Die Macht des Zufalls von Yuukou (Oder: Bekanntenkreis) ================================================================================ Kapitel 1: Die Macht des Zufalls -------------------------------- Als Sasuke von seiner Schicht nach Hause kam, freute er sich auf ein entspannendes Bad, ein fertiges Abendessen (heute war schließlich sein Mitbewohner dran mit kochen) und danach einfach einen ruhigen Abend mit einer guten Lektüre. Er war halb durch einen der neusten Bestseller und bisher tatsächlich angetan, daher freute er sich umso mehr, dass es Freitagabend war und er ein erholsames, dienstfreies Wochenende vor sich hatte. Sasukes WG lag sehr zentral am Rand der Innenstadt und in der Nähe des Krankenhauses, in dem er während den Ferien oft aushalf und auch seine für das Studium benötigten Praktika absolvierte, und so brauchte er keine zehn Minuten, um nach Hause zu kommen. Als er die Tür aufschloss fiel ihm beinahe sofort auf, dass ein zusätzliches Paar Schuhe im Flur stand, aber er dachte sich nichts weiter dabei, sein Mitbewohner Naruto bekam im Gegensatz zu ihm viel und oft Besuch und so war er daran gewohnt. Ein Blick auf die roten Sandalen mit Blumenverzierung und leichten Absätzen machte auch ziemlich sofort klar, wer da wohl gerade da war und spätestens, als er aus der Küche stimmen hörte, stand es außer Frage. Sakura. Sasuke erinnerte sich noch zu gut an den Tag, als er sie das erste Mal getroffen hatte. Sie war Narutos Ex-Freundin, aber faszinierenderweise hatten die beiden es auch nach ihrer Trennung offenbar geschafft gute Freunde zu bleiben, denn es verging quasi keine Woche, in der sie nicht mindestens einmal vorbeischaute und so lag auch ihr erster Besuch gerade mal vier Tage nach ihrem Einzug… Es war später Nachmittag, Sasuke saß gerade an seinem Schreibtisch und brütete über einer Abbildung des menschlichen Körpers, um die ganzen lateinischen Fachbegriffe der inneren Organe und ihre genaue Lage auswendig zu lernen, als es an der Tür klingelte und Naruto sogleich rief: „Ich geh schon!“ Sasuke hatte das ganze nicht weiter beachtet und nur im Stillen die Augen angesichts der Störung verdreht, aber nach einigen, unverständlichen Wortwechseln draußen im Flur, klopfte es an seine Tür und als er leicht missmutig „Ja?“ rief, kam Naruto herein, gefolgt von einer jungen Frau mit… rosa Haaren? Sasuke blinzelte irritiert und unterdrückte das Verlangen seine Lesebrille von der Nase zu nehmen und erst einmal sauber zu wischen, während er gleichzeitig versuchte sie nicht allzu offensichtlich anzustarren. „Sasuke?“, grinste Naruto breit, „Darf ich dir meine liebe Freundin Sakura vorstellen? Sakura, das ist Sasuke, mein neuer Mitbewohner.“ Sakura hatte ihn angelächelt und sofort die Hand entgegen gehalten. „Freut mich, dich kennen zu lernen.“ Er zögerte unmerklich, ergriff dann aber die Hand und nickte nur. Ihr Name war bereits einmal gefallen, als Naruto ihm von seiner vergangenen Beziehung erzählt hatte, aber er musste zugeben, so eine doch hübsche Freundin hätte er dem Dummkopf von einem Mitbewohner gar nicht zugetraut. Er hätte eher ein hässliches, nerviges, lautes Gör erwartet… Erst später hatte er feststellen müssen, dass Sakura durchaus sehr laut sein konnte. Außerdem stellte er relativ schnell fest, dass ihre Haare eigentlich braun waren, aber sie selbst die Farbe absolut nicht mochte und langweilig fand, weswegen sie alle vier Wochen zum Friseur ging, um sie rosa zu färben. Wie sie gerade auf diese Farbe kam, konnte er (wie vieles andere) nicht nachvollziehen, aber es hätte ihm nicht gleichgültiger sein können. Genauso, wie ihre Besuche, da sie die allermeiste Zeit mit Naruto in dessen Zimmer verbrachte und ihn nicht störte. Und wenigstens konnte sie besser kochen als ein gewisser Jemand, vielleicht würde es heute Abend also zur Abwechslung sogar mal was Essbares geben, wenn sie ihm beim Abendessen zubereiten half. Seine Hoffnung wurde allerdings ziemlich jäh zerstört, als er seine Schuhe abgestreift hatte und in Richtung seines Zimmers lief, denn beinahe sofort fing ihn Naruto ab: „Ah, Sasuke, da bist du ja!“ Er kam breit grinsend aus der Küchentür in den Flur und wirkte unüblich… freudig. Okay, Naruto war so ziemlich immer froh, aber heute wirkte er noch aufgedrehter als sonst. „Hör mal, ich bin heute Abend nicht da, also…“ Aber Sasuke unterbrach ihn sofort: „Vergiss es, Dobe, nicht bevor du Essen gemacht hast.“ Selbst wenn es Fertig-Mist war, es war besser als selbst am Herd stehen zu müssen, vor allem nach einem so langen Arbeitstag. „Geht nicht, ich geh gleich auf ein Klassentreffen!“, beschwerte sich Naruto und schien sich nicht im Geringsten an Sasukes wenig begeistertem Gesichtsausdruck zu stören. „Das ist mir doch egal, WG-Regel, heute bist du mit Kochen dran!“ „Geht aber nicht.“ „Das hat zu gehen!“ „Gut, dann komm halt mit.“ „Häh?“ Okay, Naruto war oft unlogisch, aber das gerade… was bitte dachte er sich dabei, warum sollte Sasuke zu Narutos Klassentreffen mitgehen? Sie kannten sich zwar seit ihrer Kindheit flüchtig, da ihre Mütter gut befreundet waren, aber da Sasuke das nächstgelegene Gymnasium und nicht wie Naruto die Realschule besucht hatte, hatten sie sich quasi nie gesehen und Sasuke kannte Narutos Klassenkameraden nicht mal. Was also sollte er bitte da? Naruto zuckte unbeeindruckt die Schultern. „Wir gehen ins „Suru buratoworushito“, um uns zu treffen und du willst was essen, also komm halt mit.“ Sasukes erste Reaktion darauf war (verständlicherweise): „Was bitte ist das?“ Aber Naruto lachte nur leise. „Das ist ein Restaurant gar nicht weit von hier, einer meiner Klassenkameraden ist da Chefkoch, daher hat es sich angeboten.“ Sasuke zögerte, deutlich. Andererseits… es gab essen und so schlimm konnte es wohl nicht werden… oder? Keine Stunde später musste er seinen leichtfertigen Gedanken korrigieren. Es konnte deutlich schlimmer werden. Er saß in einem kleinen, nach Zigarettenqualm stinkenden Imbissbuden-artigen Drecksloch, dessen Speisekarte absolut nichts Essbares enthielt. „Es riecht nach Bratfett.“, zischte Sasuke Naruto zu, der theatralisch die Augen verdrehte. „Es riecht vollkommen in Ordnung.“, antwortete Naruto so leise, dass es nur seine beiden Sitznachbaren Sasuke und Sakura vernahmen. „Genau, wenn Naruto früher versucht hat zu kochen, roch es genauso.“, meinte das rosahaarige Mädchen amüsiert ohne von der Speisekarte aufzusehen. Ziemlich synchron drehten die Jungs ihre Köpfe zu ihr um, allerdings mit absolut verschiedenen Gesichtsausdrücken. Sasuke zeigte ein herrlich angewidertes Naserümpfen, wohingegen Narutos Gesicht eher eine schmollende Schnute zierte. Sasuke ließ das ganze aber lieber unkommentiert, während er sich doch darüber wunderte, dass ihm der Gestank trotz allem sehr bekannt vorkam – und er sich ziemlich sicher war, dass er ihn nicht von Narutos Fertigfraß kannte. Ehe er aber den Gedanken vertiefen konnte, quietschte eine Frauenstimme am Eingang los. Die Stimme und ihre (erschreckend) hohe Tonlage war ihm leider nur zu vertraut und so machte er sich nicht einmal die Mühe hinzusehen und verdrehte entnervt die Augen, während Ino freudig und „Sasuke-kun!“ rufend näher kam. Er würde sich wohl nie daran gewöhnen, denn leider war es nicht das erste Mal (das lag bereits knappe zwei Jahre zurück), dass sie das tat. Er hatte gerade eine angenehme Dusche hinter sich und wollte mit dem Handtuch noch um die Hüfte nur schnell in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen, als mit einem Mal ein kühler Luftzug ihn frösteln ließ. „Naruto, hast du schon wieder vergessen das Fenster…“ Mitten im Satz brach er ab und erstarrte, als er sich beim Sprechen automatisch herumdrehte und zur Haustür blickte. Dort stand Naruto – und mit ihm Sakura und ein ihm unbekanntes Mädchen, das ihn mit einem sehr hungrigen Blick im wahrsten Sinne des Wortes mit Blicken auszog. Da er, wie bereits erwähnt, nur ein Handtuch trug, hatte sie eine entsprechend gute Sicht auf seinen Oberkörper und ziemlich genau dorthin ging gerade auch ihr Blick, als wäre er eine Beute und sie der Jäger, der gerade abschätzte, wie sehr sich die Jagd lohnen würde. Ihrem verträumten Gesichtsgesichtsausdruck nach, kam sie zu keinem (für ihn) besonders guten Ergebnis. Hilfe? Er räusperte sich vernehmlich und machte so schnell er konnte, dass er in sein Zimmer kam und die Tür zuschlug. Naruto hatte das ganze ziemlich erheiternd gefunden und ihn noch Tage später damit aufgezogen. Als Sasuke von ihm erfuhr, dass dieses verliebt dreinblickende Mädchen auch noch Sakuras beste Freundin war und die beiden gerade einen Blumenladen zusammen eröffnet hatten, besserte sich seine Laune nicht gerade. Das bedeutete nämlich leider, dass die Chance, dass er sie wieder sehen musste, für seinen Geschmack viel zu groß war. Wenigstens hatte er sich dieses Mal, genau für diesen Fall strategisch sicher in die Ecke gesetzt, somit Naruto als lebenden Schutzschild vor sich platziert und sich damit selbst aus der Reichweite des Monsters gebracht. Brillant, wie immer. So hatte Ino nur die Wahl sich neben Naruto oder der, ihm gegenübersitzenden, Sakura zu setzten. Mit einem letzten schmachtenden Blick kapitulierte sie und ließ sich neben dem rosahaarigen Mädchen nieder. Leicht irritiert bemerkte er, dass sie sich nicht mal über seine Anwesenheit zu wundern schien. Sein Gedankengang wurde durch Tumult an der Tür und ein „Yo, Leute, der Checker ist im Haus!!“ unterbrochen. Während Sasuke noch grübelte, wo er einen (viel zu ähnlichen) Ausruf schon einmal gehört hatte, sprang Naruto auf und rief in gleicher Lautstärke durch das Lokal: „Kiba, Mann, du hast dich gar nicht verändert!!“ Kiba…ah…okay, nun war alles klar. Mit Schwung fläzte sich der im Gesicht tätowierte Junge auf den Stuhl neben Naruto und schaute interessiert in die Runde. Sein Blick blieb an Sasuke hängen und ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus: „Hey, Doc, was machst’n du hier?“ Naruto runzelte die Stirn: „Doc?“ Sasuke schaute wenig begeistert auf das Klemmbrett, dass ihm gerade vom Chirurgen im Vorbeigehen in die Hand gedrückt wurde. Ehrlich, das Ding konnte er schon seit Wochen selbst ausfüllen. Dieser Patient (Kakashi Hatake) brachte es in fast schon zu regelmäßigen Abständen fertig, sich von seinen eigenen (selbst gezüchteten) Hunden schlimm genug beißen zu lassen, dass er sich im Krankenhaus behandeln lassen musste. Er war gerade dabei die Adresse und dergleichen selbst auszufüllen, während er in Richtung Warteraum ging, um sich von der Begleitperson den Unfallhergang schildern zu lassen. Eigentlich konnte er es sich gerade zu bildlich vorstellen, da es jedes Mal dasselbe war, doch Vorschrift war Vorschrift und vielleicht hatte er sich dieses Mal etwas kreativer beißen lassen. Er schaute kurz hoch, als er den Raum betrat und da er seine Lesebrille trug erkannte er nur eine braunhaarige Person mit zwei großen, roten Flecken im Gesicht. Abgelenkt und unbeeindruckt meinte er: „Das ist der Warteraum. Die Aufnahm für Verletzte ist den Gang runter rechts.“ Das darauf folgende Lachen ließ ihn das erste Mal über seine Brille den Mann ansehen und feststellen, dass die vermeintlich blutigen Wunden einfache Tätowierungen waren. Warum Kiba sie gerade im Gesicht trug, hatte er nie raus gefunden. Es war weder gut aussehend, noch cool. Es lenkte bloß von seinem Gesicht ab und…just in dem Moment dämmerte es Sasuke. Klar, wenn er so aussehen würde, hätte er es möglicherweise auch in Erwägung gezogen. „Hallo! Ignorier mich nicht! Wer ist „Doc“?“, meckerte Naruto Kiba an. Der braunhaarige Junge gestikulierte und Sasukes Richtung, da ihm anscheinend sein Name entfallen war. „Sasuke“, half dieser schnell nach und erklärte auf Narutos fragenden Gesichtsausdruck hin: „Er hat einen Patienten mal ins Krankenhaus gebracht und ich musste die Personalien aufnehmen.“ Lässig zuckte Kiba mit den Schultern: „Man merkt eben, dass Kakashi nur als Hobby Hunde züchtet, sooft wie er sich beißen lässt. Mir als Profi wäre es natürlich nicht passiert.“ „Du kennst Kakashi?“, fragten Naruto und Sasuke sich gegenseitig, wie aus einem Mund. Näher beleuchten konnten sie es allerdings nicht, da sich wieder die Tür öffnete und ein weiteres Mitglied der bunten Runde auflief. Sasuke hätte es ehrlich gesagt, gar nicht bemerkt, wäre Kiba nicht aufgesprungen und hätte lauthals „Hinata!“ gerufen und freudig gewunken. Sie lächelte schüchtern und setzte sich neben ihn. Höflich begrüßte sie alle beim Namen und zögerte auch bei Sasuke nicht. „Hallo Sasuke-kun.“ Dies allerdings ließ Kiba stutzen. „Du kennst Doc?“ „Doc?“, fragte sie leise, aber durchaus erkennbar verwundert. „Er meinte Sasuke. Keine Sorge, mich hat er damit auch schon verwirrt.“, meinte Naruto und nahm endlich die Speisekarte zu Hand. „Als ob das so ein Trost wäre.“, murmelte Sasuke. Hinata schien sein Kommentar allerdings zu überhören und wurde nur leicht rot. „Achso.“ Fruchtbar schüchtern, wie immer, dachte Sasuke trocken, aber Kinder scheinen sie zu lieben. Sasuke betrat mit Itachis Brille in der Hand den Kindergarten, in dem sein Bruderherz arbeitete. Kaum hatte er die Tür geöffnet, schallten ihm die lauten Stimmen der Kinder entgegen. Wie immer, wenn er diesen Vorhof der Hölle betrat, war er froh über seine eigene Berufswahl, auch wenn sie ein viel Studium beinhalten wird. Schmerzensschreie waren ihm definitiv lieber, als dieses konstante Kindergebrüll. „O-nii-san?“, er betrat den Raum, in dem er seinen Bruder vermutete und schaute sich schnell um. Statt seines Bruders saß ein hübsches, schwarzhaariges Mädchen mit Brille inmitten eines Kreises von erstaunlich ruhigen Kindern, die ihr gebannt zuhörten, als sie ihnen aus einem großen Buch eine Geschichte vorlas. Sie schaute auf, als sie seine Stimme hörte, lächelte kurz wissend und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Vorlesen zu. „Hey, Kleiner. Was machst du denn hier?“, rief Itachi und kam lächelnd auf Sasuke zu. Dessen Miene wurde auf Grund der Anrede leicht säuerlich und er antwortete mit einem Hauch des Spottes in der Stimme: „Hey, „Großer“, wie verdammt noch mal hast du es geschafft hierher zu kommen ohne einen Autocrash zu verursachen? Du hast deine Brille liegenlassen.“ Mit einem dankbaren Nicken nahm Itachi sie entgegen. „Oh, danke. Ich habe mich schon gewundert, wieso ich so schlecht sehe.“, er setzte sich die Brille beim Reden auf und erklärte, „Ich hatte es heute morgen eilig, da heute meine neue Mitarbeiterin angefangen hat. Hinata Hyuuga. Sie ist zwar etwas schüchtern hat aber ein gutes Händchen für Kinder.“ Ihre Unterhaltung wurde von zwei Kindern unterbrochen die ins Zimmer kamen und lauthals mit einander stritten und leicht mit einander rangen. Sofort griff Itachi ein und trennte beide einfach, in dem er sich am Kragen packte und auseinander zerrte. Sowohl dies, als auch seine beruhigenden Worte hatten allerdings keinerlei Auswirkungen auf die beiden Streithähne, die unberührt und als ob nichts wäre, weiter zankten. Sasuke stand reichlich amüsiert daneben, während Itachi seiner Arbeit nachging, bis er schlussendlich aufgab und die Kinder einfach zu Hinata mit in den Zuschauerkreis setzte. Seltsamerweise hörten sie plötzlich auf sich anzuzicken und verstummten, als ihr Interesse an Hinata und ihrer Geschichte erwachte. Nur mühsam unterdrückte Sasuke ein leises Lachen, als sich Itachi wieder zu ihm umdrehte und sich über die Stirn wischte. Mit einem überdeutlichen Blick in Hinatas Richtung meinte der kleinere der Brüder: „Also, „Großer“, irgendwas machst du scheinbar falsch.“ Verwundert stellte Sasuke fest, dass er bisher nicht nur jeden kannte, sondern sich auch niemand dran störte oder sich überhaupt wunderte, dass er da war. Er ist verdammt noch mal nie auf eine Realschule gegangen, geschweige denn in diese Klasse, wie eigentlich jedem klar sein müsste. „Sein großer Bruder arbeitet mit mir im Kindergarten.“, beantwortete Hinata Kibas vorhergegangene Frage. „Was ich immer noch super genial finde!“, lachte Naruto auf, „Ehrlich, Teme hat so absolut keinen Plan von Kindern und sein großer Bruder, der mindestens genauso gruselig aussieht, ist total der Kinderfreak.“ „Gruselig?“, fragte Sasuke leise, aber ehrlich verwirrt. Ob ihm jemand diese Frage beantworten konnte und wollte oder nicht, sollte Sasuke nicht herausfinden, da eine für Sommer ganz schön vermummte Gestalt rein kam und alle Tischgespräche erstarben ließ. Selbst Sakura und Ino, die die ganze Zeit in ein Gespräch vertieft waren, sahen auf. „Shino?“, fragte Naruto in die nun entstandene Stille hinein. „Hallo Leute.“, meinte er schlicht und setzte sich neben Ino. Sein Blick schweifte über die Gesichter der anderen und blieb an Sasukes hängen. Einen Moment lang starrte er unschlüssig in seine Richtung, dann aber wurde das Stirnrunzeln durch ein Erkennen abgelöst und er wand sich ohne ein Wort der Speisekarte zu. Kiba, dem das nicht entgangen war, fragte beinah sofort: „Shino, kennst du Doc etwa?“ Shino machte sich nicht einmal die Mühe aufzublicken, als er fragte: „Wer ist „Doc“?“ Als Hinata leise antwortete „Sasuke-kun.“, erwiderte Shino absolut unberührt: „Doc? Ich dachte, du wärst der Assi des Sekretärs, der für den Papierkrieg zuständig ist…“ Sasuke stand (mal wieder) mit einem Klemmbrett in der Hand neben dem einzigen Krankenbett im Zimmer, auf dem der soeben behandelte Patient lag und stellte seine „beliebten“ Standardfragen. „Name?“ „Shino Aburame.“ „Beruf?“ „Imker.“ Sasuke hob verwundert eine Augenbraue. „Imker? Sind sie nicht wegen einer Allergie gegen Bienenstiche eingeliefert worden?“ „Richtig.“ Sasuke stutzte. „Sie sind Imker?“, versicherte er sich. „Richtig.“ „Und Sie haben eine Bienenallergie?“ „Richtig.“ Sasuke traute seinen Ohren nicht, entgeistert starrte er den Mann vor sich an. „Sie sind wirklich Imker??“ „Assi des Sekretärs? Wie bitte? Ich bin Medizinstudent und wenn überhaupt bin ich Assistent des Chefchirugen und so was lass ich mir ganz bestimmt nicht von einem Imker mit Bienenallergie erzählen!“, knurrte Sasuke empört. Das ließ nun auch Naruto aufhorchen. Verwundert wand er sich an seinen ehemaligen Schulkameraden: „Shino, seit wann hast du eine Bienenallergie?“ Shino zuckte nur die Schultern. „Schon immer?“ Narutos linke Augenbraue wanderte merklich nach oben. „Und damit wirst du Imker?!“ Kiba hingegen kommentierte locker: „Das wollte er schon seit der fünften Klasse werden.“ „Ich weiß auch wirklich nicht, warum alle immer so einen Aufstand deswegen machen…“, murmelte Shino, während er immer noch in aller Seelenruhe die Speisekarte studierte. „Ist das nicht irgendwie… gefährlich?“, fragte Naruto mehr als zweifelnd. Shino sah nun doch kurz auf. „Wieso denn?“, meinte er unbeeindruckt. Sasuke glaubte wirklich nicht, was er da hörte. „Vielleicht, weil ein einziger Stich in deinem Fall schon tödlich enden kann und du deswegen…“ Aber er sollte nicht dazu kommen, das ganze näher auszuführen, da in diesem Moment Sakura und Ino beinahe zeitgleich aufsprangen, erschrocken riefen „Die gelben Rosen!“ und in einer atemberaubenden Geschwindigkeit und bereits mit jeweils einem Handy am Ohr aus der Tür stürmten. Dabei rannten sie eine weitere Person, die gerade hereinkommen wollte, um ein Haar über den Haufen. Besagte Person murrte nur ein „So schrecklich bin ich nun auch nicht…“ und gesellte sich dann zum großen Tisch dazu, wo er sich neben Hinata niederließ und kurz „Hallo, zusammen.“ gähnte. Nachdem die anderen den Neuankömmling begrüßt hatten, sah auch Sasuke sich gezwungen etwas zu sagen. Langsam wirklich irritiert, grüßte er: „Guten Abend, Shikamaru.“ Dieser sah kurz zu ihm, nickte dann und erwiderte „’n Abend, Sasuke-san.“, dann beugte er sich über die Speisekarte. Etwa drei Herzschläge später, blickte er nochmals in Sasukes Richtung und kommentierte verwundert: „Sasuke-san, Sie waren in meiner Klasse?“ Sasuke verzog leicht das Gesicht und konnte sich einen etwas spitzen Kommentar nicht verkneifen: „Ich war keiner der Loser auf der Realschule, sondern auf dem Gymnasium!“ Shikamaru fragte unbeeindruckt „Und was machen Sie dann hier?“, während so ziemlich alle anderen Sasuke leicht finster anfunkelten. Ehe aber einer die Chance bekam, etwas zu sagen, kamen Ino und Sakura noch immer im Gespräch vertieft wieder herein, grüßten kurz und ließen sich wieder auf ihre Plätze sinken. Sasuke stand gerade mehr durch Zufall am Empfang, da die Schwester, die eigentlich dafür zuständig war, gerade kurz weg musste und der Posten nicht verlassen sein durfte, als ein junger Mann mit einem großen Packet auf dem Arm herein kam. „Ich soll hier unsere Medikamente abliefern, Sie sind bestimmt der Sekretär, oder?“, meinte er lässig und drückte Sasuke ohne eine Antwort abzuwarten das (nicht gerade leichte) Packet in die Arme. Sasuke brauchte einen Moment, um sich von der überraschenden Aktion zu erholen, ehe er leicht verärgert erwiderte: „Nein, ich bin der Assistent des Arztes hier.“ Der Mann schien eher unberührt davon, zuckte die Schultern und hielt ihm ein Klemmbrett hin. „Ist mir relativ gleichgültig, aber ich brauch eine Unterschrift.“ Kiba hob fast schon beeindruckt eine Augenbraue und meinte zu Sasuke: „Doc, du kennst ja erstaunlich viele von uns?“ Sasuke kam nicht zu einer Antwort, da Shikamaru in dem Augenblick nachfragte: „Wer ist Doc?“ Kiba, der den Namen offenbar in den letzten zehn Minuten offenbar schon wieder vergessen hatte, gestikulierte abermals in Sasukes Richtung und murmelte: „Naja, äh…“ „Sasuke. Immer noch.“, knurrte dieser langsam ernsthaft genervt. Shikamaru nickte kurz, hielt dann inne, sah kurz wieder auf die Karte und gleich darauf wieder zu Sasuke: „Ich dachte, du wärst der Sekretär?“ „Nein, und ich hab’ dir schon letztes Mal gesagt, dass ich…!“ „Ein Spezial-Menü für meine Spezial-Freunde!“, rief eine laute, dröhnende Stimme in eben diesem Moment und Augenblicke später kam ein beleibter Koch mit riesigen Tellern in den Händen und gefolgt von zwei Kellnerinnen mit ebenfalls vollen Händen herein. Beim Geruch des Essens verstärkte sich Sasukes Gefühl, dass ihm das alles irgendwie viel zu bekannt vorkam und erst recht beim Anblick der Speisen, die gerade aufgetischt wurden. Als der Chefkoch selbst sich dann aber neben Shino auf den Stuhl sinken ließ und freudig begrüßt wurde, fiel auch bei Sasuke endlich der Groschen. Es war laut und voll und eigentlich hasste Sasuke Feiern ja sowieso. Leider hatte die alte Schachtel (aka die Krankenhausleiterin aka Tsunade) nun mal Geburtstag und entschieden, dass das gesamte Personal mitfeiern durfte… sollte… musste. Notgedrungen stand Sasuke also nun in einer Menschenmenge, in der er ziemlich niemanden kannte (und auch kein großes Interesse daran hegte das zu ändern) und dachte für sich, wenn er sich zum Büfett durchschlagen konnte, würde er nicht unbedingt beim Essen angesprochen werden. Gesagt, getan. Leider drehte sich ihm allein beim Geruch der Speisen der Magen um, kaum dass er nahe genug war. Der darauf folgende Anblick machte das ganze kein bisschen besser. „Was zum Teufel ist das?“, rutschte es ihm heraus. Ein sehr beleibter Mann, der gerade neben ihm stand und seine Fassungslosigkeit offenbar mit Interesse verwechselte (wie auch immer er das fertig brachte), erwiderte sogleich: „Bratwurst, gekochte Schweinshaxe, dort drüben das ist Weißwurst und hier haben wir dazu Sauerkraut und frisch gezapftes Bier!“ Sasuke kämpfte mittlerweile mit einem ernsthaften Würgereiz und sah den Mann absolut ungläubig an, was dieser offenbar (irgendwie) für Bewunderung hielt, denn er warf sich stolz in die Brust und erklärte „Ich bin der Chefkoch!“ und setzte zu einer ausführlichen Erklärung der Zubereitungsmethoden an, bei der Sasuke sich schnell auf die Toilette entschuldigte, ehe er sich noch wirklich übergeben musste… Sasuke blinzelte. Eigentlich hätte es ihm ja schon beim Namen des so genannten Restaurants klar werden müssen. Was sollte man auch anderes erwarten, wenn diese „Gaststätte“ nach einer in Fett schwimmenden Wurst benannt war? Mit einem leicht angeekelten Blick probierte Sasuke halbherzig das alles andere als appetitlich aussehende Stück Fleisch auf seinem Teller, verzog das Gesicht und schob seinen Teller Naruto hin, der freudestrahlend und ohne irgendeine Nachfrage den Braten auf den eigenen Teller bugsierte und rein haute. Sasuke indes stand ohne ein weiteres Wort auf und wollte nach Hause gehen. Selbst Narutos Tiefkühlkost war annehmbarer als dieses… Zeug. Auf dem Weg nach draußen wurde er plötzlich angegriffen. Fühlte sich ein bisschen an, als hätte ihn eine Dampfwalze gerammt. Es vergingen ein paar Momente, ehe Sasuke verstand, dass ihn Lee gerade in ein Zwischending aus freundschaftlicher Umarmung und Schwitzkasten genommen hatte, ehe im direkt ins Ohr brüllte: „DOC!“ Hinter Sasuke (und von diesem unbemerkt), drehten sich sieben Augenpaare in Kibas Richtung um, der sofort abwehrend die Arme hob und meinte: „Ich war’s nicht!“ Lee indessen brüllte fröhlich weiter: „Neji, schau, das ist der Doc, der mich immer wieder fit macht, wenn ich dich fast besiege!“ Sasuke, der mittlerweile auf dem linken Ohr fast taub war, grummelte nur und versuchte sich zu befreien. Leider war Lee Profi-Kickboxer und schien seine Bemühungen nicht einmal zu bemerken. Er war wohl gut in seiner Disziplin, landete aber (noch öfter als Kakashi) mindestens zweimal pro Woche mit (seltsamerweise genau denselben) Verletzungen im Krankenhaus. „Lee, lass ihn los, er wird schon ganz blau im Gesicht.“, kommentierte in dem Augenblick eine weitere, bekannte Stimme und Neji trat in Sasukes (gerade stark eingeschränktes) Sichtfeld. Lee blinzelte verwundert, ließ ihn zwar los, fing aber daraufhin sofort an, ihn zu schütteln. „DOC! Alles in Ordnung?!“ Diesmal schaffte es Sasuke gerade so sich zu befreien, auch wenn sich hinterher alles bei ihm drehte. Der Zufall in Form von Naruto rettete ihn vor einer weiteren Schüttelattacke. „Lee, altes Haus, was machst du denn hier?“, rief letzterer gerade lautstark und sprang munter auf, um Lee zu begrüßen. Ein Glück, dass die beiden sich kannten, da Naruto denselben Sport ausübte und wohl öfters mit ihm trainierte. Sasuke nahm erstmal Sicherheitsabstand ein, als er wieder halbwegs laufen konnte und trat neben Neji und dessen bisher schweigsame Freundin Tenten, die er, genau wie Neji, aus dem Aikido-Dojo kannte, das sich seine Räumlichkeiten mit seinem Tai-Chi-Verein teilte. Er rieb sich die Schläfen und murmelte nur: „Ach, Neji, du bist also der Typ, der Lee jede Woche wieder verprügelt?“ Neji nickte abwesend, während er das Treiben zwischen Naruto, Lee und inzwischen auch dessen Mentor Gai verfolgte. Sasuke ergriff die Gelegenheit für eine Frage, die ihn seit längeren beschäftigte und flüsterte leise: „Sag mal, wieso hat Lee jedes einzelne Mal genau dieselben Verletzungen?“ Neji schnaubte abwertend und antwortete: „Ganz einfach, er greift jedes Mal mit genau derselben Attacke an und fällt auf genau denselben Konter wieder herein. Er lernt es einfach nie.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)