Hasta La Vista,.. Nerdy! von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: On Top ----------------- Genre: Romanze, Drama, Action, School-Life, Tragedy (?!) Altersempfehlung: 18 [Gewalt, strong language, ..] Zeit: Neuzeit/Japan Disclaimer: Die hier vorkommenden Charaktere gehören allesamt Masashi Kishimoto, blah blah.. Hasta La Vista,.. Nerdy! „Bis auf ein paar Ausnahmen, haben doch alle recht gut die Prüfung gemeistert. Ich bin wirklich stolz auf euch!“, verkündete Yamanaka-san, eine große, blonde Lehrerin mit himmelblauen Augen und einer großen Oberweite. Lächelnd stand sie vorne am Lehrerpult, hielt in der einen Hand den Stapel mit den Testergebnissen und in der Anderen ihre saubergeputzte Lesebrille. „Ihr wisst, dass man nur durch viel Arbeit und Willensstärke etwas erreichen kann. Wer das nicht auf sich nehmen will, kann auch keine guten Leistungen erwarten.“ Auf ihrer Stirn hatten sich einige Falten gebildet und sie raschelte kurz mit den Blättern. Sie schien auf eine Reaktion ihrer Klasse zu warten, doch diese kam nicht. Die meisten schauten sie einfach nur abwartend an, wohl in heller Vorfreude auf die bevorstehenden Testergebnisse – in heller Vorfreude, oder dunkler Vorahnung. „Wie auch immer, ich werde jetzt jedem einzelnen seine Arbeit zurückgeben und es dabei belassen. Immerhin hat der Großteil von euch mich wirklich freudig überrascht.“ Mit einer geschmeidigen Handbewegung, setzte sie ihre Brille auf die Nase und zog das erste Blatt vom Stapel. „Nun eine Schülerin hat mich ganz und gar nicht überrascht. Miss Haruno hat 200 Punkte erreicht und damit das beste Klassenergebnis erzielt. Herzlichen Glückwunsch, Sakura!“ Ein rosahaariges Mädchen erhob sich vom Stuhl, lächelte freudig und verbeugte sich. Dankend nahm sie das Prüfungsblatt von ihrer Lehrerin entgegen und ließ sich zurück auf den Platz sinken. Die grünen Augen huschten kurz über das unbefleckte Papier. Tatsächlich wurde der Rotstift nur benutzt, um Punkte an den Rand zu schreiben und ganz unten, unter ihrer letzten Aufgabe, prangten ihre 200 von 200 erreichte Punktzahl. So wie dieses Prüfungsergebnis liefen bisher all ihre Prüfungen. Immer war sie die Beste. Selbst wenn ihr jemand den Platz der Klassenbeste streitig machen wollte, so siegte sie jedes Mal haushoch. Sie fühlte sich wohl an der Spitze, so weit oben zu sein, war da wo sie hingehörte. Es war beinahe wie eine Sucht; zu lernen, Klassenarbeiten zu schreiben, die Punkte zu erhalten, Beste zu sein. Es berauschte sie, die neidischen Blicke der Anderen trieb sie nur weiter an, der Spott ließ sie nur noch besser werden wollen. Manchmal fragte sie sich, wie es wäre ein Leben in Faulheit zu führen und sich einfach um gar nichts mehr Gedanken machen zu müssen. Den ganzen Tag chillen, Party machen und im CityCenter abzuhängen. Ungefähr das zu tun, was 90 % ihrer Klasse tat. Ganz ehrlich? Es würde sie vor Langeweile sterben lassen. Ehe sie sie sich auf einer Party betrank, irgendeinem dahergelaufenen Typen ins Auto stieg, der in seinem besoffenen Zustand auch noch einen Unfall baute, zog sie es vor, gemütlich bei einer heißen Tasse Kakao auf der Couch zu liegen und ein gutes Buch zu lesen. Sollten doch die Anderen bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommen, sie hatte Besseres vor. „Hinata, schön das du dich verbessert hast. Ganze 130 Punkte hast du erreicht!“ Yamanaka-san klopfte dem rot angelaufenem Mädchen anerkennend auf die Schulter, legte ihr das Blatt vor die Nase und ging weiter. „Nicht schlecht, Hinata“, meinte Sakura und rückte ein Stückchen näher an ihre Freundin heran. „Lass mal sehen was du für Fehler gemacht hast.“ Neugierig schnappte sie Hinata das Prüfungsblatt vom Tisch und studierte es eingehend. Keine Sekunde später tippte sie mit dem Zeigefinger gegen den ersten Rotstrich. „ Mensch Hinata, das hier hätte echt nicht sein müssen. Das X unter der Wurzel aufzulösen.. haben wir doch alles tausendmal im Unterricht durchgekaut!“ Sakura warf ihrer Freundin einen vorwurfsvollen Blick zu, die daraufhin drei Köpfe kleiner zu werden schien. „Ich weiß..“, sagte sie schließlich kleinlaut. „Aber während der Prüfung hatte ich irgendwie einen totalen Blackout, sonst hätte ich es bestimmt besser gemacht.“ „Tut mir leid“, fügte sie noch unsicher hinzu. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Kann passieren“, entgegnete Sakura achselzuckend. „An deiner Stelle würde ich beim nächsten Mal nur etwas konzentrierter an die Sache herangehen. Denn ansonsten waren deine Lösungen durchaus gut.“ Auf Hinatas Nase bildete sich ein Rotschimmer und sie machte sich daran, schnell woanders hinzuschauen. Sie war es nicht gewohnt, dass ihre Freundin sie lobte, umso mehr zeigte es ihr, dass sie bei dieser Prüfung wirklich gute Arbeit geleistet hatte. Vorfreude machte sich in ihrem Bauch breit, als sie sich die stolzen Gesichter ihrer Eltern vorstellte, die es liebten, wenn ihre Tochter mit guten Ergebnissen nach Hause kam. Sie war bei weitem nicht so gut wie Sakura, gewiss nicht, doch sie hatte sich im Laufe der Zeit verbessert, war sich ihren Stärken und Schwächen bewusster geworden. Ihre Stärken – lagen definitiv nicht im Wurzelziehen, dass hatte sie bei dieser Prüfung gemerkt. „Wie immer, eine einzige Enttäuschung“ Hinata drehte sich reflexartig nach hinten, als sie die säuerliche Stimme ihrer Lehrerin hörte. Mit einem höchst missbilligenden Gesichtsausdruck stand Yamanaka-san in der letzten Reihe, vor einem Ecktisch und schaute zu einem ihrer Schüler herunter. „Von dir habe ich ohnehin nichts erwartet, aber das du tatsächlich die Frechheit besitzt schon wieder ein leeres Blatt abzugeben, ist die Höhe!“ Ungehalten klatschte sie ihm das Papier auf den Tisch und stemmte die Arme in die Hüften. Hinata rückte kaum merklich mit dem Stuhl nach hinten, sie wollte mehr sehen, wissen, wie ihr Klassenkamerad auf seine furiose Lehrerin reagierte. Sie konnte seine schmutzige Tom Taylor Jeans ausmachen, die an einigen Stellen bereits löchrig und zerrissen war. Ihr Blick wanderte höher, über das weiße Poloshirt mit dem schwarzen Stern auf der Brust, bis hin zu seinem Gesicht, dass genauso gleichgültig wirkte, wie eh und je. Lässig lehnte er sich im Stuhl zurück, während seine Lehrerin gar nicht wusste, wie sie sich vor lauter Empörung hinstellen sollte. „Was hast du dazu zu sagen, Sasuke? Interessiert es dich denn gar nicht, dass du ganze 0 Punkte erreicht hast?“ Er schwieg, sah durch sie hindurch und schien ihr noch nichteinmal zugehört zu haben. „Wenn das so ist..“ Sie seufzte und rieb sich kurz an der Schläfe. „.. bleibt mir wohl keine andere Möglichkeit, als dich anderweitig zum Lernen zu bewegen. Seit du hier bist, hast du dich nicht einmal aktiv am Unterricht beteiligt, du fehlst oft und von deinen Prüfungsergebnissen will ich gar nicht erst reden. Du machst was du willst und ich kann und werde das nicht länger dulden!“ Sie holte tief Luft, schloss die Augen und formte sich die nächsten Worte zurecht. „Damit du wenigstens die Chance auf einen halbwegs akzeptablen Abschluss bekommst, wirst du ab sofort Nachhilfe erhalten. Es gibt einige kompetente Nachhilfelehrer im Umkreis, doch am effektivsten ist es, wenn ein Schüler aus deiner Klasse mit dir den Stoff nocheinmal durchgeht.“ Inos feingeschwungene Augenbrauen hoben sich, die erwartete Reaktion ihres Schülers blieb aus. Etwas an ihm jedoch, sah plötzlich ziemlich genervt aus. Sie konnte sich denken, dass es nicht an dem Inhalt ihrer Worte lag, sondern an der Tatsache, dass sie so dermaßen auf ihn einredete. Zulaberte, wie die Jugendlichen sagen würden. „Ich weiß nicht, ob du zu faul oder einfach nur zu dumm bist, jedoch denke ich, dass ein Nachhilfelehrer einen guten Einfluss nicht nur auf deine Noten, sondern auch auf dein Verhalten ausüben könnte. Vielleicht lässt du dich dann sogar mal vier Tage in der Woche blicken“, gab sie mit einem ironischen Unterton von sich. Sasuke ignorierte den abfälligen Blick seiner Lehrerin und betrachtete stattdessen das Blatt auf seinem Tisch. Die bauchige 0 in knalligem Rot war kaum zu übersehen. „Wer soll ihm denn Nachhilfe geben?“, meldete sich plötzlich ein rothaariges Mädchen mit Zöpfen dazwischen. Ino wandte sich um und auf ihrem eben noch so strengen Gesichtsausdruck, bildete sich ein geheimnisvolles Lächeln. „Na, das ist doch mal eine schnell beantwortete Frage. Da Mister Uchiha unser Klassenschlechtester ist, wird er selbstverständlich von unserer Klassenbesten unterrichtet werden! Sakura, du..“ Hinatas Wangen wurden augenblicklich um drei Grad heißer und sie stupste Sakura an, die gerade etwas in ihrem Terminkalender schrieb und von dem Trubel um Sasuke überhaupt nichts mitbekommen zu haben schien. „Aua, Hinata was zum..?“ Mit einer gequälten Grimasse, rieb sie sich die Schulter und drehte sich zu ihrer Freundin um, die sie aus großen, blassgrauen Augen anstierte. „Schau nach hinten, es geht um dich!“ Sakura hob verwirrt die Brauen an, doch als sie ihren Namen hörte, zuckte sie zusammen und drehte sich ruckartig nach hinten. „Sakura, du bist sicherlich die beste Wahl für unseren Faulpelz. Du bist intelligent, fleißig und hilfsbereit und ich bin mir sicher, dass einige deiner guten Eigenschaften auf ihn abfärben werden. Ich, als Klassenlehrerin, werde es sehr honorieren, wenn du Sasuke bis zum Ende des Schuljahres unterstützen würdest. Na, was sagst du dazu?“ Lächelnd und mit einem erwartungsvollen Ausdruck in den blauen Augen, schaute sie in Richtung Sakura, die ein vollkommen, verdattertes Bild abgab. „Worum geht es hier nochmal?“, murmelte sie Hinata zu, ohne dabei den Blick von Ino abzuwenden. „Sasuke hat wieder leeres Blatt abgegeben, Yamanaka-san total sauer und jetzt soll er von dir Nachhilfe bekommen“, flüsterte die Blauhaarige zurück, nicht minder unauffällig. „Was?“, platzte es aus Sakura hervor. Ihr Mund öffnete sich und in den grünen Augen glitzerte schierer Unglaube. Nachhilfe für.. Sasuke? Reflexartig fiel ihr Blick auf dem Schwarzhaarigen, dessen Frisur mal wieder verwuschelt war und in allen Richtungen abstand. „Aber Yamanaka-san, ich habe dafür keine Zeit. Ich muss doch selber lernen!“ Beinahe schon flehend sah sie ihre Lehrerin an, die mild mit dem Kopf schüttelte. „Das weiß ich doch Sakura. Aber als Klassenbeste hast du nun einmal eine gewisse Verantwortung über die Schlechteren in deiner Klasse. Du willst doch auch, dass sie besser werden, oder?“ Sakura schürzte die Lippen, drehte sich weg und schmollte. „Du musst es einmal positiv sehen, Mädchen: Wenn du mit ihm einmal pro Woche die Aufgaben durchgehst, die wir im Unterricht zusammen besprochen haben, lernst du doch automatisch mit. Es besteht für dich keinerlei Nachteil, ganz im Gegenteil. Wenn du deine Sache gut machst und ich Fortschritte bei ihm feststelle, werde ich beim Direktor ein gutes Wort einlegen, was deinen Aufenthalt in Europa angeht!“ „Das würden Sie für mich tun, Yamanaka-san?“, fragte Sakura ungläubig. Sie wünschte es sich schon seit Jahren eine Reise nach Europa zu machen, die dortigen Schulen zu besuchen und ausländische Kontakte zu knüpfen. Leider war ihr Direktor nicht sehr erpicht darauf. Er wollte nicht eine seiner besten Schülerinnen ins Ausland schicken und sie womöglich an eine fremde Schule verlieren. Japan brauchte seine Talente im Land selber, sie waren es, die den wirtschaftlichen Fortschritt vorantrieben und die Technologie erweiterten. Sie in einer europäischen Kultur überwechseln zu lassen, würde ein herber Verlust für seine Bevölkerung bedeuten. Es war schwer den Direktor vom Gegenteil zu überzeugen, ihm klarzumachen, dass man sich aus anderen Ländern Inspiration verschaffen und einiges an Erfahrungen sammeln kann. Wer zu lange im eigenen Land bleibt, der verrostet, dass war Sakura schnell klar geworden. „Natürlich, Sakura. Mir liegt dein Wohl sehr am Herzen und ich möchte, dass du dich auch auswärts weiterentwickeln kannst“, sagte Ino mit festem Nachdruck in der Stimme. „Und? Klingt das nicht nach einer guten Einigung?“ Die Rosahaarige linste nocheinmal zu Sasuke herüber, bemerkte seinen abwesenden Gesichtsausdruck, ehe sie unverblümt in die himmelblauen Augen ihrer Lehrerin schaute. „Ja, klingt gut. Ich mach's. Ich helfe sowieso gerne.“ „Na, wunderbar!“ Ino nickte zufrieden und schenkte ihrer Schülerin ein dankbares Lächeln. „Wann und wo ihr euch treffen wollt, bleibt euch überlassen. Ihr seit ja keine Babys mehr.“ Ein paar der Schüler glucksten, doch die meisten beschäftigten sich lieber mit ihren Handys oder Sitznachbarn, als dass sie wissen wollten, ob Sakura jetzt die Nachhilfelehrerin wurde oder nicht. „Ach und Sasuke?“ Mitten im Gehen, drehte sich Ino nochmals zu ihrem Schüler herum. „Das ist deine letzte Chance. Wenn du sie nicht wahrnimmst und nichts an deiner Einstellung änderst, schmeiße ich dich raus. Also geh zu den Nachhilfestunden und lass dir helfen, mein letztes Angebot.“ Ihre Blicke trafen sich. xXx „Wie kannst du nur so ruhig bleiben?“, fragte Hinata stirnrunzelnd. Sakura, die gerade dabei war ein Reisbällchen in ihren Mund zu befördern, seufzte. „Ich habe Hunger, Hinata. Lass mich doch bitte in Ruhe Essen.“ Rings um sie herum herrschte Trubel, es war Essenszeit. Wie jeden Mittag, befand sich auch an diesem Tag eine endlose Schlange vor der Essensausgabe. Die Schüler schnappten sich Teller und Stäbchen und ließen ihre hungrigen Augen über das heutige Menü schweifen. Kabayaki, ein mit süßer Sojasauce gegrillter Fisch stand heute auf dem Plan, dazu gab es Reisbällchen, eingelegtes Gemüse und als Nachtisch flambierte Bananen. Hinata und Sakura hatten das Glück, früher als gewöhnlich hier zu sein. Yamanaka-san hatte sie vor Unterrichtsschluss entlassen, weswegen sie sich in aller Ruhe ihr Menü zusammenstellen konnten und obendrein einen Sitzplatz am Fenster ergattert hatten. Sakura war rundum zufrieden. So sollte die Mittagszeit immer ablaufen. „Ich mein ja nur Sakura.. hast du gar keine Bedenken wegen ihm?“ Vorsichtig schielte Hinata nach links, zu einem Tisch, der von einem einzigen Jungen besetzt wurde. Ohne sich von dem Getöse um ihn herum stören zu lassen, aß er von dem Fisch auf seinen Teller und tippte nebenbei etwas in sein Handy hinein. Auf dem sonst leeren Tisch befand sich eine Zigarettenpackung, ein schwarzes Cape und eine Silberkette, von der ein Schlüsselanhänger baumelte. „Was soll mit ihm sein? Bis eben ist mir noch nichtmal aufgefallen, dass wir den Typen überhaupt in unserer Klasse haben“, erwiderte Sakura unbekümmert. „Er interessiert mich nicht, ich brauche ihn lediglich, um an die Genehmigung des Direktors heranzukommen. Du weißt doch, wie wichtig mir diese Auslandsreise ist.“ Sie rückte ihre Brille zurecht und widmete sich wieder ihren Reisbällchen. „Ja schon, aber.. du hast keine Ahnung mit wem du es hier zutun hast.“, Hinatas Blick lag immer noch auf dem Schwarzhaarigen und in ihrer Stimme lag Unbehagen. „Es gibt einen Grund, warum er immer allein in der Schule abhängt und keine Freunde hat.“ Sakura schnaubte. „Keine Freunde, ist klar, wenn man nur einmal in der Woche im Unterricht auftaucht und aussieht wie ein Freak!“ „Nicht so laut“, wisperte Hinata aufgeregt. „Er könnte dich hören, Sakura!“ Die Rosahaarige hob eine Augenbraue und sah unauffällig zum Schwarzhaarigen herüber. „Und wenn schon..“, ihr abschätzender Blick streifte das Profil des Jungen. „Er, als Klassenschlechtester, hat sowieso nichts zu melden.“ „Du unterschätzt ihn ziemlich.“ Hinata beugte sich über ihr Essen, hob ihre Handfläche und schirmte sich so von ihrem Umfeld ab. „Weißt du nicht, dass er der Anführer einer Gang ist? Der Kerl ist übelst brutal und war auch schon einmal hinter Gittern. Wegen schwerer Körperverletzung und Drogenhandel. Das ist auch der Grund, warum jeder hier ihn meidet. Alle haben Angst vor ihm.“ Hinata sah sie durchdringend an und für einen Moment konnte man soetwas wie Beklommenheit in Sakuras Augen schimmern sehen. Dann räusperte sie sich jedoch, nahm die Stäbchen wieder zwischen die Finger und aß vor sich hin. Hinata beobachtete sie schweigend. Als sie schließlich geendet hatte, putzte sie sich mit einer Serviette den Mund ab und stand ruckartig auf. „Ich werde jetzt zu ihm rübergehen und einen Termin für unsere erste Nachhilfestunde festlegen. Mal sehen wann er Zeit hat..“ „Sakura, warte!“ Geschockt sah Hinata, wie ihre Freundin den Tisch verließ und sich einen Weg in Richtung Sasuke Uchiha bahnte. Hatte sie denn gar nicht verstanden, was sie ihr eben anvertraut hatte? Sasuke Uchiha war kriminell und einem Kriminellen sollte man fernbleiben,.. und nicht auf ihn zumarschieren. XxX Kommis sind erwünscht, ich hoffe sehr das euch die Idee gefällt;) Kapitel 2: Ok. -------------- „Weißt du nicht, dass er der Anführer einer Gang ist? Der Kerl ist übelst brutal und war auch schon einmal hinter Gittern. Wegen schwerer Körperverletzung und Drogenhandel. Das ist auch der Grund, warum jeder hier ihn meidet. Alle haben Angst vor ihm.“ Sie glaubte ihr kein Wort. Körperverletzung, Drogenhandel... wenn dem wirklich so wäre, hätte der Direktor ihn nie im Leben bei sich aufgenommen. Sein Vorstrafenregister musste endlos sein; keine Schule würde ernsthaft die Verantwortung über solch einen Typen übernehmen. Hinata war wahrscheinlich nur mal wieder irgendwelchen Gerüchten zum Opfer gefallen; sie kannte sie ja. . . . Sakura warf ihre Gedanken beiseite und schlängelte sich durch die Lücken der vielen Tische. Es wurde von Minute zu Minute überfüllter und sie hatte schon die Befürchtung, den Dunkelhaarigen aus den Augen zu verlieren. Zu ihrem Glück, schien er jedoch noch nicht seinen Platz verlassen zu haben, er saß genau da, wo sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. 5 Tische weiter links. Gut, dann musste sie wenigstens nicht durch die Schule laufen und ihn suchen. Mit geraden Schultern und einem forschen Gesichtsausdruck, näherte sie sich dem Uchiha und blieb genau neben ihm zum Stillstand. Er hatte den Kopf geneigt und schien gerade eine SmS zu versenden. Hatte sie noch nicht bemerkt..- oder wollte es nicht. „Hey du, wie geht’s so?“ Er reagierte nicht. Tippte seine Nachricht weiter und schaute nicht hoch. Sakura räusperte sich. „Sorry, wenn ich dich störe, aber kannst du mal kurz dein Handy sein lassen und mir zuhören?“ Wieder nichts. War der Junge schwerhörig? Taub? Ihr Blick fiel auf seine schmale Schulter. Dann eben so. „Ähm.. hallo?“ Zaghaft tippte sie ihm dagegen. Noch im selben Moment zog sie die Hand auch schon wieder zurück, als er sich ohne Vorwarnung umdrehte und zu ihr aufschaute. „Kennen wir uns?“ Seine Stimme war ungewöhnlich dunkel, rauchig, aber nicht zu tief. Es war eine Stimme, die man sonst nur aus Hollywoodfilmen kannte, aus James Bond vielleicht. Mädchen würden sie vermutlich als „sexy“ bezeichnen, doch für Sakura klang sie schlichtweg „verrucht.“ „Natürlich kennen wir uns! Du bist in meiner Klasse, schon vergessen?“ Er begutachtete sie genauer; warf ein paar flüchtige Blicke über ihr Blümchentop, den weitgeschnittenen Rock mit den vielen Falten und den weißen Sandalen. Dann landete er wieder in ihrem Gesicht. Sakura fühlte sich unwohl, als seine taxierenden Augen auf ihrer Brille haften blieben. „Und was willst du?“ Seine Lider senkten sich, doch der Abdruck auf ihrer Brille blieb bestehen. Sie konnte es nicht beschreiben, aber sie fühlte, wie durch diesen einen Blick die Abneigung gegen den Jungen wuchs. Und seine Worte.. er hatte keinen Respekt. „Nicht viel“, gab sie blasiert zurück. „Ich will mit dir einen Termin für unsere erste Nachhilfestunde ausmachen. Das ist alles.“ Er hob die Augenbrauen und wandte seinen Blick ab. „Sowas brauche ich nicht.“ Unter den verwirrten Augen Sakuras, stand er plötzlich auf, schnappte die Zigarettenschachtel vom Tisch und zog sich das Cape auf. „Was tust du da?“, fragte sie vollkommen entgeistert. „Willst du etwa abhauen?“ Genauso sah es aus. Sasuke hatte bereits seine Tasche über die Schulter geworfen und entfernte sich ohne weiteren Wortes von seiner gelähmten Klassenkameradin. „Sowas brauche ich nicht.“ Sie starrte ihm noch eine Weile auf den Rücken, dann fing sie an zu laufen.. xXx „Hey, bist du sicher, dass du keine Nachhilfe nötig hast?“ Wie aus dem Nichts tauchte die Rosahaarige an Sasukes Seite auf und versuchte mit ihm Schritt zu halten. Leider war das gar nicht so einfach, denn im Gegensatz zu ihr, war er sehr groß und leichtfüßig. Machte er ein paar Schritte nach vorne, musste sie drei hinterher machen. „Ich will ja nichts sagen, aber du bist der Schlechteste in unserer Klasse und du solltest jede Hilfe nehmen, die du kriegen kannst.“ Sie fiel ein wenig zurück, beschleunigte ihre Schritte, um letztendlich wieder neben ihm aufzutauchen. Atemlos und mit leichtem Schweiß auf der Stirn. Er ging zügig, ruhig, aber bestimmt. Es erweckte noch nicht einmal wirklich den Anschein, als wolle er sie abschütteln. So als wäre sie gar nicht existent. „Es muss dir auch nicht peinlich sein. Guck, es gibt viele wie Du, die einfach ein wenig Unterstützung brauchen, so ist das halt im Leben. Die einen sind die geborenen Talente, denen alles zufällt und die anderen sind eben typisch Durchschnitt, die etwas härter arbeiten müssen. Das ist doch keine Schande, oder?“ Sie hatten die Mensa weit hinter sich gelassen und gingen nun durch einen gedimmten Korridor. Da die meisten Schüler noch beim Essen waren, lief ihnen kaum jemand über den Weg und Sakura war dankbar dafür. Die Blicke beim Mittagessen eben, waren ihr schon unangenehm genug gewesen. Mit einem Außenseiter gesehen zu werden, dem Klassenletzten.. peinlich. „Hey, hörst du mir überhaupt zu?“ Genervt sah sie zu ihm hoch und seufzte. Er war wirklich schwerhörig. „Sasuke, unsere Lehrerin wird dich aus der Klasse werfen, wenn du jetzt nicht mitziehst. Yamanaka-san meint es ernst, sie wird dich eiskalt rausschmeißen!“ Als er immer noch nicht auf sie reagierte, platzte ihr der Kragen. Sie ging noch ein paar Schritte mit ihm, dann blieb sie ruckartig stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Auf ihrem Gesicht hatte sich ein hämisches Lächeln ausgebreitet. „Weißt du was ich jetzt mache? Ich werde jetzt zu ihr hingehen und ihr sagen, dass du keinen Bock auf Nachhilfe hast. Mal sehen wie sie darauf reagiert..“ Die Worte schienen bei ihm anzukommen. Seine Schritte verharrten, er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. Sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht genau deuten, doch etwas an ihm sah verstimmt aus. „Dein Handy“, sagte er kühl. „Komm her und gib es mir.“ Sein Blick war unmissverständlich und Sakura wirkte für einen kurzen Moment bewegungslos. Sie hatte nicht erwartet, dass er stehen bleiben würde, aber mit einer Antwort hatte sie am Wenigsten gerechnet. Also doch. Er wollte nicht rausgeworfen werden. War das sein Schwachpunkt? Sie fühlte seine dunklen Augen auf ihr, als sie in ihrer Tasche nach dem Handy kramte und ein wenig zögerlich auf ihn zuging. „Hier“, sagte sie möglichst gleichgültig, übergab ihm das Mobiltelefon ohne weiteren Kommentar. Er schnappte es ihr weg, ließ seine Finger geschickt über die Tasten fliegen und drückte es zurück in ihre Hand. „Meine Nummer ist drin. Schreib mir wo du wohnst und ich komm vorbei.“ Damit wandte er sich von ihr ab, steckte die Hände in die Hosentaschen und verschwand im Treppenhaus. Sie sah ihm hinterher, doch dieses Mal lief sie ihm nicht nach. Denn sie hatte was sie brauchte. XxX „Wie war die Schule, Schatz? Irgendetwas wiederbekommen?“ Sakuras Mutter, eine kleine, zierliche Frau, stand vor dem Herd und bereitete das Abendessen vor. „Hmh“, stimmte ihre Tochter zu. „Die Matheprüfung.. voll gut gelaufen, Okâsan. Ich war mal wieder die Beste.“ Mit übereinandergeschlagenen Beinen saß Sakura am Esszimmertisch und schaute ihrer Mutter beim Kochen zu. Die Hausaufgaben hatte sie bereits erledigt, für anstehende Prüfungen gelernt und im Anschluss das Zimmer aufgeräumt. Sie war fertig.. mit allem. Und gönnte sich nun ein kleine Pause, bevor sie sich die Zähne putzte und unter die Bettdecke kroch. „Was frage ich eigentlich noch?“, meinte Frau Haruno mit einem stolzen Lächeln. „Das ist eben.. meine Tochter.“ Sakura nickte beherzigt und setzte sich ein wenig gerader hin. „Und du mein Vorbild, Mutter. Irgendwann werde ich mal genauso gut wie du und dann kann mir keiner mehr was.“ „Übertreib's nur nicht, meine Liebe. Du bist toll, so wie du bist. Wer in deiner Klasse kann dir schon das Wasser reichen, hm?“ Sakura verzog das Gesicht zu einer missbilligen Fratze. „Ach, meine Klasse, die kann man total vergessen. Da sind doch nur Spinner unterwegs“, sie machte eine wegwerfende Handbewegung und seufzte. „Spinner?“ Sakuras Mutter runzelte die Stirn und wandte sich kurz von der brutzelnden Pfanne ab. „Aber deine Freundin, Hinata, ist doch eine sehr Nette.“ „Ja, die vielleicht schon. Aber der Rest.. ?“ Verdrießlich schüttelte sie mit dem Kopf. „Wir haben so einen Freak in unserer Klasse. Kommt nur, wenn ihm danach ist und gibt bei Prüfungen ständig leere Blätter ab. Gott, kannst du dir das vorstellen?“ „Beim besten Willen nicht.“ Die Falten um ihrer Stirn wurden tiefer, als sie ihrer Tochter einen verständnislosen Blick zuwarf. „Solche Menschen haben den Sinn des Lebens einfach noch nicht verstanden, Sakura. Wenn es nach mir ginge, hätte ich ihm dreimal Disziplin beigebracht.“ Ihre Stimme hatte an Strenge gewonnen, klang um einige Spuren härter als zuvor. „Was sagen denn seine Eltern zu seinem Verhalten? Wissen die überhaupt davon?“ „Keine Ahnung“, entgegnete Sakura achselzuckend. „So wie der rumläuft, scheint er überhaupt keine Eltern zu haben!“ „Schrecklich“, erwiderte sie tonlos. „Schrecklich. Sieh zu, dass du dich von solchen Leuten fern hältst, Liebes. Ich will nicht, dass du mit so einem Abschaum in Kontakt gerätst. Halte dich schön an Hinata, sie kommt aus gutem Hause und ist ein nettes, intelligentes Mädchen.“ Sakura nickte nur, doch innerlich musste sie schlucken. …in Kontakt gerätst... Hatte sie das nicht schon längst? Sie hatte sogar seine Handynummer! Plötzlich wurde ihr bei der Idee, Sasuke Uchiha Nachhilfe zu geben, ganz schlecht. Auch wenn sie es nur tat, um an die Genehmigung des Direktors heranzukommen, würden ihre Eltern ausrasten, wenn sie ihn sehen würden. Er sah aus wie ein Straßenjunge und verhielt sich wie der letzte Volltrottel. Er war.. abscheulich. Doch was blieb ihr für eine Wahl? Ihm in der Schule Nachhilfe zu geben, wäre schlecht für ihren Ruf. Jeder würde sie dann dort mit ihm zusammen sitzen sehen und Gerüchte würden sich ausbreiten. Schon allein bei der Vorstellung, was die Anderen über sie sagen könnten, drehte sich dem Mädchen der Magen um. Nein, es musste eine andere Möglichkeit geben,.. es musste. . . „Ach, Sakura Schätzchen?“ Ertappt schreckte sie hoch. „Ja, Okâsan?“ Mit einem unschuldigen Hundeblick sah sie in das erschöpfte Gesicht ihrer Mutter. „Dein Vater und ich sind übermorgen bei unserer Geschäftstelle in Osaka. Kümmere dich bitte solange ums Haus und halte es sauber, ja? Du weißt Bescheid; Essen haben wir vorrätig, unten im Lagerraum, Getränke ebenfalls. Wir würden ja ein Hausmädchen bestellen, aber wir denken, dass ein bisschen häusliche Verantwortung dir nicht schaden könnte.“ Sakuras Gesichtsausdruck wirkte wie paralysiert und sie nickte langsam, nachdenklich. „Ja.. das wär' perfekt.“ Sie hatte ihre Möglichkeit gefunden. Sie würde Sasuke übermorgen zu sich nach Hause einladen, dann, wenn ihre Eltern auf Geschäftsreise waren. Dann, wenn sie keiner zusammen sehen würden. XxX 4-5-10 Minami Azabu, Mintato-ku Komm übermorgen dort hin. Ich erwarte dich. ~Sakura Sakura zögerte kurz, dann betätigte sie den „Senden“ Button. Müde, aber zufrieden ließ sie sich zurück aufs Kissen sinken und starrte an die dunkle Decke. Wann er ihr wohl antworten würde? In einer Stunde? Zwei Stunden? Drei Stunden? Sie hoffte bald. Denn sie musste unbedingt wissen, ob das mit übermorgen klar ging, ob er an dem Tag Zeit für sie hatte. Falls nicht, würde ihr perfekter Plan zunichte gemacht werden und sie müsste sich einen neuen Treffpunkt überlegen. Hoffentlich war das nicht nötig. Sie schloss die Augen, versuchte zu schlafen, doch der quälende Gedanke an Sasukes Antwort, hielt sie wach. Ihr Blick fiel auf das schwache Licht ihres Handys; keine neue Nachricht, es war 9:00 Uhr abends. Ob er beim Abendessen war und das Handy nicht dabei hatte? Oder er war duschen? Zähne putzen? Sakura stieß einen grummelnden Laut aus und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Mit dem Uchiha im Kopf würde sie nie Schlaf finden können, das war sicher... . . . Das fahle Licht ihres Handys zeigte 11:00 Uhr an, als Sakura endlich eingeschlafen war. Ihre Arm lag ausgestreckt über der Bettkante, ab und an konnte man unverständliches Gemurmel vernehmen. Mit ihrem leicht geöffneten Mund und dem friedlichen Gesichtsausdruck, wirkte sie beinahe wie ein Engel. Brrrr Brrrr Brrrr Ihr Handy vibrierte. Zuerst drang das Geräusch nur ganz sachte an ihr Ohr, bis es immer lauter und lauter wurde... unüberhörbar. Schlagartig riss sie die Augen auf und war in der nächsten Sekunde hellwach. Sofort zog sie das Handy an ihr Gesicht heran, musste jedoch im ersten Moment ihre Augen zusammenkneifen. Sie blinzelte mehrere Male und als sie sich an das Displaylicht gewöhnt hatte, stutzte sie. 1 neue Nachricht um 03:40 Uhr Ok. Sakura schaute auf. Er wollte tatsächlich übermorgen vorbeikommen. Der Termin stand. Ihr Plan hatte sich erfüllt. Und ihr Herz... hörte nicht auf zu schlagen. Ok. XxX Ich wollte mal was zu dieser Geschichte loswerden: Sie ist mir sehr wichtig, da ich durch die FF viele Dinge ansprechen will, die mir im alltäglichen Leben halt so über den Weg laufen. Vorurteile, die Tatsache, dass in Japan Schüler Selbstmord begehen, weil sie in ihren Leistungen „versagen“, die übertriebene Strenge und Disziplin, die Kluft zwischen Arm und Reich.. Außerdem möchte ich Sakuras spätere Zerrissenheit deutlich machen, wie sie immer mehr abrutscht, dorthin wo Sasuke gerade ist und auf der anderen Seite ihren Nerd-Status halten muss. Zum Ende hin wird die FF immer trauriger werden, obwohl ich noch nicht weiß, ob sie dann tatsächlich auch ein Sad End bekommt, oder sich doch irgendwie zum Guten wenden wird. Zwischendurch wird es auch Humor geben, sowie Action und angedeuteter Shonen-Ai;) Ich hoffe es hat euch gefallen.. eure Lucy^^ Kapitel 3: Pride & Prejudice ---------------------------- „So, Schatz, wir machen uns jetzt auf den Weg. Wenn etwas sein sollte, weißt du wo du uns erreichen kannst, ja?“ „Jaaah, Mutter“, erwiderte Sakura mit gedehnter Stimme. „Eure Geschäftsnummer ist abgespeichert, macht euch keine Sorgen“ Mit vollgepackten Koffern standen Herr und Frau Haruno vor einem Taxi und verabschiedeten sich von ihrer Tochter. Es war später Nachmittag, die Luft war trocken und erfüllt von dem Summen der Bienen. Sie flogen gerne in dieser Gegend herum, gerade weil es hier von Blumenbeeten und frischen Gräsern wimmelte. Passanten kamen vorbei, ließen sich von der Pracht der umliegenden Vorgärten faszinieren, Touristen schossen Fotos. Der Stil der Harunos stach dabei besonders ins Auge. Mitten in ihrem Vorgarten hatten sie eine kleine Grube ausgehoben, in der sich lauter kleine Steinchen befanden. Rundherum wuchsen orientalische Pflanzen, breite Sträucher und ganz in der Mitte stand eine Skulptur aus löchrigem Stein. Es war romantisch, mystisch, ein Platz zum Träumen und Vergessen. „Komm mal her zu mir, Große.“ Sakuras Vater hatte die Arme ausgebreitet und sah ihr aus liebevollen, braunen Augen entgegen. Für einen Moment zögerte sie noch, dann fasste sie sich ein Herz, rannte auf ihn zu und warf sich ihm um den Hals. Ihre Hände krallten sich automatisch an seine Brust und ein angenehmer, herber Duft drang an ihre Nase. Verträumt schloss sie die Augen, genoss das Gefühl, von ihrem Vater in den Arm genommen zu werden. Es kam selten vor, dass er seiner Tochter zeigte, wie sehr er sie liebte, doch wenn er es tat, war es jedesmal etwas Besonderes für sie. „Bleib nicht zulange auf und lerne fleißig.“ Seine große Hand tätschelte ihren Kopf und brachte ihre fein gekämmten Haare durcheinander. Sakura kümmerte es nicht. Wenn es nach ihr ginge, konnte er sie vollends zerzausen... „Und du, kümmere dich gut um deine Geschäfte und zeig den anderen, was du drauf hast!“ Mit glitzernden Augen sah sie zu ihm hoch, in sein fein geschnittenes Gesicht, dem Gesicht eines echten Geschäftsmannes. Er hatte markante Züge, mochte ein wenig kühl wirken, doch die Fältchen um seinen Mund zeigten, wie gerne er lachte. „Ach, und verlier' nicht noch mehr Haare auf deinem Kopf“, sagte sie mit neckendem Unterton. Mister Haruno brachte ein halb gequältes Schmunzeln zustande und strich sich über seine ergraute Haarpracht. „So schwierig wie die drüben in Osaka sind... - werden sie wohl ganz abfallen“. Sakura grinste böse und drückte ihren Vater nocheinmal an sich. Das schüttere Haar, die vielen Falten, der feine Bart... machten ihn attraktiver als er ohnehin schon war und das wusste er genauso gut wie sie selbst. Für sie war er der beste Vater den man sich wünschen konnte und sollte sie jemals einen Freund haben... dann bitte so elegant, adrett und gutaussehend wie er. „Sakura, wir müssen los. Wir sind in spätestens einer Woche wieder hier“, Herr Haruno legte seine Hände auf ihre Schultern und zog sie sachte von sich weg. „Deine Mutter möchte dir auch noch auf wiedersehen sagen..“ Sie nickte schwermütig, löste sich von ihm und sah in das Gesicht ihrer Mutter. Miss Haruno lächelte freundlich, stellte sich auf ihre Zehenspitzen und gab ihrer Tochter einen leichten Kuss auf die Stirn. „Du bist so groß geworden, mein Schatz. Ich komm kaum mehr an dich heran.“ „Das liegt daran, dass du so klein bist, Mutter.“ „Ach hör doch auf, du bist fast so groß wie ein Riese!“ „Mutter..“, sagte Sakura mit tadelndem Unterton. „ich bin die kleinste aus unserer Klasse...“ Noch ehe sie den Mund aufmachen konnte, um ihrer Tochter zu widersprechen, nahm Sakura sie in den Arm und seufzte. „Lasst euch Zeit. Ihr müsst euch meinetwegen nicht beeilen. Kommt dann wieder, wenn ihr alles erledigt habt.“ Sie klopfte ihr ein paar Mal sanft gegen den Rücken, ehe sie sich von ihr löste und in ihr sorgenvolles Gesicht blickte. „Wie ich es euch versprochen habe, verlasse ich abends nicht mehr das Haus und aktiviere die Alarmanlage. Ihr könnt euch auf mich verlassen, Einbrecher haben bei mir keine Chance!“ Entschlossen tippte sie mit dem Zeigefinger gegen ihre Brust und nickte. „Denn ich bin wachsamer, als ein Spürhund!“ Ihre Mutter lachte herzlich und ihr Vater schüttelte belustigt mit dem Kopf. Typisch Sakura. Sie meinte es immer ein bisschen zu ernst. XxX Das Taxi brauste davon. Sakura winkte, lächelte, lief sogar ein wenig hinter dem Auto her. Als es schließlich um die Ecke verschwunden war, blieb sie stehen und atmete tief durch. Der Abschied war ihr schwerer gefallen, als gedacht. Es war keine Seltenheit, dass ihre Eltern mal für ein paar Wochen wegfuhren, doch dieses Mal.. sie konnte es nicht beschreiben. Ihr Blick fiel zurück aufs Haus, ein hübsches, dreistöckiges Gebäude aus dunkelbraunem Holz und einem verzierten Dach obendrauf. Es sah aus wie frisch aus dem Schlaraffenland, ein leckeres Knusperhäuschen. Und sie war sicher, dass es einige Gestalten gab, die gerne mal daran knabbern wollten. Sie lebte in einem Bonzenviertel, dort, wo es vor Snobs und Neureichen nur so wimmelte. Egal wo man hinblickte, wurde man mit teuren Sportwagen begrüßt, orientalischen Häusern, Villen... die Leute machten trotz der Einbruchsgefahr keinen Hehl daraus, dass sie Reich waren, ganz im Gegenteil. Sie liebten es, sich zur Schau zu stellen, moderner und exklusiver als der Nachbar zu sein, das Beste vom Besten zu haben. Es war beinahe wie ein Sport, ein Sport für Reiche und die, die sich verschulden wollten. Gemächlich marschierte Sakura über die Pflastersteine zurück zum Vorgarten und holte einen Schlüssel hervor. Stolz durchflutete ihre Brust, als sie zum ersten Mal wirklich realisierte, dass ihre Eltern ihr das gesamte Grundstück anvertraut hatten. Früher war da immer ein Dienstmädchen gewesen, immer jemand, der für sie da war, sich um alles gekümmert hatte. Jetzt war sie vollständig auf sich allein gestellt. Ein fremdartiges Gefühl.. . . . 5:00 Uhr abends Mit übereinandergeschlagenen Beinen saß sie an ihrem Schreibtisch und schlürfte einen frisch gepressten Zitronentee. Es war ungewöhnlich still im Haus. Normalweise hörte man das allabendliche Scheppern von Töpfen und Tellern, wenn ihre Mutter in der Küche war und das Abendessen für sie zubereitete. Sie war dann meistens in ihrem Zimmer, räumte auf oder machte ihre Hausaufgaben fertig. Die übliche Routine eben. Ein leises Knacksen ertönte, als sie ihre Beine ausstreckte und die Arme hinter ihrem Kopf verschränkte. Nachdenklich ließ sie ihren Blick an die Decke wandern. Wann er wohl kommen würde? Sie hatte ihm keine Uhrzeit genannt, mit Absicht. Bei Typen wie ihm war es besser, sie selbst entscheiden zu lassen, wann sie Lust auf etwas hatten und wann nicht. Eine Uhrzeit hätte ihn nur eingeschränkt und er hätte vermutlich gar nicht erst zugesagt. Sie schloss die Augen, dachte an den heutigen Schultag, wie sie da gesessen hatte und sich kaum auf den Unterricht hatte konzentrieren können. Ihre Gedanken hatten sich um ihre Eltern gedreht, daran das sie bald wegfahren würden und sie das nach Strich und Faden ausnutzte. Ja, sie fühlte sich schuldig sie so hintergehen zu müssen und der liebevolle Abschied hatte es ihr nochmal um einige Tonnen schwerer gemacht. Ein Teil von ihr wollte, dass ihre Eltern dablieben und dem Uchiha die Tür vor der Nase zuknallten, ein anderer Teil wollte ihn hier und jetzt neben sich. Allein. Zu Zweit. Bei ihrer ersten Nachhilfestunde. . . . „Warum bist du gestern auf ihn zugegangen? Ich hab dir doch gesagt, dass der Typ gefährlich ist!“ Gott, Hinatas hohe Mädchenstimme konnte so nervig sein. „Hat er denn überhaupt mit dir gesprochen? Ich konnte euch nicht so gut sehen, weil soviel los gewesen war. Sakura, komm schon, ich will das jetzt wissen!“ Sie wollte es ihr aber nicht sagen. Verstand sie nicht, dass sie nicht darüber reden wollte? Nicht über ihn reden wollte? Dumme Hinata. Manchmal war sie so schüchtern und süß wie eine Lolita, dann wieder so aufdringlich und neugierig wie ein... sie seufzte. Wie lautete der Vergleich nochmal? BRRRRR Das laute Rattern eines Motors riss Sakura aus ihren Gedanken. Verwundert drehte sie sich zum Fenster, sah hinaus und erblickte einen schwarzen BMW am Straßenrand. Selbst von so weit weg, konnte sie die tiefen Kratzspuren an der Fahrerseite erkennen und der dunkle Lack war an einigen Stellen bereits vollkommen abgeblättert. Von dem Geschrei des Motors zu urteilen... war der Wagen reif für die Schrottpresse. Sakura rollte mit ihrem Schreibtischstuhl näher ans Fenster, als sie sah wie die Autotür aufgemacht wurde und ein junger Typ ausstieg. Schwarze Haare, dunkle Augen und ein weißes Cap auf dem Kopf. Sie erkannte ihn auf einem Blick. Prompt riss sie ihren Kopf herum und gab jedem ihrer Schreibtischunterlagen einen flüchtigen Check: Bleistift in der Dose, Radiergummi in der Dose, Mathebuch und Matheheft auf Unterlage, Schmierpapier neben Mathebuch, Taschenrechner auf Schmierpapier, Lineal in der Dose. Ja, sie war auf alles vorbereitet. Nichts konnte schief gehen. Sie hatte alles hier. Klopf Klopf Klopf Sie konnte nichts dagegen tun. Es war nur eine dumme Nachhilfestunde und ihr Herz hämmerte wild um sich, ihr Bauch zog sich zusammen, sie war... aufgeregt, nervös, unruhig, wollte, dass es jetzt schon vorbei war. Warum war das so? Warum fühlte sie solch ein Flattern in ihrer Brust? Sie hatte keinerlei Erfahrung mit Jungs, hatte nie einen Freund zu sich nach Hause eingeladen... und jetzt musste es ausgerechnet gleich so ein Typ sein? Sakura verfluchte sich. Sie hatte keinen Grund sich so aufzuführen, im Endeffekt war es doch wie in der Schule: Er Außenseiter, Sie Lieblingsschülerin. Die Rollen waren klar verteilt und sie hatte die eindeutig Bessere erwischt. Mit einem „Ich-bin-besser-als-du-Feeling“, erhob sie sich vom Stuhl, zog ihren Pferdeschwanz fester und nickte sich entschlossen zu. Wäre doch gelacht, wenn sie das heute nicht packen würde. Sie war die Beste, sie konnte alles. Selbst einem zurückgeblieben Asozialen das 1 mal 1 beizubringen, dürfte für sie ein Kinderspiel sein. Zurückgebliebener Asozialer.. Ein starkes Gefühl von Genugtuung kam in ihr auf. Es ließ sie größer werden, selbstbewusster und je öfter sie sich diesen Namen in Erinnerung rief, desto befriedigter fühlte sie sich. Denn keine Bezeichnung hätte ihn besser treffen können. Asozial. Zurückgeblieben. Klassenletzter. . . . . Dong Wie auf Kommando marschierte Sakura zu ihrer Zimmertür, riss sie mit einem Ruck auf und spazierte eine weiße Marmortreppe hinunter. Rechts und links besaß sie kein Geländer, doch so wirkte es moderner und es waren ohnehin nur ein paar Stufen bis zum Erdgeschoss. Seine Silhouette konnte sie bereits hinter dem durchscheinenden Glas der Haustür ausmachen. Er bewegte sich nicht, schien darauf zu warten, dass ihm jemand öffnete. Ohne sich großartig zu beeilen, holte sie ihren silbernen Haustürschlüssel vom Haken und steckte ihn gedankenlos ins Schloss. Es machte ein ratschendes Geräusch, die Tür ging auf und Sasuke Uchiha begrüßte sie mit einem aalglatten Gesichtsausdruck. „Guten Abend“, sagte sie steif. Anstatt ihn hereinzubitten, ließ sie den Uchiha erstmal vor der Schwelle stehen und taxierte ihn von oben bis unten. Möglichst auffällig und ohne jeglichen Respekt, ließ sie ihren Blick von seinen zerzausten Haaren über sein weißes Shirt gleiten, den breiten Gürtel, bis sie unten bei der hellgrauen Jeanshose inne hielt. Die Enden der Hose waren vollkommen zerschlissen, einzelne Fädchen ragten aus dem Stoff hervor und zogen sich bis über seine Schuhe. Sakura musste schlucken; die strahlend weiße Farbe seiner Sneakers war von Schlamm überschüttet, die Schnürriemen ausgeleiert und schmutzig. Es würde sie nicht wundern, wenn die Sohle auf dem Weg hierhin, bereits abgefallen war. „Kannst du deine Schuhe ausziehen, bitte?“ Mal davon abgesehen, dass es in Japan üblich war sich vor Betreten des Hauses die Schuhe ausziehen, ließ sie niemanden mit solchen Schmutztretern herein. Als er ihr nicht antwortete, schaute sie nach oben und registrierte erst jetzt die getönte Sonnenrille, die an seiner Brust befestigt war. Sakura konnte sich nur schwer beherrschen nicht ganz nahe heranzugehen und das Glas unter die Lupe zu nehmen. Ob da genauso viele Kratzer zu sehen waren, wie auf seinem Wagen? Schnell warf sie den Gedanken beiseite und seufzte ungeduldig auf. Er hatte bisher noch keine Anstalten gemacht, sich seiner Schuhe zu entledigen und das Mädchen ahnte, dass das auch so schnell nicht passieren würde. „Vergiss es einfach. Komm rein.“ Es brachte ohnehin nichts. Er war mal wieder schwerhörig. Schweigend beobachtete sie, wie Sasuke die Hände in die Hosentasche steckte und an ihr vorbei, in den Flur trat. Die dunklen Fußabdrücke, die er dabei hinterließ, brachten Sakuras Emotionen schier zum Überkochen. Es juckte ihr in den Beinen, ihn mit einem Tritt in den Arsch wieder nach draußen zu befördern, und die Tür zuzuknallen. Würde nicht ihre berufliche Zukunft auf dem Spiel stehen, Gott, sie hätte es gemacht. Die Haustür wurde zugeschlossen, der Silberschlüssel zurück an den Haken gehängt. „Folge mir“, sagte sie kurz angebunden. Sie gab ihrem Mitschüler keine Zeit sich ausgiebig umzusehen, denn schon war sie mit halbem Fuß auf der Treppe und stieg die Stufen empor. Oben angekommen, warf sie einen flüchtigen Blick nach hinten, erschrak dann aber, als sich Sasuke bereits direkt hinter ihrem Rücken befand. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wäre vor Schreck nach hinten gestolpert. Der Typ war schnell.. Sie ließ sich nichts weiter anmerken, ging an das Schlafzimmer ihrer Eltern vorbei, bis sie vor ihrer Zimmertür stand und sie öffnete. „Nach dir.“ Sasuke streifte sie mit einem kurzen Blick und für eine Sekunde hatte Sakura das Gefühl er wolle ihr etwas sagen, doch er schwieg, sah an ihr vorbei und betrat das Zimmer. Das erste was ihm ins Auge sprang, war der überdimensionale Flachbildfernseher, der in all seiner Pracht an der Tapete hing. Direkt gegenüber befand sich eine rosafarbene Couch dekoriert mit herzförmigen Kissen. Seine dunklen Augen wanderten weiter zu dem Schrank über dem Schreibtisch, ein Bücherschrank, verglast und mit einem verzierten Schloss in der Mitte. Alles in diesem Raum war an seinem Platz, nichts war überflüssig, nichts fehlte. Er wirkte.. in sich komplett. So dachte Sakura jedenfalls. Das Mädchen studierte seine flüchtigen Blicke, die halben Kopfbewegungen, wie er sich kaum merklich drehte und wendete. Ob er beeindruckt war von dem was er sah? Ob es ihm gefiel? „Schön, nicht?“ Wie erwartet sagte Sasuke nichts dazu, doch Sakura ließ sich nicht davon beirren. Er war hundertprozentig hin und weg. Auf ihrem Gesicht bildete sich ein selbstgefälliges Grinsen, als sie Sasuke passierte und auf ihren Schreibtisch zusteuerte. Er, mit seiner zerfledderten Optik, wirkte in ihrer Zimmeroase sehr fehl am Platz. Und irgendwie stimmte sie diese Tatsache zufrieden. „Setz dich doch“, flötete sie gut gelaunt und pflanzte sich auf ihren gepolsterten Schreibtischstuhl. Der Stuhl daneben war um einiges härter und unbequemer. Man konnte ihn weder drehen, noch nach hinten verstellen, was ihn starr und steif machte. Sakura hatte ihn provisorisch aus dem Keller geschleppt, denn sie hatte keine Lust ihm die teuren Stühle ihrer Eltern vorzusetzen. „Der Mathematikunterricht heute Morgen war interessant, nicht wahr? Wir haben ein neues Thema angefangen.“ Genüsslich ordnete sie ihre Unterlagen, während sich Sasuke neben ihr auf den Stuhl sinken ließ. „Lineare Funktionen an einem Graphen. Yamanaka-san hat uns den Einstieg wirklich gut erklärt, findest du nicht auch?“ Ihre Finger langten nach Bleistift und Spitzer und sie holte das Lineal aus der Dose. „Schau, die Aufgaben auf Seite 83 habe ich bereits gelöst, sie waren einfacher als ich angenommen hatte.“ Sie deutete mit der Bleistiftspitze auf das bekritzelte Papier und umkreiste ihre Rechnungen. „f(x) = 0,75x2 - 5x + 0,5“, sie las die erste Funktion vor. „Da ich nicht weiß, bei welchen Aufgaben du Probleme hast, rechne ich dir alles einfach einmal vor. Wenn du etwas nicht verstehst, dann sag bitte sofort Bescheid, ok?“ Laut begann sie ihm die Rechenschritte zu erläutern, nahm sich Schmierpapier und bekritzelte dieses mit ihren Nebenrechnungen. Sie kam sich mehr als dumm vor, doch sie tat was sie konnte und strengte sich an ihre Erklärungen verständlich rüberzubringen. . . . „Und damit hast du dann diesen Funktionswert hier ermittelt...“ Sie atmete tief ein, schnupperte kurz und zog prompt ihre Hand vor die Nase. In der Luft hatte sich der Gestank von Rauch und Benzin festgesetzt. Es war kaum auszuhalten. Reflexartig rutschte sie ein Stück von ihm weg und schenkte ihrem Sitznachbarn einen angewiderten Seitenblick. Er roch wie frisch aus der Autowerkstatt Kopfschüttelnd wandte sie sich wieder ihren Aufgaben zu. Der Funktionswert war ermittelt, die Wertetabelle aufgestellt, jetzt fehlte nur noch ein Koordinatensystem mit dem entsprechenden Graphen. Doch irgendetwas stimmte nicht. Die Zahlen in der Wertetabelle waren zu niedrig, der Verlauf des Graphen würde zu weit ins Negative rutschen. Angestrengt kaute sie auf ihren Bleistift herum. Was hatte sie falsch gemacht? Während sie hektisch nach einer Lösung für das Problem suchte, bemerkte sie nicht, wie sich ihr Nachhilfeschüler kaum merklich zurücklehnte und sein Handy herausholte. „Ich verstehe das nicht“, murmelte Sakura immer wieder zu sich selbst. „Ich verstehe das nicht.“ Sollte sie den Graphen einfach mal zeichnen und sehen was passierte? Vielleicht verlief er ja mit Absicht so tief.. „Die Klammer fehlt.“ Prompt fiel Sakura der Bleistift aus den Händen. „Was?“ Verwundert, überrascht, nahezu schockiert wandte sie sich zu ihm um, meinte geträumt zu haben. Hatte er gerade wahrhaftig den Mund aufgemacht? Sie schaute ihn an und es war das erste Mal, dass sie ihm mitten ins Gesicht blickte, ihn realisierte. Seine Lippen waren voll und sinnlich, seine Nase schmal und unter seinen Augen zeichneten sich feine, dunkle Ränder ab. Ein paar seiner längeren Strähnen flogen ihm über die Stirn, und auch der Rest seiner Haare war durcheinandergewirbelt und formlos. Er hatte keinen Bart, hatte noch nichteinmal Spuren davon; es ließ ihn beinahe unmännlich wirken. Sakura verengte die Augen, als sie ein dunkelbraunes Muttermahl an seiner Wange entdeckte. Auch fielen ihr die verblassten Schrammen und Abschürfungen auf, die vermutlich nie mehr aus seinem Gesicht verschwinden würden. Er sah jung aus, abgehärtet und irgendwie.. bescheuert. Sakura blinzelte, realisierte erst jetzt, dass sie ihn die ganze Zeit über angestarrt hatte. Schnell wandte sie den Kopf ab und stierte mit vorgeschobener Unterlippe auf ihre Rechnungen. „Ich habe keine Klammer vergessen, sowas würde mir nie passieren!“ Ungeduldig klopfte sie aufs Blatt und war kurz davor ihren Bleistift durchzubrechen. Das sie ausgerechnet von ihm, dem Klassenletzten belehrt wurde, passte ihr ganz und gar nicht. Schon jetzt spürte sie den Dampf in sich aufsteigen, spürte, wie heißer Zorn in ihre Wangen schoss und sie auf Level 100 brachte. Sie wollte nichts mehr hören! „3,5“, sagte er mit seiner ruhigen, gelassenen Stimme. Sakura schoss herum, wollte ihn anblaffen, verschluckte sich jedoch an ihren Worten, als er ihr sein Handy vor die Nase hielt. Sie konnte es nicht glauben. Er hatte es doch tatsächlich gewagt, die Funktion in den Taschenrechner seines bescheuerten Handys einzugeben! Na warte.. Mit einer ungeheuren Kampfeslust im Bauch, riss sie ihren eigenen Taschenrechner zu sich heran und hämmerte ihm die Zahlen entgegen. Diesmal achtete sie pingelig genau darauf, jedes Zahlenpaar mit einer Klammer zu umrunden und überprüfte, ob sie auch ja nichts falsch eingetippt hatte. Dann drückte sie auf >gleich< = 3,5 Sakuras Finger verkrampften sich. Er, der zurückgebliebene Asoziale, hatte sie tatsächlich übertrumpft. . . . „Hau ab,“ sagte sie plötzlich. „Die Stunde ist beendet.“ Ihr Blick war nach wie vor gesenkt, die grünen Augen auf das Ergebnis fixiert. Sie wollte allein sein. Mit starrer Mimik blickte sie nach unten, wartete, dass sich der Junge neben ihr vom Stuhl erhob. Doch er stand nicht auf. Als sich nach 10 geschlagenen Sekunden immer noch nichts getan hatte, drehte sie sich zu ihm um und offenbarte ihr wutverzerrtes Gesicht. „Ich sagte, verschwinde!“ Die Tatsache, dass er so ruhig blieb, nichts sagte, sondern sie lediglich anschaute, trieb sie in den Wahnsinn. Sie konnte nicht damit umgehen... mit seiner Gelassenheit, seiner Gleichgültigkeit, dieser offensichtlichen Coolness. Sie hasste es. Ruckartig sprang sie vom Stuhl, schloss ihre Hände um die Schultern des Jungen und versuchte ihn mit aller Kraft aus dem Sitz zu werfen. Ihre Zähne pressten sich fest zusammen, Sasuke bewegte sich kein Stück. Sie ahnte, dass er trotz seiner schlanken Gestalt einige Muskeln unter seinem Shirt versteckt halten musste. Und er hatte Reflexe.. ansonsten hätte ihn Sakuras Überraschungsangriff sicherlich vom Stuhl geworfen. „Hau ab“, brachte sie angestrengt hervor. „Ich will dich hier nicht haben!“ Sie verstärkte den Druck um seine Schultern, drückte ihre Fingernägel in den Stoff seines Shirts und spannte ihre Oberarme an. Sie konnte den Ausdruck in seinem Gesicht nicht erkennen, sah nicht, wie sich seine Augenbrauen nach oben zogen, der Zug um seinen Mund hart wurde. Alles was sie erblickte, war sein Kopf mit den verwehten Haaren. „Dann eben anders.“ Keuchend ließ sie von ihm ab, drehte sich zum Schreibtisch und streckte ihre Hand nach dem Telefonhörer aus. 1-1-0. Die Nummer der Polizei. Das erste was Menschen taten, die mit einer Situation überfordert waren: Sich Hilfe holen. Ihr Zeigefinger zitterte vor Erregung und in dem Moment, wo er die erste Nummer berühren sollte, ertönte ein lautes Krachen. Bumm. Sasuke war aufgestanden, hatte sich vor sie gestellt und das Telefon mit einem Handkantenschlag aus ihrem Griff geschleudert. So rasend schnell, dass Sakura nur noch den Luftzug spüren konnte. Sie hatte keine Zeit sich zu erschrecken, zusammenzuzucken oder gar aufzuschreien, als da wie aus dem Nichts seine Hand unter ihrem Kinn war und es schräg nach oben drückte. Raue Finger an ihrem Hals, ihrem Unterkiefer, das Gefühl von Schock und Unglaube. Sie schaffte es nicht ihm in die Augen zu sehen, der Druck, den er auf sie ausübte war zu stark, zwang ihren Blick an die Decke. Dann hörte sie seine Stimme, dunkel und kühl, mit seinem rauchigen Klang. „Ich werde gehen.. wenn du mich für die Zeitverschwendung entlohnt hast, nerdy.“ Sakura schloss die Augen. Hinata hatte Recht gehabt. Sie hatte ihn vollkommen unterschätzt. ** es hat zwar niemand einen Kommentar zum letzten Kapitel geschrieben, aber vielleicht interessiert es ja doch irgendwem;) Kapitel 4: Clever and yet so stupid ----------------------------------- „Was willst du?“, brachte sie zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Der feste Griff unter ihrem Kinn ließ nicht locker und sie bekam Mühe zu schlucken. Ihr Blick wurde starr an die Decke gehalten, die Möglichkeit sich zu bewegen, gab es nicht. Benzingeruch drang an ihre Nase, der penetrante Gestank nach Öl ließ eine leichte Übelkeit in ihr hochkommen. Widerlich! Ihr Reflex sagte ihr, dass sie nach ihm treten, ihn von sich stoßen sollte, doch die kühlen, rauen Finger an ihrer Haut ließen sie starr und steif werden. „Spritgeld“, sagte er wie selbstverständlich. „Für jede Stunde, die ich hier bin und meine Zeit verschwende, möchte ich 12000 Yen. Inklusive heute.“ Sakuras Mundwinkel verzogen sich zu einem gequälten Grinsen und ihre Pupillen rollten zur Seite, zu ihm nach unten. „So ist das also. War das deine Motivation überhaupt hierherzukommen? Wegen Geld?“ Sie verfluchte sich für ihre Dreistigkeit, doch solange er kein Messer an ihre Kehle hielt, würde sie es ihm alles andere als leicht machen. Wenn er Geld von ihr wollte, musste er sie davon überzeugen es ihm zu geben. „Irrelevante Frage“, entgegnete er kühl. „Wenn du nicht auf meine Forderung eingehst, werde ich nicht mehr vorbeikommen und dein Deal mit Yamanaka ist geplatzt.“ Deal? Verwirrt zog sie ihre Augenbrauen zusammen. Was für ein Deal? Redete er etwa von dem Versprechen die Genehmigung des Direktors einzuholen, wenn sie Sasuke Uchiha Nachhilfe gab? Sie biss sich auf die Unterlippe. Deal. Und wenn schon... er war doch im selben Maße an dem Deal beteiligt wie sie. „Ich kann Yamanaka-sama auch einfach mitteilen, dass du keinen Bock auf Nachhilfe hast und du deswegen nicht mehr vorbeikommst. Dann schmeißt sie dich raus.“ Sie hatte das Ass in ihrem Ärmel ausgespielt, sein offensichtlicher Schwachpunkt. Vielleicht war es gefährlich so mit ihm zu spielen, einen bösen Jungen herauszufordern. Ein Teil von ihr genoss es trotzdem. Sie wollte dem Uchiha beweisen, dass sie eben nicht das reiche Mädchen von nebenan war, dass schrie und heulte und ihm ängstlich die Scheine vor die Füße legte. Sie wollte stark sein! Wenn da nur nicht diese Übelkeit wäre, der unangenehme Druck an ihrem Hals... Sakura quiekte erschrocken auf, als sich sein Griff plötzlich verfestigte und sie einen stechenden Schmerz unter ihrem Kinn spürte. „Du redest zu viel.“ Er hatte seinen Daumen in ihre weiche Haut gedrückt. „Und du nervst.“ Schmerzerfüllt presste sie ihre Lippen aufeinander und ballte ihre Hände zu einer Faust. „Deine Forderung macht trotzdem keinen Sinn, Uchiha. Warum sollte ich dich bezahlen, wenn du derjenige bist, der bezahlen sollte. Immerhin gebe ich den Nachhilfeunterricht!“ Ihre Stimme klang brüchig, verzerrt. „Das ist keine Nachhilfe. Das ist Zeitverschwendung.“ Sakura begriff langsam, dass es sinnlos war mit ihm zu diskutieren. Egal welche Argumente sie ihm jetzt noch entgegenbrachte, er würde sie mit einer dummen Antwort außer Kraft setzen. Sie lief gegen eine Wand, die einfach nicht nachgeben wollte, doch sie wollte es genauso wenig. Nachgeben. „Ich sehe keinen Grund darin dich zu bezahlen.“, sagte sie mit schlichter Stimme. Sie kniff die Augen zusammen, spannte ihren Körper an, alles in ihr erwartete, dass er jetzt ernst machte und sie verletzte. 3, 2, 1 – nichts. Stattdessen löste er seine Hand von ihrem Hals und trat einige Schritte zurück. „Dann sehe ich auch keinen Grund mehr vorbeizukommen.“ Er sah ihr noch einmal in die verblüfften, grünen Augen, dann wandte er sich ab. „Warte!“, rief sie ihm hinterher. Sie sah seinen Rücken vor sich, wie er vor der Tür stand und kurz davor war hinauszugehen. „Du bekommst das Geld.“ Sein plötzlicher Rückzug hatte sie überrascht, mehr als sie tatsächlich wahrhaben wollte. Es hatte in ihr einen Schalter umgelegt, hatte sie etwas sagen lassen, was sie eigentlich gar nicht beabsichtigt hatte. Trotz all den schlechten Erfahrungen, den sie bereits mit ihm gemacht hatte, wollte ein Teil von ihr ihn noch nicht gehen lassen. Es war zu früh. Irgendwie war es zu früh. Sie holte einen kleinen Schlüssel heraus und öffnete die unterste Schublade des Schreibtisches. Sie wusste, dass er sie beobachtete, konnte seinen Blick in ihrem Rücken spüren. „12000 Yen, sagtest du? Hier sind 14000“. Großzügig holte sie ein paar Scheine aus ihrer Brieftasche und patschte ihm das Geld auf den Schreibtisch. „Du hättest mich auch ganz höflich nach Fahrgeld fragen können, wenn du unbedingt welches brauchst“, meinte sie mit ihrer typisch-überheblichen Stimme. „Dafür musst du mich nicht direkt bedrohen, weißt du?“ Mittlerweile hatte ihr Ton etwas ~kindliches, belehrendes angenommen, beinahe so als würde Sasuke sie nur auf diese Weise verstehen. „Warum gibt’s du mir mehr Geld als verlangt?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen nahm er sich das Geld vom Tisch und ließ seinen Zeigefinger kurz über die Scheine flattern. „Weil ich großzügig bin“, erwiderte sie prompt. „Und weil du dir mit dem Restgeld neue Schnürsenkel kaufen kannst.“ Er sagte nichts dazu, doch der flüchtige Blick, den er ihr zuwarf, hatte etwas Verstimmtes... „Bis nächsten Mittwoch“, rief sie betont fröhlich, platzierte ihre Handflächen auf seinen Rücken und schob ihn kurzerhand aus ihrem Zimmer. Er ließ es geschehen, vermutlich weil er einfach einen Moment zu perplex war. xXx Sakura konnte nicht schlafen. Es war eisig, sie fror, doch sie konnte das Fenster noch nicht schließen. Der widerliche Benzingeruch lag ihr noch immer in der Nase, zwar nur sehr dünn, doch er war da. Frustriert warf sie sich auf die andere Seite und starrte gedankenverloren in die Finsternis. Sasuke... sie sah ihn vor sich, mit seiner ausgefransten Jeans, seinen durcheinandergewirbelten, schwarzen Haaren. Warum hatte sie keine Angst vor ihm? Jedes andere Mädchen hätte den Teufel getan die Nachhilfe fortzusetzen, sie hätten ihn vermutlich ohne weiteres rausgeschmissen und das Mathebuch gleich hinterher geworfen. Die Polizei gerufen, ihn angezeigt... warum hatte sie das nicht getan? Die Genehmigung des Direktors war eine Sache, doch war sie wirklich bereit, dafür ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen? Wer wusste schon was der Uchiha beim nächsten Mal vorhatte, wie viel Geld er dann von ihr verlangen würde. War es das wirklich wert? Sakura schloss die Augen. Seit sie ein kleines Mädchen war, träumte sie davon die Welt zu bereisen. Ihr Vater hatte sie oft auf seine Schulter gesetzt und ihr die Kontinente auf einer Weltkarte gezeigt. Ihre grünen Augen sind ganz groß geworden und man hatte ein Glitzern in ihnen erkennen können.“Was ist das? Was ist das?“, hatte sie gefragt und mit ihren kleinen Stummelfingern auf die verschiedenen Länder gedeutet. „Das ist England“. Die weise Stimme ihres Vaters spielte sich in ihrem Kopf ab. „Es ist sehr schön, nur es regnet den ganzen Tag und neblig ist es auch. Aber ich wette, du magst die Doppeldeckerbusse.“ Sakuras Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Der Regen, der Nebel, die Busse... das stolze Gesicht ihres Vaters, wenn sie ihm Fotos von dem Buckingham Palace zeigte... das alles war es wert, sich auf den Uchiha einzulassen. Tief in ihrem Inneren spürte sie jedoch, dass nicht nur die Auslandsreise der Grund war, warum sie ihn wiedersehen wollte. „Die Klammer fehlt“ „3,5“ Er hatte sie herausgefordert, sie bloßgestellt und das, obwohl er Klassenletzter war und dementsprechend nicht in der Position so etwas überhaupt von sich zu geben. Die Tatsache, dass er auch noch Recht gehabt hatte, kratzte an ihrer Ehre, hinterließ Narben, die so schnell nicht mehr verschwinden würden. Das Verlangen ihn fertigzumachen, ihn dort zu treffen wo es richtig wehtat, wuchs mit jeder Sekunde, in der sie über ihn nachdachte. Es brannte ihr in den Fingern ihn „leiden“ zu sehen, ihm für einen kurzen Augenblick die Coolness aus dem Gesicht zu wischen. Bisher hatte er sich nie etwas anmerken lassen, wenn sie abfällig über ihn gesprochen hatte, schien sie jedes Mal ignoriert zu haben. Es war genau diese Gleichgültigkeit, die sie nicht ertragen konnte. Sie so sadistisch denken ließ. . . . Ihr Handy piepte. Seufzend tastete sie auf dem Nachttischschränkchen nach dem schmalen Gerät und holte es sich vor die Augen. Mit zusammengekniffenen Lidern erkannte sie die Meldung „1 neue Nachricht.“ "Kannst du auch nicht schlafen?" ~Hinata Sakura ignorierte ihre Freundin und machte sich stattdessen auf die Suche nach einem anderen Kontakt. „Asozial“, stand ganz unten in der Liste ihres Adressbuchs, der Nickname für Sasuke Uchiha. Sie grinste böse, als sie in sein Nachrichtenfeld klickte und ihren Finger auf die erste Taste setzte. "Du stinkst. Geh duschen." In Liebe... ~ Sakura Sie kicherte leise, drückte den „Senden“ Button und warf sich mit dem Hinterkopf auf ihr Kissen. Es war kindisch, es war dämlich, aber verdammt... es machte Spaß! Außerdem konnte sie nicht schlafen, weil es immer noch nach ihm roch und das konnte sie ihn ruhig wissen lassen. Sie grinste noch einmal zufrieden, ehe sie sich auf die Seite rollte und die Augen zumachte. XxX „Sakura, kann ich dich nach der Stunde einmal kurz sprechen?“ Verdattert hob Sakura den Kopf von ihren Büchern und blickte zu ihrer Lehrerin auf. Yamanaka-sama saß mit streng zurückgekämmten Haaren auf ihrem Pult und schaute sie durch ihre Brille hindurch an. „Natürlich Yamanaka-sama“, erwiderte sie höflich. Dann widmete sie sich wieder ihren Funktionen. Geistesabwesend nagte sie auf ihrem Bleistift herum, versuchte einen Weg zu finden die Aufgabe zu lösen. Als sie nicht weiter wusste, zog sie ihren Taschenrechner zur Rate und tippte ein paar Zahlen ein. Um sie herum herrschte Stille, die Schüler brüteten über die Rechnungen und zeichneten den Verlauf des Graphen in ein Koordinatensystem. Die Ruhe wurde jäh gestört, als ein lautes „Klack“ ertönte und die Tür geöffnet wurde. Sasuke Uchiha betrat den Raum. Mit hochgegelter Sturmfrisur und abgewetzter Jeanshose spazierte er an der Lehrerin vorbei und steuerte seinen Platz an. „Sasuke, du bist zu spät.“, tadelte ihn Ino mit strengem Tonfall. „Aber ich bin froh, dass du überhaupt noch gekommen bist. Setz dich hin. Ich komme gleich und prüfe, ob du die Hausaufgaben gemacht hast.“ Während sich alle Köpfe nach hinten gedreht hatten, schaute Sakura nach wie vor auf ihre Aufgaben und ignorierte den Uchiha. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Ino ihren Notizblock vom Pult nahm und sich, an ihr vorbei, auf die hinterste Reihe zubewegte. „Sasuke, wo ist dein Matheheft, du hast ja noch gar keine Unterlagen herausgeholt! Was ist das für ein Verhalten?“ „Und wie sieht eigentlich dein Tisch aus? Da sind ja überall Kratzer und Schmierereien drauf. Weißt du eigentlich wie viel uns so ein Tisch kostet?“ Ihre Lehrerin hatte wohl schlechte Laune. Das war an für sich nichts Neues, jedoch störte es Sakura, da sie sich unter dieser Lautstärke schlecht auf ihre Aufgaben konzentrieren konnte. „Jetzt schau mich nicht so an. Du weißt ziemlich genau, dass ich Recht habe. Dein Verhaltensmuster stimmt nicht mit der Erwartungshaltung unserer Schule überein. Mal davon abgesehen...“ Sie machte eine Kunstpause. „... auch wenn unsere Schule den individuellen Kleidungsstil unserer Schüler toleriert, heißt das nicht, dass du herumlaufen kannst wie ein...“ Sie stockte. Sakura ahnte, was sie hatte sagen wollen. „Hey, Sakura. Schau mal nach hinten. Das ist irgendwie voll spannend. Auch wenn er mir ein bisschen leid tut.“, flüsterte ihr Hinata zu. Die Rosahaarige konnte bei „leid tun“ nur mit dem Kopf schütteln und hielt ihn stur auf ihr Matheheft gesenkt. „Lass mich Hinata, ich muss mich konzentrieren jetzt.“ Doch Hinata schien nicht locker lassen zu wollen und prasselte weiter auf Sakura ein. „Wie ist das eigentlich mit dir und Sasuke. Gibst du ihm jetzt Nachhilfe oder nicht?“ „Keine Ahnung“, erwiderte Sakura genervt. „Ich hoffe mal nicht. Denn man sagt wirklich schlechte Dinge über ihn. Es wäre unklug sich mit ihm auseinanderzusetzen.“ „Hm...“, murmelte sie desinteressiert. . . . Riiiiiiing Es schellte. Endlich. Hektisches Blättergeraschel und Stühlerücken ertönte, die Schüler beeilten sich in die Mittagspause zu kommen. Sakura hatte gerade ihr letztes Ergebnis unterstrichen, als sie den Bleistift zurück in ihr Mäppchen legte und ihr Mathebuch zuklappte. Wie schon so oft war sie die letzte, die im Klassenzimmer übrig blieb. Hinata war schon vorgelaufen, da sie sich und Sakura einen Sitzplatz am Fenster reservieren wollte. Der Gedanke an dampfendes Essen ließ sie schneller werden und... fahriger. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie ihre Sachen zusammengepackt und sich die Tasche über die Schultern geworfen. „Ah, lieb von dir, dass du gewartet hast, Sakura.“ Yamanaka-san. Innerlich seufzte sie auf. „Keine Ursache, habe ich gerne gemacht.“ Das war eine glatte Lüge, denn sie wollte jetzt nichts sehnlicher, als in die Pause gehen, um ihren knurrenden Magen zu füllen. Auf ein Gespräch... hatte sie zurzeit gar keine Lust. Dennoch riss sie sich zusammen, lächelte der blonden Frau entgegen und stellte sich vor ihr Pult. Ino saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf ihrem Stuhl und putzte die verschmierten Gläser ihrer Brille. „Es tut mir wirklich leid, dass du einen Teil deiner Pause verschwenden musst aber... ich konnte das Thema schlecht vor allen Schülern ansprechen.“ Sie holte tief Luft und sah Sakura mit ihren azurblauen Augen an. „Die Nachhilfestunden mit Sasuke... laufen sie gut?“ „Nun ja...“ Sakura schien für einen kurzen Moment außer Fassung. „Wir hatten bisher erst einmal zusammen Unterricht, daher kann ich noch nicht so viel dazu sagen aber... er tut sich schon sehr schwer.“ „Hm, das schien wohl nicht anders zu erwarten.“, stimmte Ino seufzend zu. „Wo hat er denn die meisten Probleme?“ „Ähm..“ Sakura tat so, als müsste sie überlegen. „Irgendwie scheint ihm alles ein wenig Schwierigkeiten zu bereiten. Er weiß noch nicht mal, wie man den Taschenrechner richtig bedient!“ „Was?“ Inos Auge weiteten sich leicht. „Wie soll ich das verstehen?“ „Nun ja. Er weiß zum Beispiel nicht, wie man eine Funktion in den Taschenrechner eingibt und vergisst dauernd die Klammern, um seine Rechnungen zu machen. Wenn ich ihn auf seine Fehler hinweisen will, blockt er ab und spielt stattdessen mit seinem Handy rum.“ Sakura rollte mit den Augen und hielt sich die Hand an die Schläfe. „Er wirkt sehr unkonzentriert, aber ich denke nicht, dass es hoffnungslos mit ihm ist. Da gibt es noch schlimmere Fälle.“ „Schlimmere Fälle gibt es immer“, entgegnete Ino nachdenklich. „Ich bin dir jedenfalls sehr dankbar, dass du dir die Zeit nimmst und ihm helfen willst. Es gibt wenig Schülerinnen, die so hilfsbereit sind wie du.“ „Immer wieder gerne, Yamanaka-sama“, sagte Sakura demutsvoll und verbeugte sich. „Weißt du, mir liegt Sasukes Zukunft sehr am Herzen und ich wünsche mir wirklich, dass er bald Fortschritte macht. Nicht nur was Noten anbelangt, auch in anderen Hinsichten.“ Sakura runzelte die Stirn. Wovon redete sie da? „Er schwänzt oft die Schule und ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis der Direktor ihn zwangsweise der Schule verweisen muss. Meistens verschwindet er zwischen den Pausen und kommt irgendwann zur letzten Stunde wieder. Dann dieses ständige Gerauche... es herrscht Rauchverbot an unserer Schule, aber Sasuke hält sich kein bisschen dran. Der Hausmeister ist sich schon dauernd am beschweren, weil er immer mehr weggeworfene Zigarettenstummel auf dem Dach findet.“ Sakura blinzelte verwundert. „Das verstehe ich Yamanaka-sama, aber was habe ich damit zu tun?“ „Na ja, das ist mir jetzt ein wenig unangenehm zu fragen aber... könntest du nicht ab und zu ein Auge auf ihn werfen und ihn ein bisschen zurechtweisen? Er hat ja keine Freunde hier, die das tun könnten und die Lehrer sind so schon überfordert mit der Aufsicht.“ Mit hoffnungsvollen, tiefblauen Augen sah sie zu Sakura hinüber. „Puh“, Diese schien mit sich zu hadern. „Da verlangen Sie aber ganz schön viel von mir, Yamanaka-sama.“ „Ich weiß, meine Liebe. Aber du bist die Einzige, die ich um so einen Gefallen bitten kann. Wer wäre denn sonst so hilfsbereit außer dir? Der Direktor wird da sicher nicht anderer Meinung sein...“ „Der Direktor?“ Sakura wurde hellhörig. „Ja, er hält bereits große Stücke von dir und ist immer ganz begeistert, wenn ich von dir erzähle. Er wird sich mit Sicherheit genauso freuen wie ich, wenn du Sasuke unter deine Fittiche nehmen würdest.“ Verschmitzt zwinkerte sie ihr zu, Sakuras Wangen verfärbten sich. „Wenn das so ist...“ Ino lächelte. „Danke, Sakura.“ ...spielte sie eben seinen Babysitter. XxX Mit einem missgelaunten Gesichtsausdruck stampfte Sakura die Treppen zum Dach hoch. Eigentlich hatte sie keinen großen Grund so mies gelaunt zu sein, denn die Mittagspause war noch nicht vorbei und sie hatte einige Happen essen können. Doch der Gedanke zukünftig auf Sasuke Uchiha aufpassen zu müssen, hatte ihr jeglichen Appetit verdorben. Mit einem genuschelten „Muss mal auf's Klo“ hatte sie sich von Hinata verabschiedet und war aus der Mensa verschwunden. Sie hatte Sasuke nirgends beim Essen entdecken können, daher vermutete sie, dass er oben auf dem Dach am Rauchen war. Entnervt blickte sie auf die Schüssel Reis in ihren Händen, die sie sich noch schnell von der Theke stibitzt hatte und sich damit nun auf dem Weg zu dem Uchiha machte. Als sie die letzten Treppenstufen überwunden hatte, öffnete sie die Eisentür und trat hinaus ins Freie. Es herrschte ein frischer Wind, die Luft war angenehm kühl und Sakura genoss für einen Moment das prickelnde Gefühl auf ihren Wangen. Sie war noch nie hier gewesen, auf dem Dach, es hatte sich für sie bisher einfach nie ergeben. Neugierig ließ sie ihren Blick über das verrostete Geländer schweifen und entdeckte Sasuke, ziemlich weit hinten, mit einer qualmenden Zigarette im Mund. Seine Arme hatte er über die Eisenstangen gelehnt und sein Blick war gedankenlos in die Ferne gerichtet. Irgendwie sah er traurig aus. „Hey, Sasuke!“, rief sie lauthals und winkte zu ihm herüber. Er drehte sich nicht um. Er ignorierte sie. Typisch. Mit der Schüssel Reis in der Hand lief sie quer über die flachen Steinplatten und machte erst Halt, als sie ihn erreicht hatte. „Hey Sasuke, du warst nicht beim Mittagessen, da dachte ich mir, dass ich dir etwas mitbringe.“ Erwartungsvoll hielt sie ihm die volle Schüssel hin und wartete auf seine Reaktion. Er drehte sich einmal zu ihr um, sah ihr in die Augen, dann auf die Schüssel, ehe er sich wieder von ihr abwandte. Sakura lächelte gequält. „Dann eben nicht. Wer nicht will, der hat schon.“ Achselzuckend stellte sie das Essen auf den Boden und verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum stehst du hier eigentlich immer alleine rum? Ist das nicht langweilig auf Dauer?“ Schweigend blies er den Rauch vor sich hin und schenkte dem Mädchen neben ihm keinerlei Beachtung. „Wo sind deine Freunde? Kommen sie nicht zu dir, weil du stinkst?“ Mit großen Augen beobachtete sie, wie er die Zigarette aus seinem Mund nahm, sie zu einem Stummel zusammenknüllte und sie achtlos vom Geländer warf. Was war das? War ihm gerade etwa die Lust nach Rauchen vergangen? Sakura überlegte. Wenn sie ihn weiter ausfragte und nervte, würde er eventuell ganz vom Dach verschwinden und nicht mehr so oft hier her kommen. Die Zigarettenstummel blieben aus. Der Hausmeister würde sich freuen. Keine schlechte Vorstellung. „Stimmt es eigentlich, was sie alle sagen? Bist du wirklich so kriminell?“ Sie hielt die Luft an, als er sich schlagartig zu ihr umdrehte und ihr einen Blick gab, den er ihr nie zuvor gegeben hatte. „Und du, bist du wirklich so dumm, nerdy?“ Sie stolperte nach hinten, als er mit einem schnellen Kick die Reisschüssel umwarf und ohne weiteren Wortes an ihr vorbei ging. Hinter ihr fiel die Eisentür zu – und Sakura spürte, dass sie etwas Falsches gesagt hatte. XxX Eine Woche später, Mittwoch Sie hatte im Gefühl, dass er heute nicht kommen würde. Und sie sollte Recht behalten... Ihr Bleistift tippte sachte auf dem bekritzelten Blatt Papier, ihren letzten Matheaufgaben. So wie den Mittwoch davor hatte sie bereits alle Unterlagen zusammengesucht und vor sich ausgebreitet. Die Uhr sagte halb sechs. Sie saß hier bereits seit gefühlten 4 Stunden. Eben hatte sie noch das Haus geputzt, die Pflanzen gegossen und nach der Post gesehen. Sie hasste es die Briefe hereinzuholen, da sie genau wusste, wer sie dabei beobachten würde. Ihre Nachbarn – alt und steinreich- hatten nichts Besseres zu tun, als vor ihren Fenstern zu stehen und sich die Augen auszugucken. So musste sie penibel genau darauf achten nie mit ungekämmten Haare und schlampigen Outfit vor die Tür zu gehen, da sie ansonsten - mit ziemlicher Sicherheit - das Gespräch der nächsten Wochen werden würde. Wenn sie sich heute die Fenster ihrer Nachbarn anschaute, registrierte sie die heruntergelassenen Rollläden – sie waren im Urlaub – und sie hatte Ruhe für die nächsten Tage. Gedankenverloren starrte sie auf das aufgeschlagene Mathebuch. Mittlerweile war es nach 6 und beinahe unmöglich, dass er noch kommen würde. Hatte er die Nachhilfestunde vergessen? Oder hatte er einfach keine Lust... sie seufzte tief, als sie sich im Stuhl zurücklehnte und erschöpft die Auge schloss. Eben hatte sie ihm noch eine SmS geschrieben, ihn gefragt, wo er bleibe und ob ihm etwas dazwischen gekommen ist. Die Antwort blieb selbstverständlich aus. Er wäre nicht er, würde er ihr zurückschreiben und mit ihr einen neuen Termin ausmachen. Vermutlich hockte er irgendwo vorm Fernseher oder fuhr mit seinem Schrottwagen durch die Gegend; lachte sie aus beim Gedanken, dass sie allein mit ihren Matheunterlagen in ihrem Zimmer saß und wie ein Idiot auf ihn wartete. Sakura knurrte bei der Vorstellung. Andererseits... war er vielleicht eingeschnappt und kam deswegen nicht? Seit dem Vorfall auf dem Dach war er noch seltener in der Schule aufgetaucht als ohnehin schon. Meist sah man ihn nur beim Essen, im Unterricht tauchte er fast gar nicht mehr auf. Die Lehrer sagten nichts dazu, wahrscheinlich weil sie es bereits gewohnt waren. Und Yamanaka-sama? Die war erkrankt und somit außer Stande ihren unmanierlichen Schüler zurechtzuweisen. Tatsächlich kam es Sakura so vor, dass Sasuke zurzeit nur in die Schule kam, um sie für ein kostenloses Mittagessen zu missbrauchen. Der Zeiger tickte und langsam aber sicher hatte sie keine Lust mehr tatenlos herumzusitzen. Es machte sie schläfrig, nicht mehr lange und ihr Kopf würde mitten auf ihr Mathebuch knallen. Sie musste etwas unternehmen! Aber was? Sollte sie ihn immer wieder anrufen, solange, bis er die Schnauze voll hatte und abhob? Schwachsinn, in diesem Fall würde er lediglich sein Handy ausmachen oder sie abwürgen. Es ärgerte sie, dass sie nicht nach seiner Adresse gefragt hatte. Sie wäre dann zur Abwechslung mal zu ihm gefahren und sie hätten bei ihm zu Hause lernen können. Das lächerliche Spritgeld hätte sich dann ebenfalls erledigt. Mit einem tiefen Atemzug beugte sie sich über die Schreibtischunterlage und drückte ihre Handflächen gegen die Stirn. Sie musste den Tatsachen ins Auge sehen und da war das einzige, was sie vorzuweisen hatte, seine Handynummer. Doch wie sollte sie ihn anhand einer simplen Nummer aufspüren? Sie überlegte. Es gab da etwas... flink holte sie ihr Handy aus der Tasche und ließ ihre Finger über die Tasten springen. Es gab da eine App – unausgefeilt und in der Beta Version – doch sie wusste, dass ihr Vater diese vor nicht allzu langer Zeit auf ihr Handy gespeichert hatte. Er hatte ihr erklärt, was man damit machen konnte, wie man sie zu benutzen hatte und dass sie eine absolut sinnvolle Anwendung war. Startete man die App, öffnete sich auf dem Bildschirm ein Satellitenbild, eine Art Karte, auf der ganz Japan abgebildet war. Wenn man nun eine x-beliebige Handynummer ins Fenster tippte, zoomte es in den Umkreis der Karte, in dem sich das Handy befand und schlussendlich der Besitzer. Zwar wurde der Aufenthaltsort nicht näher bestimmt, doch man hatte zumindest eine ungefähre Vorstellung davon, wo man seine Suche starten konnte. Sie hatte die App nie zuvor verwendet und Sasukes Nummer sollte jetzt zum ersten Mal werden. Schnell gab sie die verschiedenen Ziffern ein und wartete bis das System geladen hatte. Nach einigen Sekunden begann die Karte nach oben zu wandern. Gespannt nahm Sakura die Verfolgung auf und lief mit dem Zoom hinauf zum nördlichen Gebiet Tokios nach Toshima, einem mittelgroßen Stadtbezirk. Dort stoppte er. Was bedeutete, dass sich genau dort in Toshima irgendwo Sasukes Wohnort befinden musste. Oder zumindest sein Handy. Mit einem leisen Klappgeräusch schloss sie ihr Handy und legte es geistesabwesend auf den Schreibtisch. Morgen hatten sie schulfrei, sie würde ihn nicht sehen. Und wer wusste schon, ob er am Freitag wieder auftauchen würde? Und selbst wenn... dann mit ihm zu schimpfen, würde zu spät sein. Sie musste sich jetzt mit ihm auseinandersetzen, ihm jetzt sagen was er falsch gemacht hatte. Einfach eine Nachhilfestunde zu schwänzen und ihre Zeit zu verspielen, war nicht drin, das musste er lernen zu akzeptieren. Sie würde ihm schon beibringen, was es hieß sich richtig zu benehmen, einen vereinbarten Termin nicht einfach sausen zu lassen. Sich zu melden, Bescheid zu geben, das alles gehörte in einer geordneten Gesellschaft dazu. Sie lebten doch nicht bei den Affen! Oder war Sasuke tatsächlich so unzivilisiert? Kopfschüttelnd ging sie zum Kleiderschrank, zog ihren geplusterten Mantel vom Haken und schlüpfte in zwei, drei Armbewegungen hinein. Ein kleiner Ausflug in die Freiheit würde ihr definitiv nicht schaden, auch wenn dieser Ausflug ins abendliche Toshima gehen wird, einem Stadtbezirk, den sie nicht gut kannte. Doch wo immer Sasuke gerade war, sie würde ihn schon irgendwie finden und ihm die Leviten lesen! Sie dachte nicht darüber nach, dass das, was sie tat, über die Grenzen hinausging. Sie zu einem Kontrollfreak machte. Seit Ino erkrankt war, schlüpfte sie mehr denn je in die Rolle seines Babysitters. XxX Der hochgewachsene Typ mit braunen Haaren und einer Zigarette im Mund wanderte durch die verdreckten Straßen seines Viertels. An jeder Ecke lagen umgekippte Mülltonnen herum, verfaulte Äpfel und Bananen rollten auf den Bürgersteig und streunende Hunde schnüffelten an den Essensresten. Obdachlose hatten sich ihren Schlafplatz in den Gassen zurechtgelegt, die Alkoholflaschen bildeten eine Mauer um sie herum. Ab und an verirrten sich ein paar Leute aus den anderen Gebieten hierher, ergötzen sich an der Armut und dem Dreck, der hier herrschte. Sie hatten Glück, dass dieses Viertel verhältnismäßig sicher war, auch wenn polizeilicher Schutz kaum gewährleistet wurde. Weiter nördlich in Ikebukuro traute sich die Polizei überhaupt nicht mehr heran. Dort standen Drogen, Prostitution und Gewalt an der Tagesordnung. Gangs bekriegten sich mit Waffen und Messern, übernahmen das Territorium der anderen Gruppe, nur um es an einen stärkeren Gegner wieder zu verlieren. Junge Mädchen wurden zu Nutten, wenn sie einen Freier in den Gassen befriedigten und sich mit dem gewonnenen Geld ihren Lebensunterhalt verdienten. Drogendealer verkauften ihren Koks vorzugsweise an Mittelmänner, die die Drogen an reiche Bürger weiterverkauften. Wer gedachte hatte, dass nur sozial schwache Menschen den Stoff konsumierten, der hatte weit gefehlt. Unternehmer, die dem Druck, der auf ihnen lastete, nicht mehr gewachsen waren, besorgten sich Drogen genauso wie die kriminellen Unterschichten, die dem Koks schon lange verfallen waren. Im Endeffekt war es egal welches Leben man führte - wenn man am Boden war, waren alle gleich. Die Sonne verschwand langsam hinter dem Horizont, ein wunderschöner, farbenfroher Horizont, der von den trostlosen, verschmutzten Häusern des Viertels überschattet wurde. Wer hier lebte, der wusste, wie hart und hässlich das Leben wirklich sein kann, denn er erlebte es - Tag für Tag. Trotz des Gestankes, den Pennern und der Armut war er froh hier sein zu können - in dem Vorort der Kriminalität - wo man zumindest noch unbeschadet über die Straße gehen konnte. Ein lautes Poltern ertönte, als er mit dem Fuß eine herumliegende Coladose wegkickte. Er hätte jetzt gerne etwas getrunken, doch erst einmal musste er den Stoff in seiner Tasche vertickt haben. In zwei Stunden würde er sich mit seiner Kundschaft an der nächsten Ecke treffen und Drogen gegen Bares tauschen. Er konnte nur hoffen, dass der Typ süchtig genug war und den Koks einfach bezahlte, anstatt stundenlang mit ihm zu feilschen. Himmel, er war kein Geschäftsmann - zum Labern fehlte ihm die Geduld. Sein Blick senkte sich und er marschierte weiter über die gepflasterten Steine, an den Mülltonnen vorbei, hinaus aus dem Drecksloch. Mittlerweile war er an der Hauptstraße angelangt; Autos bretterten über die Piste, das laute Brummen der Motoren hallte noch lange in seinen Ohren wider. „Konbanwa, Anata wa watashi moyori no sūpāmāketto o oshiete kudasai?“* Die Menschen, die an ihm vorbeigingen, kamen aus allen möglichen Teilen Tokios, selbst einige Touristen waren darunter. Insgeheim fragte er sich schon, warum die Leute in diese Gegend kamen, wenn sie doch genau wissen müssten, dass ein paar Kilometer weiter das reinste Verbrechernest lebte. Ob es aus Neugier, Unwissenheit oder Selbstmordgedanken war, für ihn war es die reinste Dummheit. „Entschuldigen Sie, können Sie mir vielleicht helfen?“ Er blieb stehen, als er plötzlich von einem recht kleinen Mädchen angesprochen wurde. Perplex schaute er auf sie hinunter. Es war nicht nur ihre merkwürdige Haarfarbe, die ihn stutzig werden ließ, ihr exquisites Outfit stach nicht minder hervor. Mit dem schweren Mantel und der dunklen Ledertasche um ihren Schultern wirkte sie in dieser Gegend mehr als fehl am Platz. Was in der Welt wollte sie von ihm? Die Uhrzeit? „Kommt drauf an um was es geht“, sagte er schließlich mit zögerlicher Stimme. „Kennen Sie einen Sasuke Uchiha? So ein Typ mit schwarzen, wirren Haaren und dreckigen Klamotten. Sie erinnern mich ein wenig an ihn. Daher dachte ich, ich frage Sie einfach mal.“ Was zum... ? Wollte sie ihn verarschen? Konfus starrte er in ihre grünen Augen, die ihm voller Erwartung entgegenblickten. Wenn sie das wirklich ernst gemeint hatte, schien sie weniger Taktgefühl zu besitzen, als ein tanzender Elefant. Mal ehrlich... was fiel diesem Kind überhaupt ein? Mochte ja sein, dass er nicht die saubersten Klamotten trug, aber das gab ihr nicht das Recht ihn deswegen so dumm von der Seite anzuquatschen. Dennoch... ihre Aufmachung sagte ihm, dass sie Geld hatte. Es wäre dumm sie nach Hause zu schicken, bevor er sich nicht etwas davon geholt hatte. „Kann gut sein, dass ich ihn kenne. Warum?“ Er gönnte sich einen letzten Zug aus seiner abgebrannten Zigarette, ehe er sie achtlos auf die Straße warf. „Wirklich, Sie kennen ihn?“ Das Mädchen schien mehr als überrascht, doch auch erfreut, irgendwie beides zusammen. „Wunderbar, ich habe nämlich jetzt schon ziemlich viele Leute gefragt, aber niemand hatte mir weiterhelfen können. Wissen Sie zufällig, wo er sich jetzt gerade aufhalten könnte?“ Innerlich verdrehte er die Augen. Dieses reiche Girly hatte eine Art an sich, die einfach nur nervte. Keine zwei Minuten waren vergangen und er wollte sie bereits wieder loswerden. „Kann schon sein, dass ich das weiß. Was ich bekomme ich dafür?“ Die feinen, rosafarbenen Augenbrauen des Mädchens hoben sich. Dann grinste sie leicht. „Ihr seid wirklich alle gleich. Immer nur hinter Geld her, was? Aber ich will mal nicht so sein..“ Wie kam sie darauf, dass er Geld von ihr haben wollte? Er hätte ebenso etwas ganz anderes von ihr fordern können. Sex, einen Blowjob vielleicht. Wie es aussah, zeigte ihre Naivität keine Grenzen. „Hier, ich gebe dir 10000 Yen. Ich hoffe, du machst was draus!“ Seine Mundwinkel zuckten leicht, fast hätte er gelacht. Sie konnte froh sein, dass er so ein netter Typ war, ansonsten hätte er ihr für ihre Dreistigkeit eine aufs Maul gegeben. „Immer doch“, gab er schulterzuckend von sich und schnappte sich die Scheine aus ihrer Hand. Sie hatte sehr gepflegte Fingernägel, eine weiche Haut und er konnte schwören, dass sie sich mehrmals am Tag mit Cremes einrieb. „Ich kann dir zwar nicht genau sagen, wo er sich gerade befindet, aber ich weiß, dass er um diese Uhrzeit oft in einem Pub rumhängt. Das Ding heißt „Shake that“ und ist hier ganz in der Nähe.“ „Ah ha? Wo genau?“ Er zögerte. Eigentlich wollte er sie nicht in diese zwielichtige Bar schicken, doch sie hatte ihn für Informationen bezahlt und er sah keinen triftigen Grund darin es nicht zu tun. Also drehte er sich um, streckte seinen Arm aus und deutete ans Ende der Hauptstraße. „Da gehst du runter, biegst dann rechts ab und siehst dann nach ein paar Metern auf der rechten Seite eine schmale Gasse. Da gehst du rein und landest automatisch im nächsten Viertel. Die Bar ist nicht zu übersehen, wenn du die Gasse bis zum Ende verfolgst, läufst du im Prinzip direkt auf sie zu.“ Das Mädchen nickte, sie schien verstanden zu haben. „Vielen Dank auch, Fremder.“ Im nächsten Moment war sie auch schon an ihm vorbei und eilte die Straße hinunter. Bedröppelt und dennoch fasziniert starrte er ihr hinterher. Was für ein merkwürdiges Mädchen... und eigentlich gar nicht Sasukes Typ. Was in der Welt hatte sie mit ihm zu schaffen? War sie seine neue Geldquelle? Er konnte sich nämlich kaum vorstellen, dass sie seine neue Schlampe war. XxX Solche Art von Typen waren wirklich alle gleich. Immer nur Geld, Geld, Geld. Als ob es nichts anderes im Leben geben würde. Hastig lief sie um die nächste Ecke und wäre beinahe gegen einen alten Herrn gerannt. Nun ja, wenigstens waren seine Haare nicht so durcheinandergewirbelt und er hat annehmbar gerochen. Nicht so wie bei Sasuke. Kopfschüttelnd setzte sie ihren Weg durch die schmale Gasse fort und hielt sich dabei die Nase zu. Der Gestank nach Abgasen war in dieser Gegend wirklich unerträglich, dazu kamen der Dreck und der Schmutz, der auf der Straße herum lag. Bei ihnen zu Hause wären längst Leute von der Stadt gekommen, die den Müll aufgesammelt hätten. Doch hier in Toshima nahm alles seinen Lauf und niemand kümmerte sich darum etwas daran zu ändern. Sie hatte viele leer stehende Geschäfte gesehen, Gebäude, an denen der Putz herunter bröckelte und die lange abrissfertig waren. Die Menschen, denen sie begegnet war, trugen ärmliche Klamotten, überhaupt nicht vergleichbar mit dem, was sie in ihrer Gegend trugen. In der Bahn hatte oftmals einer von ihnen lautstark gehustet, Sakura hatte sich die Hand vor dem Mund gehalten, war aufgestanden und hatte die Plätze gewechselt. Wer wusste schon welche Bazillen sie da einatmen würde. Sie zuckte kurz zusammen, als eine Kanalratte an ihr vorbeizischte und durch ein Abflussrohr verschwand. Angeekelt blieb sie stehen und wischte sich schnell ein paar Mal über ihren Mantel. Nicht nur das Ratten eklige Tiere waren, sie trugen Krankheitserreger mit sich, die sie auf Menschen übertragen konnten. Sakura schüttelte es. Sobald sie zu Hause war, würde sie erst einmal ein heißes, ausgiebiges Bad nehmen... . . . Ein leuchtendes Neonschild kam in Sicht. „Shake that“ hing über einer kleinen, schmalen Bar, das große Ähnlichkeit mit einer modernen Hütte hatte. Im Gegensatz zu den anderen Gebäuden, die sie gesehen hatte, wirkte es halbwegs betretbar, auch wenn sich am platten Dach der Rost ansammelte und die Buchstaben nur noch müde aufblinkten. Die Fenster waren mit bunten Stickern beklebt und als sie näher heranging, bemerkte sie die umgekippte Regenrinne an der Dachseite. Dicke Wassertropfen perlten an dem Rohr hinab und am Boden hatte sich bereits eine kleine Pfütze angesammelt. Mit einem leisen „Bah“ ging sie auf die abgeblätterte Holztür zu und besah sich die Türklinke. Sie fackelte nicht lange, zog ihre Hand unter den Stoff ihres Mantels und öffnete so die Tür. . . . Sakura hustete. Dicke Rauchschwaden zogen sich um ihr Gesicht und ihre Augen begannen zu tränen. Der Zigarettengestank war kaum auszuhalten und sie hatte Mühe zu atmen. Dennoch trat sie weiter in die Bar vor, erblickte vor sich einen hochgewachsenen Barkeeper, der gerade die Gläser mit einem Lappen trocken rieb. Er schien sie noch nicht bemerkt zu haben und Sakura war es ganz recht. Manchmal hatte es doch seine Vorteile so winzig zu sein, da wurde sie schnell übersehen und das konnte ihr bei diesem Typen nur Recht sein. An der Wand hinter ihm befanden sich alle möglichen Weinsorten, schön nebeneinander aufgehängt und für das durstige Auge gut sichtbar. Sakura bemerkte die tiefen Kratzer und Risse der Steintheke und an den Ecken waren ganze Brocken des Steines herausgeschlagen worden. Auf manchen Hocker fehlten die Kissen, der Sitz wirkte lose und abgenutzt. Sie wollte ihren Blick lieber nicht an die Decke richten, auf Staub und Spinnweben konnte sie gut und gerne verzichten. „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“ Sakura schreckte auf, als plötzlich eine junge, männliche Stimme an ihr Ohr drang. Der Barkeeper schien sie mittlerweile registriert zu haben und schaute nun recht skeptisch auf sie hinunter. „Nein, alles ok“, sprudelte es schnell aus ihr hervor. „Ich suche nur einen Jungen. Sasuke Uchiha heißt er. Ist er zufällig hier?“ Der Barkeeper streckte seinen Arm aus und machte eine ausladende Geste nach rechts. Sakura folgte ihm, drehte ihren Kopf und trat vor lauter Überraschung einen Schritt nach hinten. Dort, an einem großen Billardtisch, standen mehrere Jugendliche und rauchten. Ein Typ mit grauen Haaren und einer schweren Kette um den Hals hatte sich über den Tisch gebeugt und setzte zum Schuss an. Neben ihm ein rothaariger Junge, der das Spiel aus emotionslosen Augen beobachtete und gegenüber von ihnen... befand sich Sasuke mit einem langen Billardstab in der Hand und einer Zigarette im Mund. Über seiner Schulter hingen die schmalen Arme eines Mädchens; sie stand hinter ihm und hatte ihren Kopf auf sein Schulterblatt gebettet. Sakura musste schlucken, als sie ihre hochhackigen Stiefel sah, die Netzstrumpfhose mit den breiten Löchern und den kurzen, schwarzen Rock um ihrer Hüfte. Ihre langen, blonden Haare hatte sie hinter ihr Ohr gestrichen, legten die vielen Steinchen frei, die sie sich in die Haut gestochen hatte. Auch an ihrer Nase befand sich ein Loch, ein kleiner, glitzernder Piercing. Lächelnd sah sie hinunter aufs Spielfeld, klammerte sich an Sasuke und wippte lässig mit einem Bein auf und ab. Die Szenerie traf Sakura mitten ins Herz. Sie fühlte sich gedemütigt, hintergangen, verarscht... während sie wie ein Idiot auf ihn gewartet hatte, sollte er die ganze Zeit hier gewesen sein und sich amüsiert haben? Mit riesengroßen Augen stand sie da, ihr Gesicht fassungslos, leichenblass, sie konnte einfach nicht wahrhaben, dass sich das, was sie sah, wirklich gerade abspielte. Er mit seinen Freunden... seiner Freundin... beim Billardspielen... sie mit ihren Matheaufgaben zu Hause... am Warten... am überlegen was passiert sein könnte... und er... machte sich noch nicht einmal die Mühe ihr Bescheid zu geben. Sakuras Ausdruck veränderte sich. Fest presste sie die Lippen aufeinander, ihre Fäuste verspannten sich und der Zug um ihren Mund wurde hart. Nein, sie würde jetzt keine Szene machen. Sie würde so mit ihm sprechen wie sie es immer tat. Arrogant, überheblich, so wie es sich bei ihm gehörte. . . . „Perfekt eingebuchtet. Pass auf oder ich hol' dich noch auf, Sasuke.“ Der Grauhaarige trat einen Schritt zurück und wischte sich mit einer fahrigen Handbewegung den Schweiß von der Stirn. „Tse... Träum weiter, Hidan“, entgegnete der Dunkelhaarige schroff. Er beugte sich tiefer übers Spielfeld und seine dunklen Augen visierten die Mitte an. Ohne lange zu überlegen, setzte er seinen Stab an, ließ ihn in einem Zug nach hinten fahren und stieß dann sachte gegen die grüne Kugel. „Geile Sache, Sasuke.“ Das Mädchen an seiner Seite gab ihm einen flüchtigen Schmatzer auf die Wange, als die Kugel zielsicher zur Seite rollte und mit einem leisen „Plong“ ins Loch fiel. „Du hast mich mal wieder“, gab Hidan mit einem Grollen von sich. „Sasori, du fauler Sack, putz meinen Stab, vielleicht habe ich dann mehr Glück.“ Der Rothaarige verdrehte kaum merklich die Augen, als Hidan ihm grob seinen Billardstab in die Hand drückte und einen Lappen gleich hinterher warf. Lustlos begann Sasori über die Spitze zu reiben und ignorierte dabei den stierenden Blick seines Freundes. „Geht das auch mal was schneller, Junge? Ich kann nicht mehr warten, verdammt!“ Nach diesen Worten wurde der Rothaarige noch langsamer als zuvor, was den Grauhaarigen schier an den Rand der Verzweiflung brachte. „S-c-h-n-e-l-l-e-r“, brachte er aus zusammengepressten Zähnen hervor, seine Fäuste ballten sich bereits. Sasori schaute nur betont konzentriert auf den Stab in seinen Händen und schenkte dem Grauhaarigen nicht einen Blick. „Du verlierst eh, ob dein Stab sauber ist oder nicht. Da kann ich mir auch ruhig Zeit lassen.“ „Schwul“, flüsterte die Blondine in Sasukes Ohr, der daraufhin kaum merklich nickte. „Was gibt’s da zu flüstern, Schlampe?“ Hidan hatte sich umgewandt und schaute dem Mädchen in die stark geschminkten Augen. Sie machte den Mund auf, doch noch ehe sie ihm antworten konnte, kam ihr eine schneidende Stimme zuvor. „Hier bist du also, Sasuke!“ Mit verschränkten Armen und einem strengen Ausdruck auf dem Gesicht trat Sakura aus den Rauchschwaden hervor und stellte sich selbstsicher vor das Billardbrett. Ihre strahlend-grünen Augen waren nur auf Sasuke gerichtet. Und er sah zurück – fassungslos, ungläubig – so als würde er sie gerade zum ersten Mal sehen. „Hast du mal auf die Uhr geguckt? Du weißt schon, dass du heute Nachhilfe hattest, oder?“ „Ich habe vier Stunden auf dich gewartet, aber du kamst und kamst nicht!“ „Denkst du ich habe Zeit zu viel? Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt, dass du nicht kommen kannst?“ „Eine SmS genügt, weißt du? Kostet nicht mehr als ein Yen. Soviel Geld müsstest selbst du aufbringen können.“ Aller Augen waren auf Sakura gerichtet, die mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Sasuke deutete und gar nicht mehr aufhörte auf ihn einzureden. „Mal davon abgesehen, weißt du ganz genau, dass du es dir nicht leisten kannst die Nachhilfe zu schwänzen. Deine Noten sind unter aller Sau und du kannst froh sein, dass ich es dir kostenlos mache.“ „Und warum lässt du dich eigentlich nicht mehr in der Schule blicken? Falls ich dir damals auf dem Dach auf den Schlips getreten haben sollte, dann tut es mir leid. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du so empfindlich bist. Sorry, aber du stinkst nun mal und..“ Sie stockte, als Sasuke die Blondine beiseite schob und mit starrer Mimik auf sie zu marschierte. Bevor sie in irgendeiner Weise reagieren konnte, hatte er sie auch schon am Arm gepackt und mit einem Ruck hinter sich her hergezogen. Er zog sie weg. Weg von seinen Freunden, weg von der Blamage... XxX Hallo, liebe Leser. Freut mich das ihr bis hierin gekommen seid. Ich würde mich über konstruktive Reviews sehr freuen, gerade dann bin ich motiviert weiterzuschreiben:) Mein besonderer Dank geht an sasusakufrek *_* Kapitel 5: Sexy thinking ------------------------ Bevor sie in irgendeiner Weise reagieren konnte, hatte er sie auch schon am Arm gepackt und mit einem Ruck hinter sich her hergezogen. Er zog sie weg. Weg von seinen Freunden, weg von der Blamage... „Lass mich los! Was soll das?“, fauchte Sakura und versuchte ihr Handgelenk aus seiner Gewalt zu ziehen. Keine Chance. Der Dunkelhaarige drückte nur noch mehr zu, verfestigte seinen Griff und ließ Sakura ziemlich genau spüren, dass sie die Schwächere war. Ein unangenehmes Ziehen lief an ihrem Arm hoch und brachte das Mädchen beinahe zu einem kleinen Aufschrei. Das er sie überhaupt so anfasste, er mit seinen schmutzigen Händen. Sie hatte es schon damals bei ihrer ersten Nachhilfestunde gehasst. Als er seinen Daumen in ihre Haut gedrückt hatte, war es noch nicht einmal der Schmerz gewesen den Sakura so mitgenommen hatte, nein, vielmehr war es dieser Ekel gewesen. Sie empfand ihn als so widerlich, dass ihr bei seinem Anblick, seiner Berührung schlecht wurde, sie den Drang verspürte, sich vor ihm übergeben zu müssen. Widerwillig stolperte sie hinter ihm her, an dem Barkeeper vorbei, durch die quietschende Tür und nach draußen. Sofort sog sie die kühle Abendluft ein und vertrieb den penetranten Gestank nach Rauch aus ihrer Nase. Sie hatte keine Zeit ausgiebig Sauerstoff zu tanken, als Sasuke sie vom Pub wegzerrte und quer über die Pflastersteine marschierte. Bei jedem Schritt begann es bedrohlich zu wackeln. Die Steine waren nicht mehr fest im Boden verankert und Sakura fürchtete, dass sie jeden Moment unter ihren Füßen wegbrechen würden. War hier denn alles kaputt? Ein harscher Luftstoß raste an ihr vorbei. Im selben Moment spürte sie auch schon die kalte Mauer an ihrem Rücken, bemerkte die beiden Hände neben ihrem Kopf, der düstere Blick der auf ihr lag. Sasuke hatte sie rasend schnell in eine Nebengasse gezogen und gegen die nächstbeste Häuserwand gedrückt. „Was tust du hier?“ Seine Stimme war sehr kühl, der harte Unterton ging selbst an Sakura nicht vorbei. „Siehst du doch“, entgegnete sie zickig. „Dich suchen!“ Angeekelt drehte sie ihren Kopf zur Seite. Es war ihr zuwider ihn von so nahe betrachten zu müssen, seine dunklen Augen an sich kleben zu sehen. „Wie konntest du mich finden?“ Ein süßlich-bitterer Geruch von Alkohol drang an ihre Nase, er schien getrunken zu haben. Sofort kam ihr das Bild eines betrunkenen Penners in den Sinn und ihr wurde abermals übel. „Pfh... wüsstest du wohl gerne, was?“ Ihre Hände berührten kurz das raue Leder seiner Jacke, als sie ihn ein wenig von sich drückte, um mehr Distanz zwischen ihnen zu schaffen. „Und rück' mir bitte nicht so auf die Pelle, so etwas gehört sich nicht!“ Aber andere Leute vor den eigenen Freunden zu blamieren schon, oder was? Sie dachte nicht daran so etwas zu denken, für sie war das, was sie tat, in Ordnung, immerhin konnte sie es sich leisten. Wortwörtlich. Er hingegen hatte kein Recht sich zu benehmen wie er wollte, sein Ansehen war gleich Null, er hatte weder Geld noch war er in irgendeiner Weise von Bedeutung. Wenn sie ehrlich war brachte seine Existenz die Welt, in der er lebte, keinen Schritt weiter, ganz im Gegenteil, er verschandelte sie nur noch. Warum wurde er überhaupt geboren? Um reichen Leuten wie sie Ärger zu bereiten? Sie schaute überrascht auf, als der Dunkelhaarige seine Hände von der Mauer löste und sich einige Schritte von ihr entfernte. „Weit genug?“, fragte er monoton. Sakura nickte langsam, wie in Trance, war verblüfft, dass er ihren Worten wirklich Folge geleistet hatte. „Gut. Dann beende diesen Satz. Du bist hier weil...“ Skeptisch zog sie die Augenbrauen hoch. Was sollte diese Kinderscheiße? Wollte er sie verarschen? „Du bist nicht zur Nachhilfe gekommen“, sagte sie ausweichend. „Da bin ich halt vorbeigekommen, damit wir es hier tun können. Bei dir zu Hause zum Beispiel. Du musst ja auch nicht immer zu mir kommen, oder?“ Gelassen steckte er die Hände in seine pechschwarze Jeanshose und kickte einen Kieselstein von der Straße. „Wir machen es bei dir. So wie abgesprochen.“ „Schön, dass du eine Absprache dann anscheinend nicht halten kannst.“, erwiderte sie verdrießlich. „Oder warum bist du nicht aufgetaucht?“ Sasuke zuckte nur mit den Achseln und warf ihr einen ziemlich gleichgültigen Blick zu. „Hast du doch gesehen. Ich war beschäftigt.“ „Beschäftigt?“, wiederholte Sakura ungläubig. „Soll das heißen Billardspielen und sich von einer Prostituierten anbaggern lassen ist eine sinnvollere Beschäftigung, als zu meiner Nachhilfestunde zu gehen?“ „...“ Kopfschüttelnd presste sie ihre Fingerspitzen gegen die Schläfen und massierte sie leicht. „Du bist so verdammt anstrengend, Sasuke. Ich bekomme Kopfschmerzen, wenn ich mit dir rede.“ Anstatt ihr zu antworten, kramte er in seiner Hosentasche und holte eine halb gefüllte Zigarettenpackung zum Vorschein. Unter den strengen Augen seiner Mitschülerin zündete er sich eine Kippe an und blies faden Rauch aus dem Mund. „Dir ist schon bewusst, dass du davon Krebs bekommen kannst, oder? Du pustest dir da Teer in den Rachen! Bestimmt sind deine Lungenflügel bereits so schwarz wie ein Schlot!“ Sakura war wieder ganz in ihrem Element, stemmte die Hände in die Hüften und machte einen gewaltigen Schritt auf ihn zu. „Wenn du deswegen irgendwann im Krankenhaus liegst, müssen wir, die Steuern zahlen, für deine Zigarettensucht auch noch aufkommen! Findest du das sozial?“ „Und wo kriegst du eigentlich das Geld her für sowas? Schaffst es nicht dir anständige Klamotten zu kaufen, aber die überteuerten Zigarettenpackungen schon?!“ Mit erhitzten Wangen beobachtete sie, wie Sasuke den glimmenden Stängel zu Boden fallen ließ und ihn unter seinem Fuß zermalmte. „Hätte ich keine geraucht, hätte ich dich eben geschlagen“, sagte er tonlos. Was?! Ihre Augen weiteten sich, der Schritt, den sie eben auf ihn zugemacht hatte, zog sich langsam zurück. Seine Worte hatten ihr allen Kampfgeist genommen, sie fühlte sich mit einem Mal vollkommen vor dem Kopf gestoßen. Ihre Mundwinkel zuckten leicht, ein verzweifeltes Aufflackern eines Lächelns. So als ob das, was er gerade von sich gegeben hatte, nur ein schlechter Scherz gewesen sein musste. Sasuke hatte sich von ihr abgewandt, sie sah jetzt nur noch seinen Rücken. Ein kühler Wind schoss durch die Gasse, zog an ihm vorbei und wirbelte seine schwarzen Haare auf. Sie konnte es nicht beschreiben, aber etwas an seiner Aura hatte sich verändert, etwas schien anders als sonst. Die Stille, die jetzt von ihm ausging, fühlte sich unangenehm an, irgendwie angespannt. Er hatte den Kopf gesenkt, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Ein Teil von ihr wollte nicht das er sich umdrehte und sie anschaute, ihr sein Gesicht offenbarte. Warum nicht? Hatte sie etwa Angst vor dem, was sie vielleicht sehen könnte? „Ich komme morgen vorbei. Zwischen 10 und 11. Stell dich drauf ein.“ Sakura hob ihre Hand, wie um ihn zurückzuhalten, erstarrte aber, als er seinen Kopf zu ihr umwandte. Seine Gesichtszüge waren glatt, ausdruckslos, doch in seiner Stimme konnte sie die Spur an Härte heraushören. „Ich will dich hier nicht mehr sehen.“ Er ging davon und ließ sie zurück. XxX Als Sasuke die Tür zum Pub öffnete und zu seinen Freunden wiederkehrte, war das erste was er sah, einen skeptischen Sasori, eine verwunderte Blondine und einen grinsenden Hidan. „Ich habe 4 Stunden auf dich gewartet“, begrüßte er den Dunkelhaarigen spöttisch. „Aber du kamst und kamst nicht!“ Hidan hatte ein Talent dafür andere Leute nachzuahmen und bei Sakuras schriller Mädchenstimme gelang ihm dies ganz besonders gut. „Junge, ich wusste gar nicht, dass du 4 Stunden zum Kommen brauchst!“, grinste er böse. Sasuke ignorierte seine zweideutige Bemerkung, ging an das Billardbrett vorbei und ließ sich auf eine zerfledderte Couch sinken. Sein Blick ging zu Boden, als er den Arm ausstreckte und stumm nach einer Flasche Bier verlangte. Die Blondine erwachte aus ihrer Starre und eilte wie ein aufgescheuchtes Huhn zum Barkeeper. „Man du siehst ja völlig fertig aus. Was habter da draußen denn gemacht? Ne schnelle Nummer in der Gasse gezogen, oder was?“ Auf Hidans Gesicht bildete sich ein großes Fragezeichen, als Sasuke plötzlich ironisch auflachte. „Glaubst du?“, fragte er mit einem herausfordernden Unterton. „So wie die aussieht und du lachst... nicht wirklich“ Das blonde Mädchen war zurückgekehrt und drückte Sasuke eine eiskalte Flasche Bier in die Hand. Ein leises Plop ertönte, als Sasuke den Korken mit seinen Zähnen abriss und auf den Boden spuckte. Er hob den Kopf und fing an zu trinken. Die Blondine lächelte zufrieden, ließ sich neben ihn auf das Sofa fallen und verbarg ihr Gesicht in seinem Nacken. „Sasuke, was soll das mit der Nachhilfe?“, meldete sich Sasoris argwöhnische Stimme. „Weißt du das nicht, man?“ Grinsend wandte sich Hidan zu seinem rothaarigen Kumpel. „Sasuke muss lernen früher zu kommen. Und die rosahaarige Göre zeigt ihm wie das geht.“ „Ahja?“, fragte Sasori stirnrunzelnd. „Jup“, erwiderte Hidan. „ Haste doch gehört, Sasori. Sie meinte sogar, dass sie es ihm kostenlos machen würde.“ Unterdrücktes Husten durchbrach Hidans Worte, Sasuke hatte sich an dem Bier verschluckt. Mitfühlend klopfte ihm das Mädchen auf den Rücken, als er sich nach vorne beugte und die Flasche schnell auf den Boden stellte. „Hör mal auf mit deiner Scheiße, Hidan! Du sieht doch, dass er das nicht hören will!“, schimpfte sie ihn an. „Ha, wieso nicht hören? Ist es ihm etwa peinlich zuzugeben, dass er Nachhilfe von einem kleinen Mädchen braucht?“ „Er wird schon seine Gründe haben“ „Ja, aber diese Gründe will ich gerne mal wissen, Blondchen.“ Hidans Stimme war schärfer geworden, bösartiger. Seine Laune hatte sich um 180 Grad gewendet. „Kommt hier so ne pinke Tante vorbei und labert meine Ohren zu. Was zur Hölle soll das?“ Die Blondine zuckte nur gleichgültig mit den Achseln. „Keinen Peil. Ist wahrscheinlich so eine nervige Kuh aus Sasukes Schule. Scheint jedenfalls nicht von hier zu kommen.“ „Ach ja die Schule. Hoffst wohl das die Bullen denken, alles sei bei dir in Ordnung, wenn du da immer mal wieder vorbeischneist, was Sasuke?“ Schweigend stützte der Dunkelhaarige seine Arme auf die Knie und starrte teilnahmslos auf seine Bierflasche. „Weiß die Kleine eigentlich, dass du frisch aus dem Gefängnis kommst? Oder hast du vergessen sie da aufzuklären?“ Hidans Stimmung kippte abermals, seine gute Laune hatte sich zurückgemeldet. „So wie die auf dich los gegangen ist, scheint sie wirklich keine Ahnung zu haben mit wem sie es zu tun hat. Aus welcher Scheinwelt kommt die?“, fragte die Blondine ungläubig. „Aus einer ziemlich reichen, wie es aussieht“, meldete sich Sasori dazwischen. „Nach den Klamotten zu urteilen und dem guten Japanisch, dass sie spricht kommt sie eventuell aus Minato.“ „Minato?“, wiederholte Hidan, ihm blieb die Spucke weg. „Da, wo die ganzen reichen Schnösel herkommen?“ „Exakt.“, Sasori nickte. „Sie ist mit 99 prozentiger Sicherheit ein Snob aus dem Bonzenviertel.“ Hidan legte die Stirn in Falten. „Und dann will sie ausgerechnet zu Sasuke? Dem Gangster hoch dreißig? Komisches Mädchen.“ „Komisch oder einfach nur naiv“, erwiderte Sasori. „Wobei ich mich schon frage, was sie mit dir zu schaffen hat, Sasuke. Und du mit ihr.“ Sasuke atmete tief ein, schloss kurz die Augen und ließ seinen Oberkörper erschöpft nach hinten sinken. „Nerdy ist meine neue Geldquelle“, sagte er schließlich. xXx Sakura seufzte wohlig auf, als sie ihren Rücken in das warme Badewasser sinken ließ. All der Schmutz, der sich in den letzten Stunden auf ihre Haut gelegt hatte, löste sich und fiel von ihr ab. Noch nie in ihrem Leben war sie so heiß darauf gewesen ein Bad zu nehmen, wie an diesem späten Abend. Kurz nachdem sie heimgekehrt war, die Tür aufgeschlossen hatte, war sie auch schon ins Badezimmer geeilt und hatte den Wasserhahn aufgedreht. Sie hatte es kaum erwarten können, bis sich die Wanne füllte, sie das heiße Nass an ihrem Körper zu Spüren bekam. Genießerisch schloss sie die Augen und streckte ihre Zehen aus. Die Heimfahrt war furchtbar gewesen. Nachdem Sasuke sie einfach so stehen gelassen hatte, war sie den Weg zurückgegangen und hätte sich in der Dunkelheit beinahe verlaufen. Zwar waren die Straßen Toshimas beleuchtet gewesen, doch Sasukes merkwürdige Aussage hatte sie so sehr verwirrt, dass sie mehr mit ihren Gedanken beschäftigt gewesen war, als mit dem Heimweg. Hätte er sie wirklich geschlagen? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Auch wenn er ihr bereits bewiesen hatte, dass er anders konnte, würde er es nicht wagen tatsächlich so weit zu gehen. Er musste wissen, was sie dann tun würde. Die Nummer der Polizei wählen, das tun, wovon er sie das letzte Mal in allerletzter Sekunde abgehalten hatte. Das letzte Mal... Nachdenklich fuhr sie mit einem Schwamm über ihre glatten Beine. Was würde dieses Mal passieren? Bei der kommenden Nachhilfestunde? Würde die Situation soweit eskalieren, dass ihm wirklich die Hand ausrutschte und sie ihm eine Anzeige vorbeischicken würde? Sie könnte es provozieren. Sie könnte es herausfordern. Denn wenn sie ehrlich war, reizte es sie schon zu testen, ob Sasuke ihr eine kleben würde oder ob seine Worte am Ende nur wieder eine seiner coolen Maschen gewesen waren. Leider konnte sie Sasuke kaum einschätzen. Seine Handlungen machten keinen Sinn, wenn er einerseits den Kürzeren zog und sich von ihr distanzierte und sie andererseits schlagen wollte. Wofür eigentlich? Dafür, dass sie in sein Gewissen redete und ihm ein wenig Manieren beibringen wollte? Und wenn es wegen der Ansprache vor seinen Freunden gewesen war... mein gott, sie sollten doch Bescheid wissen wie er wirklich drauf war, oder? Gerade sie hatten verdient die Wahrheit über ihn zu erfahren. Vielleicht wussten sie auch längst davon, trauten sich nur nicht es ihm zu sagen. Freunde waren ja öfters so. Logen einem ins Gesicht, nur um die Gefühle des Anderen nicht zu verletzen. Wie hätte es auch ausgesehen, hätte die Blondine zu Sasuke gesagt, dass er stank?! Aber was soll's, wahrscheinlich stank sie selbst - nach Puff. Der Schaum kribbelte angenehm auf ihrer Haut, als sie den Arm ausstreckte und etwas Duschgel aus der Tube drückte. Sanft massierte sie sich damit den Nacken ein. Das Gel lief ihren Hals hinunter und hinterließ ein samtig-weiches Gefühl. Sie setzte sich ein wenig auf, bis ihr Oberkörper aus dem Wasser ragte und sie sich ihre Brüste einseifen konnte. Sie hasste es sie sich anschauen zu müssen. Für ihren Geschmack waren sie viel zu groß, zu rund, zu protzig. Nicht passend für ein Mädchen aus gutem Hause. Wenn sie nur nicht so zierlich wäre... dann würden ihre großen Dinger nicht einmal extrem auffallen. Aber so... trug sie vorzugsweise weite Blusen und Pullover, um ihre Oberweite so gut es ging zu kaschieren. Der Ruf eines Strebers mit Brille, Blümchenoutfit und Büchern war ihr nunmal wichtig, sie wollte nicht, dass jeder sie für einen Pornostar halten könnte! Sie war sich sehr wohl bewusst, dass sie mit ein wenig Make-Up, engen Klamotten und Kontaktlinsen genau. so. aussehen könnte und deswegen widerstrebte es ihr auch so. Sie könnte es sich niemals vorstellen auf dem Handyvideo eines perversen Mannes die Hüllen fallen zu lassen und herumzustöhnen. Mädchen, die soetwas taten waren in ihren Augen nichts weiter als Dreck, genau wie die Prostituierten, die für ein paar Yen ihre Körper verkauften. Vorsichtig stieg Sakura aus der Wanne und trocknete sich mit einem flauschigen Handtuch die Arme ab. Als ihr Körper nicht mehr triefte, legte sie das Handtuch zu der anderen Wäsche und holte sich ein Haargummi von der Ablage. Ob Sasuke auf große Brüste stand? Mit gerunzelter Stirn stand sie vor dem glänzenden Spiegel und kämmte sich die Haare. Was für ein Typ Frau mochte er eigentlich? Prostituierte mit Piercings und hautengen Miniröcken? Pfhh... das sah dem Lederjackenschwachkopf ähnlich. Sie war erleichtert, dass er ihren Nerd Style mit ziemlicher Sicherheit unattraktiv fand, so hielten sich Männer von ihr fern, denen sie ohnehin fern bleiben wollte. Trotzdem... fand er sie gänzlich unattraktiv? Gab es nicht einen Teil an ihr, den er hübsch fand und wenn es nur ihre Brüste waren? Sie würde zu gerne wissen, ob sie einen Effekt auf ihn hatte und wie sich dieser auswirken würde. Wenn sie morgen bei der Nachhilfestunde ein enges Oberteil mit Ausschnitt trug, würde er es bemerken und darauf reagieren? Vielleicht sollte sie sich auch ein wenig schminken, nur dezent verstand sich. Immerhin wollte sie ja nicht, dass er sich noch auf sie stürzte und ihr zu nahe kam. Sakura schüttelte es bei der Vorstellung. Nein, ihr Ziel war es, ihn mit ihrem neuen Äußeren auf die Probe zu stellen, ihn zu verwirren und aufzuziehen. Dann hätte sie wenigstens mal ein bisschen Spaß und vielleicht einen Sasuke, der sie plötzlich mit ganz anderen Augen betrachtete... xXx Dankeschön für die Reviews, ich konnte sie noch nicht alle beantworten, aber ich habe mich sehr gefreut. Über konstruktive Reviews würde ich mich am allermeisten freuen;) Kapitel 6: ----------- Shut up and sleep xXx Die warme Morgensonne schien angenehm auf Sakuras Haut. Beschwingt ging sie den sauberen Bürgersteig entlang und konnte in der Ferne bereits das frisch gestrichene Haus ihrer Eltern ausmachen. Sie freute sich darauf nach Hause zu kommen, frischen Kaffee zu trinken, ihr Frühstück zu genießen. Die Vollkornbrötchen raschelten fröhlich in ihrer Tüte, sie hatte sich in der Früh beim Bäcker sehen lassen und welche gekauft. Mit ihrem Frühstück in der Hand ging sie nun an den umliegenden Vorgärten ihrer Nachbarn vorbei und warf ab und an einen flüchtigen Blick zur Seite. Die Fensterläden waren geschlossen, die Parkplätze leer. Wenn es nach ihr ginge, konnten ihre werten Nachbarn ruhig noch lange im Urlaub bleiben, so hatte sie viel Zeit sich unbeobachtet und wohl zu fühlen. Eine Viertelstunde später stand sie im Flur, die Tür hinter sich geschlossen, den Schlüssel an den Haken gehängt. Munter ging sie in die Küche, stellte die Brötchentüte auf die Theke und öffnete den Kühlschrank. Butter und Nutella wurden herausgeholt, während sie gleichzeitig die Schublade nach vorne schob und sich ein Messer schnappte. Sie war es nicht gewohnt ihr Essen selbst zu machen, normalerweise war ihre Mutter dafür zuständig. Dennoch maulte sie nicht, im Gegenteil, es machte ihr sogar Spaß die Herrin im Hause zu sein und sich selbst um ihren grummelnden Magen zu kümmern. Mit einem gefüllten Tablett in den Händen stieg sie vorsichtig die Treppen hinauf, hielt ihren Blick dabei streng auf die wackelnde Kaffeetasse gerichtet. Die wagte es noch nicht einmal hinunterzufallen, sondern hielt neben dem Brötchenteller ihre Stellung – zitternd, wie als hätte sie Angst. Das die braune Flüssigkeit dadurch leicht überschwappte, schien dem Mädchen wiederum wenig zu stören. Sie hatte die Tür zu ihrem Zimmer bereits im Vorfeld geöffnet, damit sie mit dem schweren Handicap – ihrem Tablett- leichter hineingehen konnte. Es gab nicht viele Leute, die im Voraus denken konnten, doch sie gehörte mit Sicherheit dazu. Sie war aufmerksam, ging logisch an die Sache heran, verband Schule mit Alltag. Während ihre Mutter mit sich schimpfte, wenn sie den Auflauf zu lange im Ofen gelassen hatte, stellte sich Sakura einen Wecker und wartete bis das Essen fertig war. Ihr Vater verpasste öfters Sendungen im Fernsehen, weil er die Uhrzeit oder den Sendetermin vergessen hatte. Wenn Sakura gerne etwas sehen wollte, blätterte sie in der Fernsehzeitung und speicherte Uhrzeit und den Namen des Senders in ihr Handy. Viele Menschen mochten zu faul sein, um soetwas zu planen, doch für Sakura waren sie schlichtweg nicht kreativ genug, um an soetwas überhaupt zu denken! Sachte stellte sie das Tablett auf ihren Schreibtisch und schaute auf die Uhr. Es war kurz nach 10, Zeit, dasss sie sich anzog und schminkte. Sich die Antwort auf die Frage holte, die sie sich gestern beim Baden gestellt hatte. Wenn sie morgen bei der Nachhilfestunde ein enges Oberteil mit Ausschnitt trug, würde er es bemerken und darauf reagieren? Wie auf Kommando drehte sie sich um und starrte auf ihr Bett. Auf der Decke lag schön ausgebreitet eine weiße Bluse und eine dunkelblaue Röhrenjeans. Würde sie ihn mit diesem Outfit knacken? Skeptisch nahm sie die Bluse und hielt sie weit von sich ausgestreckt. Sie war ihr zwei Nummern zu klein, weswegen sie ziemlich eng an ihrer Hüfte liegen müsste. Außerdem konnte man die ersten vier Knöpfe öffnen, der tiefe Ausschnitt war ihr also sicher. Ein wenig mulmig war ihr schon dabei zumute, immerhin war es ihr zuwider nackte Haut zu zeigen und ihre Brüste zur Schau zu stellen. Aber was machte sie sich überhaupt Gedanken... morgen in der Schule würde sie selbstverständlich wie gewohnt in ihrem prüden Blümchenkostüm antanzen und ihre Nerd-Brille aufsetzen. Für ihren heutigen Auftritt waren Kontaktlinsen angesagt... xXx Das leise Dong der Klingel holte Sakura aus dem Bad. Schnell flitzte sie die Treppe runter, fischte den Schlüssel vom Haken und schloss die Tür auf. Beim letzten Mal hatte sie sich alles andere als beeilt, doch jetzt war sie zu aufgeregt um erhabene Prinzessin zu spielen, war zu begierig darauf sein überraschtes Gesicht zu sehen. Ihre Stirn glänzte unter der Schicht aus Make Up, als sie die Klinke hinunterdrückte und die Tür in einem rasanten Zug zu sich heranzog. „Morgen Sasuke!“, trällerte sie fröhlich. Sasuke, der bis eben noch auf dem Boden gesehen hatte, schaute hoch und blickte in ihre schwarz umrandeten Augen. „Wer bist du?“ Wie bitte? Vollkommen verdattert starrte sie in sein Gesicht, in seine leicht verwirrten und misstrauischen Augen. Sie hatte erwartet, dass ihm der Mund offen stehen bleiben würde, er umkippte, weil er so viel Schönheit nicht gewohnt gewesen wäre. Stattdessen schaute er sie an, setzte einen Blick auf, der alles andere als Bewunderung oder Schwärmerei widerspiegelte. Er erkannte sie noch nicht einmal, schien sie für ein Allien zu halten, eine Spezies aus einer anderen Galaxie. Sakura ahnte nicht, dass sie mit ihren dichten Wimpern, den frisch gepuderten Wangen und ihren vollen, glitzernden Lippen zu hübsch aussah, als dass er sie hätte erkennen können. „Sakura natürlich! Sag mal, bist du blind? Das sieht man doch!“, sagte sie mit empörter Stimmte und tippte sich gegen die Stirn. Nicht gerade die feine japanische Art jemanden zu begrüßen, doch bei Sasuke durfte sie das. Ihr Mund verzerrte sich zu einer missgelaunten Fratze, als er sie von oben bis unten taxierte. Über ihre glatten, rosa Haare hinweg, dem schmalen Hals entlang, bis hinunter zu ihrer aufgeknöpften Bluse. Die starke Wölbung ihrer Brüste war nicht zu übersehen. Er schaute hin – zu lange und sie spürte wie ihre Hände schwitzig wurden, sie sich unter seinen berechnenden Augen mehr und mehr unwohl fühlte. Auch wenn sie es darauf angelegt hatte, ihn mit ihren Rundungen ärgern wollte, fiel es ihr schwer diesen einen Blick zu ertragen, den er ihr gab. Es war verrückt, doch je länger er sie betrachtete, desto nervöser wurde sie. Gedanken kamen in ihr hoch, Fragen, die sie sich nie zuvor in ihrem Leben gestellt hatte. Mochte er das was er sah? War es ihm genug? War es ihm zu viel? Gleichzeitig spürte sie den altbekannten Ekel, die leichte Übelkeit, wenn er sie berührte oder einfach nur anschaute. Die Tatsache, dass es diesmal ihre Brüste waren, die er begutachtete, ließ die Übelkeit in ihr nur noch mehr steigen und der Drang, ihm die Tür vor der Nase zuzuknallen wurde immens. Sie verstand es selbst nicht. Einerseits wollte sie, dass ihm ihre Brüste gefielen, dann wiederum ekelte sie sich davor. Es war ein Zwiespalt, der sie bewegungslos machte, bis sie nichts weiter tat, als an der Tür zu stehen und sich von ihm ansehen zu lassen. Sakura biss sich auf die Unterlippe. Und plötzlich hatte sie ihre Stimme wiedergefunden. „Kannst du mal bitte damit aufhören? Es gehört sich nicht einer Dame aufs Dekolleté zu glotzen!“, schimpfte sie, nur halb so sauer, wie sie gerne geklungen hätte. Sasuke hob seinen Blick von ihren Brüsten, ging über die Schwelle, an ihr vorbei in den Flur. Während er sie passierte, raunte er ihr etwas zu, dass ihre Wangen zum Glühen brachte. „Einer Dame?“ Der fragende Unterton in seiner Stimme war zu heftig. Er beleidigte sie, zwar indirekt, aber er tat es. Einer Dame? Wie konnte er es wagen in Frage zu stellen, dass sie eine Dame war? Sakuras Fäuste ballten sich. Sobald er oben in ihrem Zimmer war, würde sie ihm schon zeigen was sie davon hielt... xXx „Hm...“ Kraftvoll biss sie in ihr Körnerbrötchen und schmeckte den süßen Geschmack von Nutella auf ihrer Zunge. Während sie in der einen Hand ihr Frühstück hielt, holte sie mit der Anderen die Büchsenmilch vom Tablett und schüttete ein wenig in den Kaffee. Genüsslich zerkaute sie die knusprigen Brötchenstücke, ehe sie das dampfende Getränk an ihre Lippen setzte und vorsichtig davon trank. „Die Brötchen schmecken mal wieder hervorragend. Findest du nicht auch, Sasuke?“, fragte sie zuckersüß. Mit einem Engelslächeln wandte sie sich zu dem Dunkelhaarigen herum, der regungslos auf seinem Stuhl saß und den Schreibtisch anstarrte. Es bereitete ihr tierische Freude ihr Essen zu genießen, während Sasuke stumm und hungrig neben ihr saß. Sie würde ihm nichts anbieten, weder etwas zu Trinken, noch etwas zu Essen, denn das hatte er sich selbst zuzuschreiben. Außerdem konnte sie auf diese Art richtig schön ihren Frust an ihm herauslassen und sich für die letzten Tage an ihm rächen. Dafür, dass er gestern einfach nicht zur Nachhilfe gekommen war und sie ihre Zeit verschwendet hatte. Oder eben – seine Beleidigung. Allein beim Gedanken daran, verschluckte sich Sakura beinahe an ihrem Brötchen. „Ich habe lange kein eigenes Frühstück mehr gemacht. Normalerweise macht meine Mutter das ja, aber die ist zurzeit mit meinem Vater auf Geschäftsreise“, mampfte sie mit vollem Mund. „Schon ungewohnt. Eigentlich sitzen wir jeden Morgen zusammen und frühstücken gemeinsam, aber da das zurzeit nicht geht, esse ich halt auf meinem Zimmer. Stört dich doch nicht, oder?“ „...“ Sakura fragte nicht weiter nach, sondern biss noch einmal herzhaft in ihr Nutellabrötchen. Aus den Augenwinkeln sah sie Sasuke, der teilnahmslos auf den Schreibtisch schaute und sie vollkommen zu ignorieren schien. Sie – mit ihren lauten Knuspergeräuschen. „Als was arbeiten deine Eltern eigentlich? Als Bettler?“, fragte sie betont neugierig und tupfte sich mit einer Serviette einen Krümel von der Lippe. „Ich meine nur, so wie du rumläufst und die Tatsache, dass du in so einer heruntergekommenen Gegend wohnst, scheinen sie nicht besser dran zu sein als du.“ Lächelnd warf sie zwei Stücke Zucker in ihren Kaffee und wartete, bis sie sich auflösten. „Tust mir schon leid irgendwie. Deine Eltern haben dich gezeugt und dich noch nicht einmal vorher gefragt, ob du das überhaupt willst. Ich an deiner Stelle wäre lieber ungeboren geblieben, als das ich mich dann mit Müll und Dreck auseinandersetzen müsste.“ Sie blickte hoch zu ihren Büchern und sprach das aus, was sie schon die ganze Zeit über gedacht hatte. „Wenn man es mal genau betrachtet, sind deine Eltern ziemlich verantwortungslos. Sie müssen doch im Vorfeld wissen, dass ihre Kinder keine Zukunft haben werden und genauso enden werden wie sie selbst. Ich mein, schau dich an! Du bist der beste Beweis dafür, dass sie einen großen Fehler gemacht haben.“ Sie atmete tief aus und bemerkte nicht, wie der Dunkelhaarige das Matheheft zu sich herangezogen hatte und es aufschlug. „Meine Mutter hat zuerst ihr Studium abgeschlossen und sich eine Existenz aufgebaut, ehe sie meinen Vater geheiratet hatte. Und erst dann hat sie mich bekommen. Sie will mir nämlich etwas bieten und tut alles dafür, dass ich stolz auf sie sein kann. Das bin ich natürlich auch. Wer wünscht sich das schon nicht? In Reichtum zu baden und das auch noch ganz alleine. Schließlich habe ich keine Geschwister mit denen ich etwas teilen müsste. Schon cool, hm?“ Sie blinzelte verwundert, als sie plötzlich das kratzende Geräusch eines Bleistifts hörte. Ihr Blick senkte sich und was sie sah, machte sie für einen Moment sprachlos: Mit Taschenrechner und Stift bewaffnet saß Sasuke vor den Matheaufgaben gebeugt und schrieb. Und das sehr schnell. Ab und an tippte er etwas in den Taschenrechner, doch die meiste Zeit war er damit beschäftigt, ins Heft zu kritzeln und seinen Blick stur nach unten zu halten. Mit einer bösen Vorahnung nahm sie ihm das Heft vor der Nase weg und warf einen flüchtigen Blick auf seine Ergebnisse. Sie brauchte keinen Taschenrechner um festzustellen, dass sie richtig waren. Ein leiser Knall ertönte, als Sakura das Heft mit voller Wucht zuklappte. „Willst du mich eigentlich verarschen, Sasuke?“ Die gespielte Freundlichkeit in ihrer Stimme war verschwunden, sie war jetzt ernsthaft gereizt. „Warum gebe ich dir Nachhilfe und verschwende meine Zeit mit dir, wenn du das alles kannst? Warum gibst du während den Prüfungen leere Blätter ab, wenn du das alles kannst? Warum zeigst du nicht einfach, dass du das alles kannst!“ „,...“ „Bist du zu dumm dazu es zu zeigen? Oder findest du es einfach nur cool auf dumm zu machen?“ Eindringlich sah sie ihn an, ihre grünen Augen blitzten gefährlich. Er öffnete den Mund, schloss ihn dann wieder. Als er schließlich sprach, war seine Stimme so kühl wie sie sie kennengelernt hatte. „Was ist mir dir? Findest du es cool auf hübsch zu machen?“ Es war der Moment, wo Sakura aufsprang und ihren Arm zur Seite ausstreckte. Er tat es schon wieder. Sie beleidigen. Ihre Brauen hatten sich zusammengezogen, die Mundwinkel verzerrt und angespannt. Es war eine Wut, die man nicht beschreiben konnte, die man einfach sehen musste, um sie zu verstehen. Sie holte aus und gerade als es so aussah, als ob sie ihm eine kleben wollte und in seine gelassenen, kühlen Augen starrte, senkte sich ihr Arm plötzlich und ihr Blick wanderte von ihm weg. „Ganz recht. Ich finde es cool. Denn im Gegensatz zu dir bin ich hübsch.“ Ihre Stimme klang so trotzig wie die eines kleinen Kindes. Sasuke schaute sie an und sein Blick verriet, dass er genau so über sie denken könnte. . . . „Hier ist dein Benzingeld“ Achtlos warf sie ihm die Scheine auf den Schreibtisch. „Ich habe noch ein bisschen dabei getan, damit du gleich noch frühstücken gehen kannst“, sagte sie gönnerhaft. Ihr Zorn auf Sasuke war noch lange nicht verflogen, doch sie überspielte ihre Wut mit ein wenig Coolness und ihrer gewohnten Überheblichkeit. Sie dufte sich einfach nicht von ihm provozieren lassen. Immerhin war sie es doch, die das tun wollte. Während sie jedoch pausenlos auf ihn einredete und ihm die schlimmsten Dinge an den Kopf warf, war er es der schwieg und die Worte nicht einmal an sich heranzulassen schien. Sagte er etwas – und war es auch nur ein prägnanter Satz, geriet die Rosahaarige schier außer sich. Es war nicht fair. „Eigentlich macht diese ganze Nachhilfe keinen wirklichen Sinn und ich werde Yamanaka-san auch sagen, dass du uns alle nur an der Nase herumführst und in Wirklichkeit den ganzen Mathekram drauf hast. Vielleicht wird dann auch sie erkennen, dass dir einfach nicht mehr zu helfen ist, weil du es ja gerade darauf abzielst schlecht zu sein.“ Mit gleichgültiger Miene beobachtete sie, wie Sasuke die Scheine in die Hosentasche steckte und sich zum Gehen umwandte. „Ich denke einmal, höchstens zweimal noch und dann hat sich das mit der Nachhilfe auch ein für alle Mal erledigt.“ Sasuke antwortete ihr nicht. Er ging einfach. XxX 19 Uhr abends Stilvoll setzte er das schmale Champagnerglas an seine Lippen. Das kühle Getränk floss seinen Hals hinab und hinterließ einen erfrischenden Nachgeschmack. Verträumt blickte er aus der verglasten Wand hinaus auf den Horizont. Die untergehende Sonne warf ihre letzten Strahlen auf sein Gesicht und auch wenn er sie nicht spürte, genoss er es. Er hatte den ganzen Tag gearbeitet, sich mit nörgelnden Geschäftskunden auseinandersetzen müssen und diskutiert, bis ihm die Zunge brannte. Jetzt war er froh endlich mal entspannen zu können. Sein Rücken rutschte ein wenig nach unten, als er seine Arme ausstreckte und es sich auf der gepolsterten Liege so richtig gemütlich machte. Strähnen seines grauen Haares fielen ihm ins Gesicht, ehe er sie unwirsch beiseite strich. In umliegender Ferne hörte er das Wasser rauschen, seine Frau schien wohl gerade unter der Dusche zu sein. Er war bereits frisch geduscht und lag nun im Bademantel in seinem Apartment und schaute der Stadt beim Einschlafen zu. In Momenten wie diesen vermisste er das Lächeln seiner Tochter, ihre Stimme, wenn sie ihm sagte, dass sie für ihn der Allerbeste war. Und auch wenn sie ihn manchmal nervte und er selten Ruhe vor ihr hatte, liebte er sie über alles. Es wäre schön gewesen, wäre sie hier gewesen und sie hätten zusammen auf die leuchtende Stadt hinunter gesehen. Dabei hätten sie sich Geschichten erzählt, von früher, wo er sie als kleines Mädchen auf den Arm hatte und sie dabei ständig auf irgendwelche Dinge gezeigt hatte. Andere Kinder kuschelten sich an die Brust ihres Vaters, doch sie war immer in Bewegung, war immer aufmerksam und wollte immer alles ganz genau wissen. Mister Haruno seufzte. Im Prinzip so wie heute. Nur das die Dinge, die sie ihn jetzt fragte, komplizierter geworden waren... Das Piepen seines Handys holte ihn aus seinem Schlummer. Mit einem leisen Gähnen streckte er seinen Arm zur Seite und tastete blindlings nach dem Telefon. Er ärgerte sich darüber, dass ihn jemand aus dem Schlaf geholt hatte. Hatte er seinen Kunden nicht gesagt, dass er nach Feierabend keine Gespräche mehr führen würde? „Haruno“, meldete er sich düster. „Vater? Bist du's?“ „Sakura?“ Er war augenblicklich hellwach. „Warum rufst du mich an? Ist etwas passiert?“, fragte er, seine Stimme klang ungewohnt besorgt. „Nein, was soll denn passieren? Du weißt doch das du dich auf mich verlassen kannst!“ Ihr Vater seufzte. Und er hatte schon mit dem Schlimmsten gerechnet... „Warum rufst du mich dann an? Ich habe dir doch gesagt, dass du mich nur in Notfällen anrufen sollst.“ „Ich weiß, aber ich vermisse euch, dich und Mama.“ Er war für einen Moment sprachlos, von ihren Worten schier überrumpelt. „Vermisst ihr mich gar nicht?“, fragte Sakura traurig. „Du sagst ja gar nichts, Vater.“ „Doch schon, nur du hast mich gerade aufgeweckt und ich bin noch nicht ganz da“, erwiderte er ausweichend. „Oh, tut mir leid. Habe ich dich gestört?“ „Nein“, winkte er ab. „ Es geht mir nur ums Prinzip. Du hättest mir auch einfach eine SmS schreiben können, Sakura. Wie gesagt, du sollst mich nur bei Notfällen anrufen und...-“ „Vater, findest du mich hübsch?“ „Was?“ Er glaubte sich verhört zu haben. „Na, ob du mich hübsch findest!“ Vollkommen verdutzt starrte er aus dem Fenster. „Wie kommst du darauf Sakura? Hat irgendjemand das Gegenteil behauptet?“ „Na ja nicht direkt aber...“ Sie druckste herum. „Ich habe mich das schon immer mal gefragt.“ Es herrschte eine unangenehme Stille in der Leitung. Er grübelte, dachte darüber nach was er ihr am Besten sagen könnte oder besser... wie er sich schnellstmöglich aus der Affäre ziehen konnte. „Das ist so ein typisches Frauenthema, Sakura. Dazu kann ich nicht viel sagen. Sprich doch mal mit deiner Mutter oder... wie heißt das Mädel noch gleich? Hina?“ „Hinata“, verbesserte Sakura ihn genervt. „Und nein, man fragt andere Frauen nicht, ob sie einen hübsch finden. Jungen müssen einen hübsch finden, keine Frauen. Also Vater...“ Sakura schien nicht locker zu lassen. Und ihm gingen die Ideen aus, wie er sie am Besten abschütteln konnte. „Natürlich finde ich dich hübsch, Sakura“, gab er schließlich nach. „Du bist meine Tochter!“ Sakura gab ein unzufriedenes Brummen von sich. Ihr Vater zuckte leicht zusammen. Was hatte er nun wieder falsch gemacht? „Und wenn ich nicht deine Tochter wäre, würdest du mich dann auch hübsch finden?“ Verzweifelt raufte er sich durch die grauen Haare. Dieses Mädchen brachte ihn noch um den Verstand! Was war bloß in sie gefahren? Er hatte sie nie so reden gehört, geschweige denn mitbekommen, wie sie sich Gedanken um ihr Aussehen machte. Sie versteckte sich doch vielmehr hinter ihrer Brille und ihren Büchern, anstatt sich wie die anderen Mädchen die Haare aufzustylen und sich mit Make up zuzukleistern. Es passte nicht zu seiner Tochter. Denn für sie zählte Intelligenz und Ehrgeiz, das Aussehen hatte keinen Stellenwert. Umso mehr wunderte es ihn, dass sie ihn nun über so etwas banales ausfragte. Hatte sie vielleicht ein Mädchen aus ihrer Klasse geärgert? Wurde sie in der Schule auf ihr Äußeres angesprochen? Selbst wenn – es wäre ungewohnt, dass sich seine Sakura davon beeindrucken lassen würde. „Und Vater, was ist? Würdest du mich dann auch hübsch finden?“ „Ich würde dich heiraten“, gab er trocken von sich. Sakura schnaubte. „Vater, es ist mein voller Ernst. Bitte sei ehrlich zu mir.“ „Ich bin ehrlich. Ich würde dich heiraten, aber vermutlich würde ich mich nach 2 Monaten wieder scheiden lassen, weil ich erst dann merken würde, wie nervig du eigentlich bist.“ … Sakura kicherte leise. „Danke, Vater. Genau das wollte ich hören.“ Er konnte den Sarkasmus aus ihrer Stimme heraushören, doch noch ehe er etwas hätte erwidern können, hatte sie auch schon aufgelegt. Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. Sie musste doch wissen, dass er nur Spaß gemacht hatte, oder? Himmel, er hätte nie gedacht, dass sie so schnell eingeschnappt werden konnte. Vielleicht hatte er ihr nicht die zufriedenstellenste Antwort geliefert, aber was hatte sie auch schon erwartet... bei so einer komplizierten Frage. Als Mister Haruno das Handy abstellte und zurück auf den Glastisch legte, ahnte er nicht, dass er an diesem Abend die Stimme seiner Tochter das letzte Mal gehört haben sollte. xXx Ein lauer Wind fegte um die Häuser. Es war spät, die Dunkelheit war hereingebrochen. Die prächtigen Farben der Gebäude wurden von der Schwärze verschluckt, bis man nur noch die Umrisse ausmachen konnte. Ab und an hörte man das leise Klappern der Fensterläden, das Brummen vorbeifahrender Autos. Dann wieder absolute Stille. Zwei Gestalten standen eng gepresst an einer Häuserwand, fernab von den leuchtenden Straßenlaternen. „Bist du dir sicher, dass du das tun willst?“ „Ja.“ xXx Unruhig warf sie sich im Bett hin und her. Ihr Blick huschte immer wieder zu ihrem Wecker, dann wieder zurück an die Decke. Morgen war Schule und sie hatte noch nicht einmal die Augen zugemacht. Die Gedanken hielten sie wach und das seit 5 Stunden. Mittlerweile war es 2 Uhr nachts. Die Stimme ihres Vaters ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sie vermisste ihn, mehr als das sie es für möglich gehalten hatte. Wie er versucht hatte sie zu besänftigen, ihr zu vermitteln, dass er sie hübsch fand, es war zu niedlich. Sie wusste, dass es ihm schwer gefallen war mit ihr über so ein heikles Thema zu sprechen, immerhin war er nie der Typ für Komplimente gewesen. Selbst als sie jeden Tag Bestnoten mit nach Hause gebracht hatte, hatte er oftmals nur ein müdes Lächeln für sie übrig gehabt. Sie verstand ihn. Er war dauernd unterwegs, arbeitete hart für sein Geld, da wollte er abends einfach nur seine Ruhe und schlafen. Vermutlich war das der Grund, weswegen er eben auch so schlecht gelaunt gewesen war. Sie hatte ihn beim Schlafen gestört, soviel war sicher. Dennoch... konnte sie nicht ganz leugnen, dass sie enttäuscht von ihm war. Sie hätte sich schon ein paar liebe Worte gewünscht, irgendetwas Aufmunterndes, anstatt als eine Nervensäge bezeichnet zu werden. Seufzend drehte sie sich auf die andere Seite. Sie hätte sich gewünscht, dass ihr Vater gesagt hätte, dass sie hübsch war. Ehrlich und direkt. Ohne den Zusatz „du bist meine Tochter blah blah.“ Warum war ihr das plötzlich eigentlich so wichtig zu hören? Warum war es ihr plötzlich nicht egal wie sie aussah? Für sie zählte das Aussehen nicht, schon vergessen? Sie war ein Nerd, kein Topmodel. Sie brauchte nicht attraktiv zu sein. Was sie in der Hand hielt waren Bücher, keine Spiegel. Was sie im Kopf hatte waren Noten, keine Typen. Was sie... genervt verdrehte sie die Augen. Was sie war, das war sie auch. So wie Sasuke arm und asozial war, so war sie reich und vorbildlich. Wenn er sagte, dass sie hässlich sei, hatte es keine Bedeutung, denn er war zu tief unten, als das seine Meinung sie in irgendeiner Weise beeinflussen würde. Das er sie schon längst beeinflusst hatte, wollte sie nicht wahrhaben... 1 Stunde später, 3:00 Uhr Die schlanke Gestalt im Nachthemd regte sich langsam. Ein Stechen hatte sie geweckt, ihr Magen war am Rebellieren. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen so viele Nutellabrötchen zu verschlingen. Die Magenschmerzen waren jetzt die Quittung davon. Mit den Handflächen tastete sie geistesabwesend auf ihrer Matratze herum, streckte dann ihre Arme nach vorne und atmete tief ein. Es war ein wenig zu warm in ihrem Zimmer, irgendwie schwül, die Luft war abgestanden. Sie sollte aufstehen und das Fenster öffnen, ja das sollte sie wirklich. Langsam und mühevoll hob sie ihre Lider. Sie war noch ganz benommen, ihr Kopf zu schwer um ihn vom Kissen zu heben. Kraftlos blieb sie liegen und schaute nach oben. Spürte eine Präsenz über sich, etwas, dass ihre Haut zum Kribbeln brachte. Nervös strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht. Was war das? Glaubte sie nun schon an Gespenster? Beinahe hätte sie gelächelt. Sie sollte sich beruhigen und auf die Seite drehen, weiterschlafen. Nicht wahr? Ihre Lippen verzogen sich. Und langsam wurde auch das Klopfen in ihrer Brust immer lauter. Da war etwas. Da war etwas und beobachtete sie. Gebannt und doch voller Angst starrte sie an die Decke. Das Bild vor ihrem Auge war schwarz, nahm jedoch immer mehr Umrisse an. Fügte sich zu einem Gesicht zusammen, ein verdunkeltes, unbekanntes Gesicht. Ein Gesicht, dass über ihr war. Auf sie hinunterblickte. Im ersten Moment glaubte sie zu träumen, doch als sie die Erkenntnis traf, öffnete sie ihren Mund. Bereit zu Schreien. Ein Fehler. Denn noch bevor sie den ersten Ton herausbringen konnte, wurde ein Tuch auf ihre Lippen gepresst. Ihr Schrei erstickte. „Halt deinen Mund.“ Diese Stimme... so dunkel und kühl. Geschockt riss sie die Augen auseinander, ihre Pupillen weiteten sich. Sie kannte diese Stimme. Sie hatte sie erst gestern gehört. „Sasu...-“ Sein Name erstarb auf ihren Lippen, als ihr Kopf zur Seite weg knickte und ihre Augen zufielen. Der Schlag ihres Herzens verlangsamte sich, wurde ruhiger, bis sie ihn nicht mehr spüren konnte. Ihre Sinne schwanden. Körper und Geist flogen davon. Was blieb war der süßliche Geruch von Chloroform in ihrer Nase... Sie wurde entführt. Von einem Jungen, den sie jetzt erst kennenlernen würde. xXx Danke ihr Lieben für die Reviews, hat mich wirklich sehr gefreut *___* Ich schaffe es immer noch nicht sie zu beantworten, aber ich freue mich über jedes einzelnes wie sonst was ;)) ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich das nächste Kapitel hier posten soll, weil ich auf einer anderen Seite Defavos dafür bekommen hatte und ich nicht will, dass das hier auch passiert...-.- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)