Kalt wie der Winter von Skeru_Seven ================================================================================ Kapitel 6: Rieseneiszapfen -------------------------- Die Woche kam, die Woche verging; nur das Wetter blieb gleich eisig und niemand noch so Wahnsinniges ging wirklich freiwillig vor die Tür, wenn es nicht unbedingt sein musste. Die Laune von Teks Mitschülern hob sich von Tag zu Tag mehr, immerhin bekam man endlich Ferien und musste sich nicht mit Schule, Arbeiten und dämlichen Test herumärgernd. Zumindest vorläufig nicht mehr. Seine eigene Stimmung schaffte diesen Aufschwung nicht, sondern hing wie festgenagelt in denselben Tiefen der Frustration wie zuvor. Tek war niemand, der fröhlich pfeifend durch die Umgebung rannte und vor Freude Bäume umarmte, aber so mies ging es ihm seit Langem nicht mehr. Zu Weihnachten schenkte er JC als Dank für seine Leistung jede Menge vergifteter Süßigkeiten, dann merkte er, was er verdiente. Zur Feier des Tages, weil man den letzten Schultag überlebt hatte, waren Tek, Jara und Tjark auf eine Art Feier von jemandem aus ihrem Jahrgang eingeladen worden. Eigentlich wollte Tek gar nicht hin, weil ihn solche Veranstaltungen abschreckten – überall nur Verrückte –, aber Jara wollte das nicht durchgehen lassen und nötigte ihn sozusagen, sich ihr und Tjark anzuschließen. „Damit du nicht nur depri in der Ecke sitzt“, lautete ihre schlüssige Begründung. Und irgendwie hatte sie recht, weswegen er sich schließlich protestlos mitschleifen ließ. Weil derjenige, der das alles organisiert hatte, am Ende der Welt wohnte, mussten sie dem Schrecken der öffentlichen Verkehrsnetze stellen und kamen mit Verspätung, aber ansonsten nur etwas genervt auf der Feier an. Tek vermutete, dass man nur nach einem halbwegs logischen Grund gesucht hatte, sich kollektiv zu besaufen. Ihm war es recht, dann konnte er daneben stehen und über den Rest lachen; viel trank er nicht mehr, seitdem er nach einem Geburtstag mit Kopfschmerzen, einem verdammten Filmriss und der Gastgeberin neben sich auf dem Teppich aufgewacht war. Ja, auch ein Tek hatte mal seine wilden Zeiten gehabt. Die angekündigte Party verlief aber viel zivilisierter, als es auf den ersten Blick geklungen hatte; lag wohl daran, dass die Eltern von Franzi im Wohnzimmer saßen und ein Augen darauf hatten, dass keiner die teure Deko oder die Playstation einpackte. Wenigstens durfte man sich noch frei bewegen, ohne gleich verhaftet zu werden. Jara und Franzi kamen schnell ins Gespräch über den Kuchen, den man hier alle Meter essen sollte, obwohl die beiden ansonsten noch nie mehr als drei Worte miteinander gewechselt hatten, Tjark fand natürlich gleich jemanden von seinen Basketballkumpeln, die ihm wichtige Details unterjubeln mussten, und auch bei Tek dauerte es nicht lange, bis auch er nicht mehr allein und verloren im Eingangsbereich stand und den Schneeflocken beim Schmelzen auf seinem Jackenärmel zusah. „Du bist ja auch da.“ Cassia, wer sonst? Sie war wieder im Ultrafröhlichmodus, hielt ihm einen kleinen Pfefferkuchen unter die Nase – er wurde wirklich fett; bei dem ganzen Essen, das man in der Vorweihnachtszeit so konsumierte, war das gar nicht zu verhindern – und entführte ihn ins Wohnzimmer an den Esstisch, wo noch ein paar Stühle frei waren. Tek hoffte, dass im Laufe des Abends nichts passierte, was sie beide irgendwann bereuen könnten; Cassia war zwar nett, lieb und ganz süß für ein 1,80 Meter großes Mädchen, aber nicht mehr, da lief nichts. Und das lag nicht daran, weil sie fast so groß wie er war. Sie plauderten ein wenig alibimäßig über das Wetter, die Leute, die gekommen waren, nur um die Vorratskammer zu plündern, und ihre Pläne für die Ferien, bevor sie sich interessanteren Themen zuwandten. „Glaubst du, mir stehen kurze Haare?“, fragte sie ihn unvermittelt mit einem absolut ernsten Blick, als ginge es um Leben und Tod. „Ähm…“ War das jetzt eine Fangfrage, wie sie nur Frauen stellen konnten? Wenn er ja sagte, schnitt sie sich vielleicht nur seinetwegen die Haare ab, aber wenn er ihr klar machte, dass sie mit langen Haaren besser aussah, dachte sie zum Schluss noch, das wäre ein Kompliment und machte sich noch falsche Hoffnungen. „Ich weiß es nicht, das musst du selbst entscheiden.“ Etwas Besseres, um eine konkrete Aussage zu vermeiden, fiel ihm natürlich nicht auf Anhieb ein, das wäre auch zu schön gewesen. „Was glaubst du, würde es Loris gefallen?“, fragte sie ihn leise und sah sich um, ob auch niemand ihrer kleinen Unterhaltung lauschte. „Äh…“ Erstens war er nicht darauf vorbereitet gewesen und zweitens schockierte es ihn ziemlich. Das klang verdächtig, als wäre Cassia hinter Loris, diesem komischen Oberstreber, her. Aber dann wäre seine Theorie, die er sich fleißig aus vielen kleinen Andeutungen ihrerseits zusammengesetzt hatte, völlig für die Tonne. „Weißt du das auch nicht?“ Sie sah ihn mit großen Augen an, bis es plötzlich bei ihr Klick zu machen schien. „Oh, dachtest du etwa, dass ich… das tut mir Leid, das wollte ich echt nicht!“ Mit einem Mal war sie ganz entsetzt und das Haarproblem war wie weggewischt. „Warum entschuldigst du dich?“ Jetzt hatte sie ihn verwirrt, musste er zugeben, anscheinend durfte das jeder abwechselnd mal. „Weil ich dachte, dass du auf mich stehst… anscheinend nicht?“ Sie lächelte schon wieder, aber es wirkte weiterhin mehr irritiert als gewohnt fröhlich. „Ich fand dich zwar immer ganz nett, du hast nicht nur permanent von dir erzählt und dich selbst toll gefunden, aber mehr wollte ich ja auch gar nicht. Kam das so rüber?“ Tek nickte einfach nur, langsam wurde es ihm zu seltsam. Wollten sie nicht doch lieber über Gebäck reden? Er hatte ewig lange gedacht, Cassia stand auf ihn, dabei hatte sie nur mit ihm reden wollen. Und deswegen freute sie sich dauernd, wenn er um die Ecke geschlurft kam? Dann die mysteriöse Aktion im Park und die anhaltenden Versuche, ihn zum Weihnachtsmarktspaziergang zu überzeugen… das konnte er doch nicht alles falsch gedeutet haben, das taten nur Mädchen, die wohl verknallt waren. Kopfschüttelnd verjagte er die Zweifel, die in seinem Kopf herumsegelten. Wenn sie das sagte, dann war es auch so, Ende, länger diskutierte er nicht darüber, solche Themen interessierten Tek wenig bis gar nicht. Er sollte froh sein, dass das wohl ein für allemal geklärt und aus der Welt geschafft war und sich keine Jara erbarmen musste, um ihre Verkupplungskünste an ihm anzuwenden. Stattdessen wollte Cassia von ihm Empfehlungen für Computerspiele, was ihn doch deutlich mehr ansprach, da ließ er sich bereitwillig drauf ein. Auch wenn sie mit seinen Vorschlägen ihrer Miene nach zu urteilen nicht so viel anfangen konnte, dafür konnte er schließlich nichts. Es wurde immer später, ab und zu tauchte mal Tjark an ihrem Tisch auf, um nachzusehen, ob Tek überhaupt noch anwesend war, ging dann aber recht schnell wieder, weil Jara ihre tägliche Portion Aufmerksamkeit von ihm verlangte, die Tek ihr nicht verweigern wollte. Einsam und allein war er immerhin nicht. Spätestens als JC hinter ihm stand und ihm auf die Schulter tippte, stand das eindeutig fest. Tek war sich nicht ganz sicher, ob er sich freuen oder ihm gleich eine reinschlagen sollte, entschied sich dann aber, erst einmal abzuwarten, was sein toller Kumpel ihm Geistreiches mitzuteilen hatte. „Komm mal mit.“ JC griff rücksichtslos nach seinem Arm und zerrte ihn vom Stuhl aus seiner Konversation heraus, ohne darauf zu achten, ob er ihm überhaupt folgen wollte. Cassia war von so viel Dreistigkeit zu verblüfft, um aktiv einzugreifen, sondern beobachtete das seltsame Schauspiel nur ungläubig, während Tek sich innerlich in Grund und Boden ärgerte, sich so herumschubsen zu lassen. Das passierte ihm immer nur bei JC. Zwar war es ein Fortschritt, dass der sich bei ihm blicken ließ – und ihn ansprach! –, aber das rechtfertigte noch lange nicht sein Verhalten. Sie verließen den Wintergarten durch die Glastür, die in den Garten führte; auch hier hatte der Winter gewütet und mit Schnee um sich geworfen, kleine Eiszapfen hingen vom Dach und auf dem Wasser in der Regenonne hätte man Schlittschuh fahren können, wenn man eine Maus gewesen wäre. „JC, was wird das?“ Was zerrte er ihn hier in die eisige Kälte, ohne Jacke und ein Wort der Erklärung? Hatte er jetzt eigentlich nur wochenlang geplant, wie er ihn am geschicktesten umbringen konnte, ohne dabei gestört zu werden? Tod durch Gefrierbrand, eindeutig. Natürlich erhielt er keine Antwort, die hätte sowieso nur aus einem „Halt die Klappe“ oder etwas Ähnlichem bestanden. In seinem nächsten Leben suchte sich Tek deutlich freundlichere Bekannte, das stand fest. Im hintersten Teil eines verblühten Blumenbeetes endete ihre Wanderung, doch Tek fühlte sich noch keine Spur schlauer als vor drei Tagen. „Was willst du?“ Er fror, in seinem Nacken lagen Schneeflocken, er wollte sich an den verdammten Kamin setzen und sich aufwärmen, nicht hier Vogelscheuche spielen. „JC, mach dein Maul auf oder ich geh wirklich.“ Das meinte er toternst, verarschen konnte er sich auch allein daheim. Da brauchte er ihn nicht dafür. „Dann kommt wieder nur Mist raus und dann bist auch weg, ist alles irgendwie scheiße, Tek. Ich kenn das.“ JC wirkte aufgekratzt und hibbelig, nicht so bösartig wie sonst, er versuchte sich sogar an zivilisiertem Deutsch. Etwas lag ihm auf dem Herzen, das er los werden wollte. Er hatte nur keine Ahnung wie, weil er ahnte, dass es unter Umständen zu einer Katastrophe heranwuchs. „Ich erfriere deinetwegen, schlimmer kann es gar nicht werden.“ Außer wenn er ihn anzündete, damit ihm wieder warm wurde. „Jungs, was zum Geier macht ihr da?“ Franzi hatte die offen stehende Gartentür bemerkt und musste natürlich kontrollieren, was ihre Gäste draußen für Dummheiten anstellten, bevor sie den Ärger dafür von ihren Eltern abbekam. „Nichts, alles in Ordnung.“ Sie suchten nur kurz unter den verschneiten Steinen den Sinn des Lebens und testeten, wie lange es dauerte, bis einem bei diesem Vorhaben die Finger abstarben. „Wir kommen gleich wieder.“ In gefühlten drei Jahrzehnten. Franzis Kopf verschwand wieder ins Innere und gab ihnen Gelegenheit, sich endlich über einige wichtige Themen in ihrem Leben auszutauschen. Tek hätte das auch gerne getan, wenn JC ihn nicht plötzlich umklammert hätte, als hinge sein Leben davon ab; dass er ihm fast die Luft abdrückte, merkte er gar nicht, er war viel zu sehr damit beschäftigt, ihn nie wieder loszulassen. Vor Überraschung und Verwirrung wusste Tek gar nicht, ob er lachen oder ihn anschnauzen sollte, warum er sich plötzlich so untypisch benahm. Er kannte das ja, aber dann saßen sie bei ihm zuhause im Stockdunklen in seinem Bett. Das hier war ein verdammter winterlicher Garten, den man vom Wintergarten aus ohne größere Probleme einsehen konnte. Das hieß, mit etwas Pech klebten da gleich vierzig Leute an den Scheiben und betrachteten sie schamlos. Das passte ihm ganz und gar nicht. Aber JC konnte sich ja momentan sowieso nicht entscheiden, ob er dämlich und nett zu ihm sein sollte. „Was ist eigentlich los mit dir?! Mal bist du der größte Assi und haust vor mir ab, jetzt machst du so was in Franzis Garten… bist du noch zu retten?“ Es regte ihn auf, nicht zu wissen, woran er war. Mutierte JC zur Frau? JC schwieg ihn einfach weiterhin an, hielt ihn fest und ließ mit seinem eiszapfenkalten Körper nicht zu, dass Tek den Temperaturen entfliehen konnte. Er hätte sich von ihm befreien können, notfalls mit Gewalt, aber Tek wollte es eigentlich gar nicht; er war froh, nicht mehr komplett übersehen zu werden. Nicht mehr wie der Dumme von Dienst herumzustehen und die Welt nicht mehr zu begreifen. Da ertrug er auch diese zusätzliche Kälte, die JCs Finger auf seinen Unterarmen hinterließ. „Kann ich heute Nacht bei dir pennen?“ JCs Gemurmel war kaum zu verstehen, obwohl Tek direkt vor ihm stand. Irgendwie hatte er es sich gedacht, dass so eine Anfrage kam, die erfolgte gerne, wenn JC ihm etwas mitteilen wollte. Normal auf dem Pausenhof reden ging ja nicht, hörten Menschen zu, da benahm er sich dann wieder wie ein gefühlloser Trottel ohne Anstand. „Wenn du willst.“ Zwar kapierte Tek nicht, wofür er ihn dann hier nach draußen hatte schleifen müssen – doch nicht wirklich nur, um ihn zu umarmen? –, aber bevor er sich deswegen mit ihm ein episches Battle auf unterstem Niveau führte, ließ er sich lieber noch eine Runde zerdrücken. JC meinte es ja nur gut, nahm er an, er war halt ein bisschen extrem unfähig, sich wie der Durchschnittsbürger zu seinen Emotionen zu äußern. Die kamen dann mal ganz spontan und unkontrolliert; meistens auf negativer Basis. „Können wir wieder rein gehen, meine Füße sind tot.“ Und der Rest der Truppe war bestimmt vor Neugier am Spannen, morgen flogen bestimmt die ersten Gerüchte durch die Stadt. Gut, dass nun Ferien waren und er das nicht mitbekam. Jara und Tjark hatten schon mal begeisterter ausgesehen, als Tek mit JC im Schlepptau wieder ins Haus kam und sich sofort an die Heizung lehnte. Hoffentlich hinterließ er keine Pfütze auf dem Fußboden vom geschmolzenen Schnee, das wäre ziemlich peinlich und steigerte nicht gerade Franzis Freundlichkeit ihm gegenüber. Im schlimmsten Fall verklagten ihn ihre Eltern. Cassia hatte sich in der Zwischenzeit unauffällig zu Loris geschlichen und versuchte gerade, mit ihm in Kontakt zu treten; dumm nur, dass der sich lieber mit seinem Geschichtsbuch beschäftigte als mit ihr. Sie konnte einem schon leid tun. Gegen zwölf Uhr warf Franzi diejenigen, die noch nicht freiwillig gegangen waren, raus; unter ihnen auch JC und Tek. Jara und Tjark waren schon früher gegangen, weil sich Jara etwas am Kuchen übernommen hatte und ihr ziemlich schlecht geworden war. „Geschieht ihr recht“, hatte Tjark Tek noch leise zugeraunt, bevor er mit seiner leidenden Freundin zur Tür hinausmarschiert war. Manchmal merkte Jara zu spät, wann sie aufhören sollte, besonders bei Süßspeisen. „Wie kommen wir heim?“ JC war etwas neben der Spur, er hatte zu viel Glühwein in zu kurzer Zeit hinuntergekippt und war nun etwas orientierungslos, was Wege und Strecken anging, besonders die, die nicht zu seinem Haus führte. Insgeheim glaubte Tek, dass er nicht nur literweise von dem Zeug getrunken hatte, sondern auch anderes, weswegen er nicht mehr ganz so zurechnungsfähig war. „Mit dem Bus.“ „Wann geht einer?“ „Hab ich vergessen nachzusehen.“ Immerhin hatte er ursprünglich mit Jara und Tjark zusammen gehen wollen, die wussten das immer. „Tek, langsam wirst du genauso dämlich wie ich.“ JC gähnte ausgiebig und wartete, dass man ihm Anweisungen gab, wohin er laufen sollte. Sie trotteten schweigend neben einander her; hätte sich JC nicht so sinnfrei mit Glühwein und Co. zugedröhnt – Tek hatte gar nicht mitbekommen, wie er das zustande gebracht hatte –, hätte man hier schon eine kleine Klärungsstunde einleiten können. Da musste er wohl bis nachher oder morgen früh warten und sich solange mit hochtrabendem „Ey Mann, wie krass ist das?“ zufrieden geben, was JC alle paar Minuten ausstieß, um den Anschein von geistiger Anwesenheit zu wahren. Er war wieder in sein altes Sprachschema verfallen, es fehlten nur noch die üblichen beleidigenden Ausdrücke. Auf diese musste Tek aber zu seiner Freude nicht lange warten, denn JC legte sofort damit los, als sie die Haltestelle erreichten und mit Entsetzen feststellen mussten, dass der nächste Bus in sechs Stunden fuhr. Denn bekanntermaßen hatte an solchen schlechten Zufällen das Haltestellenschild schuld, weswegen JC es auch mindestens eine Minute lang in Grund und Boden fluchte, bevor Tek eingriff. „Dann müssen wir halt laufen.“ Unschön, aber unvermeidlich. Dummheit strafte das Leben sofort. „Bist du bekloppt? Dann sind wir zwei Stunden lang unterwegs.“ Diese Aussicht stimmte JC nicht besonders friedlich, er knurrte leise vor sich hin, doch ihm blieb nichts übrig, als Tek zu folgen. Er fand ja kaum zu Franzis Haus zurück. Sie gingen die Straße entlang, stolperten durch den Schnee, ärgerten sich über die Tücken der Buslinie; ihre Kommunikation wurde aus Sparmaßnahmen ganz eingestellt. JC hätte sowieso nur gemeckert. Was hätte Tek in diesem Augenblick nicht für eine tragbare Heizung gegeben. „Hey, warte mal.“ Sie schlichen gerade durch eine Straße mit halb zerfallenen und unbewohnten Häusern, ungefähr eine halbe Stunde von Franzi entfernt, und Tek wunderte sich, wie sie hier überhaupt hingekommen waren. In diesen Teil des Kaffs ging man nicht einfach so spazieren; zu gammlig. Mit unergründlicher Miene fasste JC ihn am Ärmel und zog ihn auf eins der höchst verwilderten Grundstücke zu, die wie Urwald im Schnee aussahen, es fehlte nur noch Tarzan im Skioutfit. „Was willst du?“ Er war ja auch müde, aber hier pennen konnte JC vergessen, da zog er gleich in die Kühltruhe ein. Dort drinnen gab es sicher nicht einmal Decken, Betten oder Heizung erst recht nicht. Mit Luxus war hier nicht zu protzen. JC äußerte sich noch nicht, trat lieber ein paar Mal gegen die Eingangstür, bis sie sich widerwillig öffnete, und drängte Tek in ein Eckchen des nächstbesten Zimmers, in dem ihnen nur der Schimmel und die Wasserschäden von den Wänden zuwinkten. Ultra romantische Umgebung. „JC, lass das.“ Er ahnte, was gleich passieren würde, das kann man ja aus schlechten Filmen. Alkohol und kalte Nächte sollte man nicht kombinieren, vor allem mit JC. „Du bist betrunken, du wirst das bereuen.“ „Nee, sicher nicht, Tek.“ Etwas unkoordiniert fummelte er an Teks Reißverschluss herum. „Halt die Klappe und freu dich drüber.“ Endlich erfolgreich schob er ihm die Jacke von den Schultern. Tek war verunsichert, was nun folgte; wenn JC ihm zu nahe kam, würde er sich wehren. Immerhin war er kein Spielball für ihn, mit dem man alles tun und lassen konnte. Erst übersehen und dann plötzlich angrabbeln, das könnte ihm so passen. Nein, die Situation fand er absolut paradox, besonders als sich wieder die bekannten Eisfinger auf seine Wange legten und er zu zittern anfing. Natürlich nur, weil ihm kalt war, immerhin stand er hier in einem ungeheizten Haus ohne Oberteil. Daran lag es und nicht an JC, der jede Wärme aus ihm herauszog und in sich aufnahm. Hoffentlich gab er sie später wieder an ihm ab, sonst verwandelte er sich in eine Eisskulptur. Eine Frage brannte Tek inzwischen auf der Zunge, die er sich aber nicht zu fragen traute, weil sie schon beim Denken bescheuert klang. JC war einfach dicht und dachte nicht nach, mehr bedeutete das nicht. Niemals… „Stehst du jetzt auf mich oder warum bin ich plötzlich wieder für dich interessant?“ Oh ja, jetzt, da er sie ausgesprochen hatte, klang sie episch bescheuert, da lachten die Hühner. JCs Blick hätte einen Gletscher schmelzen lassen können. „Du bist echt behindert.“ Seine Arme schlangen sich um seinen Hals, als wollte er ihn erwürgen. „Nicht erst seit gestern, glaubs mir.“ Es wurde immer besser, noch mehr Bekenntnisse und spontane Geständnisse an einem Tag vertrug Tek nicht, da drehte er durch. Und natürlich passierte das alles noch kurz vor Weihnachten, wunderbar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)