Exploratory Urge von -shiyuu ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Es bedurfte eines wahnsinnigen Kraftaufwandes um ins Bett zu kommen. Aoi wusste nicht, wie lange er einfach dort auf dem Boden gesessen und versucht hatte seine Gedanken zu ordnen. Natürlich schaffte er es nicht – wie auch? Er hatte eine Nacht hinter sich, die ihm mehr abverlangt hatte als irgendetwas anderes in seinem Leben bisher. Aber es war beinahe egal, dass sein Kopf durcheinander war, denn etwas anderes machte ihm viel mehr Sorgen. Als Uruha verschwunden war, hatte das etwas in ihm ausgelöst, das er so noch nicht kannte. Aoi wollte das nicht, aber was konnte er schon tun? Egal wie sehr er sich gewünscht hatte, dass der Brünette verschwand, jetzt vermisste er ihn und das wurde auch nicht besser, als er es irgendwann in sein Bett geschafft hatte. Er fühlte sich einsam wie nie zuvor. Noch vor ein paar Minuten – oder waren es schon Stunden? - hatte er die Anwesenheit des anderen nicht mehr ertragen können, und jetzt wünschte er sich nichts sehnlicher als ihn an seiner Seite. Aoi war der festen Überzeugung, dass alles nur halb so schlimm gewesen wäre, wenn dieser Idiot neben ihm liegen und ihn in den Arm nehmen würde. Was hatte der sich nur dabei gedacht auf ihn zu hören und wirklich zu verschwinden? Immerhin hatte er Aoi die ganze Nacht das Hirn raus gevögelt und das im wahrsten Sinne des Wortes! Warum hatte er sich nicht weiter um ihn gekümmert? Dass er da wahrscheinlich selbst schuld dran war, ignorierte er getrost. Es wollte ihm nicht in den Kopf, dass er Uruha so wenig bedeutete. Dass die letzte Nacht wirklich nur Spaß für ihn bedeutet hatte... Immerhin waren sie seit über zehn Jahren Freunde – wie konnte er ihn da einfach vögeln und sogar noch nach Hause bringen, ihn dann aber einfach allein lassen?! Trotz all dieser verdammten Gedanken schlief Aoi irgendwann ein; er war einfach viel zu erschöpft. Als er wieder wach wurde, war es bestimmt schon Abend. Er konnte das nicht einschätzen, weil er am Vorabend die Rollläden geschlossen hatte, ehe er gegangen war. Aber er fühlte sich, als hätte er ewig geschlafen – und damit würde er gleich weiter machen. Vorher musste er nur ein paar menschlichen Bedürfnissen nachgehen, also schlug er die Decke weg und sah überrascht an sich herab, denn er hatte es nicht einmal mehr geschafft seine Klamotten ausziehen. Mühsam setzte er sich auf und aus Gewohnheit zuckte seine Hand an seine Schläfe, obwohl der Schmerz viel weiter unten saß. Er stand auf und versuchte die Schmerzen zu ignorieren, die allein das Gehen gerade schon zur Tortur machten. Er wollte wieder in sein Bett, ganz schnell! Aber zuerst watschelte er ins Badezimmer, wo er sich erleichterte und dann sofort unter die Dusche stieg. Das Stehen war anstrengend, aber er musste unbedingt sauber werden. Er fühlte sich einfach nur schmutzig und eklig und die mittlerweile angetrockneten Zeugen der letzten Nacht riefen in ihm wieder Erinnerungen wach, die er am liebsten in einer der hintersten Schubladen in seinem Bewusstsein einschließen oder – noch besser – für immer vergessen würde. Er verbrachte Ewigkeiten unter dem warmen Wasserstrahl. Denn auch als er äußerlich sauber war, fühlte er sich nicht so. Leider änderte sich das aber nicht und als seine Haut schon ganz schrumplig wurde, stellte er das Wasser ab und trocknete sich ab. Besser würde es nicht werden, also hielt er sich nicht mehr lange im Badezimmer auf und verkroch sich wieder in sein Bett, wo er zum Glück sehr schnell wieder den Weg ins Lummerland fand. Wieder kam es ihm kaum länger als eine Minute her, dass er sich hingelegt hatte, als sein Handy ihn weckte. Zwar war es nicht sonderlich früh, aber er fühlte sich immer noch nicht viel besser als letzte Nacht. Kurz überlegte Aoi, ob er nicht einfach sein Handy ausschalten und liegen bleiben sollte, aber wenn er heute einfach nicht auftauchte, hatte er in spätestens zwei Stunden einen tobenden Kai vor seiner Tür, der sich nicht scheuen und den Ersatzschlüssel zu seiner Wohnung benutzen würde, wenn er kein Lebenszeichen von sich gab. Dann doch lieber aufstehen und arbeiten, damit er heute Abend wieder einfach nur noch ins Bett fallen konnte. Mehr wollte er nicht. Also quälte Aoi sich aus dem Bett, zog sich die bequemsten Klamotten an, die er finden konnte, und auch wenn er mit Erleichterung feststellte, dass die Schmerzen ein wenig nachgelassen hatten, ging es ihm nicht besser. Es war nicht nur sein Allerwertester, der schmerzte... Er verzog das Gesicht und versuchte an etwas anderes zu denken als Uruha und das, was sie die letzte Nacht getrieben hatten, aber das fiel ihm alles andere als leicht. Wie auch? Schließlich würde er den ganzen Tag mit ihm verbringen müssen! Er konnte nur hoffen, dass der Brünette ihn in Ruhe ließ. Ohne Frühstück verließ er seine Wohnung. Aoi fühlte sich schlapp, obwohl er so viel geschlafen hatte. Das lag aber vielleicht daran, dass er seit gut 36 Stunden nichts mehr gegessen hatte, aber das war egal. Er hatte Angst, dass er sich übergeben musste, wenn er etwas aß, denn ihm wurde schon beim bloßen Gedanken an Essen flau im Magen, was noch schlimmer wurde, je näher er der PSC kam. Vor der Eingangstür stehend zögerte er tatsächlich, dann aber nahm er sich zusammen. Er atmete tief durch, betrat das Gebäude und ging schnurstracks in ihr Studio. Wie immer war Kai schon da, und ausnahmsweise hatten auch Ruki und Reita mal vor ihm her gefunden. Alle drei blickten auf, als Aoi den Raum betrat und sofort bemerkte Aoi die Sorge in ihren Blicken. Er wusste, dass er aussah wie eine Leiche, doch das war ihm egal. „Lange Nacht gehabt?“, kam es von Reita und Aoi nickte nur. Es war ja nicht mal gelogen. Er hatte eine sehr lange Nacht gehabt, nur war es nicht die letzte gewesen, aber wen scherten schon die Details? Wenn er Glück hatte, blieb er vor weiteren dämlichen Fragen verschont. Und er hatte Glück – zumindest ein bisschen, denn Uruha betrat kurz nach ihm den Raum und blieb wie angewurzelt stehen, als er ihn erblickte. Aoi wandte sich von ihm ab und wollte es sich auf einem der Sessel bequem machen, doch im letzten Augenblick überlegte er es sich doch noch einmal anders. Sitzen bedeutete Schmerz, also würde er heute mal stehen. Den ganzen Tag. So schlimm würde das schon nicht werden, auf keinen Fall schlimmer als Sitzen. Zum Glück war Reita gut gelaunt und brachte etwas Entspannung in diese angespannte Stimmung hier. Es konnte gut sein, dass Aoi sich das nur einbildete, aber die Luft knisterte förmlich vor Anspannung, seit Uruha aufgetaucht war. „Seht mal, das werden immer mehr Knutschflecke bei Uruha!“ Der Blonde lachte. Ohne dass Aoi es wollte, ruckte sein Kopf zu dem Brünetten, dessen Hals tatsächlich übersät war mit kleinen blauen Flecken. Da war aber jemand fleißig gewesen und Aoi konnte sich nicht daran erinnern, dass er so hungrig gewesen war, dass er ihn so oft gebissen und an ihm gesaugt hatte... Sein Mund war plötzlich ganz trocken und er schluckte. Hieß das etwa, dass Uruha sich die letzte Nacht mit jemand anderes vergnügt hatte? Aoi wollte es nicht glauben, doch das war ja am wahrscheinlichsten. Uruha war Single und das schon seit Ewigkeiten. Er genoss seine Freiheiten und ließ sich selten zweimal vom Gleichen bespaßen. Wahrscheinlich grenzte es an ein Wunder, dass er Aoi gleich zwei mal in so kurzer Zeit beglückt hatte. Aoi wusste nicht warum, aber er war furchtbar enttäuscht und frustriert zu gleich. So sehr, dass er sich einfach hinsetzte und erst merkte, dass das eine dumme Idee war, als ihn ein furchtbarer Schmerz durchzuckte und er ein leises Fluchen nicht unterdrücken konnte. Sofort waren alle Blicke auf ihn gerichtet und er hätte sich für diese Dummheit am liebsten selbst geschlagen. Er versuchte die anderen zu ignorieren,was sich allerdings als verdammt schwierig gestaltete, vor allem da Uruha plötzlich auf ihn zukam und sich neben ihn setzte. Er versuchte sich normal zu verhalten, aber Aoi merkte sofort, dass er sich nicht wohl fühlte. Vielleicht hatte der Idiot ja Schuldgefühle, dass er ihn so ausgenutzt hatte – geschah ihm nur recht! Uruha öffnete seinen Mund, doch noch bevor er etwas sagen konnte, ergriff Ruki das Wort. „Was ist los mit dir, Aoi? Du siehst echt scheiße aus.“ Ein hoch auf die Feinfühligkeit ihres Sängers. Aber sie waren ja nichts anderes gewöhnt. Leider war Aoi auf eventuelles Nachfragen seiner Kollegen nicht vorbereitet gewesen – was er jetzt als ziemlich dumm empfand – also wusste er nicht, wie er reagieren sollte. Er schwieg ein paar Augenblicke und überlegte hin und her, bis er schließlich die einfachste Ausrede nahm, die ihm auf die Schnelle einfiel. „Mai hat Schluss gemacht.“ Das war wenigstens keine Lüge, auch wenn ihn das bei weitem nicht so sehr mitnahm wie allein die Tatsache, dass Uruha jetzt neben ihm saß, ganz zu schweigen von dem, was in den vergangenen Nächten passiert war. Der Brünette war auch der erste, der reagierte. Zumindest nahm Aoi sein entsetztes Aufkeuchen als erstes wahr, was aber auch daran liegen konnte, dass er direkt neben ihm saß und Aois Sinne eh bis aufs Äußerste geschärft waren. Er riskierte einen Blick zu Uruha, der ihn so intensiv anstarrte, dass ihm ganz anders wurde und den inneren Drang in ihm auslöste, einfach aufzustehen und wegzurennen. Oh, wie gern hätte er das jetzt gemacht! Dann wäre er Uruha los und die besorgten Blicke seine Freunde auch. Mehr wollte er gerade gar nicht! Aber er blieb sitzen, denn seine Gefühle spielten ihm einen Streich. Uruhas Blick war immer noch starr auf ihn gerichtet und Aoi bildete sich ein so etwas wie Reue oder Bedauern darin erkennen zu können. Etwas, das er nicht verstand. Uruha hatte seinen Spaß mit ihm gehabt und sich nicht im Geringsten dafür interessiert, wie es ihm währenddessen und vor allem danach ging. Und jetzt tat es ihm leid, weil Mai mit ihm Schluss gemacht hatte? Ganz langsam dämmerte es Aoi. Mai hatte Schluss gemacht. Und er war der einzige, der den Grund dafür kannte. Die anderen dachten jetzt wahrscheinlich, dass das gestern passiert war, schließlich war es ihm vorher nicht so schlecht gegangen. Und Uruha dachte jetzt wohl, dass er der Grund dafür war. Im ersten Moment machte Aoi dieser Gedanke wütend – wie konnte ein Mensch nur so eingebildet sein wie Uruha und denken, dass er der immer im Mittelpunkt stand? Doch dann wurde ihm bewusst, dass das in diesem Fall vielleicht gar nicht so schlecht war. Sollte er doch denken, dass Mai wusste, was zwischen ihnen gewesen war. Sollte er doch ein schlechtes Gewissen haben, das geschah ihm nur recht! Uruha konnte ruhig mal merken, dass nicht alle seiner Abenteuer ohne Konsequenzen blieben. Plötzlich wurde Aoi sich bewusst, dass nicht nur der Brünette ihn anstarrte, sondern auch die anderen drei und er fühlte sich mit Schlag noch unwohler als sowieso schon. Er räusperte sich und rappelte sich wieder auf. „Geht schon...“, murmelte er nur und machte eine wegwerfende Handbewegung, dann ging er durch den Raum und schnappte sich seine Gitarre. Er hätte selbst nicht geglaubt, dass das reichte, um die anderen von dem Thema abzulenken, aber das tat es. Zwar sah er, wie sie untereinander ein paar besorgte Blicke austauschten, aber das war ihm egal. Er wollte nicht darüber reden und das hatten sie zu akzeptieren, was ja glücklicherweise auch alle taten und es ihm gleich taten. Einzig und allein Uruha blieb auf der Couch sitzen und starrte vor sich hin. Aoi konnte förmlich hören, wie es hinter seiner Stirn ratterte. „Uruha!“, rief Kai plötzlich und warf einen seiner Drumsticks nur haarscharf an dem Brünetten vorbei. „Schlaf nicht ein, komm jetzt!“ Aoi warf einen kurzen Blick zu ihrem Drummer, dann verlangte Uruha wieder nach seiner Aufmerksamkeit. Er stand auf und ging Richtung Tür – allein das ließ Kai schon ein genervtes Seufzen entkommen – doch dann blieb er wie angewurzelt stehen und wandte sich nach einigen Augenblicken noch einmal um. Er sah Aoi direkt in die Augen. Für Aoi blieb die Zeit stehen, als der andere sich langsam auf ihn zu bewegte und ihn dabei auch nicht eine einzige Sekunde lang aus den Augen ließ. Als Uruha schließlich direkt vor ihm stand, sahen sie sich einfach nur an. Es dauerte ewig, bis Uruha sich dazu durchringen konnte, etwas zu sagen. „Ich muss mit dir reden.“ Kurz und knapp. Mit Gefühlsausbrüchen hatte Aoi auch nicht gerechnet, vor allem nicht vor den anderen. Sowieso hatte er Uruha erst ein paar Mal richtig verstört gesehen. Er konnte alle diese Situationen an einer Hand abzählen und er hoffte, dass das auch so blieb. Wenn Uruha nicht Herr der Lage war, war das für ihn schrecklich. Und wenn er dann Schwäche zeigte – und wenn es auch nur vor Freunden war – schämte er sich danach schrecklich dafür und weil er damit nicht umgehen konnte, benahm er sich wie ein Arschloch, bis er darüber hinweg war. Dann tat er von einen auf den anderen Moment so, als wäre nichts geschehen. „Aber nicht jetzt!“, mischte Kai sich ein und kam hinter seinem Drumset vor, ging auf die beiden zu. Er stellte sich neben Aoi und sah Uruha mit gerunzelter Stirn und verzogenen Lippen an – bei Kai kein gutes Zeichen, das wussten sie alle. „Du hast doch gemerkt, dass Aoi nicht darüber reden will, also lass ihn in Ruhe. Schnapp dir deine Gitarre. Jetzt.“ Er kniff die Augen leicht zusammen und Aoi hörte den Brünetten schlucken. Kai machte man lieber nicht wütend. Dessen schien sich auch Uruhe wieder bewusst zu werden, denn er ließ die Schultern hängen und nickte resigniert, ehe er zu seiner Gitarre ging und sich bereit machte. Aoi warf Kai einen kurzen Blick zu, doch der war schon wieder auf dem Weg hinter seine Drums. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wovor er Aoi gerade bewahrt hatte, aber das war egal. Im Stillen überschüttete der Schwarzhaarige ihren Leader gerade mit Dank. Irgendwie schaffte Aoi es sogar diesen schrecklichen Tag zu überstehen. Er merkte zwar, dass Uruha ihn permanent anstarrte und wusste, dass er vor diesem Gespräch nicht ewig würde wegrennen können, doch er wollte es wenigstens versuchen. Darum schnappte er sich auch sofort seine Sachen und stürmte beinahe aus dem Raum, als Kai sie in den Feierabend schickte. Ihm war nicht entgangen, dass auch Uruha sich mehr beeilte als sonst, doch er hatte keine Chance. Aoi rannte ihm schlichtweg davon. Zu Hause angekommen musste er sich erst einmal hinsetzen und die Augen schließen. Er war total außer Atem, aber das war auch nicht weiter verwunderlich, denn er war wie eine besenkte Sau durch die Straßen gerannt. Gut, dass es ihm mittlerweile ziemlich egal war, was die Leute von ihm dachten, wenn er privat unterwegs war. Sonst hätte er sich nicht schon so oft mit Uruha abgeschossen, wenn sie die ganze nacht durch die angesagtesten Clubs und Bars der Stadt zogen. Uruha... schon wieder dachte er an ihn. Langsam wurde das wirklich lästig. Warum konnte er nicht einfach vergessen, dass dieser Idiot ihn so um den Verstand gevögelt hatte? Er kannte die Antwort selbst, doch er wollte es nicht wahrhaben. Darum kam es ihm auch sehr gelegen, dass es an der Tür klingelte. Zwar hatte er wenig Lust auf Gesellschaft und wollte sich lieber allein wieder in sein Bett verkriechen, doch ihm war bewusst, dass er dann nur wieder an Uruha denken würde. Und im schlimmsten Fall würden Bilder ihnen beiden vor seinem inneren Auge auftauchen, wie Uruha nackt über ihm war, wie er so unbeschreiblich heiß aussah und wie er ihn einfach in die Matratze vögelte... Aoi schluckte. Ihm wurde jetzt schon heiß und das war ihm mehr als peinlich, auch wenn niemand davon etwas mitbekam. Er riss sich zusammen und ging zur Tür und als er sah, wer da schon wieder den Finger auf den Klingelknopf drücken wollte, hätte er sie am liebsten einfach wieder zugeschlagen, doch er war zu langsam. Mai lächelte ihn an, als wäre nie etwas gewesen, und stürzte sich auf ihn. Sie schlang die Arme fest um ihn und wollte ihn küssen, doch wenigstens jetzt reagierte Aoi schnell genug und drehte den Kopf zur Seite weg. Davon allerdings ließ sie sich nicht beirren. Sie ließ ihn einfach wieder los und strich sich die Haare glatt. „Du siehst fertig aus, Süßer. Hast dich wohl ordentlich ausgetobt, mh?“ Sie lachte und hätte sie sich nicht umgedreht um ihre Tasche rein zu holen, hätte sie gesehen, wie Aoi peinlich berührt den Kopf abwandte. Wenn sie wüsste, schoss es ihm durch den Kopf, doch er hielt einfach die Klappe. Mit ihr würde er bestimmt nicht über seine Abenteuer mit Uruha reden. „Was willst du hier?“, fragte er genervt, während sie ihre Schuhe auszog und sich streckte, sodass ihr wie immer viel zu knappes Top einiges von ihrem flachen Bauch zeigte. „Was meinst du?“, fragte sie unbeeindruckt und gähnte herzhaft. Beinahe hätte Aoi aufgelacht. „Na, was mein ich wohl? Du hast deinen Kram gepackt und bist gegangen. Du hast mich verlassen, und jetzt tauchst du hier einfach wieder auf und tust als wäre nichts geschehen! Was soll das?“ Mai nahm die Arme runter und sah ihn nüchtern an. „Ich hab dich nicht verlassen. Ich wollte dir nur Zeit geben, um dich ein bisschen auszutoben. Was glaubst du, warum ich dir sonst diesen Club gezeigt habe, mh?“ Jetzt wurde sie zickig. Typisch. „Mai. Du bist beinahe geflüchtet, als ich dir gesagt hab, dass ich gern mit 'nem anderen Mann schlafen würde. Und jetzt willst du mir weismachen, dass du mir nur Freiraum dafür lassen wolltest?“ Sie nickte und Aoi seufzte entnervt. Es hatte ja doch keinen Sinn mit ihr zu streiten. Und irgendwie war er ja auch froh, dass sie wieder da war. So musste er wenigstens nicht allein sein. Sie würde ihn auf andere Gedanken bringen, ganz bestimmt. „Wo warst du überhaupt?“, fragte er ein wenig ruhiger, was sie natürlich sofort merkte, und da schlich sich glatt wieder ein Lächeln auf ihre Lippen. Frauen – er würde sie nie verstehen! „Ich war bei 'ner Freundin. Wir haben n paar Mädelstage gemacht.“ Sie grinste und Aoi glaubte ihr kein Wort. Wahrscheinlich hatte sie sich wieder mit irgendjemand anderes vergnügt, doch das war ihm noch nie so egal gewesen wie jetzt. Aoi beließ es dabei und ließ sie einfach stehen. Er verschwand ins Badezimmer und gönnte sich ein langes heißes Bad. Zu seinem Glück ließ Mai ihn in Ruhe. Als er später ins Schlafzimmer kam, lag sie schon im Bett und schlief. Ihm entkam ein Seufzen. Er wusste nicht, ob er mit ihr in einem Bett schlafen wollte, er wusste ja nicht einmal, ob er sie überhaupt noch in seinem Leben haben wollte, doch gerade waren das weiche Bett und die Tatsache, dass sie ihren warmen Körper gleich an seinen pressen würde, verlockend genug, um diese Überlegungen auf morgen zu verschieben. Er wollte einfach nur noch ins Bett und vielleicht hatte er ja echt Glück und würde bald und vor allem traumlos schlafen. Und er fand tatsächlich schnell den Weg ins Lummerland, wurde er durch ein nerviges klingendes Geräusch nur allzu bald wieder geweckt. Er fühlte sich als hätte er gerade erst die Augen zugemacht, doch ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er schon gut zwei Stunden geschlafen hatte. Wer um Himmels Willen störte ihn denn jetzt noch? Kurz überlegte er nicht einfach wieder die Augen zuzumachen, doch dann klingelte es erneut. Jemand stand vor seiner Tür und er hatte die Befürchtung, dass dieser jemand nicht so bald wieder verschwinden würde, also rappelte er sich auf und rieb sich auf dem Weg durch seine Wohnung die Augen. Aoi war so müde, er hätte auf der Stelle im Stehen einschlafen können, doch er musste wohl erst den Störenfried verscheuchen, bevor er in Ruhe weiter schlafen konnte. Vor der Tür gähnte er herzhaft und warf dann einen Blick durch den Spion. Er konnte es erst kaum glauben, doch es stimmte wirklich. Das war kein Traum. Uruha stand vor seiner Tür und sah nicht so aus als wollte er allzu bald wieder verschwinden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)