Das Wunder des Lebens von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 12: Taylor-Kinney & Sohn -------------------------------- XII. Taylor-Kinney & Sohn „Papa?“ Gus trat ins Atelier, wo sich Brian samt Laptop installiert hatte, während Justin über einer jungfräulichen Leinwand brütete, sie umschritt, beäugte und die Stirn runzelnd immer wieder in sein Skizzenbuch sah. In diesem Zustand bekam er von außen nichts mit. Aus dem Keller drang infernalischer Lärm, auch im Garten machten sich Handwerker und ein Gärtnerteam nicht eben dezent an die Arbeit, was es fast unmöglich machte, sich im Arbeitszimmer zu konzentrieren. Hier oben war es halbwegs erträglich, ein dumpfes Brummeln konnte man vernehmen, aber dafür war es so direkt unter dem Dach abartig heiß. An den Einbau einer Klimaanlage hatten sie im Winter nicht gedacht, und die riesige Fensterfront ließ die Sonne nur so hinein knallen. Ein Ventilator kühlte notdürftig. Brian sah zu, dass er, was immer ging, von zuhause aus erledigte, um Justin mit dem ganzen Chaos nicht hängen zu lassen. Der musste ja schließlich auch die Gelegenheit bekommen, an seinen Gemälden weiter zu machen. Das war seine Arbeit und auch etwas, ohne dass er nach einer Weile verkümmerte. Brian hatte eine Standleitung zu Ted eingerichtet, mit dem er so per Knopf im Ohr und kleinem, damit verbundenem Mikrofon kontinuierlich kommunizieren konnte. Entwürfe wurden ihm gesendet, er beurteile, feilte, zerriss in der Luft oder segnete ab. Wichtige Unterlagen wurden ihm mithilfe eines Kuriers zur Unterschrift gebracht. Allerdings musste er sich statt mit seinem eleganten Schreibtisch in seinem Chef-Büro bei Kinnetic mit einem von Justins Tapeziertischen begnügen. Und statt eines perfekt gebügelten Anzuges trug er Jeans und ein ihm derweil am Leibe klebendes Tanktop. Lilly krähte leise aus ihrem Körbchen in der schattigsten Ecke des Raumes. Nicht gerade die perfekte Lösung. Aber besser als sie allein dem Lärm auszusetzten. Eine Alternative wäre es gewesen, sie einfach mit zu Kinnetic zu nehmen. Aber zum einen hatte er keine Lust darauf, dass die ganze Belegschaft über seinen Familienneuzugang herfiel und ihn löcherte oder mit dämlichen Glückwünschen, Ratschlägen, Mutmaßungen und dergleichen mehr nervte – bisher wussten nur Ted und Cynthia von Lilly. Zum anderen würde er, wenn er persönlich in der Firma zugegen wäre, ständig von irgendwem unter Beschlag genommen werden. Und was, wenn inmitten einer solchen Besprechung, möglichst noch mit einem Kunden, Lilly anfing zu brüllen? Sollte er mit den Joghurtherstellern über die Sexines eines halb nackten Cowboys neben einer glücklichen Kuh debattieren, während er Lilly den Arsch puderte? Dann lieber am Katzentisch im Freizeitlook. Er würde sich nachher kurz in Schale schmeißen müssen, um per Videokonferenz mit ein paar Kunden zu sprechen. Aber da würde es ja reichen, obenrum wie aus dem Ei gepellt auszusehen. Zur Abrundung konnte er für diesen Auftritt eins von Justins Gemälden hinter sich schieben. Oder lieber Justin schieben lassen, der was das Herumfuhrwerken mit seinen Arbeiten anging sehr eigen war. Oder sich einfach mit dem Bildschirm und der Kamera vor eines setzten, den Justin war nicht ansprechbar. Er würde bloß aufpassen müssen, dass Justin ihn in seinem Furor nicht mittendrin mit Farbe beschmiss. „Papa!“ wiederholte Gus, Brian aus seinem Gedankenstrom reißend. „Ja, Sonnyboy?“ fragte Brian und sah ihn an. Wo hatte er bloß dieses Spongebob-T-Shirt her, das er zu seiner Junior-Armani-Stoffhose trug?! „Spielst du mit mir?“ fragte Gus mit Bettelblick. „Gus… wirklich… ich möchte gerne. Aber ich muss hier arbeiten, ich kann nicht…“ Gus Gesicht verzog sich unglücklich. „Warum?“ fragte er. „Warum musst du arbeiten? Das ist doch total doof!“ Brian seufzte. Verdammter Mist. Vielleicht könnte er ja Daphne, falls die jemals wieder auftauchen sollte, fragen, ob sie ihn klonen könnte. Dann könnte jetzt Klon-Brian weiter Dienst schieben, und er könnte mit Gus in den Vorgarten und ein paar Bälle schießen. „Gus… Ich arbeite, damit wir es gut haben… du und ich und Justin und Lilly…“ „Uns geht’s doch gut!“ „Ja – weil ich arbeite. Woher kommt sonst das Haus, der Garten, dein Fußball…“ „Wir brauchen doch gar nicht so viel! Du musst gar nicht so viel arbeiten!“ „Gus… Ich arbeite auch, weil ich das gerne mag…“ „Lieber als mit mir zu spielen?“ fragte Gus betrübt. „Nein! Nein. Ich mag es… aber ich muss auch… Ich bin der Boss, andere Leute, Onkel Ted zum Beispiel, können auch nur deswegen gut leben, weil ich arbeite.“ Gus sah ihn immer noch traurig an. „Komm her“, sagte Brian und zog ihn auf seinen Schoß. Dadurch wurde es noch wärmer, aber das war jetzt egal. Er schlang seine Arme von hinten um den kleinen Jungen und drückte ihn fest an sich. „Gus…“, murmelte er. „Ich bitte dich… Sei mir nicht böse. Das alles… mit Lilly… das ist gerade ganz schön viel. Wir alle müssen uns bemühen, und das ist nicht immer leicht. Aber das heißt nicht, dass ich nicht mit dir spielen will. Ich wünschte, ich könnte jetzt einfach aufstehen und mit dir in den Garten gehen. Aber wenn ich das mache, weiß Onkel Ted nicht, was er tun soll. Ich würde ihn im Stich lassen. Und ich habe Justin versprochen, auf Lilly aufzupassen, damit er auch mal wieder malen kann. Es wäre doch unfair, wenn ich ihm da nicht helfen würde?“ „Ja…“, murmelte Gus. „Aber weißt du was… Wenn ich nicht mit dir spielen kann, dann kannst du vielleicht mit mir arbeiten?“ Gus drehte sich und schaute ihm verblüfft ins Gesicht. „Kann ich das denn? Was macht ein Chef überhaupt?“ „Chef ist eigentlich kein Beruf… Chef zu sein bedeutet, dass man das Sagen hat, dass man derjenige ist, der die Dinge entscheidet und sagt, wo es lang gehen soll.“ „Hört sich gut an“, meinte Gus. „Aber wenn Chef nicht dein Beruf ist, was bist du dann von Beruf?“ „Werbekaufmann nennt man das. Und Kinnetic ist meine Firma. Wir stellen Werbung her.“ „Und darüber bestimmst du, weil du der Chef bist?“ „Ganz genau.“ „Und was bestimmst du gerade?“ „Schau mal auf den Bildschirm. Das soll eine Werbung werden für Joghurt. Ich muss entscheiden, ob das so in Ordnung ist oder ob noch etwas daran gemacht werden soll.“ Gus musterte den Entwurf. Ein markiger Cowboy mit aufgeknöpftem Hemd verputzte mit einer Miene wie Clint Eastwood beim Schlussduell einen Joghurt, statt einer Zigarette einen Löffel im Mundwinkel. Hinter ihm graste eine pittoreske Kuhherde im Sonnenuntergang. Gus kicherte. „Der sieht aber doof aus! Warum isst der Joghurt?“ „Damit die Betrachter des Bildes glauben, dass man auch so ein cooler Cowboy wird, wenn man brav diesen Joghurt kauft und futtert.“ „Klappt das?“ fragte Gus perplex. „Das mit dem Cowboy – nein. Das mit dem kaufen – ja.“ „Aber das ist ja voll gelogen dann!“ „Naja… Eigentlich weiß jeder, dass das nicht klappen kann. Aber die Menschen träumen… Wollen Dinge sein, die sie nicht sind, ohne sich wirklich darum zu bemühen. Sie wollen wie der Cowboy sein, wollen aber zugleich nicht ausziehen, um Kühe zu hüten oder gar Sport machen, um solche Muskeln zu bekommen…“ „Und dann kaufen sie lieber Joghurt?“ „So ist es.“ „Dann… dann belügen sie sich ja selbst…?“ „Ja… tut wohl jeder ein wenig dann und wann… Stellst du dir nicht auch manchmal vor, etwas zu sein, obwohl du weißt, dass du es nicht bist?“ „Ja… Ich stelle mir vor, ein berühmter Fußballspieler zu sein…“ „Siehst du.“ „Aber dafür muss ich ganz viel üben! Das kann man nicht kaufen, hast du selbst gesagt!“ „Das ist auch richtig. Aber manchmal wäre es doch schön, wenn es einfacher wäre, oder?“ „Ja… Aber dann wäre doch jeder ein berühmter Fußballspieler oder ein Star oder so… auch ohne das zu können…?“ „Ja. Wenn die Werbung den Leuten erzählt, dass es auch ohne Anstrengung geht… Dann kaufen sie gewissermaßen Träume, obwohl sie es eigentlich besser wissen.“ „Dein Beruf ist es also, Träume zu machen…?“ Auf die Idee war Brian bisher noch nie verfallen. Aber aus Gus‘ unzynischer Sicht… „Ja, das ist es wohl…“ „Das ist ja toll! Aber wir kann ich dir dabei helfen?“ „Du kannst mir sagen, welches der Bilder für die Joghurt-Werbung das Beste ist. Oder ob da noch etwas fehlt.“ Gus betrachtete aufmerksam die Variationen des Motivs, die die Grafikabteilung nach Brians Idee gefertigt hatte. „Ich weiß nicht, Papa“, sagte er schließlich. „Ich würde das nicht kaufen. Ich will kein großer grimmiger Cowboy sein.“ „Willst du dann… ein kleiner, lustiger Cowboy sein?“ fragte Brian und zwickte Gus in die Nase. Gus lachte: „Ja! Das wäre toll!“ Brian musterte die Entwürfe. Wen sprach das an? Kinder anscheinend nicht. Aber Kinder waren eine wichtige Zielgruppe für Milchprodukte. Sie hatten zunächst darauf geachtet, ein erwachsenes Publikum zu erreichen, indem sie dem labberigen Fruchtjoghurt ein cooles Image verpassten. Das erreichte Väter und Mütter ebenso wie Kinderlose und Alleinstehende. Aber den Nachwuchs selbst? Ließ sich da nicht noch etwas machen, um alle abzudecken? Kleiner, lustiger Cowboy…? Er betrachtete Gus. Vor seinem inneren Auge formte sich eine Idee. Er lächelte. „Okay, Gus“, sagte er. „Ich habe einen Job für dich, damit diese Werbung richtig gut wird. Du hast nämlich völlig recht. Hier fehlt ein kleiner, lustiger Cowboy.“ Gus lächelte stolz. „Klasse. Und wo bekommen wir den her?“ „Den haben wir schon.“ „Häh?“ „Jetzt zeige ich dir Mal, wie ein Chef arbeitet. Ted?“ kommandierte er ins Mikrofon. Er hielt den Ohrstöpsel so, dass Gus mithören konnte. Nach einer kurzen Pause – vielleicht verursacht durch die gelegentliche Schockstarre, die Ted hin und wieder erlitt, seitdem er seinen Boss gewissermaßen im Ohr trug – kam die Antwort. „Ja, Brian?“ „Schick einen Kurier mit einer Ladung Cowboy-Klamotten für Kinder.“ Ted fragte lieber gar nicht. Wenn Brian eine Idee hatte, hörte sich das meist für den Normalsterblichen leicht wahnsinnig an, erst das Ergebnis klärte einen auf. Meistens. „Ich tue mein Bestes!“ Brian schaltete den Empfang wieder auf stumm. „Ganz ohne „Bitte“?“ wollte Gus kritisch wissen. „Ja… wenn man arbeitet, muss es schnell gehen…“ Er kam sich etwas fadenscheinig vor. Auf der anderen Seite des Raumes hatte Justin angefangen zu malen und tigerte wie ferngesteuert um die Leinwand. Lilly begann sich allmählich zu melden, sie bekam Hunger, konnte Brian aus den Geräuschen lesen. „Und was jetzt?“ wollte Gus wissen. „Jetzt füttern wir Lilly, dann bekommst du eine Generalreinigung, ich mache die Fotoausrüstung startklar und dann… kommen hoffentlich die Klamotten, mit denen wir aus dir einen kleinen, lustigen Cowboy machen.“ „Ich komme in die Werbung?!“ „Genau. Du bist jetzt mein Modell. Willkommen im Familienunternehmen!“ Gus schaute zwar etwas verwirrt, aber die Aussicht, eine ernsthafte Rolle beim „Arbeiten“ zu spielen, schien ihn zu begeistern. „Cool!“ meinte er. „Aber…“, fuhr Brian fort, „Models werden normalerweise bezahlt… Was möchtest du denn haben für deine Arbeit?“ Gus legte den Kopf schief und überlegte. „Ich will mit dir zum Fußball!“ forderte er. „Ich gehe doch immer mit dir…“, erwiderte Brian etwas ratlos. „Nein! Nicht das Training! Ein richtiges Spiel! Wie im Fernsehen!“ Brian lachte: „Okay. Das erscheint mir ein faires Angebot.“ „Klasse!“ Lilly begann zu brüllen. „Du musst sie füttern!“ forderte Gus. „Schon dabei… Ich halte sie, du machst den Flaschenwärmer an?“ „Wie geht das?“ „Zeige ich dir.“ „Klar. Ich helfe. Und danach arbeiten wir?“ „Ganz genau.“ „Super“, beschloss Gus, jetzt deutlich versöhnter mit seinem Schicksal, und hopste von Brians Schoß. Brian musste feststellen, dass er jetzt endgültig durchgeschwitzt war. Gut, Lilly füttern, Gus waschen, sich selbst waschen, Anzugoberteil anziehen, Videokonferenz, Fotoshooting mit Cowboy-Gus… Auf ging’s. Justin nahm es nicht weiter zur Kenntnis, dass sie sich verdrückten. Im Haus war es immer noch enervierend laut, aber das störte nicht mehr ganz so schlimm. Sie hatten jetzt schließlich einen Plan. Zweieinhalb Stunden später war Ruhe eingekehrt. Die Handwerker hatten früh begonnen, so dass sie um Vier Feierabend machen konnten. Diese Arbeitszeiten sahen allerdings vor, dass die Hausbewohner den lärmenden Tag über nicht zugegen waren, aber das ließ sich nicht ändern. Gus stolzierte hoch erhobenen Hauptes in vollem Cowboy-Ornat, inklusive Hut und Miniatursporen, die Stufen hinunter. Brian beäugte ihn kritisch, dann holte er etwas Erde aus dem Beet neben der Eingangstür und verteilte sie gekonnt über Gus‘ Gesicht und Kleidung. „Aber ich habe doch gerade erst gebadet!“ protestierte Gus. „Genau, damit ich den Dreck dort anbringen kann, wo er hin gehört. Cowboys haben sich nur einmal die Woche gewaschen, wenn überhaupt.“ „Bäh… Die müssen ja gestunken haben!“ ekelte sich Gus. „Und der Dreck… der ist nur Teil deines Kostüms. Da müssen alle Models durch. Anziehen… geschminkt werden, ohne zu meckern.“ „Das ist keine Schminke! Das ist echter Dreck!“ „Ja, genial was? Spart uns die Schminke. Und kostet uns gar nichts.“ Dem hatte Gus nichts entgegen zu setzen. Er wartete geduldig, während Brian die Fotoausrüstung im Atelier installierte. Hier oben war das Licht ideal, zur Sicherheit baute er noch einen Strahler auf. Gus stand etwas ratlos herum. Justin spritzte mit Farbe und murmelte irgendetwas. Das kannten sie schon und ignorierten ihn. Lilly schlief in ihrer Ecke. „Gut, Gus, dann wollen wir mal… Stell dich vor die Leinwand.“ Gus tat wie geheißen und grinste etwas unsicher, als Brian ihn mit der Kamera anvisierte. „Sag mal Gus… Hat Spongebob eigentlich die Führerscheinprüfung endlich bestanden?“ „Nein! Er ist doch voll schlecht darin! Die arme Fahrlehrerin!“ „Oh, die Folge kenne ich gar nicht… Erzähl doch mal…“ „Wolltest du mich nicht fotografieren?“ „Ach, keine Eile… Was hat Spongebob denn gemacht?“ Gus musterte ihn kritisch, aber begann dann eifrig zu erzählen. Als er auf die Details kam, wie Spongebob seine Umwelt mal wieder an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte, lachte er in Erinnerung an die Katastrophen, die sein Lieblingsschwamm über sein Mitseegetier ergossen hatte. Freudig – und etwas schadenfroh. Brian drückte ab. Gus war so Feuer und Flamme, dass er es nicht weiter zur Kenntnis nahm. Brian fragte immer weiter. Irgendwann setzte sich Gus einfach auf den Fussboden, weil ihm die Steherei zu anstrengend geworden war, und plauderte, immer wieder kichernd und lachend, weiter. Perfekt. „Okay, Gus. Ich bin fertig“, sagte Brian schließlich. „Was…? Wie…?“ äußerte Gus verblüfft. „Du hast die Fotos schon gemacht?“ „Ja, genau… So macht man das, man plaudert mit dem Model und macht die Fotos nebenher.“ Nicht ganz… aber in diesem Fall war es genau richtig gewesen. Brian zog den Stick aus der Kamera und lud die Bilder hoch. Gus schickte sich an, wieder auf seinen Schoß zu klettern, doch Brian drang darauf, dass er zunächst die Sporen ablegte. Die Dinger waren nämlich echt, wie er verblüfft festgestellt hatte. Wer machte denn sowas…? Gebannt gingen sie die Fotos durch. „Das bin ich! Das ist ja toll!“ sagte Gus, nicht ohne einen Hauch von Eitelkeit. Brian grinste und strich ihm über das Haar, das der Cowboyhut frei ließ. Gus hatte sich eisern geweigert, diesen vorschnell wieder abzulegen. „Ja, die sind klasse… Schau mal, das hier, das passt super!“ Das Bild zeigte den seitwärts sitzenden Gus, wie er ziemlich keck grinste und mit großen lachenden Augen in die Kamera sah. Eigentlich hatte er seinen Vater angesehen, dem er ja erzählte, aber so wirkte es, als lache er den Betrachter voller niedlichem Mutwillen über irgendeine begangene Missetat an. Brian schnitt das Bild aus und montierte es provisorisch neben den vor Coolness fast platzenden Cowboy. Die Wirkung der Werbung veränderte sich radikal. Jetzt stand da ein eisenharter Typ, neben dem ein schelmisch lachendes Kind kauerte. Du kannst cool sein – aber auch ein spielendes Kind. Oder du kannst cool sein und zugleich einen kleinen Satansbraten dein eigen nennen. Dieser Joghurt machte jeden zum Cowboy… Ausgezeichnet. Der Bildaufbau war jetzt auch besser. Die Grafikabteilung sollte das anpassen. Er mailte es rüber. „Siehst du, Gus. Arbeiten kann doch auch ganz lustig sein.“ „Ja, Papa“, lachte Gus. „Und was passiert jetzt?“ „Wenn es dem Joghurthersteller gefällt, dann wird das Bild in ganz vielen Zeitschriften abgedruckt werden.“ „Echt? Dann können mich alle sehen?“ „Ja.“ „Ohhh… Das muss ich allen erzählen! Oma und Opa und Oma und Opa und Oma und…“ „Äh… ja.“ Hoffentlich sprangen die ihm nicht an die Gurgel, weil er Gus zum Werbemodel abgeordert hatte. Aber die sollten die Klappe halten, er hatte Gus ja nicht geldgeil an Hollywood verscherbelt, damit er ein völlig überdrehter Kinderstar würde. Es blieb ja in der Familie, Gus war nicht zu vermieten. „Und wann gehen wir zum Fußball?“ „Gut so Gus, nie die Lohntüte vergessen… Mal schauen…“ Sie studierten das Internet nach Möglichkeiten, Brian las vor, Gus entschied. Es mochte gegen halb acht sein, als sich ihnen plötzlich Schritte nahten. Justin war aus seinem kreativen Wahn wieder erwacht und stand jetzt ausgepowert und mit Farbe beschmiert vor Ihnen. „Was…? Warum trägt Gus ein Cowboykostüm…?“ fragte er verdattert. „Das ist kein Kostüm. Das ist Arbeitskleidung“, berichtigte Brian, während Gus angesichts Justins ratlosen Gesichtsausdrucks kicherte. „Was habe ich verpasst?“ wollte Justin wissen. „Gus hatte heute seinen ersten Tag bei Kinnetic. Du darfst ruhig gratulieren“, erklärte Brian und schloss sich Gus an. „Ach so… Na dann… Ich hoffe, er hat nicht Ted gefeuert…“ „Papa, was ist „feuern“?“ „Erkläre ich dir Morgen, Gus, wenn die Grafikabteilung das Bild bis dahin nicht richtig hinbekommen hat.“ Hosted by Animexx e.V. 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