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Wikingerblut

MIU-Trilogie 1
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieser Teil ist prima geeignet, um ihn hungrig anzufangen und sich dann an entsprechender Stelle was zu essen zu holen. Wirkt dann erstaunlich viel besser! xD
Außerdem ist dies das Kapitel, in dem mit der höchsten Frequenz „Scheiße“ gesagt wird. Zählt doch nach! Komplett anzeigen

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Aufs Blut

Fritz staunte: Der Vampir namens Ned hatte Schnupfen. Oder zuviel gekokst, eins von beidem. Er ging nicht gerade sanft mit seinem Gefangenen um, als er ihn am Oberarm in den angrenzenden Raum zerrte. Dieser Raum glich dem, in welchem Fritz mit Alea eingesperrt gewesen war, und er fragte sich, wie viele weitere Gitterzellen Fiacail Fhola hier unten noch angelegt hatten. Es mussten etliche sein.

Das Licht war hier besser als in Eric Fishs feuchtem, höhlenartigem Gefängnis, aber nicht gut genug, um alle Winkel auszuleuchten. Fritz sah lediglich, dass nur eine einzige, größere Zelle vom Rest des beengenden Raumes abgetrennt war.

»So«, knurrte sein Peiniger und zog die quietschend protestierende Gittertür auf. »Hier kannst du schon mal einen Blick auf das werfen, was dich demnächst erwartet! Hoffentlich macht dir das so viel Angst, dass deine verdammten Klöten abfallen!« Mit Schwung wollte er Fritz ins Innere der Zelle befördern – dann jedoch hielt er noch einmal inne. Blinzelnd musterte er Fritz, und diesem wurde klar, dass die leuchtenden Augen des Vampirs mit den schummrigen Lichtverhältnissen keine Probleme hatten, ganz im Gegensatz zu Fritz’ eigenen. »Was ist denn das, ey? Bist du irgendwie verwanzt? Ah, klaaar bist du das!« Ned pinzettierte den Sender hinter Fritz’ Ohr mit Daumen und Zeigefinger, riss ihn ab und musterte ihn verächtlich; dann ließ er ihn auf den Boden fallen und trat darauf. Es knackste. »Naja, jetzt nicht mehr!«

Betäubung brach mit einem Schlag über Fritz herein. Sein Peilsender! Er war sein einziger Kontakt zur Außenwelt gewesen – zu Elsi, Boris und den anderen! Nun war er allein! Ganz allein!

Ned, der Fritz’ völlige Resignation bemerkte, umfasste dessen widerstandslosen Körper erneut fester. »So, rein mit dir. Viel Spaß!« Damit stieß er Fritz so hart in die Zelle, dass dieser mit dem Kopf voran mitten ins Stroh stürzte, packte die Gittertür und warf sie zu, sodass sie mit einem lauten Scheppern ins Schloss fiel – dann schob er lachend einen Schlüssel in das Schloss und drehte ihn dreimal herum, ehe er, noch immer gehässig kichernd, aber auch leise schniefend, aus dem Raum verschwand.

Die Stille, die sich anschloss, war perfekt.

Und Fritz hatte das Gefühl, innerlich erstarrt zu sein. Es war alles vorbei. Er war eingesperrt, mutterseelenallein, hatte nicht einmal mehr die Wanze im Ohr. Was sollte er jetzt anfangen? Wie sollte er hier rauskommen? Wie überleben? Der Schock saß tief in seinen Eingeweiden. Minutenlang war er zu gar keiner Regung fähig. Stille umgab ihn so dicht und unangenehm wie das Stroh, füllte den kühlen Raum zwischen vier kahlen Wänden.

Irgendwann kam doch wieder Bewegung in ihn. Mehr automatisch als zielgerichtet streckte Fritz die zitternden Hände vor, tastete sich durch die raschelnden Halme. An den Wänden waren sie dick aufgehäuft, wie er es schon kannte. Zur Linken in der Wand war kurz über dem Boden ein kleiner Wasserhahn angebracht; darunter hatte man einen braun angelaufenen Gitterrost eingelassen, kaum größer als Fritz’ Hand. Nein, eine Fluchtmöglichkeit war das nicht. Fritz bückte sich und drehte den Hahn auf, um ein paar Schlucke zu trinken. Das Wasser war eiskalt, aber ganz klar und sauber. Immerhin – daran mangelte es also nicht. Hoffnung keimte jäh wieder in ihm: Wenn sie ihn nicht mit Blut fütterten, so konnte er gut damit leben. Fünf Tage Nulldiät, naja, waren nicht angenehm, aber für einen Menschen durchaus überlebbar. Die Frage war nur, was danach kommen sollte …

Wie schon bei seiner ersten Gefangenschaft begab sich Fritz ergeben zu dem Strohberg und begann damit, die piekenden gelben Halme umzuverteilen. Er würde es sich an diesem bedrückenden Ort so gemütlich wie möglich machen. Es quälte ihn, dass der Sender hinüber war. Ein aufmunterndes Wort hätte er jetzt – und auch über die nächsten fünf Tage – sicherlich gut gebrauchen können … Seufzend hob Fritz einen Arm voll Stroh nach dem anderen beiseite und häufte es zu einer Art Bett.

Ich muss überleben, mahnte er sich. Einfach durchhalten. Wie Eric. Das geht. Ich kann das!

Beinahe blindwütig fuhr er mit der Arbeit fort, und sie half ihm, die schlimmen Gedanken in Schach zu halten, was bedeutete, nicht den Verstand zu verlieren. Das war gut. Guuut.

Dann hatte er den größten Teil der notdürftigen Unterlage abgetragen. Und ihn ergriff das unheimliche Gefühl, dass dort im Stroh, unter seinen Fingern, noch etwas anderes war. Etwas … Er tastete, schob zaghaft, doch beherzt die Hände tiefer in die Streu –

– und erschrak fürchterlich.

Fritz sprang auf und prallte mit dem Rücken gegen die Gitter. Was zum – ?! Eine Hand auf sein Herz pressend stierte er auf den reglosen Körper, der sich offensichtlich unter dem vielen Stroh verbuddelt hatte und dort gestorben war. Ja, gestorben! »Scheiße!«, quietschte er. Hatten die das gar nicht bemerkt? Wussten die nicht, welche Gefangenen in welchen Zellen hockten und wann sie tot waren?!

Er musste sich zu beruhigen. Keine Panik. Das brachte nichts. Nichts, klar?!

Fritz beruhigte seinen Atem. Es dauerte mehrere Minuten, doch es ging. Dann zwang er sich, zu der Stelle zurückzukriechen. Ganz langsam kniete er sich wieder neben die Leiche und begann, das Stroh vorsichtig, als könnte er den Toten wecken, von dessen Kleidung zu klauben. Oh Gott, wie unheimlich! Ihn schauderte. Aber er brauchte das Stroh, jeden Halm, sonst würde er bald frieren. Überwindung, Fritz! Tote tun nichts mehr!

Mit einem Mal stellte er fest, dass er die Jacke kannte. Das dunkle Leder … Der Lammfellkragen … Was – ?

Entsetzen durchzuckte ihn wie ein heißer Blitz. Micha! Fritz erkannte ihn augenblicklich. Er hätte ihn überall erkannt, jetzt, da er sein markantes Gesicht sehen konnte. Ohgottohgott! Zitternd wischte Fritz die Halme von der Wange des Vampirs und zupfte sie aus dem gleichfarbigen Haar. Jetzt verstand er, was Ned gemeint hatte: Hier kannst du schon mal einen Blick auf das werfen, was dich demnächst erwartet! Hoffentlich macht dir das so viel Angst, dass deine verdammten Klöten abfallen!

Fritz holte tief Luft und zwang sich erneut zur Ruhe. Er durfte jetzt nicht durchdrehen, sondern musste methodisch vorgehen. Ja.

Der Berührungstest ergab: Micha war kalt. An der Stirn, im Nacken, auch am Bauch unter der Jacke – überall. Aber Eric hatte gesagt, Vampire würden schon vor dem Tod kalt. Hastig drückte Fritz drei Finger in Michas Kehlgrube. War da vielleicht doch noch etwas? Irgendwas? Nein. Oder … Doch. Ja. Ein kaum tastbarer, langsamer Puls. Micha war noch am Leben. Allerdings, und das ließ sich nicht leugnen, war er mehr tot als lebendig. Diese ganzen Reflexe, von denen Ingo geredet hatte, waren bestimmt schon erloschen. Oder? Vorsichtig rüttelte Fritz an der Schulter des blonden Mannes. »Micha? Micha … Ich bin’s, Fritz. Hörst du mich?« Null Reaktion. Fritz rüttelte fester. »Micha! Micha!« Oh Schreck, bloß nicht zu laut werden – Frais’ Schergen wachten mit Sicherheit in der Nähe! Fritz beugte sich tief über Michas Ohr und zischte heiser seinen Namen, einmal, zweimal. Erfolglos.

Vielleicht war Micha in Thanatose gefallen. Hatte sich selbst gefreezt, wie die MIU-Vampire es nannten. Fritz untersuchte seinen Hals, fand aber keine Würgemale. Verkrampft war er auch nicht. Und: Als Fritz einen Moment lang Michas Brust beobachtete und ein Ohr über seine Nase hielt, stellte er eine sehr langsame, flache Atmung fest. Nein, nichts Freeze. Micha war wirklich so im Arsch, wie er aussah.

Ganz vorsichtig schob Fritz mit dem Daumen die Oberlippe des Vampirs hoch. Darunter kamen die langen Fangzähne zum Vorschein. Fritz erinnerte sich, dass hungernde Vampire die Kontrolle über ihre Dentes sanguinis verloren. Ob es wohl half, wenn er …? Ich muss es versuchen. Zu was anderem kann ich mich ja doch nicht überwinden. Fritz raffte allen Mut zusammen und zog seinen Daumen über Michas Fangzahn. Der Schnitt brannte. Schnell sah er beiseite, als der messerscharfe Hauer seiner Haut Blut entlockte. Ohne hinzusehen, rieb Fritz den Blutstropfen an Michas kalter Zunge ab und erzitterte.

Die Reaktion fiel nicht so prompt aus wie befürchtet, aber sie kam: Michas Körper durchlief ein Zucken. Seine klammen Finger umschlossen Fritz’ Handgelenk, dessen blutender Daumen noch halb in seinem Mund steckte, erst sanft, dann packte er plötzlich zu – ein jäh festerer, dennoch seltsam kraftloser Griff. Schaudernd wich Fritz zurück und machte sich los, wobei er mit dem Hintern in seinen Strohberg fiel.

Micha regte sich, leckte sich die Lippen und machte blinzelnd die Augen auf. Unter den schweren Lidern war sein Blick desorientiert und ging durch alles hindurch; es sah nicht aus, als würde er Fritz erkennen. Dann jedoch sagte er ganz leise, mit mehr Lufthauch als Stimme: »Duu …? Was machst duu hier …?«

Fritz starrte ihn an; er war auf der Hut. »Na, ich, äh … bin wieder da …«

»Oh … Scheiße.« Micha versuchte sich zu bewegen, aber er konnte nicht einmal den Kopf heben. »Ich wünschte, ich könnte … dich einfach … anfallen … Aber kann ich nicht.« Er bleckte hilflos die Zähne. »Scheiß…beiß…hemmung …«

Beißhemmung … Also doch. Micha konnte ihn nicht beißen, er konnte nicht!

Die ganze Zeit hatte Fritz gehofft, dass es so kommen möge. Nun stellte ihn dieser Umstand vor die schier unmögliche Aufgabe, das Nötige selbst zu tun. Wie betäubt griff er in seine Tasche und holte das Lassmesser hervor.

Micha sah das Werkzeug und keuchte überrascht auf. »Oh, Gott sei Dank … du hast ein Flebotomum! Oh, Mann … Benutz es … loos … Ich hasse Betteln, aber … bitte … bitte …«

Der jetzt sehr glasige eisblaue Blick bohrte sich in den von Fritz; dieser begann wie in Trance, sich den linken Ärmel hochzukrempeln. Doch der verzweifelte Bann brach, als es daran ging, die kleine Klinge in die Ellenbeuge zu treiben. Fritz schüttelte sich vor Abscheu. »I-I-Ich kann nicht, es …«

»Nein, nein, nein«, keuchte Micha, »… drück den Dorn an die Vene … und hau auf das andere Ende … Stell dich doch nicht so an …!«

Fritz wollte es versuchen. Er wollte es wirklich. Auch wenn er, weil er die Vene nicht stauen konnte, nicht wirklich wusste, wo sie verlief, so hatte er trotzdem vor, dieses fiese Gerät in sie hineinzurammen. Seine rechte Hand hing bebend über dem Schlegel, der den Dorn durch die Haut befördern würde. Er musste nur den Mut finden … Er musste

Minuten vergingen. Minuten, in denen Fritz’ Hand zwar zitterte, er es aber nicht über sich brachte, die entscheidende, entschlossene Bewegung zu machen.

»Fritz«, jammerte Micha flehend. »Bitte

Fritz kniff die Augen zusammen, sammelte sich und versuchte zuzuschlagen. Seine Hand stoppte über dem Eisen. Es ging nicht. Es ging nicht! »Scheiße!« In einem Anfall von ungehemmtem Stress und Zorn ergriff Fritz die Fliete und schleuderte sie in hohem Bogen durch die Gitter. Sie prallte mit einem lauten Plong an der gegenüberliegenden Wand ab und blieb auf dem Steinboden liegen. Völlig unerreichbar.

Micha wimmerte auf vor Verzweiflung. »Du Vollidiot!«

»Es tut mir so Leid, Micha!«, beteuerte Fritz entsetzt, als ihm klar wurde, was er getan hatte. »Ich konnte nicht! Ich konnte einfach nicht!«

»Ich hab’s gesehen … Oh, Fritz … Wenn du doch bloß Eier hättest, du Scheißkerl …«

Fritz versuchte, Michas Gejammer auszublenden. Dieses Spiel war vorbei. Er hatte getan, was er konnte. Mehr war nicht zu machen. Bei aller Liebe! Bei allen Mühen! Er konnte nicht helfen, egal was passierte. Es ging nicht anders. Micha musste sterben. Es ging nicht anders! Fritz kauerte sich zusammen und presste sich die Hände auf Augen und Ohren. Durchhalten. Er musste das hier nur überstehen. Es gab nichts mehr für ihn zu tun. Gar nichts.

»Fritz«, sagte Micha sanft, nachdem eine ganze Weile nichts passiert war. »Fritz … pass auf. Plan.« Als er sah, dass Fritz eine Hand vom Ohr nahm, sammelte er sich und versuchte, trotz der Anstrengung deutlich zu sprechen. »Also … Irgendwann … wird dieser rotnäsige Spasti wiederkommen … und feststellen, dass ich tot bin. Tu so, als wärst du völlig neben dir … drück dich an die Wand, roll die Augen und laber Schwachsinn vor dich hin … und wenn er gerade nicht aufpasst … krall ihn dir. Sei schnell. Du … wirst nicht viel Zeit haben. Der Schlüssel ist in seiner rechten Hosentasche … Hol ihn dir, sperr den Wichser hier ein … und schon bist du frei.«

Fritz sagte nichts. In diesem Moment hielt er nicht viel von sich. Wenn es so um seine Tapferkeit bestellt war, dass er nicht mal einem sterbenden Vampir etwas Blut geben konnte, dann konnte er sicherlich auch keinen Feind überwältigen. Er konnte gar nichts. War zu nichts zu gebrauchen. Nur ein Idiot, den man dazu abkommandierte, irgendwo zu warten. Der nichts alleine zu Wege brachte.

Es war auch unwichtig. Ganz egal, wie es ausgehen würde – es würde sich erst etwas in Bewegung setzen, wenn Micha tot war. Fritz zwang sich hinzusehen: Micha lag ausgestreckt im Stroh und atmete schwer, aber er schien immerhin keine Schmerzen zu haben. Vielleicht würde er innerhalb der nächsten Minuten einfach ruhig einschlafen. Viel Kraft konnte ihm der einzelne Tropfen Blut nicht gegeben haben. Es war bald vorbei … bestimmt.

Als Micha die Augen wieder öffnete, bemerkte er Fritz’ mitleidigen Blick. Ungehalten knurrte er: »Glotz mich … nicht so an, du … blöde Ficksau …«

»Warum beleidigst du mich?«, fragte Fritz, der sich unsäglich elend fühlte.

»Weil du mich begaffst … wie ’nen krepierenden Köter! Das hat was von … Spannerei … weißt du das?« Er leckte sich die Lippen und fügte leise und erstickt hinzu: »Du mieses Arschloch.«

Fritz wandte den Blick ab. Außerhalb der Gitter lag die Fliete, ansonsten gab es dort nichts zu sehen. Alles war still. Die Ruhe war unerträglich. Durchhalten … Aber das war leicht gesagt. Er ertappte sich dabei, wie er durch seine Handflächen hindurch auf die gequälten, langsamen Atemzüge lauschte. Es half nicht, an nichts zu denken. Die Situation war so verdammt gegenwärtig. Sie ließ sich nicht ausblenden.

Als kleiner Junge hatte Fritz seinen Hund sterben sehen, einen schwarzen Terriermischling. Daran konnte er sich noch gut erinnern. Das Tier war an einer Magendrehung gestorben. Es hatte in Fritz’ Armen gelegen. Krämpfe … Hecheln … Zappeln … Zucken … Schnappatmung … dann das komplette, endgültige Erschlaffen. Die offenen, starren Augen, das Heraushängen der Zunge. Der Tod war ein scheußlicher Anblick. Nächtelang hatte das Bild Fritz in seinen Alpträumen verfolgt. Das Schlimmste daran war, dass die Agonie, der Todeskampf, sich über Stunden hinziehen konnte – Stunden, die auch für alle, die es mit ansehen mussten, zur Qual wurden. Der Todeskampf des Hundes war grausam gewesen, so grausam, dass es ihm als kleinem Jungen jeden logischen Gedanken geraubt hatte, überhaupt nichts tun zu können, um das Leiden auf irgendeine erdenkliche Weise zu lindern oder zu beenden.

Einen ähnlichen Gedanken schien auch Micha zu haben. In ängstlichem Ton fragte er: »Was glaubst du, wie es schneller geht … wenn ich rumzappel … oder wenn ich ruhig bin und versuche einzuschlafen …?«

»Ich … weiß nicht«, gab Fritz leidvoll zurück. »Bist du nicht … müde?«

»Doch … total müde.« Wieder lag Micha ein paar Minuten lang ganz still. Dann sprach er wieder. Noch leiser. »Hör mal, ich … rede jetzt nur noch einmal mit dir, versprochen … aber du … du musst meiner Familie was sagen. Ja, du … dachtest wahrscheinlich, ich hätte keine, aber …«

Vor Fritz tauchte Kitty auf. Er konnte es nicht verhindern. Seine Frau machte sich unglaubliche Sorgen um ihn. Seit er mit der MIU aufgebrochen war, hatte sie fast jeden Tag angerufen und sich immer dieselben, eintönigen Antworten angehört, weil er ihr nichts über seine Arbeit erzählen durfte. Es hatte sie nicht davon abgehalten, sich jeden Abend aufs Neue nach seinem Wohlbefinden zu erkundigen. Weil sie ihn liebte.

Konnte man irgendjemandem das antun? Konnte er Micha das antun?! Fritz glaubte, er müsste jetzt wirklich den Verstand verlieren. Michas Familie sagen, dass er mit Schuld an seinem Tod war? Um Himmels Willen, nur das nicht!

Er stieß einen hellen Schrei aus, in dem sich Wut und Verzweiflung mischten, und presste sich beide Hände an die Schläfen. »Wenn ich doch nur keine Angst vor Blut hätte!«, stöhnte er, und seine Fingerknöchel wurden weiß. »Wenn ich nur ein bisschen mehr Eier hätte! Ich will dir doch helfen, ich will dir helfen, aber ich kann mich einfach nicht – !«

Hineinversetzen.

Fritz verstummte. In seinen Ohren hallten plötzlich Erics scharfe Worte nach: Wenn du also meinst, du kannst ihm dein Blut nicht anbieten, dann versuch verdammt noch mal, dich in ihn hinein zu versetzen!

Hineinversetzen. Blut. Hineinversetzen!

Da wusste Fritz endlich, was er tun musste.

Er packte Michas schlaffe, kalte Hand, die keinerlei Widerstand leistete, und drückte sie an die Lippen des Vampirs, was Micha wiederum ohne Protest beließ. Als endlich ein zäher, dunkler Tropfen aus dem geritzten Handballen quoll, beeilte Fritz sich, die Augen zuzukneifen und das kalte Blut aufzulecken.

Er hatte nicht gewusst, was ihn erwartete. Voller Entsetzen ließ er Michas Hand los, als sein ganzer Körper in Qualen aufschrie. Scheiße, was hatte er sich da nur vorgenommen?! Das war – …!

Ohne den Kontakt verschwand das Chaos. Micha sah aus trüben Augen zu Fritz auf. Er hätte jetzt etwas sagen können, etwa ›Gib mir Blut‹, und Fritz hätte gehorchen müssen, egal wie. Doch Micha sagte nichts. Selbst jetzt, als es um sein Leben ging, zwang er Fritz kein zweites Mal unter seine Blutfessel.

Mühsam beherrscht streckte Fritz erneut die Finger aus, um ihn anzufassen und zu teilen. Er konnte nur helfen, wenn er mit jeder Faser seines Körpers mitfühlte.

Auch diese nächste Berührung war ein Albtraum. Fritz musste seinen ganzen Willen zusammennehmen, um nicht mit einem Aufschrei zurückzuzucken. Eine rasende Verzweiflung pulsierte durch seinen ganzen Leib, und grässliche Schmerzen, die aus seiner Mitte in alle Richtungen ausstrahlten, mischten sich mit roter Todesangst. Sein Herz würde rasen, wenn es könnte, doch da war keine Kraft, die vom Feuer des Hungers nicht verzehrt worden wäre, kein Widerstand mehr, die brechenden Dämme zu halten. Unaufhaltsam rückte das Ende näher. Grelle Pein loderte in ihm. Das Wissen, dass er nicht überleben würde. Nur noch Minuten, bis sein Leben zu Ende war. Die lähmende Schwäche, die ihn kaum noch atmen ließ. Die grausame Kälte, die ihn vereinnahmte. Fast wünschte er sich, es wäre endlich vorbei …

Doch … Blut. Rotes, heißes Blut! Es saß dort, weniger als einen halben Meter entfernt. Es sträubte sich. Dieses Vieh, das ihn sterben ließ. Das kein Erbarmen kannte. Das sich aus Feigheit nicht dazu durchringen konnte, das Eine zu tun, das ihn vor dem Tod retten würde. Das ein Lassmesser lieber in hohem Bogen durch die Gitter warf, als mit einem sanften Stoß eine Leben spendende Ader zu öffnen. Das einfach nur zusah. Das ihn folterte. Ihn vor vollen Schüsseln verhungern ließ.

Aber Fritz war nicht so ein Monster. Jetzt nicht mehr.

Mit der Kraft der Gier und der Angst, die er mitfühlte, packte er Michas schlaffen Körper und zog ihn hoch, lehnte ihn gegen sich, sodass er selbst ins Stroh fiel und Micha, der keine Bewegung mehr allein machen konnte, halb auf ihm lag. Von ihm ging so viel Kälte aus, dass Fritz unter seinem Gewicht zu erfrieren glaubte.

»Beiß mich!«, japste er. »Micha, ich bitte dich, mich zu beißen!«

Er musste kein zweites Mal bitten.

Die Unwiderstehlichkeit der Einladung jagte einen Impuls letzter Kraft durch den Körper des Vampirs. Seine Hand krallte sich in Fritz’ Haarschopf, riss sein Kinn hoch und legte die Kehle frei. Dann schlugen die Fangzähne ein. Ein scharfer, heftiger Schmerz schoss durch Fritz’ Hals, doch er erstarb sofort, und an seine Stelle trat dumpfe Betäubung. Eine heiße, schwindelige Welle rollte von dem Biss aus hinauf in sein Gehirn – und vor seinen Augen begann alles zu verschwimmen. Wahrnehmungen rückten in die Ferne. Seine Lider flatterten. Jeder Widerstand brach. Das Vampirgift wirkte.

Und immer noch teilten sie. Fritz konnte das ekelhaft schmerzende, nach Blut schreiende schwarze Loch in Michas Innerem spüren. Der Vampir zog die Zähne einen Millimeter zurück, sodass sie die Wunden nicht mehr verschlossen; er hatte die Wand der Drosselvene durchbohrt, und nun floss, endlich, warmes Blut in seinen Mund.

Fritz fühlte die Erlösung. Fühlte das Überschäumen der Sinne, die Beschleunigung des Herzschlags. Sein Körper – oder Michas, oder wessen auch immer – begann zu beben wie im Fieber. Der intensive, metallische Geschmack war überwältigend, so salzig, so sprudelnd, so lebendig. Micha fing in großen, gierigen Schlucken an zu trinken. Das Vakuum in ihm begann sich zu füllen wie ein vertrocknetes Flussbett mit warmem Regen.

Die ersten Sekunden waren lebensrettend. Danach musste Micha keuchend innehalten. Er war so schwach. Seine entkräftete Kehle konnte nicht so schnell schlucken, wie das Blut hervorquoll. Es rann mit Speichel vermengt zu beiden Seiten des Halses hinunter.

Fritz war das völlig egal. Wenn er nicht Michas tobenden Hunger spürte, driftete er durch Wolken. Sein Zeitgefühl verschwand. Es war unwichtig, dass jemand sein Blut trank, und noch unwichtiger, wie viel davon. Micha sollte haben, was er brauchte.

Das Blutsaugen zog sich hin. Fast eine halbe Stunde lang versuchte der Vampir mühsam, seinen krampfenden Magen mit Nahrung zu füllen; es dauerte viel länger, als es sollte. Er hatte einfach keine Kraft. Ständig musste er das Trinken unterbrechen und keuchend Atem holen. Zwar konnte er, angepasst an saugende Ernährung, gleichzeitig schlucken und inhalieren, doch jetzt brachte ihm das nicht genügend Sauerstoff, um die Anstrengung auszuhalten. Es war pures Glück, dass man ihn und sein Opfer so völlig sich selbst überlassen hatte.

Irgendwann kam Fritz langsam wieder zu sich. Vielleicht war er kurz weg gewesen, vielleicht hatte auch nur seine beeinträchtigte Wahrnehmung ihm einen Streich gespielt. Er lag noch immer im Stroh, und noch immer saugte Micha unter größter Anstrengung Blut aus seinem Hals. Sein Atem ging schleppend und mühsam.

Es war gerade noch rechtzeitig, begriff Fritz. Nur eine Minute später, und er wäre zu schwach gewesen, um mich zu beißen …

Langsam wurde es unangenehm. Fritz merkte, wie er unruhig wurde. Vor seinen Augen flimmerte es, und eine beunruhigende Schwäche befiel ihn – diesmal war es seine eigene. »Mmmicha …«

Der Vampir hielt ihn fest. »Später«, keuchte er. »Man redet nicht beim Essen.«

Fritz zwang sich zum Wachbleiben. Da das Gift nicht mehr wirkte, nahm seine Angst zu. Er hatte kein gutes Blutvolumen. »Micha … Du musst mich … Du kannst nicht …«

»Ist ja gut«, antwortete Micha und zog endlich seine Zähne wieder ein. Er war immer noch an der Wunde zugange, saugte aber nicht mehr an der Vene. Nur wenige Sekunden später ließ er ganz von ihr ab und kroch von Fritz herunter.

Fritz blinzelte. Seine Hand zuckte an die kribbelnde Stelle, wo die Zähne gesteckt hatten. Sie war ein bisschen feucht, aber sauber. Nirgends war Blut.

»Echte Vampire hinterlassen keine Sauerei«, erklärte Micha schwach. »Die Wunde ist dicht.« Er hatte sich kraftlos an die Wand gelehnt und die Augen geschlossen. Beißen und Saugen hatten ihn völlig erschöpft. Fritz streckte prüfend eine Hand vor und fand die von Micha; der Puls, den er dort ertastete, pochte jetzt ganz kräftig und schnell. Der Körper des Sängers bemühte sich, die Temperatur wieder hochzutreiben.

»Wir müssen hier raus«, stellte Fritz fest. Ihm war übel.

»Hmmm.«

»Kannst du aufstehen …?«

»Einen Moment noch … dann ja … Was ist mit dir?«

»Keine Ahnung … Ich würde sagen, wir behalten den alten Plan bei … aber du machst Rotznase fertig.«

Micha nickte langsam. »Dann machen wir es so. Wenn wir Glück haben, kann ich bis dahin noch ein bisschen verdauen … Scheiße, ich bin voll erledigt.«

Fritz war ebenfalls erledigt. Wenn er den Kopf bewegte, drehte sich alles. Trotzdem fühlte er sich auf seltsame Weise gut. Er hatte es am Ende doch noch fertig gebracht, genau das zu tun, was nötig war. Was richtig war. Micha war satt – vorerst. Jetzt musste er sich nur noch erholen.

Es dauerte nur ein paar Minuten, bis der Vampir namens Ned zurückkam. Sie hatten großes Glück gehabt. Hastig zog Fritz sich beim Näherkommen der Schritte in eine Ecke der Zelle zurück – er musste sich kriechend dorthin schleppen, denn sein Kreislauf erlaubte ihm keine großen Sprünge – und kauerte sich zu einem Häufchen Elend zusammen. Micha hingegen grub sich wieder halb ins Stroh ein und gab sich Mühe, tot auszusehen. Er stellte sogar sein heftiges, von der jüngsten Anstrengung zeugendes Atmen ein, als der Fiacail-Fhola-Vampir lässig den Raum betrat.

»Na, meine Süßen? Wie ist es euch ergangen, hmmm?«

»Oh Gott, oh Gott, oh Gott«, wimmerte Fritz ohne Unterlass vor sich hin. »Ihr habt ihn umgebracht … Ihr habt ihn ausgehungert … oh Gott, oh Gott …«

Ned zog die Nase hoch und grinste triumphierend, ehe er behäbig die Gittertür aufschloss. »Hat der alte Köter also endlich sein Leben ausgehaucht, ja? Na, wurde ja auch Zeit. Einen so zähen Bastard hab ich lange nicht gesehen. Muss alt gewesen sein.« Fritz in der Ecke nicht beachtend, kniete er sich leise pfeifend zu Micha, wischte mit der Hand das Stroh von seinem Hals und prüfte mit der anderen den Puls.

Micha verlor keine Zeit. Im selben Moment schnellte er hoch wie ein Geschoss und rammte die Fangzähne in Neds Hals, wo er ihm eine geradezu barbarisch blutende Wunde beibrachte. Als der andere Vampir, von Schmerzen und Überraschung völlig überwältigt, beiseite sackte, stahl Micha den Schlüssel, griff nach Fritz und schleppte ihn nach draußen. Hinter ihnen fiel die Zellentür mit lautem Scheppern ins Schloss.

»Heeeeeey!«, kreischte Ned und presste eine Hand an seinen Hals. »Ihr werdet es hier nie, niiiiie rausschaffen, ihr Scheißkerle!« Das Blut, das schäumend unter seiner Hand hervorspritzte, war hellrot, wie Fritz würgend feststellte. Micha hatte nicht nur die Vene, sondern auch die Halsschlagader aufgerissen.

»So, Fritz, und wir machen jetzt ’nen gepflegten Abgang, solange wir noch können!«, knurrte Micha. »Wir müssen uns einen Weg hier raus suchen!«

Fritz konnte immer noch nicht stehen; er kippte um, als Micha ihn losließ. Hinter seiner Stirn schwankte alles. »Nnnnein … Micha, Eric, wir müssen … Er ist nebenan!«

»Oh. Hast Recht. Der olle Hecht muss auch mit, sehe ich ein.« Und wieder packte er Fritz und kämpfte sich, mit ihm beschwert, zur Zimmertür.

Als sie den dunklen, feuchten Raum erreichten, war die Enttäuschung groß: Alle Ketten hingen schlaff an der Wand. Eric war nicht mehr dort.

»Oh, Scheiße!«, stöhnte Fritz, über die Maßen entmutigt. »Sie räumen das ganze Versteck! Wir waren also die letzten Gefangenen, die noch hier eingesperrt bleiben sollten! Micha, wir müssen die anderen finden! Ingo, Marco, Basti! Wenn ich nur den Sender noch hätte …«

»Keine Ahnung, wovon du redest, aber hier ist der Zug abgefahren«, stellte Micha fest. »Machen wir, dass wir hier weg kommen!«

Fritz wollte widersprechen. Er suchte nach Argumenten, nach Einfällen, doch in seinem wirren Geist reihte sich kaum ein Gedanke an den anderen. Wohin wurde das Versteck verlagert? Wo waren alle hin? Gab es überhaupt eine Möglichkeit, aus dem unterirdischen Irrgarten zu entkommen? Während er verzweifelt versuchte, wieder Herr seiner Sinne zu werden, musste er sich hilflos von Micha davon schleifen lassen. Der Vampir suchte zielstrebig mithilfe seiner nun wieder funktionstüchtigen Sinne einen Weg nach draußen. Weg vom Feind. Sie waren zu angeschlagen, um zu kämpfen; das begriff Fritz allmählich. Trotzdem wünschte er sich sehnlichst, mehr tun zu können als nur – wieder einmal – davonzulaufen.
 

»Arrrrrrrrrrrrrrr!« Wütend ließ El Silbador seine Faust auf die Tischplatte neben der Tastatur niedersausen, nur um danach heftig die schmerzende Hand zu schütteln. »Au! Kackfick! Ich hab sie verloren! Alle verloren! Verdammt, wo sind sie hin?!«

»Jetzt beruhig dich mal!«, verlangte Boris beinahe empört. »Geschrei und Gefluche bringt doch nichts! Wo waren sie zuletzt?«

»Hier!« Elsi tippte hektisch auf den Bildschirm, wo der Scan des Lageplans aufgerufen war. »Unter dem Neubau der Biologischen Fakultät! Fritz war hier unten an der Mensa Siedepunkt, und irgendwo da muss auch Eric sein … Er war zuerst weg … und jetzt sind alle weg!«

Boris betrachtete den Plan mit wachsendem Unbehagen. Neben sich sah er Elsi vor Anspannung zittern. Seine eigene Aufmerksamkeit galt dem iPhone; sie warteten nun schon den ganzen Tag auf eine Rückmeldung von Schandmaul. »Krieg dich wieder ein, in Ordnung? Geh lieber zu den anderen. Ich übernehme.«

Elsi, der noch immer auf den Bildschirm stierte, holte tief Luft und sah nur ganz kurz zu ihm rüber. »Jaja … Ich brauch ’ne Pause, das kannst du mir glauben … Ach, verdammter Scheiß!«

Erzürnt über sein eigenes Versagen erhob sich der junge Mann augenrollend von seinem Platz am Laptop, um Yellow Pfeiffer Platz zu machen, der ihn bereits mit den Blicken aufspießte.
 

Sich den Schweiß von der Stirn wischend floh El Silbador zu seinen Bandkollegen. Falk und Lasterbalk fand er, wie nicht anders zu erwarten, bei Alea. Der Sänger hatte sich auf der Liege so klein wie möglich gemacht. Sein Blick zuckte kreuz und quer durch den Raum, und als er Elsi sah, schien er statt des vertrauten Kollegen etwas höchst Bedrohliches wahrzunehmen. Selbst von der Tür aus sah Elsi, wie Aleas Augen sich weiteten.

Ach ja, fiel es dem Bandjüngsten wieder ein, da war ja was. Special-K-Trip.

Während Lasterbalk eher unbeteiligt an die Wand gelehnt stehen blieb, beugte Falk sich mit gefurchter Stirn über den Sänger. »Keine Angst, es ist nur Elsi.«

Alea stöhnte und wand sich. »Fuck, ich sehe überall Vampire!« Schweiß glitzerte auf seiner Stirn. »Wann hört das endlich auf?«

»Ich versichere dir, hier gibt es keine Vampire. Das würdest du schon merken.« Wie immer log Falk sehr überzeugend. Der warme Klang seiner Stimme schien Alea tatsächlich zu besänftigen, denn dessen Körper verlor augenblicklich an furchtsamer Spannung.

»Würden sich bloß die Scheiß-Wände nicht bewegen«, murrte der Sänger vor sich hin und legte einen Arm über die Augen.

Elsi schätzte die Situation nunmehr als harmlos ein und trat vorsichtig näher. »Wir haben die Signale verloren«, erlaubte er sich den anderen mitzuteilen.

»Das ist Mist«, murmelte Falk.

»Wo sind Simon, Asp und Silvio?«

»Beim Chefchen. Führen ein … Verhandlungsgespräch. Ich glaube, wir anderen haben uns gerade viel zu schlecht im Griff, um Buschfeldt nicht an die Kehle zu springen.«

Seufzend sah El Silbador ebenfalls auf die Uhr. Es war schon später Nachmittag, und abgesehen von Aleas Bewahrung vor einer erneuten Entführung war der Tag alles andere als erfolgreich verlaufen. Aber was, fragte er sich, haben wir denn auch erwartet? Dass unser Außenteam in das Versteck spaziert und mit Eric und Micha wieder rausspaziert? Er musste zugeben: Ja. Genau das hatten sie gehofft.

Unverrichteter Dinge ließ er seine Bandvampire im Bockshof wieder allein. Die kümmerten sich sowieso nicht um ihn, da Alea wieder einmal höchst erfolgreich aller Aufmerksamkeit beanspruchte. Seine Halluzinationen würden, so hatte Bock gewarnt, eine gute Stunde lang anhalten. Falk und Lasterbalk konnten sich einreden, dass sie etwas Sinnvolles taten, indem sie ihn beobachteten.

Und ich?, dachte Elsi matt. Soll ich nutzlos in der Gegend rumstehen?

Zu einem ebenso frustrierten Boris wollte er eigentlich nicht zurück. Vielleicht … ja, vielleicht sollte er sich mal das Lockstück ansehen, das Coppelius dagelassen hatten. Gut möglich, dass ihn das auf andere Gedanken brachte, bis Schandmaul sich meldeten.

Tja, Elsi, dachte er, es wird noch viele andere Tage in deinem Leben geben, die du später am liebsten mit dem Rotstift wieder streichen würdest. Also hör auf zu heulen und komm mal klar.

Einigermaßen ermutigt schlich er mit dem vergilbten Notenpapier in sein Zimmer.



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