Grow Up von Shunya (Take you to Rio) ================================================================================ Kapitel 3: Ich bin schon in der Zukunft, wir sehn uns. ------------------------------------------------------ Was ich an meinem neuen Körper echt klasse fand, war, dass ich nun an Dinge herankam, die ich vorher nie hätte erreichen können. Da wären zum Beispiel die Alkoholflaschen meines Dads, die er immer versuchte vor meiner Mutter zu verstecken und die sie doch jedes Mal fand. Allerdings habe ich das Zeug nur einmal probiert, denn es schmeckte total scheußlich! Ich kam an die Süßigkeiten an, die ich mir dann genüsslich vor dem Essen rein schob und hinterher zu satt fürs Mittagessen war. Und ich konnte endlich die Fernbedienung vom Regal runter holen, die meine Eltern dort hinzulegen pflegten, damit ich nicht fernsehen konnte. Der Fernseher hatte ja eine Kindersicherung. So hatte es auch durchaus seine Vorzüge, größer zu sein. Immerhin überragte ich sogar meine Mum um ein paar Zentimeter. ◆ ◆ ◆ Als mein Vater vor ein paar Tagen heimkam, hatte er uns so einiges zu berichten. Es war immerhin eine lange aufregende Reise gewesen. So setzten wir uns nach dem Essen im Wohnzimmer auf die Couch und er begann uns von seinem kleinem Abenteuer zu erzählen. Ich mochte es schon immer, wenn mein Dad Geschichten erzählte. Er verstellte dabei so wunderbar seine Stimme und ahmte Menschen nach oder schmückte seine Geschichten so dermaßen aus, dass am Ende nur die Hälfte davon wahr war. Er hatte nun mal so seine Eigenarten und ich denke manchmal, dass meine Mum genau darauf hereingefallen war und sie zu schätzen gelernt hatte, als sie meinen Dad kennenlernte. Mein Dad schweifte weit aus, um seine Geschichte zu erzählen. Er war mit seinem Assistenten nach Goiás gefahren, um ein Auto wegzubringen. Schlau wie sie waren, hatten sie natürlich nicht überlegt, wie sie wieder zurückkommen würden. So hätte es wohl meine Mum ausgedrückt. Die erste Nacht mussten die Beiden in einer ziemlich heruntergekommenen Baracke verbringen, die zu einer Werkstatt gehörte. Der alte Mann der dort lebte, wollte sie gar nicht mehr gehen lassen. Er lebte allein, Frau und Kinder hatten ihn verlassen, weil er ständig fremdging und so waren sie mehr oder weniger dazu gezwungen sich seine ganze Lebensgeschichte anzuhören. Tragisch. Es war das Pech, dass diesen Mann verfolgte. Der Greis hatte eine Menge in seinem Leben erlebt. Er kam aus einer gutbetuchten Familie, nur, als seine Eltern das Zeitliche segneten, bekam sein Bruder all das Geld, weil er ein Taugenichts war und es nur verspielt hätte. Seine erste Freundin gab ihm den Laufpass, weil er sie auf Schritt und Tritt kontrolliert hatte und seine berufliche Laufbahn sah auch nicht sehr rosig aus. Er warf sein Studium dahin, weil er lieber die Welt sehen wollte. Er kam nur nicht weit. Er versuchte heimlich, um das Geld zu sparen, schwarz Zug zu fahren und wurde in hohem Bogen rausgeworfen. Da er sein bisschen Geld, aber nicht vergeuden wollte, für Flugzeug, Schiff oder sonstiges, blieb er in Goiás. Dort lernte er seine Frau kennen, bekam mit ihr zwei prächtige Kinder und wurde kurz darauf von diesen verlassen. Als mein Dad und seine Begleitung endlich weiterziehen konnten, schafften sie es per Anhalter mitgenommen zu werden. Nur leider hatten sie auf halbem Wege eine Autopanne und da sie dort ausharren mussten, hatte Dad meine Mum angerufen und ihr gesagt, es würde noch etwa dauern, bis sie zurück wären. Dummerweise hatte der Hilfsdienst eine Reifenpanne und brauchte selbst Hilfe. So mussten sie die halbe Nacht an der Autobahn ausharren, bis ihnen geholfen wurde. Der Fahrer konnte sie aber nur bis Luziânia mitnehmen. Es ging über Autobahnen und Sandstrecken, vorbei an Feldern und Wiesen. Zwischendurch machten sie in einer Kleinstadt halt, um sich zu erholen. Nach vier Stunden wurden sie in der Stadt abgesetzt und waren auf sich allein gestellt. Es war eine dicht besiedelte Stadt, in der Haus an Haus stand. Es war schwierig, aber sie fanden tatsächlich jemanden, der sie ein ganzes Stück mitnehmen konnte. Er hieß Frank und war eine schräge Persönlichkeit. Er hatte früher für die Mafia gearbeitet. Er war in Italien aufgewachsen, denn seine Eltern kamen von dort. Er geriet auf die schiefe Bahn und arbeitete sich von kleinen Deals ziemlich weit nach oben. Als es ihm aber zu brenzlig wurde, flüchtete er nach Brasilien und versteckte sich hier. Er schien vertrauen zu seinen Mitfahrern zu haben, denn er erzählte ihnen ziemlich viel über sich. Elf Stunden waren sie unterwegs von Luziânia nach Juiz de Fora. Zwischendurch übernachteten sie bei einer bekannten von dem Fahrer. Es war eine anstrengende Fahrt. In der Stadt setzte Frank sie ab und später hätten sie auch noch Adressen ausgetauscht. Von dort ging es ungefähr zwei Stunden nach Rio de Janeiro. Vor ihrer Ankunft machten sie aber noch einen Abstecher zum Schloss des Barons von Itaipava. Da es auf dem Weg lag, war das nicht weiter tragisch. Allerdings konnten sie das Schloss nur von außen betrachten, da sie keine Führung gebucht hatten. Für die restliche Strecke nahmen sie sich ein Taxi und Dad konnte es kaum erwarten nach Hause zu kommen. Gebannt hörte ich meinem Vater zu. Es war wirklich aufregend. Ich wünschte, ich wäre mitgekommen. „Vielleicht sollte ich mal ein Buch darüber schreiben.“, meinte er verschmitzt lächelnd. „Bloß nicht! Weiter als ein paar Sätze kommst du ja doch nicht.“, murrte meine Mum. Aber auch ihr sah man deutlich an, wie spannend sie seine Erzählungen fand. „So wenig traust du mir also zu.“ Mein Dad lachte und wuschelte mir durch die Haare. Die ganze Zeit schon hatte er mich in einer Umarmung. Na ja, er hatte ja auch 12 ganze Jahre aufzuholen. Im Gegensatz zu meiner Mum, war er schon immer ziemlich verschmust. Was man eigentlich vom ersten Eindruck her, nie von ihm denken würde. Meine Mutter war da schon von einem anderen Kaliber. Sie hielt nicht viel von Berührungen. Trotzdem nahm sie mich oder Abby in einer ruhigen Stunde gern mal in den Arm. Abby und ich waren auch ziemliche Gegensätze, denn ich war viel anhänglicher als sie. Sie war schon immer viel und gerne von Menschen umringt. Ich zwar auch, aber meine Familie war mir da doch wichtiger. Ich hing gerne im Autohandel meines Dads herum und sah ihm bei der Arbeit zu oder durfte ihm sogar helfen. Mein Vater hegte ja immer noch den Traum, ich würde später mal seine Firma übernehmen, aber diese Wünsche hatten wohl viele Eltern. Mein Traum war es eigentlich immer Profispieler in der brasilianischen Nationalelf zu werden. Momentan sah ich zwar schwarz, aber vielleicht wäre es mir doch noch irgendwie möglich, Fußballspieler zu werden. ◆ ◆ ◆ Es war später Nachmittag, mein Dad war im Badezimmer verschwunden um sich wieder ansehnlich herzurichten. Vor allem der Bart musste ab, meine Mum weigerte sich ihn so zu küssen. War eh widerlich, das wollte ich gar nicht sehen! „Sam, holst du kurz die Post rein? Ich habe heute noch gar nicht daran gedacht.“ Meine Mutter stand plötzlich vor mir und sah mich abwartend an. Ich war mitten beim Spielen mit meinen Autos und sah nur unwillig zu ihr rauf. „Kannst du das nicht machen? Das ist so nervig, mit dem Rollstuhl.“, jammerte ich. „Nein, es ist eine gute Übung.“ „Ich hab jetzt aber keine Lust.“ „Stell dich nicht so an.“, erwiderte sie und ging daran den Esstisch abzuräumen. Mühselig, ich lag auf dem Bauch und hatte keinen Bock aufzustehen, zog ich meinen Rollstuhl heran und zog mich daran hoch. Als ich einigermaßen gemütlich darin saß, raste ich wie Michael Schumacher durch die Wohnung und schredderte über den kleinen Park unserer Wohnung. Park war vielleicht nicht das richtige Wort, aber es wirkte schon ein bisschen wie einer. Beim Postkasten angekommen nahm ich die Post an mich. Auf der anderen Straßenseite bemerkte ich ein Mädchen, das ich bisher noch nicht gesehen hatte. „Du bist doch dieser Junge, der im Koma lag, oder?“, fragte sie mich plötzlich. Ich sah sie überrascht an. Woher wusste sie das? Ach ja, unsere Köchin war ein ziemliche Klatschbase. Ich vergaß. „Ja.“, meinte ich skeptisch. Mit Mädchen mochte ich nicht reden. Die waren so langweilig. Wusste ich aus eigener Erfahrung, Abby war nämlich auch so öde. Das Mädchen hatte blonde Haare und stechend blaue Augen. Die waren irgendwie unheimlich, als könnte sie mit ihrem Blick direkt in mich hinein sehen. „Ich wohne da drüben.“ Sie zeigte auf ein Haus die Straße runter. Was wollte sie mir damit bitte sagen? „Schön für dich.“, meinte ich nur, drehte um und fuhr zurück zum Haus. Als ich an der Tür ankam, sah ich mich noch einmal um. Sie stand immer noch an der gleichen Stelle und hob kurz die Hand. Dieses Mädchen war mir einfach unheimlich. So schnell ich konnte, sah ich zu, dass ich ins Haus kam und die Tür hinter mir verschloss. Aufgeregt fuhr ich zu meiner Mum, um ihr von der Begegnung zu erzählen. Doch zu meinem Bedauern, fand sie es ganz und gar nicht schaurig. „Das ist Hanna Ronan. Sie kommt aus Irland und macht freiwilligen Dienst bei einer Hilfsorganisation.“, erklärte sie mir. „Woher weißt du das?“, fragte ich sie mit großen Augen. „Als sie hierhergekommen ist, haben wir uns ein wenig unterhalten. Sie ist sehr nett und ein hübsches Mädchen.“ „Mädchen sind doof.“ „Das sagst du nur, weil du noch keines kennengelernt hast.“ „Ich kenne Abby und das reicht mir. Echt!“ „Abby zählt nicht. Sie ist deine Schwester.“, meinte meine Mutter und räumte einen Teller in die Spülmaschine. Ich schürzte die Lippen und schmollte. Meine Mutter räumte das letzte Geschirr ein und sah mich dann an. „Das wirst du jetzt noch denken, aber in einigen Jahren, wirst du so ein Mädchen mal heiraten.“ „Werde ich nicht.“ „So? Wie kannst du dir da denn so sicher sein?“, fragte sie mich und sah mich breit grinsend an. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und sah meine Mutter herausfordernd an. „Ich weiß es einfach!“ „Na, wenn du meinst.“ Meine Mum lachte leise vor sich hin und setzte sich auf die Wohnzimmercouch. Ich folgte ihr und bemerkte in dem Augenblick, dass mein Dad vom Duschen zurückkam. Er lief in seinem Bademantel zu meiner Mum und setzte sich neben sie. „Wir müssen langsam mal überlegen, wie es weitergehen soll.“, meinte meine Mutter und sah mich über die Schulter hinweg an. „Was?“, fragte ich unwissend. „Körperlich geht es dir gut. Du solltest möglichst bald anfangen, etwas für deine Zukunft zu tun. Da du keine Privatschule besuchen kannst, sollten wir vielleicht einen Privatlehrer für dich suchen.“ „Muss das sein?“, fragte ich maulend. „Ja, du musst etwas Lernen. Du kannst ja keine Schule besuchen, weil du den ganzen Stoff nachholen musst.“, meinte mein Vater und blätterte in der Fernsehzeitung herum. „Kommt der Lehrer dann ins Haus?“, hakte ich nach. „Ja, das wäre vorerst das Beste. Bis du nach der Reha wieder richtig laufen kannst.“ Meine Mutter überlegte kurz. „Was ist mit Calvin? Der hat doch zurzeit nicht allzu viel um die Ohren.“ „Calvin?“ Ich musste kurz überlegen, doch leider hatte ich diese nervtötende Person nicht mit meinen Erinnerungen an den Unfall verloren. Mein Cousin. Er war irgendwie schräg und benahm sich schon damals ganz schön mädchenhaft und er war ziemlich zickig. Bei den kleinsten Dingen war er schnell eingeschnappt und lief sofort zu seiner oder meiner Mum, wenn ihm etwas nicht in den Kram passte. Wenn er hinfiel, fing er sofort an zu heulen, als würde die Welt untergehen. Und er war ein Besserwisser. Nein, diese Person wollte ich garantiert nicht tagtäglich um mich herum haben. „Prima Idee. Ruf ihn doch gleich mal an.“, meinte mein Dad zu meiner Bestürzung auch noch. Dad, wie kannst du deinen eigenen Sohn nur so hintergehen! Meine Mum machte Anstalten sich zu erheben, aber ich versperrte ihr den Weg. Stur sah ich sie an. „Ich will einen anderen Privatlehrer!“ „Wieso? Calvin ist dein Cousin. Ihr kennt euch von klein auf und er wird schon nicht so teuer sein.“, meinte sie nur. „Ich mag ihn nicht!“ „Du magst heute ziemlich vieles nicht.“ „Aber er ist doof und eine Heulsuse!“ „Das war vor 12 Jahren, er ist älter geworden und hat sich inzwischen verändert.“ „Bestimmt nicht!“, brummte ich und zog so gut ich konnte meine Augenbrauen zusammen, damit ich auch richtig schön böse aussah. Es wirkte nur nicht auf meine Mutter. „Versperr mir nicht den Weg. Ich werde jetzt bei den Howards anrufen und wenn Calvin da ist, werde ich mit ihm darüber sprechen.“ „Nix da!“ Ich breitete meine Arme aus und blieb trotzig an Ort und Stelle. Meinen Vater amüsierte unser kleiner Streit prächtig. Er hatte sich im Polster zurück gelehnt und beobachtete uns laut lachend. „Samuel de Lima! Du gehst mir jetzt aus dem Weg!“, meinte meine Mum ernst. Als ich mich jedoch nicht regte, schob sie mich einfach samt meinem Rollstuhl zur Seite. Okay, daran hatte ich jetzt nicht gedacht. Eins zu null für sie. Ehe ich mich versah, stand sie auch schon im Flur und wählte die Nummer der Howards. Beleidigt krabbelte ich aufs Sofa zu meinen Vater, der mich gleich in eine Umarmung zog. „Wird schon nicht so schlimm werden. Vielleicht versteht ihr euch ja auch ganz gut.“, meinte er aufmunternd. „Pöh!“ Angesäuert sah ich in die Richtung meiner Mutter. Doch die beachtete mich nicht weiter. „Hallo, Amelia. Wie geht’s dir?“, rief sie freudig in den Hörer. Na, das konnte ja dauern. Meine Mutter konnte telefonieren was das Zeug hält. Ich drehte mich zu meinem Vater um. „Ich geh in mein Zimmer.“ „Ja, mach das.“, meinte er nur und schaltete den Fernseher an. Da ich keinen Bock hatte den Rollstuhl zu nehmen, robbte ich den ganzen Weg vom Wohnzimmer, über den Flur, vorbei an meiner Mum, die ich noch schnell mit einem bösen Blick bedachte, in mein Zimmer. Da ich dort aber auch nicht so richtig etwas zu tun hatte, gammelte ich einfach nur herum. Meine Autos lagen ja alle im Wohnzimmer verstreut und ich hatte keine Lust noch einmal umzukehren. Ich kroch zum Türrahmen und spielte Mäuschen. Hoffentlich hatte dieser doofe Calvin genauso wenig Lust auf Privatunterricht wie ich. Nach einer gefühlten Ewigkeit in der meine Mum mit Tante Amelia über ihren Job, ihr Familienleben und ausführlich über ihre Vorzeigetochter Abby geschwärmt hatte, redete sie endlich über ihr eigentliches Anliegen. „Kann ich darüber mit Calvin reden?“ Sie wartete einige Sekunden, bis sie ihn begrüßen konnte. Natürlich hatte schon die ganze Verwandtschaft von meinem Comeback gehört und so wusste auch Calvin über mich Bescheid. „Wirklich? Das wäre großartig, wenn du das machen könntest! Das wäre eine große Erleichterung für uns.“, meinte meine Mum freudig und meine Hoffnung sank auf den Nullpunkt. „Ja, nein, das ist kein Problem. Du kannst gerne hier wohnen, solange du ihn unterrichtest.“ „Was?!“, rief ich empört. Meine Mum sah zu mir und legte einen Finger an die Lippen. Der sollte auch noch bei uns wohnen? Wie sollte ich das nur überleben? Seufzend drehte ich mich auf den Rücken und streckte alle Viere von mir. Wir hatten zwar genügend Zimmer in unserer Wohnung, aber den Typen auch noch täglich über den Weg laufen zu müssen. Das war doch unzumutbar! Meine Mum legte auf und kam zu mir. Sie hockte sich vor meinen Kopf und sah mich von oben herab an. „Calvin kommt in einigen Wochen hierher. Er muss noch ein paar Sachen erledigen. Er wird dich dann unterrichten und bei uns wohnen, damit er nicht ständig hin- und herfahren muss. Das spart Geld und es wird dann auch für uns nicht so teuer. Ein Privatlehrer ist nun mal nicht so billig.“ „Aber ihr könntet es euch leisten.“ „Ja, sicher. Hör zu, Calvin ist ein guter Lehrer. Er hat schon öfter Nachhilfe gegeben. Und ich will keine Unsummen für einen Privatlehrer ausgeben. Wird schon nicht so schlimm werden.“ Ich sah sie nur skeptisch an. Der Blick meiner Mum wanderte durch mein Zimmer. „Du könntest ja mal aufräumen.“ Da ich mich aber keinen Zentimeter vom Fleck rührte, stand sie seufzend auf und begann meine Spielsachen in die Kisten zu legen und meine Klamotten zusammen zu kramen. „Das Badezimmer sieht auch immer ziemlich wüst aus, du könntest ruhig etwas ordentlicher sein.“, ermahnte sie mich noch, während sie an mir vorbei lief und die Klamotten in den Wäschekorb im Bad legte. Ich beobachtete sie nur und schmollte weiter vor mich hin. Während meine Mum also begann die Wäsche in die Waschmaschine zu stecken, war ich auf dem Boden schon fast eingeschlafen, als es plötzlich an der Haustür klingelte. „Wer ist das denn noch so spät?“, fragte meine Mutter verwundert. „Phil, öffnest du bitte die Tür?“ Ich hatte mich tierisch erschrocken und mein Herz puckerte wie wild. Konnte man hier noch nicht einmal in ruhe schlafen? Hoffentlich war es nicht dieses unheimliche Mädchen. Mit der wollte ich nichts zu tun haben. Da mein Vater nicht so aussah, als würde er sich heute noch von seinem Sofa bewegen, ging meine Mum zur Haustür. Sie meckerte leise vor sich hin, was für ein Nichtsnutz er doch sei und öffnete schwungvoll die Tür. „Na, so was aber auch!“ Ich horchte auf. Wer konnte das jetzt noch sein? „Was machst du denn so spät noch hier?“, fragte meine Mum. Zu dumm, dass ich von hier nicht wirklich mitbekam, mit wem sie sprach. Wieso redete die andere Person auch nur so leise. Ah! Vielleicht war es Jason? Obwohl...nein, das konnte nicht sein. Wenn der heimkam, dann aber mit so viel Lärm und Getöse was das Zeug hielt, damit auch ja jeder mitbekam, dass er da war. Jason war mein Stiefbruder. Er war inzwischen 29 und als Model in Asien ziemlich erfolgreich. Eigentlich hieß er Jin Gook, aber er mochte den Namen Jason viel lieber und hörte nur darauf. Meine Eltern hatten ihn adoptiert, weil meine Mum damals keine Kinder bekommen konnte. Aber einige Jahre später bekam sie dann plötzlich Abby und kurze Zeit später kam ich auch noch ich zur Welt. Wobei ich anmerken sollte, dass ich nicht geplant war. Ich war das Ergebnis eines zerplatzten Kondoms und einer durchzechten Nacht im Auto. Mein Bruder war auch eine Nummer für sich. Er kam uns nur selten besuchen, weil er so wenig Zeit hatte. Aber er hatte meiner Mum schon am Telefon versprochen, dass er die nächste Zeit mal vorbeischauen würde. Was im Klartext heißen würde, dass sie sein Zimmer verdunkeln musste. So ein Freak. Trotzdem mochte ich ihn sehr. Wer könnte es also dann sein? Auf einmal hörte ich Schritte, die langsam näher kamen. Ich rieb mir müde die Augen und sah den Flur herunter. Leider versperrten mir ein paar meiner Haare etwas die Sicht. Eine Person kam um die Ecke und als ich die nervigen Haare zurückgeschoben hatte, stand die fremde Person direkt vor mir Flur. Ich sah etwas nach oben. „Sam?“, fragte eine dunkle tiefe Stimme. Schwarze Schuhe, schwarze Jeans, schwarzer Pulli, schwarze Haare. Vor mir stand ein Alien. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)