EX von Kuran ================================================================================ Kapitel 25: Aerun - 1.0 ----------------------- Mit aller Mühe krallte ich mich an Lexus fest, als wir Platz auf dem Rücken des Mohernas genommen hatten. Als das riesige Insekt die Beine aus dem Boden wieder heraus zog und sich dann der riesigen schwarzen Feldwand zugewandt hatte, hoffte ich inständig darum, dass wir nicht herunter fallen würden. Halt zu finden war wirklich schwierig gewesen - der Panzer war mit einer dünnen Schleimschicht überzogen und ließ mich ständig abrutschen; ich konnte mich gerade so an Lexus festhalten, der es, wie auch immer, ohne irgendwelche Mühen schaffte sich an dem riesigen Geschöpf festzuhalten. Er griff nach meinen Armen und legte sich diese um den Bauch, zog dann eines der Bänder von seinem Oberarm, welche er vorher drumherum gewickelt hatte, und band es um meine Handgelenke zusammen, so fest, dass ich es so einfach nicht hätte wieder lösen können. So jedenfalls war sicher gestellt worden, dass ich nicht noch weiter abrutschen würde... Das Schreien des Moherans, als es sich daran machte den Fels wieder hinauf zu klettern, war wirklich kaum auszuhalten. Ich fühlte einen ungeheuerlichen Druck in meinen Ohren und dachte für einen Augenblick, dass mein Trommelfell platzen würde, dann aber erstickte es sein unerträgliches Schreien wieder in Stille. Ein unangenehmes Piepen hallte noch einige Zeit lang in meinem Gehör wieder... Zu meinem Erstaunen dauerte es auch nicht lange, bis es den Felsen bestiegen hatte. Diese Felswand war sicherlich einige Meter hoch, mehr als ein paar Hundert, und dieses Insekt schaffte es innerhalb von wenigen Minuten den Gipfel zu erreichen. Als ich nun herauf blickte erkannte ich, dass es nur noch wenige Meter bis zur oberen Platte waren. Bevor wir wieder von seinem Rücken herab stiegen, löste Lexus die Bänder um meinem Handgelenk und ließ mich als erstes vom Panzer herunter rutschen. Gerade so konnte ich mein Gleichgewicht finden, torkelte einige Schritte, als ich auf dem Boden aufgekommen war, aber fiel nicht hin. Aus einer solchen Höhe einfach so von einem riesigen Insekt herunter zu rutschen war nichts, was ich schon öfter gemacht hatte - um genau zu sein: noch nie. Für Lexus hingegen schien es nichts gewesen zu sein, was ihm Mühe bereitete, und er tätschelte dem ehrlich gesagt unheimlichem Wesen noch einmal über den Panzer, bevor er es sich wieder eingraben ließ. “Hast du... schon öfter Kontakt mit ihnen gehabt? Es schien mir so.” Er nickte und richtete all die Stoffbeutel an seinem Körper wieder zurecht und band sich die Bänder erneut um den Oberarm, welche er für meine Sicherheit zuvor gelöst hatte: “Schon sehr oft. Es gibt sehr viele von ihnen auf diesem Stern und gehören zu den Kreaturen, mit denen ich aufgewachsen sind. Sie wirken auf den ersten Blick vielleicht nicht so, aber sie sind sogar die friedlichsten Wesen, die du auf Liverath finden kannst.” So vom ersten Eindruck her dachte ich auch eher, dass sie weniger friedlich waren. Ich hatte ein riesiges, mit Reißzähnen bestücktes Maul erkennen können und all die Stachel an ihren dürren Beinen deuteten für mich auch eher auf Arten von Waffen hin, wie ich sie von vielen Räubern kannte. Aber alleine die Vorstellung, wie Lexus schon in jüngeren Jahren mit ihnen kooperierte, zauberte mir ein kleines Lächeln aufs Gesicht. Der Mohernas hatte sich inzwischen schon vollständig in den Felsen hinein gegraben und hinterließ ein großes, dunkles Loch, welches nun einige Meter tief sein musste. Ein weiterer Blick nach oben warf allerdings wieder Fragen auf. Wie würden wir die letzten Meter nach oben nun überbrücken? “Hier gibt es einige Wach-Leute, irgendwo auf der großen Felsplatte, die dafür sorgen, dass Nichts und Niemand zur oberen Platte gelangt - zumindest ist das ihre Aufgabe. Wir müssten nur einen von ihnen auf uns aufmerksam machen.” Und das sollte die Lösung gewesen sein? Die Liverath’s, die ich bisher gesehen hatte, waren alles andere als einfache Gegner. Sie waren, im Gegensatz zu mir zumindest, um einiges größer und kräftiger gebaut. Für die Normalgröße seiner Rasse war Lexus wirklich auch ein wenig klein - aber ich entsann mich daran zurück, dass er in einer höheren Position gestanden hatte und das ja nun auch bedeuten musste, dass er stärker gewesen war als ein Normal-Bürger seines Volkes. “Sie lassen sich leichter überlisten als man denkt. Ob sie bereits die Information erhalten haben, dass ich ebenfalls zu den Verstoßenen gehöre, weiß ich nicht. Sollte dies der Fall sein, müsste ich sie nicht mal um die Ecke bringen, sondern einfach austricksen.” Ich nickte - und hoffte, dass sich uns keine Schwierigkeiten in den Weg stellen würden. Etwas anderes zu tun, als mich hinter Lexus zu verstecken, konnte ich ohnehin nicht tun. Manchmal verfluchte ich meinen Körper wirklich dafür, dass er so schwach gewesen war... Trübsal blasen wollte ich nun aber auch nicht. Ich wollte helfen und würde tun, was ich für ihn hätte tun können, wenn es nötig gewesen war. Wir warteten einige Zeit lang, bis uns die erste Wache begegnete. Die Felsplatte musste von einer unglaublichen Breite sein - immerhin konnten wir ihn erst spät erkennen und richteten uns sofort auf, als er auf uns zu kam. “Name!” Das, was er trug, war ohne Zweifel ein Suit, der kein einfaches Kleidungsstück gewesen war. Ich erkannte, dass einiges daran angebracht worden war, unter anderem einige Arten von Sensoren. Dass man damit auch fliegen konnte, bezweifelte ich nicht... “Lexus er Chak.” Ohne irgendein Zögern hatte sich Lexus ihm genähert und sich zu erkennen gegeben... Die Wache musterte ihn erst skeptisch, tippte mit einer Klaue gegen einer seiner Sensoren, der an seiner Stirn angebracht war, wartete einen Augenblick und nickte dann. Ich staunte, als er sich dann sogar verbeugte. “Entschuldigt, mein Kommandant, dass ich Euch nicht vorher erkannt habe...” “Ich verzeihe Dir. Wie viele Wachen sind heute hier angebracht? Mehr als ein Dutzend? Ich bin hier, um die Situation zu überprüfen.” “Wir sind... zehn, wenn ich mich recht entsinne, mein Kommandant.” Ich sah, wie sich in Lexus’ Mundwinkeln ein schmales Schmunzeln formte. So, wie wir es uns erhofft hatten, war es scheinbar. Die Wachen schienen nicht über die wichtige Information zu verfügen, dass Lexus ein Verstoßener war - was einen fatalen Fehler darstellte. “Nun gut... Ich bin mit einem Gefangenem hier und benötige zwei Kapseln. Solltet ihr nicht über allzu viele verfügen, werde ich das in meinen Bericht übernehmen. Es sollte gewährleistet sein, dass genug Kapseln zur Verfügung stehen.” Der autoritäre Unterton in seiner Stimme ließ mich für einen Moment schaudern und ich staunte nicht schlecht, als der Wach-Mann ihm wirklich Folge leistete und ihm zwei Kapseln zur Verfügung stellte... Dieser Liverath schien schon alt gewesen zu sein und scheute sich vor Unannehmlichkeiten - er war wohl nur zwecks seines treuen Dienstes so lange dort behalten worden. Als Lexus mich dann grob packte und hinter sich her zog, ließ ich über mich ergehen und spielte bei dem kleinen Schauspiel mit. Es musste glaubhaft wirken, dass ich ein Gefangener sein sollte, also ließ ich mich in die Kapsel schubsen und wartete dann nur noch ab, bis er in die zweite Kapsel gestiegen war. Dass wir so leicht entkommen würden, hätte ich nicht gedacht... - Lexus hatte via Funk zu mir gesprochen und mir Anleitungen darüber gegeben, wie ich die Kapsel bedienen musste. Das Modell war in der Tat ein eher älteres gewesen und auch die Steuerung ließ zu wünschen übrig, aber es erfüllte seinen Zweck. Völlig hingegen meiner Erwartungen landeten wir nur sehr kurz auf der oberen Platte, als wir dort angekommen waren. Ich hatte erst gedacht, dass wir dort noch eine Weile bleiben würden, aber das erledigte sich sehr schnell. Lexus besorgte nur Treibstoff und Trinkbares - Essbares war noch immer nichts, was er für mich auftreiben konnte - und, was mich dann völlig verwirrte, zog mich mit in seine Kapsel hinein. Er sagte, dass wir keine zwei bräuchten und dass er auch nicht so viel Treibstoff auftreiben konnte, wie wir ihn für zwei Kapseln bräuchten, also musste ich ebenfalls Platz in der einen finden, in welcher wir uns nun befanden. Das erinnerte mich daran, wie ich mit ihm zusammen in der Erogide gewesen war, als er auf dem Sitz Platz nahm und mich auf sich zog und ein kleines Gefühl von Aufregung machte sich in mir breit. Seitdem er mir gegenüber geäußert hatte, dass wir Liebende waren, war es umso seltsamer für mich, ihm so nahe gewesen zu sein - aber all dies war nun nichts, was von Bedeutung war, also konzentrierte ich mich darauf, für ihn die Steuerung zu übernehmen. Er selbst hatte noch die Koordinaten eingeben, an welchen sich die Kapsel hatte orientieren sollen, ich aber konnte mit der Zahlenkombination rein gar nichts anfangen... - Es bedurfte uns fast eines Tages, bis wir landen konnten. Ich hatte, weil ich so viel geschlafen habe, kaum mitbekommen wo wir Halt machten und war erst etwas perplex, als sich die Kapsel dann öffnete. Uns begrüßte ein helles Licht, welches mich blendete, und eine liebevoll klingende Stimme sprach leise Wort aus, die ich nicht verstehen konnte. Ich glaubte mir sicher zu sein, dass wir nirgends gelandet waren, wo man uns angreifen wollte, und ließ mich von Lexus mit aus der Kapsel heraus ziehen und versuchte mich zu orientieren. Es waren einige Lichtgestalten mehr, als ich vermutet hatte, und ich war verwundert, als Lexus einige von ihnen herzlich begrüßte. Es waren also Kreaturen gewesen, die er kennen musste, anders konnte ich mir sein Verhalten nicht erklären. Noch immer stand ich vor der Kapsel und wagte mich keinen einzigen Schritt, auch wenn Lexus mich gerufen hatte. Mein Körper war an seine Grenzen gelangt und ich glaubte zu verhungern, wenn ich nicht bald endlich etwas essen würde. Kurz, bevor meine Knie eingeknickt waren, hatte Lexus mich festgehalten - und alles, was dann geschah, erlebte ich wie einen seltsamen Traum. Meine Wahrnehmung war durch meine Erschöpfung getrübt und alles, was ich vernehmen konnte, waren irgendwelche Stimmen und Gesichter, die ich nicht kannte und die sich so schnell schon wieder verzerrten, dass ich sie eh nicht richtig erkennen konnte. Ich hatte erst nicht mehr daran geglaubt, doch dann tanzte der Geruch von Leckereien in meine Nase und man servierte mir Allerlei Köstlichkeiten, von denen Lexus mir versicherte, dass ich sie tatsächlich essen konnte. Noch nie zuvor war ich so hungrig gewesen und aß so viel, wie ich nur konnte. Ich empfand noch nicht einmal Scham dafür, dass ich so hastig gegessen hatte und dachte nicht darüber nach, wie es für andere ausgesehen haben mag. “Ihr scheint wirklich schon lange nichts mehr gegessen zu haben.” Da war sie wieder, einer der Stimmen, die ich vorher auch schon gehört hatte. Und nun zeichnete sich auch endlich ein klares Bild von der Kreatur, die mit mir gesprochen hatte und ich war verblüfft über die Schönheit, die sich zu mir neigte. “Lexus hat so oft schon von dir gesprochen. Ein Jammer, dass er uns so selten besucht hat, und es ist ebenfalls ein Jammer, dass er dich uns so spät erst vorstellt! Ich war so gespannt darauf, wie du wohl aussehen magst!” Meine Verwirrung schien sichtlich zu sein und wandte meinen Blick hilfesuchend zu Lexus, der sich neben mich gesetzt hatte. “Ich erkläre es dir alles später, Aria. Vorher würde ich mich gerne etwas zurück ziehen und meine Ruhe genießen - mit dir natürlich.” Man kicherte um uns herum, als er das sagte, und meine Verwirrung stieg nun ins Unermessliche. Die Röte auf meinen Wangen schien auch ganz klar deutlich gewesen zu sein und ich wollte nun nichts anderes mehr, als mich irgendwo zu verkriechen. Wo waren wir hier gelandet und warum kannte Lexus all diese Personen, die sich wie neugierige Kinder um uns herum versammelt hatten? Ich war froh, als er sich dann mit mir von ihnen distanzierte und wir dann in einen Raum gingen, wo wir alleine waren. Nun war ich zwar wieder gestärkt, aber noch immer verwirrt. “Wir befinden uns hier auf Karatek. Man könnte Karatek als einen Stern bezeichnen, allerdings ist er ziemlich klein und gleicht eher einer Kolonie. Es bleibt dir also selbst überlassen, als was du dieses Fleckchen Lebensraum nun ansiehst.” Der Begriff war mir völlig neu gewesen. Noch nie zuvor hatte ich von Karatek gehört und auch, wenn ich mich mit Mühe an den Namen zu entsinnen versuchte, erschloss sich mir nichts an Informationen, die ich vielleicht mal aufgeschnappt haben konnte. “Wie hast du von diesem Stern... dieser Kolonie... erfahren? Du scheinst schon öfter hier gewesen zu sein und das Volk hier scheint dich zu kennen.” Lexus’ Miene wies mir für einen Augenblick an, dass er nicht gerne darüber sprach, und ich beschloss ihm keine weiteren Fragen zu stellen. Manchmal war er wirklich schwierig und es kostete mich einiges an Mühe, mir Informationen anzueignen, aber ich wollte mich auch nicht mit ihm anlegen. Ich schätzte es, dass er mir ab und an freiwillig etwas erklärte, aber mein Wissensdurst war unstillbar... "Du wirst schon noch schnell genug alles erfahren was du erfahren möchtest." Ich nickte und beschloss, ihn nicht weiter zu stören. Lexus schien wirklich genervt zu sein. Er hatte zwar gesagt, dass er mit mir alleine sein wollte, aber es fühlte sich für mich so an, als würde er dies in diesem Augenblick gar nicht wollen. "Ich sehe mich ein wenig um, ja? Kann ich mit einigen anderen sprechen? Oder möchtest du das nicht?" Er äußerte keinerlei Einwände, also verließ ich den Raum und schaute mich ein wenig um. Sein Verhalten war wirklich seltsam gewesen und ich konnte mir nicht erklären, warum er nun so reagiert hatte. Hatte ich vielleicht etwas Falsches gesagt? Das Gebäude, in welchem wir uns nun befanden, war von unglaublicher und einzigartiger Schönheit, die ich kaum in Worte fassen konnte. Unzählige Arten von Blumen und Gewächsen hatten ihren Platz an allen möglichen Ecken gefunden und überall, wo ich nur hinsah, erstreckte sich eine Art von Schönheit, die ich noch nie zuvor bewundert hatte. Ich war so beschäftigt damit, mich umzusehen und immer wieder Neues zu entdecken, dass ich gar nicht bemerkte, dass sich jemand zu mir gesellte. “Aria, richtig?” Schnell drehte ich mich herum und verbeugte mich des Respekts halber vor der mir fremden Person, welche mich mit einem Lächeln begutachtete. “Ja... Das ist mein Name. Und mit wem... habe ich die Ehre?” “Imperidus Novalis. Aber ich mag es nicht, wenn man meinen Namen komplett ausspricht, also sag einfach Novalis!” Die Schönheit, die dieses Wesen ausstrahlte, war wirklich verblüffend. Das Haar strahlte in einem beinahe unnatürlichem Glanz und schien die Farben von einem reinem Weiß bishin zu einem Eisblau zu wechseln, während sich beinahe silberne Augen unter den langen dichten Wimpern versteckten. “Lexus hat so oft schon von dir gesprochen... Und ich hoffte, dass er dich mir irgendwann einmal vorstellen würde - immerhin wollte ich ja wissen, wer es ihm so angetan hatte, dass er von nichts anderem mehr sprach.” Wieder schien sich ein leichter Rotschimmer auf meine Wangen gelegt zu haben und ich merkte erst nicht, wie ich nervös einige meiner Haarsträhnen zu sortieren versuchte, was mir misslang. “So oft schon?”, fragte ich schüchtern und war froh darüber, dass ich überhaupt etwas sagen konnte, “Wie oft... war er denn schon hier?” Novalis ging einige Schritte um mich herum, bis er einige meiner Haarsträhnen einfing und sachte durch seine Finger gleiten ließ: “Nicht so oft, wie ich es mir gewünscht hätte, aber doch schon relativ oft. Es ist einige Jahre her, dass er uns zuletzt besuchen kam, und da sprach er von nichts anderem mehr, dass er dich wieder gefunden hätte. Er schien wirklich lange und beharrlich nach dir gesucht zu haben... Und es freut mich, dass er dich nun endlich gefunden hat. Du bist tatsächlich so, wie er dich beschrieben hat.” Wie er mich beschrieben hatte? Ich glaubte, dass die Verwirrung in mir noch mehr zunahm und konnte kaum verstehen, wovon Novalis nun sprach - allerdings ereignete sich nun auch das gleiche Spektakel, wie ich es mit Lexus immer wieder erlebte: immer dann, wenn ich nach Antworten auf meine Fragen verlangte, blockte man ab... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)