Grow Up von Shunya (Take you to Rio) ================================================================================ Kapitel 26: Ich sage, was ich denke, damit ich höre, was ich weiß. ------------------------------------------------------------------ Noch immer saßen wir angespannt im Wagen und vor lauter Schreck hatten wir erst mal beim nächsten McDonald's Halt gemacht und unsere Mägen beruhigt. Der Wagen parkte auf einem der vielen freien spärlich beleuchteten Parkplätze und keiner wusste so recht was er sagen sollte. Den Schrecken mussten wir erst mal verdauen. „Was ist da drin passiert?“, wollte Lake wissen und sah unser neues Truppenmitglied neugierig an. Der kaute noch auf seinem Burger herum und sah Lake an. Er schien noch nicht in der Stimmung zu sein, uns etwas davon zu erzählen. Ich drehte mich herum und sah ihn nun ebenfalls an, während Elias durch den Fahrerspiegel nach hinten sah. Der Barkeeper seufzte und schluckte den Bissen herunter. Er sah sich um, als ob die Leute uns verfolgen würden und jederzeit neben dem Wagen stehen könnten. „Wir haben uns eine Weile unterhalten. Es war einfacher als ich gedacht hatte. Der Kerl war eine richtige Plaudertasche. Er hat auch nicht gemerkt, dass ich ihn ausgefragt hatte. Ich habe mich ziemlich geschickt angestellt, obwohl ich total aufgeregt war. Zumindest hat er nichts bemerkt! Nach einer Weile waren wir dann aber auf einmal nicht mehr alleine. Ein paar komische Kerle haben sich in der Halle blicken lassen. Keine Ahnung, wer die waren.“, erklärte er und schüttelte den Kopf. Lake legte ihm bewundernd eine Hand auf die Schulter. „Was ist mit dem Typen passiert?“, fragte er. Der dunkelhaarige Mann schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. „Wir haben beide Panik bekommen und haben das Weite gesucht. Keine Ahnung, was mit ihm ist. Es sah nicht danach aus, als würden sie uns verfolgen wollen!“ Ich runzelte die Stirn. „Und was hast du jetzt aus ihm herausbekommen?“ „So einiges, auch wenn es nicht viel ist!“ Gespannt sahen wir ihn an. „Er war ziemlich überrascht, dass ich ihn ausgefragt habe. Er dachte wohl, ich wollte Drogen von ihm haben. Wir sind aber doch noch ins Gespräch gekommen. Er kannte Elias' Vater nicht persönlich, aber ein Bekannter von ihm hat mehrmals von ihm geredet. Er soll ihn in seinem Gefängnisaufenthalt in Dois Rios kennen gelernt haben.“ „Dois Rios?“, fragte Elias verblüfft. „Was ist?“, wollte ich wissen und sah verwirrt zu ihm. „Colônia Penal Cândido Mendes!“, kam es von Lake. Ich verstand noch immer nicht. „Ja und?“ „Das ist eines der härtesten Gefängnisse in Brasilien gewesen, zumindest bis 1994! Inzwischen ist es eine Geisterstadt. Auf der Ilha Grande wurden Mörder und Drogenbosse eingesperrt.“, erklärte Lake. „Ilha Grande?“ Ich war noch immer verwirrt. „Ilha Grande ist eine Insel, eine der bekanntesten von Brasilien. Sag nicht, dass weißt du nicht?“, fragte mich der Barkeeper. „Dois Rios ist eine Siedlung an der Südküste. Es heißt so, wegen der beiden Flüsse, die dort in den Atlantik münden.“ „Woher soll ich das bitte wissen?“, murrte ich leicht eingeschnappt. „Tut mir Leid, wenn ich nicht so gebildet bin!“ „Sam war bis vor einiger Zeit in einem Koma...“, erklärte Elias. „Scheiße, das wusste ich nicht!“, meinte der Barkeeper bestürzt. Er sah mich entschuldigend an, also wollte ich auch nicht so nachtragend sein und zuckte lediglich mit den Schultern. “Was ist jetzt mit dem Gefängnis?“, hakte Lake nach. Mein Gegenüber nickte. „Dort war seit 1903 eine Strafkolonie. Soweit ich weiß, wurde nach der Schließung die Strafanstalt trotz Protesten gesprengt, aber einige Gebäude stehen wohl noch. Es gibt dort auch ein Museum. Die Erbauer haben den Weg dorthin extra lang und beschwerlich bauen lassen. Sieben Kilometer musste man damals durch den Dschungel, über Berge, vorbei an Schluchten und rauschenden Flüssen. Früher war es ein Zufluchtsort für Piraten und Korsaren. Im 18. und 19. Jahrhundert legten dort die Sklavenschiffe an und auch wenn 1888 die Sklaverei hier abgeschafft wurde, ist der schlechte Ruf geblieben.“ Ich seufzte innerlich. Wurde das hier eine Geschichtsstunde? „In Zeiten der Cholera wurden europäische Einwanderer hier in Quarantäne gehalten, später Leprakranke. Caldeirão do Diabo.“ „Heizkessel des Teufels...“, flüsterte Lake. „So wurde die Insel damals genannt. Die Menschen wurden unmenschlich behandelt. Zusammengepfercht ohne Essen und von den Wärtern misshandelt.“, erklärte der Mann neben Lake. „Ah! Escadinha!“, erwiderte Lake aufgeregt. „Er war einer der Gründer der Drogenbande Comando Vermelho! Er rannte zu einem Helikopter, der 500 Meter vom Gefängnis entfernt auf ihn wartete und flog davon. Eine spektakuläre Flucht und auch die einzige die geglückt ist.“ „War Elias' Vater auch Mitglied der Commando Vermelho?“, fragte ich. „Ich weiß es nicht, bestimmt nicht. Obwohl sie viel mit Kokain zu tun hatten.“, meinte der Barkeeper und biss von seinem Burger ab, der bestimmt schon kalt war. „1964 wurden dort aber Regimegegner auf das Gefängnis verlegt. Sie waren gegen die Militärdiktatur. Die politische ambitionierten Studenten legten sich mit den Schwerverbrechern zusammen und gründeten die Commando Vermelho. Die meisten Schwerverbrecher hatten aber mit Politik nicht viel am Hut und gingen lieber dem Geschäft mit Kokain nach.“ „War Joseph's Bekannter auch ein Mitglied?“, fragte ich neugierig. „Ich weiß es nicht. Mir wurde nur ein Name gesagt und das ich mit ihm sprechen soll. Vielleicht sollten wir auch noch mal nach Dois Rios und uns die Gegend ansehen?“, schlug der Barkeeper vor. Schweigend hing jeder seinen eigenen Gedanken nach. Was sollten wir jetzt machen? „Sag mal...wie heißt du eigentlich?“, fragte Elias nach einer Weile. Verblüfft sahen wir unseren Mitstreiter an. Stimmt. Wir waren die ganze Zeit zusammen und wussten noch immer nicht, wie er hieß. „Naldo de Souza.“, meinte der Barkeeper lächelnd. „Naldo...“, wiederholte Lake grinsend. Ich musterte ihn prüfend. Lake hatte doch nicht etwa wieder was im Kopf? Der Junge brachte uns wirklich noch mal in Schwierigkeiten! „Du solltest vorerst bei uns bleiben und untertauchen!“, erzählte Elias und sah zu Naldo. Der sah ihn erst überrascht, dann nachdenklich nickend, an. „Wo soll er denn schlafen?“, fragte ich verwirrt. Wir sahen uns unschlüssig an. „Na, bei mir!“, meinte Lake. „Wir rücken etwas zusammen, dann geht das schon.“ Elias und ich sahen Lake misstrauisch an. Lake heckte etwas aus und das war nicht jugendfrei! Da war ich mir sicher! „Wie war eigentlich der Name dieses Mannes?“, fragte Elias. Stimmt, den hatte Naldo uns ja noch gar nicht gesagt. „Benoni Epaminondas.“ „Und wo genau finden wir ihn?“, fragte Lake neugierig. Schien, als wäre er wieder in Aufbruchstimmung. „Sind die Gefangenen nicht längst alle tot? Ich meine, die letzten durften dort frei leben, aber nicht gehen.“, meinte Elias nachdenklich. „Benoni war kein Gefangener. Er war einer der Wärter!“, meinte Naldo. Überrascht sahen wir ihn an. „Hättest du das nicht gleich sagen können?“, fragte ich ungehalten. „Wo lebt er jetzt?“ „In Ribeira.“, antwortete Naldo. Lake zückte sein Handy und gab den Namen in einer Suchmaschine ein. Es dauerte ein paar Minuten. Doch dann erklang sein Stöhnen. „Das sind fast neun Stunden!“, jammerte er. „Das liegt in São Paulo!“, brummte er. Naldo schüttelte den Kopf. „Er sagte, es würde HIER in Ribeira sein. Es muss ein anderes Ribeira in der Nähe sein! Such noch mal!“, meinte er und sah nun ebenfalls auf das Handy. Lake versuchte die Suche zu verfeinern. „Ribeira in Jardim Guanabara. Das sind etwa 30 Minuten. In der Nähe vom Flughafen.“ „Aber wo genau wohnt er da? Wir brauchen die Adresse oder wenigstens eine Telefonnummer!“, meinte ich eindringlich. „Ich werde weiter suchen, lasst uns schon mal zurück zum Motel fahren!“, erwiderte Lake. Ich setzte mich wieder normal hin, während Elias den Motor startete und vom Parkplatz fuhr. Wir hatten Glück, denn auf der Straße war nicht viel Verkehr. Die Ampeln waren uns wohlgesonnen und so kamen wir schnell zurück zum Motel Caricia. Lake war die ganze Zeit mit dem Handy beschäftigt und auch Naldo versuchte ihm bei der Suche nach einem Hinweis auf Benoni zu helfen. Nach kurzer Zeit hielten wir auf dem Parkplatz des Motels und stiegen aus. Wir betraten es und gingen auf unser Zimmer. Gähnend ging ich ins Badezimmer, hielt jedoch inne und verschloss sicherheitshalber die Zimmertür. Bei Elias war es ja okay, aber Naldo wollte ich nicht als Zuschauer haben, wenn ich mich auf der Toilette erleichterte. Ich konnte ihre Stimmen hören und obwohl ich neugierig war, versuchte ich es mir nicht anmerken zu lassen. Möglicherweise lag es aber auch daran, dass ich müde wurde. Nach dem Händewaschen ging ich zurück zu den Jungs in die Küche. „Was ist?“, fragte ich und versuchte so desinteressiert wie möglich zu klingen. „Wir haben die Telefonnummer herausgefunden!“, meinte Lake und sah zu mir. Er hielt mir das Handy vor die Nase, jedoch so dicht, dass ich gar nichts erkennen konnte und so schob ich seine Hand etwas zurück. „Na, das ist doch prima!“, meinte ich und zuckte mit den Achseln. „Ich habe eben angerufen...“, meinte Elias und sah mich angespannt an. Na, das ging aber schnell. So lange war ich doch gar nicht auf dem Klo?! „Und?“, fragte ich. Wieso sahen sie alle aus, wie frisch erwachte Zombies? „Benoni Epaminondas ist letzten Monat gestorben.“, erklärte Naldo enttäuscht. Entsetzt sah ich ihn an. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Er war doch der Einzige, der Elias' Vater kannte! Ohne ihn waren wir aufgeschmissen! „Lasst uns schlafen gehen und morgen sehen wir weiter...“, meinte Elias und rieb sich die Schläfen. Er wirkte geknickt und sah nicht so aus, als hätte er noch große Lust weiterzumachen. Überhaupt war er heute schon den ganzen Tag so ruhig. Ich wusste nicht wieso, aber es beunruhigte mich. „Okay...“, meinte ich ebenso enttäuscht. Elias ging voran in unser Zimmer und ich folgte ihm. Kurz vor der Tür hielt ich jedoch inne, als ich sah, dass Naldo mit Lake in seinem Zimmer verschwand. Konnte mir doch eigentlich egal sein, was die beiden die Nacht über trieben oder? Tat es nur nicht. Ich kam mir schon vor wie der Anstandswauwau, den keiner um sich herum haben wollte. Mürrisch ging ich zu Lake's Zimmer und betrat es, ohne anzuklopfen. Naldo und Lake sahen mich verwundert an. „Naldo schläft bei Elias!“, meinte ich bestimmend und sah Lake herausfordernd an. Der arme Naldo wusste ja gar nicht, worauf er sich einließ, wenn er die Nacht mit Lake verbrachte. Es sei denn, das war sein Plan gewesen? Jedenfalls war es nicht meiner und so schob ich den gutaussehenden Barkeeper aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Lake grinste breit. „Du bist mir doch nicht böse, Schatz? Du weißt doch, ich liebe nur dich!“, säuselte er belustigt. Ich streckte ihm die Zunge heraus und zog mich bis auf meine Boxershorts aus. Hätte ich lieber nicht tun sollen. „Oh~ nicht schlecht!“, meinte Lake anerkennend und ich spürte seine Blicke auf meinem Körper. „Halt die Klappe!“, brummte ich und legte mich ins Bett. Auch das noch! Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Jetzt musste ich auch noch die Nacht mit diesem Lustbolzen verbringen! Wehe, er vergriff sich an mir! Lake ging zur Tür, nachdem er sich ausgezogen hatte und schaltete das Licht aus. Er kam zu mir ins Bett und legte sich, viel zu nahe für meinen Geschmack, neben mich. Ich konnte sogar seinen Atem auf meinem Nacken spüren, was mir sofort eine Gänsehaut bereitete. Was noch schlimmer war, waren seine Hände, die er natürlich mal wieder nicht bei sich behalten konnte. Die landeten nämlich auf meiner Hüfte und rutschten ein wenig tiefer als sie sollten. „Hände weg, sonst hacke ich sie dir noch ab!“, meinte ich drohend. „Was glaubst du denn, was Naldo gerade mit deinem Elias macht?“, fragte Lake leise und ich konnte mir vorstellen, wie er dabei breit grinste und sich irre darüber freute, seine Späße mit mir zu treiben. „Gar nichts! Weil Elias im Gegensatz zu dir treu ist!“, murrte ich und zog Lake's Hand aus meiner Boxershorts, wo sie nun wirklich nicht hingehörte! „Hey, ich bin heiß und du hast mir meinen Spielgefährten weggenommen! Was soll ich denn sonst machen?“, fragte Lake eingeschnappt, auch wenn er es nicht wirklich war. „Du kommst schon noch drüber hinweg...“, meinte ich und schloss meine Augen. Ich wollte jetzt nur noch schlafen und den Schrecken des Tages vergessen. „Und du verpasst deine Chance auf Sex!“ Mann, Lake konnte es wirklich nicht lassen! Irgendwann würde ich ihm noch mal eine knallen! Aber so richtig! Ich drehte mich zu ihm herum und sah ihn wütend an. „Dann tu es doch und fick mich, aber halte bloß deine beschissene Klappe!“, schnauzte ich ihn an. Lake zog die Augenbrauen hoch. „Was ist denn mit dir los?“, fragte er verwirrt. Ich drehte mich wieder herum und beschloss einfach so zu tun, als würde ich alleine im Bett liegen und keine Nervensäge neben mir haben. Lake hielt zum Glück den Mund und so beruhigte ich mich schnell wieder. „Alles okay?“, fragte Lake mich. Gut, er hielt doch nicht den Mund. Was hatte ich auch erwartet? Der Kerl war eine Klatschbase, wie die alten Frauen, immer am Tratschen! Nur wenn sein Freund ihm Nachrichten schickte, dann war er wieder in seiner rosaroten Welt und wir Nebensache. „Ich dachte, du und Elias ihr habt euch wieder vertragen?“, fragte Lake mich neugierig. „Haben wir ja auch!“, brummte ich. Natürlich hatten wir uns wieder vertragen. Es gab noch nicht mal einen richtigen Streit zwischen uns. „Was soll das? Willst du mir Ratschläge geben?“, fragte ich gereizt. „Warum nicht? Fragt sich nur, ob du sie auch umsetzen würdest. Das liegt dann aber an dir!“, meinte Lake gutmütig. Sollte ich ihm wirklich sagen, was mich bedrückte? Sollte ich über diese Dinge nicht eher mit meinem Freund reden? Das ging Lake doch eigentlich nichts an. Ich drehte mich halb zu ihm herum und versuchte im Dunkeln in sein Gesicht zu sehen, was mir jedoch nicht gelang. Es war einfach zu düster und ich konnte nur seine Silhouette wahrnehmen, dabei war Lake mir so nahe. „Elias... Er will nicht mit mir über den Unfall reden.“ Vielleicht kann ich ihm deswegen auch noch nicht näher kommen? Ist es das, was mich zurück hält? Die Tatsache, dass er in meinen Unfall verwickelt war und ich mich an rein gar nichts erinnern konnte? „Ich will mich ja erinnern, aber es geht nicht. Mein Kopf ist leer und Elias leidet.“ „Wenn du krampfhaft versuchst dich zu erinnern, kann das ja auch nichts werden!“, meinte Lake und stieß mir den Zeigefinger gegen die Stirn. „Warte einfach ab! Irgendwann kommen die Erinnerungen schon wieder und wenn nicht, ist es doch auch nicht schlimm. Ihr seid beide noch am Leben und das ist das Wichtigste!“ So langsam bekam ich das Gefühl, als würde ich mich im Kreis bewegen. Was sollte ich denn machen? Gar nichts? Einfach alles auf mich zukommen lassen? „Ach, vergiss es einfach!“, grummelte ich und drehte mich wieder auf die Seite. Brachte ja doch nichts darüber zu reden. Ich starrte eine Weile vor mich hin, denn dummerweise war ich jetzt wach und mir schwirrten so viele Gedanken durch den Kopf, dass ich einfach nicht einschlafen konnte. Brauchte ich auch gar nicht, denn nach einiger Zeit, die mir endlos erschien, klopfte es an die Tür. Ich schreckte auf, im Gegensatz zu Lake, den wohl nicht mal eine Atombombe wach kriegen würde und setzte mich im Bett auf. „Was ist?“, fragte ich ohne Rücksicht auf Lake zu nehmen. Das schien ihn allerdings auch nicht weiter zu stören, denn er schlief immer noch wie ein Stein. Die Tür öffnete sich leise und Elias Kopf erschien im Türrahmen. Auf dem Flur hatte er das Licht angemacht und sah mich an, ohne das ich seinen Blick deuten konnte. Das konnte ich in letzter Zeit ohnehin nie. „Kommst du?“, fragte er mich und artig stieg ich aus dem Bett und lief zu ihm. Elias schloss die Tür und zog mich mit sich in die Küche, wo auch Naldo saß. Erstaunt sah ich die beiden an. Was war denn nun los? „Lake hat sein Handy hier liegen gelassen. Ich konnte vorhin nicht schlafen und da habe ich mir etwas zu trinken aus der Küche geholt. Das Display hat aufgeleuchtet, aber der Ton war auf stumm geschaltet, deswegen haben wir nichts gehört.“ Naldo hielt das Handy in seiner Hand. „Jedenfalls habe ich mir die Nachricht angehört, es war ja die Nummer von Benoni Epaminondas. Sein Sohn, den Elias vorhin am Telefon hatte, hat uns zurückgerufen und eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen.“ Angespannt sah ich Naldo an. Was hatte Benoni's Sohn uns zu sagen? „Er meinte, dass er uns morgen treffen möchte und das er uns vielleicht trotzdem noch weiterhelfen kann. Sein Vater hat nämlich einige Aufzeichnungen hinterlassen. Es sollen wohl irgendwelche Schriften zu seinem Job gewesen sein. Scheinbar wollte er ein Buch herausbringen über seinen Job als Gefängniswärter.“ Ich sah zu Elias hoch und würde am liebsten jetzt sofort zu diesem Mann fahren und alles klären, nur damit Elias endlich dem Geheimnis seines Vaters auf die Spur kam. „Das ist doch klasse! Vielleicht können wir ja doch noch etwas über ihn erfahren?“, meinte ich zuversichtlich und lächelte zaghaft. Elias nickte, sah aber nicht sehr begeistert aus. „Was ist mit Lake?“, fragte ich. Wir hatten ihn schließlich gar nicht eingeweiht. „Wir sagen es ihm morgen früh und nachmittags fahren wir zu diesem Epaminondas. Zum Glück hat er mit seiner Familie bei seinem Vater gelebt. Es ist dieselbe Adresse!“, erklärte Naldo. „Sorry, dass wir dich deswegen extra geweckt haben...“, meinte Elias und sah mich entschuldigend an. Ich betrachtete ihn und wusste nicht, wieso ich ihm böse sein sollte. So wie er mich ansah, bekam ich vielmehr weiche Knie. Ich zuckte also mit den Schultern und versuchte mich möglichst lässig zu geben, fühlte mich nur nicht so. „Ich konnte sowieso nicht schlafen!“ Elias nickte und strich mir mit der Hand sanft über den Kopf. Wäre Naldo nur nicht hier... Dieser stand nun auf und streckte sich ausgiebig. „Ich gehe wieder ins Bett!“, meinte er und warf uns noch einen kurzen Blick zu. Er schien wohl gemerkt zu haben, dass etwas zwischen uns lief. Komischerweise störte es mich gar nicht. Vielleicht, weil Naldo auch Männer mochte? Elias und ich blieben in der Küche zurück, als die Tür sich hinter dem jungen Mann schloss. Ich sah zu Elias auf. „Du bist blass.“ Irgendwie machte ich mir Sorgen um ihn. Wieso war er nur so merkwürdig? Nahm ihn das alles wirklich so mit? Elias zuckte nur mit den Schultern und sah auf mich herunter. Ich konnte nicht anders und trat einen Schritt auf ihn zu, schlang meine Arme um ihn und zog ihn in eine innige Umarmung. Elias erwiderte diese Geste und genießerisch schloss ich für einen Moment meine Augen. Ich wusste nicht, was in diesem Moment durch seinen Kopf ging. Wie auch, wenn er nicht mit mir darüber sprach. Ich konnte ja auch nicht mit ihm über meine Probleme sprechen. Keine Ahnung, wie lange wir so in der Küche standen. Irgendwann fanden sich unsere Lippen zu einem Kuss, den keiner von uns unterbrechen wollte. Spät in der Nacht kehrte ich zurück in Lake's Zimmer, legte mich ins Bett und konnte endlich schlafen. Zumindest solange, bis er mir im Schlaf seine Hand ins Gesicht knallte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)