Schattenfresser von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Der Schatten Auf Wegen, Plätzen, Wiesenmatten Verfolgt uns stets bei Sonnenschein, Ganz leicht erraten – unser Schatten, Verzerrt vom Kopf zum Fersenbein. Du drehst dich um, versuchst zu laufen, Der Schatten weicht um keinen Zoll. Man möchte sich die Haare raufen Und rätselt, was das Spiel denn soll. Ergeben fügt man sich, na ja, Da schluckt der Horizont den Schein. Jetzt stehst du ohne Schatten da Und fühlst sich irgendwie allein. © Ingo Baumgartner I. Prolog Ein tiefes Keuchen entwich seinen Lungenflügeln. Hunger. Ein so schrecklich überwältigendes Gefühl, das schrittweise den Verstand, jede erlernte Form von zivilisiertem Benehmen und schließlich das gesamte Selbst auszulöschen drohte. Hunger. Nichts schien zu existieren außer dem reinen Instinkt. Hunger. Sein Atem ging fliehend – er musste essen. Dringend. Essen. Bevor… Aber er konnte nicht… Hunger. Es wollte einfach nicht fort gehen. Seine Selbstbeherrschung schmolz dahin mit jeder Sekunde, bald würde nichts mehr davon übrig sein und dann… Er wollte doch nicht… Heftig atmend sah er sich um. Die Stadt lag im Dunklen, aber die gezwungen heitere Beleuchtung der verlassen daliegenden Einkaufspassage ließ einen das leicht vergessen. Waren das Damenschuhe oder mittelalterlich anmutende Folterinstrumente? Sein chaotisch den Halt verlierender Geist konnte es nicht recht unterscheiden. Er zwang sich nachzudenken, auch wenn jeder klare Gedanke fast schmerzhaft war in diesem Augenblick. Welche Optionen blieben ihm…?! Er musste… musste… essen. Der glänzende Marmorboden war so schrecklich kalt unter seinen bloßen Füßen. Draußen lag eine laue Sommernacht über der Stadt, aber hier drin herrschte die ewig gleiche Temperatur einer Klimaanlage. Die Zeit hatte einfach nicht gereicht. Sie hatte einfach nicht gereicht…. Plötzlich hörte er Stimmen. Keine, die der Wahn im einflüsterte. Wirkliche Stimmen, die langsam näher kamen. Sein Körper spannte sich, er konnte sich einfach nicht mehr regen, stand wie festgenagelt vor der glänzenden Fläche der Schaufenster. Menschen sprachen…. „Also, die Elektra war nun wirklich nicht überzeugend, viel zu schwach im hohen Stimmbereich“, monierte eine weibliche Stimme. „Du hast da völlig recht, Schatz“, erwiderte eine männliche. „Sie war wirklich recht dürftig. Dabei versprachen die Vorab-Besprechungen so viel. Aber darauf ist leider Gottes so wenig zu geben, da kann man es mal wieder sehen.“ Die Frau seufzte tief. „Das Bühnenbild hingegen fand ich durchaus gelungen, diese reduzierte Ästhetik wurde der Thematik durchaus gerecht, muss ich sagen. Aber dennoch“, erwiderte sie in einem fast quäkigem Timbre, „hätte ich mir deutlich mehr von dieser Inszenierung versprochen.“ In ihm bebte es. Sie kamen näher… Ein Ruck ging durch ihn, er wandte sich um. Stöhnend taumelte er auf die beiden um die Ecke spazierenden Passanten zu. Ein älteres Paar, wie er es aufgrund der Stimmen und des Gesprächsstoffes erwartet hatte, um die Sechzig gewiss, ordentlich, aber etwas bieder herausgeputzt für die um die Ecke liegende Oper. Sie starrten ihn verdutzt, weniger verängstigt an, als sie ihn bemerkten. „Junger Mann!“ stieß die Frau irritiert hervor. „Sie sind ja barfuß!“ Wie Funken schoss es durch sein Hirn. Entweder die oder… Ruhig… es musste sein… oder… Er schluckte tief und trat mit plötzlich festem Schritt vor. Die Welt zerbarst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)