Dark Night's Kiss von Darklover ================================================================================ Kapitel 35: 35. Kapitel ----------------------- Vielleicht war es ihr sich verändernder Herzschlag, oder die Art, wie ihre Küsse sich auf einmal anders anfühlten. Cayden glaubte es zwar nicht, aber sein Instinkt wollte ihm sagen, dass da offensichtlich etwas nicht stimmte. Dass sich da etwas anbahnte, von dem er keine Ahnung hatte, wie es ausgelöst wurde oder welchen Grund es überhaupt hatte. Eigentlich einfach lächerlich, wenn man gerade ihre derzeitige Lage betrachtete. Sein Verstand wollte es gar nicht wirklich registrieren, nur sein Bauchgefühl ließ ihn unruhig werden, bis Emma sich überraschend verzweifelt an ihn schmiegte und ihn mit einem Mal ein Gefühl überkam, als müsse er sie fest halten und vor irgendetwas beschützen. Egal vor was. Er würde es tun. Doch noch ehe er den neuen Gefühlscocktail verarbeiten konnte, sagte sie etwas, das sowohl seine Gedanken, wie auch seine Gefühle erstarren ließ. "Ich bin schwanger." Zumindest für einen Moment, war alles in ihm wie schockgefroren. Das Nächste, was er bewusst wahrnahm, war ein eiskalter Schauer der ihm den Nacken hinunter jagte und ein Gefühl, als hätte ihm jemand gleichzeitig ins Gesicht geschlagen und in den Bauch getreten. Er konnte nicht atmen. Er konnte nicht denken. Also sah er Emma einfach ausdruckslos an, als hätte sie gerade einen Scherz gemacht, bei dem er die Pointe nicht verstanden hatte. Bis sie erneut diesen alles verändernden Satz sagte, mit der völlig unnötigen Beifügung, dass sie von ihm schwanger sei. Von wem denn sonst, wenn nicht von ihm? Er hätte jedem anderen Kerl, den er an ihr gerochen hätte, persönlich kastr- Seine Gedanken wollten abschweifen. Wollten sich den Tatsache nicht stellen und sich stattdessen mit etwas weniger Belastendem beschäftigen. "Es-" Er bekam nicht richtig Luft, um einen ganzen Satz damit auszusprechen, also schob er Emma wieder neben sich auf die Couch und stand auf, um sich die Beine zu vertreten und mehrmals tief Luft zu holen. Mit dem Rücken zu Emma blieb Cayden an einem Bücherregal stehen und stützte sich daran ab. Vollkommen starr konnte er nichts weiter tun, als zu atmen und dabei die … die Botschaft zu verarbeiten. Schwanger… Wie war das nur möglich? Von einem Moment auf den anderen ging plötzlich die Realität, wie er sie kannte, in die Brüche. Das was er jetzt war, schien nicht mehr zu sein. Die Gegenwart schien sich zu verschieben. Eindrücke der längst zurückliegenden Vergangenheit schummelten sich in das Hier und Jetzt. Schwanger… Sein erster Instinkt war Glück. Wärme. Liebe. Kinder waren etwas so Wundervolles. Er hatte sie geliebt. Aus ganzem Herzen. Sein eigen Fleisch und Blut und doch waren sie… Cayden erzitterte, als der altvertraute Schmerz der Hilflosigkeit mit voller Wucht einschlug. Seine Kinder waren wundervoll gewesen. Sie hatten ein gutes Leben gehabt. Er hatte keine Sekunde davon verpasst und doch… Obwohl von seinem eigen Fleisch und Blut waren sie gealtert. Wurden vor seinen eigenen Augen von Jahr zu Jahr älter. Mehr Falten. Mehr graue Haare. Mehr Beschwerden, die auch eine noch so gute Kräuterheilerin nicht kurieren konnte. Er blieb jung. Musste hilflos zusehen, wie die Zeit mit seinen Kindern ihm durch die Finger lief und irgendwann … waren sie weg. Bloße Erinnerungen dessen, was sie einmal gewesen waren. Dennoch … die Zeit der Freuden überwog auch jetzt noch den Schmerz des Verlustes. Er erinnerte sich nicht oft daran zurück, aber wenn er es tat, dann mit einem Lächeln. "Schwanger?" Cayden kehrte in die Gegenwart zurück und fasste sich wieder etwas. Mein Gott, er war doch auch nur ein Mann. Ob unsterblich oder nicht, manche Dinge konnten selbst einen Vampir ganz schön umhauen und diese Nachricht hatte es gerade getan. Mehr als nur das. Sein Instinkt wusste schon jetzt, dass das erneut etwas war, das sein Leben in eine andere Richtung lenken würde. Eine, die er zwar nie wieder hatte einschlagen wollen, doch … es war passiert. Er hatte zwar keine Ahnung, wieso und vor allem … Emma roch nicht schwanger. Er hätte es eigentlich wittern müssen. Doch noch immer war da nichts. Dennoch … es war egal. Es war passiert. Cayden glaubte ihr. Als er sich wieder zu ihr herum drehte, war der erste Schock überwunden. Natürlich saß dieser noch tief in seinen Knochen und er verstand es noch nicht gut genug, so wie es erst nach längerem Nachdenken und Darüberreden sein würde, aber er konnte es zumindest schon begreifen. Vielleicht war er gerade deshalb wieder empfänglicher für alles um ihn herum, auch wenn die Welt plötzlich andere, neue, frischere Farben zu haben schien. Emma sah nicht gut aus. Ihr Herz schlug so schnell, als wolle es aus ihrem Brustkorb springen und vermutlich dachte sie gerade mehr an Flucht, als an sonst etwas. Vielleicht machte seine Reaktion ihr auch Angst, er wusste es nicht genau. Aber eines wusste er ganz genau: Sie war verzweifelt gewesen, als sie es ihm gesagt hatte. Das seltsame Gefühl, das ihm ihre Berührungen vermittelt hatten, ließ daran keinen Zweifel offen. "Em…" Seine Stimme war sanft. Zittrig, aber sanft, als er auf sie zu kam und sich vor ihr hin kniete. Seine Hände umfassten die ihren. Ihre Finger waren kalt und doch fühlten sich ihre Handflächen feucht an. Verräterische Zeichen der menschlichen Rasse und doch sprangen bei ihm dadurch erst recht sämtliche Beschützerinstinkte an. Seine eigene Unsicherheit, die Nervosität, die Ängste und Sorgen verbergend, blickte er ruhig zu ihr auf. Es war nicht leicht sein eigenes Gefühlschaos zu verstecken und vielleicht sah sie in seinen Augen, dass er nicht so ruhig war, wie er sich gab, aber trotzdem gab es keinen Grund Angst zu haben. Nicht jetzt. Nicht in naher Zukunft. Nicht, mit all dem Wissen über die Macht seines Blutes, das er inzwischen besaß. Eigentlich gab es wirklich nichts, was ihm Sorge machen müsste, trotzdem schlug sein Herz wild und aufgeregt. "Wie lange weißt du es schon?", fragte Cayden Emma daher ruhig. Einfach um irgendetwas zu sagen. Um ihr zu zeigen, dass alles in Ordnung war und dass er keine der sonst so bekannten Szenen machen würde, wie man sie unzählige Male in Filmen oder sogar auf der Straße sehen konnte. Es stimmte. Ein Kind war nicht geplant gewesen, weshalb er sich über die Gefühle darüber noch unklar war, aber er war sich seiner Verantwortung dafür sehr wohl bewusst und dass es jetzt hieß, Ruhe zu bewahren. Niemandem einen Vorwurf zu machen. Er war schließlich genauso daran schuld. Schließlich hätte er von sich aus verhüten müssen, obwohl er dachte, Emma täte es. Nun, eigentlich hatte er darüber im Grunde gar nicht nachgedacht. Die Nacht damals in Tokyo war dafür einfach zu chaotisch gewesen. Er schob sie von sich.
 Nicht nur im wörtlichen Sinne, als er Emma an den Hüften packte und sie von seinem Schoß zurück auf das Sofa setzte. Viel größer war der Raum, den er rein mental und gefühlsmäßig zwischen sie brachte, als er aufstand, um sich von ihr zu entfernen. 
Emma musste sich auf jeden Atemzug so stark konzentrieren, dass sie nicht einmal die Kraft aufbrachte, aufzusehen und sich dem Bild eines ihr abgewandten Cayden zu stellen. Immer noch schien die Luft weniger Sauerstoff zu enthalten, als Emmas Lungen benötigten. Sie fühlte sich schwach, ihr war heiß und kalt zugleich und ihr Herz raste so schnell, dass der Rest ihres Körpers mit der Schockreaktion gar nicht hinterher kam.
 Selbst die Zeit schien schneller zu laufen und gleichzeitig wie in Gelee gepackt dahin zu kriechen.
 Jedenfalls war Cayden eine Ewigkeit an dem Bücherregal stehen geblieben. Er hatte Emma nicht länger ansehen können. Es war...
 Sie hätte ihm nichts sagen sollen. Sie hätte einfach zum Arzt gehen und es ungeschehen machen sollen. Er hätte gar nichts merken müssen. Vielleicht wäre dann alles gut gelaufen. Dann... 
Ihre Gedanken überschlugen sich und doch bekam Emma keinen zu fassen, dem sie Cayden hätte anbieten können, als er urplötzlich und vollkommen unvorbereitet vor ihr in die Knie ging und ihre Hand nahm.
 "Seit Montag."
 Warum es Wut war, die sich in ihrem Inneren sammelte, konnte Emma nicht sagen. Sie verstand keines der Gefühle, die auf einmal nach oben sprudelten. Sie war sauer auf sich selbst, wütend auf das, was Cayden gleich sagen würde. Und sie war stinksauer auf die Welt, deren Regeln nun einmal so lauteten, dass so etwas nicht funktionieren konnte. Falsche Personenkonstellation, falsche Voraussetzungen, falsche... Frau. 
Und plötzlich wurde sie unendlich traurig.
 Sie presste die Lippen fest aufeinander, um diese Emotion nicht nach außen hin zu zeigen. Aber es war schon fast zu spät. Emma hatte solche Angst davor gehabt, es Cayden zu sagen. Etwas, das sie erst jetzt im Nachhinein erkannte. Verdammter Realismus, verdammtes Maß an Zurechnungsfähigkeit, das ihr von Anfang an gesagt hatte, dass es keine romantische, rosa Zukunft mit Baby und Familie für sie geben würde.
 Wie dumm war sie gewesen, selbst der Hoffnung darauf nachzugeben!
 "Ich muss es nicht bekommen." Es klang dumpf und hohl, aber Emma sah eine winzige, hauchdünne Rettungsleine. Vielleicht würde sie zumindest etwas von all dem hier retten können. "Seit Montag." Sie wusste es also schon fast eine Woche lang. Eine Woche, in der sie ihm nichts hatte sagen können. Es … vor was hatte sie bloß solche Angst gehabt? Seiner Reaktion? Cayden musste zugeben, dass er zuerst schockiert gewesen war. Warum auch nicht, schließlich war das etwas, worauf man sich nicht einfach so vorbereiten konnte. Aber dass sie sich vor dem gefürchtet haben könnte, wie er reagierte … sich vielleicht auch immer noch fürchtete. Mit wachsamen Sinnen beobachtete er jede von Emmas Gefühlsregungen, die er von ihrem Gesicht ablesen konnte. Ihr ging wahnsinnig viel im Kopf herum und der Ausdruck in ihren Zügen schien sich immer weiter zu vertiefen, als ob sie- "Ich muss es nicht bekommen." Sein Herz blieb ihm für einen Moment stehen, als der Satz in seinem Bewusstsein ankam. Mit einem Schlag wurde ihm wirklich eiskalt. Abtreibung? Sie dachte daran, es töten zu lassen? Hätte man ihm ein Messer in den Bauch gerammt und damit in seinen Eingeweiden herum gewühlt, es hätte nicht unangenehmer sein können, als das Gefühl, das sich in ihm ausbreitete. "Nein..." Seine Stimme brach fast weg, bis er sie wieder unter Kontrolle und sich von dem zweiten Schock erholt hatte. Cayden richtete sich weiter auf, hielt noch fester ihre Hand und strich mit der anderen zärtlich aber nachdrücklich über Emmas Wange, während er versuchte ihren Blick zu fixieren. "Nein, Emma. Denk nicht einmal daran. Bitte … tu das nicht. Das ist keine endgültige Lösung, sondern Mord. Bitte…" Nun blätterte ein Teil seiner mühsam beibehaltenen Gelassenheit von ihm ab und das eisige Gefühl in seinem Inneren verstärkte sich. Er könnte nichts tun, wenn sie es nicht haben wollte. Absolut gar nichts. In dieser Sache hatte stets die Frau das letzte Wort. Aber sie durfte nicht… Sein Blick wurde flehentlich, wegen eines Schmerzes der älter war, als Emma auch nur erahnen konnte. "Nein, bitte … tu mir das nicht an.", hauchte er leise verzweifelt. Cayden schlang seine Arme um Emma, legte seinen Kopf in ihren Schoß und hielt sie ganz fest. "Wenn … wenn du es nicht willst. Ich nehme es. Ich … kümmere mich darum. Um alles, aber lass nicht zu, dass man es tötet. Tu das nicht…" Aber...
 Emma sah mit halb offenem Mund auf Cayden hinunter. So langsam begann die Wärme seiner Arme in ihren Körper zu kriechen und sie bekam endlich das Gespür für sich selbst zurück, das ihr gerade irgendwie verloren gegangen war. Ganz im Gegensatz dazu, schien Emmas Gehirn sich für eine ganze Weile vollkommen verabschiedet zu haben und gab auch kein Lebenszeichen, als Emma wirklich Hilfe gebraucht hätte. 
Als wäre das alles nicht schon kompliziert genug und sie mit ihren Emotionen völlig überfordert. Sie... verstand einfach nicht, was Cayden...
 "Du..." Ihre Stimme war so rau, als hätte sie ewig nicht gesprochen. Belegt von der ganzen Flut an ertränkenden Gefühlen, die immer noch zwischen ihnen hin und her schwappten. Emma versuchte sich zu räuspern, klang danach aber auch nicht viel besser. Zumindest ein bisschen lauter.
 "Du willst... dass ich... dass wir... es haben?"
 Die letzten Worte waren wieder mehr ein Hauch, als wirklich eine Frage. Aber Emma fing sich allmählich und trotz ihrer Überraschung und des wirklichen Schocks, der ihr immer wieder Kälte über den Rücken schickte, wagte sie es fast, Cayden von sich aus zu berühren. 
Vielleicht...
 "Auch... mit mir zusammen?", wollte sie mit klopfendem, immer noch gefährlich angeknackstem Herzen wissen. Was die Frage sollte, verstand er nicht ganz. Aber im Grunde war er gerade sowieso ziemlich neben der Spur und vor allem durcheinander, doch eines wusste er ganz bestimmt. Daran war nun einmal nicht zu rütteln. "Natürlich!" Cayden richtete sich wieder auf, schob sich näher an Emma heran, ein Arm immer noch fest um sie geschlungen, während er mit der anderen Hand über ihre Wange, ihren Hals und durch die Haare streichelte. "Ich will das, Em. Ich will das Baby. Ich will dich. Oh, Gott. Du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich dich will!" Wieder umarmte er sie. Zog sie, so gut es in dieser Position möglich war, an sich, vergrub seine Finger in ihrem Haar, drückte sein Gesicht in diese weiche Seidenpracht. Atmete tief ihren Duft ein… "Ich wollte dich schon, bevor du mir das mit dem Baby gesagt hast.", flüsterte er zärtlich in ihr Ohr. "Jetzt will ich dich erst recht…" Wo vorhin noch Kälte war, breitete sich nun rasend schnell die Wärme aus, die er sonst in Emmas Gegenwart verspürte. Sie dehnte seinen Brustkorb, ließ seinen ganzen Körper kribbeln und vertrieb seine trüben Gedanken. Als er sich nun wieder ein kleines Bisschen von Emma löste, um sie ansehen zu können, strahlte er fast. Ein Lächeln umschlich sein Gesicht und doch war es kein leichtfertiges. Er wusste genau, worauf er sich da einließ und konnte sich zumindest schon ausmalen, wie sehr das seine Zukunft verändern würde. Aber es war ihm egal. Wenn er eines wusste, dann dass das Hier und Jetzt wichtig war. Nicht das Später. "Ein Baby, Em? Das klingt nach einer wundervollen Nachricht.", meinte er ernsthaft, aber auch voller Zuneigung und Wärme. Natürlich? 
Alles Andere war an Emma vorbei gezogen, wie flauschige Wolken bei Sturm. Sie hatte verstanden, was Cayden gesagt hatte. Die Worte waren ihr bekannt und sie wusste auch deren Bedeutung. Aber dass er sie so im Bezug auf sie - Emma - verwenden würde... hätte sie niemals gedacht.
 Sie starrte Cayden wortlos und mit offenem Mund an, versuchte hinter seinem Lächeln eine mögliche Klinge zu erkennen, fand aber auch nach einer Weile der absoluten Vorsicht keine. Er meinte das... ernst? 
Emma spürte, wie ihre Finger zitterten, die auf ihrem eigenen Oberschenkel und einem Sofakissen lagen. Sie traute sich immer noch nicht, Cayden zu berühren. Das war jetzt alles viel zu schnell für sie gegangen. Von Schock, Abwendung zu Entsetzung und dann... wundervolle Nachricht. 
Ihr war gar nicht klar, dass sie anfing zu weinen, bis sie Cayden nicht mehr erkennen konnte, obwohl er direkt vor ihr saß. Mit einem Mal fiel so viel Angst von Emma ab, dass sie in sich zusammen sank und ihr Körper sich nicht entscheiden konnte, ob sich ein erleichtertes Lachen in diese befreiende Gefühlsäußerung mischen sollte.
 Sie hoffte so sehr, dass er es so meinte, wie er es gesagt hatte. Als Emmas einzige Reaktion auf seine Worte darin bestand, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten und diese schließlich über ihre Wangen perlten, war es endgültig um Cayden geschehen. Er richtete sich ganz auf, setzte sich neben sie, zog sie samt Kissen wieder auf seinen Schoß und schlang die Arme um sie. Während er sie beschützend fest hielt und sie sich auch einmal seinem angebotenen Schutz hingab, fühlte sich das alles zunehmend richtiger an. Schon vorher war es gut und schön gewesen, aber jetzt schien es auch absolut richtig zu sein. Vollkommen. Als würde diese ganze Situation hier, Emma, das Baby und die Art, wie sie sich an ihn drückte, die leere Seite in seinem Leben ausfüllen, die da schon so lange bestanden hatte. So fühlte es sich an. Genau so fühlte sich das an, worüber so viele Dichter, Sänger, Produzenten, Journalisten und noch viele mehr auf dieser Welt, immer wieder schrieben. Cayden wusste es, weil er es in seinem Leben schon mehrmals erleben hatte dürfen. Doch so stark wie jetzt, so berauschend und empfindlich, so wunderbar und beängstigend, wie hier und jetzt, hatte es sich bisher noch nie für ihn angefühlt. Es war ebenso schön wie überraschend und es bereitete ihm Sorge, wenn auch nicht groß genug, um ihm die momentane Situation zu verdüstern. Cayden sagte nichts, während er Emma einfach fest hielt, über ihren Rücken streichelte, sich an sie kuschelte und einfach nur in den Armen hielt. Manche Dinge mussten nicht ausgesprochen werden, um klar zu erkennen zu sein. Zudem gab es nichts zu erklären. Emma durfte ihren Emotionen freien Lauf lassen und er war da, um sie aufzufangen. Es würde alles gut werden. Immerhin … liebte er sie. Eine kleine Ewigkeit verging. Immer wieder versuchte sie es, schaffte es aber nicht, sich wieder zu fangen. Emma konnte das leise Schluchzen, die Tränen und auch das Schniefen nicht unterdrücken. Genauso wenig, wie sie sich selbst nicht darin aufhalten konnte, nun doch ihre Hand in Caydens Shirt zu krallen, um sich an irgendetwas festzuhalten. 
Und dabei war es doch er, der sie hielt. 
Vollkommen überraschend für sie, hatte er Emma zurück auf seinen Schoß gezogen, die Arme um sie geschlungen und nichts weiter zu diesem offensichtlichen Zeichen ihrer Schwäche gesagt. Auch als ihre heißen Wangen allmählich trocken wurden und Emma sich nur noch verstohlen über die Augen wischte, ließ er sie nicht los. 
Herrgott, das war alles so... unwirklich. 
Emma schniefte laut und löste sich dann zumindest so weit von Cayden, dass sie ein Gefühl dafür bekam, ob der Heulanfall vorbei war. 
Dem schien so zu sein.
 "Ich brauch'... ein Taschentuch."
 Sich über das Gesicht zu wischen machte alles nur noch schlimmer und ließ Emma ein wenig verschämt lächeln, bis Cayden sich aufmachte, um ihr gleich die ganze Rolle mit Küchenpapier von nebenan zu holen.
 "Dankeschön."
 Emma schneuzte sich, wischte sich mit einem zweiten Tuch die Wangen trocken und brauchte danach noch ein drittes und ein viertes Tuch, bis sie auch nur nahe daran war, wieder vollkommen tränenfrei zu sein. 
Und selbst dann wusste sie nicht genau, was sie sagen sollte. 
Nur von unten herauf und sehr vorsichtig sah sie Cayden an, der inzwischen ein beständiges Schmunzeln auf den Lippen zu tragen schien. 
"Ich heule nicht oft.", war alles, was ihr gerade einfiel. Dabei hätte sie bestimmt wesentlich Intelligenteres sagen können. Cayden schmunzelte. "Stell dir vor, ich auch nicht.", war seine mehr als intelligente Antwort, auf Emmas Aussage, ehe er sie auch schon wieder an sich zog und einmal tief durchatmete. Nein, sie roch immer noch nicht schwanger, sondern einfach nur unwahrscheinlich gut. Es war zwar etwas, das er sich nicht erklären konnte, aber in diesem Fall musste er es auch gar nicht besser wissen. Wenn Emma sich sicher war, dann vertraute er ihr. "Jetzt wissen wir zumindest, warum dir morgens immer so schlecht war. Eigentlich ganz klar, wenn man es weiß." Mit seinem Daumen wischte er Emma eine Wimper von der Wange. Zwar musste er sich wirklich erst an die Tatsache gewöhnen, dass sie schwanger war, aber das würde schon werden. Spätestens dann, wenn man es auch zu sehen begann. Außerdem half darüber reden auch. Zumindest ihm. "Hm. Heute Morgen ist dir aber nicht schlecht gewesen. Ist es denn jetzt besser?" Jetzt musste Emma wirklich lächeln. Denn dass Cayden ihr weder gesagt hatte, dass er das Baby nicht wollte, noch dass er sie jetzt nie wieder sehen würde, war für Emma schon jenseits von großer Erleichterung. Ihr fiel nicht nur ein Stein vom Herzen, sondern gleich eine ganze Schuttlawine, während doch immer noch ein bisschen zurück blieb, das sie wegen ihrer angeborenen Skepsis so schnell nicht loswerden würde.
 Aber es gelang ihr, sich an Cayden anzulehnen und endlich wieder tief durchzuatmen.
 "Ja, es ist besser. Seit ich... es weiß, war mir eigentlich nicht mehr schlecht. Vielleicht noch ein bisschen flau morgens, aber sonst... alles in Ordnung." 
Was genau das Gegenteil von dem war, das angeblich den meisten Anderen passierte. Emma hatte irgendwo einmal gehört, dass viele Frauen unter Morgenübelkeit litten, sobald sie vom Arzt erfahren hatten, dass sie schwanger waren. 
Schwanger...
 Wie schon in der letzten Nacht sah Emma zu ihrem Bauch hinunter und stellte erneut fest, dass sie das einfach noch nicht realisieren konnte. So, wie es jetzt aussah würde sie ein Baby bekommen. Das war unfassbar. 
"Hoffentlich wird dir jetzt nicht morgens schlecht.", meinte sie diesmal wirklich mit einem Lächeln und schaffte es sogar, Cayden direkt ins Gesicht zu sehen. "Sehr unwahrscheinlich. Schließlich habe ich morgens Besseres zu tun, als über der Kloschüssel zu hängen. Zum Beispiel mit dir ausgiebig zu frühstücken.", meinte er locker und merkte immer mehr, wie die Anspannung von ihnen abfiel. Natürlich war noch nicht alles vollkommen in Ordnung und er würde noch gründlich über alles nachdenken, wenn er alleine war. Aber vorerst war es gut so. Cayden folgte Emmas Blick zu ihrem Bauch und legte schließlich vorsichtig seine flache Hand auf die Stelle, wo offenbar gerade ein neues Leben in ihr heranwuchs. Eine neue Welle von Wärme und Zuneigung überflutete ihn. Cayden lehnte seinen Kopf an Emmas, streichelte sie und wusste, dass er mit dem hier nie mehr gerechnet hätte und doch fühlte es sich, nachdem der erste Schock vorüber war, ungemein gut an. "Kaum zu glauben. Ich werde Vater." Erneut. "Wenn du es dir aussuchen könntest, was würdest du dir wünschen? Junge oder Mädchen?" Cayden kuschelte sich noch etwas enger an Emma, küsste ihre Schläfe, schmiegte seine Wange an ihre und genoss das Gefühl, ihr nahe zu sein. Es war so viel besser, als es nicht zu sein. So viel erfüllender. Erst recht, nachdem etwas von ihm gemeinsam mit etwas von ihr in ihrem Körper heranwuchs. Dieses Gefühl war einfach unbeschreiblich. "Ach ja?" 
Sie hob lächelnd eine Augenbraue und hätte ihn am liebsten einmal wieder in die Seite geknufft. 
"Es war ja nicht so, dass ich mir das ausgesucht hätte." 
Ganz im Gegenteil wusste Emma erst jetzt wieder richtig zu schätzen, wie gut es sich anfühlte, morgens einfach aufzustehen und ohne darüber nachzudenken, den Tag zu beginnen. Und zwar mit einem ordentlichen Frühstück. Oh man, was hatte sie ein leckeres Frühstück vermisst! 
Es kam für Emma überraschend, dass Cayden seine Hand vorsichtig auf ihren Bauch legte. Zuerst sah sie ihn, dann die flache Hand auf ihrem Bauch an. Noch weniger als dass er Vater wurde, konnte Emma glauben, dass sie Mutter sein würde. Man... sah gar nichts. Und dass sich das schon bald ändern würde, konnte Emma auch noch nicht ganz realisieren. Ob das lange dauern würde? Und wie schnell sah man überhaupt etwas? Sie würde doch auch zusätzlich zunehmen, oder? Bei Stella hatte es nicht so ausgesehen, aber angeblich bekam man schon ein paar Kilos drauf, was ja nur ganz natürlich-
 "Du musst mich unbedingt davon abhalten, mir bergeweise Bücher zum Thema Schwangerschaft zu kaufen. Ich sehe mich schon über den unterschiedlichen Tipps und Hinweisen verzweifeln."
 Das entsprach voll und ganz der Wahrheit. Ihre Tante hatte ihr einmal erzählt, der beste Tipp sei, sich nur genau ein einziges Buch zu dem Thema zu kaufen und dann darauf zu vertrauen, dass man das Richtige ausgesucht hatte. Denn die Bücher widersprachen sich vollkommen und stürzten einen nur in absolute Unsicherheit, wenn man versuchte, alles richtig zu machen.
 Und später würde es nicht anders sein. Wenn es erstmal da war - das Baby.
 "Mir aussuchen?" 
Ganz vorsichtig legte Emma ihre Hand auf die von Cayden und überlegte sich, was sie schon als kleines Mädchen mehrmals überlegt hatte. Junge? Oder Mädchen? Früher hatte die Antwort ganz klar ausgesehen. Aber jetzt, wo es wirklich so weit war? Sie konnte es doch ohnehin nicht beeinflussen.
 "Ich weiß nicht. Eine Tochter wäre toll, aber ein Sohn auch. Ich... warten wir es einfach ab."
 Für einen Moment schloss Emma die Augen, genoss das Gefühl, so an Cayden gekuschelt da zu sitzen und sich erstmal keine Sorgen machen zu müssen. Es... würde schon alles werden.
 "Und du? Was würdest du dir wünschen?" Also über Babybücher hatte er tatsächlich noch nie nachgedacht und zwar aus einem sehr naheliegenden Grund. Als das Thema für ihn aktuell gewesen war, hatte es sowas wie Bücher oder Ratgeber noch nicht gegeben. Und im Endeffekt waren seine beiden Söhne auch groß geworden. Hatten sich sogar zu prächtigen Männern entwickelt, die selbst jeder für sich eine wundervolle Familie gegründet hatten. Also konnte er schon einmal nichts falsch gemacht haben. Wobei die Kindererziehung natürlich damals wie vermutlich auch heute größtenteils die Mütter betraf, aber dennoch hatte er sich so oft beteiligt, wie möglich. Vor allem bei Söhnen bekamen die Väter eine wichtige Rolle. Nicht nur als Vorbildwirkung, sondern auch um ihnen die grundlegendsten Dinge des Lebens beizubringen. Wie Jagen, Fährtenlesen, Fallen bauen und aufstellen und noch so einiges mehr, das heute absolut nicht mehr üblich war. Cayden schweifte in seine Gedanken ab. Während seine Finger sanft weiter über Emmas Bauch streichelten, versuchte er sich darüber im Klaren zu werden, was früher wichtig war und was heute. Und je mehr er darüber nachdachte, umso größere Sorgen machte er sich, ob er dieser Rolle erneut gerecht werden konnte. "Ich werde die Bücher besorgen. Dann musst du dich nicht der Qual der Wahl stellen, sondern meinem Urteil vertrauen. Ist also die Frage, was schwieriger ist." Neckend knabberte er an Emmas Ohr und bekam bereits jetzt leichte Bammel vor dem Besuch im Bücherladen. Das war schließlich eine gänzlich neue Abteilung, in die er da vordringen wollte. Als Emma ihn fragte, was für ein Kind er gerne haben würde, dachte er nicht lange darüber nach. Stattdessen kam seine Antwort wie aus der Pistole geschossen. "Ein Mädchen." Eine Antwort vermutlich sehr zur Verblüffung der Männerwelt. Aber nach zwei Söhnen sicherlich verständlich. "Was nicht heißen soll, dass ich mich nicht auch über einen Sohn freuen würde. Da das Geschlecht vollkommen egal ist. Aber wenn ich es mir aussuchen könnte … dann ein Mädchen." "Wenn du mich den Buchladen aussuchen lässt, werde ich mich darauf verlassen, dass du das Richtige nach Hause bringst."
 Sie kicherte, was einerseits damit zusammen hing, dass Cayden sich einmal mehr an ihr Ohr heran machte. Andererseits machte sich eindeutig und endlich die Erleichterung bei ihr bemerkbar. 
"Außerdem kann man mit Kassenzettel umtauschen." 
Emma fragte sich eine Sekunde, wann Cayden eigentlich die Zeit aufbringen wollte, zu Borders zu gehen und nach Babybüchern zu suchen. Aber das war nicht zwingend ein Problem, mit dem sie sich auseinander setzen musste. Wenn er sagte, er würde sich darum kümmern, dann konnte sie sich darauf verlassen. Emma hatte ohnehin das Gefühl, dass sie in Cayden mehr einen echten Partner mit einem Plan an ihrer Seite hatte. Bei dem Ganzen wirkte er schon jetzt viel souveräner als sie. 
Und das fing schon damit an, dass er sich so ohne weiteres Grübeln für ein Mädchen entscheiden konnte.
 "Ein Mädchen, ja?"
 Emma lächelte ihn offen an und hauchte Cayden dann einen winzigen Kuss auf die Wange. 
"Sehen wir mal, was sich machen lässt." "Das mit dem Kassenzettel stimmt, aber den kann man ja auch ohne weiteres verschwinden lassen." Nun lächelte er wirklich und knabberte noch einmal an Emmas Ohr, nur allein, um sie kichern zu hören. Das war so viel besser, als sie trübsinnig zu erleben. Als sie dann auch noch zu lächeln begann, hatte er das Gefühl, als käme die Sonne nach einem langen heftigen Sturm wieder heraus. Sofort begann sein Herz nun aus anderen Gründen wieder schneller zu schlagen und es knisterte gewaltig in seinem Bauch. Gespielt ernst, sah er sie an. "Miss Emma Lynn Barnes. Soll das tatsächlich ein Kuss gewesen sein? Das können Sie aber wirklich besser." Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und lächelte sie warm an. "Es ist alles gut, Em. Wir schaffen das, selbst wenn wir uns auf kein Buch einigen können. Ein Schritt nach dem anderen und für jetzt hatten wir uns noch ein schönes, entspanntes Wochenende vorgenommen. Also, nachdem du mir bewiesen hast, dass du genauso gut küssen kannst, wie ich es von dir gewohnt bin, einigen wir uns erst mal darauf, ob wir noch weiter im Pyjama herum gammeln, oder uns doch dazu bequemen, etwas anderes anzuziehen. Alles andere hat noch Zeit." Und damit küsste er sie. So viel war inzwischen geschehen, als sich vorhin ihre Lippen getrennt hatten, doch das Gefühl dabei, war gleich geblieben. Vielleicht sogar noch stärker. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)