auch nichts entgegen setzte und riss Remus das Buch aus der Hand. Er lass den Titel und gab es lachend an seine drei Freunde hinter ihm weiter, die sich im Gang aufgebaut hatten, wie Remus nun erkannte. Die beiden stehenden Gryffindors wollten gerade auf ihn nieder reden, als er sich an ihn, den verstörten, blassen Jungen wandte. "Weißt du Lupin, DAS wirst DU nie können!" zischte Jerome und einer seiner Kumpanen warf Remus das Buch gegen die Brust. Er schnappte nach Luft. Doch er gab sich keine weitere Blöße. Nicht vor denen! "Lasst Remus in Ruhe!" blaffte James und richtete den Zauberstab gegen Nott, der gespielt ängstlich die Hände hochnahm und übertrieben zitterte. "Sieh nur, wie ängstlich unser kleiner Aufpasser ist!", grölte der Dickste von den Kerlen draußen und stieß seinen Kumpel der ein bisschen dünner war als er in die Rippen, "Meinst du der wagt es einmal uns Punkte abzuziehen?" Dieser Satz traf Remus wie ein Schlag. Woher wussten die das? Woher? Er sah wie James neben ihm überrascht einen Blick zu Sirius warf, der nur mit den Achseln zuckte. Natürlich noch hatten sie keine Gelegenheit gehabt darüber nachzudenken, doch sie würden es kapieren, da war er sich sicher. Sobald sich die Slytherins zurück gezogen hatten. "Nur eins noch!", meinte Jerome und kam ganz dicht zu Remus, "Wage es einmal, und ich werde dir das Leben zur Hölle machen!" flüsterte er, worauf er von Sirius wagemutig an den Schultern gepackt und aus dem Abteil geschmissen wurde, bevor er auf die Idee kommen konnte noch mehr anzurichten. Angespannt und verzweifelt am überlegen, wie er die Situation retten könnte, schaute Remus auf das Buch, das in seinem Schoss lag und dann als er aufschaute, konnte er in zwei wartende Gesicht schauen, die ihn mit schrumpfender Geduld musterten. "Was hat er damit gemeint?" fragte Sirius ruhig und schob seinen Zauberstab in die Umhangtasche zurück. James stand nur da und sah ihn mit einem Das-glaub-ich-nicht-Blick an. Zwar glaubte der ruhige Gryffindor nicht daran, dass seine Freunde ihm glauben würden, aber er konnte nicht einfach brutal die Spur wechseln. "Ich weiß nicht, vielleicht-" "Moony komm schon, wir sind schließlich Freunde!" donnerte Sirius und setzte sich ihm gegenüber hin, schmollend und nicht ernsthaft wütend. Er wusste doch ganz genau, dass er seinen Willen bekam. Den bekam er immer. Remus wand sich und drückte die Füße so fest er konnte auf den Boden, als er tief Luft holte. „Ich muss uns in Zukunft verpetzten.“, murmelte er und meinte es genauso niederschmetternd, wie es sich anhörte. Das war doch das was sie unteranderem ausmachte. Wie konnte er ihnen das kaputt machen? "Das ist alles?" fragte nun James gelöst lachend, während Sirius nur theatralisch die Hände in die Luft warf, "Ach Gott Remus das hast du noch nie und das wirst du nie." "Aber was ist... wenn, wenn ich es doch muss!", fragte Remus verzweifelt nach und blickte auf, blickte zu Sirius, der allerdings James weiterhin das Wort überließ. "Oh man! Ich glaubs nicht!", schrie James stattdessen und zerzauste noch mehr sein Haar. "Krone das ist unser Moony er hat nicht mal die Slythis verpetzt.“, erinnerte Sirius und nahm somit allen Zweifeln das Gewicht. "Ich bin mir sicher, er würde das nicht tun." Remus schmunzelte, warum hatte er sich eigentlich Sorgen gemacht? Kurz vor Hogwarts wurden sie aus ihren Träumen von Essen und Betten gerissen, als vom Fenster her panisches Klopfer an ihre Ohren drang. Noch bevor Remus erkennen konnte, welche der armen Eulen dort draußen flog und um Einlass bat, hatte James schon das Fenster geöffnet und Karamba landete auf Sirius ausgestrecktem Arm. Es war eine fast schon niedliche Beziehung zwischen Sirius und der Eule, die ihn fast so behandelte wir ein aufsässiges Küken. James band den Brief ab und überließ es Sirius Karamba für den Erfolg ihrer Mission zu loben. Und als Remus sah wie James blass wurde, da wusste er auch, dass dieser Abend wohl anders enden würde, als sie es sich ausgemalt hatten. "Krone?" Er schloss die Augen. Biss sich auf die Unterlippe, die bebend vor sich hin zitterte. Sie sahen ihn entsetzt an, warteten darauf, dass er etwas zu ihnen sagte, doch es kam nicht. Stattdessen segelte der Brief aus seinen Händen, während er aus dem Abteil stürmte und sogar Sirius abschüttelte, der versuchte ihn zurück zu halten und ihm dann hinterher lief. Remus tauschte einen verwirrten und ängstlichen Blick mit Peter, ehe er den Brief vorsichtig aufhob, sich nicht sicher, ob er ihn lesen durfte. Sirius schloss Kopf schüttelnd die Abteiltür und nickte Remus zu, dass er lesen sollte. James es tut uns so leid, diese Nachricht an diesem eigentlich schönen Tag zu überbringen. Aber mein Junge, Elena ist nicht im Zug. Dumbledore wird euch mehr sagen, ich wollte dich nur nicht mit offenen Augen hinein rennen lassen. Schatz, Elena wird euch auch nicht folgen. Mama [Autor aktiviert] Heyhoooo Also ich will nicht weiter groß und viel sagen :D Nur zu den hochlade Zeitpunkten von Kapiteln und dem manchmaligen erwünschten Antworten auf Kommis: Ich beantworte sie gerne kein Problem :) Nur hab ich auch schon gehört, dass manche Leute es gar nicht gerne sehen, wenn der Autor sich zu Wort meldet hier unten (wie ich es gerade tue XDD) - vllt einfach erwähnen, ob es OK ist und wenn ja, dann mach ich das. Dann zum Hochladen, also für die ersten 1-6 Kapitel brauche ich etwas länger, so ich würde sagen 2 Wochen Abstand zwischen den einzelnen Chaps, da ich sie echt überarbeiten will, neue schreiben geht einfacher find ich XD Uuuuund sobald wir dann die 21 Chaps on haben, schau ich mal, ob ich den Abstand verringere - aber bis dahin ist ja noch Zeit. Ja und sonst... hab ich jetzt grad nix mehr zu sagen :D THX für die Aufmerksamkeit Kapitel 2: Only a little step ----------------------------- Sirius Black: "Krieg war eine komische Sache, besonders, wenn wir nichts außer dem Sterben mitbekamen." 18. September Man sollte auch noch lange nach dem Abend des 1. September die erdrückende Stimmung spüren, die James Potter an den Tag legte. Zwar war es auch ein großer Schock für Sirius und Remus gewesen, die beide Elena gekannt hatten, aber James hatte fast sein ganzes Leben mit ihr zusammen verbracht. Sie war zwar zwei Jahre jünger gewesen, aber die Jungs hatten sich sofort mit ihr verstanden. Seine Cousine. Zarte dreizehn. Elena Hemmes, ihres Zeichens gebürtige Hufflepuff mit blonden Strohpuppenhaaren, die trotz geflochtenem Zopf wild verstrubbelt waren, mit einem Zahnpastalächeln, roten Wangen. Stolz wie ein Minister auf ihre Fertigkeiten - die ihr so wenig genutzt hatten... In den Sommerferien war sie auch immer bei den Potters gewesen. Sie und ihre ältere Schwester Karry hatten James und Sirius schon so manche Alibis bei Kate verschafft... Karry Ja Karry... sogar noch vor James hatte sie die Nachricht erhalten, ihre Freundinnen hatten Remus am nächsten Tag schluchzend erzählt, wie sie die Ravenclaw in den Krankenflügel hatten bringen müssen, wo die Schwester ihr sofort ein Beruhigungsmittel geben hatte. Mary war bei ihr geblieben und hatte versucht ihr Trost zu spenden, aber Karry hatte ihn nicht angenommen. Die junge Gryffindor machte sich Sorgen, doch auch sie war zu geschockt über das Ereignis, um die Verantwortung für zwei zu übernehmen. Remus hatte ihr versprochen nach Karry zu sehen - James war natürlich während den ersten Tagen Dauergast im Krankenflügel. Doch Karry sah sie nicht an. Ihr Blick tastete vernebelt die Decke ab, suchte die Muster im Putz, aber eigentlich war es nur die Farbe, dieses unendliche Weiß, was sie anzog. Weiß wie die Wolken. Weiß wie Schnee. Sie hatte Schnee geliebt. Dagegen konnte man sagen, dass James noch in einer einigermaßen passablen Stimmung war. Remus hatte sich in den ersten Tagen Sorgen gemacht, dass sein Freund etwas dummes machen würde, aber schließlich waren es nur Sorgen geblieben - auch wenn sich der Gryffindor sicher war, dass James die richtige Trauer nur vor sich herschob. Er hatte noch nicht das Ventil gefunden. Noch war es die Ruhe vor dem Sturm. Er sprach nicht so viel wie sonst, schrak mitten in der Nacht aus dem Schlaf und interessierte sich nicht mal ansatzweise für die neue Quidditchsaison. Und er hatte noch auf keine Eule geantwortet die ihm seine Eltern geschickt hatten. Alle Briefe lagen ungeöffnet auf seinem Nachttisch. Natürlich waren das alles Anzeichen von Distanzierung, James nahm Abstand von dem Geschehen, verschloss die Augen davor. Legte die Hände über die Ohren und versuchte an andere Dinge zu denken. Fast schon krampfhaft versuchte er in das normale Leben zurück zu kommen oder besser gesagt dort zu bleiben. Aber auch das war nicht so einfach. Die ganze Schule war bestürzt über den Überfall. Sie hatte drei wertvolle Mitglieder verloren und Remus war sich sicher, dass nicht nur das Hause Hemmes sondern auch das Haus Winston sich in dieser Zeit vor Briefen, Besuchen und Blumen nicht retten konnte. Lukas und Lea Winston die Geschwister, bei denen Elena zu Besuch und mit denen sie zum Gleis 9 3/4 unterwegs gewesen war, wurden genau wie ihre Eltern getötet. Zurück blieb die Schwester von Mister Winston, Magdalena Winston, welche ihren Sohn sofort wieder nach Hause geholt hatte. Timothy Winston war ein Gryffindor, vierzehn Jahre alt, Remus hatte ihm öfter in Kräuterkunde geholfen. Sein Vater war vor einem Jahr verschwunden. Keinen wunderte es, dass sich Magdalena mit ihrem Sohn nun von England verabschiedete - und jeder hoffte, dass sie es schaffte. Das Ministerium sah es trotz solcher Übergriffe nicht gerne, wenn sich ihre Mitglieder ins Ausland absetzten, sie kontrollierten streng, erteilten nur wiederwillig Erlaubnisse. Sirius und James hatten mit Lukas in der Mannschaft gespielt. Der Junge war ein gerissener Jäger gewesen, James würde noch feststellen, dass er seine Taktiken nicht mehr auf ihn aufbauen konnte. Niemand hatte sie so gut einleiten können wie Lukas. Aber auch hier schloss man lieber die Augen, drückte die Hände auf die Ohren und summte eine beruhigende Melodie, um nur nicht näher an die Trauer heranzukommen. Es brachte alles nichts. Peter wechselte des Öfteren mit Remus ratlose Blicke, wenn sie einfach über dieses Thema hinweg sahen. Am ersten Abend in der Großen Halle hörte man James Potter in der gesamten Zeit das einzige Mal weinen... Es war Samstag. Endlich ein Tag ohne Unterricht. Und das musste selbst Remus zugeben. Sie waren nun schon fast drei Woche hier und die lieben Professoren konnten einfach nicht anders, als dass jeder ihnen ganze Berge zum Arbeiten aufgab. Remus hatte es seiner Ansicht nach viel schlimmer erwischt wie seine drei Kollegen, immerhin hatte er ein paar Fächer mehr belegt als sie. Und auch wenn er es niemals freiwillig zugeben würde, so graute es auch ihn diesmal vor der Hausaufgabe in Geschichte der Zauberei. Er schlug sich gerade mit Arithmantik herum, als er immer wieder hektische Bewegungen und Geflüster neben sich bemerkte. Neugierig den Kopf zur Seite drehend entdeckte er Sirius und James, die auch gerade mit ihrem Verwandlungshausaufgaben fertig geworden waren und sich nun - welch ein Zufall - Arithmantik zuwandten. Während Sirius versuchte unauffällig seine Feder zu zerbeißen und James ausgewogen gähnte, reckte Remus den Hals und beugte sich schließlich vor, um Sirius das Blatt unter der Hand wegzuziehen. "Kann es sein, dass das meinem Aufsatz aufs Wort gleicht?", fragte Remus und klopfte mit der Feder auf sein Buch. Die Beiden grinsten nur frech und legten ihren Du-hilfst-uns-eh-Blick auf - obwohl der von James gründlich misslang. Irgendwie konnte es ihm Remus nicht einmal übel nehmen - bei Sirius war das wieder etwas ganz anderes. "Ach Moony, wir checken da gar nichts!", seufzte Sirius und rutschte von seinem Sessel, um vor Remus auf die Knie zu gehen, damit er sein Blatt erreichte, das auf Remus´ Schoß lag, "Ich meine, ich weiß nicht mal was die Hälfte hier bedeutet! Das nummerische Zahlenschloss des Reiches der Atikanen ist bekannt für seine unbeschreiblichen historischen Eingriffe in unsere Geschichte des 16. Jahrhundert im achten Quadraten." Wild tippte er mit dem Finger auf dem Satz herum, sodass er schließlich ein kleines Loch hineinstach. "Oh." "Genau.", sagte James zerstreut und zerriss sein Pergament. Er konnte sich auf den Unterricht und die Hausaufgaben konzentrieren wie er wollte, es funktionierte gerade sowieso nicht. Die ganzen Sätze ergeben für ihn nie Sinn und um den Sinn herauszufinden fehlte ihm die Motivation. Doch für Sirius gab es keine Ausrede! Und deshalb kam von Remus nur ein resigniertes Seufzen, was den beiden dunkelhaarigen andeutete, dass sie eigentlich gewonnen hatte - doch sie wussten auch, dass es bei Remus Abschreiben nicht umsonst gab und darum war es noch zu früh für Jubelgeschrei - bildlich gesehen. Bevor einer noch etwas sagen konnte packte Remus sein Zeug zusammen. Seinen Arithmantikaufsatz ließ er gnädig in Sirius ausgestreckte Finger gleiten, bevor er sich seine beiden Tasche mit den übrigen Hilfsmitteln schnappt und die Flucht antrat. Raus aus dem Gemeinschaftsraum - weg von den Beiden, die seine übrigen Hausaufgaben sicher auch noch erbeutet hätten, wäre er nicht geflohen. Wo hin? Natürlich in die Bibliothek, wohin denn sonst? Wenn Sirius und James einmal die Bibliothek betraten war das sicherlich nicht freiwillig, entweder er hatte sie dazu genötigt oder sie musste eine der Strafarbeiten absitzen – oder aber sie hatten beschlossen sich für ihre Streiche zu erkundigen und Informationen einzufahren, dann kannten sie sich hier sehr gut aus, dann mochten sie diese Ansammlung von Wissen sogar. Im Gegensatz zu den Zweien hatte Remus viel zu oft diese Bücherhalle betreten. Schon gleich als er die Türschwelle überschritten hatte, erkannte Remus, dass es in den Ferien wieder mal großzügige Spenden und Einkäufe gegeben hatte. Die Deckenhohen Regal beugte sich unter der schweren Last die sie tragen mussten. Reihe für Reihe schien bald aus den Nähten zu platzen. Ein herrlicher Anblick, der sich nur einem geschulten Auge so wunderbar zeigte, selbst mit dem feinen aufgewirbelten Staub, den man in den Lichterkegeln der Fenster beobachten konnte. Alles zeugte nur von der tiefen Magie und Geschichte dieser Bücher, der endlosen Seiten. Schon allein jedes Mal durch die unzähligen Reihen hindurch schreiten zu können erfüllte Remus Herz mit einer Demut, die er nicht verstehen konnte. Manchmal saß er an seinem Stammtisch und betrachtete erst einmal ein paar Minuten das, was ihm vor Augen lag. Hier hinten in der Abteilung für Geschichte der Zauberei war es am ruhigsten, nur wenig Schüler verirrten sich über den Tag hierher, der perfekte Ort. Einmal atmete er noch tief durch, bevor er seine Sachen auf dem Tisch verteilte, seine Feder zur Hand nahm und in die Tinte eintauchte – also... wie war das mit diesem Krieg nochmal? "Hey Rem!" Remus schaute zu der weichen Stimme die ihn gerade angesprochen hatte hoch, etwas musste er blinzeln, schließlich stand sie im Sonnenstrahl und das brannte etwas in den Augen – gerade jetzt wo sich die ersten gelben Punkte darin tummelten. Als das Mädchen etwas näher herantrat verschwand der Scheinkegel hinter ihrem Rücken und Remus konnte erkennen wer ihn da angesprochen hatte. Das leichte grau in ihren Augen mischte sich mit einem dunklen grün, übernahm die Überhand und ließ ihre Augen immer sehr dunkel erscheinen, nur wenn im Sommer das Licht sich in der Regenbogenhaut brach sah man die grünen Funken. Um ihren Mund spielte ein Lächeln, ihre schwarzen, glatten Haare fielen ihr über die Schultern bis hin zum Ende der Schulterblätter. Ihre Robe war makellos und wie immer klopfte sie frech auf den Tisch. "Megan!", kam er endlich zu Wort, nachdem er sie eine ganze Zeit lang bewundert hatte, "Hey:“ "Kann ich mich zu dir setzten?", fragte sie und deutete neben ihn auf einen freien Stuhl, "Ich hätte nichts gegen Gesellschaft und wenn ich ehrlich bin bist du die einzig gute.“ Ihre Stimme klang in seinen Ohren wie Frühling und Sommer zugleich. Es zwitscherten die imaginären Vögel und Remus war sich sogar sicher, dass er einen einsamen Wolf jaulen hörte – absolutes durcheinander Spielen seiner Wahrnehmung. Natürlich hätte er ihr sofort den Platz überlassen, doch so musste er es erst einmal fertig bringen ihre Worte zu ordnen, um den Sinn dahinter zu erkennen. James hätte das in diesem Zustand mit seiner Motivation wahrscheinlich nicht geschafft – aber was war das schon wieder für sinnlose Gedanken? „Klar.“, schüttelte er schließlich von sich selbst verwirrt den Kopf und räumte seine Sachen zur Seite, damit sie ebenfalls die Chance hatte sich hier breit zu machen – aber vermutlich war das nur wieder eine seiner Eigenschaften, die andere still belächelten. Megan war eine Ravenclaw, die es irgendwie geschafft hatte einen Draht zu Lily Evans zu knüpfen und diesen auch zu halten. Bis heute wusste keiner so recht, wie sie das gemacht hatte oder wie viel sie monatlich dafür zahlte – Fakt war einfach nur, dass beide Mädchen sich blind vertrauten und Megan das war, was Lily auf der einen Seite etwas fehlte. Die Ravenclaw war nicht umsonst dort gelandet, ihre Ausdrucksweise, ihre unverblümte Art und diese Weise über Jungs zu denken war etwas was Lily noch lernen musste. Das fand vor allem Sirius, denn auch wenn es nicht jeder direkt wusste, man merkte es ab und zu schon, dass Megan etwas für den Casanova übrig hatte. Viel übrig hatte. Nur leider war Remus eine der Personen, die sowas leicht übersahen – trotz guter Menschenkenntnis. Die Schwarzhaarige schlug das Arithmantikbuch auf und bevor sich Remus hätte bremsen können, hatte er auch schon den Mund geöffnet. „Magst du mir etwa sagen, dass ist Zufall Megan?“, fragte er fast schon belustigt nach und lehnte sich zu ihr, um mit dem Zeigefinger auf die Überschrift im Buch zu tippen. Megan zog einen Schmollmund, bevor sie seufzte und sich geschlagen gab. „Es verwirrt mich einfach zu sehr!“, sprach sie und schüttelte die schwarzen Haare wild durcheinander, „Oh und falls du fragst: Ja ich habe Lily um Hilfe gebeten! Miss Immer-brav wollte aber nicht verstehen, wieso ich mir ihre Erklärungen durchlesen wollte.“ Remus stellte sich innerlich grinsend die Frage, wie man es nur immer wieder versuchen konnte Lily um ihre wertvollen Aufzeichnungen zu bringen. Besonders Megan sollte das wissen, aber es diente vermutlich sowieso nur als Vorwand, um zu zeigen, dass er ihr ruhigen Gewissens helfen könne – er wäre ja schließlich die letzte Hoffnung dieses Problem zu lösen. „Ich könnte dir helfen – nur hat Sirius den Aufsatz und ich bezweifle, dass er ihn aushändigen wird, bevor er nicht damit fertig ist.“, meinte der Junge und zuckte leicht mit den Schultern, viel zu arbeiten hatte er nicht mehr. "Oh das wäre klasse!", meinte die Ravenclaw, drückte ihm stürmisch einen Kuss auf die Wange und stützte ihr Kinn auf ihren Handrücken, "Du warst schon immer wie Lily ein kleiner Streber.“ "Ich dachte ich sei inzwischen gewachsen.“, gab er stirnrunzelnd zurück, worauf er nur eine leichten Schubser gegen die Schulter erhielt. Remus hatte sich während der Arbeit an den Aufsätzen irgendwie ablenken müssen, damit seine Gedanken nicht immer wieder zu Megan wanderten und daran, dass sie beim Lesen die Lippen bewegte, jedes Wort ausführlich ausformte und immer wieder nach ein paar Sätzen ihre Lippen mit der Zungenspitze befeuchtete. Sie nickte einige Male, bevor sie das geschriebene, fertige Werk schließlich mit dem Datum versah. Er wollte seinen Satz noch zu Ende schreiben, den Faden nicht verlieren den er gerade versuchte aufzurollen, denn die Schlussthese war wichtig und er wollte sie nicht noch in den letzten Zeilen vermasseln – doch etwas tippte ihm gegen die Brust und verwundert beugte sich der Gryffindor etwas zurück. Megan hatte sein Vertrauensschülerabzeichen angetippt und grinste. "Bist wohl wirklich Vertrauensschüler geworden, hm?" sagte sie. "Wo hin willst du?" "Stadion" OK, da stimmte etwas nicht. James hatte seit einer Woche noch nicht einmal von Quidditch gesprochen, geschweige denn daran auch nur gedacht. Und nun wollte er fliegen? Sirius setzte natürlich voraus, dass er fliegen wollte. Immerhin hätte er doch Große Halle geantwortet, wenn er etwas hätte essen wollen – richtig? OK man musste sagen, James war ein wenig verrückt, seit er Lily hinter her lief, deshalb konnte man auch seine Ideen und Gedanken nicht immer verfolgen, aber in dieser Hinsicht war sich Sirius dann doch ziemlich sicher. Bloß James plötzliches Vorhaben hatte irgendwas Abnormales. Doch ehe Sirius noch etwas sagen konnte, geschweige denn ihn aufhalten konnte, war der Brillenträger schon durch das Porträtloch geklettert. "Ich kann doch kaum auf mich selber aufpassen!", murmelte er und stolperte seinem Freund hastig hinterher. Es war Zeit vergangen, Remus wusste nicht wie viel, vielleicht waren es auch nur zehn Minuten gewesen. Aber wenn es wirklich so kurz gewesen war, dann waren diese Minuten voll ausgefüllt worden. Er hatte ja gewusst, dass man sich mit Megan gut unterhalten konnte, aber mit ihr über das Amt eines Vertrauensschülers zu diskutieren war sogar noch besser. Am Ende schob er lachend seine Sachen zusammen. "Sirius wird wehleidig sein, wenn ich nicht bald zurück bin – und das will ich mir ehrlich gesagt nicht antun.", erklärte er Megan, welche sogleich ein Funkeln in den Augen bekam. Aber Mädchen waren sowieso von fast allem begeistert oder fanden Dinge niedlich. Das hatte Remus schon längst beobachtet und Megan war da anscheinend keine Ausnahme – obwohl sich der Gryffindor fragte was an Sirius niedlich war. Auch Megan stand von ihrem Stuhl auf, fuhr sich durch ihre Haare und stopfte die Utensilien einfach zurück in ihre Tasche. "Ja ich glaube ich sollte auch zurück.", stimmte sie zu, wartete bis er mit seinen Sachen neben ihr stand. Sie war fast genauso groß wie er, nur ein paar Zentimeter kleiner, aber bei Remus Wachstum im letzten Jahr war das auch nicht überraschend. "Begleitest du mich noch hinaus?" „Natürlich, wie Madam wünscht.“, war die Antwort, wobei er ihr den Arm anbot und sie sich munter bei ihm einhakte. Dann jedoch schwiegen sie, bis sie sich draußen auf dem Korridor trennen mussten. Kapitel 3: A long way down -------------------------- Remus Lupin: “Ich wollte nie wieder einen solchen Moment erleben. Einen Moment in dem der Tod dich angrinst, aus seinem Versteck tritt. Ich war hilflos...” Would you know my name if I saw you in heaven? Would it be the same if I saw you in heaven? Remus befand sich gerade auf einer der wandelnden Treppen auf dem Weg nach oben. Sie schwenkte gerade um, sodass sich der Treppenanfang vom festen Grund weg bewegte, als das Quietschen von Absätzen und ein Rufen den Gryffindor dazu brachte sich herum zu drehen. Sirius stand am Abgrund, wo ein paar Sekunden vorher noch die Treppe gewesen war und streckte die Arme von sich. „Komm zurück!“, rief er kommandierend und deutete mit dem Zeigefinger direkt neben sich. Remus hätte am liebsten die Augen verdreht. Sirius wusste ganz genau, dass auch Remus die Treppen nicht steuern konnte und deswegen war es wohl ein unmögliches Unterfangen jetzt auf der Stelle zu dem Schwarzhaarigen zu gelangen. „Was ist denn?“, fragte er stattdessen und musste seine Stimme bereits lauter gestalten, damit sie überhaupt bis zu Sirius reichte. „James hat was vor.“, gestikulierte der Andere und drehte sich zur Seite weg, warf den Oberkörper über die Brüstung zu seiner linken und blickte in die Tiefe. Eine der übrigen Treppen schwebte gerade knapp unter ihm vorbei, auf dem Weg zur anderen Seite. „Tatze ich glaube nicht, dass das das erste Mal in seinem Leben wäre.“, meinte Remus nur skeptisch und runzelte die Stirn, seine Treppe hatte inzwischen am neuen Stockwerk angelegt und er trat die letzten Stufen hinauf, stellte sich auf den sicheren, unbeweglichen Untergrund. Er drehte sich zu Sirius um, aber der legte doch gerade ernsthaft die Hände auf die Brüstung und zog mit Schwung die Beine darüber! Sein schwarzer Umhang flatterte wie eine Fahne hinter ihm her, als er über die steinerne Brüstung nach unten verschwand. Remus' Herzschlag setzte aus. „SIRIUS!“ Er sah ihn fallen wie einen Stein und machte unwillkürlich einen Schritt in seine Richtung, doch da war der Untergrund schon fast zu Ende - die Anschlusstreppe war noch nicht angekommen. Dafür sah er, wie Sirius' Füße auf den Stufen einer vorbeischwebenden Treppe aufsetzten und sein Freund für einen Moment mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Knie ging und mindestens zwanzig Zentimeter kleiner zu sein schien. Das hatte sicher wehgetan. Remus konnte sich vorstellen, dass einem dieser Aufprall durch Mark und Bein ging und Sirius' Beine sicher noch eine Weile schmerzen würden, aber nachmachen würde er ihm das sicher nicht. Dieser Holzkopf! Spielte so einfach mit seinem Leben! Was sollte das denn? Er hätte doch warten können, verflucht noch eins. Remus überlegte sogar, ob er die Treppe wieder hinunter nehmen sollte, nur um Sirius zu ärgern. Dieser humpelte - ja, humpelte und das geschah ihm ganz recht - gerade O-beinig in den nächsten Gang, wo es einen Geheimgang gab, der zu Remus hinauf führte. Eigentlich war er ja bekannt für seine Geduld, besonders, wenn es um die Herren Black und Potter ging, aber in manchen Fällen – so wie diesem – würde er Sirius am liebsten den Hals umdrehen. Sprang einfach so ein Stockwerk hinunter! Er konnte von Glück sprechen, dass er sich nicht das Genick gebrochen hatte. Noch etwas paralysiert, gemischt mit Wut drehte sich Remus um und wollte in den Gang hinein gehen, da stand auch schon ein schwer atmender Sirius vor ihm und streckte ihm die Handfläche entgegen. Ruhe hieß das. Gut. Remus hatte sicherlich noch später die Gelegenheit ihm eine Standpauke zu halten über das Spielen mit dem Leben. „Du missverstehst mich.“, schnaufte Sirius - „Aach?“ - und trat näher, um Remus die Bücher aus der Hand zu reisen, „Er war völlig abwesend. Apathisch! Und deswegen müssen wir ihn suchen! Also quatsch – wir müssen ihm folgen, runter zum Feld.“ „Er ist fliegen Tatze, es beruhigt ihn, das ist doch ganz normal.“, wurde Sirius Bedenken weg gewinkt, doch schon im nächsten Moment hatte dieser Remus Bücher einfach über die Brüstung geworfen, „SIRIUS!“ Remus stütze die Hände auf die Brüstung und sah seinen Büchern nach, die aufklappten, durch die Luft segelten, immer tiefer und tiefer, bis sie Seiten lassend auf dem Boden des Treppenhauses aufschlugen. „Überredet.“ I must be strong and carry on 'cause I know I don't belong here in heaven „Was er wohl hat?“, fragte Peter in die kleine Runde nachdem sie ihr Tempo ein wenig gedrosselt hatten, immerhin wussten sie ja wo James zu finden war und Remus war zu grummelig, um Sirius noch im schnellen Tempo zu folgen. Nachdem der Blacksprößling seine Bücher über die Brüstung geworfen hatte, war Remus ihm eigentlich nur nach gelaufen, weil der Weg zu den Büchern sowieso nach unten ins Erdgeschoss führte. „Ich denke er will allein sein.“ „Und ich, meine Kleinen, finde nicht, dass allein sein in diesem Fall gut ist.“, entschied Mama Glucke Sirius und stapfte voraus die Marmortreppe hinunter in Richtung Portal. Remus konnte ihm da nicht richtig zustimmen. Er wusste wie gut es manchmal tat, wenn man sich zurückziehen konnte und alleine vor sich hin dachte. Über Dinge nachdachte, die einen bedrückten. In James Leben war ein Komet eingeschlagen und hatte James Welt aus den Angeln gehoben, hatte den Jungen in eine andere Umlaufbahn gerückt. Das alles war nicht so leicht wieder zurecht zu rücken. Remus kam bis heute nicht wirklich damit klar, dass er nie den Vollmond betrachten würde. Zumindest nicht mit den Augen eines normalen Menschen. Der Vollmond würde für ihn nie wunderschön oder strahlend sein. Auch würde er nie mit einem Mädchen einen Spaziergang bei Vollmond machen. Aber das war nur einer der vielen Gedanken, die Remus zu gerne nachhing, wenn er alleine war... Vielleicht hatte Sirius doch recht... es war nicht gut dabei allein zu sein. Sie überschritten die Schwelle des Eichenportals und Sirius legte die Hand über die Augen, deckte sie gegen das Licht ab, um einen besseren Blick in die Ferne zu haben. Aber er konnte nichts weiter entdecken, sie waren noch zu weit entfernt. Vorbei am See, dort drüber stand die Peitschende Weide und regte ihre Äste wirr in den Himmel. „Wann ist wieder Vollmond?“ „Erst im Oktober.“, murmelte Remus vor sich hin, nicht gewillt Sirius so einfach zu vergeben, was er seinen heiligen Büchern angetan hatte. Insgesamt fünf Seiten waren aus den Büchern gerissen worden – nun gut sie waren schnell wieder hinein gezaubert. Aber es ging ums Prinzip. I'll find my way through night and day 'cause I know I just can't stay here in heaven „Sieh mal!“ Sirius und Remus folgten Peters ausgestreckten Arm und erkannten zwischen den Tribünentürmen immer wieder einen Flieger, der seinen Besen in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit um die Türme manövrierte. Er war nicht so hoch, genau die Mitte der Höhe der Türme, aber der Effekt, sollte dieser Flieger hinunter stürzen, wäre derselbe. Unschön. Remus wurde schon vom hinsehen schwindelig. Er war noch nie ein Fan dieses Sportes gewesen, allerdings war er auch kein Fan von Besen. Er bevorzugte es auf dem Boden zu bleiben, sei es auf dem normalen oder auf dem Boden der Tatsachen. „Bei Bellas Hässlichkeit! Will der sich noch in den Tod stürzen?!“, rief Tatze, beschleunigte bereits seine Schritte, ehe Remus und Peter noch verarbeiten konnte, was sie sahen. James mochte ja diesen Sport lieben, aber Sirius hatte recht. Es war wirklich dumm sich allein in eine solche Situation zu bringen, auch für einen eigentlich so erfahrenen Spieler wie James. Jeder kannte die Tücken und Schwierigkeiten, die bei einem Flug auftauchen konnten. Remus konnte sie auswendig aufzählen. Turbulenzen, Wirbel, Wind, plötzlicher Wetterumschwung, fremdgesteuerte Bälle, sowie gegnerische Spieler und nicht zu vergessen sonstige kleinen Tierchen, Vögel und sonstiges, aber auch Flüche konnten einem übel mitspielen. Vielleicht schied in diesem Fall die Hälfte aus, aber es bestand immer noch ein gewisses Risiko und Remus würde sich deutlich wohler fühlen, wenn Dumbledore auf den Rängen saß und James im Auge hatte – damit er im letzten Moment den Sturz abfangen konnte. Sirius war bereits durch die Holztüren des Stadions gekracht und auf die Rasenfläche gelaufen, als seine zwei übrigen Freunde sich erst vom Anblick von James losreisen konnten. Mit dem Zauberstab drohend hatte Sirius den Kopf in den Nacken gelegt, „Krone! Komm da runter!“ Doch er wurde ignoriert. „Mann, James, wenn du dich jetzt vom Besen stürzt, hilft dir das auch nicht weiter.“ Time can bring you down time can bend your knees time can break your heart have your beggin' please beggin' please Ein Schrei zerschnitt die Luft. Peter zuckte zusammen, Remus tastete wie wild nach seinem Zauberstab, doch er wusste, dass es ihm nicht viel nützen würde, auch wenn er ihn fand. Die Sonne blendete ihn, als er versuchte James zu finden – der Schrei hatte nur von ihm stammen können. Sirius rannte bereits Richtung der Torringe und dann... dann sah Remus ihn auch. James war höher geflogen und jetzt war der Weg nach unten lang. Vielleicht 21 Meter... Zum zweiten Mal an diesem Tag blieb sein Herzschlag aus, der Umhang hatte sich bereits von James gelöst, flatterte in wilden Schlägen davon, blieb Höher als sein Besitzer. Und James fiel und fiel. In einer Geschwindigkeit die sich für Remus in Zeitlupe abspielte. Sein Körper war steif, er konnte keine Faser bewegen, konnte nur auf den fallenden Jungen sehen, der immer und immer größer wurde, je mehr er sich dem todbringenden Erdboden näherte. Meter um Meter. Er wurde panisch. Seine Gedanken dauerten nur einen Augenaufschlag lang, genug, um ihm erkenntlich zu machen, dass er nichts tun konnte. Er war hilflos. In ein paar Sekunden würde sein Freund auf dem Boden aufschlagen... wäre tot... Beyond the door there's peace I'm sure and I know there'll be no more tears in heaven Sirius hatte den Zauberstab fallen lassen, sein Kopf mochte keinen klaren Gedanken mehr fassen, kein Zauberspruch mochte ihm einfallen. Das Einzige, was er jetzt unternehmen konnte war den Landepunkt abzuschätzen, James Aufprall abzufangen – aber Remus wusste genau, dass selbst das nicht viel ändern würde. Wenn er nicht von so weit oben gefallen wäre – dann vielleicht. Aber so... James hatte Glück im Unglück, dass er nicht auf einen der Ringe aufschlug, er fiel durch sie hindurch und in dieser Zeit hatte Remus schon gehandelt. Während Peter sich die Augen zuhielt warf sich der Vertrauensschüler nach vorne, bekam Sirius Zauberstab in die Finger und zielte beinahe blind in James Richtung. Der Zauberspruch war nicht der Beste, er half vielleicht nicht, er würde... „Wingardium Leviosa!“ Sirius hatte den Landepunkt erreicht, beugte etwas die Knie, um den Aufprall abfedern zu können, streckte die Arme weit nach oben. James Augen waren geschlossen. Ein Ruck ging durch seinen Körper. Remus merkte, wie ihm die Luft knapp wurde, erlaubte sich einen kleinen Atemzug, während er versuchte James Körper die Geschwindigkeit zu nehmen, er wurde langsamer, nicht so langsam wie erhofft. Und doch konnte Remus erkennen, dass er Zusammenstoß mit Sirius nicht todbringend war. Der Schwarzhaarige landete stöhnend auf dem Rücken, James rollte über ihn hinweg, landete schließlich neben ihm auf dem Bauch. Die Augen blieben geschlossen und Peter war der Erste, der sich über James beugte, ihn vorsichtig herum drehte. Seine Hand über James Mund hielt und... nickte. Would you know my name if I saw you in heaven? Would it be the same if I saw you in heaven? Es war die Höhe gewesen, der schnelle Fall, die Angst und das Adrenalin, welches James Körper dazu gebracht hatte für einen kurzen Moment abzuschalten. Seine Lider flackerten, kurz nachdem sich auch Remus wieder aufgerappelt hatte, um James genauer in Augenschein zu nehmen. Er sah nicht so aus, als wäre er von Sirius und Remus abgefangen worden, eher so, als wäre er wirklich mit der gesamten Wucht auf dem Gras aufgeschlagen. Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz und sein Körper wirkte bewegungsunfähig. Als er schließlich doch versuchte sich auf seine Ellenbogen aufzustützen wirkte es sehr wackelig und unkontrolliert. Remus hätte ihm am liebsten für seine wahnwitzige Show einen Schlag auf den Hinterkopf verpasst, aber er wusste nicht, wie sie einen dann nochmals bewusstlosen James in den Krankenflügel bringen sollten – vor allem nicht mit welcher Begründung. „Könnt ihr mich vielleicht nicht so anstarren?“, fragte er mit zittriger Stimme, und zog die Schultern zusammen, worauf hin Peter aufstand und seinen Umhang holte, ihn James um die Schultern legte. Remus und Sirius sagten erst einmal gar nichts. Sie wussten, dass James auch so verstand, dass sie ihn am liebsten angeschrien hätten. „Ich dachte du könntest fliegen?“, meinte Sirius schließlich in die Stille hinein und setzte wieder sein Grinsen auf, „Sah nicht wirklich danach aus.“ James schaffte nicht mal ein schwaches Lächeln, er lag nur mit etwas desorientiertem Blick da und starrte Sirius an. Remus konnte James Hilflosigkeit nicht mit ansehen. James strotzte sonst immer vor Selbstbewusstsein und um ihn aus der Bahn zu werfen, war viel nötig gewesen. Mehr als Remus wahrscheinlich ertragen würde. Sie hatten sich auf jeden Fall verschätzt, sie mussten auf James Acht geben. „Komm Krone, ich bring dich in den Krankenflügel. Du stehst unter Schock“, rang sich Remus durch und griff zusammen mit Sirius nach James Armen, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Alleine Laufen war keine Option. James knickte mit den Knien sofort wieder ein und Sirius legte sofort einen Arm um seine Hüfte, um ihn zu stützen. „Wenn du das sagst Moony“, murmelte er und versuchte ein Lächeln, ein kleines Grinsen, das Zeichen Hey-mach-dir-keine-Sorgen. Aber Remus wusste inzwischen genau wann Menschen dieses Lächeln auflegten, er hatte es schon zu oft gesehen. Von Ärzten, seiner Mutter, von seinem Vater – ja selbst im Spiegel. I must be strong and carry on 'cause I know I don't belong here in heaven 'cause I know I don't belong here in heaven. Kapitel 4: Rush of memoriegames ------------------------------- Lily Evans: "Wir waren jung, wir waren grün hinter den Ohren, was wusste wir schon... es war wohl eher ein Kribbeln in den Fingern, dass mir sagte: Ich will es wissen." Ich hatte das Zeitgefühl verloren, es war mir langsam aus den Fingern geglitten. Eigentlich war das etwas Schönes, ich konnte stundenlang in einem Buch lesen oder in der Sonne liegen, mit nackten Füßen durch taufrisches Gras laufen oder die Sterne betrachten. Es waren Augenblicke, die niemals enden wollten und in denen man sehnsüchtig auf die Uhr sah, nur um festzustellen, dass wieder acht Minuten verloren gegangen waren. Minuten in denen man eigentlich gedacht hatte, die Welt hätte aufgehört sich zu drehen. Meine Eltern beschrieben mich gerne als Träumerin, ich fand allerdings, dass ich einfach nur meine Zeit füllen wollte. Ich wollte sie füllen mit Diamanten. Das kennt jeder. Jeder der einmal etwas Schreckliches gesehen oder erlebt hat, weiß wovon ich rede. Es gab im Leben Diamanten und Holz. Das Holz war das Leben, es war beständig und hatte Unebenheiten, war solide und rettend, aber es war immer dasselbe, die Muster, die Farbe. Und dann gab es die Diamanten. Momente im Leben in denen einem alles perfekt erschien, die Augenblicke, die einem immer im Gedächtnis bleiben würden. Sie waren das Besondere. Für sie lebte ein Mensch. Jeder sollte Diamanten besitzen. Diamanten in der Schatulle aus Holz die sich Leben nannte. Ein schöner Vergleich. Mein Zeitgefühl hatte ich diesmal verloren, da ich wieder in den Schulalltag eintauchte. Ich vergrub mich innerlich unter einem Berg von Lektüren, Hausaufgaben, Recherchen und dem Drang mehr und mehr wissen und lernen zu wollen. Ja manch einer mochte darüber die Augen verdrehen, aber das war meine Welt. Ich war Miss-Perfekt, Miss-Brav. Die Streberin. Das rote Lexikon. Bei Merlin wie viele Namen ich schon bekommen habe, aber ich konnte ihnen nicht wiedersprechen. Warum auch? Ich neige eben dazu meine Gedanken zu lange schweifen zu lassen. Zu weite Erklärungen abzugeben oder ausschweifend zu erzählen. Ich liebe Details. Jedenfalls verschwammen die Tage immer mehr miteinander, sie kollidierten, mir kam es vor wie gestern, wie vorgestern. Welches Datum war heute? Welcher Tag? Natürlich wusste ich es ungefähr, aber gerade eben könnte ich das nicht beantworten. Dabei hatte ich gerade nichts weiter zu tun. Ja außer in den Krankenflügel zu marschieren. Während mein Schatten hinter mir her huschte, konnte ich durch die Mosaikfenster nur wenig von draußen erkennen. Es war bewölkt, die Wolken hatten sich in kürzester Zeit zusammengezogen und versperrten der Sonne den Weg. Bald würde der Oktober anbrechen, wenige Tage noch, aber bereits jetzt schien der Winter Einzug halten zu wollen. Die Tage verkürzten sich immer mehr, sie wurden dunkler. Es hatte öfter geregnet in letzter Zeit. Überhaupt kein Wetter, das ich mochte. Graue Farben, schnelle Schwärze, endlose Stille. Ich war mir sicher, die Menschen bedrückte diese Jahreszeit noch zusätzlich. Zu ihrer inneren Kälte vor Angst und dem Misstrauen der dunklen Welt dort draußen, mischte sich die Kälte der Jahreszeit. Ein perfektes Zusammenspiel. Ich schweife ab. Ich war eigentlich in den Krankenflügel gekommen, um meine Freundin abzuholen. Ihre kleinen Experimente und Missgeschicke brachte sie so oft hierher, dass ich den Weg sicherlich schon mit verbundenen Augen hätte gehen können. Es war eine Routine und eigentlich war ich mir nicht ganz sicher, ob es eine gute Routine war. Aber ändern konnte ich es sowieso nicht. Beks unliebsame Vorliebe für Feuer und Explosionen rächte sich immer wieder. Ihre Augenbrauen hielten den Rekord der am meisten Wiederhergestellten. Es passierte nur sehr selten, dass Beks sich ernsthaft verletzte, die Verbrennungen waren nur leicht, bis auf die Tage wo wirklich alles schief ging. Manchmal dachte ich mir wirklich, dass ich besser auf sie achtgeben sollte, aber dann würde ich irgendwann verrückt werden. Ich mochte sie ja wirklich, aber ich brauchte auch meine Zeit für mich allein. Die Zeit um Diamanten zu sammeln. Ich schweife schon wieder ab... Naja und eigentlich war meine andere Freundin mitgekommen, um mir zu helfen, nicht um mich wieder mit irgendwelchen Geschichten zu beplappern, die ich nach zwei Minuten gleich wieder aus meinem Gedächtnis strich. Sie wiederholten sich sowieso jede Woche. Immer wenn Black die Freundin wechselte. Megan war besessen von diesem Kerl. Ich verstand wirklich nicht warum. Er war nicht besser als Potter und erst recht nicht sexy – leider konnte ich das Adjektiv nicht so schön sarkastisch sprechen, wie ich gerne wollte, aber ich war mir sicher, dass meine Meinung klar und deutlich war, auch ohne stimmliche Korrektheit. Megan war mir ans Herz gewachsen, doch wenn sie ihre Blackmanie hatte ging ich ihr am liebsten aus dem Weg, was nicht immer leicht war, denn mit irgendjemanden musste sie ja reden – und ich war meistens die Einzige die zuhörte. Leider. Aber ich schweife schon wieder ab. Ich versuchte Klartext zu reden, wie man so schön sagt. Kurz bevor wir die Tür erreichten, hinter der Beks sicher schon wartete, schwang diese auf und Megan blieb so ruckartig stehen, dass sogar ich den Kopf von den vorbeiziehenden Fenstern wandte, um die Personen zu mustern. Ich bemerkte selbst, wie ich für einen Moment erstarrte und sich meine Augen weiteten. Schnell versucht ich mein Erstaunen wegzublinzeln, meine Hand wanderte zu meinem Hals, spielten mit der kleinen Kette herum. Aber auch das sollte ich lieber nicht machen. Also ließ ich es, während der kleine Zug bereits fast an uns vorbei gegangen war. Ohne ein einziges Wort. Potter war blasser als Remus, geisterhaft weiß, nicht nur um die Nasenspitze, sondern im ganzen Gesicht. Seine Augen wirkten müde, seine Bewegungen erschöpft. Er wurde von Sirius und Remus gestützt, zu beiden Seiten. Sirius war der Einzige, welcher uns Beiden für einen kurzen Moment seine Aufmerksamkeit schenkte. Remus hatte nur für einen Moment den Kopf gehoben, nur um den Blick wieder zu senken, er war immer selbst bedrückt, wenn es einem seiner Freunde schlecht ging. Aber Sirius wrang sich sogar ein kleines Lächeln ab, ich fand es misslang ihm fürchterlich, aber vielleicht konnte ich das nicht so gut beurteilen, schließlich lagen meine Augen viel eher auf James. Ich wusste nicht wieso, aber ich hatte auf einmal Sorgen, Sorgen, dass meinem Erzfeind etwas passiert war. Meinem Erzfeind. Wie lustig das beinahe klang, dabei hasste ich ihn nicht einmal. Ich wusste nichts mit ihm anzufangen, er war ja manchmal ganz nett und ja vielleicht war er ja wirklich nicht immer nervenaufreibend, aber er war James Potter und von Anfang an war er mir irgendwie auf die Nerven gegangen. Auch wenn ich ein paar Diamanten mit ihm gesammelt hatte – kostbare. Vielleicht war es aber auch nur Eifersucht. Eifersucht, dass ihm etwas passiert war und ich nicht dabei hatte sein können. Doch diese Gedanken waren schon wieder zu böse, um überhaupt gedacht werden zu dürfen. Nein. Nein. Ich schob diese Sorgen einfach darauf, dass James gerade eine schwere Zeit durchmachte und ich ihm nicht wünschte noch mehr Leid zu durchleiden. Dennoch war es unerträglich ihnen dabei zuzusehen, wie sie ihn weiter zerrten. Ich zog Megan weiter. Vielleicht war es wirklich nur die Eifersucht, die mir sagte, dass ich ihm das nicht angetan hatte. Ich schob es einfach einmal auf die letztere Möglichkeit und zog Megan weiter. Und sie zerrten und stützten James den Gang entlang, auf den Weg in den Gryffindorturm. Wir betraten schließlich den Krankenflügel. Der Raum war wie immer schneeweiß. Es roch entsetzlich nach Desinfektionsmittel und sterilen Verbänden. Auch gab es unzählige Betten, wovon allerdings nur weniger belegt waren. Solche Krankenzimmer kamen mir immer viel zu rein vor. Ich glaubte nicht, dass ich längere Zeit hier drin verbringen hätte könnte. In diesem Raum gab es absolut nichts, woran meine Gedanken hängen bleiben und Geschichten spinnen konnte. Es war eher so, als ob die weißen Wände alle Gedanken aufsaugen würden. Ich mochte es lieber meinen Gedanken nachzuhängen und nicht sie schweben zu lassen. In den Betten lagen zwei Siebtklässler, die sich aus Angst vor den Prüfungen jedes Mal in eine Ecke verkrochen und gekichert hatten. Ich hatte sie in der Großen Halle miterlebt. Eigentlich keine ernste Sache, aber ein paar Tage Ruhe und ein freier Kopf konnten Wunder bewirken. In einem anderen lag Karry. Mein Mund fühlte sich trockener an. Niemand mochte diesen Schmerz deuten zu können. Und ich wollte nicht mit ihr tauschen. Aber sie tat mir leid. Ich hatte ihr einmal Blumen hingestellt. Nun waren sie weg, vermutlich hatte die Krankenschwester sie entfernt. Ich hätte sie eben doch magisch verzaubern sollen. Und ich hatte mitbekommen, wie Potter in letzter Zeit öfters zum Krankenflügel aufgebrochen war, warum mich das so interessierte wollte ich gar nicht wissen. Wir steuerten das letzte Bett an. In diesem lag Beks. Mein Schutz- und Rechtsengel. Mein Feuerteufel. Sie befand sich weder in einem Black- noch Pottertrauma und verhielt sich dementsprechend abgeneigt. Aber auch sie war nicht verschont geblieben von den Arbeitern des Teufels. Doch wer konnte schon eine Abneigung gegen Remus entwickeln? Eigentlich niemand der einen gesunden Menschenverstand hatte. "Hey Beks! Wieder zusammen geflickt?", blödelte Megan und setzte sich verkehrt herum auf einen Stuhl neben ihrem Bett, verschränkte die Arme um die Lehne und legte das Kinn darauf. Die schwarzen Haare umrahmten ihr Gesicht, betonten das belustigte Funkeln in ihren Augen, während sie die Patientin musterte, so wie ich nach den Verletzungen suchte und Verbände entdeckte. Rebeka Butterbee lächelte nur selig und rückte ihren Verband an ihrem Oberarm zurecht. Sie war nicht der Typ, der Stolz auf seine Probleme war. Eigentlich war sie das liebste und netteste Mädchen, welches ich kannte. Ich bewunderte ihre Geduld und ihre Naivität, ihre Liebe für winzige Nebendinge und ich liebte ihr Lächeln. Es war diese Art von Lächeln, welche Räume erhellen konnte und Berge zu Fall brachte. "Ich hab gerade mitbekommen, dass James beinahe einen Besensturz nicht überlebt hätte. Sirius wäre beinahe im Dreieck gesprungen und James war wirklich nicht bei sich. Es war unheimlich.“ "Ich glaube, dass der Tod von Elena ihn sehr mitgenommen hat.", warf Megan ein und kippelte mit ihrem Stuhl herum, spitzte automatisch die Lippen, während sie nachdachte, „Selbst einen Teufelsarbeiter haut so etwas um.“ „Ich denke nicht, dass es nur das ist.“, meinte ich und fühlte selbst, dass ich damit eigentlich nur falsch liegen konnte. James war nun wirklich nicht der Mensch, welcher sich keine Gedanken um seine Mitmenschen und Freunde machte. Er fühlte mit ihnen, er hing an ihnen, sie waren ihm wichtig. Die Behauptung aufzustellen, ihn würde das nicht bedrücken oder er würde das ausnutzen war beinahe schon gemein. Nein es war unmenschlich. Aber ich konnte mich bei ihm nicht zusammen nehmen. Er löste bei mir irgendwie Abwehrmechanismen aus und ich konnte sie nicht abstellen. Er hatte mir die Kette geschenkt und ich hatte... ich hatte ihm eine geknallt. Das war zum Beispiel so etwas gewesen. Und doch... ich war sicher eine Heuchlerin, denn es war genau die Kette die ich seit diesem Tag ständig – Tag und Nacht – um meinen Hals trug. Er durfte es bloß nie erfahren. Mir doch egal. Und trotzdem wanderte meine Hand immer wieder zu meinem Hals und berührte die dünne, silberne Kette, mit dem kleinen Anhänger. Immer dann wenn ich unruhig wurde oder ich mit einer Situation nicht zurechtkam. Oder wenn ich.. an ihn dachte. Ich hatte sie eben an weil sie schön war. Ein Diamant in meiner Sammlung. "Sei nicht so herzlos Lils.", beschwor mich Becks, "Du weißt ganz genau, dass er dich mag!" "Da stimme ich ihr zu.", hielt Megan zu ihr und stand auf, "Darfst du den Krankenflügel verlassen?" Becks nickte und schlug befreit lächelnd die Bettdecke beiseite. Ich Lily Evans war herzlos. Das mochte wohl wahr sein, aber ich war es sicherlich nicht immer. Schon gar nicht bei jedem. Nur bei ihm. "Ich grüße euch!“ Die Stimme kam von links. Es war eigentlich so gut wie sinnlos sich in diese Richtung zu drehen, ich kannte das Spielchen. Doch ich fiel immer wieder darauf herein. Jedes Mal. Ich drehte den Kopf nach links, während ich im selben Moment begriff, dass das falsch war. Ich seufzte. Heute war keiner der schönen, leichten Tage. Rechts neben mir setzte sich jemand zu mir an den Tisch. Unser Ritual. Ich schmückte mein Leben sehr gerne mit ihnen. Aber mit ihm waren sie lustiger. Die dunkelbraunen Haare fielen ihm teilweise in die Augen, versteckten das intelligente Funkeln das immer in diesen herrlichen blauen Augen tanzte. Das Gesicht war blass, doch nicht die Art von kränklicher Blässe. Wenn ich ihn mehrere Tage nicht gesehen hatte, wusste ich oft nicht mehr wie sein Gesicht ausgesehen hatte. Es war zum Verschwinden angelegt. Niemand konnte es sich lang in Erinnerung behalten. Und das war wohl einer der Vorteile, derer er sich gerne bediente. Seiner Unsichtbarkeit in Massen. Er wirkte so unauffällig, ungefährlich, niemand kannte das Potenzial. Ich schon. Francis Waters. Auf seinem Umhang, über der Brust stach einem das silbergrüne Slytherinhauswappen ins Auge. Es rief zur Vorsicht. Es züngelte beinahe leise Warnungen aus. Aber ich hatte schon vor langer Zeit aufgehört, auf solchen Unfug zu hören. Das Ungewöhnlichste war wohl, dass ich ihm vertraute. "Dir auch einen schönen Abend Francis.", flötete ich und zog die Augenbrauen hoch, "Seit wann darfst du mit uns gesehen werden?" "Direkt oder indirekt? Sagen wir es so, eigentlich denkt man ich würde um dich werben." erklärte er, während er sich von meinem Teller bediente, den ich ihm wie immer hingeschoben hatte, „Nicht, dass ich das je ernsthaft vorhabe.“ "Danke!" "Sei nicht beleidigt Lils, aber du bist nicht mein Typ.", grinste er und nickte zu den Arbeitern des Teufels hin, "Ich hab gehört, dass er-" "Ich weiß." Mehr brachte ich nicht heraus. Ich wollte nicht über James reden. Nein danke. Außerdem unterhielt ich mich gerne mit Francis und hatte auch nichts gegen seine Späße, aber dieses Thema war selbst für Megan tabu. Er seufzte. Ich hatte schon wieder vergessen, dass er mich lesen konnte wie ein offenes Buch. Ich zog eine Schnute. Auch das vergaß ich immer. Ich vertraute Francis nicht umsonst, ich hatte eben als Eine der Wenigen bemerkt, dass dieser stille Siebtklässler wohl nicht so sehr Slytherin war, wie seine Hausfarben ihn schmücken wollten. Und wie ich dann weiter nachgeforscht hatte war ich schließlich darauf gestoßen, dass Francis wirklich eine tiefere Struktur hatte. Er war der perfekte Spion. "Neuigkeiten?" „Hmmm wie man es nennen will. Es ist nicht viel. In letzter Zeit ist es schwieriger geworden sich in ihrer Nähe aufzuhalten.“, meinte er, als ob er über das Wetter draußen reden würde. Er nahm sich wieder etwas von meinem Teller, ließ den Blick kurz schweifen, „Nott und Dolohow haben anscheinend den Willen von Regulus Black gebrochen. Er ist jetzt in der dritten Klasse, er darf nach Hogsmead, also wird auch er ein Verbindungsmann werden, so einfach ist das. Jedenfalls ist er in den letzten Tagen sehr ruhig und unauffällig. Und wie ich gehört habe ist Lucius Malfoy endgültig zu den Todessern übergetreten, sie erzählen sein Dunkles Mal habe sich in seine Haut gefressen und ihn außer Gefecht gesetzt.“ "Gibt’s doch nicht..." "Ja, hat sich beim Ministerium beworben, anscheinend wurde er angenommen.", er zuckte die Schultern – ich wusste ihm war es gleich solange es keinen Ärger mit sich brachte. Er wollte sich frei im Schloss bewegen können. Mehr wollte er nicht. Seine Hand wanderte in die Innenseite des Umhangs und zog den bekannten kleinen Zettel hervor, den Francis mir kurzerhand zuschob. Wie immer. Ich nahm ihn, schob ihn unauffällig in meine Tasche und musterte meinen Spion sorgenvoll. Er nahm so große Risiken auf sich. Ich wollte nicht daran denken war passierte, wenn man ihn erwischte. Ich wusste dass man darüber sprach, sie flüsterten hinter vorgehaltener Hand darüber, aber noch griff niemand ein. Es war ein Zeitspiel. Ich war nicht gut darin. Aber ich wusste, dass Francis auf einem schmalen Grad wanderte – und das bewusst. Der Slytherin stand auf, legte mir die Hand kurz auf den Kopf und schritt aus der Halle. Einige Momente sah ich ihm nach. Ich wusste sicher nicht einmal die Hälfte des gesamten Ausmaßes hier und doch schien es mir unheimlich wichtig, diese Informationen zu bekommen. Ich brauchte sie. Sie waren wichtig. Ich musste das Puzzle nur zusammensetzen. Irgendwann würde ich wissen, was vorging und ob ich etwas dagegen tun konnte. Irgendwann. Aber noch war dazu nicht die Zeit. Meine Welt drehte sich weiter, es gab keine Beben, kein Aussetzten. Sie drehte und drehte sich unablässig. Noch schien die Sonne. Ich wollte eigentlich noch gar nicht wissen, was dort draußen passierte, aber ich musste. In zwei Jahren würde ich in diese Welt hinaustreten und dann wollte ich nicht überrannt werden. Etwas ging dort draußen vor sich und ich mochte daran Teil haben. Die Augen davor zu verschließen wäre falsch. Aber bis dahin würde ich weiter meine Diamanten sammeln... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)