Butterfly Mind von Sky- (Sequel zu Last Butterfly) ================================================================================ Kapitel 1: Ankunft ------------------ Laut kündigte sich der Zug am Bahnhof des kleinen Städtchens an und ein kräftiger Windzug blies Beyond Birthday durchs Haar. Es war ein heißer Sommertag auch wenn es bereits Ende Juli war und es zu dieser Zeit üblicherweise viel Regen gab. Beyond kannte das Wetter seiner Heimatstadt genau, er hatte hier als Kind zusammen mit seiner Familie gelebt, bis er zur Waise wurde und nach England ins Winchester Waisenhaus kam. Dass er nach 17 Jahren hierher zurückgekehrt war obwohl er mit dieser Stadt furchtbare Erinnerungen verband, hatte er seiner Adoptivschwester zu verdanken: Rumiko Karasuma. Sie war damals für den Tod ihrer Adoptiveltern und ihrer leiblichen Familie verantwortlich gewesen, ebenso für viele andere Menschen auch und sie hatte Dinge getan, die wirklich schlimm gewesen sind, von Betrug über Körperverletzung bis hin zu Geiselnahmen, Folterungen und Mord. Sie war ein grausamer Mensch gewesen… auf der einen Seite. Auf der anderen war sie jedoch die fürsorgliche und aufopfernde Schwester geblieben, die Beyond stets vor den gewalttätigen Vater, den gehässigen Mitschülern und auch vor ihr selbst beschützt hatte, nachdem sie ihren tief verwurzelten Hass auf Familien und Erwachsene nicht mehr kontrollieren konnte und begann völlig unschuldige Menschen anzugreifen. Sie wusste dass es nicht mehr lange dauern würde bis sie auch diejenigen verletzen oder sogar töten würde, die sie eigentlich über alles liebte und entschied sich, in Einsamkeit zu leben und von allen gehasst zu werden. Indem sie Beyond dazu brachte sie dermaßen zu hassen, dass er sogar versuchte sie zu töten, konnte sie ihn vor dem Monster in ihrem Inneren beschützen, welches sie kaum noch unter Kontrolle hatte. Doch dann hatte sie es irgendwie geschafft wieder die Rumiko zu werden, die er so vermisst hatte, die ihn stets getröstet hatte wenn er traurig war und immer für ihn da war damit er nicht einsam sein musste. Und nun war sie weg… Es war selbst nach einem Jahr immer noch ungewohnt daran zu denken dass er sie nie wieder sehen würde. Nie wieder würden sie sich ankeifen und bekämpfen und nie wieder würden sie sich in den Arm nehmen, einander all ihre Fehler verzeihen und sich vertragen. Sie hatten immer versucht sich aus dem Weg zu gehen und wenn sie sich sahen, dann gab es ein Blutbad und sie hatten versucht sich gegenseitig umzubringen. Doch letzten Endes mussten sie sich eingestehen, dass sie einander immer noch liebten und sich einfach nicht getraut hatten, auf den anderen zuzugehen aufgrund der vielen Ereignisse und nie ihre wahren Gefühle offenbart hatten aus Angst, vom anderen abgelehnt zu werden. Als Beyond erfahren hatte dass Rumiko die Missbräuche ihres pädophilen Adoptivvaters nur deswegen erduldet hatte um ihren jüngeren Bruder zu beschützen und auch aus diesem Grund die Eltern auf grausame Art und Weise getötet hatte, bekam er ein schlechtes Gewissen und fühlte sich furchtbar. All die Jahre hatte sie sich immer nur aufgeopfert um ihn beschützen zu können weil sie ihn so geliebt hatte und was hat er für sie getan? Ihr immer nur Vorwürfe gemacht, sie gehasst und ihr gesagt sie solle sterben und jetzt war sie tot… Drei Schüsse hatten sie bei der Aktion im Kiratempel getroffen und schwer verletzt. Trotzdem ist sie weitergegangen und hat den kleinen Akito aus der Gefahrenzone gerettet und war zu ihn gegangen, nur um ihm sagen zu können, wie sehr sie ihn liebt. Und im Sterben dankte sie ihm noch, dass er ihren einzigen kleinen und bescheidenen Wunsch doch noch erfüllt hatte: Dass sie nicht völlig einsam stirbt, ein unbeschriebener Stein als einziges ihr Grab ziert Ihr war es egal ob sie zu Lebzeiten Jamie jemals wieder sehen würde, der ihr als einziger damals Liebe entgegengebracht hatte oder sie doch noch ein Leben führen konnte wie sie es gewollt hatte. Sie wollte nur dass irgendjemand bei ihr war wenn sie starb und sie damit auf ihren Weg ins Nichts begleitete. Mehr hatte sie niemals gewollt und allein das war für Beyond schon traurig genug. Nach ihrer Beerdigung erfuhr er dass Rumiko den See sowie das gesamte Gelände drum herum aufgekauft hatte um es so zu bewahren wie sie es in Erinnerung hatte. Der See war für sie, Jamie und Beyond der einzige Ort gewesen, wo sie wirklich schöne Erinnerungen verbanden und nachdem es angeblich Pläne gab, den See zuzuschütten, verhinderte Rumiko dies indem sie eine ordentliche Geldsumme auf den Tisch legte um den See zu retten. Was sie jedoch nicht wusste war, dass sie auch somit verhindert hatte, dass Jamies Leiche verloren ging. Diese war nämlich in der kleinen Hütte unter dem Fußboden versteckt worden, in welcher sich Rumiko vor seinem Mörder versteckt hatte. In einer kleinen Holzkiste war sie zwei Tage eingesperrt und hatte sich in ihrer Panik fünf Fingernägel ausgerissen und wäre fast verdurstet. Sie nahm ab diesem Zeitpunkt ihre Shinigami-Fähigkeiten an, konnte mit ihrer neu gewonnenen Kraft fliehen und tötete Jamies Mörder sowie ihre Eltern. In einer Psychiatrie wurde sie lebensgefährlichen Elektrokrampftherapien ausgesetzt und konnte kaum noch zwischen Realität und Fiktion unterscheiden weswegen sie sich sicher war dass Jamie nur verschwunden sei und irgendwann zu ihr zurückkehren würde. 17 Jahre hielt sie an dieser falschen Hoffnung fest und hatte im Sterben geschworen, selbst nach ihrem Tode weiter nach ihm zu suchen, egal wie unendlich dieses Nichts auch sei in das sie gehen musste. Nachdem Beyond in seine alte Heimat zurückgekehrt war um ein neues Leben zu beginnen, wurde er von einem Notar kontaktiert der ihm sagte dass Rumiko ein Testament geschrieben habe in dem er das Vermögen der Karasuma Familie erbt sowie die Besitzurkunde für den See und die Hütte, wo Rumiko Sachen aus seiner Kindheit versteckt hatte damit er sich nicht mehr an die schlimmen Dinge erinnern muss. In der Hütte war er schließlich in den morschen Fußboden eingebrochen und hatte zufällig die Tasche gefunden, in der Jamies Gerippe lag. Dieses wurde neben Rumiko bestattet damit die beiden endlich wieder zusammen sein konnten, nachdem so viele Jahre sie voneinander getrennt hatten. Bis heute noch hatte Beyond furchtbare Alpträume in denen er Rumiko verzweifelt um Hilfe rufen hörte während sie von gesichtslosen Monstern gefangen gehalten wurde und qualvoll starb während er nicht in der Lage war ihr in irgendeiner Weise zu helfen. Und wenn er ihren blutigen Leichnam sah und wieder diese furchtbare Trauer zurückkehrte, stand sie plötzlich auf und sagte ihm dass er es bereuen würde dass er es gewagt habe sie einfach sterben zu lassen. Ihre Augen wurden daraufhin rot und mit einem Messer begann sie dann auf ihn einzustechen. Immer wenn er an diesen Traum dachte fühlte er wieder diese unendliche Trauer und die Angst dass er nun ganz alleine war… so wie damals im Winchester Waisenhaus nachdem A sich das Leben genommen hatte und alle ihn als einen Mörder abstempelten. So einsam und hilflos wie damals wollte er nie wieder sein. Das Rufen eines Kindes riss ihn aus seinen Gedanken und als er sich umdrehte sah er wie ein 7-jähriger Junge freudig auf ihn zugerannt kam, mit ausgestreckten Armen und mit einem herzlichen Strahlen im Gesicht. Es war Akito, Misas kleiner Sohn und er schien sich richtig zu freuen. „Onkel Beyond!!!“ Der Junge rannte einfach los ohne richtig hinzusehen und so kam es, dass er mit dem Fuß irgendwo hängen blieb und nach vorne fiel. Noch rechtzeitig konnte Beyond ihn auffangen und half ihm wieder hoch. „Nun mal langsam Akito, du musst schon sehen wo du hinrennst.“ Dem 7-jährigen folgten Rebirth und Misa, die ebenfalls gut gelaunt zu sein schienen. Misa war im Gegensatz zu einem Jahr kaum noch wieder zu erkennen. Ohne diese bescheuerten Zöpfe und den aufreizenden Gothic Lolita Outfits sah sie wie eine erwachsene hübsche Frau aus und nicht wie jemand, der verzweifelt versuchte mit Mitte zwanzig noch wie eine 17-jährige auszusehen. Rebirth hingegen hatte sich kaum verändert. Er trug recht unauffällige und einfache Kleidung mit der er recht unscheinbar wirkte und nur sein Haar war ein wenig länger geworden. Genauso wie vor einem Jahr hatte er noch diesen schüchternen und etwas ängstlichen Blick. Er trug zwei Koffer während Misa eine große Sporttasche zu schleppen hatte, dazu noch ihre schwarze Lederhandtasche. „Wie war denn der Flug?“ „Furchtbar“ jammerte Misa und versuchte ihre Haare aus dem Gesicht zu kriegen. „Es war brütend heiß und Akito ist schlecht geworden. Aber er hat sich schnell wieder erholt.“ „Hättest du mal nicht so viel gegessen, ich hab dich gewarnt“ meinte Rebirth und stellte kurz die Koffer ab um Beyond zu begrüßen. Herzlich wie zwei Brüder umarmten sie sich danach begrüßte er erst mal Misa. Schmollend verschränkte Akito die Arme und sah Rebirth mit seinen meeresblauen Augen an. „Aber ich hatte Hunger und der Cheeseburger war so lecker.“ „Und deshalb hast du auch gleich zwei gegessen nicht wahr?“ Beyond lachte, auch wenn ihm ganz anders zumute war aber er wollte die Stimmung nicht verderben. Er half ihnen beim Koffertragen und bestellte ein Taxi. „Wo sind denn eigentlich Matt und Mello?“ fragte Misa verwundert nachdem sie gemerkt hatte dass nur Beyond auf sie drei gewartet hatte und sich etwas irritiert umsah. Beyond räusperte sich. „Nun ja, es gab „Komplikationen“ mit dem Sicherheitspersonal. Er hat vergessen seine Knarre zuhause zu lassen und es wird noch etwas dauern um denen zu verklickern, dass er kein Terrorist ist.“ Als sie das hörten mussten Rebirth und Misa lachen, nur Akito verstand noch nicht so wirklich was so komisch war und sah die drei fragend an. „Was ist denn nun mit Onkel Mello?“ „Keine Sorge, der kommt noch. Es wird nur etwas später werden weil es ein paar Schwierigkeiten am Flughafen gab.“ Während sie den Bahnhof verließen erzählte Misa aufgeregt, was sie alles nach ihrer Flucht nach England erlebt hatten. Nach Kiras Verbleib hatte sie bis heute nicht gefragt was wohl bedeuten musste, dass sie endgültig mit ihm abgeschlossen hatte. Mit dem Taxi fuhren sie zehn Minuten bis sie Beyonds Haus erreichten. Es war groß und modern und lag in der Nähe eines großen Sees wo man sogar angeln konnte. „Da ich leider nicht genug Zimmer hab, müssen wir ein wenig zusammenrücken. Ich hoffe ihr habt nichts dagegen.“ Sie stellten Koffer und Taschen im Flur ab und Beyond kochte erst mal einen Tee während Akito aufgeregt das Haus erkundigte und im Anschluss begann mit seinen Spielzeugautos zu spielen. „Ist das Haus nicht ein wenig zu groß für dich?“ fragte Rebirth und nahm dankend seinen Tee entgegen und sah sich um. Dieses Haus war noch größer als das, welches er zusammen mit Misa und Akito bewohnte und er fragte sich, ob Beyond sich nicht ein wenig einsam hier vorkam. „Nun ja…“ murmelte Beyond und begann einen Zuckerwürfel nach den anderen in den Tee zu versenken. „Manchmal habe ich irgendwie das Gefühl dass die Geister der Vergangenheit in dieser kleinen Stadt noch weiterexistieren. Jeden Morgen wenn ich aufstehe kann ich hören wie sie spielend durchs Haus rennen und manchmal habe ich auch Leute aus der Nachbarschaft zu Besuch. Da bietet sich ein großes Haus eben an.“ „Meinst du mit Geistern etwa Rumiko und diesen Jungen, der vor Jahren von seinem Vater getötet wurde?“ Ein Nicken kam zur Antwort und Beyond begann die zuckrige Masse umzurühren, dann trank er sie. „Für mich ist es so als seien die beiden so lebendig wie nie zuvor nachdem sie sich endlich wiedergefunden haben und da ich unser Elternhaus sowie das Haus unseres Freundes abgerissen habe, wollte ich ihnen einen Platz anbieten, an dem sie zurückkehren können.“ „Meinst du nicht dass du langsam mal anfangen solltest, das alles zu verarbeiten?“ fragte Misa besorgt und sah Beyond mit den tiefblauen Augen an, die Akitos so ähnlich waren. Dieser drehte sich zu ihnen um und lächelte ihnen zu. „Aber Onkel Beyond hat doch recht. Hier leben sie weiter!“ „Wir sollten aufhören über so etwas zu sprechen“ schaltete sich Rebirth ein und gesellte sich zu Akito, der den Ernst nicht verstand, der dahinter steckte. „Sonst beginnt der Kleine hier noch an so etwas wie Geister zu glauben.“ „Aber ich habe es doch selbst gesehen!“ beteuerte der Junge und stand auf. „Tante Rumiko und Jamie haben sich in Schmetterlinge verwandelt und sind in den Himmel ge…“ „Das reicht Akito, das ist doch Unsinn…“ unterbrach Misa im strengen Ton und schüttelte den Kopf. „Die beiden kommen nicht zurück und du solltest es auch langsam verstanden haben. Beyond, ich kenne dich nicht so lange wie Rebirth und ich weiß nicht wie du das so siehst aber du solltest dir wirklich Hilfe suchen.“ Misa hatte strenge Worte gesprochen und wusste dass Beyond ein recht sensibler Mensch sein konnte aber sie machte sich Sorgen um ihn wenn er schon glaubte dass Tote hier herumlaufen würden. Das erinnerte sie stark an diesen Poltergeistfilm und auch wenn sie nicht an Geister glaubte so hielt sie es für nicht ganz ungefährlich wenn sich ihr 7-jähriger Sohn damit beschäftigte. Außerdem war es nicht gut für Beyond, wenn er in seinem Glauben auch noch bestärkt wurde. Traurig und reuevoll sah Beyond seine Mutter an und murmelte „Entschuldige Mama“, dann wandte er sich wieder seinem Spielzeugauto zu. Akito entschuldigte sich ebenfalls und nahm noch einen Schluck Tee. Irgendwie war er es nicht gewohnt so mit Kindern umzugehen. Immerhin hatte er eine schwere Kindheit gehabt und hatte elterliche Liebe kaum erfahren, jedenfalls nicht so wie Akito. Er wusste nicht wie er mit dem Jungen umgehen sollte, über was er mit ihm reden sollte und wie er sich zu verhalten hatte. Rumiko und er waren niemals Kinder in dem Sinne, sie mussten schon von Anfang an eigenständig leben und für sich selbst sorgen. Für sie gab es kein geborgenes Zuhause, keinen sicheren Zufluchtsort… Nachdem sie ihre Koffer ausgepackt, kochten Misa und Beyond das Mittagessen während Akito und Rebirth sich den See ansahen. Währenddessen kam ein Anruf von Mello, dass er und Matt am Abend endlich ankommen würden. Er klang ganz schön genervt was auch verständlich war weil er wegen seiner Waffe und seinem unheimlichen Aussehen für ein Schwerverbrecher bzw. nichtislamischen Terroristen gehalten wurde und auch eine dementsprechende Behandlung bekam. „Wie läuft es eigentlich bei euch in England?“ „Wie man’s nimmt“ antwortete Misa während sie das Gemüse klein schnitt. „Akito hat sich sehr schnell eingelebt da er ja fließend englisch spricht, nur für mich war es recht schwer aber Rebirth hilft mir sehr den Alltag zu meistern. Ich hab auch meine Filmkarriere aufgegeben und beschränke mich hauptsächlich aufs Modeln. Dann hab ich wenigstens genug Zeit für Akito. Trotzdem habe ich manchmal Zweifel ob ich als Mutter wirklich geeignet bin…“ Misa hatte ihm und Mello im Vertrauen erzählt dass sie Akitos Leihmutter mit dem Death Note getötet hatte, nachdem diese sich geweigert hatte ihn herzugeben. Sie hatte das Kind so sehr ins Herz geschlossen und selbst unter Schmerzen hat sie ihn in den Armen gehalten damit er nicht hinunterfiel und sich verletzte… so sehr hatte sie ihn geliebt und Misa plagten seitdem enorme Selbstzweifel an ihre Fähigkeiten als Mutter. Diese Leihmutter hatte Akito ihrer Ansicht nach mehr geliebt weil sie ihn selbst zur Welt gebracht hatte während Misa auf Kiras Drängen hin nur eine Leihmutter arrangiert hatte. Aufmunternd legte Beyond ihr eine Hand auf die Schulter. „Misa, alle aus der Gruppe hatten schlimme Eltern. Rumiko und ich wurden misshandelt, vernachlässigt und missbraucht während Mello von seiner prostituierenden Schwester und seinem drogenabhängigen Vater im schmutzigsten Ghetto aufwuchs. Rebirths Eltern haben ihn nur als einen Organspender zum Zweck angesehen und nicht als Sohn.“ „Und Matt?“ „Hat noch nicht einmal Mello etwas gesagt. Vielleicht… vielleicht ist er nicht bereit darüber zu sprechen weil es für ihn zu schlimm ist. Aber darum geht es auch nicht. Misa, egal was die anderen sagen und ich kenne mich nicht mit Familiensachen aus aber in meinen Augen bist du die beste Mutter die ich gesehen habe. Du sorgst dich sehr um Akito und hast für ihn den Menschen verraten den du liebst um ihn zu beschützen. Ich denke das ist es, was eine gute Mutter ausmacht: Bereit zu sein alles für ihr Kind zu tun.“ Zwar war Misa noch nicht wirklich überzeugt aber sie dankte Beyond für die aufmunternden Worte. „Reden wir besser über etwas anderes, ich möchte nicht dass Akito noch etwas merkt und sich Sorgen macht. Du weißt ja wie sensibel er ist.“ Beyond nickte und schob das klein geschnittene Gemüse mit dem Messer in die heiße Pfanne. „Da hast du wohl recht. Er ist wirklich ein ganz besonderer Junge…“ Kapitel 2: Verfolger -------------------- Als Akito und Rebirth den Hügel erklommen hatten, sahen sie schon von weitem den See. Er war riesig und sah so klar aus als hätte die Verschmutzung durch die Industrie nicht hierher gereicht. Beyond hatte schon einiges über den See erzählt und dass hier wirklich große Fische vorkamen, die allerdings harmlos waren aber es gab immer wieder Kinder, die bei dem Anblick von 2kg schweren Fischen in Panik gerieten und fluchtartig das Wasser verließen. Da viele aus der Stadt katholisch waren, gingen sie freitags zum Angeln hierher und blieben dort auch bis zum späten Nachmittag. Nachdem Rumiko gestorben war und die Besitzurkunde an Beyond ging, hatte er den See wieder für Hobby- und Profiangler freigegeben und hin und wieder angelte er mit ihnen. Wenn der Fang besonders gut verlief, wurde er beteiligt. „Sind hier auch Piranhas?“ Als Rebirth das hörte musste er lachen. „Nein, Piranhas leben in Afrika. Wie kommst du eigentlich darauf?“ „In der Schule hat Nigel erzählt dass Piranhas einen Menschen in ein paar Sekunden auffressen können.“ „Naja, ob das wirklich so schnell geht, glaube ich nicht aber du hast recht, Piranhas fressen Fleisch. Zum Glück sind wir hier in Amerika und für Piranhas ist das Wasser viel zu kalt.“ Sie gingen zu einem kleinen Steg und neugierig sah Akito ins Wasser in der Hoffnung vielleicht doch einen Piranha zu sehen aber dann wurde seine Aufmerksamkeit auf ein kleines mit Efeu bewuchertes Haus gelenkt, das irgendwie nicht zum harmonischen Landschaftsbild passen wollte. Rebirth wusste welcher Horror in der Hütte stattgefunden hatte und dass Rumiko als Kind zwei Tage bei erdrückender Hitze in einer kleinen Kiste eingesperrt war wie in einem Sarg. Was das für ein Alptraum gewesen sein musste wollte sich Rebirth nicht vorstellen, insbesondere weil hier auch noch Jamies Leichnam gefunden wurde, nachdem er 17 Jahre verschwunden blieb. Irgendetwas Unheimliches ging von dieser Hütte aus und das schien auch Akito zu spüren. „Was ist das für ein Haus?“ „Keine Ahnung, Beyond sagt dass es schon seit Ewigkeiten dort steht aber nie wirklich benutzt wurde. Er meinte dass irgendetwas Unnatürliches in dieser Hütte haust und unter anderem Angst verursacht.“ Akito wich einen Schritt zurück und schien irgendetwas zu spüren, was in ihm Unbehagen auslöste. Auch Rebirth spürte dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Er hatte schon einige Geschichten über diese Hütte gehört die auch wahr sein sollen und auch wirklich schockierend waren, aber da war etwas, das wie ein unsichtbarer schwerer Nebel über der Hütte lag. Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt. Er sah den Schatten einer Gestalt im Versteck der Bäume. Diese war recht weit entfernt doch dank seiner Augen konnte er sie sehr gut erkennen. Langsam holte er eine Pistole aus seiner Tasche und begann den Winkel abzuschätzen. Es war nicht so dass er auf jeden x-beliebigen schoss aber diese Person war auffällig. Schon seit sie aus Japan geflohen waren, hatte er bemerkt dass jemand Akito verfolgte. Bis jetzt war ihm noch niemand zu nahe gekommen und wenn, dann suchte er sofort wieder das Weite wenn jemand auftauchte. Rebirth hatte niemandem was davon erzählt aber er wusste dass dieser Typ nichts Gutes mit dem Jungen vorhatte wenn er schon so geheimnisvoll tat. Schon einmal hatte er versucht ihn nach der Schule abzufangen aber Rebirth hatte ihn verjagen können und seitdem war er besonders auf der Hut. Während Akito nach seinen Piranhas suchte, befestigte Rebirth den Schalldämpfer an, zielte und schoss schließlich. Er traf den Unbekannten nicht, das war auch nicht beabsichtigt. Er schoss lediglich in den Baum um ihn zu vertreiben und wollte klarmachen, dass er den Jungen um jeden Preis beschützen würde und gefährlich werden konnte, wenn er wollte. Tatsächlich suchte der Unbekannte sofort das Weite und verschwand schließlich. Schnell steckte Rebirth seine Waffe wieder ein damit Akito nichts mitbekam. Dieser spielte am Wasser und beugte sich recht weit nach vorne und Rebirth eilte zu ihm da er ahnte was gleich passieren würde. „Akito, sei vorsichtig sonst…“ Doch da rutschte der Junge mit der Handfläche ab, mit der er sich am Steg abstürzte und fiel kopfüber ins Wasser. Es platschte und Rebirth eilte an den Rand um zu sehen ob Akito wieder auftauchte. Zu seiner Erleichterung schoss der 7-jährige aus dem Wasser und holte tief Luft. „Akito, gib mir deine Hand! Ich ziehe dich raus.“ Der Arme war völlig durchnässt und das Wasser war nicht gerade warm auch wenn es Sommer war. „Ich sag es dir doch immer wieder: Du musst vorsichtiger sein sonst gibt das noch ein Unglück. Jetzt zieh erst mal dein T-Shirt aus.“ Rebirth half dem Jungen beim Ausziehen und gab ihm dafür seine Jacke, damit er nicht zu frieren begann oder noch einen Schnupfen bekam. Die Kapuze zog er ihm auch über und quetschte erst mal das Wasser aus dem nassen T-Shirt. „Lass uns schnell zurückgehen bevor du noch krank wirst. Es wird langsam windig.“ Hand in Hand machten sie sich auf den Weg und während Akito versuchte sich irgendwie zu trocknen, hielt Rebirth Ausschau nach dem Verfolger doch er schien sich endgültig zurückgezogen zu haben. Wenigstens eine gute Nachricht aber Rebirth blieb weiterhin in Alarmbereitschaft. Er hatte bei seinem Leben geschworen, immer für Akito da zu sein wenn er ihn brauchte und der kleine war wie ein Bruder für ihn. Als sie wieder zurück waren, erschreckte sich Misa erst wie durchnässt und schmutzig Akito war und verlangte erst einmal eine ordentliche Erklärung dafür. Bevor er etwas zu essen bekam, musste er erst unter die Dusche und Rebirth durfte sich eine Standpauke anhören, weil er nicht genug auf Akito aufgepasst hatte. Als sie dies vorwarf, schaltete sich Beyond ein und versuchte zu helfen. Die Worte, dass er besser auf den Jungen aufpassen sollte, hatten bei dem 26-jährigen einen empfindlichen Nerv getroffen und Erinnerungen an damals geweckt. Damals musste sich Rumiko diese Vorwürfe Tag für Tag anhören obwohl sie doch alles Menschenmögliche getan hatte und das hatte in ihr unsagbaren Hass auf Familien allgemein ausgelöst und Beyond wusste wie schlimm sie damals gelitten hatte. „Misa, manchmal passieren solche Sachen eben und das ist nun mal dumm gelaufen. Rebirth passt gut genug auf ihn auf, bitte mach ihm nicht solche Vorwürfe.“ Als sie seinen Blick sah, verstand sie was los war und seufzte geschlagen. „Wenigstens ist es nur bei nasser Kleidung geblieben…“ murmelte sie und setzte sich an den Tisch. Sie warteten noch bis Akito frisch angezogen zurückkam und sprachen das Tischgebet. Es war nicht so dass sie sonderlich religiös waren aber Akito und Rebirth glaubten dass es so etwas wie eine göttliche Kraft gebe (Die Shinigami mal außen vor gelassen) und ihnen beistehe. Am Mittagstisch wurde wenig geredet, hauptsächlich erzählte Akito was in der Schule passiert war und Rebirth was er erlebt hatte. Misa hörte aufmerksam zu und Beyond schien irgendwie ganz woanders mit seinen Gedanken zu sein. Draußen begann es sich zu verfinstern und es sah nach Regen aus. „Hoffentlich kommen die beiden bald bevor es noch ein Unwetter gibt. Hier kommt es häufig vor dass es stürmisch wird.“ „Ach du kennst Mello“ versuchte Misa mit optimistischem Ton um Beyond die schlechte Stimmung zu nehmen. „Der ist hart im Nehmen wenn man bedenkt was er so drauf hat. Nur mit Matt könnte es ein Problem werden.“ „Ja zum Beispiel wenn seine PSP nass wird und einen Kurzschluss kriegt.“ Rebirth und Misa mussten lachen und auch Akito stimmte mit ein. Beyond zwang sich eher dazu und versuchte nicht den Trauerkloß raushängen zu lassen, was ihm jedoch nicht gelang und so blieb die Stimmung bedrückt. Als sie dann aber zu Ende gegessen hatten und Beyond gerade aufstehen wollte, kam Akito auf ihn zu und umarmte ihn. In dem Moment, wo er diese Umarmung spürte, war ihm so als würden alle aufgestauten und verdrängten Gefühle, die wie eine tonnenschwere Last auf seinem Herzen lagen einfach von ihm genommen und er brach in Tränen aus. Es war das erste Mal seit der Beerdigung, dass er so weinte und dieses Mal ließ er seinen Gefühlen freien Lauf. Fest schloss er den Kleinen in die Arme und streichelte ihm den Kopf. „Danke Kleiner…“ „Manchmal braucht es nur eine einfache Umarmung!“ antwortete Akito und sah seinen ernannten Onkel mit seinen meeresblauen Augen und einem herzenswarmen Lächeln an. Beyond war dankbar dass jemand ihn einfach in den Arm nahm ohne immer zu sagen wie arm er dran wäre und dass alles wieder besser werden würde. Keine tröstende Umarmung sondern einfach mal eine als Beweis, dass man ihn gern hatte. Sie war weder brüderlich noch freundschaftlich sondern einfach nur reine Nächstenliebe, die er gebraucht hatte. Der Spruch dass eine freundliche Geste mehr bewirken kann als tausend Worte war schien wohl wahr zu sein aber irgendwie war die Umarmung des Jungen anders. Beyond war so als würde ein gleißendes Licht im Herzen Akitos strahlen, welches auf sein Herz überging. Was geschah hier nur? Irgendetwas war anders bei diesem Jungen. Als Akito sich von seiner Umarmung löste, lächelte er ihn verspielt an und kicherte. „Du macht ja ganz große Augen… wie ein Fisch!“ Lachend eilte der Junge zu seinen Spielzeugen und begann mit seinem Feuerwehrauto zu spielen. Verwirrt wischte sich Beyond seine Tränen aus den Augenwinkeln und sah Misas Sohn hinterher. Was war mit ihm los? Irgendwie schien er sich vollkommen erleichtert zu fühlen und auch seine schwere seelische Last, die er seit seiner Kindheit mit sich getragen hatte. Er fühlte sich zum ersten Mal richtig frei… Eine Zeit lang versuchte er eine Antwort für diese Veränderung zu finden doch dann setzte er ein Lächeln auf und lachte. Er lachte so herzlich wie schon seit langem nicht mehr und strahlte richtig. Dann wandte er sich Misa zu. „Versprich mir immer gut auf den Kleinen aufzupassen. Er ist wirklich ein ganz besonderes Kind.“ Misa verstand nicht was in Beyond gefahren war und warum er auf einmal so freudig grinste als hätte er einen 6er im Lotto gehabt wo er doch zuvor vor Trauer und Schuldgefühle zerfressen war. Vielleicht so etwas wie ein Wunder? Möglich war ja bekanntlich alles. Als es Abend wurde, saßen sie alle im Wohnzimmer und sahen sich einen kinderfreundlichen Film an. Beyond ging schließlich als der Anruf kam dass Matt und Mello gleich am Bahnhof sein würden. Rebirth hatte Popkorn gemacht und als er merkte dass die gute Misa eingeschlafen war, deckte er sie zu und sah sich den Disneyfilm weiter mit Akito an. Er war eigentlich mit seinen 14 Jahren (und das ist sein wahres Alter, nicht sein körperliches) aus dem Alter raus wo er sich Zeichentrickfilme ansah, aber manchmal liebte er es einfach mit Misa und Akito die Zeit zu verbringen und nachdem er den Film „Lilo & Stitch“ gesehen hatte, fand er Gefallen an ihn. Es erinnerte ihn irgendwie an seine eigene Geschichte und an die von Beyond und Rumiko. Sie waren wie der kleine destruktive Außerirdische, von dem man sagte er sei nur zur Zerstörung erschaffen worden bis er Zuflucht bei einem kleinen Mädchen findet, die ihn aufnimmt und ihm beibringt, auch Gutes zu tun. Außerdem gefiel ihm der Leitspruch des Mädchens sehr: „Ohana heißt Familie. Familie heißt dass alle zusammenhalten.“ Er würde alles tun um seine kleine Familie zu beschützen zu der nicht nur Misa und Akito sondern auch Beyond, Matt und Mello gehörten. Seine eigene hatte er vor Jahren verloren als er mit dem Messer seine Mutter angegriffen und getötet hatte. Er konnte nicht nach Hause und hatte eine Zeit lang keine Familie. Mit dem Wunsch seine Familie beschützen zu können, nahm er seine Shinigamikräfte an und war auch bereit mit den Folgen zu leben. Dasselbe hatte auch Rumiko getan und war bis zum Ende stark geblieben. Beyond bildete da auch keine Ausnahme. Nachdem Rumiko das erste Mal gedroht hatte ihnen beiden etwas anzutun, hatte er sein Shinigamiaugenlicht angenommen um den Kampf gegen sie aufnehmen zu können. Eine wirklich komplizierte Familie doch sie alle hatten eines gemeinsam: Ihre ursprüngliche Familie hatte sie verlassen. Akitos Vater war ein geisteskranker Massenmörder, der bereit war sein Leben sowie dass seiner Mutter aufs Spiel zu setzen nur um zur mächtigsten Person der Welt zu werden und hätte Mellos Team ihn nicht gerettet, wer weiß was aus Akito geworden wäre wenn niemand Kira hätte stoppen können. Gerade war der kleine blaue Außerirdische im Film dabei seine kleine Erdenfreundin zu retten, da sah Rebirth eine Gestalt im Garten umherschleichen und er stand auf und ließ schnell die Rollläden runter. Hier vor Akito wollte er nicht schießen und ihm noch Angst machen. Es hätte ja auch sein können dass es nicht der unbekannte Verfolger war aber fest stand dass es so nicht weitergehen konnte. Er musste Mello um Hilfe bitten und sich mit ihm besprechen. Vielleicht wusste er ja eine Lösung. Trotz der Möglichkeit, dass es auch jemand anderes sein konnte oder ein streunendes Tier, war er in Alarmbereitschaft und holte seine Tasche. Akito fragte nicht nach sondern war ganz auf den Film konzentriert. Als der Film zu Ende war, brachte Rebirth ihn ins Bett und las ihm noch eine Geschichte vor, bevor er wieder nach unten ging. Misa schnarchte leise und wälzte sich auf der Couch herum, dabei sabberte sie auf eines der Kissen und Rebirth musste schmunzeln. Misa sah irgendwie süß aus wenn sie so schlafend da lag doch wenn sie wollte, dann hatte sie es faustdick hinter den Ohren. Als sie nach England kam, besuchte sie einen Selbstverteidigungskurs und ließ sich nicht so schnell die Butter vom Brot nehmen. Auch wenn man es ihr nicht ansah so war sie richtig schlagfertig wenn sie richtig in Fahrt war. Die Haustür wurde langsam geöffnet und vor Schreck zielte Rebirth mit der Waffe dorthin. Das Geräusch hatte ihn schlagartig aus seinen Gedanken gerissen und er befürchtete zunächst es wäre der Verfolger doch dann kamen Matt, Mello und Beyond herein und waren selbst erschrocken als Rebirth mit einer geladenen und entsicherten Beretta auf sie zielte. „Rebirth, was zum Teufel soll das?“ Erleichtert ließ er die Waffe sinken, sicherte sie wieder und steckte sie ein, dann legte er einen Finger auf die Lippen und zeigte auf die schlafende Misa, die von alledem nichts mitbekam. Um sich ungestört unterhalten zu können, gingen sie ins Zimmer, welches Matt und Mello bewohnen würden und nahmen erst einmal Platz. „Entschuldigt bitte die unfreundliche Begrüßung. Ich hab mich erschrocken als ich plötzlich jemanden an der Tür hörte.“ „Aber da richtet man doch nicht gleich die Waffe auf jemanden“ entgegnete Mello kopfschüttelnd und stellte seinen Koffer in die Ecke und setzte sich auf sein Bett. „Eine Waffe trägt man nicht ohne Grund bei sich, das gilt insbesondere für dich.“ „Dem muss ich zustimmen“ murmelte Beyond nickend und nahm auf dem Stuhl Platz während Matt seine PSP beiseite legte um sich eine Zigarette zu genehmigen. „Sag schon was los ist. Wirst du von irgendjemandem bedroht oder machst du dir Sorgen um Misa und den Kleinen?“ Es hatte keinen Sinn alles schön zu reden und so begann er alles über den mysteriösen Verfolger zu erzählen. Beyond, Matt und Mello hörten aufmerksam zu und wirkten ernsthaft besorgt. „Warum hast du uns nicht vorher etwas gesagt?“ „Weil bis jetzt noch nichts passiert ist und er immer abhaut wenn ich auftauche. Aber dass er uns bis in die USA verfolgt hat, beunruhigt mich und ich dachte vorhin auch, er hätte sich draußen im Garten herumgeschlichen. Als dann auch jemand die Haustür geöffnet hatte, dachte ich dass er es sei…“ Mello nickte und holte eine Schokoladentafel aus seiner Tasche heraus, von der er ein Stück abbiss. „Wir werden die Augen offen halten und klären was der Kerl sich davon verspricht, euch zu verfolgen. Aber dazu bräuchten wir erst einmal ein paar Daten zu ihm, kannst du ihn ungefähr beschreiben?“ „Schwierig… Also, er trägt oft einen schwarzen Zylinder und einen schwarzen gestreiften Anzug. Sein Gesicht habe ich nicht erkennen können aber erwähnenswert wäre, dass er einen altmodischen Gehstock bei sich trägt. Sein Haar ist entweder hellgrau oder hellblond und er scheint nicht älter als 25 Jahre alt zu sein. Das wäre soweit alles.“ „Hat er sonst eine Auffälligkeit?“ Rebirth schüttelte den Kopf aber diese Informationen waren schon ausreichend genug. Eine Phantomskizze war leider nicht möglich weil Rebirth zeichnete wie ein 10-jähriger und es bei den anderen nicht besser war. Nur Misa konnte gut zeichnen doch sie wollten sie nicht beunruhigen sondern erst einmal versuchen die Angelegenheit selbst zu klären. Kapitel 3: Besorgnis -------------------- Am nächsten Tag gingen die meisten nach dem Frühstück ihrer Wege. Mello, der einen leisen Verdacht hatte wer Akitos Verfolger sein könnte, setzte sich ans Telefon und anschließend an den Computer und Matt hielt Misa unter einem Vorwand in der Wohnung, damit Beyond und Rebirth ungehindert arbeiten konnten. Wenn sie alle zusammen gehen würden, dann ließ sich der Unbekannte nicht blicken und Beyond war bekannt dafür, dass er keine Geräusche machte und somit so gut wie unsichtbar sein konnte. Abgesprochen war, dass sie zum See gehen würden und Akito kurz unbeaufsichtigt blieb sodass sich sein Verfolger näher an ihn heranwagen konnte. Mit einer Kamera und dem Shinigamiaugenlicht ausgestattet würde Beyond schon herausfinden, wer der Stalker war. Rebirth trug Akito auf den Schultern und ging zum Steg wo gestern das Malheur passiert war und dieses Mal passte der 7-jährige besser auf. Vorsichtig ließen sie das kleine Boot aus Plastik ins Wasser und Rebirth gab seinem Schützling die Steuerung. Er schien richtig Spaß an seinem Spielzeug zu haben und ließ sein Boot mehrere rasante Kurven fahren. „Onii-chan, was glaubst du wie schnell das Boot ist?“ „Keine Ahnung, ich denke mal so schnell wie du laufen kannst.“ Das musste Akito erst einmal testen und startete ein Wettrennen gegen das Boot. Rebirth lenkte das kleine Spielzeug und Akito gewann haushoch. Er war wirklich ein sportlicher Junge und spielte zurzeit im Fußballverein. Vorher, als sein Vater noch lebte sollte er Tennis spielen, wenn er alt genug war aber Akito hatte an diesen Sport keinen Spaß und konnte sich erst jetzt mit seinem Wunsch durchsetzen. Er war ein richtig guter Spieler und bemühte sich immer, sein Bestes zu geben und immer fair zu bleiben. Zunächst war es etwas schwierig, sich in der Schule zurecht zu finden doch er hatte sehr schnell Freunde gefunden und liebte seine Schule und die Fußball AG. Rebirth hatte als geborener Amerikaner keine großen Schwierigkeiten und bereitete sich demnächst für sein Studium an der Universität vor, wo er Pädagogik studieren wollte um später einmal im Kindergarten zu arbeiten. Er liebte es mit Kindern zu arbeiten und wollte unbedingt einen Beruf erlernen, der auch mit ihnen zu tun hatte. Ein Praktikum im Kindergarten der Nachbarschaft hatte er bereits absolviert und hatte auch dort eine Zusage bekommen später einmal dort arbeiten zu können wenn er sein Studium fertig hatte. Ab dem Sommer konnte er endlich zur Uni und arbeitete nebenbei in einer Bar, allerdings immer dann wenn Misa da war und Akito somit nicht alleine war. Von Beyond bekam er auch finanzielle Unterstützung auch wenn er zunächst gesagt hatte er wolle alles alleine schaffen. Beyond ließ sich jedoch nicht davon abhalten und meinte dass er sowieso nicht viel mit all dem Geld anfangen konnte. Wie viel Rumiko ihm insgesamt vermacht hatte, hatte er bis jetzt nicht gesagt aber allem Anschein nach ging die Summe in den siebenstelligen Bereich. Trotzdem lebte er recht bescheiden und versuchte sein eigenes Geld zu verdienen und das tat er mit seinem Buchladen, den er „Golden Raven“ genannt hatte. Es war ein etwas holpriger Start doch mit der Zeit lief er immer besser und inzwischen befand sich auch ein kleines Cafe im Laden, was bei den Leuten gut ankam. Der Grund für diesen ungewöhnlichen Namen war, dass Beyond ihn seiner verstorbenen Adoptivschwester gewidmet hatte. Das englische Wort für Rabe stand für das Schriftzeichen „Karasu“ in Rumikos Familienname und das Gold sollte ihr blondes Haar beschreiben. Zwar verdiente Beyond mit dem Laden nicht außergewöhnlich viel aber es reichte zum Leben und er hatte eine Beschäftigung, die ihn nach all der Zeit in ein normales Leben zurückführte. Verlassen hatte er die Stadt kaum, nur wenn Geburtstage anstanden oder Feiertage und ansonsten blieb er hier. Er hatte es Rumiko, die zu dem Zeitpunkt bereits im Sterben lag versprochen, dass er nun für sie da sein würde und sie nie wieder alleine ließ. Um sein Versprechen halten zu können, ging er kurz vor seiner Abreise zum Friedhof, sprach zu ihr und nahm ein Bild von ihr mit. Es klang ganz schön bescheuert aber auf eine gewisse Art und Weise glaubte er dass Rumiko dann tatsächlich bei ihm war. Matt holte ihn mit einem leichten Stoß mit dem Ellbogen aus seinen Gedanken zurück und deutete auf eine Gestalt, die sich aus dem Schatten der Büsche herausschlich und eindeutig Akito im Visier hatte. Beyond zögerte nicht lange und holte seine Kamera heraus und zoomte heran. Das Gesicht konnte er nur undeutlich erkennen sodass er den Namen nicht sehen konnte. Aber das allein genügte schon und er schoss ein paar Fotos. Nun schlichen sie sich leise an in der Hoffnung, den Stalker überwältigen zu können. Matt drückte seine Zigarette aus und entsicherte seine Waffe. Beyond war etwas weiter weg und sah kurz zu Akito, der immer noch nichts ahnend mit seinem Boot spielte. Nun wurde Matt schneller und rief „Hey, sofort stehen bleiben!“ und erschrocken drehte sich der Fremde um. Irgendetwas rotes leuchtete hell auf wo er sein rechtes Auge hatte, er drehte sich um und floh. Matt brach zusammen und fiel zu Boden wo er regungslos liegen blieb. Beyond zögerte nicht und eilte seinem Freund zu Hilfe und drehte ihn zur Seite. „Matt, was ist denn los mit dir? Hey Matt!!“ Er atmete noch, schien aber das Bewusstsein verloren zu haben und kam nicht mehr zu sich. Äußerlich hatte er keine Verletzungen und ansonsten schien er völlig in Ordnung zu sein. Irgendetwas stimmte da nicht, warum zum Teufel brach Matt von der einen Sekunde auf die andere bewusstlos zusammen? Er holte Rebirth zu Hilfe und der half ihm, Matt nach Hause zu bringen, gegenüber Akito sagten sie dass er sich nicht gut fühlte. Aber wenigstens konnten sie einen Erfolg verbuchen und vielleicht kam Matt gleich wieder zu sich. Sie stiegen in ein Taxi und fuhren direkt zurück und Mello öffnete ihnen. Als er seinen Freund bewusstlos sah, erschrak er und brachte ihn sofort ins Zimmer. „Verdammt noch mal was ist passiert und was hat der Scheißkerl Matt angetan?“ „Keine Ahnung“ platzte es aus Beyond heraus der genauso durcheinander war und keine Erklärung hatte. „Als er die Verfolgung aufnahm ist er einfach so zusammengebrochen und bewegt sich nicht mehr. Dabei hat er nicht einmal eine Verletzung…“ Tatsächlich war Matt körperlich völlig unversehrt. Sein Atem wie auch sein Herzschlag waren regelmäßig, wenn auch ein wenig verlangsamt und Körpertemperatur war auch normal. „Die Bilder haben wir aber ihn selbst haben wir verloren. Ich hielt es für besser mich um Matt zu kümmern…“ Zur Vorsicht tastete Mello die Stirn seines Freundes ab, konnte aber keine Temperaturerhöhung feststellen und wusste nicht was er von all dem halten sollte. Friedlich lag er da und zwischendurch bewegte sich ein Finger. Dann aber beugte sich Rebirth vor und sah sich den Bewusstlosen genauer an. „Seine Augen bewegen sich.“ „So was kommt vor wenn jemand sich in der Tiefschlafphase befindet…“ murmelte Beyond und bekam sofort einen ungläubigen Blick von Mello kassiert. „Wollt ihr mir jetzt etwa weismachen dass Matt einfach eingepennt ist? Das klingt doch total bescheuert.“ „Ich weiß nicht“ murmelte Beyond nachdenklich. „Irgendetwas war seltsam an dem Kerl und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass er etwas mit Matts Zustand zu tun hat.“ Bedrückt schwiegen sie und Mello konnte Beyond ansehen, dass er Schuldgefühle hatte und versuchte ihn aufzumuntern. „Matt ist nicht tot und wir wissen nicht wie lange dieser Zustand anhält. Mit etwas Glück wacht er nachher putzmunter wieder auf und alles ist in Ordnung.“ „Was sollen wir Misa sagen?“ schaltete sich Rebirth ein, der ebenfalls sehr besorgt war und sich auch ernsthafte Gedanken machte ob es nicht besser war, Matt in ein Krankenhaus zu bringen. „Wir werden erst mal nur sagen dass Matt sich nicht wohl fühlt und sich deswegen ausruht. Wenn er aber bis heute Abend nicht wieder aufwacht, werden wir ihn ins Krankenhaus bringen.“ Damit war die Unterhaltung erst mal vorbei und während Rebirth ging um Akito zu beruhigen, der durch den Vorfall ganz durcheinander war während Beyond sich an den Computer setzte um die Fotos auszudrucken und versuchte eine bessere Auflösung für das Bild zu bekommen um eventuell doch einen Namen erkennen zu können. Mello hingegen blieb bei Matt und nahm ihm die Fliegerbrille ab, dann nahm er auf dem Stuhl Platz und sah seinen bewusstlosen Freund lange schweigend an. „Matt, was machst du immer nur für Sachen? Hast du denn damals beim San Francisco Erdbeben immer noch nicht dazu gelernt? Warum nur musst du dich immer nur in Gefahr begeben und dein Leben aufs Spiel setzen? Immer bringst du dich allein meinetwegen in Lebensgefahr, Dummkopf!“ Mello musste an damals denken, an das furchtbare Erdbeben. Er war damals 11 bis 12 Jahre alt gewesen und war Matt zufällig in der U-Bahn begegnet und hatten sich schnell angefreundet. Als dann der Tunnel zusammenstürzte und sie beide flohen, hatte Matt ihn vor einen herunterfallenden Stein gerettet und wurde fast selbst erschlagen. Zum Glück war zu dem Zeitpunkt nur sein Bein verletzt und Zuflucht hatten sie bei einer Gruppe junger Frauen gefunden, die sich in einer Kneipe verbarrikadiert hatte um sich vor Aufständischen zu schützen. Die ganze Zeit über hatte Matt immer geschwiegen bis dann sein Fieber ganz plötzlich ausbrach oder seine Sehkraft auf dem einen Auge immer schlechter wurde. Immer musste er alles verschweigen und lange Zeit merkte Mello nichts bis es dann alles ganz plötzlich passierte. Matt sagte immer dass er zurecht käme und dass er auch für sich alleine sorgen kann aber im Grunde wollte er niemandem Schwierigkeiten machen. „Bitte wach bald wieder auf“ murmelte Matt und holte seine Schokoladentafel raus und wollte eigentlich ein Stück abbeißen, doch irgendwie war ihm der Appetit vergangen und so steckte er sie wieder weg. Beyond hatte inzwischen alles getan was er konnte und hatte es geschafft, das Gesicht des Kerls zu erkennen, der Matt außer Gefecht gesetzt hatte. Dimitrij Ivanow war sein Name aber diese Namen gab es zu tausende in Russland und so hoffte er dass einer von Mellos Kontaktmännern weiterhelfen konnte denn immerhin waren noch einige der Buchstaben noch am Leben und da er selbst inoffiziell nicht mehr dazu gehörte, hatte er leider keine Informationen über die Kontaktdaten. Er ging ins Zimmer und reichte Mello die ausgedruckten Fotos. Irgendwie sah der 22-jährige vollkommen erschöpft aus und Matts Zustand schien ihn schon mitzunehmen. Doch als er das Gesicht der Person auf dem Foto sah, bekam er einen Gesichtsausdruck als hätte er einen Geist gesehen. „Das gibt es doch wohl nicht. Ich dachte er sei tot…“ „Du kennst den Kerl?“ „Ich weiß ja nicht wie sein richtiger Name lautet, aber er war lange Zeit unter dem Namen Fear Illusion bekannt und ist ein alter Bekannter von mir. Dass ich dieses Gesicht noch mal sehe…“ Mit „alter Bekannter“ meinte Mello bestimmt nicht dass es ein guter Freund von ihm war aber irgendetwas war passiert dass er glaubte, der Typ sei tot. „Dimitrij Ivanow… Was genau weißt du über ihn?“ Mello musste sich erst einmal sammeln und schlug vor dass sie auch Rebirth dazu ziehen sollten. Dieser war bei Akito und Misa und kam erst nach einigem Zögern zu ihnen. Misa blieb bei Akito um ihn zu beruhigen. Mello genehmigte sich ein Bier und begann zu erzählen. „Vor ein paar Jahren, vor dem großen Brand in Wammys House waren ich und Matt relativ neu und waren bereits zu Anfang im ständigen Wettstreit um L’s Nachfolge. Nur ein Junge war anders. Er selbst nannte sich Fear, war ein Junge den man an der russischen Grenze völlig verwirrt und schlimm zugerichtet aufgefunden hat. Er trug stets einen Verband um sein rechtes Auge, welches ihm womöglich entfernt werden musste. Ihn interessierte L’s Titel nicht, er wollte unbedingt den Buchstaben F haben und war dafür bereit alles zu tun. Um einen Buchstaben zu erhalten muss man eine Arbeit schreiben und wenn sie den Anforderungen erfüllt dann wird man einer der 26. Doch Fears Arbeit war ziemlich unzureichend. Er hat sich in eine Fantasie verrannt in der er glaubte dass es Götter und Shinigami gebe. Zu dem Zeitpunkt hat niemand das geglaubt und er selbst konnte auch nicht ihre Existenz beweisen. Jemand anderes bekam den Buchstaben und Fear rastete total aus. Wenig später wurde F in ein Kriegsgebiet geschickt wo er erschossen wurde und dank ihm kam Near zu uns. Von Anfang an war klar dass er anders als die anderen war und hatte stets die besten Noten. Dann kam es dass immer mehr Leute in Winchester an Halluzinationen litten und teilweise den Verstand verloren. Niemand wusste was mit ihnen passiert war und Near wollte den Fall übernehmen doch als die Abschlussarbeiten bevorstanden, tauschte jemand Nears Herztabletten aus und er wäre fast gestorben. Near war schon seit er zu uns kam herzkrank und brauchte die Medikamente. Wir vermuteten dass Fear etwas damit zu tun hatte und eines Nachts verschwand er einfach. Near nahm den Fall wieder auf doch es war beinahe unmöglich ihn zu finden. Er reiste durch die ganze Welt und wurde als Illusionist berühmt, trat jedoch nur vor Persönlichkeiten und kleineren Zuschauergruppen auf und war deswegen sehr schwer zu finden. Als er einen Hinweis hatte was seinen Aufenthalt betraf, hieß es dass Fear lebensgefährlich verletzt wurde und es nicht geschafft hätte. Doch bevor Near diese Nachricht erhielt, begannen auch schon die Aufstände und das Waisenhaus brannte mit den Kindern nieder. Ich war mir echt sicher dass ich in dem Brief gelesen hatte dass er tot war und dass er jetzt plötzlich doch noch am Leben ist, verwundert mich wirklich.“ Etwas unruhig fummelte Mello an seiner Kette rum an der ein silbernes Kreuz hing, welches mit roten Steinchen verziert war. Es gehörte einst seiner Schwester Deborah, die lange Zeit als Prostituierte gearbeitet hatte bevor sie an AIDS erkrankte und wegen Drogenbesitzes verhaftet wurde. Nach Rumikos Beerdigung hatte er sie im Gefängnis besucht und sich mit ihr ausgesprochen und im Nachhinein bereute er es nicht, damals abgehauen zu sein denn Deborah war eine egoistische Ziege gewesen… Seine alte Familie war ihm egal, für ihn gab es lange Zeit nur Matt und die Vorstellung, dass Fear etwas mit seinem Zustand zu tun hatte, lag ihm schwer im Magen. Schon damals hatte er Angst vor diesem Kerl gehabt weil er sogar zum Mord bereit war, indem er Nears Herztabletten ausgetauscht und damit fast getötet hätte. Dieser Kerl war schon im Kindesalter bereit gewesen, über Leichen zu gehen und Mello wusste, dass mit ihm nicht zu spaßen war. „Wer hat ihn damals angegriffen?“ „Tja“ murmelte Mello und sein Blick wanderte langsam zu Beyond. „Genaues ist nicht bekannt aber das Dienstmädchen hat eine blonde Asiatin beobachtet, die eine rote Schleife im Haar hatte. Sie hat ihm mehrere Messerstiche zugefügt und ist dann verschwunden.“ Rumiko, schoss es Beyond durch den Kopf. Das konnte nur sie gewesen sein. Die rote Schleife hatte sie immer getragen und war ihr Markenzeichen. „Aber was wollte Rumiko denn von so einem Kerl? Das passt doch überhaupt nicht zu ihr.“ „Fear hatte einige Kontakte ins Ausland und zu Politikern und Prominenten was ihm zu einen hilfreichen Informanten machte. Ich vermute sie hat ihn aufgesucht um ihre leibliche Familie zu finden und als sie diese getötet hat, wollte sie ihn auch töten um Zeugen zu beseitigen.“ In Beyond kamen die Gefühle wieder hoch wenn er an seine Adoptivschwester dachte. Dass sie so vorgegangen war, war typisch für sie und er hatte keinen Zweifel dass sie es tatsächlich gewesen war. Rebirth versuchte auf den Punkt zurückzukommen. „Und wie würdest du ihn vom Charakter her beschreiben in kurzen und knappen Worten?“ „Eiskalt, hinterhältig, wahnsinnig. Er war schon damals sehr merkwürdig, hatte immer total sinnlose Selbstgespräche geführt, hatte es vermieden mit anderen zu reden und war ziemlich schnell überfordert. Roger sagte dass er sein Umfeld überreizt wahrnimmt und mit seinen eigenen Gedanken überfordert war. Er ist wie ein überlasteter Computer, der kurz vor dem Absturz ist.“ „Was hat er denn zum Beispiel gesagt?“ Rebirth wollte alles über den Menschen wissen, der es auf Akito abgesehen hatte und Matt außer Gefecht gesetzt hatte. Er wollte für den absoluten Ernstfall gewappnet sein um richtig reagieren zu können. Wer weiß wie berechenbar der Kerl eigentlich war wenn er wirklich so gefährlich war wie Mello ihn beschrieb. Dieser überlegte und begann dann wortwörtlich wiederzugeben was Fear in seinem Selbstgespräch gesagt habe. „Unendlich mal Endlich gleich zwischenendlich? 45,16, nein… nein total unlogisch. Rauf runter hin und links… 23 mal x, nee das gibt nichts. A bis z und z bis zum Delta? Steak, Steak mit Kartoffeln gibt’s gleich. Ach ja, ganz vergessen: C21H22N2O2… negativ… positiv… Rechts vergessen. Jetzt weiß ich’s: Es war Hartmann!!!“ Ungläubig sahen Beyond und Rebirth Mello an bei dem Unsinn, den er da gerade von sich gegeben hatte. Das alles war unmöglich zu verstehen und totaler Quatsch. „So hat er oft geredet wenn er alleine war und das hat den anderen Angst gemacht. Und oft hat er etwas von einem Hartmann erzählt aber nicht einmal Roger hat aus ihn herausbekommen wer es ist. Allgemein hat Fear nie etwas aus von seiner Vergangenheit erzählt und wenn man ihn gefragt hat, hat er angefangen zu schreien und irgendwelche zusammenhanglose Sachen zu labern. Ich glaub er hat sich selbst nicht verstanden und hatte öfter Schmerzen an seinem rechten Auge. Ein Mal hat es sogar wie wild geblutet aber er hat sich mit Händen und Füßen geweigert den Verband zu entfernen.“ „Kann es vielleicht sein dass er ein Trauma hatte und unter Schock stand?“ „Nein“ entgegnete Mello sofort. „Er war ziemlich klar bei Verstand und war nicht immer so verwirrt drauf. Wenn er klar bei Verstand war, dann konnte er richtig gehässig sein und log wo es nur ging. Außerdem ist er des Öfteren einfach verschwunden und hat sich in der Stadt herumgetrieben. Wenn ich mir Matt so ansehe kann ich es mir gut vorstellen, dass er irgendetwas mit den seltsamen Vorfällen in Winchester zu tun hatte. Wie er das geschafft hat, kann ich mir nicht erklären.“ Rebirth und Beyond schwiegen doch es war offensichtlich das Letzterer über den Namen Hartmann nachdachte. Der Name war deutsch doch was hatte ein russischer Junge, der nach seiner Flucht über die russische Grenze nach England kam mit einem Deutschen zu tun? Beyond hatte da zwei Anhaltspunkte. „Also ich kenne zwei berühmte Hartmanns: Der erste ist Eduard von Hartmann, der ein deutscher Philosoph war und ein Werk über die Philosophie des Unbewussten geschrieben hat. Dann haben wir den Psychologen Heinz Hartmann, der sich mit der Ich-Psychologie und dem Anpassungsproblem beschäftigt hat.“ „Ich dachte diese Theorie hat Sigmund Freud erstellt.“ „Nein, auch Anna Freud und Heinz Hartmann waren Begründer dieser psychologischen Theorie.“ Zwar war das recht interessant, aber Mello half das nicht weiter und nun galt es zu überlegen, was sie gegen diesen Fear Illusion oder besser gesagt Dimitrij Ivanow unternehmen sollten. „Was mir außerdem noch einfällt“ murmelte Mello und schob sich ein Stück Schokolade in den Mund „ist, dass Fear eine Tätowierung hatte, eine Seriennummer oder einen Code. Der ging ungefähr so: „PH01 412 03. Roger vermutete dass er aus einem Gefangenenlager oder so ausgebrochen war.“ Einen Code? Das war ja seltsam. Aber solange sie nicht wussten was Fear überhaupt von ihnen wollte war es sinnlos da weiter rumzurätseln. Damit konnten sie ihn auch nicht schnappen. Diese Meinung teilten auch Beyond und Rebirth und sie beschlossen abwechselnd in Schichten bei Matt zu bleiben. Damit Mello endlich mal zur Ruhe kommen konnte, übernahm Rebirth die erste Wache und die beiden gingen auf die Terrasse und tranken ein alkoholfreies Bier. Misa war mit Akito im Badezimmer um ihm die Haare zu schneiden und ihn noch mal zu baden. Wie zwei alternde Männer saßen Mello und Beyond da und betrachteten die Nachmittagssonne. „Du machst dir wirklich große Sorgen um Matt nicht wahr? Ich meine, er ist ja wie ein jüngerer Bruder…“ „Das Erdbeben in San Francisco und unsere Reise bis nach Schottland war die schlimmste Zeit direkt nach dem Brand im Waisenhaus. Überall um uns Tote und Verletzte, Plünderer und Schläger. Es war eine Zeit des Ausnahmezustandes und wir hatten niemanden außer uns selbst. Nach Hause konnten wir nicht und wir kannten auch niemanden in dieser Stadt, waren total orientierungslos. Eine Gruppe junger Frauen hatte uns aufgenommen, die sich vor den Übergriffen der Männer schützte indem sie sich verbarrikadierten und für Extremsituationen gewappnet waren. Ihre Anführerin hieß Lindsay, sie war zu dem Zeitpunkt gerade mal 26. Irgendwie… irgendwie war sie wie die Schwester gewesen, die ich so sehr gebraucht habe. Sie hat sich so um die Gruppe gekümmert und niemals Angst gezeigt. Ich hab sie sehr bewundert…“ „Was ist denn mit ihr passiert?“ „Matt und ich wussten, dass wir nicht ewig in San Francisco bleiben konnten und wollten von hier weg. Lindsay wollte uns bis zur nächsten Hilfsstation bringen und da wurden wir überfallen und sie wurde totgeprügelt. Matt und ich mussten sie ihrem Schicksal überlassen und sind dann als blinde Passagiere auf einem Containerschiff nach Japan gereist. Matt konnte kaum laufen da er sich bei dem Erdbeben am Bein verletzt hatte und er hat oft Schwierigkeiten gemacht, aber er hat mir die Kraft gegeben, weiterzukämpfen und nach vorne zu sehen.“ „Ihr ergänzt euch beide auch gut. Du bist der impulsive und schnell handelnde Typ, der sofort zur Tat schreitet während Matt den passiven Part hat und die Rückendeckung übernimmt. Außerdem ist er viel ruhiger und das gleicht sich gut aus. Aber eines würde mich interessieren: Matt ist doch nicht wirklich eine Waise oder?“ Mello war sich nicht ganz sicher, bestätigte aber dann Beyonds Vermutung. „Warum will er nicht nach Hause wenn er doch ganz normale Eltern hat? Ehrlich gesagt ist dieser Kerl ein einziges Rätsel denn er redet kaum über seine Vergangenheit und manchmal habe ich das Gefühl dass keiner ihn wirklich kennt.“ Mello hatte das nie so wirklich gesehen, musste aber zugeben dass er Matt nach fast 11 Jahren immer noch kaum kannte. Er hatte sich nie wirklich drum gekümmert denn er kannte es ja selbst dass es manche Leute gab denen es unangenehm war, über ihre Vergangenheit zu sprechen. Er selbst gehörte ja auch dazu denn wer war schon stolz darauf dass der Vater ein Junkie und die Schwester eine Prostituierte war? Vielleicht war irgendetwas in Matts Vergangenheit passiert, was er niemandem sagen wollte, selbst denen, denen er vertraute. Mello vertraute seinem Freund und hatte es schon vor Jahren akzeptiert, dass er nichts über sich erzählte. „Ich hoffe einfach dass sein Zustand sich nicht noch weiter verschlimmert und er bald wieder aufwacht, seinen widerlichen Nikotinqualm im Zimmer verbreitet und an seiner Spielekonsole zockt.“ Kapitel 4: Furcht ----------------- Es wurde spät und Mello war kurz vorm Einschlafen, doch da hörte er das Knarren der Bodenbretter und zog seine Waffe. Irgendjemand schlich sich im Haus rum und die Zimmertür wurde geöffnet. Ein kleiner Schatten huschte hinein direkt auf Matt zu und blind tastete Mello nach dem Lichtschalter der Tischlampe. Als diese das Zimmer spärlich beleuchtete, musste der 22-jährige geblendet die Augen zukneifen und sah den kleinen Akito im Pyjama. Schnell steckte er seine Pistole wieder weg damit der Junge keinen Schreck kriegte. „Was machst du denn um die Uhrzeit hier, Kleiner?“ „Ich wollte nach Onkel Matt sehen.“ Irgendwie hatte Mello Mitleid mit dem Jungen. Er war klein und als Kind hatte man eben große Angst dass den Menschen, die sie liebten, etwas passieren könnte und wenn Mello sich so zurückerinnerte, hatte sich Matt toll um den Jungen gekümmert als sie gegen Kira und seine Anhänger gekämpft hatten. Matt konnte allgemein viel besser mit Kindern umgehen als Mello oder Beyond was wohl daran lag, dass sie selbst nie wirklich eine richtige Kindheit hatten. „Kannst du deswegen nicht schlafen?“ Akito nickte traurig und Mello tätschelte ihm den Kopf. „Du musst dir wirklich keine Sorgen machen, Matt schläft nur ein wenig und wird ganz sicher bald wieder aufwachen und putzmunter sein.“ „Aber er hat Angst!“ entgegnete Akito mit verzweifelter Stimme und sah Mello mit seinen blauen Augen an. „Er hat ganz furchtbare Angst und braucht unsere Hilfe.“ „Woher willst du das wissen?“ fragte Mello und merkte dass irgendetwas hier nicht stimmte. Was zum Teufel ging bloß in Akito vor dass er glaubte dass Matt Angst hat? Und wovor sollte dieser Angst haben? Vielleicht bildete sich der Kleine das auch nur ein und hatte ich in irgendetwas verrannt. „Ach was, Matt schläft einfach nur ein wenig und…“ „Aber er hat einen ganz schlimmen Alptraum und er leidet sehr.“ „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen Akito, das bildest du dir sicher nur ein und du solltest langsam mal ins Bett gehen. Morgen sieht alles sicher viel besser aus.“ Akito begriff dass Mello ihn in keinster Weise ernst nahm und er schien sich ziemlich sicher zu sein, dass es Matt nicht gut ging. Der 21-jährige wusste nicht was er jetzt sagen oder tun sollte und fühlte sich mit dem Kleinen überfordert. Ob es seiner Schwester Deborah genauso ergangen war? „Lass uns mal zu deiner Mutter gehen.“ „Warum willst du mir nicht glauben? Onii-chan glaubt mir immer aber du nicht.“ „Weil Rebirth selbst noch ein Kind ist und es manchmal nicht besser weiß.“ In Akitos Augenwinkeln glänzten Tränen und verärgert verließ er eilig das Zimmer und knallte die Tür zu. Jetzt hatte Mello ein schlechtes Gewissen dass er Akito angeschimpft hatte obwohl dieser überhaupt nichts für Matts Situation konnte und im Grunde eigentlich nur helfen wollte. Vielleicht sollte er ihm folgen und sich entschuldigen. „Oh man, irgendwie gehe ich auch wirklich alles falsch an.“ Etwas schwerfällig stand Mello auf und gerade wollte er zur Tür raus in den Flur, da hörte er plötzlich einen Schuss und laute Schritte. Er hörte Akito „Mama“ schreien und war sofort in höchster Alarmbereitschaft. Irgendetwas war hier gerade passiert und er konnte schon ahnen, dass es sich um Fear handelte. Verdammt, das passte ihm jetzt überhaupt nicht und nun wurde er richtig sauer. Schnell wurde die Pistole entsichert und Mello eilte ins Wohnzimmer, wo er den Schrei gehört hatte. Nichts, dafür lag aber Beyond auf dem Boden und bewegte sich nicht. Scheiße, dachte Mello und biss sich auf die Unterlippe und eilte zu ihm hin. Genau das Gleiche wie bei Matt: Keine äußeren Verletzungen und ohne Bewusstsein. Neben ihm lag Misa, bei der es haargenau das Gleiche war und Mello wollte nur zu gerne wissen was mit ihnen passiert war. Und wo waren Rebirth und Akito? Ging es ihnen gut oder waren sie auch bewusstlos so wie Matt, Misa und Beyond? Schnell eilte Mello zum Zimmer der beiden, doch es war leer und auf sein Rufen hin antwortete keiner. Es war genauso wie damals in San Francisco und in Wammys House. Egal was er tat, er kam immer zu spät und konnte niemandem helfen. Alle um ihn herum starben ohne dass er es verhindern konnte. „Nein, nicht noch einmal“ schwor er sich und begann das gesamte Haus abzusuchen. „Dieses Mal wird es anders laufen!!!“ Angestrengt lauschte Mello den kleinsten Geräuschen und schlich leise um die Ecke, öffnete vorsichtig die Tür zur Küche und lugte durch den Spalt. Es brannte Licht und er konnte spüren dass dort jemand war. Wer es war, konnte er noch nicht sagen aber er war sich sicher, dass er jemanden hören konnte. Vorsichtig öffnete er weiter die Tür und konnte einen Mann sehen. Er trug einen schwarzen Streifenanzug mit dunkelrotem Hemd und einen Zylinder. Bei sich hatte er einen Gehstock mit vergoldetem Griff und sein Haar war fast schneeweiß. Fear, er war es tatsächlich. Mello erhob die Waffe und schlich sich leise in die Küche, dann drückte er den Lauf gegen seinen Rücken. „Keine falsche Bewegung oder ich zerlöchre dich wie ein Sieb. Es ist lange her dass wir uns wieder sehen Fear. Ich hab wirklich gedacht du hättest ins Gras gebissen.“ Der Mann im Anzug erhob seine Hände und kicherte unheimlich. „Ich bin auch überrascht Mello. Eigentlich sollten doch alle in dem Waisenhaus verbrannt sein aber du bist nun wirklich nicht so schnell tot zu kriegen nicht wahr? Schon ironisch dass wir uns ausgerechnet hier wieder sehen und unter solchen Bedingungen. Könntest du bitte dieses widerliche Schießeisen runternehmen?“ „Vergiss das mal schön. Ich will wissen warum du ein kleines Kind verfolgst und was du vorhast. Und ich will wissen was du mit Matt gemacht hast.“ Fear konnte sich ein Lachen kaum verkneifen und es war genauso wie das von Kira, nämlich das eines Größenwahnsinnigen, der sogar über Leichen gehen würde. Es war wirklich genauso wie damals und das beunruhigte Mello sehr denn schon damals wusste er, dass Fear gefährlich war. „Ganz schön viele Fragen bei so einem unfreundlichen Empfang. Aber das ist nicht deine Angelegenheit und so wie du damals über mich gelacht hast, habe ich auch keine Lust irgendetwas zu sagen.“ Am liebsten hätte Mello ihm eine reingehauen doch er wollte sich nicht provozieren lassen. Immerhin hatte Fear damals fast ein Kind getötet und keinerlei Schuldgefühle empfunden hatte. „Der Kleine da steht unter unserem Schutz und wer es wagt ihm etwas anzutun, den befördere ich auf direktem Weg zur Hölle!“ „Wow, große Worte“ lobte Fear im sarkastischen Ton und klatschte Beifall. „Und ich dachte immer du würdest nur für Matt den Babysitter spielen. Aber jetzt kannst du ihm leider nicht helfen. Tjaja… schon eine böse Sache.“ Nun konnte sich Mello nicht mehr beherrschen und schlug den Pistolenlauf auf Fears Hinterkopf. Dieser fiel zu Boden und stöhnte vor Schmerz. Dann aber richtete er sich wieder auf und jammerte beleidigt „Aua, das tat weh!“ Mello packte sich den Russen am Nacken und stieß seine Stirn gegen die Wand, dann schlug er ihm ins Gesicht. „Das wird gleich noch viel mehr wehtun. Was hast du mit meinen Freunden gemacht?“ „Dann sieh es selbst… meine wahre Macht.“ Breit grinsend drehte Fear sich um sodass Mello in sein gelbes Auge sehen konnte, sein rechtes hielt er verdeckt aber Mello sah dass Blut raustropfte. Langsam nahm er die Hand weg und Mello konnte nicht fassen was er da sah. Dort, wo normalerweise ein Auge war, klaffte ein schwarzes Loch, in welchem ein kleines rotes Licht leuchtete. Es sah aus wie aus einem Horrorfilm und entsetzt wich Mello zurück. „Was ist das?“ „Das da?“ fragte Fear und lachte laut. „Das ist eine der gefährlichsten Waffen der Welt. Es wird auch das „Auge des Ashura“ genannt und versetzt mich in die Lage den Verstand und die Sinne der Menschen zu manipulieren wie es mir beliebt und Akito wird mir helfen mein Ziel zu verwirklichen.“ „Was für ein Ziel?“ „Jahrelang habe ich mich mit der Mythologie der alten Welt beschäftigt und einen Beweis für die Existenz der Götter gesucht. Dass die Shinigami wirklich existieren, da sind Beyond Birthday, Rumiko Karasuma und Lucas Rebirth Adams das beste Beispiel. Akito wird mir helfen die ultimative Waffe zu finden, mit der ich die Welt für immer verändern werde.“ „Du spinnst doch total“ entgegnete Mello und wollte eigentlich gereizt klingen, doch dieses klaffende Loch in seinem Gesicht, woraus Blut tropfte, sah dermaßen abartig aus, dass er einfach nicht wegsehen konnte. Wie konnte es sein dass Fear all die Jahre mit so etwas abstoßendem überleben und überhaupt leben konnte? „Du wirst es schon sehen aber bis dahin muss ich mich leider empfehlen. Bis dahin kann ich dich ja getrost deinen schlimmsten Alpträumen überlassen. Und keine Sorge, ich werde mich gut um den Kleinen kümmern.“ Was nun passierte, ließ Mello ernsthaft an seinem Verstand zweifeln. Das schwarze Loch, woraus dieses unheimliche rote Licht schien, breitete sich immer weiter aus, verschlang förmlich sein Gesicht und Fear lachte dabei so furchtbar dass Mello glaubte einen Shinigami vor sich zu haben. Nach und nach wurde sein gesamter Körper hineingezerrt und Mello wusste nicht was er tun sollte. Er bekam Angst und wich zurück bis er mit dem Rücken zur Wand stand. Als Fears ganzer Körper verschwunden war, löste sich eine unglaubliche Druckwelle aus, welche Mello fast das Bewusstsein raubte. Er fiel zu Boden und sah einen Moment lang schwarz, dann roch er plötzlich, dass es nach Rauch stank. Die Luft wurde heiß und er bekam kaum Luft. „Verdammt noch mal was passiert hier nur?“ Hustend versuchte er aufzustehen doch sein Kreislauf spielte verrückt und es wurde immer wieder schwarz vor seinen Augen aber dann sah er, dass die Küche lichterloh brannte. Alles stand in Flammen und er hörte laute Hilfeschreie. Es war furchtbar heiß und die Luft flimmerte, selbst der Fußboden war glühend heiß. Angst stieg in Mello auf und er rannte zur Tür doch sie ließ sich nicht öffnen. Von der anderen Seite hörte er die Schreie seiner Freunde, die im Feuer verbrannten. Mello zerrte an der Tür wie verrückt, hatte das Gefühl bald die Klinke abzureißen. Als sie endlich einen Spalt breit offen war, streckten plötzlich mehrere Arme hindurch und erschrocken wich Mello zurück als er sah, dass es Kinderarme waren. Sie riefen verzweifelt um Hilfe während sie in den Flammen verbrannten. Mello zerrte an der Tür, konnte sie jedoch nicht weiter öffnen und beschloss das Fenster einzuwerfen um von außen die Kinder zu befreien. Er schnappte sich den Stuhl und warf das Fenster ein, dann kletterte er hindurch und eilte zum anderen. Der Himmel leuchtete rot auf und überall brannten die Häuser. Was war hier nur passiert? Durch die Hitze zersprang das Glas der oberen Fenster und Mello musste sein Gesicht schützen. Das Feuer schoss wie eine Klaue auf ihn zu und seine Jacke begann zu brennen. Hastig zog er sie aus und eilte zum Fenster, wo er die Kinder sah. Dieses war ebenfalls zu Bruch gegangen, jedoch nicht groß genug und überall drängten sie sich heran, schrieen um Hilfe und streckten ihre kleinen Arme hinaus. „Beruhigt euch doch bitte, einer nach dem anderen. Ich kann euch so nicht rausholen.“ Doch die Kinder hatten zu große Angst und bekamen in dieser Hitze kaum Luft. Wer waren diese Kinder und wo waren die anderen? Misa, Matt, Beyond, Rebirth und Akito… „Mello, hol uns raus, wir ersticken!!!“ Mello bekam eines der Kinder zu fassen und zerrte es raus. Die Schreie der Kinder, die qualvoll in den Flammen verbrannten, lösten in Mello tiefe Verzweiflung aus und er war den Tränen nahe. Warum nur musste es wieder passieren? Warum nur musste er wieder den gleichen Fehler machen? Teile des Hauses begannen bereits einzustürzen und die Luft stank fürchterlich und Mello kam sich vor wie im Vorhof zur Hölle. „Mello, lass mich nicht wieder zurück!!!“ Mit Entsetzen sah Mello dass das Kind, welches er versuchte aus den Flammen herauszuziehen niemand anderes als Near war. Seine Arme waren verbrannt und zum Teil verkohlt, er hatte zum Teil auch kein Haar mehr und sein Gesicht war völlig entstellt. Entsetzt schrie Mello auf als er ihn sah und hätte ihn fast losgelassen doch Nears verbrannte Finger krallten sich in sein Shirt und mit schmerzerfülltem Gesicht sah er ihn an. „Lass mich nicht zurück…“ Near sah furchtbar entstellt aus und klammerte sich an Mello fest, der sich befreien wollte doch er schaffte es nicht. Der beißende Gestank vom verbranntem Fleisch ließ ihn fast das Bewusstsein verlieren und ihm wurde schlecht. Schließlich schaffte er es Near aus dem Haus rauszuziehen und hörte wie das Haus zusammenstürzte und die Schreie der Kinder erstarben. Durch den Ruck fiel Mello nach hinten und landete unsanft auf dem Rasen. Als er sich wieder aufrichtete, klammerte sich Near immer noch an ihm fest und wimmerte vor Schmerz. Seine Haut qualmte und seine Beine fehlten. „Hilf mir“ stöhnte er und streckte seine Hand nach Mello aus. „Bitte hilf mir… es tut so weh…“ Doch Mello war völlig durcheinander und wusste nicht was er tun sollte. Wie konnte er jemandem helfen, der schwerste Verbrennungen und keine Beine mehr hatte? Near brauchte dringend einen Arzt und musste ins Krankenhaus. Hastig suchte er sein Handy doch er fand es nicht. Verdammt, er war sich sicher dass er vorhin noch sein Handy in der Hosentasche hatte. Aber es war nicht mehr da… also blieb nur noch seine Jacke und die hatte er vorhin ausgezogen als sie Feuer gefangen hatte. „Halt durch Near, ich bin sofort wieder da.“ Als Mello die Stelle erreichte wo er seine Jacke liegen gelassen hatte, fand er nur noch einen verkohlten Haufen vor und es war unmöglich dass das Handy diese Hitze unbeschadet überstanden hatte. Doch er gab die Hoffnung nicht auf und durchsuchte die Überreste. Es war glühend heiß und seine Hände schmerzten sodass sich schon kleine Blasen bildeten, doch er suchte weiter. Er musste Near dringend helfen. Das alles durfte nicht noch einmal passieren. Das Handy war tatsächlich unbrauchbar geworden und nun kamen Mello Tränen der Verzweiflung. Was sollte er nur tun? Überall brannte es und es war niemand da, der ihm helfen würde. Er war ganz alleine… Schwer atmend eilte Mello wieder zu Near, der immer noch wimmernd und sich vor Schmerz windend auf dem Rasen lag. Dem 22-jährigen brach es das Herz ihn so zu sehen und er wünschte sich, er könnte ihm in irgendeiner Weise helfen… wenn er ihm wenigstens die Schmerzen nehmen könnte. Near war kaum noch wieder zu erkennen wenn man ihn sich so ansah. Sein Gesicht, seine Arme, die ganze Haut war verbrannt und zum Teil schon ganz schwarz und es qualmte an vielen Stellen. Ein heißer Windzug zog vorbei und dann geschah alles ganz plötzlich: Die rauchenden Stellen fingen wieder an zu brennen und von einer Sekunde zur anderen stand Near in Flammen. Er schrie laut auf, wälzte sich umher und versuchte die Flammen auf diese Weise zu löschen doch vergebens. Mello wusste sich nicht anders zu helfen und zog sein Shirt aus und versuchte somit die Flammen zu ersticken, doch da schoss ein Hitzewall auf ihn zu und das Feuer schlug ihn ins Gesicht und schreiend kniff Mello die Augen zusammen. Es tat so furchtbar weh und er wünschte sich dass dieser Alptraum endlich ein Ende finden würde. Near… die Kinder… alle anderen verbrannten qualvoll und er konnte nichts tun. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, hatte das Feuer ihm auch noch die Augen verbrannt. Mello wälzte sich auf den Boden, hielt sich seine brennenden Augen zu und begann zu weinen. Er wollte das alles nicht mehr, er wollte einfach nur dass dieser Horror endlich vorbei war. Wenn er schon niemanden retten konnte wenn dieser in Gefahr war, warum war er dann überhaupt noch am Leben? Wäre er doch damals in San Francisco erschlagen worden anstatt seine Retterin Lindsay und wäre er doch damals im Feuer des Waisenhauses verbrannt, wenn dafür irgendjemand anderes entkommen konnte. Langsam begann Mello zu realisieren, dass er einfach nur unfähig war. Wie hätte er auch jemals L’s Nachfolger werden können? Egal was er anpackte, er versagte im entscheidenden Moment und war weder in der Lage der Beste im Waisenhaus zu sein noch ein Kind zu retten… Alles läuft wie am Schnürchen, dachte Fear als er Mello lachend ins Wohnzimmer schleifte und ihn zu den anderen brachte. Die Wachhündchen hatte er ausgeschaltet, jetzt konnte er ungestört an den Kleinen ran und dann endlich in sein Ziel erreichen. Lange genug hatten ihn diese Blagen in Wammys House ausgelacht und ihm war es auch egal wie viele Leute er manipulieren oder töten musste um zu beweisen dass er recht hatte. Was kümmerte es ihn, dass er damals versucht hatte diese Göre Near umzubringen? Der Kerl hatte es nicht anders verdient, ihm war es ganz recht dass alle in dem Waisenhaus verbrannt sind. Dann hatte wenigstens der ganze Blödsinn um L ein Ende und der war doch die reinste Lachnummer gewesen. Tausende Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf, die er nicht richtig geordnet bekam und irgendwie musste er versuchen ruhig zu bleiben. Er war jetzt so nah wie nie zuvor, da durfte er nicht schon wieder einen Aussetzer haben. Moment mal, wie war das noch gleich? Drei Bushaltestellen nach Norden, zwei nach rechts und ein Name aus der Vergangenheit? „Ach verdammt, ich lass mich auch immer ablenken.“ Was genau wollte er gleich noch mal machen? Ja genau, da war doch was mit dem Jungen und einem Heft. Ein Heft… wo hatte er es noch gleich? Ach ja, es war in seiner Tasche. Er wühlte in der Tasche und fand das kleine Heft schließlich. „Ah perfekt. Ich hab es also doch.“ Nervös begann er an den Fingernägeln zu kauen und versuchte wieder klar im Kopf zu werden um seine Gedanken sortiert zu kriegen. Er musste sich jetzt zusammenreißen und sich konzentrieren. Er hatte es mit einem Kind zu tun und das würde er mit seinem rechten Auge auf jeden Fall hinbekommen. „Akito, wo bist du mein Kleiner? Hab keine Angst, ich werde auch ganz lieb zu dir sein!!!“ Doch es kam keine Antwort, warum denn auch wenn diese Kinder schon von klein auf lernten, nicht mit fremden Leuten mitzugehen. Sehr lästig… Wenn sie das nicht gelernt hätten, dann müsste er den Bengel jetzt nicht suchen und er hasste Versteckspielchen. „Bald Anne, bald werde ich mein Ziel erreichen und dann werden wir unsere Träume erfüllen können. Die sollen es mir büßen dass sie mich für verrückt erklärt haben. Daran ist allein Hartmann schuld… und außerdem wollten die mich doch abholen wenn die Testreihe beendet ist!!!“ Mit einem gereizten Aufschrei raufte Fear sich die Haare und hob seinen Zylinder auf, der ihm runtergefallen war. „Naja, der Kleine wird sich ja wohl kaum um die Uhrzeit noch raustrauen. Nicht mal Straßenlaternen haben sie hier in diesem Kaff… Hätte nicht gedacht dass B in Wirklichkeit so ein Dorftrottel ist…“ Nervös begann er auf und ab zu gehen, völlig planlos wie er jetzt vorgehen sollte. Sollte er sich zuerst oben umsehen und dann unten oder erst im Keller anfangen und dann nach oben? „Ach Mist, ich kann mich nicht entscheiden.“ Dann aber schien er eine Idee zu haben und ging in den Keller. „Akito! Wo bist du denn mein Lieber?? Deine Mama hat nach dir gerufen!!!“ In dem Augenblick, als er die Stufen hinunterging, hörte er plötzlich Schritte und als er sich umdrehte sah er den Jungen. Bevor er jedoch reagieren konnte, knallte dieser die Kellertür zu und schloss ab. Wütend trommelte Fear mit den Fäusten gegen das Holz und schrie „Mach sofort die Tür auf du Rotzbengel!!!“ Als es nichts brachte, lugte er durchs Schlüsselloch und konnte tatsächlich ins Wohnzimmer sehen wo Akito stand und sich neben seine bewusstlose Mutter kniete. Er begann irgendetwas zu machen, aber Fear konnte nur schwer erkennen, was es war doch dann konnte er sehen, dass Akito Beyond etwas zur Seite zerrte und jeden der Bewusstlosen in eine bestimmte Position brachte. Dann legte er die Hände der anderen ineinander sodass alle Händchen hielten. Was bezweckte Akito denn damit? Offensichtlich wusste er genau was er tat und schien etwas ganz Bestimmtes mit dieser Aktion zu bezwecken. Wirklich faszinierend, dachte Fear und beschloss erst einmal alles zu beobachten. Bereits zuvor hatte er geahnt dass der Kleine kein gewöhnlicher Mensch war. Damals hätte seine Mutter durch das Death Note sterben müssen aber auf irgendeine Art und Weise wurde dieser Vorgang außer Kraft gesetzt und sie überlebte. Und wie hätte Rumiko jemals wieder die Alte werden können wenn nicht durch das Eingreifen des Jungen? Erst als er sie berührte, veränderte sie sich mit dem Ergebnis, dass ihre Mordlust verschwunden war und sie plötzlich sentimental und aufrichtig wurde. Wenn er richtig lag dann würde dieser Junge sogar zu viel mehr in der Lage sein, dann würde das, was er in Erfahrung gebracht hatte gar nichts dazu im Vergleich sein. Mit seiner Hilfe würde er es schaffen, aus dieser Welt zu entkommen und zu den Ort gelangen, wo Leben und Tod aneinandergrenzten wo sich die gefährlichste Waffe aller Zeiten befand. „Bald schon wird es mir gehören… ihr werdet es schon sehen. Und dann werdet ihr es bereuen, dass ihr gesagt habt dass Hartmann fehlerhaft war.“ Fear begann nervös auf seiner Unterlippe zu kauen und kratzte sich am Handgelenk. Er kratzte sich immer in der Nähe der Pulsader, wenn es zu jucken begann: Der Chip, dem sie ihm vor Jahren implantiert hatten um ihn zurückverfolgen zu können. Die ganze Zeit wartete er darauf, dass sie sich bei ihm meldeten oder ihn abholen kamen, wenn er ihnen bewies wozu er imstande war doch bis jetzt gab es keine Reaktion und so hatte er den Plan gefasst die wohl tödlichste Waffe zu suchen um sie davon überzeugen, dass sie noch Verwendung für ihn haben konnten. Nun konzentrierte er seine wirren Gedanken wieder auf das Wesentliche nämlich was Akito da machte. Irgendetwas war da im Gange, das konnte er förmlich spüren. Von dem Jungen ging eine unglaubliche und nichtmenschliche Kraft aus, die Fear ihm zunächst nicht zugetraut hatte. Sie strömte durchs ganze Haus und erfasste auch den eingeschlossenen Fear. Er spürte förmlich wie die Luft vibrierte und bekam eine Gänsehaut. Nun konnte er sich nicht weiter zurückhalten, er musste den Jungen jetzt haben!!! Mit vollem Körpereinsatz warf er sich gegen die Tür und nach drei Versuchen flog die Tür aus den Angeln. Akito schien nichts mitzubekommen doch als Fear das Wohnzimmer betrat, erschrak er und wollte flüchten, doch da bekam er den 7-jährigen an den Haaren zu fassen und riss ihn nach hinten. Akito schrie auf und versuchte sich zu befreien, aber er hatte nicht den Hauch einer Chance. Was für ein erbärmliches kleines Kind, dachte Fear und zerrte ihn hinter sich her. Kaum zu glauben dass er wirklich die Kraft besitzen sollte, die Menschen zu manipulieren und die Macht des Death Notes aufzuhalten. „Nun hab ich dich endlich du kleine Mistkröte. Du machst mir auch viel mehr Ärger als ich eigentlich nötig hätte. Jetzt ist das Versteckspielchen vorbei und deine Freunde können dir jetzt auch nicht mehr helfen.“ Kapitel 5: Alptraum ------------------- Misa und Rebirth machten die Augen auf und wussten erst einmal nicht wo sie waren. Seltsam, vorhin waren sie noch an völlig anderen Orten gewesen, warum waren sie jetzt hier? Um sie herum gab es nichts, nur eine dunkle Leere. „Weißt du wo wir sind?“ fragte Rebirth und sah sich um, konnte jedoch nichts entdecken. Er sah aber dass Misas Augen gerötet waren so als hätte sie gerade geweint und sie war ziemlich durch den Wind sodass er sie erst einmal tröstete. „Hey Misa, was ist los mit dir? Was ist passiert?“ „Ich… ich… ich war im Krankenhaus. Akito war schwer verletzt und ich konnte nicht zu ihm. Er ist tot… er ist gestorben und ich durfte nicht einmal zu ihm…“Völlig aufgelöst brach sie in Tränen aus und konnte sich nicht mehr beruhigen. Rebirth schockierte ihre Aussage, jedoch versuchte er ruhig zu bleiben und einen Sinn darin zu sehen, warum sie hier waren. Auch er hatte vorhin Schlimmes erlebt. Er war in seinem Elternhaus wo Lucas gestorben war und seine Mutter lag blutend auf dem Boden mit unzähligen Messerstichen in der Brust. Aber jetzt erschien ihm das alles wie ein sehr realistischer und schockierender Alptraum. Oder war das hier nur ein Traum? Irgendwie wusste er gar nicht mehr was er noch glauben sollte und machte sich ernsthaft Sorgen um Akito und die anderen. Was war mit ihnen? Ging es ihnen gut oder waren sie auch in solch einem Horror gefangen wie er und Misa? „Ganz ruhig Misa“ versuchte er sie zu beruhigen. „Das ist sicher alles nur ein furchtbarer Traum gewesen. Aber sag doch, wie kommst du hierher?“ „Keine Ahnung. Plötzlich war da so ein helles Licht und dann bin ich hier wieder zu mir gekommen.“ Sie brachte kaum ein Wort heraus so durcheinander war sie und Rebirth war echt ratlos. Was passierte hier nur und warum war er nicht in Beyonds Haus? Während er sich um Misa kümmerte, versuchte er eine Antwort darauf zu finden, warum sie hier waren und wie sie zurück zu Beyonds Haus konnten. Irgendetwas stimmte hier überhaupt nicht. Das Einzige, woran er sich erinnern konnte war, dass Beyond ihm irgendetwas zugerufen hatte und er Akito im Küchenschrank versteckt hatte als es hieß dass jemand ins Haus eingebrochen sei und Misa bewusstlos am Boden lag. Und als er ihn gesehen hatte, in sein leuchtendes rotes Auge welches in einem klaffenden schwarzen Loch war und aus dem Blut tropfte. Ab diesem Zeitpunkt begann alles verrückt zu spielen und seltsamerweise wirkte alles dermaßen real, dass Rebirth glaubte dass es wirklich passiert war. Wenn seine Vermutung zutraf und jeder, der das Bewusstsein verloren hatte mit seinen schlimmsten Ängsten konfrontiert wurde, dann wollte er sich lieber nicht vorstellen was Mello und die anderen durchmachen mussten. Aber seine größte Sorge galt Akito. Er hatte Angst davor allein zu sein und in dieser Situation konnte er nicht bei ihm sein um ihn zu beschützen. „Misa, wir sollten nach einem Ausgang suchen. Vielleicht wartet Akito irgendwo auf uns und braucht unsere Hilfe.“ Schluchzend nickte Misa und Rebirth nahm sie an der Hand und ging mit ihr durch diese unheimliche Leere. Doch egal wie weit sie gingen, es gab nichts was einem Ausgang ähnlich wäre. Doch dann hörten sie einen markerschütternden Schrei. Es klang so als würde jemand furchtbare Schmerzen erleiden und gleich sterben. „Oh mein Gott Rebirth, was passiert hier nur?“ „Ich weiß nicht aber wir sollten nachsehen gehen…“ Sie eilten dem Geräusch hinterher, doch das war nicht ganz so einfach denn irgendwie schien es von überall wiederzuhallen. Sie rannten schneller und spürten dass es langsam heiß wurde und die Luft wurde stickig. Plötzlich schlug ihnen Rauch entgegen und sie sahen Flammen. „Um Himmels Willen“ rief Misa entsetzt. „Da hinten ist Mello!!“ Tatsächlich war er es. Er lag auf dem Boden und schrie vor Schmerz. Irgendetwas war mit seinem Gesicht passiert und etwas weiter neben ihm lag ein verbrannter Körper ohne Beine. Überall um sie herum brannten Häuser und überall waren die Schreie sterbender Menschen zu hören. Es war so als wären sie in der Hölle gelandet und Rebirth hatte die leise Vermutung, dass sie sozusagen in Mellos Alptraum hineingeraten war, aber wie das geschehen konnte, konnte er nicht sagen. „Mello, Mello beruhige dich!“ Doch der 22-jährige hatte so starke Schmerzen, dass er nichts hörte und als Misa ihn zusammen mit Rebirth festhalten wollte, riss er sich los. „Lasst mich! Meine Augen… meine Augen…“ „Mello beruhige dich doch. Wir sind es: Misa und Rebirth. Es ist alles in Ordnung.“ „Meine Augen… sie sind verbrannt. Ich kann nichts mehr sehen.“ Es hatte keinen Zweck. Egal was sie taten, Mello war einfach nicht zu beruhigen und da er die Hände nicht von den Augen nehmen wollte, konnten die beiden auch nicht sehen wie schlimm seine Verletzung war. „Wir müssen ihn hier rausbringen. Vielleicht gibt es hier auch wieder einen Ausweg.“ Beide halfen ihrem verletzten Freund hoch und versuchten von diesem Ort zu verschwinden aber irgendwie sah es überall gleich aus: brennende Zerstörung. „Hilfe!!!“ rief Misa und kämpfte mit den Tränen. „Hilf uns doch jemand!!!“ Als ob man ihre Bitte erhört hätte kam plötzlich ein kalter Wind, der ihnen ins Gesicht schlug. Er wurde zu einem tobenden Sturm und die drei mussten sich zu Boden legen um nicht hinfortgerissen zu werden. Zunächst befürchteten sie dass dadurch das Feuer weiter angefacht würde aber siehe da: Die Flammen erloschen und Regen setzte ein. Ein kalter und befreiender Schauer fiel auf die Erde nieder und löschte die Glut. Dampf stieg in die Luft und erleichtert hielten Rebirth und Misa ihr Gesicht gen Himmel um sich abzukühlen. Dann wandten sie sich Mello zu. „Mello, es ist vorbei. Du kannst deine Augen öffnen.“ „Das geht nicht. Das Feuer hat mir die Augen verbrannt. Seht doch selbst.“ Langsam und zitternd nahm Mello die Hände weg doch Rebirth konnte nichts erkennen. Mellos Gesicht war vollkommen in Ordnung. „Mello, es ist alles in Ordnung. Deine Augen sind nicht verbrannt, das alles hier ist nichts Weiteres als ein furchtbarer Alptraum. Vertrau mir, du kannst sie jetzt öffnen.“ Mello war unsicher doch dann öffnete er blinzelnd seine Augen. Sie waren völlig normal, nichts deutete auf eine schwere Verbrennung hin und er konnte auch sehen. „Aber… das kann doch nicht sein…. Das Feuer hat meine Augen erwischt. Ich bilde mir das doch nicht ein.“ „Mello, versuch dich zu erinnern. Das, was du gesehen hast, kann unmöglich real sein. Das alles hier ist ein furchtbarer Alptraum den Fear erschaffen hat. Misa und ich sind ihm auch zum Opfer gefallen und irgendwie haben wir es geschafft zu dir zu kommen und kaum haben wir dich weggebracht und um Hilfe gerufen, fing es plötzlich zu regnen an.“ Doch Mello brauchte erst einmal eine Weile um zu realisieren dass alles, was er erlebt hatte nicht wirklich geschehen war und nur Einbildung war. „Scheinbar besitzt Fear die Gabe unsere Sinne und unseren Verstand zu kontrollieren wenn wir in sein rechtes Auge sehen und in dem Moment als wir ihn angesehen haben, hat er uns schlafen geschickt und dafür gesorgt dass wir unsere schlimmsten Ängste ausleben. Misa, du hast geglaubt dass Akito gestorben wäre und ich wurde in meine Vergangenheit zurückgeschickt zu dem Zeitpunkt, an dem ich meine Mutter umgebracht hatte. Und du Mello, du hast den Alptraum von damals wieder erlebt, als das Waisenhaus abgebrannt ist. Ist es nicht so dass Near aufgetaucht und erneut qualvoll an seinen Verbrennungen gestorben ist?“ Mello nickte schweigend und versuchte erst mal sein rasendes Herz zu beruhigen. Die Angst, die Schmerzen und der Schrecken steckten ihm immer noch tief in den Knochen und es fiel ihm sehr schwer das alles nur als einen Alptraum wegzustecken, in dem er immer noch drin steckte. „Aber wie kommt ihr hierher?“ „Das wissen wir nicht. Allem Anschein nach sind wir durch irgendetwas miteinander verbunden worden und konnten aufgrund dessen auch zu dir.“ „Verstehe, dann müssen wir die anderen suchen und dann eine Möglichkeit finden, endlich zu verschwinden. Ich hab nämlich das Gefühl dass Fear nichts Gutes bezweckt. Soweit ich mich recht erinnern kann sagte er, dass Akito ihm helfen soll, die ultimative Waffe zu finden.“ Als Misa das hörte, weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen. Der Gedanke dass irgendein gefährlicher Illusionist ihren Sohn benutzen wollte um eine Waffe in die Hände zu bekommen, machte ihr Angst und Bange. So ein Mann würde über Leichen gehen und wenn Akito sich widersetzte… nein, daran wollte sie lieber nicht denken. „Ich hoffe dass wir noch nicht zu spät sind und es Akito gut geht.“ „Gut aber wisst ihr denn wie wir hier rauskommen?“ „Suchen wir einfach…“ Gemeinsam machten sich die drei auf den Weg durch den prasselnden Regen, der inzwischen alles Feuer gelöscht hatte und die Sonne bahnte sich ihren Weg durch die dunklen Wolken. Auf den Wiesen begann es nach und nach zu blühen und von irgendwo her wehten Kirschblüten zu ihnen herüber. Schließlich hörte es auf zu regnen. Sie bogen um eine Ecke und sahen in der Ferne jemanden an einem aufblühenden Kirschbaum stehen. Es war ein Junge, der gerade mal 10 oder 11 Jahre alt zu sein schien und anscheinend auf jemanden wartete. Als er die drei sah, eilte er auf sie zu. Diese konnten ihren Augen nicht trauen als sie glaubten die Kinderversion von Matt vor sich stehen zu haben. „Matt?“ fragte Mello ungläubig und ging auf ihn zu. „Matt bist du das?“ „Mein Name ist Matt, aber ich bin nicht derjenige den ihr sucht. Ich bin nur ein Fragment, das aus seinen Erinnerungen heraus entstanden ist und ich bin hier um euch zu ihn zu führen.“ „Kannst du uns vielleicht sagen wo wir hier sind und ob du einen anderen kleinen Jungen gesehen hast? Wir suchen nämlich auch meinen Sohn.“ „Als ihr das Bewusstsein verloren habt, seid ihr über Akito miteinander verbunden worden. Deswegen könnt ihr auch zu den anderen und ihnen helfen, sich gegen ihre Alpträume zur Wehr setzen. Und außerdem braucht Akito dringend eure Hilfe.“ „Wer genau bist du?“ fragte Mello, der im Moment überhaupt nicht durchblickte weil das alles ganz schön surreal und verwirrend war. Auch Misa brauchte etwas um das alles verstehen zu können. Der Junge sah sie mit seinen dunklen Augen an und lächelte. „Mein Name ist Matthew und ich bin hier um euch zu den Menschen zu bringen, den ihr zwar als Matt kennt, in Wirklichkeit aber Mail Jeevas heißt. Ihr werdet gleich schon eure Antworten finden aber bitte erschreckt euch nicht. Was ihr gleich seht ist nicht sonderlich schön.“ Sie folgten dem Jungen die Straße entlang bis er vor einem Haus stehen blieb, an welchem über der Klingel der Name „Jeevas“ eingetragen war. Drei Male klingelte er an, dann öffnete er die Tür. „Bitte, bitte helft ihm. Er braucht euch mehr denn je.“ Mit einem etwas unguten Gefühl gingen die drei hinein und hinter ihnen schloss sich die Tür. „Irgendwie verstehe ich das immer noch nicht so ganz. Was hat das alles mit Akito zu tun und wer ist dieser Junge?“ „Also so wie ich das sehe“ versuchte Mello klarzustellen „hat Akito es geschafft unsere Träume miteinander zu verbinden. Ihr kennt doch sicher diese Matrix und Inception Film wo es so etwas Ähnliches gab. Hier ist das Problem dass wir keine Möglichkeit besitzen, wieder rauszukommen und so bleibt uns erst mal nichts anderes übrig als die anderen zu finden und zusammen versuchen, von hier zu verschwinden. Wenn ich richtig verstanden habe, kann nur Akito uns helfen aber warum ausgerechnet er, weiß ich nicht. Ob er überhaupt hier irgendwo ist oder vielleicht nicht diesem bekloppten Illusionisten zum Opfer gefallen ist. Wenn er tatsächlich nicht hier ist dann hat er noch eine Chance zu fliehen.“ „Nein, Akito hat Angst im Dunkeln und traut sich dann auch nicht alleine raus. Er wird sich irgendwo versteckt halten hoffe ich.“ Als Misa an ihren Sohn dachte beeilte sie sich und eilte den Flur runter und die anderen folgten ihr. Schließlich kamen sie zu einer Tür auf der der Name „Mail Jeevas“ stand. Von der anderen Seite her hörten sie Stimmen und es klang nicht gerade nach einem freundlichen Gespräch. Irgendjemand machte Matt schwere Vorwürfe und laute Schreie. Gerade wollte Rebirth die Tür öffnen, da hielt Mello ihn zurück. „Rebirth, Misa… ich möchte da alleine reingehen und mit ihm sprechen.“ „Bitte sei vorsichtig“ mahnte Misa mit unsicherer Stimme und sah ihn mit ihren kristallklaren Augen an. Rebirth holte aus seiner Tasche die Pistole, die er immer bei sich trug und gab sie ihm. Zwar war dies alles nicht real, aber vielleicht konnte Mello mit einer Schusswaffe mehr ausrichten als ohne. Dankend nahm er sie an, steckte sie ein und ging durch die Tür, die dann auch gleich knarrend wieder zufiel als er hindurch war. Es war eiskalt in dem Raum und Mello schätzte die Temperaturen auf knapp über 0°C. Dieser Ort sah genauso bizarr aus wie Misa und Rebirth den Ort beschrieben hatten, an dem sie zusammen aufgewacht waren und ob Matt wirklich hier war, das wagte er zu bezweifeln. Doch dann hörte er irgendwo wieder diese Stimmen, von denen eine ganz sicher Matt gehörte. „Matt? Bist du hier irgendwo?“ Keine Antwort aber vielleicht war sein bester Freund im Moment gar nicht in der Lage eine zu geben. Er musste sich an seinen Alptraum erinnern wo das Feuer ihm die Augen verbrannt hatte, nachdem Near qualvoll gestorben war. Vielleicht ging es Matt ja so ähnlich. Er wusste zwar nicht was ihn erwartete aber er war auf das Allerschlimmste gefasst. Leise näherte er sich langsam der Stimme an, die er hörte und machte sich bereit jederzeit loszuschießen, wenn ihn jemand angriff. Als dann aber ein markerschütternder Schrei ertönte, konnte Mello sich nicht mehr zurückhalten und rannte zu seinem Freund, der wenige Meter am Boden vor einer Blutlache kniete. Das Blut tropfte von seinen Händen, mit welchen er sein Gesicht versteckte und er wimmerte leise. Vor ihm stand ein Kind. Er sah dem Jungen, den sie vorhin gesehen hatten, zum Verwechseln ähnlich doch es gab einen markanten Unterschied: In der Stirn des Kindes klaffte ein Loch und in Mello stieg ein furchtbarer Verdacht auf. Was um alles in der Welt hatte Matt getan? Das Kind ging zu Matt hin und packte ihn an den Haaren. „Du hast mir mein Gesicht genommen du Verräter und jetzt hol ich es mir wieder!!!“ „Es tut mir leid, ich wollte das doch nicht“ versuchte er sich zu wehren und hielt sein Gesicht versteckt. „Ich wollte das doch alles nicht. Es war ein Unfall…“ „Matt!!!“ rief Mello und eilte zu ihm doch da versperrte ihm der Junge den Weg. „Verschwinde von hier, das ist nicht deine Angelegenheit.“ „Ich bin hier um Matt oder besser gesagt Mail Jeevas abzuholen und von so einer Horrorgestalt wie dir lass ich mir lieber nichts sagen. Also verpiss dich oder schieß dir den Rest deiner Fratze weg.“ „NEIN!!!“ rief Matt und versuchte Mello aufzuhalten, wobei er die Hände vom Gesicht nahm und entsetzt schrie Mello auf als er sah, dass sein bester Freund kein Gesicht mehr hatte. Dort, wo sich normalerweise Augen, Nase und Mund befanden, war ein schwarzes dunkles Loch… Noch nie hatte Mello sich so erschreckt und wieder spürte er diese tief verwurzelte Angst. „Was um Gottes Willen ist mit dir passiert?“ Schluchzend sank Matt in die Knie und versuchte seine abscheuliche Entstellung zu verbergen. „Es war alles nur ein Unfall… ich wollte ihn doch nicht töten.“ „Du Bastard hast mich eiskalt umgebracht, dafür wirst du…“ Als der Junge näher kam, schoss Mello ihm in den Kopf und in die Brust und schreiend verschwand er. „Matt“ sprach er ruhig und kniete sich hin um ihn anzusehen. „Atme erst mal tief durch und beruhige dich. Du musst keine Angst haben, das alles hier ist nicht die Wirklichkeit sondern eine Illusion. Hier ist nichts real, rein gar nichts… noch nicht einmal der Junge oder dass du kein Gesicht mehr hast. Es ist alles nur ein furchtbarer Traum.“ „Du verstehst das nicht Mello… ich bin Schuld dass… dass er tot ist. Ich habe Matt umgebracht.“ „Wie? Ich verstehe nicht…“ „Mein Name ist nicht Matt sondern Mail Jeevas. Mein Bruder hieß Matthew aber wir haben ihn nur Matt genannt. Er war mein Zwillingsbruder.“ Als Mello hörte dass Matt oder Mail besser gesagt einen Bruder hatte und dass dieser gestorben ist und aus diesem Grunde nicht zu seiner Familie zurückkehren wollte, stieg ihm ein furchtbarer Verdacht auf und er konnte nicht fassen als er die folgenden Worte hörte. „Ich habe ihn vor elf Jahren erschossen… Mit der Waffe meines Vaters.“ Immer hatte Mello sich gefragt was Matt zugestoßen sein konnte, dass er nicht zu seiner Familie zurückkehren wollte, obwohl diese so normal war wie jede Durchschnittsfamilie und es in seinen Augen keinen ersichtlichen Grund gab, wieso er nicht einmal seine Familie anrief doch jetzt war alles so klar: Matt hatte Schuldgefühle und traute sich nicht seinen Eltern gegenüber zu treten. „Damals hatten wir beide durch Zufall Vaters Pistole entdeckt und mit ihr herumgespielt. Als ich gesehen habe dass die Waffe geladen war, wollte ich sie Matthew wegnehmen und dabei hat sich ein Schuss gelöst und hat ihn direkt in den Kopf getroffen. Er war auf der Stelle tot und ich hatte furchtbare Angst und bin weggelaufen. Ich konnte mit der Schuld einfach nicht weiterleben und beschloss von nun an die Rolle meines Bruders zu übernehmen. Ich nahm seine komplette Identität an, seine Vorlieben und seine Abneigungen… all seine Charakterzüge und irgendwann wurde ich wirklich zu Matt. Doch egal was ich tat, ich konnte einfach nicht vergessen dass ich meinen jüngeren Zwillingsbruder getötet habe und deswegen konnte ich auch nicht mehr zurück. Meine Familie hasst mich inzwischen sicher und ich konnte dir einfach nichts sagen. Wenn du erfahren hättest dass ich dir die ganzen Jahre über etwas vorgemacht hätte, dann hättest du mich ganz sicher auch ge…“ Mit einem Klaps auf dem Hinterkopf brachte Mello seinen Freund zum Schweigen und umarmte ihn. „Mello… warum machst du das? Ist es dir egal dass ich dich all die Jahre belogen und nur etwas vorgespielt habe?“ „Mail, mir ist es egal welchen Namen du trägst und was du getan hast. Das, was damals passiert ist war ein schrecklicher Unfall und du wolltest es auch nicht tun und allein das zählt. Du bist kein Mörder, du bist mein bester Freund und wie ein Bruder für mich. Du hast all die Jahre meine oft unerträglichen Launen akzeptiert und mich so genommen wie ich bin und das tue ich auch bei dir. Für mich wirst du niemals jemand anderes sein und auch wenn du deiner Familie nicht gegenübertreten willst, so kannst du dir sicher sein dass wir beide für immer Freunde sein werden und als solche auch zusammenhalten. Auch an meinen Händen klebt Blut und deswegen ist es für mich nicht so schlimm… Du brauchst also keine Angst zu haben dass ich gehe weil dein Bruder bei einem Unfall mit der Pistole eures Vaters verstorben ist.“ Tatsächlich schien Matt sich zu beruhigen und sah Mello an. Erleichtert stellte dieser fest dass das Gesicht seines Freundes wieder an seinem Platz war und es war so wie er es kannte. Noch nie war Mello so erleichtert wie jetzt und gab ihm schmunzelnd noch einen Klaps auf den Hinterkopf dass Matt verlegen lachen musste. „Weißt du, mir ist es egal ob du nun ein Gesicht hast oder nicht, du bist und bleibst mein bester Freund, der gerne zockt, die Bude vollqualmt, ein totaler Chaot ist und der meine manchmal extremen Launen gelassen hinnimmt und einfach „Mello bleib mal locker“ sagt. Für mich wirst du immer der Alte sein.“ „Danke… das bedeutet mir wirklich viel.“ Damit stand Mello auf und half seinem Freund hoch und gemeinsam wollten sie das Zimmer verlassen doch da stellte sich der Junge in den Weg, der von Mello zwei Kugeln abbekommen hatte und er sah richtig sauer aus. „Wo willst du hin du Mistkerl? Du hast mich umgebracht, mir meine Identität geklaut und mein Gesicht hast du mir genommen. Dafür wirst du bezahlen.“ Gerade wollte Mello seine Waffe wieder ziehen doch da hielt Matt ihn zurück. Gelassen wie immer holte er eine Zigarette raus und zündete sie sich an, dann holte er selbst eine Pistole hervor und richtete sie dem Jungen gegen die Halsschlagader. „Weißt du was?“ fragte er ihn schließlich und blies ihm eine Nikotinwolke ins Gesicht. „Du gehst mir ganz schön auf die Nerven.“ Damit feuerte er einen Schuss ab und mit einem lauten Knall zersprang das Horrorwesen in unzählige Splitter, die sofort zu Staub zerfielen. Schweigend steckte Matt seine Pistole wieder ein und setzte seine gute alte Fliegerbrille mit den orangefarbenen Gläsern auf, für die er berühmt als auch berüchtigt war. Als sie die Tür öffneten, wurden sie bereits erleichtert von Rebirth und Misa empfangen, die sich ernsthafte Sorgen gemacht hatten. „Was ist denn da drin passiert? Wir haben Schüsse gehört und wollten gerade rein.“ „Ach wisst ihr“ antwortete Matt mit seiner typischen Art „ich musste nur einen Schlussstrich setzen…. Und jetzt lasst uns nach Beyond suchen. Wir sollten wirklich nicht noch mehr Zeit verlieren.“ Kapitel 6: Wahrheit ------------------- Gemeinsam machten sie sich auf den Weg um nach ihrem Freund Beyond Birthday und den 7-jährigen Akito zu suchen, der ebenfalls verschwunden war. Inzwischen hatte sich die Umgebung, die vorher noch der Ausgeburt der Hölle erinnerte, vollständig verändert. Alles sah jetzt wie Beyonds Heimatstadt aus, allerdings gab es ein paar Unterschiede. Manche Geschäfte waren anders und auch ein Viertel sah recht heruntergekommen aus. Ob es vielleicht möglich war dass es dieselbe Stadt war, allerdings die Zeit 17 Jahre zurückversetzt worden war und sich alles wie zu Beyonds Kindheit abspielte? Jedenfalls war das Wetter angenehm sommerlich und die Blumen leuchteten in ihren schönsten Farben. Alles sah so harmonisch und friedlich aus. Gerade kamen sie zu Beyonds Haus da hörten sie eine Stimme, die ein Lied sang. Mello kannte die Melodie, sie war ein altenglisches Volkslied und trug den Titel „Scarborough Fair“ aber es war ein völlig anderer Text. Auf dem Dach eines Nachbarhauses saß ein Kind, gerade mal acht Jahre alt. Er trug ein türkisfarbenes Shirt, welches ihm zwei Nummern zu groß war, Shorts und Sandalen. „Hey du!“ rief Misa zu ihnen rauf. „Das ist gefährlich! Wenn du runterfällst, dann wirst du dich noch schwer verletzen.“ Doch der Junge, der an Armen und Beinen überall Pflaster hatte, schien das anders zu sehen und lachte ausgelassen, dann schließlich rutschte er an der Regenrinne runter, als wäre nichts Besonderes dabei. Dann gingen er auf die Ankömmlinge zu und lächelte sie fröhlich an. „Schön dass ihr da seid. Akito hat sich schon ernsthafte Sorgen um dich gemacht Matt aber anscheinend ist alles gut gegangen.“ „Was weißt du von meinem Sohn? Wo ist er?“ platzte es aus Misa heraus und kniete sich hin um dem Jungen in die Augen zu sehen. „Geht es ihm gut oder ist er hier auch irgendwo?“ „Er war die ganze Zeit über wach und versucht euch zu helfen, eure Ängste zu besiegen und wieder Licht in eure Herzen zu lassen. Aber es wird nicht mehr lange dauern, dann wird Fear sich befreien können und Akito seine ganze Macht spüren lassen um zu einem Ort zu gelangen, an dem bis jetzt kein Mensch lebend hingekommen ist.“ „Wie bitte? Was genau weißt du über Fear?“ fragte Matt, der stutzig wurde denn soweit er wusste hatte Akito nichts mitbekommen von ihrem Gespräch und dementsprechend konnte er auch nichts von Fear wissen. Plötzlich hörten sie Schritte hinter ihnen. „Er ist ein Experiment, welches unter dem Namen Hartmann-Projekt durchgeführt wurde.“ Als sie sich umdrehten, konnten sie ihren Augen nicht trauen denn vor ihnen stand niemand anderes als Rumiko Karasuma, Beyonds verstorbene Adoptivschwester. Sie sah genauso aus wie vor einem Jahr bevor sie gestorben war. Nur ihre Augen waren anders, sie waren nicht rot sondern dunkelblau. Sie schien nicht aggressiv zu sein, machte jedoch einen ernsten Gesichtsausdruck und hatte die Arme verschränkt. „Rumiko, du hier? Bist du echt oder auch nur ein Teil dieser Illusion?“ Rebirth schien immer noch Angst vor ihr zu haben und versteckte sich hinter Mello bevor sie es sich noch anders überlegte und auf ihn losging. Doch Rumiko lächelte ihn freundlich an. „Bei mir ist es ein wenig kompliziert. Wisst ihr als wir den Kiratempel gestürmt haben und ich Akito befreit habe, hat er sich mit meinem Herzen verbunden um den Shinigami in mir zu besiegen. Dabei ist ein Teil von mir auf ihn übergegangen und lange Zeit lebte ich in einer anderen Zustandsform weiter bis Akito eines Tages meine Hilfe gebraucht hat und ich zu ihm zurückgekehrt bin.“ „Dann hatte Akito also recht gehabt als er sagte dass du ein Schmetterling warst?“ „So in etwa. Nur so war es mir möglich weiterhin bei Beyond bleiben zu können doch in diesem Zustand konnte ich weder mit ihm reden noch ihm zeigen dass es mir gut geht. Das war nicht gerade einfach für mich. Als Akito wieder hier war und Matt zusammengebrochen ist, habe ich den Kleinen aufgesucht um wieder ein Teil von ihm zu werden damit ich ihm im Notfall helfen konnte. Aber das ist jetzt auch nicht wichtig. Ich bin hier um euch alles zu erzählen, was ich über Fear weiß, den ich damals übel zugerichtet habe.“ Rumiko flüsterte dem Jungen etwas zu, der sich schließlich von ihnen verabschiedete und verschwand. Sie führte die anderen zu einer kleinen Mauer, auf die sie sich setzte. Misa und Matt gesellten sich zu ihr während Matt und Rebirth lieber stehen blieben. „Also es gibt eine Organisation, die sich Dragonfly nennt. Sie ist schon öfter in Erscheinung getreten und ist auch für die Auslöschung von Nears Heimat verantwortlich. Er ist der einzige Überlebende und die Organisation hat sich zuvor nur auf Waffenentwicklung spezialisiert doch als Beyond und ich unsere Shinigamikräfte annahmen, begannen sie sich immer mehr für Shinigami und Götter zu interessieren. Fear Illusion oder besser gesagt Dimitrij Ivanow kam im russischen Forschungslabor zur Welt und war Teil des Hartmann-Projektes. Man entfernte ihm das rechte Auge und ersetzte es durch etwas, das man auch „das Auge des Ashura“ nennt. Es gehörte der Mythologie nach einer Gottheit, die durch ihren Verrat an die Menschheit zum ersten Shinigami wurde und mit seinen Augen Illusionen erzeugen und realisieren konnte und nicht nur das: Sein Träger ist schlimmstenfalls sogar in der Lage die Gedanken und Herzen der Menschen zu sehen. Fear besaß zudem die Fähigkeit alles erlernte niemals zu vergessen, egal was passierte, was jedoch zu einer sehr instabilen Persönlichkeit und einer hohen Gehirnbelastung führte, weswegen er seine Gedanken kaum ordnen kann und mit relativ neuen Erinnerungen schnell überfordert ist. Er hat mir erzählt dass er plant eine Waffe zu finden, welche ebenfalls dem Gott Ashura gehörte. Es nennt sich das Buch des Schicksals und weist Ähnlichkeiten zum Death Note auf. Ich vermute dass diese unscheinbaren Notizbücher aus den Seiten dieses Buches erschaffen wurden aber Beweise dazu gibt es nicht.“ „Und was genau kann dieses Buch?“ fragte Mello, der erst mal genau wie die anderen damit klarkommen musste, dass es tatsächlich so was wie übernatürliche Dinge gab. Aber andererseits… diese Death Notes und Shinigami waren real, warum also sollte es nicht auch andere Wesen geben. Immerhin musste es doch so etwas wie einen Gegenpol zu den Shinigami geben, oder etwa nicht? Rumiko fuhr schließlich fort. „Dieses Buch kann das Schicksal in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verändern und im schlimmsten Falle das Ende allen Lebens bedeuten. In der Legende wurde der zum Shinigami gewordene Ashura von seinen Schülern getötet, die das Buch an einem Ort versteckten, der als Grenze von Leben und Tod beschrieben wird. Dieser wird bewacht und angeblich kann weder Mensch noch Shinigami dorthin gelangen. Das wiederum ruft Akito auf den Plan der dazu in der Lage sein soll.“ „Aber Akito ist ein Mensch wie wir!“ fiel Rebirth ein und als Rumiko ihm in die Augen sah, zuckte er eingeschüchtert zusammen. Auch wenn sie sich inzwischen verändert hatte und nicht mehr aggressiv war, so hatte er immer noch Angst vor ihr, was auch berechtigt war wenn man bedachte was sie ihm alles angetan hatte. „Akito ist kein normaler Mensch, das müsstet ihr doch längst begriffen haben. Misa, wie kann es sein dass du den Death Note Eintrag überlebt hast und wer war genau in diesem Moment bei dir? Wie konnte es sein dass ich plötzlich meine Shinigamikräfte verlor und wieder die Alte wurde wo doch nur Akito bei mir war und wie kann es sein dass ihr über eure Träume miteinander verbunden seid? Und außerdem stellt sich doch die Frage wer dafür verantwortlich ist, dass ihr Personen begegnet, die eigentlich nicht mehr am Leben sind und die euch helfen? Ich weiß zwar nicht genau zu was Akito noch imstande ist aber so viel steht fest: Er kann unsere Herzen und unser Unterbewusstsein manipulieren.“ Als sie das hörten, wurde ihnen ganz anders. Ein kleines Kind von gerade mal sieben Jahren sollte in der Lage sein, ihre Herzen und ihr Unterbewusstsein nach belieben zu verändern? Dann konnte es doch genauso gut sein, dass Rebirth nicht aus eigenem Antrieb heraus Akito beschützen wollte sondern dass er manipuliert worden war. Nein, das konnten sie sich unmöglich vorstellen. Okay, der Junge war außergewöhnlich und die Kraft besitzen ihre Herzen zu beeinflussen, aber dass er sie böswillig zu seinem Vorteil manipulierte, war schlichtweg ausgeschlossen. Er war ganz anders als sein Vater Kira. Er war nicht so egoistisch und hinterhältig sondern versuchte stets das Gute aus seinen Mitmenschen herauszuholen und ihnen mit seiner Gabe zu helfen und damit niemand falsch über ihn dachte, hatte er es geheim gehalten und sein Leben als normales Kind gelebt ohne dass jemand etwas merkte. „Als ich Akito von Fears Plänen erzählt habe wusste er, dass er alles mögliche tun musste um das zu verhindern und schließlich konnte ich ihn überreden, dich insoweit zu manipulieren, dass du im Notfall auf Fear schießen würdest wenn er ihm zu nahe kommt. Der Mist ist also auf meine Kappe gewachsen Rebirth…“ „Schon okay, im Grunde war das ja gar nicht mal so falsch aber letzten Endes hat es nicht viel geholfen.“ „Akito ist nicht ganz hilflos aber so wie ich das sehe wird er einen Kampf gegen Fear nicht lange durchhalten können. Seine Kraft ist viel zu groß als dass sein Körper sie aushalten kann. Im schlimmsten Fall könnte es sehr gefährlich für Akito werden wenn er gezwungen ist, sie freizusetzen und eben das versuchen wir zu verhindern indem wir euch aus Fears Gefängnis der Illusion befreien.“ „Wer ist wir?“ „Die Personen, die zu euch gesprochen haben und die ihr noch nicht getroffen habt sind Reflexionen eurer Herzen. Sie personifizieren eure teils stärksten Erinnerungen und über diese kann Akito verfügen, wenn er will. Heißt also im Klartext: Er benutzt eure positiven Gefühle, die mit Erinnerungen verbunden sind um eure tief verankerten Ängste zu bekämpfen, die Fear durch seine Illusionen hervorruft.“ „Dann heißt es also wir werden von gleichzeitig zwei Personen manipuliert und sind sozusagen die Marionetten in diesem Spiel?“ Das klang ziemlich hart was Mello da fragte aber auf eine gewisse Art und Weise hatte er recht. Rumiko sah etwas beschämt aus und beantwortete diese Frage lieber nicht. „Akito will euch beschützen weil ihr mit der ganzen Sache nichts zu tun habt, nur deshalb setzt er seine Kraft ein auch wenn er weiß dass er es nicht tun darf. Er hat Angst eines Tages genauso böse wie sein Vater zu werden und das ist schon schlimm genug für ihn. Bis der Zeitpunkt kommt, werde ich hier bleiben und Akito unterstützen und ihr seht zu dass ihr meinen Bruder rausholt und Akito unter allen Umständen beschützt. Fear darf Ashuras Buch niemals in die Hände bekommen sonst steht der ganzen Menschheit Furchtbares bevor.“ Sie schien wirklich ernsthaft besorgt zu sein und so gaben alle ihr Versprechen. Misa war jetzt noch beunruhigter als sie es jetzt schon war und stand kurz davor durchzudrehen. Der Gedanke daran dass ihr 7-jähriger Sohn Menschen mit übernatürlichen Kräften manipulieren konnte und in der Lage war zu einem Ort zu gelangen, an dem es niemals jemand lebend hingeschafft hatte, bereitete ihr eine Gänsehaut und irgendwie schien sie ihn gar nicht wirklich zu kennen. Warum nur hatte er ihr nichts gesagt? Etwa weil er Angst hatte dass sie in ihn Kira sehen und ihn deswegen verstoßen würde? Vielleicht schämte er sich ja selbst dafür und hatte Angst vor dem was passierte wenn man von seiner Fähigkeit erfuhr, dass sie misstrauisch wurden weil sie nicht wussten ob sie von ihm manipuliert worden waren oder nicht. „Wer genau hat eigentlich überhaupt von seinen Fähigkeiten gewusst?“ „Er selbst, ich, Fear und Beyond hat es vor kurzem erfahren. Akito kann seine Gabe so geschickt einsetzen, dass niemand etwas davon erfährt. In dieser Beziehung kommt er tatsächlich etwas nach seinem Vater.“ Da hatte sie einen großen Sprung ins Fettnäpfchen getan denn so etwas hörte Misa wirklich nicht gerne. Schnell entschuldigte sie sich und erzählte weiter. „Also zurück zu Fear: Im Moment befindet sich seine Kraft auf dem zweiten Level indem er Leute nicht nur etwas einfaches vorgaukelt sondern sie richtig schlafen schickt und sie psychisch mit ihren Träumen foltert. Wenn er seine ganze Macht freisetzt und diese das so genannte dritte Level erreicht, dann werden seine Illusionen real.“ „Ist das schon mal passiert?“ „Nur ein Mal, nämlich als er das Forschungslabor in Russland zerstört hat. Augenzeugen berichten von gigantischen Feuer- und Wassersäulen, Tornados und bizarren Kreaturen. Heißt also dass Fear ganze Städte auslöschen kann, wenn er seine ganze Kraft freisetzt. Deswegen muss er getötet werden. Ich war mir sicher gewesen dass ich ihn endlich ausgeschaltet hätte aber leider hat er überlebt und eine zweite Chance gab es leider nicht mehr. Jeder, der ihm in sein rechtes Auge sieht ist geliefert und es funktioniert auch anders herum: Wenn er in die Augen eines anderen sieht, kann er den Verstand und alle fünf Sinne verrückt spielen lassen so wie er es will. In eurem Falle brauchte er lediglich eure größten Ängste hervorrufen und da ihr all dies als real gesehen habt, brauchte er nichts Weiteres zu tun als zuzuschauen da vieles aus eurer eigenen Fantasie entspringt.“ „Du meinst also dass wir unbewusst dafür gesorgt haben dass aus einem rollenden Kieselstein eine Lawine wird?“ Rumiko nickte ernst und zündete sich eine Zigarette an. „Deswegen wurde es auch das Hartmann-Projekt genannt. Eduard von Hartmann hat sich mit der Theorie des Unbewussten befasst und Heinz Hartmann war Mitbegründer der Ich-Theorie, die man schon von Sigmund Freud kennt.“ Nun ja, eigentlich war jeder damit vertraut… alle außer Misa, die leider keinen Universitätsabschluss hatte und von solchen Sachen nicht viel verstand und etwas beschämt in die Runde sah. Mello erklärte es ihr. „Nach Freud gibt es das Ich, das Es und das Über-Ich. Das Es symbolisiert die Instinkte und Triebe und kann destruktiv veranlagt sein. Das Über-Ich ist das andere Extrem und steht für Moral, Gesetze und Verbote und das Ich kompensiert alles. Es bringt beides in Einklang und ist unser Bewusstsein, das die Kontrolle hat und die beiden Extremen mit den Einflüssen der Umwelt in Einklang bringt. In Fears Fall ist es so, dass das Über-Ich fehlt oder so schwach ausgeprägt ist, dass er das Es nicht unter Kontrolle halten kann und somit unter enormen psychischen Druck steht. Deswegen nimmt er seine Umwelt überreizt wahr und ist außerstande ein normales Leben zu führen.“ Während er erklärte, hatte er mit einem Stock das Prinzip bildlich im sandigen Boden dargestellt, damit Misa das besser verstehen konnte. Naja, zwar schien sie es immer noch nicht ganz eindeutig kapiert zu haben, aber zumindest hatte sie verstanden was es ungefähr bedeutete. Die anderen hatten ihm aufmerksam zugehört und schließlich machten sie sich auf dem Weg zum Haus, wo Beyond früher gewohnt hatte, doch dann blieb Rumiko plötzlich stehen. „Ab hier müsst ihr alleine weitergehen.“ „Willst du nicht mit ihm reden? Immerhin bist du seine Adoptivschwester und er vermisst dich so…“ Traurig schüttelte Rumiko den Kopf und machte einen Schritt zurück. „Glaubt mir, ich würde nichts lieber tun als ihn in den Arm zu nehmen und mit ihm zu sprechen aber das würde alles nur viel schlimmer machen. Wenn er wüsste dass ich in irgendeiner Form immer in dieser Welt existiere, dann wird er niemals ein eigenes Leben beginnen sondern immer nur seiner Vergangenheit hinterher trauern. Ich will ihm nicht noch mehr antun wo es ihm schlecht genug geht. Was er jetzt braucht ist nicht der Geist einer verstorbenen Schwester, die ihm klarmachen muss dass sie nicht für alle Ewigkeiten weiterexistieren kann und irgendwann einfach verschwinden wird sondern Freunde, die ihm beistehen. Ich habe meine Rolle ausgespielt und auch wenn es mir wehtut dass ich Beyond nicht sehen kann, so bin ich doch froh, dass er solch gute Freunde hat, die ihn nicht im Stich lassen.“ „Dann müssen wir uns wohl verabschieden oder?“ Traurig nickte Rumiko und kämpfte mit den Tränen. „Ihr werdet es schon schaffen, das weiß ich genau und es ist ja kein Abschied für immer. Eines Tages werden wir uns ganz sicher wieder sehen… und dann werden wir alle wieder das gute alte Team sein. Bitte helft meinem Bruder…“ Von jedem verabschiedete sie sich mit einer Umarmung, dann ging sie und als sie um eine Ecke ging, war sie schließlich verschwunden. Schweigend standen sie eine Weile da und niemand vermochte etwas zu sagen, dann aber kamen Misa die Tränen. „Sie kann einem echt leid tun… Egal was sie tut, sie ist immer allein…“ Am liebsten hätte Mello etwas entgegnet, aber im Grunde hatte Misa völlig recht. Rumiko war immer alleine. Sie war in ihrem Leben alleine gewesen um Bruder vor ihrer Aggression zu beschützen und sie war jetzt nach ihrem Tode alleine weil sie Beyond nicht alleine lassen wollte. Doch dann fiel ihm der Junge ein, von dem Beyond mal erzählt hatte. Wenn er es so recht bedachte passte seine Beschreibung auf den Kleinen, den Rumiko weggeschickt hatte. „Ich denke mal, so ganz alleine ist sie nun auch wieder nicht. Immerhin hat sie jetzt jemanden an ihrer Seite, den sie seit ihrer Kindheit gesucht und nie gefunden hat. Mag schon sein dass sie Beyond furchtbar vermisst, aber alleine ist sie nicht. Genauso wie Beyond hat sie jemanden, der für sie da ist und ich denke das ist das Wichtigste: Wir können alle aufeinander zählen.“ „Ich will ja die Stimmung nicht verderben aber irgendwie klingt das aus deinem Munde echt komisch wo du doch der total coole Draufgänger bist.“ Als Rache für den Kommentar trat Mello seinem Freund Matt strafend gegen das Schienbein und sah ihn finster an. „Ich sag da besser mal gar nichts dazu. Und jetzt sollten wir reingehen und Beyond mal gründlich den Kopf waschen bevor es zu spät ist.“ Laut schrie Akito auf als Fear ihn an den Haaren wegzerrte und versuchte sich zu befreien, jedoch erfolglos und bekam direkt eine Ohrfeige. „Hör auf immer so viel Ärger zu machen. Du solltest dich eigentlich glücklich schätzen weil ich dich für die Verwirklichung meines Plans brauche denn sonst hättest du für diese Aufmüpfigkeit längst mit deinem Verstand bezahlt.“ „Ich lasse nicht zu dass du die Waffe in deine Hände bekommst, das werde ich verhindern“ rief Akito und trat Fear ins Schienbein, doch das schien diesen nicht sonderlich zu stören. Im Gegenteil, gelassen setzte er ein verschlagenes Lächeln auf lachte herablassend. „Und wie willst du das bitteschön verhindern? Ich habe deine Mutter und deine Freunde außer Gefecht gesetzt und so schnell werden die auch nicht aufwachen. Ich rate dir also einen anderen Ton mir gegenüber zu verwenden bevor noch schlimmeres passiert. Sonst… sonst sehe ich mich gezwungen meine ganze Kraft freizusetzen und das würde das Ende dieser kleinen Stadt bedeuten. Also was ist?“ Akito schwieg und bewegte sich zunächst nicht, doch dann fuhr er herum und verdrehte Fear die Hand, dann biss er zu und konnte sich somit befreien. Laut schrie der Russe auf und holte ein Taschentuch heraus. „Ich werde dir niemals helfen!“ „Dann wird deine Mutter hier und jetzt sterben.“ Eigentlich hatte Fear gehofft nicht so weit gehen zu müssen aber sein rechtes Auge schmerzte stark und würde zusätzliche Belastungen nicht vertragen. Das hätte zur Folge dass er die Kontrolle verlor und das durfte nicht schon wieder passieren. Er nahm seinen Gehstock und zog am Griff. Ein Schwert kam zum Vorschein und seine Klinge schimmerte im blassen Licht des Mondes. Doch Akito ließ sich nicht einschüchtern und stellte sich ihm entschlossen in den Weg. „Für einen 7-jährigen bist du ganz schön mutig, das muss ich dir lassen aber meine Freundlichkeit hat bald ihre Grenzen erreicht und wenn du mich jetzt bitte entschuldigst, ich habe ein paar Hälse aufzuschlitzen.“ „Ich werde nicht zulassen dass du irgendjemandem etwas antust, das werde ich verhindern.“ „Dann töte mich doch mit deiner Macht. Worauf wartest du? Im Gegensatz zu deinem Vater besitzt du wirklich die Macht eines Gottes und diese dummen Homo Sapiens werden niemals verstehen welche Rolle du wirklich in dieser gottverlassenen Welt spielst. Die Welt ist unweigerlich dem Untergang geweiht, so viel ist sicher und wo bleibt der Messias, der uns retten wird?“ „Hör auf damit, ich bin nicht wie Papa. Er hat Menschen umgebracht und gesagt dass sie es nicht verdient haben zu leben. Ich bin weder ein Gott noch ein Messias. Ich bin Akito Amane und ich werde nicht zulassen dass du den gleichen Fehler begehst wie mein Papa damals indem du eine Waffe missbrauchst, die nicht für Menschen bestimmt ist.“ Sarkastisch wenn auch klein wenig provokant klatschte Fear in die Hände und steckte sein Schwert wieder ein und tupfte sich stattdessen das Blut aus dem Gesicht, welches unablässig aus seinem rechten Auge floss. „So eine Antwort hätte man vom Sohn des wohl gefährlichsten Massenmörders erwarten können. Beantworte mir eine Frage: Warum mimst du hier den unschuldigen kleinen Jungen obwohl du so eine Macht hast? Warum nutzt du sie nicht und formst die Menschen nach deinen Vorstellungen? Seien wir doch ehrlich: Diese dummen Lebewesen sind doch nichts Besseres als Marionetten und es ist mir unbegreiflich warum die Kami ihre Macht immer versteckt hielten…. Es kann doch so ein Spaß sein, die Menschen nach unserer Belustigung herumhampeln zu lassen.“ Angewidert von dieser Haltung verzog Akito die Miene und schüttelte den Kopf. Dieser Fear war in seinen Augen nicht besser als sein Vater, der auf andere herabschaute und sich für etwas Besseres hielt und seine Macht für seine egoistischen Zwecke missbrauchte. Bei seinem Leben hatte er sich geschworen niemals den gleichen Fehler zu begehen und seine Mutter stolz zu machen, genauso wie sein „großer Bruder“ Rebirth, der seine Shinigamikräfte nur zum Schutz anderer einsetzte. „Vielleicht weil sie in Frieden mit den Menschen leben wollen. Sie mögen zwar schwach und manipulierbar sein, aber sie haben auch viele gute Seiten. Nicht alle sind grausam sondern haben gute Herzen und wollen nur Gutes für die Welt. Du willst die Menschen mit billigen Illusionen und Taschenspielertricks manipulieren und ihre Ängste ausnutzen um sie einzuschüchtern aber wenn sie deine Tricks durchschaut haben, dann bist du machtlos. Die Kami haben sich für das Leben mit den Menschen entschieden, weil sie sich für den Frieden und nicht für Terror und Krieg entscheiden wollten.“ „Komm mir nicht mit Moral, das interessiert mich nicht im Geringsten. Ich will auch nicht die Welt regieren oder so. Ich will zurück nach Hause, ich will zurück ins Forschungslabor von Dragonfly wo ich geboren und aufgewachsen bin.“ Es klang verrückt in den Ohren anderer aber Fear hasste das Leben in Freiheit abgrundtief. Er fühlte sich von den Menschenmassen in den Großstädten erdrückt, die Medien und das Fernsehen war der reinste Alptraum und er fühlte sich unter freiem Himmel nicht wohl. Zu viele Daten und zu viele Erlebnisse hagelten regelrecht auf ihn ein und da er einfach nichts vergessen konnte, fiel es ihm schwer überhaupt das Haus zu verlassen. Lediglich mit Anne war ihm dieses Leben halbwegs erträglich. Seine Anne…. Sie war ebenfalls im Dragonfly Forschungslabor in Russland zur Welt gekommen und besaß erstaunliche Fähigkeiten, die für sie jedoch eine Qual waren, da sie schreckliche Experimente über sich ergehen lassen musste. Als er das Forschungslabor verließ, nahm er sie mit und da sie keinen Namen hatte, nannte er sie Anne Hartman. Seitdem blieb sie immer treu an seiner Seite und erfüllte ihm jeden Wunsch. Egal was er von ihr verlangte, sie tat es ohne nachzufragen und gab ihm die Sicherheit, die er brauchte um nicht noch in dieser Welt verrückt zu werden. Sie war sein roter Faden, an dem er sich festhalten konnte… Mit dem Buch des Ashura würde er die Welt nach seinen Vorstellungen verändern und dann würde es eine Welt sein, in der er zusammen mit Anne leben konnte. Doch dazu brauchte er dieses sture und uneinsichtige Kind, welches sich einfach nicht überreden ließ. „Nun gut, dann muss es wohl so sein…“ murmelte er schließlich und holte ein Taschentuch heraus, welches er vorsätzlich mit Chloroform versehen hatte und während er mit der einen Hand den Jungen am Nacken festhielt, drückte er ihm mit der anderen das weiße bestickte Tuch ins Gesicht und es dauerte auch nicht lange, da verdrehte er die Augen und verlor das Bewusstsein. „Ich hab keine Lust mehr an einem Ort zu bleiben, wo ich noch nicht einmal Heimvorteil habe und wenn die mich alle gleichzeitig angreifen… nee, das muss ich nicht haben.“ Mit dem bewusstlosen Akito unterm Arm verließ er das Haus und traf auch direkt Anne Hartman an. Sie hatte kurz geschnittenes schwarzes Haar welches im Licht blau schimmerte und zwei lange Strähnen, die sie zu Zöpfen gebunden hatte. Sie trug eine entsprechende Dienstmädchenuniform und begrüßte Fear mit einer leichten Verbeugung. „Hattet Ihr Erfolg, Herr?“ „Noch nicht aber wir verlegen das Spielfeld. Fahren wir zurück zum Anwesen und bereiten alles vor.“ „Wollen Sie keine Nachricht hinterlassen?“ Nachdem das Dienstmädchen ihm die Wagentür geöffnet und auch wieder geschlossen hatte, setzte sie sich ans Steuer und fuhr los. Siegessicher lächelnd sah Fear aus dem Fenster und betrachtete den sternenklaren Himmel. „Die sind nicht dumm. Eine Nachricht wäre vollkommen überflüssig den immerhin handelt es sich bei drei von ihnen um die letzten potentiellen Nachfolger L’s und das will ja was heißen. Wenn wir da sind, werden wir ihnen einen gebührenden Empfang bereiten.“ „Ich habe verstanden junger Herr.“ Kapitel 7: Entführung --------------------- Als Misa die Augen aufmachte, schmerzte ihr Rücken vom langen Liegen auf dem Fußboden. Es war ziemlich dunkel und allem Anschein nach waren sie wieder zurück in Beyonds Wohnung. Nach und nach wachten auch die anderen auf und waren sich erst nicht sicher ob sie auch wirklich wieder zurück waren, aber als sie die vertrauten Wände des Hauses sahen, waren sie erleichtert. Mello half seinem Freund hoch und schaltete erst einmal das Licht an. „Akito?“ rief er und ging erst mal in das Zimmer des Kleinen, doch da war er nicht. Misa und Rebirth gingen in der Küche nachsehen da dieser sich dort vor Fear versteckt hatte. „Akito, bist du hier?“ „Oh bitte nicht auch noch das. Erst diese furchtbaren Erlebnisse und dann verschwindet mein 7-jähriger Sohn. Was wenn dieser Fear ihn entführt hat?“ Misa war am Ende mit den Nerven was niemand ihr wirklich verdenken konnte. Die ganze Zeit hatte sie schreckliche Angst um ihr Kind und der Gedanke dass er wer weiß wie lange allein mit einem Wahnsinnigen war, bereitete ihr ein schlechtes Gewissen und am liebsten hätte sie geweint doch das würde ihn auch nicht zurückholen. „Keine Sorge, wir finden ihn!“ versprach Rebirth und machte überall das Licht an. Beyond suchte auf dem Dachboden während Matt den Keller durchforstete aber nirgends fand sich eine Spur von dem Jungen oder Fear. Ein Blick auf die Uhr verriet ihnen dass sie fast eine Stunde weggetreten waren und inzwischen war es 3 Uhr morgens. Eine Stunde zu viel für Akito, so viel stand fest und nachdem Beyond sich zusammen mit Rebirth draußen umgesehen hatte und anhand von Fußabdrücken erkennen konnte, dass es sich um zwei verschiedene Personen handelte von denen ganz eindeutig eine davon eine Frau war. Als sie die Hausdurchsuchung abgeschlossen hatten, versammelten sie sich wieder im Wohnzimmer um sich zu besprechen. Misa saß auf der Couch und sah etwas weggetreten aus was an dem Beruhigungsmittel lag, welches Beyond ihr vorsorglich gegeben hatte, bevor sie noch einen Nervenzusammenbruch erlitt aus Angst darum, was ihrem Sohn noch passieren würde, wenn sie wieder zu spät kamen. „Hat einer von euch eine Idee wo sie sein könnten?“ fragte Rebirth in die Runde und sah jeden von ihnen eindringlich an. Matt passte und auch Mello war überfragt. Sie beide hatten Fear seit Ewigkeiten nicht gesehen und wussten bis vor kurzem auch nicht, dass er noch lebte. Aber Beyond schien eine Vermutung zu haben, doch er hielt sich etwas zurück. Dies blieb trotzdem nicht unbemerkt und so stellte man ihn zur Rede. „Beyond, wenn du etwas weißt oder eine Ahnung hast, dann sag es uns!“ „Ich weiß es nicht genau aber Rumiko sagte mir vor einiger Zeit dass sie in einer Villa in der Nähe der Rocky Mountains war, in der es vor lauter Fallen wimmelte und die Räume zum Teil so aufgebaut wären, dass man sich wie in einem bizarren Traum vorkäme und dass dort ein zurückgezogener Illusionist mit einem Dienstmädchen an seiner Seite leben würde. Wie schon gesagt, ich kann auch total falsch liegen.“ „Nein, das klingt interessant. Weißt du ob es einen bestimmten Namen gab?“ „Sie erwähnte irgendetwas in der Richtung von „Nightmare Mansion“. Mehr weiß ich aber wirklich nicht.“ Nightmare Mansion? Das passte zu so einem Kerl wie Fear aber warum sollte er nach dem Attentat von Rumiko immer noch dort leben obwohl er eigentlich Angst haben sollte, dass so etwas wieder passieren könnte? Vielleicht weil er sich nur dort wirklich wohl fühlte. An einem Ort wo er sehen konnte wie die Psyche der Menschen funktionierte und wie man sie am besten zu manipulieren hatte. Dass er ein unschuldiges Kind entführt hatte, reichte Mello schon völlig um ihn eigenhändig in die Hölle zu schicken. Jeder von ihnen war der Meinung, dass man dem endlich ein Ende machen sollte und es besser für alle war, diesen Kerl zu beseitigen. „Also gut, wir gehen folgendermaßen vor: Matt, du recherchierst mehr zur Nightmare Mansion und seinen Besitzer und an welchen Ort sich Fear Illusion oder Dimitrij Ivanow aufhalten könnte. Beyond, du kümmerst dich zusammen mit Rebirth um ein Transportmittel und du Misa, ich zeige dir wie man mit einer Schusswaffe umgeht.“ Als die Japanerin das hörte, fielen ihr fast die Augen aus dem Kopf. Für das Inselvolk galten strengere Waffengesetze als in den USA und Zivilisten war es verboten Schusswaffen zu besitzen. Das Gleiche galt auch für viele Länder Europas und Mello war da ganz anders groß geworden, da in Amerika fast jeder eine Waffe besitzen durfte. „Ich soll schießen?“ „Wenn es hart auf hart kommt und du um dein Leben kämpfen musst und wir sind nicht bei dir, dann wirst du etwas brauchen womit du dich verteidigen kannst. Du kannst auch hier bleiben wenn es dir zu gefährlich ist und wir werden Akito befreien. Das ist auch in Ordnung.“ Misa widerstrebte es aber, einfach untätig herumzusitzen wenn sie wusste dass ihr 7-jähriger Sohn in der Gewalt eines gefährlichen Psychopathen war, der vollkommen unberechenbar war und über unmenschliche Kräfte verfügte. Also willigte sie ein und Mello ging mit ihr auf den Dachboden um zu üben. Draußen um die Uhrzeit würde nur viel zu viel Aufsehen erregen und es reichte wenn Misa einigermaßen zielen konnte. Mello schärfte ihr besonders ein niemals zu schießen wenn er Akito oder jemand anderen als Geisel hatte. Die Gefahr, dass sie danebenschoss, war einfach viel zu groß. „Wir überlassen es lieber Rebirth, der hat eindeutig die besseren Augen und ist als Profischarfschütze besser geeignet.“ Das Training und alle anderen Vorbereitungen dauerten nicht lange, was den Grund hatte dass sie so schnell wie möglich den Jungen befreien mussten. Wenn Rumiko recht hatte was die Pläne dieses Mistkerls angingen, dann würde er wirklich vor gar nichts in der Welt zurückschrecken um an sein Ziel zu gelangen und das musste verhindert werden. Sie verbrachten gerade mal eine Stunde mit Vorbereitungen und fuhren direkt los. Matt hatte nach Beendigung ihrer Mission in Japan all seine Erfindungen und Basteleien in die USA gebracht und dazu gehörten zwei gepanzerte Wagen, die nach Matts Aussage „mehr PS haben als Schumis Ferrari“. Sie teilten sich auf beide Wagen auf: Beyond fuhr mit Rebirth und Misa während Matt und Mello den anderen Wagen nahmen. „Wir brauchen bei normalen Tagesverkehr fast drei Stunden aber da es nachts ist, sind weniger Autos auf den Highways und dank der aufgemotzten Karren gewinnen wir noch zusätzlich Zeit. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass wir riskieren von der Polizei angehalten zu werden. Wir können auch Umwege nehmen wo keine Cops kontrollieren aber das würde zu viel Zeit kosten. Also gilt folgendes: Tempo halten und wenn ihr Sirenen hört, stellt das Radio lauter und versucht auf andere Strecken auszuweichen. Über die Freisprechanlage werden wir Kontakt halten. Und wenn wir die Villa erreichen gilt eine Regel, die ihr unbedingt einzuhalten habt und einen Verstoß dagegen werde ich keinesfalls akzeptieren.“ Schweigend sahen alle Mello an, der seit der Stürmung des Kira-Tempels nicht mehr so ernst gewesen war. „Bleibt mir ja am Leben verstanden? Damit das klar ist: Ein „Nein“ werde ich ganz sicher nicht hinnehmen. Habt ihr das jetzt alle kapiert?“ „Ja“ kam es einstimmig zur Antwort und um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, stiegen sie sofort ein und dann fuhren sie los. Da Misa nicht in der Lage war in diesem Gefühlschaos Auto zu fahren und Rebirth sie lieber trösten wollte, saß Beyond am Steuer. Zitternd umklammerte die junge Mutter ihre Handtasche, in der sie die Pistole aufbewahrte, die Mello ihr gegeben hatte. Aufmunternd legte Rebirth ihr eine Hand auf die Schulter und sah sie mit seinen Shinigamiaugen an. „Mach dir keine Sorge Misa, wir werden Akito auf jeden Fall befreien.“ „Wenn… wenn dieser Kerl…“ brachte Misa mit zitternder Stimme hervor und krallte ihre zierlichen Finger in das schwarze Kunstleder der Tasche. In ihren Augen brannte wilde Entschlossenheit, welche Rebirth nicht von ihr kannte. Das letzte Mal, als er sie so gesehen hatte was als sie sich dazu entschlossen hatte, sich für das Wohl ihres Sohnes und das ihre gegen Kira zu stellen und damit ihre große Liebe zu verraten. „Wenn dieser Kerl es wagen sollte meinem Sohn auch nur ein Haar zu krümmen…“ Misas Hand glitt in die Tasche und umschloss den kalten Stahl der Waffe, der Finger legte sich um den Abzug und man hätte meinen können, sie wolle jeden Moment losschießen „dann werde ich ihn eigenhändig ins Jenseits befördern!!!“ Langsam wachte Akito auf und hatte das Gefühl, ihm würde gleich der Kopf platzen. Bewegen konnte er sich nicht, er war mit Gurten gefesselt und mit seine Füße waren mit Fußschellen versehen. Seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt und zusätzlich war er an dem Stuhl festgeschnallt. Entkommen war also vollkommen unmöglich, das schaffte sicherlich kein Entfesslungskünstler. Als er sich umsah musste er feststellen, dass der ganze Raum voll mit Monitoren war und mitten drin teure Möbel standen. Ein Sessel, ein Mahagonischreibtisch und ein Bücherregal mit zum Teil wertvollen Erstausgaben. Wirklich starke Kontraste aber irgendwie passte es zu diesen Fear. Dieser saß am Schreibtisch und tätigte einen Anruf auf Russisch. Als er sah dass Akito aufgewacht war, legte er auf und drückte einen Knopf. Wenig später kam ein Dienstmädchen rein. Sie hatte schwarzes leicht bläulich schimmerndes Haar, zwei lange Strähnen und bernsteinfarbene Augen. „Schön dass du aufgewacht bist mein Junge. Ich hoffe die Fesseln sind nicht zu unbequem…“ „Warum hast du mich gefesselt? Was soll das alles und wo hast du mich hingebracht?“ „Ich kann doch nicht riskieren dass mein kleiner Goldjunge einfach abhaut und nachher noch in eine meiner Fallen reinläuft. Du musst wissen, wir befinden uns hier in meinem Anwesen, der Nightmare Mansion. Dieses Haus ist mein ganzer Stolz weil jeder Raum auf seine Weise einzigartig ist. Es gibt schräge Zimmer, eine unendliche Wendeltreppe und ein Stockwerk, welches kein Ende hat. Alles hochkomplizierte Konstruktionen und überall gibt es Falltüren. Hier haben Einbrecher keine Chance und wer so lebensmüde ist sich hierher zu trauen, der kommt hier nicht mehr so schnell raus. Ich kann nach Belieben sogar Wände verschieben und das Anwesen ist wie ein einziges Labyrinth. Ehrlich gesagt kann ich es kaum erwarten dass deine Freunde hierher kommen. Ach ja…“ Fear, der seinen Zylinder abgenommen hatte, kratzte sich am Kopf und ließ sich von dem Dienstmädchen ein Glas Rotwein einschenken. „Wo habe ich bloß meine Manieren? Das ist mein Dienstmädchen Anne Caroline Hartman. Seit ich das Forschungslabor in Russland verlassen habe, steht sie mir zur Seite und ist meine engste Vertraute. Sie ist überaus loyal und verfügt über erstaunliche Fähigkeiten. Möchtest du irgendetwas bevor die Show beginnt? Vielleicht eine Limonade oder Süßgebäck?“ Akito schüttelte den Kopf und sah Fear böse an, der sein rechtes Auge mit einer Augenklappe verdeckte, die mit einer weißen Rose verziert war, was sein ästhetisches Aussehen unterstrich. „Was hast du vor?“ „Was ich vorhabe willst du wissen? Ist doch ganz einfach: Du bist der Einzige der mir helfen kann an Ashuras Buch des Schicksals zu gelangen. Das Buch, aus dessen Seiten die Death Notes der Shinigami erschaffen wurden. Seit ich das Labor verlassen habe, habe ich die Welt bereist und Fragmente aus der alten Welt gesammelt. Mein rechtes Auge ist der beste Beweis dafür.“ „Alte Welt?“ Akito war zwar in Geschichte sehr erfahren, aber von so etwas hatte er noch nie gehört. Vieles kam ihm wie aus einem Märchen vor, was plötzlich Wirklichkeit geworden war und er selbst war ein Teil davon. Seit er vier war wusste er Dinge, von denen er nie etwas gewusst hatte und hatte manchmal das Gefühl, als würde irgendjemand in seinem Körper leben und ihn steuern wenn er in Gefahr war. Es war seltsam und manchmal unerklärlich, aber Akito spürte dass dieser Unbekannte in ihm keinerlei böse Absichten hatte sondern ihn beschützen wollte. Doch nicht nur das war ihm aufgefallen: Er konnte genau dort, wo sich die Herzen der Menschen befanden, Licht und Schatten erkennen und sehen ob sie nun gut oder böse waren. Waren die Menschen böse, waren sie von einem dunklen Nebel umgeben und Akito konnte förmlich spüren wie gefährlich sie sein konnten. Bei seinem Vater war es dasselbe gewesen. Nicht ein kleines Licht hatte er in ihm gesehen und wohl oder übel akzeptiert dass er ihm nicht helfen konnte. Es war schlimm gewesen daran zu denken, dass sein Vater unzählige Menschen getötet hatte und Misa ebenfalls umbringen wollte… In Fear herrschte ein furchtbares Gefühlschaos und selbst für Akito war er nicht ganz durchschaubar. Mal hatte er seine gute Seite und dann war er das komplette Gegenteil und ziemlich sadistisch und kaltblütig. Er war ein wirklich widersprüchlicher Mensch und seine vollkommen chaotische Gefühls- und Gedankenwelt war für Akito wirklich beängstigend. „Als alte Welt bezeichnen wenige die Zeit in der Menschen, Götter ja sogar andere Wesen in dieser Welt gelebt haben. Es gab sogar ein paar wenige Drachen auf dem chinesischen Festland bevor diese endgültig ausgerottet wurden. Aus einem Shinto Tempel habe ich ein paar Dokumente „ausgeliehen“ in dem von Göttern die Rede ist, die mit ihrer Macht die Welt für immer verändern konnten. Sie werden auch Kami genannt und haben an der Seite der Menschen Krieg gegen die Shinigami geführt, bis sie selbst verraten wurden und getötet wurden. Einer von ihnen besaß die Macht, die Herzen und das Unterbewusstsein von Menschen zu lesen, sich mit ihnen verbinden und zu manipulieren und mit seinem Schwert Raum und Zeit zu zerschneiden. Er opferte sein Leben um das Heiligtum der Kami vor den Shinigami zu beschützen und sein Bruder benutzte Ashuras Buch, welches ihm vor seinem Tod abgenommen wurde um die Shinigami für immer aus unserer Welt zu verbannen. Diese Schrift war für mich der handfeste Beweis, dass es tatsächlich so etwas wie eine göttliche Macht gibt und habe angefangen nach Fragmenten zu suchen, die aus der alten Welt stammen. Du Akito, du gehörst auch dazu.“ „Was? Warum das denn?“ „Ich dachte du hättest es endlich geschnallt…Dir ist doch wohl bewusst dass du kein normaler Mensch bist sondern über Fähigkeiten verfügst, die kein anderer besitzt. Wenn meine Vermutungen stimmen, und das tun sie zu 87,12%, dann bist du niemand anderes als die Reinkarnation einer richtigen Gottheit. Nicht wie dein Vater, der geglaubt hat mit der Macht des Death Notes eine zu werden… nein…. Du bist wirklich eine Gottheit geboren im Körper eines Menschen. Du bist außergewöhnlich wie Anne und ich und deshalb gehörst du zu uns und nicht zu diesen langweiligen Menschen, die schwach, dumm und selbstsüchtig sind. Mein Angebot steht: Hilf mir mich zu Ashuras Buch des Schicksals zu bringen und ich werde dafür sorgen dass diese Sache mit Kira niemals geschehen ist. Du wirst einen gutherzigen und aufrichtigen Vater haben und in einer glücklichen Familie leben. Dein Onii-chan wird dann auch niemals von Rumiko gefoltert worden sein und diese wird mit ihrem Bruder zusammen glücklich leben. Alles, was schief gelaufen ist, kann ich wieder in Ordnung bringen. Du musst mich nur dorthin bringen wo das Buch ist.“ Es war ein verdammt gutes Angebot und ziemlich verlockend. Wenn man bedachte wie sehr Beyond unter dem Verlust seiner Adoptivschwester und seiner Vergangenheit litt und wie an Matt und Mello Schuldgefühle nagten… wenn Akito die Chance bekäme all das ungeschehen zu machen, wäre es dann falsch von ihm sie abzuschlagen? Seine Freunde hatten ihn immer beschützt und waren für ihn da, sollte er also Fears Angebot annehmen um sich zu revangieren? Akito fühlte sich so hin und her gerissen und wusste, dass er seine Entscheidung, egal wie sie ausfallen würde, irgendwann bereuen würde. „Mama… Onii-chan… was soll ich bloß tun?“ Akito begann zu weinen weil er einfach nicht wusste, wie er sich entscheiden sollte weil er seine Freunde nicht im Stich lassen wollte und andererseits konnte er nicht zulassen, dass Fear an eine solch mächtige Waffe kam. Gerade wollte Akito etwas sagen, als er plötzlich eine Stimme hörte. Es war so, als ob sie aus den tiefsten Tiefen seines Unterbewusstseins kam und er hatte sie schon mal gehört. Doch manchmal war sie so leise, dass er sie kaum hören konnte. „Der Flügelschlag eines Schmetterlings im Amazonas kann Stürme in Europa verursachen. Vergiss das niemals!“ Ja genau, der Schmetterlingseffekt. Darüber hatte Akito schon mal gelesen und auch mal von einem Film gehört, den seine Mutter ihn aber nicht sehen ließ. Wenn er etwas in der Vergangenheit änderte, könnte dies katastrophale Folgen in der Zukunft haben und nichts wäre mehr so wie früher. Vielleicht gab es ja einen bestimmten Grund warum alles so gekommen ist, vielleicht weil sonst etwas Schlimmeres passiert wäre? Aber was sollte denn schlimmeres passieren als wenn sein eigener Vater ungefähr zehntausend Menschen getötet hatte oder sogar noch mehr? Irgendwie wusste Akito nicht weiter aber dann dachte er an Onii-chan. Er hatte seine Mutter mit dem Messer angegriffen weil sie ihn nie geliebt sondern nur benutzt hatte und ihn hasste. Wenn ihm das nicht passiert wäre, hätte er Beyond niemals in der Psychiatrie kennen gelernt und dann wäre er mit ihm niemals nach Japan gereist. Sie beide hätten sich niemals im Vergnügungspark kennen gelernt. Wenn Akito ihn dann begegnen würde, dann würde Rebirth ihn gar nicht erkennen. Oder noch schlimmer: Wenn sein Bruder niemals krank geworden und gestorben wäre, dann hätte Rebirth niemals existiert. Oder wenn Rumikos und Beyonds Kindheit glücklich verlaufen wäre, dann hätten sie vielleicht Jamie niemals kennen gelernt und sich mit ihm angefreundet. Er wäre noch nicht einmal nebenan eingezogen wenn seine Mutter nicht gestorben wäre. Oder seine Mutter Misa: Wenn ihre Eltern nicht tot wären und/ oder Kira niemals in Erscheinung getreten wäre, hätte sie Light Yagami niemals getroffen und Akito würde nicht geboren werden. Als ihm das bewusst wurde, bekam er Angst vor den Konsequenzen, dem Schmetterlingseffekt der von einem kleinen Flügelschlag zum Sturm werden konnte. „Tut mir leid, aber ich muss ablehnen. Wenn es zu diesem Schmetterlingseffekt kommen sollte dann habe ich Angst dass meine Familie nicht existiert… dass ich in der Zukunft nicht existieren werde. Es mag zwar sein dass meine Familie und meine Freunde keine schöne Vergangenheit hatten aber vielleicht hat es einen bestimmten Grund, dass alles so gekommen ist und deswegen darf man nicht in das Schicksal eingreifen. Vielleicht wurde ja aus diesem Grund das Buch versteckt: Damit die Welt nicht völlig aus den Fugen gerät wenn ständig jemand seine Vergangenheit ändert. Das Leben ist nicht perfekt, es wird immer schlimme Zeiten geben und ich weiß dass auch dir schlimme Dinge zugestoßen sind. Aber man muss genau an diesen Erfahrungen wachsen und nicht immer vor ihnen fliehen. Das würde bedeuten dass man vor dem Leben davonläuft.“ Fear schaute ihn nachdenklich an und leerte sein Weinglas, welches von Anne wieder gefüllt wurde. Eine Zeit lang schwieg er und sah Akito mit seinem linken gelbfarbenem Auge an. Die gleiche Augenfarbe wie Anne… Dann aber begann er zu lachen. Er konnte sich gar nicht mehr beruhigen vor lachen und ging direkt auf Akito zu und zerrte ihn an den Haaren hoch sodass er ihm direkt in die Augen sehen konnte. Sein Lachen war noch schlimmer als das von Rumiko damals als sie dem Wahnsinn verfallen war. Während ihr Lachen nicht nur Hass sondern auch tief sitzende Traurigkeit offenbart hatte, klang es bei Fear wie das eines Verrückten, der Freude hatte wenn andere seelische Schmerzen litten. Wie sein Name offenbarte war Fear jemand, der den psychischen Terror liebte. „Oh man, du bist erst sieben Jahre alt, heulst wenn es dunkel ist und du einsam bist und gleichzeitig bist du erwachsener als zig andere Menschen, die drei Mal so alt sind wie du. Echt unglaublich, das muss man dir lassen. Nun gut, du hast es so gewollt. Dann lehn dich zurück und genieße die Show. Wenn deine Freunde und deine Mutter hier eintrudeln, dann werde ich ihnen einen würdigen Empfang bereiten.“ „Was hast du mit ihnen vor?“ Als Akito das hörte wusste er dass Fear nichts Gutes im Schilde führte. Den gleichen Trick würde er jedenfalls nicht mehr versuchen, denn es war offensichtlich dass er noch einen Trumpf in der Hand hatte, von dem er sich absolut sicher war dass er ihm zum Sieg verhalf. „Na was denn schon? Ich werde sie töten. Einen nach dem anderen. Meine Fallen und Räume werden sie voneinander trennen und wenn sie alle einzeln eliminiert werden, sieht das Ergebnis doch ganz anders aus als wenn ich sie in der Gruppe angreife. Diese primitiven Homo Sapiens werden sich an diesem Haus die Zähne ausbeißen und dann werden sie schneller tot sein als sie sich vorstellen können. Solange können wir uns ja irgendwie die Zeit totschlagen. Weißt du, ich habe einige interessante Niederschriften aus der alten Welt gefunden, in der von einem Tempel oder einem Schrein die Rede ist, an dem alles begonnen hat und wo die großen Gottheiten des Lebens und des Todes leben sollen.“ „Ein Tempel?“ Fear machte zu Anne ein Handzeichen und so ging sie zum Bücherregal und holte ein ziemlich altes Pergament hervor, welches den Anschein machte, als würde es jeden Moment zu Staub zerfallen. Vorsichtig rollte Fear es auf und las es sich durch. „Das hier wurde von einem japanischen Dichter kurz nach dem großen Krieg geschrieben. Als die Menschen erfuhren dass es die Kami waren, die zu Shinigami wurden, stellten sie sich gegen sie und in diesen katastrophalen Zeiten wurde fast ganz Japan zerstört. Die Luft war verpestet, die Felder verdorrt und das Wasser vergiftet. Eigentlich wäre kein Leben mehr möglich gewesen doch die letzten großen Gottheiten stiegen hinab und heilten die Erde, reinigten das Wasser und den Himmel und begruben die Toten. Sie ließen Bäume wachsen und bauten die Häuser wieder auf obwohl sich die Menschen gegen sie gewandt und sie verraten hatten. In meinen Augen völlig unverständlich und dumm aber das Gedicht ist sehr faszinierend. Anne hat es übersetzt da ich in der japanischen Sprache wenig bewandt bin: Selbst wenn der Mond nicht jede Nacht scheint So singt die Nachtigall ihr Lied Und wenn ich auf das Vergangene blicke Brennen die Blüten des Kirschbaumes aufs Neue Zusammen mit dem Rest der Welt Als ob es keinen Morgen mehr gäbe In dieser trauernden Welt des Sterbens Haben wir uns vom Leben abgewandt Der Tag bricht mit dem Lied der Lerche an Und die Kirschblüten beten zu den Göttern Im höchsten Heiligtum des Lebens Auf dass die verwundete Erde heile Bitten wir um die Vergebung Und erfahren die Gnade von Leben und Tod Wirklich ein schönes Gedicht, ich habe noch unzählige weitere aber das muss nun wirklich nicht sein. Tatsache ist dass es bestätigt wird, dass der Boden, auf dem du aufgewachsen bist, von den Göttern berührt wurde und es sie noch gibt. Und die haben mir im Waisenhaus gesagt ich wäre verrückt und würde völligen Schwachsinn erzählen…“ Akito schwieg aber er erkannte, dass Fear wirklich viel über die alte Welt wusste und sich wirklich nichts vormachen ließ. Er schien in seiner Überzeugung, dass die enge Freundschaft der Kami zu den Menschen völlig absurd war und dies zu ihrem Untergang führte, sehr sicher zu sein und nicht viel von den Menschen zu halten. Dabei war er doch selbst einer…. Nein, eigentlich betrachtete er sich nicht selbst als Mensch sondern als etwas, das einem Kami ähnlich war. Seine Welt musste ziemlich verdreht sein wenn er die Realität so sah. Vielleicht lebte er schon gar nicht mehr dort und war in seinen eigenen Illusionen gefangen. Das schien ihm sehr wahrscheinlich wenn man bedachte dass Fear durch seine Gabe, nichts zu vergessen total überfordert war und sein überlastetes Gehirn anfällig für so etwas geworden war sodass der sein Umfeld längst nicht mehr normal wahrnahm. Nervös und in Selbstgespräche versunken ging Fear auf und ab und schaltete einen alten Plattenspieler an. Während die Nadel über die Schallplatte kratzte, beendete Jazzmusik die Stille im Raum und Fear begann im Takt zu schnipsen. „Was wollte ich noch mal machen… was wollte ich noch mal machen… Ich weiß es nicht. Minus im Verhalten zum Unendlichen, nein, das war es nicht. 7 Personen als wahrscheinliche Tatverdächtige, Mary Kelly war das letzte Opfer…“ „Herr, versucht Eure Gedanken zu fokussieren. Auf den Überwachungskameras sind zwei Wagen zu sehen, die direkt hierher fahren. Was gedenkt Ihr zu tun?“ Es brauchte eine Weile um seine durcheinander geratenen Gedanken zu ordnen und schien sich dann wieder beruhigt zu haben. „Ja genau, der Plan. Gut, die Vorbereitungen sind soweit abgeschlossen. Wir werden warten bis sie eingetreten sind, dann beginnen wir mit der Trennung des Teams und auf meinen Befehl hin wirst du mit der Eliminierung dieser Subjekte beginnen.“ „Warum tut ihr das? Meine Mama, Onii-chan und die anderen haben euch doch gar nichts getan! Und warum willst du töten nur weil Fear es dir sagt?“ Mit ausdruckslosem Gesicht sah Anne den gefesselten Jungen an. Seit sie im Raum war, war ihr Gesicht unverändert geblieben und es schien so, als würde sie überhaupt keine Emotionen haben sondern einfach nur durch Befehle gesteuert werden, schon fast wie ein Roboter. Akito fand sie echt unheimlich. „Ich habe einen Schwur geleistet, den ich unter allen Umständen erfüllen will: Wenn mein Herr mir sagt ich soll ein Menschenleben retten, dann werde ich nichts unversucht lassen auch wenn es mich selbst in Gefahr bringt. Wenn mein Herr mir befiehlt zu sterben, dann werde ich seinem Befehl ohne Widerspruch Folge leisten. Und wenn mein Herr mir befiehlt zu töten, dann werde ich nicht eine Sekunde lang zögern und keine Träne vergießen.“ Damit hatte sie alles gesagt und Akito wurde klar, dass er nicht an ihre Gefühle appellieren konnte um sie zu überreden sich Fear zu widersetzen. Ihr waren die Menschen genauso egal wie Fear und deswegen hatte sie auch kein Problem damit jemanden zu töten. Sie war ein perfekter Killer… Dann wanderte wieder sein Blick zu Fear. Dieser schien immer noch über Akitos Worte nachzudenken. „Weißt du Akito, deine selbstgerechten Reden erinnern mich stark an deinen Vater. Er bezeichnete sich selbst als ein göttliches Gericht und richtete jene, die nicht gerichtet wurden. Wenn es zutrifft dass alle außer die Menschen gerichtet wurden, die sich selbst oder von jemand anderes gerichtet wurden, wie hat sich das dein Vater eigentlich vorgestellt was aus ihm werden sollte? Wenn alle gerichtet worden wären, dann wäre er der einzige schlechte Mensch gewesen und folglicherweise hätte er sich selbst auch richten müssen. Verstehst du das? So etwas nennt man auch das Barbier-Paradox… Schon mal was davon gehört?“ Schweigend nickte Akito, verstand aber nicht worauf Fear hinauswollte und hielt es für besser erst einmal zu schweigen. Er selbst fand Fear schon eine paradoxe Persönlichkeit. Er wollte mit seiner Kraft diese Welt zerstören und die Menschen mit ihr und dann wiederum wollte er zurück ins Forschungslabor von Dragonfly wo sie ihn von der Welt isolieren würden. Auf der einen Seite wollte er aktiv sein und etwas Neues aus den Trümmern des alten schaffen und dann wiederum wollte er sich von dem eigentlichen Leben isolieren. Doch nicht nur seine Gedankenwelt, auch sein Verhalten verhielt sich sehr widersprüchlich. Auch wenn es ihm aufgrund seiner Fähigkeiten und seinem absolut chaotischen Inneren kaum möglich war ein normales Leben unter Menschen zu führen, arbeitete er als Showillusionist und machte Weltreise und machte den Eindruck eines wohlhabenden Geschäftsmannes oder sogar eines Aristokraten. Auch wenn er in die Isolation fliehen wollte, drängte er sich mit seinem Beruf ins Rampenlicht…. Vielleicht konnte er sich ja selbst nicht verstehen. „Die Welt der Paradoxie ist wirklich faszinierend. Es war mein Lieblingsfach in der Psychologie und erst durch sie habe ich herausgefunden, wie widersprüchlich diese Menschen eigentlich sind. Sie sagen, dass sie den Frieden in Afghanistan und in den anderen Krisenländern bringen wollen und fördern stattdessen mit ihren Hilfsspenden den Krieg, der bis heute andauert. Allesamt verlogen sind sie und meiner Meinung nach haben sie schon genug Unheil angerichtet. Das wird sich jetzt ändern denn ich werde aus der Welt einen viel harmonischeren Ort machen, wo Anne und ich in Ruhe leben können. Wenn sich dies aber nicht ändern sollte… dann sehe ich keinen Sinn mehr in dieser Welt und werde sie zerstören. Die Erde, das Sonnensystem ja das ganze All wird verschwinden und dann ist endlich Ruhe… zumindest so lange bis sich das alles in ein paar Milliarden Jahren noch mal wiederholt… Ich werde das Gute mit dem Schlechten auslöschen damit die großen Gottheiten die Chance bekommen, alles wieder nach ihren Vorstellungen zu schaffen und…“ „Aber es wird doch wohl einen Grund geben warum alles so ist wie es ist. Vielleicht wollten sie gar keine perfekte Welt schaffen sondern eine, in der es auch Fehler gibt damit wir sie verändern.“ Doch Fear schien nicht wirklich zuzuhören sondern schien in seinen eigenen Gedanken versunken zu sein. Dann aber lenkte Anne seine Aufmerksamkeit auf dem Monitor neben ihm auf dem zu sehen war wie Mello und die anderen mit Pistolen bewaffnet eindrangen. „Herr, wir sollten jetzt beginnen.“ „Du hast recht. Es ist jetzt keine Zeit für Kinderspielereien. Wenn wir es jetzt nicht tun dann war alles umsonst…“ Kapitel 8: Agriff ----------------- Vorsichtig ging Mello voran und hielt seine Walther P-99 schussbereit, die anderen folgten dicht hinter ihm. Der Eingangsbereich war relativ schmal und auch nicht sehr groß, dafür gab es aber genug Türen, von denen sie eine aussuchen mussten. Karten oder ähnliches gab es von dem Gebäude nicht weswegen sie alles vorsichtig absuchen mussten. „Passt auf jeden Fall gut auf. Ich würde es diesem Spinner zutrauen, dass er hier Fallen eingebaut hat um uns umzubringen. Dem würde ich wirklich alles zutrauen.“ Sie begannen zu überlegen welche Tür sie nehmen sollten und entschieden sich für die rechte. Was sich ihnen bot war ein echt schräger Anblick und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Boden des Zimmers befand sich in einer Schräglage sodass der Tisch und die Stühle festgeschraubt worden waren und manche Möbel waren sogar an der Zimmerdecke befestigt worden. „Was zum Teufel…“ begann Beyond, brachte den Satz aber nicht zu Ende denn kaum setzte er einen Fuß rein, rutschte er nach hinten und hielt sich an der Wand fest. Der Boden war ziemlich glatt und rutschig und die Tür befand sich am höchsten Punkt. Aber das war nicht noch nicht alles: Die Wände und die Zimmerdecke selbst waren schräg und gab einem das Gefühl, vollkommen orientierungslos zu sein. Mello beschloss einen anderen Raum zu nehmen und entschied sich dieses Mal für die gegenüberliegende. Kaum waren sie drin, sahen sie unzählige Spiegel. Der Fußboden, die Zimmerdecke, die Wände… wirklich jeder einzelne Quadratzentimeter war mit Spiegeln versehen und als Misa einen Moment nicht aufpasste, fiel die Tür zu und ließ sich nicht mehr öffnen da hier der Türgriff fehlte. „Verdammt was machen wir jetzt?“ „Na was wohl? Die Tür suchen und wenn wir hier jeden Spiegel zerschlagen müssen.“ Vorsichtig begannen sie alle die Wände abzusuchen aber da wirklich überall etwas gespiegelt wurde, dauerte dies länger als erwartet. Misa hatte das Gefühl beobachtet zu werden und auch bei Rebirth und Matt hatten ein klaustrophobisches Gefühl. Es gab hier keine Fenster sondern nur unzählige Spiegel. Nachdem sie nach fünf Minuten immer noch erfolglos gesucht hatten, beschloss Mello die Spiegel allesamt zu zerstören und schlug mit dem Lauf seiner Pistole zu, doch ohne großartigen Erfolg. „Verdammt, die sind ganz schön stabil.“ „Sollen wir sie vielleicht kaputtschießen?“ fragte Misa, die es inzwischen aufgegeben hatte die Wand nach einem Türgriff abzusuchen. Sie holte schon ihre Waffe raus doch Matt hielt sie zurück. „Besser nicht. Wenn die Spiegel aus Panzerglas bestehen, dann kommt es zu einem Querschläger und wenn wir Pech haben, trifft es noch einen von uns.“ „Matt hat Recht“ murmelte Mello der das Spiegelglas untersuchte. „In dem Falle können wir genauso gut gegenseitig auf uns schießen. Das Risiko will ich nicht eingehen.“ Die Spiegel ließen sich nicht abnehmen, was also bedeutete dass sie mit Spiegeln suchen mussten. Schließlich hatte Rebirth eine Idee. „Wenn die Türen keine Griffe haben und sich nur von einer Seite öffnen kann, dann müssen wir abwechselnd an den Spiegeln ziehen und drücken. Irgendwo ist schon die Tür versteckt und ganz sicher ist sie da irgendwo dahinter.“ Gesagt getan und so wurde alles noch mal abgesucht und irgendwann hatte Matt Erfolg und konnte mit Mellos Hilfe schließlich die Tür öffnen. „Na also, endlich können wir raus.“ Da die Tür recht klein und eng war, gingen sie nacheinander hinein und anschließend blieb nur noch Rebirth übrig. Er hatte der Höflichkeit halber Misa den Vortritt gelassen und die anderen sahen sich bereits den nächsten Raum an. Gerade wollte er zur Tür gehen, da schloss sich plötzlich die Tür und zu spät bemerkte er, dass sich direkt vor ihm ein großes Loch aufgetan hatte. Eine Falltür, schoss es ihm durch den Kopf und er versuchte sich irgendwo festzuhalten, doch er verlor den Halt und fiel in die Tiefe. Nebenan hörte ihn niemand schreien… Rebirth schlug hart auf dem Boden auf und verlor kurze Zeit das Bewusstsein. Er hatte sich den Kopf angeschlagen und er brauchte eine Weile um sich davon zu erholen. „Na super, ausgerechnet ich muss so viel Pech haben und als Erster in eine Falle zu gehen.“ Langsam stand er auf und stützte sich an der Wand ab. Es war ziemlich hell beleuchtet und als er sich umsah, bemerkte er dass er schon wieder in einem Raum voller Spiegel war. Jeder von ihnen hatte die Maße einer Tür und sie waren dicht nebeneinander angeordnet. Ein schmaler Durchgang schien die einzige Möglichkeit zu sehen ins Freie zu gelangen und so ging Rebirth rein bis dieser Durchgang an einer Wand endete und zu verschiedenen Seiten weiterging. Eine böse Ahnung stieg in ihm auf: Konnte es etwa sein dass dieser Raum hier ein einziges Labyrinth war? Na super, ausgerechnet in solchen Sachen war er ziemlich schlecht und hatte ein Talent dafür sich heillos in Labyrinthen zu verlaufen. Außerdem irritierten ihn die Spiegel. Manche schienen nämlich anderes wiederzuspiegeln als sie eigentlich sollten. Vor einem Spiegel blieb Rebirth stehen und bewegte seine Hand. Es dauerte ungefähr drei Sekunden, dann erwiderte sein Ebenbild die seine. Komisch, das sah ja so aus als wären das irgendwie zeitversetzte Spiegel. Gab es so etwas wirklich? Nein, es war physikalisch völlig unmöglich! Dahinter musste ein Trick stecken. Rebirth sah sich den Spiegel genauer an und bemerkte dass dieser Spiegel keiner war sondern so etwas wie ein Bildschirm. Irgendwo im Rahmen musste eine Kamera eingebaut sein, die direkt auf den spiegelgleichen Bildschirm übertrug, jedoch nicht zeitgleich. Der Effekt sollte sein, dass jeder, der ins Labyrinth ging, dadurch völlig irritiert wurde und dadurch die Konzentration verlor was zur Folge hatte, dass er sich hoffnungslos im Labyrinth verirrte. Dieser Fear verstand es wirklich die Illusion zur Perfektion zu bringen und Rebirth konnte sich gut vorstellen dass dieses Arschloch ihn von einer Kamera aus beobachtete und seinen Heidenspaß hatte. „Fear du Mistkerl!“ rief Rebirth und sah sich nach einer Kamera um. „Wenn ich dich finde dann schieß ich dir dein verdammtes Auge raus damit der Spuk ein Ende hat.“ Ach was, das hatte jetzt auch keinen Sinn. Er musste jetzt versuchen den Ausgang zu finden um Akito zu retten. Mello hatte ihnen allen ganz klar gesagt dass sie im Falle einer solchen Situation NICHT nach den anderen suchen sollten sondern sich weiterhin auf die Suche nach Fear und Akito machen. „Er wird mit so etwas rechnen und dies ausnutzen um uns auszuschalten. Deswegen dürfen wir nicht von unserem ursprünglichen Plan abweichen.“ Rebirth hatte seine Worte noch genau im Kopf und hielt es für das Beste sich auch daran zu halten. Hochkonzentriert ging der Jugendliche durchs Labyrinth und musste zugeben, dass es schwieriger war als er gedacht hätte. Wo er auch sah, waren Sackgassen und diese verdammten zeitversetzten Spiegel irritierten ihn ganz schön. Zu dumm dass er keinen Sprengstoff dabei hatte denn dann hätte es anders ausgesehen. Mal sehen, wie war er noch mal gelaufen? Geradeaus, dann links, noch mal links, geradeaus… Er gab es auf die ganze Zeit herumzuirren und überlegte sich ob es vielleicht eine Möglichkeit gab zu schummeln. Aus seiner Tasche holte er einen wasserfesten roten Stift heraus und ging noch mal den ganzen Weg zurück, bis er wieder am Anfang war. Sein Plan war, Pfeile auf dem Boden zu malen um zurückverfolgen zu können wie er gelaufen war. Vielleicht kam er ja damit weiter, er musste es einfach versuchen. Sofort malte er den ersten roten Pfeil und ging gerade aus bis er nach links abbog. Jedes Mal wenn er die Richtung wechselte, markierte er diese rot mit seinem Stift und war sich seiner Idee ziemlich sicher bis er jedoch auf das nächste Hindernis stieß: Er sah einen seiner roten Pfeile, der mit seiner Spitze auf eine Wand zeigte. „Was zum Teufel soll das denn jetzt?“ Um sicher zu gehen dass es nicht irgendein billiger Trick war stemmte sich Rebirth gegen die Wand, doch sie ließ sich keinen Zentimeter bewegen und nun stand der Jugendliche vor einem Rätsel. Warum zum Teufel zeigte sein Pfeil dorthin, wo es keinen Weg gab? Es gab nur eine Antwort darauf, die zwar absurd aber sehr bedenklich war: Hier stand aus irgendeinem Grund eine neue Wand. Konnte es etwa sein dass das Labyrinth so konstruiert worden war, dass Fear es beliebig verändern konnte? Wenn das wirklich stimmte, dann war die Idee mit den Pfeilen für die Katz und weiteres Herumirren wäre völlig sinnlos. Geschlagen lehnte sich Rebirth an eine Wand und begann zu überlegen, was er machen sollte. Wenn er Pech hatte, kam er hier erst raus, wenn die anderen Fear das Handwerk gelegt hatten oder würde hier sterben. Plötzlich hörte Rebirth Schritte, das Geräusch von Absätzen durch das Labyrinth hallen und hielt seine Beretta bereit. Das war jedenfalls nicht Misa, denn die hatte auf Mellos Anraten darauf verzichtet, weil diese zu laute Geräusche machten, es musste sich also um jemanden aus der Nightmare Mansion handeln und sicher hatte dieser nichts Gutes mit ihm vor. Die Schritte waren etwas langsam und das konnte nur bedeuten dass sich dieser Jemand sehr sicher durchs Labyrinth bewegte. Nervös sah sich Rebirth nach allen Seiten hin um und versuchte die Geräusche zu orten, doch sie schienen von überall wiederzuhallen. Seine Nackenhaare sträubten sich und er bekam eine Gänsehaut. Zwar besaß er nicht wie Rumiko die Eigenschaft, die Emotionen anderer wahrzunehmen oder wie Akito die Herzen anderer lesen zu können aber er spürte eine eiskalte Aura. Irgendjemand war gekommen, der absolut kein Gewissen hatte, keine Emotionen und keine Moral. Leise schlich Rebirth um die Ecke und versuchte zu erspähen wer auf dem Weg zu ihm sein könnte, doch da kam niemand und so beschloss er weiterhin nach einem Ausgang zu suchen. Als er um die Ecke gehen wollte sah er plötzlich jemanden, der direkt auf ihn zuging. Es war eine Frau, schätzungsweise 28 bis 30 Jahre alt die eine Dienstmädchenuniform trug. Sie hatte kurz geschnittenes schwarzes Haar welches einen leichten blauen Schimmer hatte und zwei lange dünne Strähnen, an jeder Seite einer. Ihre Augen waren bernsteinfarben und hatten keinen Ausdruck. An ihrer weißen Schürze waren Blutflecken und Rebirth ahnte, dass sie nichts Gutes im Schilde führte. Sie war gekommen um ihn zu töten…. Schnell drehte sich Rebirth um und rannte davon, er rannte so schnell ihn seine Beine trugen und bog so oft ab wie es ihm gestattet wurde und machte sich bereit jederzeit Gebrauch von seiner Waffe zu machen. Eigentlich war es ihm zuwider auf einen Menschen zu schießen aber er spürte dass dieses Dienstmädchen nicht zögern würde ihn zu töten. Als er ihre Schritte näher kommen hörte, versteckte er sich um eine Ecke und wartete ab. Tatsächlich war sie nur ein paar Schritte weit von ihm entfernt und sah sich um. In der Hand hatte sie ein japanisches Schwert, ein Wakizashi wenn er sich nicht irrte und die Klinge war blank poliert so als hätte sie niemals etwas berührt. Vorsichtig entsicherte Rebirth seine Waffe und zielte, dann schoss er ihr direkt in den Kopf. Es war ein glatter Durchschuss, der den Spiegel zerspringen ließ und Blut spritzte auf das Glas. Wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte, fiel die Frau zu Boden und eine Blutlache breitete sich um sie aus. „Es tut mir leid Anne Caroline Hartman, aber Sie haben mir keine Wahl gelassen. Ich hoffe Sie sind jetzt an einem besseren Ort als dieser hier…“ Damit steckte Rebirth seine Waffe ein, wandte sich um und wollte gehen doch da hörte er ein gequältes Stöhnen. Nein, das konnte doch nicht sein. Schnell drehte er sich um und sah dass das Dienstmädchen Anne langsam wieder aufstand und sich mit einem Taschentuch das Blut wegtupfte. Der Name war noch zu sehen und jetzt erkannte er auch was so besonders an ihr war: Ihre Lebenszeit war unendlich! Sie war unsterblich aber wie zum Teufel war das möglich? War sie etwa auch so ein Freak wie dieser Fear? Langsam aber deutlich sichtbar konnte man erkennen, dass sich die verletzte Haut wieder regenerierte und das Schussloch verschwand. Das Blut hörte auf zu fließen und binnen kurzer Zeit war die Verletzung verschwunden. „Wie kann das sein?“ „Meine DNA trägt Teile der Quallenart Turritopsis nutricula, die biologisch unsterblich ist, da sie immer wieder ihren Lebenszyklus durchläuft. Bedeutet also dass sie im hohen Alter ihre Zellen neu umfunktioniert und somit wieder von klein auf anfängt. Bei mir ist es ein wenig anders: Mein Körper bleibt im selben Alter und reproduziert zerstörte Zellen und somit können auch abgetrennte Gliedmaßen und entnommene Organe neu wachsen. Folglich kann ich also nicht sterben solange noch Körperzellen von mir existieren. Mein Herr war es, der mich befreit und vor einem ewigen Leben in furchtbarer Qual befreit hat und mir den Namen Anne Caroline Hartman gab. Ich stehe ihm treu zu Diensten und führe jeden seiner Befehle aus, egal wie er auch lautet.“ „Was hast du mit meinen Freunden gemacht?“ „Keine Sorge, du wirst sie bald wieder sehen… und jetzt werde ich dich töten.“ Jetzt ist es endgültig aus, dachte Rebirth und rannte davon wohl wissend dass dieses Dienstmädchen dicht hinter ihm war. Jetzt bringt sie mich um und ich kann nichts dagegen tun. Fear hat mir nur nicht den Weg versperrt weil er seinen persönlichen Spaß haben will bei diesem Jagdspiel. Rauskommen würde er hier jedenfalls nicht, so viel stand fest. Gerade bog er um eine Ecke und blieb kurz stehen um kurz durchzuatmen da packte ihn plötzlich jemand von hinten und hielt ihm den Mund zu. Rebirth versuchte sich zu befreien doch wer auch immer das war, er war ziemlich kräftig. „Sei still, wir wollen euch helfen.“ Am liebsten hätte der Jugendliche gefragt wer ihm denn helfen wolle doch das war ihm nicht möglich. Was ihm auffiel war dass plötzlich ein eigenartiger Geruch in der Luft lag, ein leichter Blütenduft, den er aus Japan her kannte. Ja genau, es war der Duft von Kirschblüten, jedoch anders als von denen, die er kannte. Etwa eine neue Art? Was er zudem noch bemerkte war, dass die Person traditionelle japanische Kleidung aus der Heian Zeitperiode trug, ein naturfarbener Kariginu. Er drehte den Kopf zur Seite und erkannte einen jungen Mann, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Er hatte brünettes Haar, welches sein linkes Auge verdeckte, sein rechtes Auge war leuchtend grün und er war ungefähr 25 bis 28 Jahre alt. Er lächelte Rebirth gutgelaunt an und legte einen Finger auf die Lippen. Dann ließ er von ihm ab und ging einen Schritt zurück und in dem Augenblick kam das Dienstmädchen mit dem Schwert um die Ecke und als sie Rebirth sah, wollte sie den Schlag ausführen um ihn zu töten doch da blitzte etwas auf und nur schemenhaft erkannte Rebirth eine schwarze Klinge, die direkt auf Anne Hartman gerichtet war. Der Hieb traf sie in die Taille und durchtrennte ihren Körper als wäre er aus Papier. Annes Blick war von Verwunderung gezeichnet und verstand nicht was gerade passiert war. Für Rebirth schien sich alles wie in Zeitlupe abzuspielen. Er konnte nicht erkennen wer den Hieb ausgeführt hatte doch er konnte beobachten wie Annes zerteilte Körperhälften zu Boden fielen. Es floss kein Blut, kein einziger Blutstropfen und kaum schlug ihr Kopf auf dem Boden auf, zerfiel ihr Körper zu Staub und wurde von einer leichten Brise fortgeweht. Fassungslos sah Rebirth das alles mit an und zitterte am ganzen Körper. Das war doch nicht wahr. Wie konnte ein einziger Hieb mit der Klinge einen Menschen zu Staub zerfallen lassen und das auch noch jemanden wie Anne? Nicht einmal ein Kopfschuss hatte sie getötet und sie selbst hatte gesagt dass keine Waffe der Welt sie töten könnte. Wer zum Teufel war überhaupt dieser Kerl gewesen, der ihn zur Seite genommen hatte? Rebirth wollte ihn zur Rede stellen doch als er sich umdrehte, war er spurlos verschwunden obwohl es keine Möglichkeit gab unbemerkt abzuhauen. Irgendwie war Rebirth gerade vollkommen irritiert und begann sich zu fragen, ob er nicht schon wieder in irgendeiner Illusion von Fear steckte oder von sonst wem. Alles hier wirkte so unwirklich und bizarr, dass es ihm schwer fiel es als Realität anzuerkennen. Aber der Geruch der Kirschblüten war noch nicht vergangen und auf dem Boden lagen sogar welche. Wie die hier wohl hingekommen waren? Da Rebirth sowieso keine Idee hatte, wie er aus diesem Labyrinth fliehen sollte folgte er der Spur die sich manchmal zu verlieren schien doch Rebirth fand sie schnell wieder. Als er fast zehn Minuten herumgelaufen war, stand er plötzlich vor einer Tür und genau dort endete auch die Spur der Kirschblüten. Wer auch immer das vorhin gewesen war, er hatte die Kirschblüten hinterlassen um Rebirth zu helfen. Irgendwie schien er einen geheimnisvollen Schutzengel zu haben und der hatte ihm echt aus der Patsche geholfen. Um ein Haar hätte dieses Dienstmädchen ihn noch umgebracht und dann wäre es endgültig vorbei gewesen. Das hier war ein ganz anderes Kaliber als im Kiratempel denn hier hatten sie es nicht mit gewöhnlichen Menschen zu tun sondern mit welchen, die über außergewöhnliche Kräfte verfügten. Wer weiß welche Freaks in diesem Haus noch ihr Unwesen trieben…. Hoffentlich ging es den anderen gut. Vorsichtig öffnete Rebirth die Tür und fand sich in einem kleinen weißen Zimmer wieder. Es war gerade mal so groß dass maximal sechs Leute genug Platz hatten und an jeder der vier Wände gab es eine Tür. „Oh nein, nicht schon wieder!“ Rebirth öffnete jede Tür und dahinter sah es immer gleich aus. Ein weißer Raum mit vier Türen. Irgendwie nahm der ganze Alptraum kein Ende und wenn man glaubte man hätte alles überstanden, dann kam was Neues. Aber dieses Mal hatte Rebirth einen Plan, der ihn sicher weiterbringen würde. Er markierte diesen Raum mit einer 1 und ging geradeaus. Mit dieser Taktik sollte er es dieses Mal schaffen denn hier ließen sich die Wände ganz sicher nicht verschieben. Nach und nach suchte er die Räume ab, musste aber feststellen dass es manchmal Türen gab, die sich nur von einer Seite her öffnen ließen oder überhaupt nicht zu öffnen waren. Dann aber hörte er hinter einer solchen verschlossenen Tür jemanden und es klang so als sei dieser schwer verletzt. Vielleicht war es ja einer von den anderen? Laut hämmerte er mit der Faust gegen die Tür. „Hey, ist da jemand?“ „Rebirth, bist du das?“ Es war Matts Stimme aber er schien nicht derjenige zu sein, der verletzt war. „Ich öffne die Tür jetzt mit einem Schuss. Passt also auf!“ Mit drei Schüssen gelang es Rebirth das Schloss zu zerstören und er war froh dass es eine einfache Holztür war denn sonst hätte er sie nicht so einfach öffnen können. Mit einem kräftigen Tritt gelang es ihm sie zu öffnen und sah Matt der gerade dabei war den schwer verletzten Beyond Birthday zu versorgen. „Wie schlimm ist es?“ „Nun ja, ich hab zwar die Blutung erst mal stoppen können aber er muss schleunigst in ein Krankenhaus. Irgend so ein psychopathisches Dienstmädchen hat ihn mit einem Schwert attackiert und ihm böse mitgespielt. Bin zufällig hierher gekommen nachdem ich ebenfalls durch eine Falltür gerasselt bin. Da war so ne Wendeltreppe die sich als ziemlich clever getarnte Rolltreppe entpuppt hat und die nur pro Schritt reagiert. Hat mich ganz schön was an Zeit gekostet das Teil auszutricksen und als ich dann hier gelandet bin, hab ich nur noch gesehen wie Beyond von einem Dienstmädchen mit nem Schwert angegriffen wurde und voll einen auf Kill Bill gemacht hat. Ich hab ihr einen Kopfschuss verpasst und bin mit Beyond dann in einen anderen Raum geflohen. Wenig später bist du hier aufgekreuzt.“ „Mich hat sie auch angegriffen. Sie hat gesagt dass sie ein Experiment sei und durch rapide Zellenregeneration nicht sterben kann. Ich hab nur noch die Flucht ergriffen und bin dann plötzlich an einen echt seltsamen Typen geraten.“ „Wie seltsam?“ fragte Beyond mit gequälter Stimme und presste seine Hände auf die Stelle, wo das Schwert ihn verletzt hatte. Rebirth versuchte passende Worte für eine Beschreibung zu finden. „Nun ja, er trug einen Kariginu, graugrün und darunter weiß. Er hatte brünettes Haar und sein linkes Auge war verdeckt. Er sagte zu mir dass er mir helfen wolle und hat mich festgehalten, dann kam plötzlich das Dienstmädchen um die Ecke und ich sah nur noch wie eine schwarze Klinge aufblitzte und sie in der Mitte zerteilte. Als sie zu Boden stürzte, zerfiel sie einfach zu Staub und der Kerl war auch weg. Dafür lagen aber Kirschblüten am Boden, die mich aus dem komischen Labyrinth herausgeführt haben, in dem ich gefangen war. Nun bin ich hier und hab echt keinen Plan was hier gespielt wird. Kann es sein dass wir schon wieder in einer Illusion von Fear gelandet sind?“ Da wusste selbst Matt keinen Rat aber im Moment war Beyonds Verletzung wichtiger. „Ich bleib bei ihm und hab auch schon Mello über das Funkgerät bescheid gegeben. Er und Misa versuchen gerade das Rätsel um die Türen ins Nichts zu lösen.“ „Wie jetzt?“ „Vor ihnen und hinter ihnen gibt es sechs Türen und wenn sie zum Beispiel durch die dritte gehen, kommen sie durch eine vierte wieder raus und jeder Raum sieht absolut gleich aus mit der gleichen Anzahl von Türen.“ Seltsam, von so etwas hatte Rebirth irgendwann mal geträumt, nämlich von Türen, die in immer mehr Räume führten. Man könnte also meinen dass die Nightmare Mansion die Träume von Fear widerspiegelte, die er mit modernster Technik Realität werden ließ. Wirklich sehr faszinierend und auch ziemlich aufwendig. Überhaupt die Idee zu kommen, das ganze Haus zu einem Sammelsurium von Träumen zu machen war auf eine gewisse Art und Weise bewundernswert und es bestätigte sie alle in ihrer Vermutung, dass Fear schon seit langem nicht mehr in der Realität lebte sondern sich von ihr distanziert hat und in seine eigene Welt geflüchtet ist, die für ihn die einzige Welt darstellte, in der er sich sicher fühlte. Fear konnte nicht fassen was er da gerade gesehen hatte. Anne… irgendjemand hatte es geschafft Anne zu töten. Aber wie war das möglich? Selbst als man ihr den Kopf abgetrennt hatte, konnte sie weiterleben. Keine Waffe dieser Welt konnte sie töten… es sei denn… ja, es sei denn jemand anderes steckte dahinter, der nicht aus der Welt entstammte. Für diesen Fall kamen nur die Kami und Shinigami in Frage. Wenn das so war, dann musste er die gleiche Situation noch mal hervorrufen und dann sehen ob seine Vermutung zutraf. Zum Glück gab es mehr als nur eine Anne, die ihm zu Diensten stand. Im Labor wurde sie nämlich durch mehrere Operationen und Organentfernungen mehrfach geklont und insgesamt gab es drei Klone und bedauerlicherweise wurde Nummer 1 erledigt. Der Verlust selbst war nicht weiter tragisch aber was Fear so entsetzte war die Tatsache, dass diese Anne trotz ihrer Fähigkeiten getötet werden konnte. Er wandte sich der wahren Anne zu und legte seinen Zylinder beiseite. „Schick sofort Nummer 2 und 3 los. Nummer 3 soll sich zurückhalten und versuchen herauszufinden was es mit dem Tod der ersten zu tun hat. Und sei so lieb und bring mir einen Tee, die Lust auf Wein ist mir fürs Erste vergangen.“ „Ich werde mich darum kümmern.“ Mit einer leichten Verbeugung ging das Dienstmädchen und Fear warf mit einer Handbewegung die Sachen vom Schreibtisch und fluchte. „So ein verdammter Mist, eigentlich sollten diese Affen doch längst tot sein.“ Wieder ging der Russe auf und ab und versank wieder in Selbstgespräche wodurch er wieder zum reinen Nervenbündel wurde. Akito wollte etwas sagen doch da legte ihm plötzlich jemand eine Hand auf den Mund und signalisierte ihm still zu sein. Er konnte sich nicht umdrehen um zu erkennen wer da plötzlich im Raum stand aber es war eine eiskalte Aura, die ausströmte und bei Akito eine Gänsehaut verursachte. Es fühlte sich beinahe so an als wäre ein Shinigami im Raum aber es war jemand anderes. Ein leises Geräusch ertönte als würde jemand die Gurte durchschneiden. Doch anstatt dass sie zu Boden fielen, lösten sie sich in Staub auf und das war Akitos Chance zu fliehen. Schnell rannte er zur Tür, riss sie auf und floh hindurch. Er rannte einfach drauf los ohne zu wissen wohin aber er hoffte durch einen günstigen Zufall vielleicht auf die anderen treffen würde. Noch während er davonlief konnte er Fear nach Anne rufen hören und er schien außer sich vor Wut zu sein. Wer ihm auch immer geholfen hatte, er war kein Mensch und es war auch der gleiche, der einen dieser Anne-Klone getötet hatte. Als Akito genug gerannt war blieb er kurz stehen um zu überlegen wo er jetzt hingehen sollte. Er hatte keine Ahnung wie dieses Haus aufgebaut war und wo hier überhaupt eine Treppe war. Soweit er aus dem Ausblick des Fensters in Fears Büro schließen konnte befand er sich im oberen Stockwerk und nun musste er versuchen nach unten zu gelangen aber schnell merkte er wie verwinkelt dieses Haus war. Vielleicht sollte er sich irgendwo verstecken… Ja genau, Rebirth hatte ihm immer wieder gesagt dass er sich verstecken sollte wenn er in Gefahr war oder eine böse Person hinter ihm her war und niemand da war um ihm zu helfen. Aber wo könnte er sich verstecken? Er ging in einen Raum, wo mehrere Personen an einem Tisch saßen. Sie trugen recht altmodische Kleider, höchstwahrscheinlich aus dem 19. Jahrhundert in England und während sie sich fröhlich zu unterhalten schienen, brannte der Tisch lichterloh. Die Menschen bewegten sich nicht, schienen offensichtlich Puppen zu sein und das Feuer schien auch nicht echt zu sein sondern ein realistisch wirkendes Hologramm. Der Kerzenständer war umgefallen und die Tischdecke brannte, genauso wie die Speisen, die sie gerade aßen und manche von ihnen brannten auch an den Kleidern aber es schien sie nicht sonderlich zu kümmern. Echt unheimlich. Die Zimmerdecke war ein riesiges dreidimensionales Bild vom Himmel und man konnte das Geräusch von Möwen hören, die durch den gesamten Raum zu fliegen schienen wenn sie nicht mitten in der Bewegung eingefroren wären. Auch ein ziemlich täuschend echtes Hologramm und irgendwie sah hier alles so aus, als wäre die Zeit eingefroren worden. Dabei war das Lachen und Tuscheln der Leute sowie das Geschrei der Möwen deutlich zu hören. Da sich Akito nicht besser zu helfen wusste und Angst hatte dass gleich das Dienstmädchen reinkommen würde, versteckte er sich unter dem Tisch. Die Tür ging auf und er hörte Schritte und Stimmen. Sie kamen direkt auf ihn zu und blieben dicht am Tisch stehen. „Nimmt das hier denn gar kein Ende mehr? Ich weiß schon langsam gar nicht mehr ob wir in die richtige Richtung laufen. Und ich mache mir schreckliche Sorgen um Akito. Was ist wenn dieser Mistkerl ihm was angetan hat?“ „Mach dir mal keine Sorgen, wir schaffen das schon.“ „Aber Beyond ist schwer verletzt und Matt kann uns auch nicht mehr helfen. Was sollen wir tun?“ Es waren eindeutig die Stimmen von seiner Mutter und Mello und erleichtert darüber kam Akito unterm Tisch hervor und fiel den beiden erleichtert in die Arme. Diese waren überrascht und äußerst froh zugleich ihn zu sehen. „Akito, wie hast du es geschafft zu entkommen?“ „Jemand hat meine Fesseln durchgeschnitten und ist wieder verschwunden. Ich hab mich hier versteckt bevor diese Frau kommt und mich holt.“ Da sie Akito in Sicherheit gebracht hatten, gab Mello Rebirth über Funkgerät bescheid und ging mit Misa und den Kleinen wieder zur Tür um nach dem Ausgang zu suchen doch da stand plötzlich das Dienstmädchen auf der Schwelle und hatte Wurfmesser dabei. „Mein Herr hat mir befohlen euch zu töten und den Jungen mitzunehmen!“ sagte sie tonlos und begann auch schon das erste Messer in Misas Richtung zu werfen, da zog Mello sie beiseite und trat Anne nach hinten. Schnell schloss er die Tür und wies die anderen an, schnell zur anderen Tür zu gehen. Misa nahm ihren Sohn an die Hand und rannte los während Mello hinter ihr blieb um im Notfall Rückendeckung zu geben doch da öffnete sich auch die andere Tür und noch eine Anne kam herein. Mit zwei Pistolen zielte sie auf Misas Kopf und ihr war anzusehen dass sie nicht zögern würde, sofort zu schießen. Kapitel 9: Manipulation ----------------------- Ruckartig blieb Misa stehen als sie in den Lauf der Pistolen sah und ihr Gesicht wurde leichenblass. „Wie viele gibt es denn noch von euch? Seid ihr Zwillinge?“ „Nein, wir wurden geklont“ kam es unisono zur Antwort und beide Dienstmädchen kamen näher. „Wir stehen in den Diensten unseres Herrn und befolgen jeden seiner Befehle, egal wie er auch lauten mag. Gebt uns das Kind und unser Herr ist gewillt euer Leben zu verschonen.“ Doch Mello dachte gar nicht daran und feuerte einen gezielten Schuss ab und traf eines der Dienstmädchen mitten in die Stirn. Misa hielt ihrem Sohn die Augen zu damit er das nicht sah und zuckte vor Schreck zusammen als auch der zweite Schuss fiel. Blut floss aus den Wunden der beiden Frauen und eigentlich hätten sie tot umfallen sollen doch sie blieben stehen so als wäre nichts weiter dabei. Und dann geschah etwas, womit keiner von ihnen gerechnet hatte: Langsam aber deutlich sichtbar verschlossen sich die Wunden wieder. Mello und Misa waren fassungslos. „Großer Gott, was sind das denn für Freaks?“ Mit einem Taschentuch wischten sich die beiden das Blut weg und sahen Mello ausdruckslos an. „Wir sind Teil eines Genexperimentes und können selbst schwerste Verletzungen überleben. Abgetrennte Gliedmaßen wachsen nach und wir altern auch nicht mehr. Eure Waffen können uns nichts anhaben. Gebt uns den Jungen und wir töten euch nicht!“ Nun steckten sie ernsthaft in der Zwickmühle. Wenn sie sich weigerten Akito auszuliefern, würden sie einfach getötet werden und sie konnten nichts dagegen tun und wenn sie es taten, dann würde Fear ihn benutzen um die Menschheit auszulöschen. Egal welche Entscheidung sie trafen, Akito würde darunter zu leiden haben und es würde so oder so Tote geben. Was sollten sie also tun? In Mello stieg Wut auf dass er wieder so hilflos war und das obwohl er so hart an sich gearbeitet hatte. Er war bei einer Kampfsportmeisterin und einem Master Chief Petty Officer der US Navy in Ausbildung gewesen um Kira und alle anderen besiegen zu können, die die Welt mit ihren krankhaften Vorstellungen in Gefahr brachten. Bei diesen Trainings hatte er tagelang furchtbare Schmerzen gelitten, mehrere Knochenbrüche gehabt und marschiert bis er kotzen musste und wofür? Damit er in so eine Situation wie diese geriet und von zwei mutierten Dienstmädchen umgebracht wurde, die nicht totzukriegen waren? Während er angestrengt überlegte, löste sich Akito aus dem Griff seiner Mutter und ging zu dem Dienstmädchen, welches immer noch die Pistolen auf sie richtete. „Nein, komm wieder zurück!“ rief sie doch Akitos Blick verriet, dass seine Entscheidung feststand. „Tut mir leid aber ich will nicht dass sie euch töten. Bitte geht jetzt!“ „Ich will dich aber nicht auch noch verlieren“ entgegnete Misa und brach in Tränen aus. Der Gedanke ihr Kind an einen geisteskranken Menschen zu verlieren, der ihn nur für seine Pläne benutzen wollte, brach ihr das Herz und wieder kamen die Erinnerungen an ihre große Liebe zurück, die sie verloren hatte weil sie sich für ihr Kind entschieden hatte. Misa hatte große Angst davor auch noch Akito zu verlieren und wollte alles tun um ihn zu beschützen. Das Dienstmädchen mit den Wurfmessern nahm den Jungen an der Hand und zerrte ihn zur Tür während das andere mit den Pistolen auf die beiden zielte. „Moment mal, was soll das werden?“ „Unser Herr hat uns aufgetragen euch zu töten wenn wir den Jungen haben.“ Als Akito das hörte, versuchte er sich loszureißen und schrie wie am Spieß um die bevorstehende Hinrichtung verhindern zu können. Als dann der Abzug langsam gezogen wurde, geschah alles ganz schnell. Akito schrie laut auf und eine unglaubliche Druckwelle riss jeden der Anwesenden von den Füßen. Alles Glas zersprang und die Elektronik fiel aus sodass es für einen kurzen Moment dunkel war, dann aber ging das Licht wieder an. Mello und Misa hatten fast das Bewusstsein verloren und brauchten erst einmal eine Weile um sich wieder zu sammeln. Akito stand wie ein Fels da und hatte seine Hand auf die Brust des Dienstmädchens gelegt, die sofort ihre Waffen fallen ließ, sich schweigend abwandte und einfach den Raum verließ. Auch die andere warf ihr Schwert einfach zu Boden, verbeugte sich kurz und ging. „Was war das denn gerade?“ fragte Mello und kam nur langsam wieder auf die Beine. Seine Knie zitterten und Misa ging es genauso. „Akito, geht es dir gut?“ Langsam wanderte der Blick des Jungen zu seiner Mutter und zu Mello und antwortete nicht. Irgendetwas an ihm war anders. Er sah genauso aus wie vorher aber für einen Moment schien es so als würde da jemand anderes im Körper des Jungen stecken und man konnte die Kraft, die von ihm ausging so deutlich spüren, dass Mello und Misa eine Gänsehaut bekamen. Dann aber begann der Junge zu weinen und fiel seiner Mutter in die Arme. „Mama…“ schluchzte er und umarmte sie fest. „Ich hab dich lieb Mama…“ „Ich liebe dich doch auch mein Schatz, du musst keine Angst haben“ versuchte sie ihn zu beruhigen und begann ihm den Kopf zu streicheln. „Alles wird gut, das verspreche ich dir.“ Während sie damit beschäftigt war sich um ihr Kind zu kümmern, grübelte Mello was gerade geschehen war und warum diese Klon-Dienstmädchen einfach so gegangen waren ohne Widerworte zu geben. Tatsache war dass Akito dahintersteckte. Vielleicht hatte Rumiko ja Recht gehabt und Akito besaß die Gabe die Herzen der Menschen zu manipulieren und hatte sie bei den beiden angewendet um seine Mutter zu beschützen. Doch das war nicht das Einzige. In seinem Körper schien eine andere Persönlichkeit zu existieren, die bis jetzt noch nicht in Erscheinung getreten war. Wer weiß wozu Akito sonst noch in der Lage war aber es blieb nun mal Fakt, dass er trotz allem ein 7-jähriges Kind ist und das gerade hatte es ihnen deutlich gezeigt. Auch wenn er über diese Fähigkeit verfügte, war er immer noch auf eine gewisse Art und Weise hilflos, abhängig von seiner Mutter und Rebirth und hatte normale Kindheitsängste. Eben deswegen mussten sie für ihn da sein und durften ihn nicht im Stich lassen. „Kommt, lasst uns so schnell wie möglich von hier verschwinden.“ Da Akito völlig aufgelöst war und sich nicht beruhigen ließ, nahm Misa ihn auf den Rücken. Sie gingen zu der Tür am anderen Ende des Raumes wo sie ursprünglich hindurch wollten und sahen zum ersten Mal ein Fenster. Es zeigte dass sie sich im oberen Stockwerk befanden und nun begann Mello zu überlegen, ob sie nicht einfach aus dem Fenster rausklettern sollten. Kurzerhand riss er den Vorhang runter und knotete ihn an etwas stabilem fest. „Misa, bist du schwindelfrei?“ „Ja schon, aber du willst doch nicht wirklich so raus.“ „Nein, ich werde hier bleiben und Fear eigenhändig kaltmachen. Du versuchst mit Akito so weit es geht von hier zu verschwinden.“ Misa erwiderte nichts sondern war offen gesagt froh über diesen Vorschlag. Sie wollte nicht noch eine Sekunde länger in diesem verrückten Haus bleiben und nicht schon wieder von irgendwelchen genmutierten Bediensteten angegriffen werden. Vorsichtig stieg sie hinab und Akito hielt sich an ihr fest. Mello behielt das provisorische Seil im Auge um aufzupassen dass es nicht riss oder sich der Knoten löste. Langsam, ganz vorsichtig machte sie den Abstieg und auch wenn sie schwindelfrei war, hatte sie Angst davor abzustürzen. Akito hielt sich wie ein Klammeräffchen an ihr fest und hatte sich inzwischen beruhigt. Doch trotzdem war seine Mutter ziemlich ängstlich und befürchtete dass es jeden Moment zum Unglück kommen könnte. Es war stockfinster obwohl es eigentlich langsam dämmern müsste, nur die Lichter der Villa erhellten die paar Meter davor. Nicht einmal die Sterne leuchteten und langsam spürte Misa wie ihre Hände zu schwitzen begannen. Langsam taten ihr die Arme weh und die Arme ihres 7-jährigen Sohnes drückten ihr den Hals zu. „Keine Angst Misa, du hast es gleich geschafft!“ rief Mello und beugte sich vor um sie besser sehen zu können. „Du bist gleich unten.“ Vorsichtig sah Misa nach unten und sah tatsächlich dass sie fast den Boden erreicht hatten. Sie ließ das Seil los und landete mit beiden Füßen auf weichem Boden. „Und jetzt geht! Ich komme gleich mit den anderen nach.“ Vorsichtig ließ sie Akito runter und nahm ihn an der Hand. Sie wollte zum Auto und dann einfach nur noch weg von diesem Ort und weg von diesem Kerl, der ihren Sohn entführt hatte. Doch sie kam nicht weit da wurde sie von dem grellen Licht einer Taschenlampe geblendet. „Keinen Schritt weiter“ rief die Person und kam näher. Sie konnte nicht erkennen wer es war aber Akito schien eine böse Vorahnung zu haben und drängte sie, schnell wegzulaufen. Schnell nahm Misa ihren Sohn auf den Arm und rannte los. Doch ihre Flucht währte nicht lange, da packte sie jemand an den Haaren und riss sie nach hinten, dabei ließ sie Akito los, der zu Boden fiel und davonlaufen wollte, wurde jedoch festgehalten. Misa sah in die wutentbrannten Augen von Fear, der sie an den Haaren fest im Griff hielt und in die Knie zwang. „Wegen euch habe ich auch nur Ärger. Nummer 1 wurde pulverisiert und die beiden anderen spielen total verrückt. Aber wenigstens habe ich jetzt den hundertprozentigen Beweis dass der Kleine hier die Kraft hat mich zu dem Ort zu bringen wo Leben und Tod aneinandergrenzen. Anne, kümmere dich um diese Schlampe während ich den Jungen dazu bringe, seine ganze Kraft freizusetzen. Da ich ja weiß dass du dich weigern wirst, werde ich deinen Namen in dieses hübsche kleine Notizheft schreiben.“ Verschlagen grinsend holte Fear etwas hervor, das Misa nur zu gut kannte. Es war dieselbe Waffe, mit der sie und Light Yagami versucht hatten die Welt von Verbrechern zu säubern: Das Death Note. „Woher hast du das?“ „Nett dass du fragst Kleiner. Ich habe den Kirafall aufmerksam mitverfolgt und während Mello und seine kleinen Freunde den Ancient Palace gestürmt haben und Mikami das Lebenslicht ausgepustet haben, bin ich zu seinem Büro geschlichen und hab mir sein Death Note angeeignet. Ich habe es auch schon ein paar Male ausgetestet und war von dem Ergebnis wirklich begeistert.“ Als Misa das hörte, schnappte sie sich ihre Waffe, drehte sich um und zielte damit auf Fears Stirn. Sie war fest entschlossen alles zu tun was nötig war um für ihre Familie zu kämpfen und würde auch nicht zögern abzudrücken wenn Fear nicht das Death Note weglegte oder sie endlich in Ruhe ließ. „Leg das Death Note weg du Dreckskerl oder ich schwöre dir dass ich dich eigenhändig kalt mache.“ Doch Fear ließ sich nicht sonderlich beeindrucken, im Gegenteil! Er war die Ruhe selbst so als wäre es nichts Besonderes, dass er mit einer Pistole bedroht wurde und lächelte Misa finster an. „Dann schieß doch wenn du kannst.“ „Nein Mama, du darfst nicht schießen!!!“ Irgendetwas stimmte hier nicht. Warum wollte Fear dass sie schoss? War sie etwa in eine Falle gegangen? Aber wie konnte das sein? War sie etwa wieder in einer Illusion gefangen und würde gleich aus Versehen einen von den anderen töten? Nun war Misa verunsichert und wandte sich Akito zu. Dieser riss sich los und nahm ihre Hand. „Sieh doch mal genauer hin! Das ist nicht Fear!“ Um sie herum begann sich alles zu drehen und sie geriet ins Taumeln. Sie schloss die Augen und hielt Akitos Hand fester. Als sie die Augen wieder öffnete, stand sie immer noch im Raum mit den seltsamen Hologrammen und hatte die Waffe auf Rebirth gerichtet, der sie angsterfüllt ansah und ihr ruhig zusprach. „Nimm bitte die Pistole runter Misa. Tu das bitte nicht…“ Fassungslos wich Misa einen Schritt zurück und konnte nicht glauben was passiert war und im Schreck ließ sie ihre Waffe fallen. Das hier war alles nur eingebildet gewesen, die Flucht mit Mello und die Konfrontation mit Fear in der Dunkelheit? Aber wann genau war das passiert? Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, dass Fear im Raum war und wann Rebirth hinzugekommen war. „Wie zum Teufel konnte das geschehen?“ „Das wissen wir auch nicht, vielleicht hat dich Fear für einen kurzen Moment überrascht und dich so manipuliert, dass du die ganze Zeit nichts merkst.“ „Wann genau habe ich denn angefangen so verrückt zu spielen?“ „Als diese Druckwelle uns von den Füßen gerissen hat und die Dienstmädchen abgehauen sind. Du hast plötzlich Akito von dir gestoßen und angefangen wirres Zeug zu reden und als Rebirth in den Raum gekommen ist, hast du ihn mit der Pistole bedroht und ihm gesagt dass du ihn kaltmachen würdest. Dann hat Akito deine Hand genommen und gerufen dass du das nicht tun darfst.“ Seltsam, dachte Misa und brauchte erst mal eine Minute um sich wieder zu sammeln. Das alles hatte sie völlig anders in Erinnerung, alles kam ihr so real vor aber Fear besaß ja die Fähigkeit Illusionen zu erzeugen und das waren ja bekanntlich Sinnestäuschungen durch eine Fehleinschätzung des Gehirns und zusätzlich konnte er ja auch noch die anderen vier Sinne manipulieren und deswegen hatte sie sich das alles mit dem kalten Nachtwind oder dem Seil nur eingebildet und es war ihr so real vorgekommen dass sie so sehr daran geglaubt hat, sodass sie beinahe Rebirth erschossen hätte. Zum Glück hatte Akito noch das schlimmste verhindern können und hatte sie aus dieser Illusion befreit. „Tut mir leid dass ich nur Ärger mache.“ „Schon gut, es ist ja nicht deine Schuld. Akito, kannst du erkennen ob jemand von uns noch betroffen ist?“ Der Junge schüttelte sofort den Kopf und kuschelte sich bei seiner Mutter an. „Nein, außer Mama sind alle in Ordnung. Zum Glück ist dabei niemand verletzt worden. Können wir jetzt wieder nach Hause?“ „Natürlich mein Schatz“ antwortete Misa und strich ihrem Sohn durchs Haar, dann nahm sie ihn auf den Rücken und es dauerte nicht lange da machte er die Augen zu und schlief ein. Dass er in solch einer Situation überhaupt einschlafen konnte war unglaublich aber sie waren schon seit Stunden wach und es würde bald Tag werden und der Ärmste hätte eigentlich längst im Bett sein sollen. Misa war viel zu aufgeregt um Müdigkeit zu verspüren und Mello und Rebirth ging es sicher genauso. „Lasst uns einfach nur noch von hier verschwinden.“ „Das geht nicht…“ entgegnete Mello und sah sie ernst an. „Wenn wir gehen dann wird uns dieser Psychopath bis ans Ende der Welt folgen und wir können nicht immer auf Akito aufpassen und selbst wenn, dann sind wir kaum in der Lage etwas gegen dieses verdammte Auge auszurichten. Rebirth, du gehst mit Misa um sie zu beschützen, ich bleibe hier und suche jeden Quadratzentimeter nach diesem Scheißkerl ab, dann jage ich den Laden hier in die Luft.“ Das war mal wieder typisch Mello. Auch vor einem Jahr hatte er den gesamten Kiratempel gesprengt und das hatte für viel Wirbel gesorgt aber er war eben die Sorte Mensch, die etwas endgültig zu Ende bringen wollten und dazu gehörte auch die Vernichtung von Orten wie diesen, die immer an das Geschehene zurückerinnerten und leicht wieder für neue böse Machenschaften benutzt werden konnten. Und dieses Anwesen war zwar fantastisch und einzigartig auf seine Weise aber es durfte nicht länger stehen bleiben bevor noch irgendein anderer durchgeknallter Spinner auf den Gedanken kam, hier sein Quartier aufzuschlagen und die Technik und den Aufbau der Räume für seine Zwecke zu benutzen. Und außerdem brachte es Mello den Kick, wenn alles in Rauch und Feuer in einer riesigen Explosion zugrunde ging. „Hey, ihr wollt mein Haus in die Luft jagen? Das finde ich aber nicht gerade nett.“ Erschrocken zuckten die drei zusammen als sie plötzlich Fears Stimme hörten aber sie konnten nicht orten woher es kam. Dann drehten sie sich zur Tür um und tatsächlich stand er da, neben ihm noch eines dieser Klondienstmädchen aber vielleicht war es ja auch das Original. In ihrer Hand hielt sie ein japanisches Schwert, dessen Klinge ungewöhnlich lang war und somit recht schwierig zu führen war. Obwohl der Griff und die Hülle ziemlich abgenutzt zu sein schienen war das silbern glänzende Metall rein von jeglichen Kratzern und wirkte wie gerade erst angefertigt. In japanischer Schrift stand „Satori“ geschrieben. „Ich habe schon erwartet dass Akito seine Kraft einsetzen würde um die beiden Klone zu manipulieren aber dass die Druckwelle dermaßen stark sein würde dass die gesamte Elektronik ausfällt, damit habe ich zugegeben nicht gerechnet aber etwas anderes ist von einer Gottheit auch nicht zu erwarten. Wirklich erstaunlich seine Kräfte. Er kann meine Illusionen erkennen und zerstören, die Macht des Death Notes aufhalten und die Herzen der Menschen lesen und verändern. Wirklich erschreckend für so ein kleines Kind nicht wahr?“ Mello und Rebirth hatten ihre Waffen gezogen und auf Fear gerichtet, doch da schnellte Anne hervor und zerschnitt mit nur einen Hieb die Pistolen in ihren Händen sodass sie nun unbewaffnet waren. Fear seufzte und schüttelte den Kopf. „Ist es nicht ein kleines bisschen seltsam dass solch kriminelle Typen plötzlich total kinderlieb werden? Rumiko, die Rebirth aufs Grausamste gefoltert und erniedrigt hat, lässt sich niederschießen um den Kleinen zu beschützen und Beyond Birthday wandelt sich vom Serienmörder zur emotionalen Heulsuse. Ich meine der hatte doch kein Problem damit gehabt, einem 13-jährigen Mädchen die Augen auszudrücken, warum also hängt er jetzt an den Kleinen? Misa können wir ja getrost weglassen, als Mutter hat man ja sein Balg zu lieben und was das mit dem Austragen angeht, da wurde sie ja überm Tisch gezogen. Matt zählt auch nicht weil dem alles scheißegal ist aber du Mello, warum bist du plötzlich so fixiert auf den Bengel? Was versprichst du dir davon? Etwa weil du deine Schuld von damals wieder gutmachen willst nachdem du Near einfach in dem brennenden Haus zurückgelassen hast weil du versucht hattest deine eigene Haut zu retten? Ist es etwa das? Und du Rebirth, gib doch zu dass du dich nur um Akito kümmerst weil du bis heute noch ein schlechtes Gewissen hast weil du deinen Bruder im Krankenhaus auf der Intensivstation hast verrecken lassen.“ Was für ein bösartiges Spiel…. Da Fear das Unterbewusstsein seiner Opfer ausspionieren konnte wusste er ganz genau wie er sein Wissen anwenden konnte. Ohne auf die tötenden Blicke zu achten, fuhr Fear fort. „Alles dreht sich plötzlich nur noch um den Kleinen hier obwohl sich niemand um euch gekümmert hat. Glaubt ihr nicht auch dass das nicht wirklich pure Nächstenliebe ist sondern einen bestimmten Grund hat? Oder vielleicht hat der Kleine euch manipuliert…“ „Wie kannst du nur so etwas über mein Kind sagen?“ platzte es aus Misa heraus und warf ihm die Handtasche an den Kopf, zumindest versuchte sie es denn dieser sah es kommen und wich elegant aus. „Warum hat er seinen Vater nicht aufgehalten und ihn geläutert so wie er es mit den Anne-Klonen getan hat, als diese euch töten wollten? Im Gegenteil, er hat seinen Vater so manipuliert dass dieser sich freiwillig umbringen lässt. Warum hat er denn keine Gegenwehr geleistet als Mello ihn bedroht hat? Das passt doch gar nicht zu Kira.“ Dem musste Mello recht geben. Im Nachhinein hatte er sich schon manchmal gefragt warum Kira keine Anstalten gemacht hatte sein Death Note zu benutzen oder einen Trick anzuwenden. Hatte Akito wirklich etwas damit zu tun? Durch den ganzen Lärm war dieser wieder aufgewacht und hatte mitgehört was Fear gesagt hatte, machte aber ein etwas teilnahmsloses Gesicht und wurde von seiner Mutter abgesetzt. „Akito, stimmt es was Fear gesagt hat? Hast du deinen Vater manipuliert um ihn sterben zu lassen?“ „Mello, sag mal hast du sie nicht mehr alle?“ rief Misa fassungslos und verpasste ihm eine Ohrfeige. „Als ob ein Kind will dass sein Vater getötet wird. Willst du diesem Mistkerl da etwa mehr glauben als mir?“ Ein heftiger Streit brach zwischen den beiden aus und es wurden ziemlich schlimme Dinge in den Raum geworfen während Rebirth erfolglos versuchte die beiden zu beruhigen. Auf Fears Lippen spielte sich ein siegessicheres Lächeln und er begann diabolisch zu lachen. Nun versuchte Rebirth es mit harten Bandagen und zerrte die beiden auseinander. „Hört doch auf euch zu streiten. Seht ihr denn nicht dass Fear das alles geplant hat und uns gezielt gegeneinander ausspielen will? Und überhaupt, hört endlich auf euch in Akitos Gegenwart zu beschimpfen.“ Tatsächlich hatte der Junge zu weinen begonnen und hatte sich auf den Boden hingehockt. Rebirth ging wieder zu ihm hin und versuchte ihn zu trösten. Als die beiden sich bewusst wurden was sie getan hatten, hörten sie auf und schwiegen. Dann aber sah Akito seine Mutter an und sprach die Worte, vor denen sie sich gefürchtet hatte. „Mama, in Papa war nichts Gutes mehr. Er war so böse geworden dass ich nichts ausrichten konnte um ihm zu helfen. Papa hat mich eingesperrt und mir gesagt dass ich irgendwann genauso werden soll wie er und dass er dich töten wollte weil du ihn verraten hast. Hätte ich nichts unternommen, dann wären Mello und die anderen getötet worden.“ Da war selbst Rebirth von den Socken und wusste darauf nichts zu antworten. Akito hatte also tatsächlich seinen eigenen Vater manipuliert damit er sich freiwillig töten ließ? Ein sarkastischer Applaus kam von Fear, der all das recht kühl verfolgt hatte und Akito scharf beobachtete. „Ist das nicht rührend? Er hat seinen Vater manipuliert und ist somit für seinen Tod mit verantwortlich. Wow, erst sechs Jahre alt und schon den eigenen Vater gekillt. Meinen Glückwunsch Akito, damit schlägst du sogar Rumikos Rekord um drei Jahre. Nun könnte jemand von euch sagen dass Akito nicht gewusst hätte dass es so enden würde aber das stimmte nicht. Er hat von Anfang an gewusst dass ihr seinen Vater töten wolltet und dass seine Mutter Kira Nummer zwei war. Er hat alles eiskalt kalkuliert und wusste dass Mello ihn töten würde was also bedeutet dass der Kleine hier Beihilfe zum Mord geleistet hat.“ Lachend klatschte Fear Applaus und grinste fröhlich doch da traf ihn der Faustschlag von Rebirth hart ins Gesicht und er torkelte nach hinten und stützte sich an der Wand ab. „Halt dein dreckiges Mundwerk. Akito hat das getan um uns zu beschützen, um die Welt vor Kira zu beschützen und hat dafür seinen Vater geopfert.“ „Wohl eher aus egoistischen Gründen. Soweit ich weiß hat er keine Gelegenheit ausgelassen um Akito unter Druck zu setzen, einzusperren und auszuschimpfen. Ein gefühlskalter Mensch und ein schlechter Vater eben. Gib es doch zu Akito, du hattest eine große Wut auf deinen Vater und hast Mellos Rachegefühle ausgenutzt um ihn endlich aus der Welt zu schaffen.“ Weinend hielt sich Akito die Ohren zu um das nicht länger mit anhören zu müssen und Misa versuchte ihn zu trösten doch das, was gerade gesagt wurde, lag ihr sehr schwer im Magen wie ein großer Felsbrocken. Vorgestern noch war Akito ein normaler liebenswerter kleiner Junge, aufgeweckt und verspielt und jetzt war er jemand, der Menschen manipulieren konnte und seinen eigenen Vater in den Tod geschickt hatte? Das konnte sie einfach nicht glauben und das wollte sie auch nicht glauben. Auch Mello und Rebirth wirkten verunsichert doch letzterer versuchte immer noch an Akitos gute Absichten zu glauben und diese auch zu verteidigen. Wütend sah Fear ihn an und wischte sich mit einem Taschentuch das Blut weg, welches aus seiner lädierten Nase floss und machte eine befehlende Handbewegung. „Schneide ihn in Stücke Anne.“ „Sehr wohl Herr.“ Mit diesen Worten ging Anne auf Rebirth zu und holte mit dem Schwert aus und im letzten Moment konnte Rebirth ausweichen, zog sich aber am Arm eine Schnittwunde zu als er mit diesem sein Gesicht schützen wollte. „Stirb“ sagte sie tonlos und führte die Klinge von unten nach oben und führte dem Teenager eine tiefe Schnittwunde in die Brust zu da eilte Akito auf sie zu um ihre Hand zu nehmen, doch da wurde er von Anne wie ein lästiger Köter weggetreten. Misa fing ihn auf und Mello regierte sofort und stürmte auf Fear los, zog ein Messer hervor und hielt es ihm an die Kehle. „Wirf das Schwert weg oder dein Herr ist ein toter Mann.“ Unsicher was sie tun sollte blieb Anne in der Bewegung stehen und sah Fear mit ihren bernsteinfarbenen Augen fragend an. Dieser sagte nichts doch sein Blick schien zu genügen und so hob sie die Klinge und hielt sie horizontal. Mello fragte sich was sie damit bezweckte aber dann sah er was sie vorhatte. Die blanke Klinge spiegelte Fears rechtes Auge wider und mit diesem Trick wollte er Mello außer Gefecht setzen. Mello wollte den Blick abwenden doch da wurde es schwarz um ihn herum. Bewusstlos brach Mello zusammen und angewidert schob Fear ihn mit dem Fuß beiseite als läge da neben ihm ein totes Tier. „Gut gemacht Anne, um dieses Subjekt werden wir uns später in aller Ruhe kümmern. Töte die Mutter, ihr Geschrei geht mir allmählich auf die Nerven.“ „Ich habe verstanden Herr.“ Mit diesen Worten erhob Anne ihr Schwert und rannte auf Misa zu. Entsetzt schrie sie auf als sie die rasiermesserscharfe Klinge auf sich zusausen sah und versuchte sich irgendwie auszuweichen und sich mit ihren Armen zu schützen, da zerrte Rebirth sie aus der Gefahrenzone und tief schnitt die Klinke in seine Schulter. Blut floss aus der Wunde und vor Schmerz verzog Rebirth das Gesicht. Diesen Moment der Unaufmerksamkeit nutzte Anne aus und stieß ihm das Schwert in den Bauch. Fear lachte und klatschte amüsiert und schien seine Freude an dem Geschehen zu haben. „Gut gemacht Anne, du hast ihn erwischt! Und jetzt die Mutter.“ Anne wollte die blutige Klinge wieder herausziehen doch Rebirth war fest entschlossen Misa und Akito unter Einsatz seines Lebens zu beschützen und hielt die scharfe Klinge mit all seiner ihm verbliebenen Kraft fest sodass Anne sie nicht herausziehen konnte. Dann aber drehte sie die Klinge herum und zog sie schließlich heraus indem sie Rebirth mit dem Fuß nach hinten stieß. Dieser fiel zu Boden und versuchte aufzustehen wobei er eine gefährliche Menge an Blut verlor. In diesem Moment stieß Anne ihm das Schwert in den Rücken und Rebirth blieb regungslos liegen. Fassungslos brach Misa in Tränen aus und wusste nicht mehr was sie tun sollte. Akito eilte zu ihm und nahm seine Hand, versuchte mit ihm zu sprechen und begann zu weinen. „Onii-chan, es tut mir so leid…“ Schwach hob Rebirth seine Hand und streichelte seinem kleinen Bruder den Kopf und setzte ein Lächeln auf. „Ist schon gut Akito, du kannst nichts dafür. Lauf weg und bring dich bitte in Sicherheit. Ich komme schon klar.“ Das alles war genauso wie vor einem Jahr…. Genauso wie damals seine Mutter lag nun Rebirth im Sterben und wenn nicht schnell etwas unternommen würde, dann starb er und Akito würde nie wieder mit ihm Spielen können. Er würde ihm keine Gutenachtgeschichten vorlesen wenn seine Mutter zu erschöpft von der Arbeit war und ihn trösten wenn er einen schlimmen Alptraum hatte. Er würde nie wieder da sein wenn er Angst vor der Dunkelheit oder einem Gewitter hatte und ihm auch nicht mehr bei den Englischhausaufgaben helfen. Rebirth würde für immer aus dieser Welt verschwinden…. „Armer kleiner Junge“ seufzte Fear während er das Geschehene in aller Ruhe betrachtete und dabei deutlich Spaß zu haben schien. „Aber mach dir mal keine Sorgen. Wenn deine Mutter auch weg ist, werde ich mich gut um dich kümmern.“ Misa versuchte sich wieder zu fassen und ihrem Sohn beizustehen, doch der Anblick des schwer verletzten Rebirth, der sie und Akito beschützt hatte obwohl er selbst noch ein Kind war, hatte sie völlig aus der Bahn geworfen. Schon wieder starb jemand, den sie ins Herz geschlossen hatte und unschuldig war. Warum nur musste sie sich immer von anderen beschützen lassen und war selbst völlig unfähig jemand anderen zu schützen? „Ja Misa, sieh ihn dir gut an. Erinnert dich das nicht an damals als deine Eltern abgeschlachtet worden und du nichts tun konntest? Du warst ja nicht einmal in der Lage ihren Mörder hinter Gittern zu bringen sondern musstest darauf warten dass dir irgendjemand hilft. Du blöde Kuh bist ja noch nicht mal in der Lage deine Familie richtig zu beschützen.“ Fear verpasste ihr eine Ohrfeige, die Misa so hart traf dass sie nach hinten taumelte. Der junge Russe kam weiter auf sie zu und packte sie an den Haaren. „Du bist die unfähigste und dümmste Kuh die ich je gesehen habe. Nicht einmal dein Kind hast du eigenhändig zur Welt gebracht sondern musstest eine Leihmutter anheuern. Wie billig du doch aussiehst mit diesen dämlichen Zöpfchen und den Outfits so als willst du noch wie 17 aussehen.“ „Das ist nicht wahr!“ Zitternd stand Rebirth auf und presste eine Hand auf seine Wunde. In seinen Augen lag Mut und Entschlossenheit, welche man bei ihm sehr selten sah. „Misa ist eine wunderbare Mutter. Liebevoll, aufrichtig und tapfer. Du magst zwar vielleicht unser Unterbewusstsein sehen können und damit unsere größten Ängste ausspionieren können, unser Schuldbewusstsein und die schlimmsten Erinnerungen aber eines kannst du nicht Fear: Das Gute in den Menschen sehen. Egal wie oft du versuchst uns zu brechen, wir werden wieder aufstehen denn wir halten in der Gruppe zusammen und lassen uns nicht von deinen billigen Illusionen unterkriegen, ebenso wenig wie wir uns von deinem Dienstmädchen besiegen lassen. Akito braucht uns gar nicht zu manipulieren um das zu bewirken aber du wirst das niemals verstehen. Im Grunde bist du doch derjenige, der einsam und unverstanden ist.“ Schweigend sah Fear ihn an und für einen kurzen Moment hatte sein Blick etwas unsagbar Trauriges. Er kannte keine Liebe, hatte niemals eine Familie gehabt und auch keine Freunde. Der einzige Mensch, den er an seiner Seite hatte war Anne. Sie war die Einzige, die an seiner Seite bleiben konnte weil sie keine Gefühle besaß und sie deswegen auch nicht zu verstehen brauchte was in ihm vorging. Doch dann wurde Fears Blick eiskalt und hasserfüllt, er holte einen vergoldeten Revolver aus seiner Jacke und richtete sie auf Rebirth. „Vergleich mich nicht mit dieser Hexe Rumiko. Wäre sie nicht in Kiras Tempel krepiert dann hätte ich diesen Job übernommen. Und jetzt sag der Welt Lebewohl Lucas Rebirth Adams.“ Der Schuss hallte ohrenbetäubend im Raum wieder und alles schien sich wie in Zeitlupe abzuspielen. Mello versuchte Fear von den Füßen zu reißen, Misa versuchte Akitos Augen zu verdecken damit er das nicht mit ansehen musste und Rebirth konnte sich kaum rühren so schwer verletzt er bereits durch den Angriff des Dienstmädchens war. Die Kugel durchbohrte Rebirths Stirn und riss ein blutiges Loch, Akito schrie auf und riss sich von seiner Mutter los. Ein gewaltiger Stoß erschütterte plötzlich das Gebäude und alles schien wie durch eine Störung zu verzerren. Konturen verschoben sich und der Druck ließ jeden der Beteiligten fast taub werden. Instinktiv hielten sich alle die Ohren zu und sanken zu Boden. Als alles vorbei war, stand Akito felsenfest da und hatte plötzlich ein Schwert in der Hand. Was genau passiert war konnte niemand sagen aber dann schien Fear etwas zu ahnen und lachte. „Da haben wir es. Das ist die wahre Kraft der Götter.“ Mello kam zitternd wieder auf die Beine, hatte jedoch große Mühe dabei und versuchte Misa aufzuhelfen. Alle Möbel im Zimmer waren unversehrt und standen noch an ihrem Platz und auf dem Boden lag Rebirth, bewusstlos aber ohne eine Verletzung. Was zum Teufel war hier gerade passiert und woher hatte Akito die Waffe? Das Schwert ähnelte dem von Anne, die Klinge war jedoch kürzer und es war „Izanagi“ in das blanke Metall eingraviert, zumindest wenn sich Mellos Japanischkenntnisse nicht täuschten. „Das da ist die Waffe einer Gottheit, die in der Lage war Zeit und Raum zu zerschneiden und zusammenzufügen. Was ihr gerade gesehen habt war eine Manipulation des Raum-Zeit-Gefüges, wir alle waren gerade Zeugen einer Macht, mit der man sogar in der Lage wäre Raum und Zeit für immer zu zerstören und der Kleine da trägt diese in sich.“ Kapitel 10: Zerstörung ---------------------- Fears Lachen ließ die Anwesenden erschaudern doch die Aufmerksamkeit war ganz auf Akito gerichtet. Mit einem seltsamen Leuchten in den Augen stand er zwischen den Fronten und eine Aura ging von ihm aus, die auf die anderen beinahe elektrisierend wirkte. „Akito?“ Vorsichtig ging Mello auf den 7-jährigen zu um sich zu erkundigen ob es ihm gut ging doch Misa hielt ihn zurück. „Das ist nicht Akito“ murmelte sie ohne den Blick von ihrem Jungen abzuwenden. „Das ist nicht Akito….“ Langsam, ganz langsam drehte sich der Junge zu ihnen um und sah sie mit seinen leuchtenden Augen an. Tatsächlich war es nicht der, den Mello sonst kannte sondern eine völlig andere Person. Wer es genau war konnte nicht einmal Misa sagen aber sie schien ihnen nicht feindlich gesinnt zu sein. Im Gegenteil, er lächelte ihnen zu und sagte „Passt gut auf Rebirth auf und bleibt zurück. Ich werde das hier klären auch wenn mir nicht viel Zeit bleibt.“ „Was meinst du damit und wer bist du?“ fragte Misa mit zitternder Stimme und hielt sich an Mello fest, damit er sie stützen konnte denn mit den Nerven hielt sie es nicht mehr lange durch. Die Nacht war für sie sehr anstrengend gewesen und der Schrecken schien für sie kein Ende mehr zu nehmen. Akito oder wer auch immer gerade diesen Kinderkörper besetzte, senkte den Blick und schien die Antwort nicht aussprechen zu wollen. „Meine Kraft ist viel zu groß als dass der Körper eines Kindes sie auf Dauer aushalten könnte. Wenn ich die Sache nicht schnell zu Ende bringe, wird Akito noch Schaden nehmen was ich unter allen Umständen verhindern will. Ich werde diesen Dimitrij Ivanow töten und damit das alles beenden.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren stürmte er auf Fear zu, der sofort reagierte und Anne herbeirief. Diese konterte den Schwerthieb und hielt der Kraft des Unbekannten stand, der Akitos Körper besetzte. Die Klingen kratzten aneinander und einzelne Funken sprangen dabei und Anne drängte den Angreifer immer mehr zurück. „Verdammt, mit diesem Körper ist es viel schwerer als vor 600 Jahren. Und wie ich sehe hat man tatsächlich „Satori“ gefunden.“ So wie diese Person sprach ging Mello davon aus dass es kein Mensch war sondern es tatsächlich ein Gott, ein so genannter Kami sein konnte von dem Fear gesprochen hatte. Wenn dem so war dann konnte man nur hoffen dass er es schaffte diesen Verrückten zu stoppen. Am liebsten hätte er geholfen doch diese Person schien schon seine Gründe zu haben im Alleingang zu kämpfen. Stattdessen schnappte er sich Misa, die ihm half den immer noch bewusstlosen Rebirth aus der Gefahrenzone zu ziehen und beobachteten den Kampf. Es war unglaublich wie viel Kraft in Akitos Körper steckte. Man konnte ihm und Anne kaum mit den Augen folgen, so schnell bewegten sie sich und beide lieferten sich einen erbitterten Kampf. Was ihre Klingen streifte, wurde erbarmungslos zerschnitten und als Anne den Tisch wie zu einer Barrikade seitlich stellte, zerschnitt Akito ihn mit nur einem Hieb in mehrere Stücke und sprintete voran. Er war viel schneller als ein Mensch je hätte sein können und dann gelang es ihm tatsächlich, Annes Arm abzutrennen. Diese schien jedoch nicht sonderlich beeindruckt zu sein, nahm das Schwert in die andere Hand und hielt ihn davon ab, ihrem Herrn zu nahe zu kommen. Wieder ging es Klinge an Klinge und obwohl Akito sein Schwert mit beiden Händen umklammert hielt, leistete Anne erbitterten Widerstand und sie schien eine monströse Kraft zu besitzen. „Du darfst ihn nicht töten Anne aber sorg dafür dass er mir nicht zu nahe kommt. Das ist ein Befehl!“ „Ich habe verstanden, Herr….“ Sie erhöhte den Druck und auf Akitos Stirn bildeten sich Schweißperlen. Während Anne ihn im Schach hielt, bildete sich aus dem blutenden Armstumpf bereits neue Knochen-, Haut- und Muskelzellen und der abgetrennte Arm wuchs langsam nach. Aus dem Stumpf des anderen bildeten sich ebenfalls neue Zellen und Mello ahnte dass gleich noch eine Anne entstehen würde und dann würde es eng für Akito werden Darauf hatte er nun wirklich keine Lust und holte aus seiner Tasche Dynamit, welches er um den Arm wickelte. Er ging nach nebenan, zündete die Lunte an und warf beides in hohen Bogen aus dem Fenster und kam zurück. Dass es nicht hunderte von diesen Annes gab, war seiner Meinung nach ein Wunder. Aber vielleicht funktionierte diese Reproduktion nur wenn ein bestimmter Prozentteil des Körpers erhalten blieb oder so. Vielleicht konnte sie es ja sogar steuern und bestimmen, wann sie sich reproduzierte oder nicht. Akito tauchte unter Annes Hieb hinweg, rutschte zwischen ihre Beine hindurch und rannte auf Fear zu, der sein Schwert aus dem Gehstock zog und parierte, doch „Izanagi“ zerschnitt die Klinge als wäre sie Papier. „Anne!“ rief er und wich zurück und nur knapp verfehlte ihn die Spitze des Samuraischwertes. Das Dienstmädchen reagierte sofort und drehte sich auf der Stelle um und riss Akito am Kragen zurück sodass er nach hinten fiel. Ihr Arm war inzwischen vollständig nachgewachsen und als Akito einen Moment lang nicht aufpasste, verpasste sie ihm einen Schlag ins Genick und er verlor fast das Bewusstsein. Er konnte sich jedoch fassen und fuhr mit dem Schwert über Annes Brust und kaum hatte die Klinge ihren Schnitt getan, da zerfiel der Körper in unzählige Stücke und landete als blutige Klumpen zu Boden. Keuchend blieb Akito stehen und rang nach Luft. Sein Gesicht war vor Schmerzen verzerrt und seine Hand krallte sich in die Brust, dort wo sein Herz war. „Nicht jetzt…“ brachte er hervor und begann zu husten. „Es ist noch zu früh…“ Er musste starke Schmerzen haben, das sahen Mello und Misa genau und sie wollten zu ihm hingehen und ihm helfen doch Akito hielt sie zurück. „Nein, ihr könnt hier nicht viel ausrichten.“ Auf sein Schwert gestützt stand der 7-jährige auf und nahm seine Angriffsposition ein. Fear wusste genau dass Annes Wiederherstellung zu lange dauern würde und er etwas unternehmen musste um nicht getötet zu werden. Er wich weiter zurück und presste eine Hand auf sein rechtes Auge. Sein Blick verriet dass er noch einen letzten Trumpf in der Hand hatte und lachte. „Nicht schlecht, wirklich nicht schlecht. Da du über solch immense Kräfte verfügst wird es auch langsam Zeit für mich, auch mal einen draufzusetzen. Bis jetzt habe ich nur zwei Mal in meinem Leben diese Kraft freigesetzt…“ „Du willst doch wohl nicht Ashuras Fähigkeit der Illusionsmanifestation einsetzen. Diese Kraft ist schwer kontrollierbar und gefährlich! Tu das nicht!!!“ Doch Fear warf ihm nur einen kalten Blick zu und setzte ein Lächeln auf. „Als ob ich das nicht wüsste…“ Langsam nahm er die Hand weg und mit Entsetzen sahen Mello und Misa, dass dieses klaffende Loch sich weiter vergrößert hatte und nun eine schwarze Flüssigkeit herausquoll. Das rote Licht leuchtete noch stärker als zuvor und hatte schließlich den gesamten Raum ausgefüllt. Matt musste eine Pause einlegen nachdem er den verletzten Beyond durch unzählige Räume geschleppt hatte. Sie hatten Schüsse gehört und Beyond drängte Matt umzukehren doch der dachte nicht daran sondern wollte lieber dafür sorgen dass es nicht mehr Tote als nötig gab. Als sie dann aber eine Druckwelle nach der anderen sie von den Füßen gerissen hatte, machten sie sich doch schon Sorgen. Eine Bombe konnte es nicht gewesen sein denn von einer Detonation war nichts zu hören gewesen. „Was meinst du was das war?“ fragte Beyond, der schon ziemlich blass im Gesicht war und alles andere als gesund aussah. Er hatte viel Blut verloren und musste dringend ins Krankenhaus doch zuerst mussten sie hier raus und es gab kaum ein Fenster und selbst wenn, dann war Beyond zu schwach um herauszuklettern. Vorsichtig setzte Matt ihn ab und zündete sich eine Zigarette an. Grübelnd blies er eine bläuliche Nikotinwolke aus und setzte sich neben Beyond. „Keine Ahnung aber ich schätze mal da geht es echt zur Sache. Dieser Fear ist mit allen Wassern gewaschen und ich werde das Gefühl nicht los dass noch etwas Schlimmes passiert….“ Beyond schwieg und lehnte sich gegen eine Wand. Seine Lider wurden immer schwerer und sein Kreislauf stand kurz vor einem Kollaps. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde er gar nicht mehr laufen können und Matt überlegte ob er nicht alleine den Ausgang suchen und dann Hilfe holen sollte. Aber andererseits, wenn dieses durchgeknallte Dienstmädchen wieder auftauchte, hatte Beyond nicht den Hauch einer Chance sich zu wehren. Es waren Entscheidungen wie diese, die Matt über alles hasste und durch seine passive Lebenseinstellung versuchte zu vermeiden, in solch eine Situation geraten. „Weißt du Matt“ murmelte Beyond schließlich und sah zur Decke wo ein künstlicher aber realistisch wirkender Sternenhimmel nachempfunden wurde. „Wir sind schon eine echt seltsame Gruppe oder? Jeder von uns ist kriminell, hat mindestens einen Menschen auf dem Gewissen und würden es wieder tun wenn wir uns dazu gezwungen sehen. Wir haben keine eigene Familie mehr oder können nicht mehr zurück… irgendwie seltsam…“ „Warum seltsam?“ „Ich bin immer davon ausgegangen dass meine Familiensituation die Schlimmste wäre, Rumiko miteingeschlossen und wenn ich so höre was euch passiert ist habe ich das Gefühl dass unsere Begegnung kein Zufall war sondern durch irgendeine höhere Macht vorherbestimmt wurde.“ Ungläubig runzelte Matt die Stirn und nahm noch einen Zug bevor er eine weitere Wolke ausblies. Er hatte noch nie an eine höhere Macht geglaubt oder an etwas Ähnliches. Nein, er war mehr ein Realist und glaubte erst an Übernatürliches, wenn er es mit eigenen Augen sah. Das Death Note war ein solches Beispiel oder die Shinigami. „Ich würde nicht sagen dass es Schicksal oder das Werk einer höheren Macht war. Allerdings würde ich auch nicht sagen dass es ein Zufall war, denn dann wäre es ein zu großer. Es ist einfach passiert und wir haben in der Gruppe zusammengefunden weil uns etwas verbindet, nämlich dass wir verlorene Kinder ohne eine Familie sind.“ „Da könnte was dran sein“ gab Beyond mit einem Schmunzeln zu und zog die Beine an bis er die typische L-Haltung angenommen hatte. „Nur mit dem Unterschied dass wir jetzt eine Familie haben. Jeder ist bereit sich für den anderen zu opfern und ihm in der Not beizustehen. Leider habe ich das erst erkannt als Rumiko beerdigt wurde…“ „Ich sage immer: Besser später als nie“ antwortete Matt knapp, warf seine Zigarette auf den Boden und trat sie aus. „Solange du nicht bis an dein Lebensende glaubst dass du ganz alleine bist, ist es doch gut so. Du hast gute Freunde, eine Heimat in die du jederzeit zurückkehren kannst und du brauchst dir keine finanziellen Sorgen machen. Ehrlich gesagt beneide ich dich…“ „Warum das denn?“ fragte Beyond erstaunt und sah zu Matt hoch, der die Arme verschränkte und einen seltsamen Blick hatte, den Beyond nicht ganz deuten konnte. „Manchmal würde ich gerne nach Hause zurück. Meinen Eltern sagen dass es mir gut geht und dass es mir leid tut was damals passiert ist. Weißt du, damals hab ich die Waffe meines Vaters gefunden und mein Zwillingsbruder Matthew und ich haben damit herumgespielt. Als ich gesehen hab dass das Ding geladen war, hab ich versucht sie ihm abzunehmen bevor noch was passiert… tja, dabei habe ich ihm das Gesicht weggeschossen. Daraufhin nahm ich die Identität meines Bruders an und lief von zuhause weg. Als ich dann beim Erdbeben in San Francisco für tot erklärt wurde, nahm ich das einfach hin und akzeptierte irgendwann, dass ich nie wieder zurückkehren konnte.“ Am liebsten hätte Beyond etwas gesagt, dass Eltern ihre Kinder lieben und für sie da sind egal was passierte, aber aus seinem Munde würde sich das wie eine dreiste Lüge anhören und er wusste das. Stattdessen sagte er „Es ist deine Entscheidung und ich will mich da nicht großartig einmischen. Aber vielleicht solltest du dir Klarheit verschaffen um deinen eigenen Frieden zu finden. Sonst machst du dir noch ein Leben lang Vorwürfe und gehst noch daran kaputt. Nimm an mir und Rumiko ein Beispiel: Ich habe erst kurz vor ihrem Tode erfahren dass sie alles getan hat um mich zu beschützen und mich immer geliebt hat, wie man einen Bruder nur lieben kann und bevor ich all die Dinge wiedergutmachen konnte, die ich ihr angetan habe, ist sie in meinen Armen gestorben…. Überlege es dir also noch mal bevor du eine Entschei…“ Bevor Beyond zu Ende sprechen konnte begann plötzlich die Erde zu beben. Das Anwesen erzitterte und Staub rieselte von der Decke. Matt reagierte sofort, riss Beyond hoch und floh mit ihm zur Tür. Als Amerikaner hatte er sehr oft Erdbeben miterlebt, allerdings immer nur recht kleine und harmlose doch er hatte auch eines der Stärke 8 erlebt. Es war noch schlimmer gewesen als 1906 denn es kamen fast 4000 Menschen ums Leben da sich zusätzlich noch unzählige Brände ereigneten und dadurch viele Leichen unidentifizierbar wurden. Matt und Mello waren damals in der U-Bahn gewesen und durch die Tunnel geirrt während sie fürchten mussten, jeden Moment lebendig begraben zu werden. Hoffentlich hatten sich die anderen ebenfalls in Sicherheit gebracht… Das Beben wurde immer stärker und laut krachte es. Risse bildeten sich an den Wänden und dann mit einem Male riss der Boden auf. Ein klaffendes Loch bildete sich und schwarzer stinkender Qualm stieg hervor. Es stank nach Verwesung und Moder und verpestete die Luft. Hustend hielten sich Matt und Beyond die Hand vorm Mund und hielten sich irgendwo fest. „Was passiert hier nur?“ Ein Teil des Bodens sank komplett ein und der Rest geriet in eine bedrohliche Schieflage. Matt rutschte weg und versuchte sich am Türrahmen festzuhalten. „Pass auf!“ rief Beyond und nahm seine Hand um ihn daran zu hindern, weiter nach hinten zu rutschen. Hinter ihm tat sich ein gewaltiger Abgrund auf und ein Teil der Decke stürzte ein. Langsam begann der Boden unter ihnen immer weiter in die Schräglage zu rutschen und lange würden sich die beiden nicht mehr festhalten können. Beyond begann zu überlegen was sie tun konnten und sah sich um. Lange würden sie sich jedenfalls nicht festhalten können und sie mussten schnell hier raus. Schließlich schaffte er es aufzustehen und rief Matt zu Anlauf zu nehmen und über den Abgrund zu springen um dann zur Tür zu kommen. Ohne viel zu zögern stürmten die beiden los, stießen sich ab und sprangen über das Loch und schafften es knapp auf die andere Seite. Schnell öffneten sie die Tür und rannten den Flur entlang als es auch schon hinter ihnen laut krachte. Die Decke fiel runter und ein Teil davon traf Beyond am Kopf und er fiel zu Boden. Matt blieb stehen, half ihm hoch und trug ihn weiter. Er wollte nicht sterben, nicht hier und jetzt und er würde auch nicht zulassen dass jemand in seiner Nähe starb. Völlig erschöpft zerrte er seinen Freund in eine Ecke und sah sich um. Überall rieselte Staub aus den Rissen und alles wackelte. Dann auf einmal hörte er einen markerschütternden lauten Schrei, der unmöglich von einem Menschen stammen konnte. In Matt stieg Angst hoch, richtige Todesangst und er konnte nicht sagen woher sie kam. In ihm schrie alles einfach wegzulaufen und von hier zu fliehen. „Du wirst sterben wenn du hier bleibst!“ rief es in ihm. Plötzlich krachte es laut und der Boden riss entzwei. Aus der Tiefe schossen plötzlich knochige dürre Hände aus Rinde hervor, überwuchert mit Moos und Matt hörte das Rascheln von Blättern. Irgendetwas Abartiges ging hier vor, vielleicht war er schon wieder in einer Art Traumwelt gefangen und dies hier war gar nicht die Realität… Oder Fear besaß eine noch viel größere Macht als Matt es sich vorstellen konnte. Aus den Tiefen kamen brennende Zweige, Ranken mit riesigen Dornen und nun erkannte Matt auch die Ursache für den beißenden Geruch. Die schwarzen Blumen an den Ranken versprühten explosionsartig schwarze Wölkchen, die in der Lunge brannten wie Säure und stanken wie Schwefel. Hustend zerrte er Beyond weg und wollte nur noch aus der Gefahrenzone fliehen, da durchbrach etwas den gefliesten Boden unter ihm und ein Baum schoss hervor. Er war hässlich und abscheulich, seine Form erinnerte an eine vor Schmerz verzerrte Fratze und die Blätter waren schwarz und verwelkt. Der Rauch hatte den Himmel verdunkelt und unter ihnen stürzte die Nightmare Mansion in sich zusammen. Rote Blitze schossen auf die Erde nieder und der Donner war ohrenbetäubend. Es war als ob Armageddon, das Ende der Welt gekommen wäre. Beyond Birthday war inzwischen wieder vollständig bei Bewusstsein und erschrak bei dem Anblick. Während dürre und hässliche Bäume wuchsen, schoss Feuer aus den Tiefen der Erde hervor und Heuschrecken schwirrten durch die Luft. Es war als ob sie in der Hölle gelandet waren. Etwas weiter entfernt konnten die beiden Fear ausfindig machen. Sein Auge leuchtete so stark dass man ihn unmöglich übersehen konnte und etwas weiter hinten hörten sie Misa schreien. Sie klammerte sich an einem dürren Ast fest und drohte abzustürzen und Mello versuchte sie wieder raufzuziehen. Unter ihr hatte sich inzwischen ein Netzwerk aus Dornenranken gebildet und wenn sie herunterstürzte, würde das noch lebensgefährlich für sie werden. „Hey!“ rief Matt und winkte ihnen zu. „Wir sind hier!!!“ Nachdem Mello die junge Mutter in Sicherheit gebracht hatte, winkte er zurück und Matt begann zu überlegen wie er zu ihnen rübergehen konnte. Beyond schien seine Gedanken zu erahnen und war nicht sonderlich begeistert. „Wir sollten uns lieber nicht bewegen. Der Baum sieht aus als würde er kaum eine Belastung aushalten und wenn wir abstürzen sind wir so gut wie tot. Das Beste ist wir klettern vorsichtig runter. Hier oben sind wir nicht sicher.“ Die Idee klang nicht schlecht doch als Matt seinen Freund sah musste er erkennen, dass dieser unmöglich klettern konnte. Sein Pullover war voll von Blut und er war vollkommen erschöpft. Wenn nicht schnell Hilfe kam, würde er sterben doch der Handyempfang reichte nicht aus um einen Notarzt zu rufen. Beyond lehnte sich gegen den Stamm und kalter Schweiß lief ihm von der Stirn, Seine Lippen waren fast schneeweiß. „Halt noch etwas durch okay? Es kann nicht mehr lange dauern bis es vorbei ist.“ „Nein… es ist schon in Ordnung. Vielleicht ist es ja besser so.“ „Jetzt hör auf so was zu reden. Was soll den Rumiko denken wenn sie das hören würde? Sie hat sich für dich aufgeopfert damit du leben kannst. Also denk bloß nicht daran die Flinte ins Korn zu werfen oder du bekommst es persönlich mit mir zu tun.“ Schwach lächelte Beyond und versuchte seine Muskeln zu entspannen um den Blutverlust so gering wie möglich zu halten. Aus seiner Tasche holte Matt Klebeband hervor und begann damit Beyonds Wunde zu verarzten. Eigentlich war so etwas alles andere als ratsam aber irgendwie musste er verhindern, dass sein Freund verblutete und für den Moment reichte es auch. „Glaub bloß nicht ich lass dich sterben mein Freund. Da haste dich geschnitten.“ Mit einem kräftigen Ruck hatte Mello Misa wieder nach oben gezerrt und sah sich um. Dieser Ort hier sah aus wie aus dem siebten Kreis der Hölle und die Luft war erfüllt vom summenden Geräusch der Insekten und grollendem Donner. Aus den Tiefen der Erde erklang lautes Geschrei… Mello hatte das Magazin seiner kaputten Waffe entnommen und lud nun seine Ersatzpistole, die er bereits leer geschossen hatte. Ganz unbewaffnet wollte er nicht bleiben und sich im Notfall wehren können wenn jetzt zu seinem Pech auch noch Monster auftauchten. Wer weiß was dieser Fear noch alles aus seinem kranken Hirn heraus erschaffen hatte. Dann fiel ihm aber etwas auf, nämlich dass weder Akito noch Rebirth in der Nähe waren. Bei diesem Durcheinander war ihnen gar nicht aufgefallen dass die beiden verschwunden waren. Auch Misa bemerkte dass beide nicht da waren und begann nach ihrem Kind zu rufen, doch bei der Geräuschkulisse war sie nur schwer verständlich. Schließlich begann sie herunterzuklettern und Mello versuchte sie aufzuhalten als er bemerkte wie alt und ausgetrocknet die Äste eigentlich waren. „Pass auf Misa, wenn wir die Äste zu sehr belasten, brechen wir noch ein!!“ „Das ist mir egal, ich werde Akito suchen. Entweder du kommst mit oder du bleibst hier!“ Es hatte keinen Sinn, wenn eine Mutter entschlossen war ihr Kind zu beschützen dann ließ sie sich nicht abhalten und so folgte Mello ihr. Vorsichtig machten sie den Abstieg, doch als ein Ast abbrach, fielen sie die letzten Meter runter und die Landung war alles andere als sanft. Der Boden war voller Ruß und hustend klopften sie sich den Dreck von der Kleidung. „Akito!!!“ rief Misa laut und sah sich um. „Wo bist du Akito?“ Keine Antwort, nur das wehklagende Geschrei aus den Erdspalten. Vorsichtig umgingen sie die tiefen Löcher aus welchen manchmal sogar ohne Vorwarnung Feuersäulen hervor schossen und nur knapp konnte Mello Misa daran hindern, von einer erwischt zu werden. Nichts war mehr so wie vorher. Die Wälder waren in gigantischen Erdspalten verschwunden oder von Spinnenweben und Dornen überwuchert. Riesige Insektenschwärme flogen umher und summten als große schwarze Wolke umher. Dann mit einem Male stürzten sie sich auf die beiden herab und im letzten Moment warfen sie sich zu Boden. Schnell stand Mello wieder auf und zerrte Misa hoch. „Lauf!“ rief er nur noch und rannte los. Er wusste nicht ob diese Insekten gefährlich waren und ob es überhaupt welche waren, die in der realen Welt existierten aber er wollte kein Risiko eingehen und mit der Munition sparsam sein denn es war seine letzte. Außerdem war es so gut wie unmöglich aus fünf Metern Entfernung einer Wespe ein Loch ins Hinterteil zu schießen. Im Grunde hatten sie nicht viele Möglichkeiten als wegzulaufen. Sie rannten so schnell sie nur konnten und dicht hinter ihnen war immer noch dieser riesige Schwarm, der näher und näher kam. Hornissen, Wespen, Insekten so groß wie eine Kinderfaust und Heuschrecken schwirrten durch die Luft und Misa geriet in Panik denn plötzlich waren diese Viecher auch in ihren Haaren. „Hol sie raus, hol sie raus!!!“ Sie schrie und fuhr sich hastig mit den Fingern durchs Haar um die Insekten zu vertreiben und als dann plötzlich eine Spinne ihr vor der Nase baumelte, war sie nicht mehr zu bremsen. Mello versuchte ihr zu helfen doch Misa schlug um sich, war völlig außer Kontrolle geraten und nur mit Mühe ließ sie sich bändigen. Vorsichtig entfernte Mello die Viecher aus ihrem Haar und zerrte sie in den Schatten eines Baumes. „Mensch Misa, man kann sich aber auch anstellen.“ „Ich hab nun mal Angst vor Insekten. Kann ja nicht jeder so abgestumpft sein wie du.“ Da konnte man nichts machen. Mello wusste zwar dass ein Großteil der Mädchen Angst vor Insekten und Spinnen hatte, aber dass sie dermaßen ausrasten würden hätte er nicht gedacht. Das erinnerte ihn an damals als sich Ted, eines der Waisenkinder in Wammys House der Entomologie gewidmet hatte und sich nebenbei auf Spinnen gehalten hatte. Eines Tages ist das Terrarium heruntergefallen und fünf Taranteln liefen frei herum. Es hatte eine ganz schöne Panik unter den anderen gegeben und nur mit Mühe konnten sie wieder eingefangen werden. Die letzte hatte sich zwischen Nears Spielzeugkisten versteckt und als er sie gefunden hat, bekam er so einen Schreck dass er ins Krankenhaus musste. Nun gut, es war eine ziemlich riesige, hässliche und haarige Spinne und Near hatte nun mal ein schwaches Herz, aber Mello selbst hatte sich nie großartig vor Tieren gefürchtet, die mehr als vier Beine hatten. Auch Matt ging recht cool damit um sodass er irgendwann vergessen hatte was für eine panische Angst andere Menschen vor Insekten und Spinnen haben konnten. Misa jedenfalls war völlig am Ende mit den Nerven und warf sich Mello weinend in die Arme. Es war einfach alles zu viel für sie. Die Angst um ihr Kind, den psychischen Terror dem sie ausgesetzt war und diese Horrorbilder, die Fear geschaffen hatte…. Und das war ja noch nicht alles. „Ich will das alles nicht mehr“ schluchzte sie und vergrub ihr Gesicht in Mellos Schulter. „Ich möchte einfach nur nach Hause, zusammen mit Akito und Rebirth und euch. Ich will wieder ein normales Leben und nicht immer um unser Leben fürchten müssen.“ Tröstend nahm Mello sie in den Arm und versuchte sie zu beruhigen. Das hier war wirklich heftig für sie alle und nicht nur für Misa sondern auch für ihn, Matt, Beyond und Rebirth war es schlimm und sie alle wollten nur ein normales Leben ohne diesem psychischen Terror ausgesetzt zu sein und immer an ihre Fehler und Verbrechen erinnert zu werden, an ihre größten Ängste und ihre negativen Gefühle. „Du bist nicht allein Misa. Du weißt dass du immer auf uns zählen kannst wenn du Hilfe brauchst und wir lassen dich auch jetzt nicht im Stich.“ „Warum macht ihr das alles? Auch vor einem Jahr habt ihr mir geholfen obwohl ich Mitschuld an Kiras Terror habe und unzählige Menschen getötet habe. Warum seid ihr alle so nett zu mir obwohl ich das nicht verdient habe?“ „Weil du eigentlich ein guter Mensch bist. Allein schon dass du deine Taten bereust und zum Wohle deines Kindes deine große Liebe verraten hast, ist etwas das nicht jeder tun würde. Und das schätzen wir sehr an dir: Deine ehrliche und fürsorgliche Art.“ Auch wenn Mello es niemals direkt sagen würde, er wünschte sich dass er damals eine Mutter wie Misa gehabt hätte. Den anderen ging es sicher genauso und gerade weil Misa ihrem Mutteridealbild entsprach, wollten sie dafür sorgen dass wenigstens Akito behütet aufwuchs wenn es schon ihnen nicht vergönnt gewesen war. Schon etwas seltsam besonders weil Mello früher sicher nicht den Familienmenschen gespielt hätte aber während seiner Zeit bei einem Ausbilder der Navy hatte er sich eben verändert. Sein unkontrollierbares Temperament hatte er im Griff, er konnte in ernsten Situationen stets einen kühlen Kopf bewahren und die richtigen Entscheidungen treffen und er hatte mehr Einfühlungsvermögen und Verständnis für seine Mitmenschen entwickelt. Wenn er noch der Alte gewesen wäre, dann hätte er Misa genauso zur Verantwortung gezogen wie Kira und den kleinen Akito damit zum Waisenkind gemacht. Was aus ihn geworden wäre, hätte ihn nicht viel gekümmert aber unter strengster militärischer Erziehung hatte er nicht nur das Kämpfen gelernt. Und jetzt war er auch dankbar dafür dass er nicht mehr der alte Mello war, der beim kleinsten Ärgernis zum rasenden Stier wurde. „Es wird alles gut Misa, wir sind doch Freunde oder nicht? Komm, wir gehen weiter und suchen nach deinem Sohn.“ Sie suchten wirklich überall doch irgendwie war Akito spurlos verschwunden und mit jeder Minute wurde Misa immer nervöser. Die Sorge um ihr Kind brachte sie fast um den Verstand und dieser Ort an dem wirklich die schlimmsten Alpträume wahr wurden, verschlimmerte alles nur noch. Dann schließlich sahen sie in der Nähe des Dornenwaldes Rebirth, der mit zwei vermummten Gestalten sprach und mit einer Uzi bewaffnet war. Beide trugen schwarze Kleidung und Kapuzenmäntel sodass man gar nicht sagen konnte ob es sich um Männer oder Frauen handelte. Eine von ihnen war mit zwei Säbeln bewaffnet und die andere mit Pistolen. Mello und Misa gingen in Deckung um die drei belauschen zu können. „Wenn wir das Zielobjekt eliminiert haben, wird sich das S.E.K darum kümmern, dass alles wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt wird.“ „Und was ist mit diesem Dienstmädchen? Die bringt nichts, rein gar nichts um. Habt ihr einen Plan was wir mit ihr tun sollen?“ „Um die brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Der Chef wird sich persönlich um sie kümmern und selbst wenn sie die Fähigkeit der Zellenregeneration besitzt, er wird sie töten und dann bleibt sie es auch. Wir kümmern uns inzwischen um das Zielobjekt.“ Die Stimme war sehr tief sodass sich nicht erkennen ließ ob sie von einem Mann oder einer Frau stammte aber sie klang relativ jung, ungefähr zwischen 24 und 27. Außerdem hatte sie einen starken russischen Akzent. Was zum Teufel hatte Rebirth mit Russen zu tun und was genau war das S.E.K? „Warte, der Befehl hat sich gerade geändert. Wir sollen uns um die Zivilisten kümmern und uns vorerst im Hintergrund halten. Nur im Notfall sollen wir einschreiten.“ Diese Stimme war elektronisch verzerrt und irgendwie wirkten die beiden vermummten Gestalten nicht gerade Vertrauen erweckend auf Mello und Misa. Aber wenn Rebirth die beiden kannte und mit ihnen gemeinsame Sache machte, dann konnten sie nicht auf der Seite des Feindes stehen. „Wenn es Akitos Wunsch ist alleine zu kämpfen, kann man nichts tun. Aber es gibt ein Problem: Mein Freund Beyond ist schwer verletzt und muss dringend in ein Krankenhaus. Wäre es vielleicht möglich ihn mithilfe eines Risssprungs wegzubringen?“ „Das ist schwierig und nicht ganz ungefährlich. Aber ich werde mich darum kümmern.“ Die etwas kleinere vermummte Gestalt drehte sich um und eilte davon während die andere bei Rebirth blieb. Zwar konnte Mello ihre Augen nicht sehen aber er war sich sicher, dass sie ihn und Misa fixierten. „Kommt raus!“ befahl sie und kam auf die beiden zu. „Sofort!“ „Wer seid ihr und was habt ihr mit meinem Sohn zu schaffen?“ Als Misa Akitos Namen gehört hatte, konnte sie sich einfach nicht mehr bremsen, sie riss Mello die Waffe aus der Hand und richtete sie auf den Unbekannten. Ihr Blick verriet dass sie bereit war jederzeit abzudrücken wenn es sich um einen Feind handelte. Die Gestalt reagierte jedoch nicht darauf und beachtete sie nicht sonderlich. Stattdessen antwortete sie in leicht militärischen Ton „Ich bin vom S.E.K. und habe die Anweisung Sie zu beschützen. Sie sind Misa Amane und Sie Mello nicht wahr?“ „Was genau ist das S.E.K. und was hat Akito mit euch zu tun?“ „Das Shinigamiexekutionskommando kümmert sich um die Eliminierung von Shinigami und dem Schutz Ihres Sohnes Frau Amane. Wir sind eine Organisation, deren Mitglieder als Einzige über die Geschehnisse der Alten Welt wissen und versuchen eine zweite Katastrophe zu verhindern. In all den Jahren haben wir versucht Akito vor den Augen der Shinigami zu verbergen.“ „Und warum?“ Misas Stimme zitterte, ihr Make-up war zerlaufen und sie konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Mello legte einen Arm um ihre Schulter um ihr Halt zu geben doch das half auch nicht. Sie brauchte dringend Ruhe. „Es ist eine etwas lange Geschichte und alle Details darf ich aus Sicherheitsgründen des S.E.K. nicht preisgeben aber wenn Sie darauf bestehen…. Vor 600 Jahren existierten Götter, die von der japanischen Bevölkerung Kami genannt wurden. Sie konnten so alt sein wie die Zeit selbst oder sogar noch älter aber sie konnten so einfach sterben wie ein Mensch. Äußerlich unterschieden sie sich auch nicht von den Menschen und lebten mit ihnen in einer friedlichen Koexistenz. Als der Gott Ashura fast Opfer eines Attentats wurde, Angst vor dem Tod bekam und die Lebenskraft von Menschen und Kami raubte, wurde er zum ersten registrierten Shinigami. Er konnte von seinen beiden Schülern getötet werden, jedoch hatte er durch seine Taten einen großen Stein ins Rollen gebracht und es kam zum Krieg, der Japan schließlich völlig zerstörte. Die Kami wurden schließlich selbst zu Opfern und wurden von den Menschen verraten. Jenseits dieser Welt und der der Shinigami gibt es einen Ort, der auch die Grenze von Leben und Tod genannt wird. Es ist wie ein Tempel und ist das höchste Heiligtum der Kami. Dort ist das Buch des Schicksals versteckt welches nur Unheil und Zerstörung gebracht hatte und wird von den letzten beiden Gottheiten bewacht. Vor genau 600 Jahren opferte sich Ashuras Schüler um das Tor zu diesem Tempel für alle zu versperren um das absolute Ende abzuwenden. Da jedoch die Seelen der Verstorbenen nach ihrem Tode dorthin gehen und nicht sich selbst überlassen werden durften, öffnete er den Eingang zu einer leeren Welt, die als das Nichts bekannt ist. Dort warten die Toten bis heute um endlich die Grenze von Leben und Tod überwinden zu können. Ashura hatte noch einen zweiten Schüler und dieser benutzte das Buch um die Shinigami aus dieser Welt zu verbannen um den Krieg zu beenden. Dabei starb er.“ „Warum?“ fragte nun Mello, der aufmerksam zugehört hatte oder es zumindest versuchte denn sein Kopf fühlte sich schwer wie Blei an und schmerzte. Außerdem fiel es ihm schwer das alles zu glauben, was diese seltsame Person da gerade mit tiefer und monotoner Stimme erzählte. Das Gerede von Göttern, Tempeln und so weiter strengte sein Gehirn ziemlich an, so fantastisch klang das alles aber andererseits machte das schon Sinn. Immerhin gab es ja Death Notes und Shinigami, warum sollte es kein Gegenstück dazu geben. „Das Buch des Schicksals ist so mächtig, dass es ein Opfer verlangt. Entweder man opfert sein eigenes Leben oder das eines anderen.“ Als Misa das hörte, verlor sie endgültig die Nerven. Weinend schrie sie auf und rief immer wieder den Namen ihres Kindes, dann sank sie zusammen und verlor das Bewusstsein. Mello fing sie vorsichtig auf und legte sie vorsichtig hin. Auch Rebirth sah sehr beunruhigt aus. „Das bedeutet also dass Fear Akito opfern will wenn er es zu dieser Grenze geschafft hat.“ Die Person mit dem verhüllten Gesicht nickte und verschränkte die Arme. „Das steht zur Befürchtung und das dürfen wir nicht zulassen. Unseren Recherchen nach ist Akito nämlich die Wiedergeburt von Ashuras Schüler, der damals die Grenze versperrt hat. Vor seinem Tode hat er nämlich geschworen zurückzukehren wenn der Zeitpunkt gekommen sei und dann würde er das Siegel brechen und die Toten können endlich dorthin wo sie hingehören: An einen viel besseren Ort als das Nichts. Was die Entstehung der Death Notes angeht gibt es auch eine Erklärung dazu: Damals raubten die Shinigami nicht nur die Lebenszeit der Menschen und Kami sondern sogar auch ihre Seele und ihren Körper. Eine der letzten beiden Gottheiten und gleichzeitig auch einer der Ältesten entfernte Seiten aus dem Buch des Schicksals und schuf daraus die Death Notes. Damit nahm er den Shinigami die Möglichkeit erneut die Menschheit zu terrorisieren und auch ihre Seelen zu rauben. Durch die unzähligen Bedingungen wurde es unmöglich für die Shinigami unbeteiligte Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen und sie eigenhändig zu töten. Es gibt allerdings Shinigami, die die Richtlücken ausnutzen um Menschen ihr Death Note zu geben und dies als unterhaltsamen Spaß zu nutzen. Solange dabei aber die Grundregeln nicht verletzt werden, sehen wir keinen Handlungsbedarf.“ „Aber warum sterben die Shinigami auch wenn sie Menschenleben retten und wie kann es sein dass Sie Shinigami töten können wo es doch heißt dass kein Mensch sie töten kann?“ „Wenn ein Shinigami ein Menschenleben rettet, wird ihm seine Sünde vergeben und seine Lebenszeit wird dem Menschen gutgeschrieben, zumindest ein Teil davon und der Shinigami verliert seine eigene. Es ist gegen die Natur eines Shinigami Leben zu retten und deswegen endet es stets tödlich. Das Death Note selbst hat damit nicht viel zu tun. Was uns angeht… wir sind keine Menschen, zumindest ein Teil davon nicht. Aber das ist auch nicht wichtig.“ Zwar klang das alles sehr einleuchtend aber vieles verstand er trotzdem nicht. Warum hatte das S.E.K. nicht die Shinigami getötet, die Misa und Light Yagami die Death Notes gegeben hatten? Etwa weil sonst Akito nicht existiert hätte? Nun, das würde zumindest Sinn machen aber warum hatten sie nicht eingegriffen als Akito aus dem Krankenhaus entführt worden war? Immerhin war er im Kiratempel nicht wirklich sicher gewesen. „Warum greifen Sie erst jetzt ein und nicht vorher als Akito in den Kiratempel verschleppt wurde oder von Fear entführt wurde? Dann hätte das alles nicht eskalieren müssen!“ „Ich verstehe sehr gut dass unsere Vorgehensweise in Ihren Augen keinen Sinn ergibt aber wir handeln nur auf Befehl von oben ohne nachzufragen. Was ich ihnen aber sagen kann ist, dass Sie und Ihre Freunde gestorben wären wenn wir nicht zugelassen hätten dass Akito von seinem Vater entführt worden wäre. Nur auf diese Weise konnte Akito Kira so manipulieren, dass er sich von Ihnen töten ließ und somit verhindern konnte dass Sie sterben. Hätten wir es nicht so kommen lassen, dann wäre Kira bis heute noch an der Macht. Es wird schon seinen Grund haben warum alles erst so kommen musste und manchmal können wir es erst verstehen, wenn es bereits geschehen ist. Es ist wie der so genannte Schmetterlingseffekt: Die kleinste Veränderung in der Gegenwart oder in der Vergangenheit kann die Zukunft massiv verändern und sie sogar noch verschlimmern. Deswegen denken wir vom S.E.K. nicht über die Befehle nach, die wir erhalten sondern vertrauen darauf, dass alles seine Richtigkeit hat.“ Das klang irgendwie nach Religion wo die Menschen hinterfragten warum ihr Gott so viel Leid zulässt. Einer hatte dabei gesagt dass man einfach nur Vertrauen haben sollte und Gott schon weiß was er tut. Dass er zum Beispiel damit Schlimmeres verhindert oder Leid nun mal zum Leben dazugehört. Es hatte keinen Sinn mehr noch weiter nachzufragen aber eines interessierte ihn: Wie kam es dass Rebirth diese Gestalten kannte? Als er diese Frage stellte, schwieg die vermummte Person eine Weile dann aber antwortete sie „Lucas Rebirth Adams, Rumiko Karasuma und Beyond Birthday tragen die Seelenfragmente von Ashuras zweitem Schüler in sich. Beide waren Brüder und da Rebirth eine sehr enge Bindung zu Akito hat, haben wir auf ihn ein besonderes Auge gehabt und ihn vor einiger Zeit kontaktiert. Er arbeitet mit uns zusammen und hat uns auch benachrichtigt als Akito entführt wurde. Im Moment dürfen wir persönlich noch nicht gegen Fear vorgehen allerdings haben wir den Befehl Sie und Ihre Freunde zu beschützen bis wir weitere Befehle erhalten. Beyond Birthday wird inzwischen in ein Hospital gebracht wo er versorgt wird.“ „Wie das denn und warum werden wir auch nicht weggebracht?“ „Mein Partner verfügt über eine Fähigkeit, die der Teleportation ähnelt. Es gibt unzählige Parallelwelten, die durch Grenzen voneinander getrennt sind. Diese sind für jedermann unsichtbar doch mein Partner kann diese sehen und unter bestimmten Voraussetzungen an einer Schwachstelle einen Spalt öffnen und sich somit zwischen Welten hin und her bewegen. Das ermöglicht uns größere Entfernungen in Sekunden zu überwinden sodass wir uns von Kontinent zu Kontinent in weniger als fünf Sekunden bewegen können. Es gibt allerdings wie gesagt wichtige Voraussetzungen ansonsten könnte der Riss unkontrollierbar wachsen und die Grenzen beschädigen, was katastrophale Auswirkungen hätte. Eigentlich dürften wir in dieser Situation so etwas nicht tun aber da Beyond Birthdays Überleben gefährdet ist und wir dafür sorgen sollen dass ihr am Leben bleibt, sind wir gezwungen ein gewisses Risiko einzugehen.“ Damit hatte sich Mellos Frage beantwortet, ob sie nicht auch auf die gleiche Weise flüchten konnten und so wie es schien, saßen sie hier fürs Erste fest. Auch gut, dachte er und versuchte mit der Tatsache klar zu kommen, dass er in dieser Hölle gefangen war. Er wandte sich Misa zu und versuchte sie wieder aufzuwecken. Doch sie ließ sich nicht aufwecken und fühlte ihren Puls. Er war etwas schnell aber nicht so hoch dass er sich Sorgen machen musste aber als er ihren Herzschlag kontrollierte, änderte sich seine Meinung. Ihr Herz raste förmlich! Kapitel 11: Verzweiflung ------------------------ Als Mello erneut Misas Herzschlag kontrollierte, war es immer noch wie beim ersten Mal: Es schlug so schnell dass er befürchtete, es könnte jeden Moment zum Stillstand kommen. Er hätte es längst ahnen sollen, dass Misa diesen Stress auf Dauer nicht unbeschadet überstehen würde. Rebirth bekam Angst und wandte sich an die vermummte Person, die sofort eine Spritze aus ihrem Mantel herausholte und Misa injizierte. „Das hier ist ein Beruhigungsmittel, das den Herzschlag verlangsamt. Es ist nichts Ernstes sondern höchstwahrscheinlich nur der Stress, kein Grund zur Sorge also.“ „Sagen Sie bloß Sie haben Erfahrung in Sachen Medizin.“ „Ich habe unter anderem einen Doktortitel im Fach Medizin, außerdem ist es für Mitglieder des S.E.K. lebensnotwendig immer jemanden im Team zu haben, der für so etwas ausgebildet wurde. Damit unsere Identität und unsere Gesichter vor der Bevölkerung geheim bleiben, dürfen wir noch nicht einmal ins Krankenhaus eingeliefert werden wenn wir bei einem Einsatz schwer verletzt werden.“ Was für ein Leben, dachte Mello kopfschüttelnd und befolgte die Anweisung des Shinigamikillers um Misas Herzfrequenz zu stabilisieren. Man ist ständig im Einsatz, ein Privatleben ist nicht möglich und wenn die beiden wirklich keine Menschen waren, waren sie sicher älter als man sich vorstellen konnte. Was war das überhaupt für ein Leben immer jung zu bleiben und zu sehen wie Freunde sterben? Sicher mussten sie ständig ihre Heimat verlassen damit niemand Verdacht schöpfte, sie hatten keine eigene Familie und waren immer alleine. War das wirklich ein Leben? Irgendwie empfand Mello Mitleid und versuchte ein Gesicht unter der Kapuze zu erkennen, sah aber nur starre Züge einer Maske, die sein Gegenüber trug. „Sind wir uns vielleicht irgendwann mal über den Weg gelaufen? Nur ganz zufällig?“ „Ja, vor einigen Jahren habe ich Sie und Ihren Freund Matt während des großen San Francisco Erdbebens gesehen und später auch als Sie in der Ausbildung waren. Ich habe da übrigens noch etwas für Sie.“ Aus der Mantelinnentasche holte der oder die Maskierte einen Umschlag, der mit Wachs versiegelt war. „Ich habe es aus Fears Büro sicherstellen können und ich denke dass es in Ihren Händen besser aufgehoben wäre. Aber öffnen Sie den Umschlag erst wenn das alles hier vorbei ist. Ich tue es nur deshalb jetzt, weil ich es nachher noch vergesse und ich keine Lust habe Sie noch einmal aufzusuchen.“ Der Umschlag war klein wie ein normaler Briefumschlag und war nicht sehr dick. Es stand nichts drauf aber Mello steckte ihn lieber ein, er wollte seinen mysteriösen Helfer nicht unnötig provozieren denn er brauchte jede Hilfe die er kriegen konnte. Gerade wollte er Rebirth etwas fragen, da hieß es plötzlich „RUNTER!!!“ und Mello wurde zu Boden gestoßen. Er fiel direkt neben Misa und nur eine Sekunde später zerfiel der Baum vor ihnen in zwei Teile. Anne kam zum Vorschein und sie hatte dieses japanische Langschwert dabei. Sie sah die Anwesenden ausdruckslos an und dass sie nur noch Kleidungsfetzen am Körper trug, schien sie nicht sonderlich zu stören. Ihr Körper war wieder komplett hergestellt und es waren noch nicht einmal Narben zurückgeblieben. „Ich werde euch nun töten, so wie mein Herr es befohlen hat.“ „Vergiss das mal lieber.“ Der Shinigamikiller preschte nach vorne und griff mit beiden Säbeln an doch Anne zerschnitt die Klingen mit einem Hieb. „Nutzlos“ kommentierte sie tonlos und griff an doch ihr Gegner wich aus und warf einen Behälter auf sie, aus dem eine Flüssigkeit spritzte, die Annes Haut verätzte. Sie schrie nicht auf, verzog nicht mal das Gesicht vor Schmerzen. Was zum Teufel war das nur für ein Mensch? War sie denn total schmerzresistent? „Im Forschungslabor wurde ich drei Male von der Brust ab amputiert ohne eine Betäubung. Man hat vier Male mein Gehirn operiert, Organe entfernt und Körperteile amputiert ohne mir ein Schmerzmittel zu geben. Als mein Herr mich befreite musste ich ihm schwören all meine Gefühle abzulegen. Denn er ist die personifizierte Furcht und wenn ich meine Gefühle nicht abgelegt hätte, dann hätte ich nicht an seiner Seite bleiben können. Ich erdulde für ihn jeden Schmerz ohne zu klagen, selbst wenn mir in den Kopf geschossen wird, ich zerteilt oder verätzt werde.“ Was für ein Monster, dachte Mello und richtete seine Pistole gegen sie aber er wusste mehr als genug dass diese nicht viel half. Es war mehr eine instinktive Schutzreaktion. „Wenn mein Herr mir befielt Leben zu retten, werde ich alles dafür tun, riskieren und in Kauf nehmen. Sagt mein Herr dass ich sterben soll, werde ich nach einer Möglichkeit suchen und seinem Wunsch Folge leisten. Und wenn mein Herr mir befielt dass ich jemanden töten soll, dann werde ich keine Sekunde lang zögern.“ So wie sie sprach und dachte erinnerte sie Mello mehr an eine Maschine, so wie ein Roboter und nur die Tatsache dass sie blutete wenn sie verletzt wurde, überzeugte ihn vom Gegenteil. Er konnte es sich nicht vorstellen einfach ruhig zu bleiben wenn ihm der Arm abgetrennt wurde aber wenn Anne die Wahrheit sagte und tatsächlich mehrmals ohne Betäubung operiert und amputiert wurde, dann war sie ja inzwischen nichts anderes mehr als Schmerzen gewohnt und wahrscheinlich machten sie ihr nicht mehr so viel aus wenn sie ihre Gefühle sogar vor sich selbst verschlossen hatte. Ihr Leben war ein einziger Alptraum gewesen und ironischerweise war es Fear, der vor diesem menschenunwürdigen Dasein rettete. Er, der Mensch, der es liebte mit den traumatischsten Erinnerungen und den größten Ängsten der anderen zu spielen, rettete plötzlich jemanden, der in einer Welt des Horrors lebte. Wirklich eine paradoxe Person aber er hatte in Anne eine loyale Dienerin gefunden, die durch ihre Fähigkeit unentbehrlich für ihn war und die aufgrund ihres höchsten Maßes an Dankbarkeit bereit war alles für ihn zu ertragen. Ungeachtet ihres verätzten Gesichts holte Anne zum Schlag aus, da kam Rebirth von hinten, drehte ihr den Arm auf den Rücken und stieß sie mit dem Fuß zu Boden. Das Schwert konnte er ihr aus der Hand drehen und an sich nehmen. „Was sollen wir jetzt mit ihr machen? Die Arme können wir ihr weder abhacken noch brechen, das hat keinen Sinn.“ „Ich hab den Chef benachrichtigt, er ist auf dem Weg hierher und er wird sich der Sache annehmen.“ Mit Handschellen wurde Anne gefesselt doch sie kämpfte verbissen und trat um sich. Als das alles nicht half versuchte sie schließlich mit dem Einsatz ihres Körpergewichtes die Handschellen von ihren Handgelenken abzustreifen indem sie die Fesseln mit ihrem Fuß zu Boden drückte. Mello war fassungslos als er sah wie sie sich dabei die Haut abriss und sich die Handknochen brach. Dunkles Blut trat aus den Wunden und als sie sich befreit hatte, waren ihre Hände deformiert, abgeschürft und blutig. Das war doch verrückt, warum tat sich ein Mensch immer wieder solche Schmerzen an für eine Person, die psychisch krank, egoistisch und kaltherzig war? Dankbarkeit allein konnte es sicherlich nicht sein oder lag es vielleicht daran dass sich Anne an Fear klammerte weil dieser sie wie ein menschliches Wesen behandelte und nicht wie Schlachtvieh? Und Fear selbst klammerte sich an Anne weil diese keine Gefühle mehr besaß und deswegen keine Angst vor ihm hatte? „Anne, du musst das nicht tun. Es gibt auch andere Menschen als Fear, die gut zu dir sind. Willst du dich ewig von ihm herumkommandieren und Schmerzen aussetzen lassen?“ „Hör auf meinen Herrn als Mensch zu betrachten. Wir sind keine Menschen und deswegen brauchen wir euch auch gar nicht.“ Zum ersten Mal sah Mello Wut in Annes bernsteinfarbenen Augen. Wut und abgrundtiefen Hass gegen alle und das Verlangen nach Vergeltung. „Wir werden die Menschheit mithilfe von Ashuras Buch auslöschen und eine neue Welt ohne sie erschaffen. Die Ziele meines Herrn sind auch meine Ziele und ich werde alles in meiner Macht stehende tun um ihm zu helfen und wer sich in den Weg stellt, den werde ich töten!“ Anne griff Rebirth an, der sofort reagierte und ihr mit seiner Maschinenpistole ins Gesicht und ins Herz schoss. Zwar half das nicht fiel aber anderes blieb ihnen nicht übrig. „Lauft!“ befahl der Shinigamikiller und nahm das Schwert, welches Anne zuvor benutzt hatte. „Geht aus der Gefahrenzone und nimmt die Frau da mit!“ „Komm Rebirth, hilf mir mal mit Misa.“ Hastig zerrten die beiden die immer noch bewusstlose Misa hoch und flohen ein paar Meter weiter bis sie zu einem riesigen Baum kamen, hinter dem sie sich versteckten. „Scheiße wie ich dieses Weibsbild hasse“ fluchte Mello und sah wie Anne gegen die Person in schwarz kämpfte und nicht ein Mal zurückwich. „Egal was man macht, die steht immer wieder auf. Langsam geht die mir echt auf die Nerven.“ „Keine Sorge, ich glaube das S.E.K. besitzt eine Möglichkeit sie zu töten. Wir sollten ihnen vertrauen.“ „Und einfach nur dumm rum sitzen und abhauen wenn es gefährlich wird?“ entgegnete Mello gereizt und versuchte seinen Aggressionen Luft zu machen. „Wofür habe ich all die Jahre gekämpft? Nur damit irgendwelche Freaks in Mänteln und Masken auftauchen und uns behandeln wie Kleinkinder? Scheiße verdammt!!!“ Wütend schlug Mello mit der Faust gegen die Rinde des Baums, die knirschend ins Holz gedrückt wurde und wieder schlug er zu. „Mello, du verstehst das völlig falsch. Das alles hier ist eine völlig andere Liga als vor einem Jahr. Hier geht es nicht um Kira sondern um Mächte, die über das Natürliche hinausgehen. Es liegt nicht daran dass du unfähig bist! Im Gegenteil, du…“ Der Faustschlag traf ihn hart ins Gesicht und Rebirth spuckte Blut und Splitter eines kaputten Zahns aus. Das Gesicht vor Schmerz verzerrt kauerte sich Rebirth zusammen wie ein Häufchen Elend und presste eine Hand auf seine verletzte Wange. Fassungslos sah Mello erst auf seine Hand, dann auf Rebirth. Warum hatte er das gerade getan? Warum hatte er jemanden, der überhaupt nichts für seine jetzige Situation konnte geschlagen? Er hatte völlig die Beherrschung verloren und einen 14-jährigen Jungen geschlagen, der vollkommen unschuldig war und es im Grunde nur gut mit ihm gemeint hatte. „Rebirth, es tut mir leid… ich… ich wollte das nicht.“ Mello ging auf ihm zu und wollte ihm helfen, doch der Teenager wich zurück und sah ihn verängstigt an. Genauso wie er Rumiko angesehen hatte wenn sie ausgerastet war und ihn zusammengeschlagen hatte. Bitte tu mir nicht weh, das war es was sein Blick sagte und Mello hätte sich am liebsten dafür selbst eine reingehauen. Er hatte sich doch geschworen gehabt endlich ein erwachsener Mensch zu werden und niemals einen Unschuldigen zu verletzen doch jetzt hatte er einfach so einen Freund geschlagen, nur weil er gerade sauer war. „Rebirth, bitte es tut mir leid.“ Mit Tränen in den Augen stand Rebirth auf und rannte davon. Mello wäre ihm am liebsten hinterher gelaufen, aber er konnte Misa nicht einfach so zurücklassen und rief ihm hinterher. Zwecklos, Rebirth hörte ihn nicht oder wollte ihn nicht hören. Hoffentlich machte der Junge jetzt bloß keinen Unsinn… Rebirth rannte so schnell ihn seine Beine trugen und kämpfte mit den Tränen. Dass Mello ihn mal schlagen würde, das hätte er wirklich nicht gedacht. Er war es von seinen Eltern gewohnt und von Rumiko aber nicht von einem seiner besten Freunde. Warum hatte Mello ihm das nur angetan? Er hatte doch nichts falsch gemacht sondern wollte doch nur helfen und dafür hatte er ihm einen Zahn rausgeschlagen. Irgendwie hörte das gar nicht mehr auf mit der Gewalt. Immer wurde er von anderen verprügelt… Früher von seinen Eltern, dann von Rumiko, von anderen in seinem Alter (oder besser gesagt seinem äußerlichen Alter) und jetzt von seinen Freunden. Er war es einfach Leid und wollte einfach nur noch weg. Er sprang über einen tiefschwarzen Abgrund, riss sich an den riesigen Dornen die Jacke kaputt und blieb daran hängen sodass er sie ausziehen musste und dann einfach weiterlief. Irgendwann blieb er stehen als er eine Art See vor sich sah. Er war tiefrot so als bestünde er aus Blut und hohe Säulen aus Holz ragten heraus. Auf eine von ihnen stand Akito. Er sah mitgenommen aus und hatte einige Kratzer, außerdem wirkte er sehr erschöpft. „Hey, Akito!!!“ rief Rebirth und trat näher ans Ufer. „Hier bin ich!“ Der Junge drehte sich um und als er Rebirth sah, war er erleichtert doch dann wedelte er mit den Armen und rief etwas, das durch die laute Geräuschkulisse nur schwer verständlich war. Rebirth verstand zunächst nichts doch dann bekam er ein seltsames Gefühl im Nacken. Ein seltsames Kribbeln welches wie ein sechster Sinn funktionierte und ihn frühzeitig vor Angreifern von hinten warnte. Ruckartig drehte er sich um und zielte mit der Uzi und das nicht zu früh denn Fear hatte ein Kurzschwert in der Hand und wollte gerade zustechen. Sein rechtes Auge sah noch schlimmer aus als vorher. Eine zähe schwarze Masse quoll heraus und sickerte in den Boden. Es sah einfach nur eklig und abstoßend aus aber ihn schien es nicht sonderlich zu kümmern. Zu dieser undefinierbaren schwarzen Flüssigkeit mischte sich Blut. „Nicht schlecht, wirklich nicht schlecht. Du bist also immer noch am Leben. Ich dachte wirklich dass Anne oder meine kleine Umdekorierung euch den Garaus gemacht hätte. Aber egal, du stehst mir im Weg!“ Wieder leuchtete dieses kleine rote Licht in dieser schwarzen Augenhöhle auf und eine unglaublich starke Energiewelle riss Rebirth von den Füßen, schleuderte ihn mehrere Meter durch die Luft und fiel in den Blutsee. Fear lachte amüsiert und klatschte in die Hände. „Wow, das ist ja mal ein neuer Rekord. Und jetzt zu dir mein Kleiner. Du hast deinen Spaß gehabt aber leider muss alles mal ein Ende haben was einen Anfang hatte, nicht wahr?“ Der 7-jährige sprang vom Pfeiler runter und landete elegant vor Fear und richtete sein Schwert auf ihn. „Was hast du jetzt vor?“ „Na was schon? Ich werde dich an deine Grenzen treiben und dich dazu zwingen, das Tor zu öffnen.“ Wieder leuchtete Fears Auge auf und im See begann es unruhig zu werden. Hohe Wellen schlugen wütend gegen die Säulen und Pfeiler und ein lautes Brüllen ließ die Erde erzittern. Ein Fangarm, nein ein dutzend Fangarme schoss hervor und eine Kreatur kam zum Vorschein, die abstoßend hässlich und gefährlich aussah. Sein Maul war riesig, dass es ganze Schiffe verschlingen konnte und es hatte so viele Zähne, dass man sie gar nicht zählen konnte. „Was ist das?“ „Kennst du diese lustigen Geschichten über ein Monster, welches allgemein als Kraken bezeichnet wird? Ist schon mal in Filmen aufgetaucht und ich fand es so faszinierend dass ich mir dachte ich nehme lieber das als dieses seltsame Flussmonster aus dem koreanischen Horrorfilm. Gefällt es dir? Bin ich nicht detailgetreu?“ Voller Stolz betrachtete Fear sein Werk und bekam einen ganz sehnsüchtigen Blick und seufzte wie bei einem Vater, der seinem kleinen Kind das Laufen beigebracht hatte und beobachtete, wie es selbstständig die ersten Schritte tat. „Da es leider etwas hungrig ist, dachte ich mir dass dein Freund das beste Appetithäppchen im Moment wäre.“ Akito war wie hin und her gerissen. Auf der einen Seite wollte er Rebirth helfen aber auf der anderen Seite durfte er Fear nicht entkommen lassen. Verzweifelt sah er wie das Monster mit seinen glitschigen Fangarmen die Säulen umschlang, sein Maul öffnete und laut brüllte. Mit Entsetzen sah Akito dass eine der meterlangen Fangarme Rebirth umschlungen hatte und ihn hin und her schleuderte. Wenn er jetzt nichts unternahm würde das Monster Rebirth fressen, so viel war sicher aber wenn er nicht Fear aufhielt, würde sich diese Horrorwelt über die ganze Erde verbreiten und das wäre das Ende der Menschheit. Verzweifelt sah Akito zu wie das Monster den hilflosen 14-jährigen durch die Luft schleuderte und zwischendurch ins Wasser tauchte und das manchmal ein paar Minuten. Akito eilte zum Ufer, wurde aber von einem Fangarm weggestoßen und fiel zu Boden. „Onii-chan!!!“ Als ob sein Ruf und zugleich seinen Hilfeschrei erhört hatte, drängte ein riesiges schwarzes Loch die Gewitterwolken weg und sogar der rotgefärbte Himmel wurde verschlungen. Aus dem Loch fiel im Sturzflug einer der Shinigamikiller herunter und richtete seine Maschinenpistolen auf das Ungeheuer. Die Feuersalve traf mitten ins Maul, in die Augen des Untiers und ein markerschütterndes Kreischen hallte durch die Gegend. Wütend schlug es mit seinen Tentakeln um sich doch ohne großen Erfolg denn der Killer wich den Angriffen aus, rannte ohne ein einziges Mal abzurutschen den Fangarmen entlang und eilte zu Rebirth, der immer noch versuchte sich zu befreien. Mit einem Schwert hieb der Vermummte schließlich den Arm ab und zerrte Rebirth hinter sich her. „Sorry aber du bist mir ein bisschen im Weg.“ Ohne Vorwarnung wurde der 14-jährige nach vorne gestoßen und fiel in die Tiefe. Auch wenn unten überall Wasser war, sein Sturz aus fast fünfzehn Metern Höhe würde echt gefährlich werden. Schreiend stürzte Rebirth nach unten, da tat sich etwas weiter unten ein weiteres schwarzes Loch auf und er fiel direkt hinein. Der Fall in die Dunkelheit dauerte nicht lange da sah er unter sich den Boden und etwas unsanft landete er schließlich und kam zitternd wieder auf die Beine. Der Blutsee lag plötzlich ein paar Meter weiter weg und im ersten Moment war er völlig verwirrt. Aber dann erinnerte er sich dass dieser andere S.E.K. Agent gesagt hatte dass sein Partner zwischen den Welten hin und her reisen konnte und anscheinend war ihm das Gleiche passiert damit er sich bei der Landung nicht sämtliche Knochen brach. Mit seinen Shinigamiaugen konnte er seinen Retter erkennen, der nach und nach immer mehr Tentakel des Monsters abtrennte und aufschlitzte. Als der Kraken immer noch nicht schlapp machte, warf der Shinigamikiller ihm etwas ins Maul und sprang die Tentakel hinunter und landete ohne mit dem See in Berührung zu kommen am Ufer und wenig später gab es eine Explosion. Laut kreischte das Ungetüm auf und wandte sich hin und her doch dann erschlafften seine Bewegungen und es fiel mit einem lauten Platschen ins Wasser. Fear war fassungslos und stolperte zurück. „Das kann doch nicht sein. Kein Mensch kann im Alleingang meine Monster töten! Das ist unmöglich.“ „Im Namen des Shinigamiexekutionskommandos sind Sie hiermit verhaftet. Sie haben sich des Missbrauchs göttlicher Artefakte, der Gefährdung der menschlichen Existenz und einer Reihe von juristischer Verbrechen schuldig gemacht. Sie haben weder das Recht zu schweigen noch auf einen gerichtlichen Prozess oder einen Anwalt.“ „Verstehe, du hast dir also Verstärkung geholt Kleiner. Nicht schlecht aber egal was du tust, dein Schicksal ist längst besiegelt. Sieh ruhig her.“ Fear holte ein schwarzes Notizbuch im Din-A4 Format heraus und grinste als er die entsprechende Seite zeigte. Das Death Note, schoss es Rebirth durch den Kopf. Sag bloß er hat Akitos Namen hineingeschrieben. Der Eintrag war in elegantem Schriftzug geschrieben worden und für Rebirth nicht gerade einfach zu lesen: „Akito Amane benutzt um 6:21 Uhr seine Kraft um das Tor zur Grenze zwischen Leben und Tod zu öffnen und entwendet das Buch des Schicksals. Nachdem er das Buch gestohlen und es ihm abgenommen wurde, stirbt er sehr qualvoll an Herzversagen.“ 6:15 Uhr, nur noch 6 Minuten und das Death Note würde seine Wirkung entfalten. Rebirth konnte nicht glauben dass Akito gleich sterben würde obwohl er sich niemals zu Schulden kommen ließ. Alle Sicherungen brannten in ihm durch, in seinen Augen schien ein Feuer zu lodern und eine ungeahnte Kraft schien durch seine Adern zu fließen. „Berserker“ hatte Beyond sie genannt… Rebirths verborgene Kraft, die sich nur dann zu erkennen gab wenn jemand in Lebensgefahr war, der ihm nahe stand und mit dieser konnte ihn nichts aufhalten. Nicht einmal Rumiko war dieser Macht gewachsen gewesen. Mit einem wütenden Schrei stürzte sich Akito auf Fear, spürte nicht wie ein Schuss seine linke Seite traf und begann mit den Fäusten auf ihn einzuprügeln. Er rammte seinen Kopf gegen einen Baum, trat ihm in die Magengegend und schleuderte ihn weg. Akito folgte ihm und versuchte ihn zu beruhigen doch Rebirth war dermaßen in Rage dass zu befürchten war dass er sogar Akito weh tun könnte und so hielt ihn der Shinigamikiller zurück. Durch das Geschrei kamen schließlich Mello, Misa und Matt herbei und sahen wie ihr Freund wie ein durchgedrehter Psychopath auf Fear einprügelte. Mello und Matt ahnten dass es noch eskalieren könnte und versuchten Rebirth festzuhalten, doch der schien so stark wie vier Männer zu sein und wenn er äußerlich nicht noch derselbe wäre, hätte man meinen können dass hier eine Teenagerausgabe von Hulk stehen würde. „Wir müssen etwas unternehmen“ rief Matt seinem Freund zu „In diesem Zustand ist er nicht in der Lage Schmerzen zu spüren und er könnte sich ernsthaft verletzen oder auf uns losgehen.“ Misa hatte sich inzwischen von der Gruppe getrennt und nahm erst mal ihr Kind in die Arme während Rebirth weitertobte. Fear, der sich nicht mehr anders zu helfen wusste, stieß seinem Angreifer einen Dolch in den Arm, doch Rebirth nahm das überhaupt nicht wahr sondern schlug weiter zu. Erst als Akito einschritt und ihn anflehte damit aufzuhören, schien er sich wieder zu beruhigen und sank erschöpft zusammen. Fear sah übel zugerichtet aus doch er wahrte seine gelassene Art und wischte sich mit einem Taschentuch das Blut aus dem Gesicht. „Mich kannst du ruhig zu Tode prügeln aber an Akitos Schicksal wirst du nichts ändern. Egal was ihr tut, wenn ein Name ins Death Note geschrieben wird, lässt sich der Tod dieser Person nicht mehr verhindern.“ „Was? Hast du Mistkerl etwa den Namen meines Sohnes ins Death Note geschrieben? Du verdammter Scheißkerl, wie kannst du so etwas nur tun? Er ist doch ein Kind, ein 7-jähriges Kind und er hat doch niemandem was Böses getan.“ Misa nahm Akito in den Arm und streichelte seinen Kopf und sah Fear hasserfüllt an. „Bringt ihn um. Bringt das Monster um bevor ich es tue! Bringt den Dreckskerl endlich um!!!“ Mello, Matt, Rebirth und die beiden vermummten Gestalten vom S.E.K. richteten ihre Waffen auf Fear doch der schien sich immer noch in Sicherheit zu wiegen und lachte. Aus dem Wald kam Anne und drängte die Angreifer zurück. „Solange Anne treu an meiner Seite ist und ich Ashuras Auge besitze, bin ich unbesiegbar. Kapiert ihr Idioten das nicht?“ Eine Wolke von Insekten schoss auf sie zu und während sie versuchten die Biester fern zu halten, sahen Anne und Fear ihnen seelenruhig zu und schienen sich gar nicht vor den Stacheln zu fürchten. Die Insekten gehorchten ihm anscheinend. Misa kreischte wie in Panik und schlug wild um sich und Mello war ihr seine Jacke über damit sie geschützt war. Akito blieb regungslos stehen und sah hinauf zum Himmel. Seine Augen leuchteten hell auf und plötzlich zersprangen die Insekten in unzählige kleine Splitter so als wären sie aus Glas. Fear war erstaunt. „Wie zum Teufel machst du das?“ „Im Grunde ist hier alles nur eine Illusion, die real geworden ist. Folglich braucht man die Wirkung nur umzukehren und schon zerplatzt alles wie eine Seifenblase. Gib auf Fear, du hast keine Chance.“ Nun wurde der Russe wütend, sein Gesicht verzerrte sich zu einer scheußlichen Fratze und er ballte die Hände zu Fäusten. „Töte sie Anne, töte sie alle aber lass mir den Bengel am Leben.“ Er war kaum noch wieder zu erkennen. Der sonst so beherrschte Fear hatte völlig die Nerven verloren und zeigte endlich sein wahres Gesicht. Anne griff an und hatte Misa im Visier doch da öffnete sich wieder ein schwarzes Loch und eine lange schwarze Klinge schoss hervor, die Anne in der Mitte zerteilte und auch gleich wieder verschwand. Wer sie führte, konnte man nicht erkennen. Anne fiel zu Boden und schien etwas zu ahnen. Ihr Gesicht war von Entsetzen gezeichnet und sie bekam Tränen in den Augen. Langsam begann ihr Körper zu Staub zu zerfallen. „Herr, ich sterbe… ich sterbe…“ „Nein Anne, du kannst nicht sterben. Du darfst mich doch nicht alleine lassen! Was soll ich nur ohne dich tun?“ Doch es hatte keinen Sinn denn inzwischen waren Annes Beine vollständig zerfallen und auch ihre Arme begannen sich aufzulösen. „Herr, bitte verzeiht mir… ich… ich habe versagt.“ „Nein Anne!“ rief Fear und nahm sie in den Arm. „Ich war derjenige, der einen Fehler gemacht hat. Ich muss um Verzeihung bitten. Ich wollte doch nur eine Welt für uns beide erschaffen…“ „Dimitrij… ich…“ Annes Stimme wurde immer schwächer und inzwischen hatte sie sich bis zum Brustkorb aufgelöst. Gleich würde nichts mehr von ihr übrig bleiben, nur noch ein Häufchen Staub… „Ich liebe dich auch Anne, so wie du bist und ich werde weiterkämpfen. Wenn ich das Buch habe werde ich dich zurückholen und mit dir eine neue Welt erschaffen wo wir leben können. Ich verspreche es dir!“ Fear weinte bitterlich als auch der Rest von Anne zu Staub zerfiel, der ihm durch die Finger rieselte. Sein Schrei hallte durch die ganze Gegend, die er aus seinen Horrorfantasien erschaffen hatte. Fear hatte den einzigen Menschen verloren, der ihn jemals etwas bedeutet hatte und damit das erste Mal erfahren, was Schmerz bedeutete. Kapitel 12: Gottheiten ---------------------- Der grollende Donner konnte den trauernden Schrei von Fear nicht übertönen als er den Staub seiner toten Leidensgenossin Anne in Händen hielt. Aber gleichzeitig wurde er von rasender Wut gepackt. Er nahm das Schwert „Satori“ und ging auf Matt los, der jedoch von dem etwas kleineren Shinigamikiller beiseite genommen wurde und den Angriff abzublocken versuchte, doch die Klinge zerschnitt wirklich alles, was ihr in die Quere kam. „Verdammt, ich vergaß das Satori aus dem gleichen Metall geschmiedet wurde wie Izanagi. Akito, gib mir dein Schwert!“ Der größere nahm Akitos Waffe und ging zum Gegenangriff über während sein Partner sich ebenfalls bereit machte. „Wir haben nicht viel Zeit. Wir müssen Fear das Death Note abnehmen und dem Chef bringen. Nur er kann die Wirkung neutralisieren.“ „Aber Akito hat damals Misa gerettet.“ „Das schon aber sein Körper hat inzwischen von der Macht der Götter erhebliche Schäden genommen und wenn er aus eigener Kraft die Wirkung des Death Notes aufhält wird ihn das umbringen. Wir verfügen nicht über diese Macht und müssen unseren Chef um Hilfe bitten.“ Nach und nach mischte jeder in den Kampf mit. Sie alle wollten Akitos Leben retten und nur Misa blieb bei ihrem Sohn um ihm beizustehen. Es war jetzt 6:19 Uhr. In zwei Minuten würde Akito gegen seinen Willen Fear das Tor öffnen und dann eines schmerzvollen Todes sterben. Jeder von ihnen war fest entschlossen alles zu geben um ihn zu beschützen und zu verhindern dass Fear die ganze Welt in einen katastrophalen Zustand versetzte. „Warum kommt euer Chef denn nicht gleich und kämpft mit uns?“ fragte Mello, der einem Hieb von links auswich und zwei Schüsse abfeuerte. „Weil er nicht als Gottheit und Leiter des S.E.K. erkannt werden will. Jeder hat ihn in seinem Leben schon mal zufällig getroffen und wenn bekannt wird dass er in Wirklichkeit eine Gottheit ist und sogar noch älter als die Zeitrechnung ist, werden wir nirgendwo mehr sicher sein.“ Das hieß dann also dass sie nicht auf eine göttliche Hilfe hoffen sondern erst mal selbst rangehen sollten. Mello lief der Schweiß in die Augen, seine Arme und Beine fühlten sich wie Blei an doch er kämpfte weiter. Auch Matt sah aus als würde er nicht mehr lange durchhalten doch anstatt sich eine Pause zu gönnen, kämpfte er noch verbissener. Fear war wirklich ein zäher Gegner. Den Schwertkampf beherrschte er meisterhaft und durch sein Auge der Illusion war er zusätzlich im Vorteil. „Wir haben nur noch eine Minute!“ rief Rebirth und schoss einem Monster zwischen die Augen, welches von hinten angriff und ihm fast den Kopf abgebissen hätte. Seine Wunden schmerzten sehr und schränkten ihn in der Bewegung ein doch er biss die Zähne zusammen und ertrug sie um wirklich alles aus ihm rauszuholen. „Noch ein Grund mehr nicht schlapp zu machen!“ gab Mello zur Antwort und rollte sich zur Seite als ein Hieb von oben kam. Ohne eine Vorwarnung warf eine der maskierten Gestalten eine Gasgranate und schnell hielt sich jeder etwas vor Mund und Nase um den Rauch nicht einzuatmen. Sie hörten das Klirren der Klingen und versuchten etwas in dem dichten Rauch zu erkennen, doch es dauerte nicht lange da begannen ihre Augen zu tränen und sie konnten bald nichts mehr erkennen. „Bitte beeilt euch! Die Zeit drängt!!!“ rief Misa von der anderen Seite her und klang verzweifelt. Na super, dachte Mello und begann zu husten. Durch den Rauch konnte man nichts mehr sehen und auch das Atmen war fast unmöglich. Aber trotzdem mussten sie weiterkämpfen. Die Zeit schien gegen sie zu laufen und egal was sie taten, Fear fand immer wieder eine Möglichkeit Angriffe abzuwehren und schien einfach keinen wunden Punkt zu besitzen. „Verdammt noch mal“ fluchte Matt und warf seine Zigarette auf den Boden. „Gleich platzt mir der Kragen. Wie schafft der das bloß?“ Mello kam eine Idee und er tauchte unter Fears Schlag weg und trat ihm die Beine weg sodass er zu Boden fiel. „Los macht schon. Wir müssen ihm das Death Note abnehmen.“ Mello entwaffnete Fear und nahm ihn in den Polizeigriff und Rebirth begann seine Kleidung nach dem Death Note abzusuchen doch kaum hatte er es in den Händen, da hörten sie plötzlich Akito schreien. Er schrie wie am Spieß und als der Rauch sich verzog, sahen sie wie er sich vor Schmerzen wand. Seine Hand war auf sein Herz gepresst und er schrie so furchtbar dass Mello und die anderen befürchteten, dass Akito nicht mehr durchhalten würde. Sie eilten zu ihm und Misa versuchte ihrem Sohn zu helfen doch Akito litt Qualen. „Was passiert nur mit ihm?“ „Er setzt seine ganze Macht frei um das Tor zu öffnen. Wenn das passiert wird er es höchstwahrscheinlich nicht überleben.“ „Dann tut doch etwas!!!“ rief Rebirth und packte einen der Shinigamikiller am Kragen. „Dieses Kind stirbt gleich und ihr seid da um das zu verhindern verdammt!“ „Das können wir nur wenn wir ihn zum Tempel der Gottheiten bringen aber das würde bedeuten dass wir Fear nur zu seinem Ziel verhelfen.“ Akitos Krämpfe wurden immer schlimmer, er begann Blut zu erbrechen und nach Luft zu schnappen. „Haltet mich auf…“ röchelte er und klammerte sich an einen der Shinigamikiller fest. „Haltet mich auf bevor ich das Tor öffne. Haltet mich auf…“ Doch bevor irgendjemand etwas tun konnte, war es bereits zu spät. Die Luft begann zu flimmern, Konturen verzerrten und in den Ohren begann es laut zu dröhnen. Dort, wo das Flimmern am Stärksten war, begannen kleine Blitze zu züngeln und ein kleines schwarzes Loch bildete sich. Es wurde immer größer, wurde so groß dass drei Mann hindurch passten und Fear lachte euphorisch. „Das ist es, das Tor zur Grenze zwischen Leben und Tod. Der Ort wo die letzten Gottheiten leben!“ Ein unheimlicher Sog ging von dem schwarzen Loch aus und wurde stärker. Nach und nach wurden sie hineingezogen und Mello versuchte sich irgendwo festzuhalten. Misa hielt Akito immer noch fest um Arm, hatte jedoch kaum eine Chance dem Sog etwas entgegen zu setzen. Fear hingegen sprang lachend hindurch und Rebirth folgte ihm zusammen mit den Agenten vom S.E.K. Schließlich wurde der Sog zu stark und Misa wurde mit Matt und Akito hineingezerrt und so blieb Mello nichts anderes übrig als ihnen zu folgen. Um ihn wurde es schwarz, Mello bekam zunächst überhaupt keine Luft doch als er endlich festen Boden unter den Füßen hatte, konnte er wieder durchatmen. Es war immer noch dunkel. Der Ort, an dem sie sich befanden war eine einzige trostlose Ruine und totes Land. Die Bäume waren nur noch Skelette, von den Häusern waren nur noch Trümmer übrig und Gras oder Moos geschweige denn Efeu gab es nicht. Von einem dunkelgrauen Wolkenhimmel fiel Asche statt Schnee und ein paar rotäugige Raben waren die einzigen Lebewesen, die sie sehen konnten. Ein leichter Nebelschleier hing dicht über dem Boden und es war eiskalt. War das hier etwa der Ort von dem Fear gesprochen hatte? Der Ort, an dem Leben und Tod aneinander grenzten und wo die letzten Gottheiten lebten? Es fiel Mello schwer das zu glauben und er machte sich erst einmal auf die Suche nach den anderen. Matt war gerade dabei sich den Dreck von der Fliegerbrille zu putzen und die Asche von seiner Kleidung zu klopfen. Bei ihm war Rebirth, der sich etwas orientierungslos umsah.„Wo sind wir denn hier?“ „Das würde ich auch gerne wissen aber erst mal sollten wir nach den anderen sehen.“ Erleichtert ging Mello auf die beiden zu und war froh dass ihnen nichts weiter passiert war. „Hey Leute, habt ihr vielleicht Misa und die anderen gesehen?“ Rebirth und Matt schüttelten den Kopf und kamen auf Mello zu. „Leider nein, wir wurden voneinander getrennt und von diesen komischen Kerlen vom S.E.K. fehlt auch jede Spur.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, gingen die drei los um nach den anderen zu suchen und kamen schließlich auf einen Platz, wo ein Brunnen stand. Er war zur Hälfte zerstört und anstatt Wasser befand sich nur Staub darin. Etwas weiter weg stand etwas, das einem Menschen zwar im Entferntesten ähnlich sah aber auch Ähnlichkeiten mit einer Mumie hatte. Ein Wesen, in Fetzen gehüllt und mit rasiermesserscharfen Krallen und einem Maul wie das eines Tieres. Ein rot leuchtendes Augenpaar sah sie an und das Wesen begann zu grinsen wobei es seine Zähne entblößte. „Menschen…“ Entsetzt wich Rebirth zurück und Todesangst zeichnete sich in sein Gesicht. „Das ist doch nicht möglich… das ist ein Shinigami. Aber… aber wie können wir ihn einfach so sehen ohne Death Note?“ „Hier wirkt das Death Note nicht weil es an die Welt der Menschen gebunden ist.“ Der Shinigami hatte eine raue und unheimliche Stimme und als er sich zu seiner ganzen Größe aufbaute, schien er um die zweieinhalb Meter groß zu sein. „Es ist sehr lange her dass ich einen Menschen ohne Death Note getötet habe. Ich werde mir schön Zeit lassen euer Leben zu verschlingen.“ Instinktiv zog Mello seine Waffe und schoss, jedoch ging die Kugel einfach durch ihn hindurch und der Shinigami lachte. „Eure Waffen sind vollkommen nutzlos!“ Langsam trat er näher und machte sich zum Angriff bereit. Er wollte sie töten und ihre Lebenskraft zusammen mit ihren Seelen verschlingen. Rebirth rannte schreiend davon und Matt eilte hinterher, dann folgte auch Mello. Verdammt, was suchten Shinigami denn hier? Suchten sie etwa auch nach dem Buch des Schicksals oder war es nur ein dummer Zufall? Fest stand dass sie jetzt schleunigst verschwinden sollten, bevor er sie noch einholte doch der Shinigami war dicht hinter ihnen und als Mello nicht aufpasste, blieb sein Fuß an einer Baumwurzel hängen und er fiel zu Boden. Der Shinigami bäumte sich vor ihm auf und breitete seine Schwingen aus, mit denen er über dem Boden schwebte. „Deine Lebenskraft wird mir gehören!“ Mit einem lauten Brüllen erhob der Shinigami seine Klaue und wollte sie in Mellos Körper schlagen um ihn zu zerreißen, da erklang plötzlich von überall das Krächzen von Raben. Plötzlich war die ganze Luft voller Raben und schwarze Federn fielen zu Boden. Plötzlich spiegelte sich Angst in dem Shinigami wieder und zitternd ließ er seine Hand sinken. „Augenblick, das ist ein Missverständnis. Ich wollte diesen Menschen nicht töten.“ Aus dem Wirrwarr aus Raben tauchte ein junger Mann auf. Er war vollkommen in schwarz gekleidet, trug einen Hakama und war Brillenträger. Sein Haar war ordentlich gekämmt und hatte eine sehr charismatische Erscheinung. In seiner Hand hielt er eine Sense. Sie war ebenfalls schwarz mit einem roten Stein und sie sah unglaublich schwer aus, doch der junge Mann trug sie mit Leichtigkeit. Er schien um die 20 bis 23 Jahre alt zu sein. Der Shinigami bekam nun Todesangst. „Bitte, ich habe nichts Falsches getan! Ich flehe Euch an, tötet mich nicht!“ „Schweig“ befahl der junge Mann und stellte sich schützend vor Mello. „Du hast die Welt der Shinigami ohne Genehmigung verlassen und versucht die Lebenskraft zusammen mit der Seele dieses Menschen zu rauben. Allein dafür wirst du mit dem Tode bestraft.“ Langsam erhob der junge Mann seine Sense und sah den Shinigami mit seinen tiefschwarzen Augen an. „Nun wirst du bestraft!“ Obwohl die Sense den Anschein hatte, fast eine halbe Tonne zu wiegen, war der Hieb so blitzschnell, dass Mello ihn kaum wahrnehmen konnte. Er sah nur einen Augenblick lang die Klinge aufblitzen und als er sie wieder absetzte, zerfiel der Shinigami schreiend zu Staub. Er war es, er war derjenige gewesen, der Anne Hartman getötet hatte. Der Chef des Shinigamiexekutionskommandos. Als das schaurige Werk getan war, drehte er sich langsam um und sah Mello mit einem etwas kühlen Blick an, dann aber reichte er ihm lächelnd die Hand und half ihm hoch. „Ich hoffe es geht dir gut.“ „Ja… vielen Dank aber… mit wem habe ich das Vergnügen?“ „Ich bin der Gründer und der Chef des S.E.K. und Herr über die Welt der Shinigami. Das bedeutet dass ich dafür verantwortlich bin, dass die Gesetze und die Regeln des Death Notes eingehalten werden. Für Shinigami ist es normalerweise verboten, eine andere Welt als die der Menschen ohne Genehmigung zu betreten aber es gibt immer wieder Ausreißer, um die es sich zu kümmern gilt.“ Während sie zu den anderen gingen, löste sich die Sense in schwarzen Rauch auf sodass der junge Mann im Hakama beide Hände frei hatte. „Und wer oder was genau sind Sie?“ „Ich habe viele Namen und Gesichter aber der gängigste Name ist immer noch Shin. Man sagt zwar von mir dass ich eine Gottheit wäre, aber ich würde mich jetzt nicht so bezeichnen. Die korrekte Beschreibung würde eher auf personifizierter Tod passen. Ich bin das Ende aller Dinge und allen Lebens.“ Als die anderen das hörten, wichen sie einen Schritt zurück so als fürchteten sie dass ein Körperkontakt sie umbringen würde. Mello blieb allerdings lag das mehr daran, dass er etwas verwirrt war und versuchte das alles für sich zu ordnen. „Wo sind überhaupt diese zwei komischen Agenten oder so?“ „Ich habe die beiden vom Fall abgezogen und werde mich jetzt höchstpersönlich darum kümmern. Da wir uns in einer anderen Welt befinden, kann ich mich auch nach 600 Jahren einem Menschen wieder zeigen. Ich würde vorschlagen wir verlieren keine Zeit mehr und machen uns auf den direkten Weg zu Akito und seiner Mutter. Ich fürchte nämlich es sieht nicht gut aus.“ „Wie kann es überhaupt sein dass Akito geschafft hat so lange mit dieser Kraft durchzuhalten?“ fragte Rebirth, der versuchte mit seinen relativ kurzen Beinen mit den anderen Schritt zu halten und dabei immer mehr nach hinten fiel. Shin hingegen schien nicht zu bremsen zu sein und legte ein schnelles Tempo an den Tag. „Das liegt daran dass er einen Teil von Rumikos Seele in sich trägt und damit einen Teil ihrer restlichen Lebensenergie. Aber da diese Energie jetzt aufgebraucht ist, stößt Akito jetzt an seine Grenzen und sein Herz hat schwere Schäden erlitten. Zunächst versucht diese göttliche Kraft sich gewaltsam auszubreiten und dann wird sie andere Energien „anzapfen“ und das ist die Lebensenergie. Im Moment stellt Rumiko ihre restliche Lebenskraft zur Verfügung um Akito zu schützen aber das wird nicht mehr lange reichen. Wenn Akitos Lebensenergie aufgebraucht ist, bedeutet es unweigerlich, dass er sterben wird. Eben das gilt es zu verhindern, sonst heißt es dass noch eine Menge Arbeit auf mich zukommt und bei den Katastrophen, Anschlägen und Kriegen in eurer Welt hab ich sowieso genug zu tun.“ „Wie kann es eigentlich sein dass du hier bist wenn doch in diesem Moment so viele Menschen sterben?“ „Wir befinden uns im Zentrum des Universums, den Mittelpunkt der Existenz sozusagen. Von hier aus kann ich alles überwachen und kontrollieren. Nach Milliarden von Jahren erlernt man schon Multitasking.“ Milliarden von Jahren? War der Kerl wirklich so alt? Nun ja, wenn er wirklich die Macht hatte, den Tod herbeizuführen bzw. der personifizierte Tod war, dann musste er ja so alt wie die Zeit sein, wenn nicht sogar noch älter. Ein unermessliches Alter. Rebirth war zwar nicht in der Lage zu sehen, wie alt jemand war, aber er sah dass statt einer Zahl bei seiner Lebenszeit das Zeichen für Unendlichkeit stand. Und anstatt eines richtigen Namens war einfach nur das Wort „Tod“ zu lesen. Man konnte förmlich spüren was für eine starke Aura von ihm ausging. Es lief ihnen eiskalt den Rücken runter und sie bekamen eine Gänsehaut. „Wo gehen die Toten normalerweise hin?“ „Zum Tempel des Lebens, wo auch alles Leben entsteht. Dieser Ort ist sozusagen der Anfang und das Ende des Kreislaufs und wenn die Seelen von ihren Sünden gereinigt wurden, ist es meine Aufgabe sie über die allerletzte Grenze in die Unterwelt zu führen. Diese Grenze wird auch Sanzu-Fluss genannt und zusammen mit jemand anderes bringe ich sie auf Booten rüber. Sollte Akito es eines Tages schaffen, das Siegel am Tempel zu entfernen, werden die Seelen das Nichts verlassen und endlich in die Unterwelt gehen können. Dort kann man entweder an einen besseren Ort gelangen oder weiter im Elend bleiben. Das hängt ganz davon ab wie das Leben eines Menschen verlaufen ist und wie man ihn nach seinen Taten zu urteilen hat. Aber das ist jetzt auch nicht wichtig.“ Shin begann zu rennen und die anderen versuchten ihm zu folgen. Schon von weitem sahen sie das helle Licht, welches von Fears Auge ausgestrahlt wurde und Shin streckte seine rechte Hand aus. Schwarzer Rauch sammelte sich und die schwarze Sense erschien. „Ihr kümmert euch um Akito, ich werde Dimitrij Ivanow alias Fear Illusion stellen.“ Mit der Sense im Anschlag sprang Shin nach vorne, schien schneller als das menschliche Auge zu sein und ließ seine Sense auf Fear niedersausen, der jedoch ebenso schnell reagierte und den Schlag mit Ashuras Schwert „Satori“ abwehrte. Etwas weiter weg von ihm lag Akito in Misas Armen, die verzweifelt versuchte ihr Kind mit einer Herzmassage am Leben zu halten. Rebirth und die anderen eilten zu ihr und untersuchten den Kleinen. Das Ergebnis war erschreckend! Akitos Herzschlag war schwach und unregelmäßig, sein Atem flach und röchelnd und er reagierte auf nichts mehr. Seine Haut war an manchen Stellen aufgerissen und blutig, die Lippen genauso blass wie sein Gesicht. Er lag im Sterben. „Verdammt, der Kleine macht’s nicht mehr lange.“ Mello übernahm die Erste Hilfe um Akitos Zustand zu stabilisieren aber sie alle wussten, dass es nicht viel helfen konnte. Wenn diese Kraft weiterhin in seinem Körper wütete, würde niemand ihn noch retten können. Fear sah abwechselnd zu Akito und Shin und seine Miene verfinsterte sich. „Ihr werdet mich nicht aufhalten. Ich brauche nur zu warten bis der nächste Ausbruch des Jungen kommt und dann werde ich die letzte Grenze überwinden. Das Buch des Schicksals wird mir gehören und damit werde ich Anne zurückholen und die Welt nach meinen Vorstellungen verändern. Dann wird sie endlich lebenswert für mich sein…“ Fear schien nun vollkommen den Verstand verloren zu haben. Er lachte manisch und begann wirres Zeug zu reden, sein Gruselauge sonderte wieder schwarze Flüssigkeit ab und er griff mit dem Schwert an. Shin stellte sich schützend vor Mello und den anderen und blockte die Angriffe ab. Gerade wollte er angreifen, da öffnete sich plötzlich ein Loch. Es war anders als das, durch welches sie sonst in andere Welten übergehen konnten denn gleißendes Licht erhellte das gesamte Gebiet und das Zwitschern von Vögeln war zu hören. Aus dem Licht heraus wehten kleine Kirschblüten und verströmten einen zarten lieblichen Duft. Ein junger Mann gekleidet im graugrünen Kariginu und mit brünettem Haar trat hervor und lächelte die Anwesenden freundlich an. Sein linkes Auge war verdeckt und er schien ein sehr gelassener und lebensfroher Mensch zu sein. Ihm folgte ein Mädchen von ungefähr 19 Jahren. Sie trug einen rosafarbenen Kimono mit weißen Blütenmustern. Ihr Haar hatte sie mit vergoldeten Stäbchen hochgesteckt, von denen Perlen runterhingen. An ihrem Gürtel trug sie zwei Schwerter. Rebirth konnte seinen Augen nicht trauen. Das war doch derselbe junge Mann, der ihn in diesem komischen Labyrinth der Nightmare Mansion beiseite gezogen hatte. Wer zum Teufel war der Kerl bloß? Als Fear ihn sah, schien er jedenfalls zu wissen, wer es war denn er brach in Freudengeschrei aus und fiel vor dem Unbekannten auf die Knie. „Dass ich das erleben darf… das ist… das ist…“ „Wer ist das?“ fragte Matt und zündete sich eine neue Zigarette an während Mello und Misa sich lieber Akito zuwandten, der immer in Lebensgefahr war. Erbost sah Fear ihn voller Verachtung an. „Du Unwürdiger hältst jetzt den Mund. Vor uns steht eine der letzten großen Gottheiten, der Gott des Lebens!“ „Seimei… das Leben…“ Tatsächlich konnte Rebirth anstatt eines Namens nur das Wort „Leben“ erkennen und auch bei ihm war anstatt einer Lebenszeit nur das Unendlichkeitszeichen zu sehen. Dann war das also Shins Gegenstück, die Verkörperung des Lebens. Er wirkte recht unscheinbar, wie eine ganz normale Person wenn man davon absah, welch antike Kleidung er trug. Von dem Mädchen waren weder Namen noch Lebenszeit zu erkennen. Shin ließ seine Sense sinken und gesellte sich zu Seimei. „Ich dachte du wolltest im Tempel bleiben.“ „Ach weißt du mein lieber Bruder, ich habe mich spontan anders entschieden und Sakurako wollte ja auch unbedingt dabei sein.“ Als Fear hörte dass Shin Seimeis Bruder war, war er fassungslos und kniete auf vor ihm nieder. „Verzeiht mir, ich wusste nicht dass Ihr ein Gott seid. Bitte verzeiht mir.“ „Du bist also Fear Illusion? Der Kerl, der den ganzen Tumult verursacht hat?“ fragte Seimei stirnrunzelnd und wirkte etwas erstaunt. „Derjenige, der das verschwundene Auge von Ashura trägt? Hab mich schon gewundert wo das Teil steckt.“ So wie der Typ redete, fiel es schwer zu glauben dass er wirklich die Verkörperung des Lebens war. Mit seiner etwas leichtherzigen Art wirkte er wie ein sorgloser junger Mann, der ein klein wenig realitätsfremd war und in einer ganz anderen Welt zu leben schien. Fear rutschte auf den Knien etwas näher zu ihnen ran und strahlte wie ein kleines Kind zu Weihnachten. Shin, Seimei und das Mädchen blieben jedoch recht unbeeindruckt. „Ich habe alle Strapazen auf mich genommen, nur um Euch zu sehen. Bitte gewährt mir Eintritt zum Tempel des Lebens und einen Eintrag in das Buch Ashuras. Ich werde auch alles tun, was dafür nötig ist.“ Sakurako, das Mädchen im Kimono hatte die ganze Zeit über kein Wort gesagt aber als sie vom Buch hörte, zeigte sich eindeutig, dass in ihr brennender Hass gegen Fear aufstieg. Wusste sie etwa irgendwas über das Buch? Gerade wollte sie nach einem ihrer Schwerter greifen, da hielt Seimei sie zurück und nahm einen ernsteren Ton an. „Wer Ashuras Buch benutzen will, muss bereit sein die Konsequenzen zu tragen. Egal wer es nutzt und egal wie der Eintrag lautet, es erfordert ein Leben. In deinem Falle ein Menschenleben.“ Mello und Matt sahen sich beunruhigt an und zogen ihre Waffen um Fear zu töten, doch Shin wies sie mit einer Geste an, dies zu unterlassen. Fear sah sich ermutigt, eilte zu Misa und zerrte Akito von ihr weg. Sie schrie und versuchte ihr Kind zurückzuholen doch Fear trat sie wie einen lästigen Parasit von sich weg und hielt ihn Shin und Seimei hin. „Nehmt den Jungen. Wenn er euch nicht genügt, könnt ihr ja die Frau nehmen. Ihr könnt jeden nehmen, mir ist es egal!“ „Nun gut“ meinte Seimei schließlich und hatte plötzlich einen kühlen Ausdruck in seinem rechten Auge, welches als einziges zu sehen war. „Shin, nimm dir dieses Leben hier.“ „Nein Seimei, das kannst du nicht zulassen“ rief Sakurako plötzlich und ergriff Seimeis Arm und schien plötzlich panisch zu werden doch Seimei befreite sich aus ihrem Griff. „Sakurako, sprich mir nicht dazwischen. Mein Entschluss steht fest und du hast dich da nicht einzumischen. Shin, nimm dir das Leben dieses Menschen damit das Opfer gebracht werden kann.“ „Wenn du es sagst, muss ich es wohl tun…“ meinte Shin schließlich und hatte einen traurigen Ausdruck in den Augen. Langsam erhob er seine Sense und Fear hielt ihm den bewusstlosen Akito freudestrahlend hin. „Dann werde ich dieses Leben jetzt beenden.“ „Nein!!!!“ rief Misa und rannte mit Tränen in den Augen zu ihnen hin um Akito zu retten, Matt, Mello und Rebirth eilten ihr hinterher und wollten den Jungen retten, doch da ließ Shin auch schon seine Sense auf Akito niedersausen. Kapitel 13: Verschwinden ------------------------ Alles schien sich wie in Zeitlupe zu bewegen. Die Sense fuhr auf Akito herab und Misa schrie auf. „Nein!!!“ Es tropfte kein Blut, nur Staub begann zu rieseln und eine Zeit lang wusste keiner was jetzt genau passiert war. Dann aber schrie Fear laut auf und sprang auf. Seine Arme waren nur noch Stümpfe und Sakurako fing den bewusstlosen Akito auf. Erst als Misa und die anderen näher kamen, sahen sie dass Shin nicht Akito mit der Sense erwischt hatte sondern Fear die Arme abgetrennt hatte. Fear stöhnte vor Schmerz und sah sich seine Armstümpfe entsetzt an und verstand nicht was das alles zu bedeuten hatte. „Wir haben genug von deinem falschen Spiel was du treibst. Du wirst nie wieder diese Unheil bringende Kraft gegen die Menschen einsetzen und alles in Gefahr bringen.“ Langsam trat Seimei näher und sah Fear mit seinem rechten grünen Auge an. Langsam schob er sein Haar beiseite und offenbarte sein linkes Auge. Es war leuchtend rot und hatte etwas Dämonisches an sich. War das etwa das andere Auge von Ashura? Aber wie konnte es sein dass es nicht so abartig aussah wie bei Fear? Schweigend sah er Fear mit diesem Auge an, dann begann der Russe in Todesängsten zu schreien. Er warf sich hin und her und fiel schließlich zu Boden. „Aufhören, es soll aufhören!“ rief er panisch und begann zu weinen. Seimei kniete sich neben ihn und drückte seinen Kopf auf den Boden, dann riss er Fear sein rechtes Auge aus. Angewidert wandte Misa den Blick ab und begann zu würgen während Matt, Mello und Rebirth wie betäubt da standen. Es war ein völlig bizarrer Anblick, als ob alle Rollen vertauscht worden wären. Der sonst so überlegene und beherrschte Fear schrie vor Schmerzen und Angst und schien in seinen absolut schlimmsten Alpträumen gefangen zu sein während Seimei die Ruhe selbst war und das herausgerissene Auge in einen kleinen Behälter legte und einsteckte. An seiner Hand klebte rotes Blut. „Shin… tu es.“ Ohne eine Antwort zu geben kam Shin näher und holte mit seiner Sense zum Schlag aus, dann führte er den tödlichen Schlag aus und Fear zerfiel zu Staub. Mit einem letzten Schrei hauchte er sein Leben aus und dann blieb nichts Weiteres als dieses kleine unbedeutende Staubhäufchen übrig, welches schließlich mit einem kühlen Windzug weggeweht wurde. Er war weg, Fear war einfach weg. Mit einem Male war der Mensch, der alle in Angst und Schrecken versetzt und psychisch regelrecht gefoltert hatte, einfach weg. Keine Leiche war zurückgeblieben, nicht einmal seine Kleidung. Nur die Erinnerung an einen Psychopathen hatte sich in das Gedächtnis von Mello und den anderen eingebrannt. Doch als der Staub weggeweht war, lag das Death Note noch auf dem Boden doch als Shin es aufhob, fing es plötzlich Feuer, welches blau leuchtete und dann war auch dieses zerstört. Eine unheimliche Stille trat ein und niemand bewegte sich, nur Seimei verbarg sein linkes Auge wieder und nahm den bewusstlosen Akito entgegen. Sanft strich er über dessen Stirn und wandte sich ab. „Entschuldigt bitte dieses ganze Durcheinander. Wir werden selbstverständlich alles wieder in Ordnung bringen und hoffen, dass sich für euch alles wieder zum Guten wendet. Lebt wohl…“ Mit einer Verbeugung wandten sich die drei um und wollten durchs Lichttor gehen, da trat Misa vor und hielt sie auf. „Wo wollt ihr mit meinem Kind hin? Was habt ihr mit Akito vor?“ „Wir werden ihn in den Tempel bringen um seine zerstörerische Kraft unter Kontrolle zu bekommen. Keine Sorge Misa Amane, wir haben nicht im Geringsten vor ihm oder einem von euch zu schaden. Im Gegenteil, wir werden Akito helfen.“ Geht ruhig unbesorgt wieder nach Hause.“ „Ich gehe nicht weg ohne meinen Sohn!“ sagte Misa entschlossen und stellte sich den drei in den Weg. Seimei, der die ganze Zeit über den Eindruck eines überlegenen und mächtigen Herrschers gemacht hatte, schien völlig perplex zu sein und sah Shin verwundert an. Dieser zuckte etwas gleichgültig wirkend mit den Achseln und Sakurako stieß Seimei scherzhaft in die Seite. „Da hast du dir ja was Schönes eingebrockt mein Lieber. Ich hab dir von vornherein gesagt dass diese Leute echt hartnäckig sind und sich nicht von euch abschrecken lassen.“ „Aber seit 600 Jahren hat kein Mensch mehr den Tempel betreten und ich hab mir geschworen dass es nicht mehr so schnell passieren wird.“ Irgendwie schien alles völlig anders zu sein als es vorhin den Anschein hatte. Seimei, der vorhin dominant, streng und konsequent erschienen war, ließ sich nun von dem Mädchen namens Sakurako ärgern und schien tatsächlich klein bei zu geben während Shin sich da lieber heraushielt. „Nun gut, wir werden euch den Zutritt gewähren. Dann kommt mal mit“ erklärte Seimei seufzend und ging voran ins Licht. Bevor er verschwand, hörte man ihn noch „Schöne Scheiße…“ murmeln, dann folgte ihm Shin und Sakurako blieb stehen. Als Misa hindurchgehen wollte, hielt sie sie zurück. „Es tut mir leid, aber solange ihr Waffen bei euch tragt, ist es euch nicht gestattet den Tempel zu betreten. Legt Pistolen, Messer und sonstige Waffen ab und bitte unterlasst es auch innerhalb des Tempels zu kämpfen. Es ist meine Aufgabe dafür zu sorgen, die Reinheit des Heiligtums zu wahren und werde jeden mit dem Tode bestrafen, der es wagt gegen diese Gesetze zu verstoßen.“ Ihr Blick verriet, dass sie es absolut ernst meinte und so legten sie alles ab, was man zum Töten gebrauchen konnte. Sakurako beobachtete sie aufmerksam dabei und nickte anschließend. „Gut, dann dürft ihr jetzt eintreten. Ihr werdet jetzt als erste lebende Menschen seit 600 Jahren den Tempel des Lebens betreten. Das ist eine große Ehre!“ Damit führte sie Matt, Mello, Misa und Rebirth ins Licht und geblendet schlossen sie die Augen. Als Misa aufwachte, lag sie auf dem Boden im Wohnzimmer und ihr Rücken schmerzte vom langen Liegen. Bei ihr lagen Matt, Mello, Rebirth und Beyond, die ebenfalls wieder langsam zu sich kamen. „Wo sind wir denn hier?“ fragte Rebirth benommen und rieb sich die Augen. Helles Tageslicht blendete ihn und er musste seine Augen erst mal wieder daran gewöhnen. Matt gähnte laut und streckte sich, dann stand er auf und öffnete ein Fenster. „So wie es aussieht in Beyonds Haus.“ „Wie kommen wir hierher?“ Gute Frage, dachte Mello, der sich wie gerädert fühlte und auch leichte Kopfschmerzen hatte. Irgendwie schien er einen total abgedrehten Traum gehabt zu haben und fragte sich, ob das alles wirklich passiert war oder nicht. Vielleicht war dies alles eine Illusion gewesen, die von Fear erschaffen wurde und sein Tod war nicht wirklich geschehen. Immerhin konnte dieser Kerl den Verstand von anderen verrückt spielen lassen. Das wäre eine halbwegs logische Erklärung. Beyond schien jedenfalls keine Verletzung zu haben sondern wirkte putzmunter, na ja… zumindest halbwegs. Müde stand er auf und schlurfte in die Küche um Kaffee zu kochen. „Kann es sein dass wir alles nur geträumt haben und alles nicht wirklich passiert ist?“ fragte Rebirth und sprach damit das aus, was Mello vermutet hatte. Misa und Rebirth schienen ebenfalls so zu denken, nur Matt war sich noch nicht wirklich sicher. Seltsam, wirklich sehr seltsam. Sie hatten nicht die Spur eines Kratzers oder Abschürfungen, die sie sich bei ihrem lebensgefährlichen Abenteuer in der Nightmare Mansion zugezogen hatten. Es konnte sich also nur um einen Traum gehandelt haben. Dann aber fiel ihnen Akito wieder ein. Er war nicht im Wohnzimmer und wenn sie wirklich in Fears Illusion gefangen gewesen waren, dann könnte er vielleicht von ihm verschleppt worden sein. Misa eilte in das Zimmer, in welchem Akito einquartiert worden war, doch da war er nicht. „Akito ist nicht in seinem Bett“ rief sie und begann mit Rebirth die Zimmer zu durchsuchen während Mello sich auf dem Dachboden umsah. Matt blieb zunächst im Wohnzimmer aber dann beteiligte auch er sich an der Suche. Zu ihrer Erleichterung fanden sie Akito schließlich im Sessel des Wintergartens liegen und er schien tief und fest zu schlafen. Was für ein Glück, er war doch noch da aber was war mit Fear? Wo war er und warum hatte er Akito da gelassen? Nichts im Haus deutete auf die Spur eines Einbruchs hin oder dass sich ein Fremder hier aufgehalten hätte. Konnte es vielleicht sein dass sie doch nicht geträumt hatten? Sie gingen in die Küche und begannen zu frühstücken. Es war 7 Uhr und draußen schien es warm und sonnig zu sein. Jeder von ihnen war vollkommen ratlos und wusste nicht wie er das „scheinbar“ Erlebte zu deuten hatte. Auf der einen Seite erschien ihnen vieles sehr real zu sein und anderes wiederum abstrakt und wie aus einer wilden Fantasie entsprungen und da sie alle das Gleiche erlebt zu haben schienen, konnte es unmöglich als normaler Traum abgetan werden. Vielleicht konnte ja Akito diese Frage beantworten. Dieser wachte allerdings erst um 11 Uhr auf und war total verschlafen sodass er erst mal eine Weile brauchte bis er ansprechbar. Er bekam vor Müdigkeit die Augen kaum auf und ging direkt auf seine Mutter zu um sie in den Arm zu nehmen. Misa war überglücklich und gab ihrem Sohn einen Kuss. „Ach mein kleiner Schatz.“ Während sie mit ihrem Sohn schmuste, bereitete Rebirth Akitos Frühstück vor und las den Sportteil der Zeitung. „Wie hast du überhaupt geschlafen Akito?“ „Ganz gut…aber irgendwie zu kurz und irgendwie hab ich ganz verrückte Sachen geträumt.“ „Weißt du zufällig was mit diesem Fear passiert ist?“ „Wem?“ fragte er verwirrt und konnte sich keinen Reim auf diesen seltsamen Namen machen. „Wer hat vier?“ „Nein, Mello meint diesen schrägen Illusionisten Fear, der mit den grauen Haaren, dem Monsterauge und der altmodischen Kleidung.“ Doch Akito schien damit überhaupt nichts anfangen zu können und schüttelte den Kopf. Allem Anschein hatte er diesen Fear niemals getroffen geschweige denn von ihm gehört. Seltsam, sollten sie letzten Endes alles doch nur geträumt haben? War das so etwas wie eine Art Gruppentraum gewesen? Gab es so etwas überhaupt? Dann aber fiel Mello der Brief wieder ein, den er von einem dieser S.E.K.-Typen bekommen hatte. Er hatte ihn doch in seine Jackentasche gesteckt. Wenn der Brief da drin war, dann hatte er den sicheren Beweis dass es kein Traum gewesen war, sondern sie das alles wirklich erlebt hatten. Also ging er in sein Zimmer und begann die Lederjacke zu durchsuchen, aber es war kein Brief darin. Schade, dann war das alles wohl doch nur ein Traum gewesen. Die Erlebnisse in der Nightmare Mansion, die Landschaft, die Fear verändert hatte, diese andere Welt, die Konfrontation mit dem Shinigami… Seimei, Sakurako und Shin… All das soll niemals passiert sein? Nein, es durfte nicht so sein, er würde beweisen, dass es wirklich geschehen war und er hatte auch eine Idee: Die Nightmare Mansion. Wenn sie zerstört war, dann musste es daran liegen, dass Fear dieses Heidenchaos angerichtet hatte. Er setzte sich an den Computer und gab „Nightmare Mansion“ in die Suchmaschine ein. Seltsamerweise kamen aber nicht die gewünschten Ergebnisse raus. Zwar war von Freizeitparkattraktionen die Rede, die „Nightmare Mansion“ hießen aber von einem Anwesen in den Rocky Mountains war nicht die Rede. Das konnte doch nur ein dummer Scherz sein. Sollte diese blöde Nightmare Mansion etwa auch nicht existiert haben? Sofort schnappte sich Mello die Wagenschlüssel und verabschiedete sich von den anderen. „Bin für eine Weile weg, wartet also nicht auf mich.“ „Wo willst du denn hin?“ fragte Matt, der gerade in den Garten raus wollte um eine Zigarette zu rauchen. Er ahnte dass sein Freund etwas Bestimmtes vorhatte, aber er konnte nicht genau bestimmen, was es war. „Ich werde der Nightmare Mansion einen Besuch abstatten.“ Doch als er nach stundenlanger Fahrt endlich den Ort erreichte, wo Fears Anwesen einst gestanden hatte, befand sich nichts… rein gar nichts, nur ein abgelegenes einfaches Häuschen, welches von einem älteren Ehepaar bewohnt wurde. „Entschuldigen Sie bitte“ rief Mello ihnen zu als er sah wie sie das Haus verließen. „Können Sie mir sagen wo es zur Nightmare Mansion geht? Ich glaube ich bin falsch gefahren.“ „Nightmare Mansion? Ist das etwa wieder so ein seltsamer Treffpunkt, wo die Jugend heutzutage hingeht, diese Gothics und so?“ „Nein, ein großes Anwesen, welches von einem gewissen Fear Illusion und einem Dienstmädchen bewohnt wird. Er ist ein berühmter Illusionist und recht bekannt.“ Doch der alte Mann schüttelte sichtlich verwirrt den Kopf. „Hier hat es so etwas noch nie gegeben und wir leben schon seit fast 30 Jahren hier.“ Mello begann langsam an seinem eigenen Verstand zu zweifeln. Es hatte hier niemals eine Nightmare Mansion gegeben und sollte es etwa auch bedeuten, dass Fear Illusion und Anne Caroline Hartman niemals existiert hatten sondern nur in ihrer Fantasie? Das würde heißen dass Akito doch nicht die Wiedergeburt einer Gottheit war und sie niemals Rumikos Geist getroffen hätten oder den von Matts toten Bruder. Aber was war denn jetzt genau wirklich passiert und was nicht? Es hatte jedenfalls keinen Sinn weiter nach der Nightmare Mansion zu suchen und so trat Mello den Rückweg an. Diese ganze Sache lag ihm jedoch ziemlich schwer im Magen und beschäftigte ihn auch den Rest des Tages. Matt hatte inzwischen bei Beyond zuhause am Computer den Namen „Fear Illusion“ in die Suchmaschine eingegeben und auch hier wurde er enttäuscht. Es gab keinerlei Akten und Hinweise auf seine Existenz. Es schien so als hätte es ihn niemals gegeben… Was wurde hier bloß nur gespielt? Hatte irgendjemand etwa sämtliche Spuren verwischt? Aber wie war es dann möglich dass sich niemand an die Nightmare Mansion erinnern konnte und es nicht einmal Einträge im Internet gab? Auch Misa, Rebirth und Beyond schiene total durcheinander zu sein und nur Akito schien sich schnell damit abgefunden zu haben. Er konnte sich ja noch nicht einmal an einen Fear Illusion oder ein Dienstmädchen namens Anne Caroline Hartman erinnern. Warum sollte er überhaupt lügen? Nervös drückte Matt seine Zigarette aus und putzte die Gläser seiner Brille. Das Ganze war echt merkwürdig. Er hätte echt schwören können, dass das alles wirklich geschehen wäre und er seinen verstorbenen Bruder Matthew gesehen hatte, der ihm sein Gesicht genommen hatte als Rache für damals, als sich bei einem Gerangel um die Pistole ihres Vaters ein Schuss gelöst und Matthew ins Gesicht getroffen hatte. Und dann war da Mello gewesen, der ihn aufgemuntert hatte und ihm die Kraft gab, mit seiner Schuld zu leben. Warum nur hatte er das geträumt? Gedankenverloren schaltete er den PC aus und ging ins Badezimmer. Er brauchte jetzt dringend eine Dusche um auf andere Gedanken zu kommen und außerdem war das überhaupt nicht seine Art, sich wegen so etwas den Kopf zu zerbrechen. Als er seine Fliegerbrille ablegte und in den Spiegel sah, glaubte er für einen Augenblick seinen Zwillingsbruder zu sehen. Es war wirklich ein Fluch, dem Menschen bis aufs Haar zu gleichen, den man durch einen Unfall getötet hatte. Jeden Morgen wenn er vor dem Spiegel stand, wurde er daran erinnert und das verband ihn mit Mello. Auch er wurde immer wieder an etwas Furchtbares erinnert, wenn er sein Spiegelbild sah. Die Brandnarbe, die er sich bei dem Anschlag in Wammys House zugezogen hatte, erinnerte ihn an die vielen Kinder, die bei lebendigem Leibe verbrannt waren und Nears schrecklicher Anblick, als man ihn aus den Trümmern zerrte. Gerade hatte er seinen Pullover ausgezogen, da öffnete plötzlich Rebirth die Tür und war total verlegen. „Oh… entschuldige bitte.“ „Schon okay, ich hätte die Tür abschließen sollen. Was brauchst du?“ „Das Desinfektionsspray. Akito ist gestolpert und hat sich das Knie aufgeschürft. Es ist im rechten Schrank.“ Matt holte die gewünschte Spraydose heraus und warf sie Rebirth herüber, der sie dankend auffing. „Irgendwie siehst du total anders aus ohne diese Brille.“ „Ich weiß, normalerweise nehme ich sie auch nicht ab, weil ich wegen meines Nervenschadens nicht mehr so gut auf dem einen Auge sehen kann.“ „Gibt es irgendein Mittel dagegen oder wird es noch schlimmer?“ „Keine Ahnung, man kann einfach nichts dagegen tun aber zum Glück wurden diese Spezialgläser entwickelt, mit denen ich wie ein normaler Mensch sehen kann. Hier sind übrigens noch Pflaster falls du sie brauchst.“ Auch die nahm Rebirth entgegen und verabschiedete sich, dann schloss er die Tür. Matt musste schmunzeln und lachte schließlich. Ehrlich gesagt war er froh dass alles so war, wie es jetzt ist. Er hatte gute Freunde, tat genau das was er wollte und verdiente auch noch Geld damit. Mello beschwerte sich nie über seine Unordentlichkeit, Beyond und Rebirth waren recht umgänglich und Misa brachte richtig Energie in die Gruppe ebenso wie Akito, der ein Talent dafür hatte, allen die schlechte Stimmung auszutreiben. Eine bessere „Familie“ konnte er sich gar nicht vorstellen. Nach einer Dusche ging er in den Garten wo gerade Akito zusammen mit Beyond und Rebirth Fußball spielte. Misa schien schon genug Runden gespielt zu haben und saß bei einem Glas Eistee im Schatten und fächelte sich frische Luft zu. „Woher dieses Kind diese Energie hat, bleibt mir ein Rätsel. Ich war noch nie die Sportlichste aber der Kleine ist schon seit drei Stunden bei dieser Hitze aktiv und hat mich schon an meine Grenzen getrieben. Jetzt spielt er erst mal mit Beyond und Rebirth ein paar Runden.“ Aus einer Kühlbox holte sie für Matt ein alkoholfreies Bier raus. Er setzte sich zu ihr und sah den drei zu. „Akito scheint überhaupt keine Erinnerungen zu haben. Er weiß nicht einmal etwas von Anne und Fear…“ „Ich habe im Internet recherchiert aber es gab nirgendwo einen Hinweis darauf dass sie auch wirklich jemals existiert haben. Mello hat mich gerade angerufen und gesagt dass es niemals eine Nightmare Mansion gab. Er hat bloß ein kleines Häuschen gefunden, welches von einem alten Ehepaar bewohnt wird aber die sagen dass es in den 30 Jahren, wo sie dort wohnen, niemals so etwas wie ein Haus wie die Nightmare Mansion gestanden hätte. Das alles hat niemals existiert.“ „Aber warum sollten wir uns so etwas einbilden? Ich meine für einen einfachen Traum zerbrechen wir uns aber ganz schön den Kopf darüber.“ „Vielleicht weil er für uns so überzeugend realistisch gewesen war und wir den gleichen gehabt haben. Ich finde es jedenfalls sehr unwahrscheinlich dass jemand in kürzester Zeit alle Spuren aus dem Internet, den Telefonbüchern und Akten entfernt hat, ein ganzes Gebäude verschwinden lässt und die Erinnerungen von Leuten manipuliert. Ich denke wir sollten uns damit zufrieden geben, dass wir alle leben und unser Leben weiterführen können wie gewohnt. Vielleicht haben wir das alles nur geträumt weil dieses Zusammentreffen an diesem Jahrestag in uns den inneren Wunsch geweckt hat, noch mal in der Gruppe für etwas Wichtiges zu kämpfen. Diese Zeit, wo wir uns mit Kiras Bekämpfung beschäftigt haben, hat uns sehr zusammengeschweißt und eigentlich sind wir doch mehr als gute Freunde… wir sind eine Familie.“ Da hatte Matt nicht ganz Unrecht, sie waren alle eine Familie und jeder war bereit für sie sein Leben zu riskieren. In den Abendstunden kam Mello wieder zurück und in der Zwischenzeit hatten sie ein kleines Feuer vorbereitet über das sie Marshmallows rösteten. Akito hielt sie immer zu tief rein, dass sie Minuten später nur noch als Kohlezusatz verwendet werden konnten während Rebirths nicht einmal braun wurden. Es war inzwischen dunkel geworden und nur das Licht des Feuers spendete noch genügend Licht. Für einen Moment schien es so als würde Rumiko bei ihnen sitzen, ein kühles Bier trinken und mit ihnen über Matts und Mellos neueste Geschichten lachen. Sie sangen gemeinsam Lieder und als es dann so spät war dass Akito in Misas Armen eingeschlafen war, gingen die meisten wieder ins Haus. Schließlich blieben nur noch Beyond und Mello draußen und genehmigten sich ein Bier. Nach einem recht langen Gespräch verabschiedete sich auch Mello und Beyond blieb als Einziger übrig. Traurig sah er ins Feuer, welches inzwischen zur Neige gegangen war und bald nur noch Glut übrig war. Er fühlte sich auf einmal ganz alleine in der Dunkelheit und kam sich vor wie damals, als er sich im Gartenhäuschen versteckt hatte als sein Vater betrunken nach Hause kam und randalierte. Damals hatte er genauso Angst gehabt bis dann Rumiko kam und ihn tröstete und jetzt… jetzt war sie nicht mehr da. „Rumiko… es tut mir so leid…“ Die Schuldgefühle übermannten ihn und er begann leise zu schluchzen. Er vermisste seine Adoptivschwester sehr und wünschte sich dass er nur ein Mal… ein einziges Mal die Gelegenheit bekommen könnte, ihr zu sagen wie sehr er sie wirklich liebte und dass es ihm leid tat, dass er nie für sie da war. Aber diese Chance würde er wohl niemals bekommen. Dazu müsste schon ein göttliches Wunder geschehen. Es war inzwischen fast Mitternacht und vom Feuer war nur noch etwas Glut übrig geblieben. Beyond war in seinem Stuhl zusammengesunken und konnte nur noch mit großer Mühe die Augen offen halten. Doch egal was er tat, seine Lider wurden immer schwerer und als er sie dann schloss, kippte sein Kopf etwas zur Seite und er schlief ein, nicht ahnend dass direkt hinter ihm auf dem Dach des Schuppens zwei Gestalten saßen und ihn beobachteten. Sie waren kaum zu erkennen, nur ihre Silhouetten waren im Licht des Vollmondes zu sehen. Regungslos saßen sie da und beobachteten den Schlafenden, eine von ihnen hatte zwei Schwerter am Gürtel. „Das ist nicht gerecht“ sagte die Stimme eines Mädchens und beugte sich etwas nach vorne um den schlafenden Beyond sehen zu können. „Sie haben so viel durchgemacht und jetzt stehen sie wie Verrückte da. Sie haben ein Recht darauf die Wahrheit zu erfahren.“ „Daran habe ich auch schon gedacht, aber wir können nicht riskieren dass jemand etwas über die Fragmente der alten Welt erfährt. Es würde wieder solch katastrophale Ausmaße haben wie bei Fear.“ „Aber diese Menschen haben ihr Leben riskiert um Akito zu beschützen und auch den Tempel zu schützen und jetzt glauben sie dass alles nur ein Traum war. Ich finde wir sollten ihnen unsere Dankbarkeit zeigen.“ Seufzend verschränkte die andere Gestalt die Arme und lehnte sich zurück um den Sternenhimmel betrachten zu können. Dabei kam sein Gesicht im Mondlicht zum Vorschein: Es war das Gesicht eines jungen Mannes, dessen linkes Auge durch sein Haar verdeckt war. Er trug einen Kariginu und seine Begleiterin einen Kimono. „Zuerst wollen sie in den Tempel und dann so was. Was soll ich deiner Meinung nach machen? Wenn ich mich der Welt als das zeige, was ich bin dann wird alles wieder von vorne anfangen und das kann und darf ich nicht zulassen. Einen weiteren Krieg wie vor 600 Jahren wird diese Welt nicht überleben. Das wäre ihr Ende.“ „Aber als mein Vater zu euch kam um das Buch des Schicksals dazu zu benutzen um den Wohlstand seiner Familie zu sichern und dabei mein Leben opferte, habt ihr mir doch auch geholfen indem ihr meinen Geist aus der Unterwelt geholt habt. Ich habe zu Lebzeiten nichts Besonderes für euch getan aber diese Menschen da haben die Wahrheit verdient. Findest du nicht auch Seimei?“ Der junge Mann schwieg und schien noch hin und her gerissen zu sein. „Damals waren es noch andere Zeiten. Damals haben wir noch mit den Menschen zusammengelebt und waren noch recht naiv und gutgläubig und…“ „Du wirst etwas tun oder ich nehme dir deinen Kotatsu weg. Dann kannst du dir einen anderen Platz zum Schlafen suchen.“ Das schien ihn überredet zu haben und so sprang er mit einem Satz vom Dach und landete beinahe lautlos auf dem Boden. Das Mädchen folgte ihm. „Dann werde ich mal meinen Bruder rufen und dann werden wir mal sehen, was sich machen lässt. Aber nur wenn du mich morgen ausschlafen lässt.“ „Dein Rekord liegt bei 3 Tagen und du musst auch noch deine Arbeit erledigen… na ja, ausnahmsweise mal. Aber nur wenn du auch wirklich was tust.“ „Manchmal kannst du echt gemein sein Sakurako, du vergisst wohl dass du mit einer „Gottheit“ redest.“ Das Mädchen lachte und verpasste dem jungen Mann einen scherzhaften Schlag auf den Arm. „Die Masche zieht bei mir schon seit langem nicht mehr.“ Lachend gingen die beiden durch den Garten und kaum hatten sie die Terrassentür erreicht, waren sie plötzlich verschwunden. Beyond schlief immer noch tief und fest und die Glut war erloschen. Kapitel 14: Wiedersehen ----------------------- Als Mello durch ein Geräusch im Haus aufgeweckt wurde, war es bereits 1 Uhr morgens und auch Matt war bereits aufgestanden. „Was war das?“ fragte Mello und rieb sich verschlafen die Augen. „Irgendwie kam es mir so vor als hätte ich da was gehört.“ Matt zuckte mit den Achseln und sah auf die Digitaluhr neben seinem Bett. Als er sah wie spät es war, war er dabei ins Bett zu gehen da klopfte es an der Tür und Misa kam herein. Sie hatte sich umgezogen und schien sehr beunruhigt zu sein. „Im Wohnzimmer da ist ein… ein… ein Loch, ein schwarzes Loch! Beyond und Rebirth sind bereits dort und Akito ist auch wach. Kommt am besten so schnell wie möglich.“ Was? Ein schwarzes Loch? Das erinnerte die beiden sehr an diese komischen Portale, mit denen sich die S.E.K. Agenten zwischen Welten hin und her bewegen konnten aber warum befand sich so eines denn jetzt im Wohnzimmer von Beyonds Haus? Das war doch verrückt. Tatsache war, dass sie das schleunigst untersuchen sollten und klären mussten, wohin es führte. Schnell zogen sie sich um und kamen ins Wohnzimmer. Tatsächlich klaffte an der Wand ein schwarzes Loch. Es war groß genug dass ein ausgewachsener Mensch problemlos hindurchgehen konnte und anscheinend hatte es sich gebildet, als Mello längst im Haus war. Aber warum war es hier? „Hat einer von euch eine Ahnung, wie wir dieses Ding verschwinden lassen sollen? Wer weiß was da noch rausgekrochen kommt.“ „Wir könnten versuchen es zu sprengen“ schlug Mello vor aber so ganz sicher war er sich nicht dabei denn es könnte gut möglich sein, dass es noch weiter aufreißt oder dass sich nichts tat und er Beyonds Haus in Schutt und Asche legte. Das wäre auch nicht wirklich ratsam und auch ganz schön teuer…. Zudem war es auch nicht gerade die fein englische Art, die Bude seines Freundes in die Luft zu jagen. Aber es musste einen Grund haben, warum auf einmal so ein Portal hier war. „Vielleicht sollten wir da reingehen“ schlug Akito vor, der einen Teddybären im Arm hielt und nicht sonderlich beunruhigt über das Portal zu sein schien, welches einfach so da stand. „Kann ja sein dass da jemand auf uns wartet.“ „Kann sein, nur leider wissen wir nicht wer oder was uns erwartet und ob wir nicht gleich aus dem Hinterhalt angegriffen werden.“ Misa hatte da nicht ganz Unrecht aber es half nichts da einfach nur rumzustehen und abzuwarten bis jemand aus diesem Portal herauskam. Akito schien jedenfalls keine großen Bedenken zu haben und würde am liebsten reingehen, aber Misa hielt ihn zurück. Ihr war die Sache einfach nicht geheuer. „Einer sollte reingehen und nachsehen.“ „Und was ist wenn es in einen tiefen Abgrund geht oder so was?“ entgegnete Misa in einem etwas strengen Ton und etwas eingeschüchtert zuckte Rebirth zusammen. „Tut mir leid, ich wollte nur einen Vorschlag machen.“ „Wir können auch nur den Kopf reinstecken“ schlug Akito vor und begann nervös auf der Stelle zu treten und auf seiner Unterlippe zu kauen. Beyond schien da aber eine bessere Lösung zu haben. „Entschuldigt mich mal kurz“ sagte er nur noch kurz und ging nach draußen in den Garten zum Schuppen. Als er die Tür öffnete, fiel ihm direkt ein Laubbesen entgegen, den er beiseite stellte und aus einer Ecke ein Seil holte. Perfekt, dachte er und ging wieder zurück ohne die Tür des Schuppens wieder zu schließen. Hier in der Stadt wurde sehr selten geklaut und es gab ja nichts Wertvolles im Schuppen, was man klauen könnte. Als er mit dem Seil zurückkam, waren die anderen erst mal erstaunt und fragten, was er damit vorhabe. „Was denn schon? Ein kleines Fesselspielchen veranstalten. Ist doch einfach: Ich binde mir das Seil um den Bauch und geh durch. Wenn ich abstürzen sollte, könnt ihr mich ja wieder raufziehen. Wenn mich irgendetwas angreift, werde ich das Seil durchschneiden und wenn ich denke dass ihr ruhig durchkommen könnt, werde ich drei Mal am Seil ziehen.“ „Warte mal“ ging Rebirth dazwischen als er sah dass Beyond sich schon das Seil um den Bauch binden wollte. „Wir sollten zusammen entscheiden wer von uns geht.“ „Nein, ich werde gehen. Du und Misa müsst euch um den Kleinen hier kümmern, den wir auf keinen Fall durchlassen können. Matt und Mello haben in Schottland ein Haus für Waisenkinder, das sie nicht im Stich lassen sollten und als L’s Nachfolger haben sie eine Verantwortung. Ich bin allein stehend, habe nichts vorzuweisen weswegen ich euch voranschicken und euer Leben aufs Spiel setzen sollte und ich will nicht zulassen, dass noch mal jemand stirbt, der mir nahe steht.“ Es war zwecklos ihn umzustimmen, Beyond hatte seinen Entschluss gefasst und war bereit ins Ungewisse zu gehen auch wenn es lebensgefährlich werden konnte. Nachdem er einen festen Knoten ins Seil gemacht hatte und sein Messer eingesteckt hatte, gab Mello ihm noch eine Pistole mit. Ernst sah er ihn an. „Du bist nicht der Einzige, der nicht will dass ein sehr guter Freund stirbt. Wenn dich irgendetwas angreift, dann schieß auch.“ Schweigend nahm Beyond die Magnum entgegen und sah jeden noch einmal in die Augen, wie zu einem stummen Abschied. Er wusste nicht was ihn erwartete aber er hatte keine Angst. Dem Tod begegnete er gleichgültig und es war ihm egal ob er starb oder nicht, solange nur nicht jemand starb, der ihm nahe stand. Langsam ging er auf das Portal zu und blieb ein letztes Mal stehen. Er sah in die schwarze Leere und atmete tief durch. Matt, Mello, Misa, Rebirth und sogar Akito standen dicht hinter ihm und hielten das Seil fest in den Händen, bereit ihn jederzeit zurückzuziehen wenn etwas Gefährliches auf ihn lauerte. Zuerst streckte er vorsichtig eine Hand hinein und fühlte einen Windzug auf der anderen Seite. Dann aber schoss eine Hand aus der anderen Seite hervor, packte seinen Arm und zerrte ihn mit einem Ruck in das schwarze Loch hinein. Misa und die anderen packten das Seil fester und begannen zu ziehen. Sie stemmten sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen doch da zerrte etwas noch stärker dagegen und mit einem Ruck fiel Matt, der ganz vorne stand nach vorne und die anderen auf ihn drauf. Sie wurden über den Boden geschleift und unmittelbar ins Loch gezerrt. „Verdammt, es ist zu stark“ brachte Rebirth hervor und versuchte wieder auf die Beine zu kommen, doch da war Matt schon im Portal verschwunden. „Scheiße!!!“ rief Mello und versuchte das Seil mit einer Hand zu halten und mit der anderen nach seinem Messer zu suchen, mit welchem er das Seil durchtrennen wollte. Doch dann wurde mit einem kräftigen Ruck gezogen sodass einer nach dem anderen in die schwarze Leere gezerrt wurde. „Hey, alles okay bei euch?“ Als sie die Augen öffneten, konnten sie ihren Augen nicht trauen. Sie fühlten trockenes Gras unter ihnen, hörten in der Ferne das Zirpen der Grillen und Zikaden und sahen die Lichter der Glühwürmchen. Es war mitten in der Nacht und um sie herum schwebten japanische Papierlaternen in der Luft und etwas weiter hinten stand eine Art Shinto Tempel, von dem Musik und Gelächter kam. Ein Mädchen kniete vor ihnen und hielt eine rosafarbene Papierlaterne in der Hand um sie besser sehen zu können. Als Mello sie ansah, konnte er nicht fassen wer da vor ihm stand. Es war das Mädchen, welches er mit diesem Typen, diesem Seimei gesehen hatte. Was machte die denn hier? „Entschuldigt bitte dass ich euch nicht persönlich hierher bringen konnte, aber es gab wirklich viel vorzubereiten und wir mussten noch die anderen Gäste abholen. Ich hoffe ich hab euch nicht zu viel Ärger gemacht.“ Andere Gäste? Was wurde hier nur gespielt verdammt, fragte sich Mello und stand etwas unbeholfen auf. Er sah Beyond, der gerade dabei war sich von seinem Seil zu befreien und ebenfalls keine Ahnung zu haben schien, was hier ablief. Sakurako half den anderen hoch und verbeugte sich vor ihnen. „Mein Name ist Sakurako und im Namen der großen Gottheiten heiße ich euch herzlich willkommen. Ihr befindet euch in einer anderen Welt, welche extra für diesen Abend geschaffen wurde um euch unsere Dankbarkeit zu zeigen. Ihr habt uns sehr geholfen, den Tempel des Lebens sowie eure Welt und Ashuras Buch zu beschützen. Ohne euch wäre das alles viel schwieriger geworden. Kommt mit, ich werde euch zur Party bringen.“ „Wir dachten das wäre alles nur so eine Art Traum gewesen.“ „Das tut mir auch sehr leid“ entschuldigte sich Sakurako und sah die drei beschämt an. „Wenn wir in das Geschehen in dieser Welt eingreifen, verwischen wir unsere Spuren so perfekt, als hätten wir niemals existiert. In Fears Falle haben wir seine Existenz „ausgelöscht“ und Gedächtnisse manipuliert. Ja wir können sogar alles aus dem Internet löschen was auf uns hindeuten könnte. Als ihr mit uns in den Tempel gegangen seid, haben wir uns um eure Verletzungen gekümmert, eure Erinnerungen daran gelöscht und euch wieder nach Hause gebracht. Deswegen ward ihr der Überzeugung dass ihr alles nicht wirklich erlebt habt.“ „Und wieso auf einmal jetzt das hier?“ fragte Beyond, der etwas Schwierigkeiten hatte sich durch das unebene Gelände zu bewegen während Sakurako leichtfüßig und elegant mit ihrer Laterne voran ging. „Ich habe ein schlechtes Gewissen gehabt. Wisst ihr, ich weiß genau wie es ist von seiner Familie im Stich gelassen zu werden und allein zu sein. Ihr habt so viel für eure Welt getan, da hab ich mit Seimei gesprochen und ihn gebeten etwas zu tun.“ Sie stiegen die Stufen hoch, rechts und links von ihnen brannte Licht in den steinernen Laternen und Figuren mit starren Augen standen Wache. Wo im Hintergrund das Zirpen der Grillen und Zikaden zu hören waren, herrschte auf der Tempelanlage feierliche Stimmung. „Wir haben für Musik und für genügend Alkohol gesorgt. Und nachher geben Shin und Seimei persönlich ein Feuerwerk“ erzählte Sakurako stolz und sauste die Stufen hoch womit sie die anderen locker abhängte. „Dürfte ich fragen wer oder was du genau bist? Bist du etwa auch so etwas wie eine Gottheit?“ Ruckartig drehte Sakurako sich um und wurde plötzlich ganz rot im Gesicht. Sie kicherte und kam auf Matt zu. „Nein, ich bin weder Gott, Shinigami noch Mensch. Ich war vor langer Zeit mal ein Mensch…“ Sie hob ihre Hand und legte sie auf Matts. Zunächst geschah nichts aber dann ging ihre Hand durch seine hindurch und für einen Moment war Sakurako plötzlich durchsichtig, dann aber erhielt sie ihre normale Gestalt wieder. „Ich bin seit Jahrhunderten nicht mehr am Leben. Bevor der Tempel in eine andere Welt versetzt wurde, nahm mein Vater mich mit und opferte mein Leben um das Buch Ashuras nutzen zu können um den Wohlstand unserer Familie auf ewig zu sichern. Shin und Seimei haben meine Seele aus dem Nichts zurückgeholt und seitdem stehe ich in ihren Diensten. Aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und finde es auch nicht so schlimm. Solange ich in Seimeis oder Shins Nähe bleibe bzw. in der Nähe des Tempels kann ich Hautkontakt mit Menschen haben und auch Sachen anfassen ohne dass meine Hand hindurchgeht. Aber wenn ich alleine in eure Welt gehe, geht meine Kraft recht schnell zur Neige und dann bin ich für Menschen unsichtbar. Meistens geschieht das innerhalb von 20 Minuten höchstens. Naja, ich bin zwar tot aber glücklich.“ „Aber warst du nicht wütend auf deine Familie?“ „Ja und deswegen bin ich kurz nach meiner Rückkehr aus dem Nichts zu ihnen gegangen und habe sie allesamt getötet. Nur meinen kleinen Bruder Haruhiko habe ich verschont aber als ich ihn nicht in den Arm nehmen konnte, wusste ich dass mein Platz bei Shin und Seimei ist. Seitdem hatte ich nie wieder Kontakt mit meiner Familie oder anderen Menschen. Ich gehe nur noch in meine Heimat, wenn ich Besorgungen zu erledigen habe.“ Auch wenn sie einen recht glücklichen Eindruck machte, musste es doch echt hart gewesen sein, von der eigenen Familie verraten und geopfert zu werden und nie wieder wie ein Mensch leben zu können. „Jedenfalls wird es bei Shin und Seimei nie langweilig. Seimei muss ich immer mit Gewalt zur Arbeit bewegen weil er lieber unter seinem Kotatsu schläft, Shin ist da viel zuverlässiger und hält sich meist in der Shinigami-Welt auf. Wenn er zu Besuch kommt, spielen wir Shogi oder andere Spiele bei zwei bis drei Flaschen Sake.“ Sakurako redete wie ein Wasserfall was anscheinend daran lag, dass sie seit Ewigkeiten keinen richtigen Kontakt mehr zu anderen Menschen hatte und nun richtig aufgeregt war. Nun, irgendwie konnte man es ja auch verstehen. Als sie das Ende der Stufen erreicht hatte, wartete sie fröhlich strahlend auf Mello und die anderen und wirkte wie ein kleines Mädchen am ersten Schultag. „Ich gehe Bescheid sagen dass ihr da seid. Die beiden wollen euch sicherlich persönlich begrüßen.“ Damit eilte Sakurako davon und ließ die fünf zurück. Diese konnten gar nicht glauben was sie da sahen. Auf einem großen Platz hatten sich mehrere Gruppen von Leuten zusammengefunden, die aufgeregt miteinander redeten, lachten und fröhlich zusammen tranken und aßen. Als sie die fünf sahen, kamen sie jubelnd und klatschend auf sie zu und begrüßten sie herzlich. Es waren Leute, die sie in ihrem Leben mal getroffen hatten. Leute, die ihnen geholfen hatten und auch jene, die sie verloren hatten. Mitmenschen, die eigentlich tot sein sollten. Etwas weiter abseits stand Near mit einer Puzzleschachtel in der Hand und wirkte so lebendig wie noch nie zuvor. Lindsay, die Mello und Matt während des San Franciscos Erdbebens aufgenommen und beschützt hatte, warf sich den beiden freudestrahlend in die Arme und begrüßte sie herzlich. Bei ihr war ihre Clique und hatten die Kinder aus Wammys House im Schlepptau. Nicht gerade weit entfernt standen Roger, Watari und ein paar der „Buchstaben“, die während Kiras Machtübernahme getötet wurden oder auf andere Weise ums Leben gekommen waren. Aber wie war das möglich? Wie konnten Tote plötzlich zurückkehren? Oder war es etwa, dass das alles hier eine Gruppe von Geistern war, so wie bei Sakurako? Eine andere Erklärung konnte es nicht geben denn der Junge, der Matt freudig grüßte war niemand anderes als sein verstorbener Zwillingsbruder Matthew Jeevas. Sein Bruder, der bei einem versehentlich ausgelösten Schuss ums Leben gekommen war und als Horrorvision Matt furchtbar gequält hatte bis Mello ihn da rausgeholt hatte. „Nun mal nicht so stürmisch meine Lieben, könnt ihr uns mal bitte durchlassen wenn es keine Umstände macht?“ langsam bildete sich eine Gasse durch die Menge durch die zwei junge Männer in Begleitung von Sakurako kamen. Es waren Shin und Seimei, die Gottheiten des Lebens und des Todes. Seimei schien sichtlich in Feierstimmung zu sein, strahlte über das ganze Gesicht und schlenderte fröhlich auf sie zu wobei er die Arme hinter dem Rücken verschränkt hatte. Shin machte da einen eher ernsteren Eindruck, seine Sense hatte er jetzt nicht dabei aber er sah die Ankömmlinge mit einem prüfenden Blick an. Seine Haltung wie auch seine Gangart zeigten von Ernsthaftigkeit und hatte auch etwas von einer Art Staatsanwalt oder Politiker, wenn nur nicht dieser schwarze Hakama wäre, den er trug. Dann aber wandelte sich sein kühler Blick zu einem freundlichen Lächeln und er grüßte sie herzlich, aber auch nicht zu überschwänglich wo Seimei jedoch einen etwas großen Kontrast bildete denn er machte sich keinen Hehl daraus, jeden von ihnen mit einer Umarmung zu grüßen. „Schön dass ihr gekommen seid! Ich hoffe es gefällt euch hier und dass wir euch mit dem Portal im Wohnzimmer keinen allzu großen Ärger gemacht haben.“ „Wie kann es sein dass welche hier sind, die eigentlich gar nicht mehr am Leben sind?“ fragte Rebirth, der bis jetzt noch keinen toten guten Bekannten getroffen hatte, was wohl daran lag, dass seine geliebten Mitmenschen noch lebten und er nichts für seinen toten Bruder oder seine verstorbene Mutter übrig hatte. Seimei grinste stolz und stieß Shin scherzhaft. „Ich dachte mir wir machen einen kleinen Abstecher und laden einfach mal ein paar Leute ein. Euer Bekanntenkreis in eurer Welt ist ja nicht gerade der größte und Shin meinte zwar, dass so etwas nicht zu verantworten wäre…“ „Ich war besorgt dass dadurch alle Toten wieder zurückkommen wollen“ verteidigte sich Shin und rückte seine Brille zurecht, durch die er Seimei streng anfunkelte. „Immerhin muss ich als Verwalter dafür den Kopf hinhalten wenn du deinen Mist verzapfst. Ich hatte Sicherheitsbedenken!“ „Wie dem auch sei“ beendete Seimei die aufkeimende Diskussion und legte seinen Kopf in den Nacken um einen Blick auf den Sternenhimmel zu werfen. „Sakurako hat gesehen wie sehr ihr eure verstorbenen Bekannten, Freunde, usw. vermisst und da haben wir uns zusammen überlegt euch die Chance zu geben, sie noch mal wiederzusehen damit ihr euch mit ihnen aussprechen und alte Zeiten aufleben lassen könnt. Ich hab übrigens auch ein paar eingeladen, die noch unter den Lebenden weilen, allerdings werden die sich nachher nicht mehr an das alles erinnern. Euch vertraue ich, dass ihr kein Wort über uns ausplaudert!“ Seimei hatte zwar immer noch sein beherztes Lächeln doch sein letzter Satz hatte einen Nachklang als wäre es eine ernsthafte Warnung. Er war ein klein wenig seltsam und manchmal ein klein wenig unheimlich. Anderen zeigte er sich fröhlich, etwas weltfremd, verspielt und humorvoll doch hinter dieser Fassade verbarg sich ein ernstzunehmender Charakter, der konsequent war und ein unglaubliches Wissen besaß. Immerhin waren er und Shin älter als die Zeit und vielleicht diente dieses Auftreten dazu, um andere zu verwirren und seine wahre Kraft zu verschleiern. Wenn man bedachte dass er imstande war, Welten zu erschaffen, ganze Planeten und Völker, dann war es eine unermessliche Macht. Und Shin war sein Gegenstück. Sie unterschieden sich äußerlich, vom Charakter und von der Verhaltensweise. Shin sah man direkt an, dass er eine autoritäre Person mit Macht war, der seine Aufgabe als Herr der Shinigami und Ende allen Lebens sehr ernst nahm und immer genau wusste, was er tat, mit allen Konsequenzen. Sein Auftreten, seine ganze Person war Respekt und Furcht einflößend. Seimei hingegen wirkte da eher mehr wie ein Freund für alle Fälle und dazu nicht gerade sehr zuverlässig, sodass man ihn sehr schnell unterschätzte. Nun ja, ihre Fähigkeiten waren ja auch vollkommen gegensätzlich, da war es eben nicht auszuschließen dass sie auch von der Person her einen Kontrast bildeten. Aber eine Gemeinsamkeit hatten sie: Sie waren niemandem wirklich böse gesinnt, sie sorgten sich allein um das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse. Nachdem die Begrüßung beendet war, führte Seimei sie an einem angelegten Teich mit Kois vorbei zu einem Platz vor einer kleinen Bühne. Tische und Stühle gab es nicht, nur Sitzkissen und immer wieder ging Sakurako mit einem Tablett durch die Reihen und bot Snacks und Getränke an. „Gleich wird unsere Violinistin ein Duett für euch vortragen und als Ehrengäste sind für euch die vordersten Plätze reserviert.“ Als sie sich setzen wollten, schnappte er sich Beyond und zog ihn beiseite. „’tschuldige dass ich dich stören muss aber ich hätte da eine kleine Bitte an dich: Uns fehlt ein Mann am Klavier und da ich hörte dass du ausgezeichnet spielen kannst, wollte ich dich bitten uns da zu helfen.“ „Kommt drauf an was gespielt wird. Meist brauch ich für besonders schwierige Stücke ein bisschen zum Lernen.“ „Mach dir mal keine Sorgen, das Lied kennst du garantiert und es ist auch nicht so schwer. Mach einfach dein Ding, dann wird’s schon.“ Freudestrahlend reichte Seimei ihm die Noten und Beyond sah sie sich durch. Nun ja, es war etwas anspruchsvoll und für Amateure nicht wirklich beim allerersten Mal zu meistern aber er müsste es eigentlich schaffen. Nur hatte das Lied anscheinend keinen Titel. Auch egal, dachte er schulterzuckend und ließ sich von Seimei zum Klavier führen. Als er so da saß und sich vorbereitete, musste er plötzlich an Rumiko denken. Warum war sie nicht hier? Er hatte die ganze Zeit Ausschau nach ihr gehalten aber sie war nicht da. Vielleicht wollte sie nicht kommen weil sie wütend auf ihn war. Verdenken konnte er es ihr ja nicht denn er hatte sie all die Jahre schlecht behandelt und so etwas hatte sie nicht verdient. Er sah noch mal in die Zuschauerrunde, konnte sie jedoch nicht sehen. Nicht einmal hier war sie um ihn spielen zu sehen. Dabei hatte er all die Jahre hart an seinen Fähigkeiten gearbeitet um eines Tages mit ihr spielen zu können, bis er dann erfahren hatte, dass sie das Klavierspiel aufgegeben hatte. Das hatte ihn ganz schön verletzt weil es für ihn geheißen hatte, dass sie sich nicht für ein Zusammenspiel interessierte. Er spielte jetzt nur noch am Klavier um sich die Zeit zu vertreiben wenn er nichts Besseres zu tun hatte und um sich abzulenken. Betrübt starrte er auf die Tasten und schlug leise den Ton E# an. Warum machte er das hier eigentlich? Warum spielte er überhaupt noch wenn es doch keinen Sinn hatte. Warum hatte er überhaupt angefangen zu spielen? Ja… jetzt erinnerte er sich wieder. Er hatte sich zufällig in den Musikraum verirrt und eine wunderschöne Melodie gehört. Sie hatte erst zart und vorsichtig angefangen, dann wurde sie zu einem energischen aber unglaublich schönen Klang, der ihn zutiefst berührt hatte. Dieses namenlose Lied spiegelte seine tiefsten Sehnsüchte und Gefühle wieder und er hatte sich gefragt welcher begnadete Pianist eine solch einfühlsame Melodie spielen konnte, die die Herzen anderer berühren konnte. Als er dann aber seine Adoptivschwester am Klavier sitzen sah, war er total aus der Fassung und hatte es sich in den Kopf gesetzt, irgendwann genauso schön zu spielen wie sie. Nachdem sie beendet hatte, war er zu ihr getreten und fragte sie nach den Notenblättern damit er das Lied auch lernen kann, doch da sagte sie einfach „Tut mir leid aber es gibt keine Noten. Ich habe einfach drauf los gespielt.“ Von da an wollte er nur noch Klavier spielen um irgendwann so gut spielen zu können, dass er solch wunderbare Kompositionen entwickeln konnte, welche die Herzen der Menschen berührten. Er wollte irgendwann genauso gut spielen können wie Rumiko. Als Seimei ihm mit einem Nicken signalisierte, dass er anfangen konnte, setzte Beyond seine Finger in Position und begann zu spielen. Zuerst spielte er ganz alleine und während er spielte, blätterte Seimei die Seiten um. Dann irgendwann setzte die Violine ein und spielte ein hohes A. Es war eine Melodie, die so zart und lieblich war wie die Stimme eines Engels. Beyond fühlte sie tief in seinem Herzen, Tränen sammelten sich in seinen Augen sodass er kaum noch die Noten lesen konnte. Alleine hätte die Violine schön genug geklungen aber mit der Begleitung am Klavier war es in Beyonds Ohren wahre Perfektion. Er begann nun schneller zu spielen, mehr Tasten zu greifen und sein Klavierspiel bekam mehr an Energie und Lautstärke. Und seine Klavierstimme gewaltiger wurde, blieb die Violine als Kontrast langsam und zart und harmonierte perfekt. Während er spielte, hatte er das Gefühl all seine Emotionen, Gedanken und Wünsche in seine Hände zu leiten, die sich beinahe wie von selbst bewegten. Er schloss die Augen, spielte ohne auf die Noten zu sehen einfach weiter. Er kannte die Melodie inzwischen gut genug um zu wissen, wie sie weiterging und glaubte plötzlich dass alle Last von ihm genommen wurde… genauso wie letztens, als Akito sein Herz beeinflusste um ihm zu helfen. Dieses Mal war es aber keine göttliche Kraft sondern einfach die Macht der Musik. All seine Trauer und seine Selbstzweifel waren verschwunden und er fühlte sich auf einmal vollkommen befreit, man konnte fast sagen glücklich. Er war glücklich dass er lebte, glücklich dass er gute Freunde hatte und jetzt hier war und er war glücklich, dass er mit einer Violinistin im Duett spielen durfte. Als er zu Ende gespielt hatte, lauschte er wie die letzten Töne verklungen und zwei Atemzüge später setzte der Applaus ein. Es war ein stürmender Beifall und er sah Tränen in den Augen der Leute. Auch Seimei begann Beifall zu klatschen und stellte sich in die Mitte der Bühne. Erst jetzt sah Beyond, dass die Violinistin gar nicht auf der Bühne stand sondern nur ihre Silhouette auf einer weißen Leinwand zu sehen war. Sie hatte langes Haar und trug ein Kleid. „Einen herzlichen Applaus für unsere Violinistin und unseren begnadeten Pianisten Beyond Birthday. Wirklich ein wunderschönes Duett.“ Applaudierend standen die Leute auf und einige begannen zu jubeln und zu pfeifen. Seimei hob die Arme, die „Ruhe bitte“ signalisieren sollten und fuhr fort. „Und jetzt möchte ich, meine sehr geehrten Damen und Herren und Kinder, ihnen die mysteriöse Violinistin vorstellen, die sich bereit erklärt hat für uns heute Abend zu spielen.“ Er wandte sich der Leinwand zu, welche langsam nach oben gezogen wurde. „Darf ich bitten?“ Nach und nach kam immer mehr zum Vorschein. Die unbekannte Violinistin trug hochhackige edle Schuhe, ein recht schlichtes aber sehr wunderschönes schwarzes Kleid und lange schwarze Seidenhandschuhe und um ihren Hals trug sie ein Diamantencollier. Ihr Haar war goldblond, etwas lockig und sie selbst war recht groß, schätzungsweise 180cm und ihre Körperproportionen waren schlichtweg perfekt. Als ihr Gesicht zum Vorschein kam, war Beyond einer Ohnmacht nahe und er glaubte seinen Augen nicht trauen zu können. Er konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten und hatte das Gefühl, dass seine Brust sich zusammenschnürte. Vor ihm stand niemand anderes als Rumiko, seine Adoptivschwester Rumiko. Mit saphirblauen Augen, die ebenfalls vor Tränen glänzten, lächelte sie ihn an und eilte auf ihn zu. Sie fielen sich in die Arme und weinten vor Glück. Endlich konnten sie sich wieder in die Arme nehmen. Und nun wusste er auch, warum er diese Melodie ohne Noten fehlerfrei spielen konnte obwohl er es zum ersten Mal selbst spielte: Es war das gleiche Lied, das Rumiko damals gespielt hatte. Das gleiche Lied, welches ihn dazu bewegt hatte, selbst Klavier spielen zu lernen. Er presste Rumiko fest an sich, roch den Duft ihres Parfüms und spürte die Wärme ihres Körpers und wie sie im Inneren zitterte. Seine Hand ertastete ihr Haar, welches sich wie fließendes Gold anfühlte und strich über ihre samtweiche blasse Haut. Rumiko ihrerseits krallte ihre Finger in Beyonds Pullover und konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. Es war ein ergreifender Moment, fast genauso wie im Kiratempel, als sie sich nach all den tragischen Schicksalsschlägen und verheerenden Missverständnissen versöhnt hatten und ihre wahren Gefühle offenbart hatten. Jetzt waren sie überglücklich, sich wieder in die Arme nehmen zu können. „Ich hab dich so vermisst“ schluchzte Rumiko und vergrub ihr Gesicht in seine Schulter. „Ich liebe dich Beyond, ich liebe dich wie man einen kleinen Bruder nur lieben kann. Du bist meine Familie und das wird sich auch niemals ändern.“ „Ich habe dich auch vermisst. Die ganze Zeit über konnte ich nur noch an dich denken… und es tut mir alles so schrecklich leid Rumiko.“ Diese Situation war so bewegend, so ergreifend dass nicht nur bei den beiden Tränen vergossen wurden. Misa hatte Akito in ihre Arme genommen und ebenfalls begonnen aus Mitgefühl zu weinen, auch Rebirth kamen die Tränen. Zwar hatte er immer noch Angst vor Rumiko aber er war einfach glücklich, Beyond so zu sehen und dass er die Chance bekam, seine geliebte Adoptivschwester noch ein einziges Mal wiederzusehen. Seimei schickte die Gäste weg um die beiden erst einmal alleine zu lassen und ließ das große Licht auf der Bühne dimmen. Ein letztes Mal drehte er sich zu ihnen um, schien sehr zufrieden mit der Entwicklung zu sein, dann wandte er sich um und ging. Nun waren Rumiko und Beyond alleine, nur ein paar Glühwürmchen und Schmetterlinge flogen hin und wieder herum und niemand sagte in dem Moment ein Wort. Nur langsam kam Rumiko Beyond näher, dann küsste sie ihn mit ihren rot geschminkten Lippen. Es war kein Kuss der partnerschaftlichen Liebe, es war ein Ausdruck der absolut reinsten Form der Geschwisterliebe, die sie für ihn fühlte. Sie war unerschütterlich und bedingungslos, wie die eines Kindes zu seinen Eltern. „Ich bin so froh dass es dir gut geht“ sagte Rumiko mit etwas zitternder Stimme und löste sich langsam von Beyonds Umarmung. „Als das mit Fear geschehen ist, hatte ich furchtbare Angst um dich aber zum Glück ist alles gut gegangen und du bist wohlauf.“ Sie verließen die Bühne und gingen einen Seitenweg entlang durch ein rotes Tor. Links und rechts von ihnen gab es japanische Imbissbuden, die alle völlig verwaist waren aber es roch verlockend nach essen. Sie wählten einen etwas weiter abseits, wo niemand war. Das Essen und die Getränke standen alle bereit und Beyond fragte sich, warum es hier niemanden gab und ob er hier bezahlen musste. Als sich aber Rumiko einfach einen Teller nahm und wahllos etwas aussuchte und sich anschließend eine Flasche Reiswein nahm, tat Beyond es ihr gleich und setzte sich mit ihr nach draußen unter einem Baum, in welchem kleine Glaskugeln hingen, in welche zwischendurch Glühwürmchen hineinflogen und wie natürliche Lampen funktionierten. „Wie ist es denn, auch der anderen Seite?“ fragte Beyond und schenkte sich und Rumiko Sake ein während sie sich beide schon mal mit den Stäbchen vertraut machten. „Da gibt es nichts, rein gar nichts…“ murmelte sie und versuchte passende Worte zu finden wie sie die Welt, in welche die Verstorbenen hingingen, beschreiben konnte. „Du kennst das sicher aus Filmen oder Serien her, dass jemand in einer vollkommen leeren weißen Umgebung steht und nach links rausgeht und von rechts wieder zurückkommt und er einfach nicht raus kann. Genauso ist es dort und egal was man macht, man kann einfach nicht weg. Ich habe versucht zu fliehen und bin gelaufen soweit ich konnte, aber da es nirgendwo etwas gab konnte ich nicht sagen, ob ich im Kreis gelaufen war und wie weit ich noch laufen musste. Irgendwann habe ich es einfach aufgegeben und mich damit abgefunden, dass ich nicht von dort weg konnte. Aber dafür hatte ich Jamie und er hat mir geholfen, mich mit meiner Situation abzufinden. Wenn wir aus dem Nichts befreit werden, dann wollen wir heiraten.“ Beyond versuchte gut gelaunt zu sein doch im Inneren wusste er, dass Rumiko ihn bald wieder verlassen würde und das machte ihm Angst. Rumiko schien das zu spüren und nahm seine Hand. „Alles in Ordnung mit dir?“ „Ich… ich freue mich, dich wiederzusehen und ich bin auch sehr dankbar dafür. Aber… aber… du weißt ganz genau dass du bald wieder zurückkehren musst und ich habe Angst davor. Ich würde so gerne wieder mit dir und Jamie zum See gehen, mit euch die verlorene Zeit nachholen und den Buchladen führen.“ „Beyond, es ist nicht so dass ich nicht auch schon über so etwas nachgedacht hätte, aber du weißt dass dieser Wunsch unerfüllt bleiben wird. Wir sind durch Welten voneinander getrennt und ich bin tot.“ Traurig sah sie in die Ferne, wo gerade eine Feuerwerksshow lief. Es sah atemberaubend schön aus wie tausende bunte Lichter und Sternenregen den Nachthimmel erhellten, aber für Rumiko und Beyond hatte es keine große Bedeutung. Sie hatten beide eine große Angst vor dem Ende dieser Nacht denn dies würde bedeuten, dass sie wieder voneinander Abschied nehmen sollten. „Wir sollten die gemeinsame Zeit genießen und das Beste daraus machen. Man kann das Schicksal nicht einfach so ändern, das geht einfach nicht.“ Als Beyond Rumikos Worte hörte, fiel ihm etwas Wichtiges wieder ein und eine verrückte Idee kam ihm und gab ihm neuen Mut. „Natürlich, das ist es Rumiko: Wir können unser Schicksal ändern! Dieser Fear war doch auf die Suche nach einem Buch, das in der Lage ist das Schicksal zu verändern. Wenn wir es benutzen, kann ich dich und Jamie wieder zurückholen und wir können von neuem beginnen.“ Als Rumiko das hörte, war sie eher skeptisch und hatte erhebliche Zweifel ob das so eine gute Idee war. „Beyond, wer das Buch benutzen will, muss ein Leben opfern. Du wirst sterben oder irgendjemand anderes, der dir nahe steht und ich werde nicht zulassen dass du einfach dein Leben wegwirfst.“ „Aber Rumiko, wir sind Shinigamikinder. Wir haben zwei Leben in uns und vielleicht klappt es ja dass ich statt meines eigenen Lebens den Shinigami in mir opfere und dann haben wir drei noch mal eine Chance.“ „Und wenn es nicht funktioniert? Außerdem haben wir doch keine Ahnung wie wir zum Tempel gelangen sollen, denn dazu müssen wir in eine andere Welt und das können nur Götter.“ „Aber von irgendwoher müssen die doch hergekommen sein. Wir sollten es zumindest versuchen nach einem Portal zu suchen. Wenn wir Glück haben, ist eines noch geöffnet und dann werden wir irgendwie in den Tempel gelangen.“ Rumiko war sich immer noch nicht wirklich sicher, aber als sie die Entschlossenheit in den Augen ihres Bruders sah, nickte sie einstimmig. „Gut, dann lass uns losgehen.“ Sie standen auf und verließen die Imbissmeile und nahmen sich je eine Laterne um sich auch im Dunkeln zurecht zu finden. „Ich vermute dass sie sich einen Ort gesucht haben, an dem so schnell keiner hingeht. Entweder liegt er weit abseits oder irgendwo im Zentrum der Anlage. Was meinst du?“ „Ich glaub etwas weiter hinten gab es eine Art Schrein und von dort sind wir auch gekommen.“ „Dann gehen wir dorthin. Aber wir sollten uns irgendwie tarnen sonst fallen wir zu sehr auf.“ Da wusste Rumiko was zu tun war und führte Beyond zu einem kleinen Geschäft, wo es traditionell japanische Kleidung und anderes gab. Beyond nahm sich ein Sweatshirt mit Kapuze und dazu eine falsche Brille während Rumiko sich einen typischen Anzug fürs Büro aussuchte, ihre Haare band sie zu einen Knoten zusammen, setzte sich eine Perücke auf und ebenfalls eine falsche Brille. Sie wirkte wie eine einfache Angestellte bzw. Sekretärin und Beyond war recht unauffällig. „Hättest dir auch was anderes aussuchen können“, meinte Beyond als er sie mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck betrachtete aber Rumiko schien da ganz anderer Ansicht zu sein. „Ich mag zwar eine recht ungewöhnliche Frau sein aber ich möchte mir einen gewissen Stil bewahren.“ Nachdem sie ihre Kleidung gut versteckt hatten, machten sie sich auf den Weg zum Schrein, von dem Rumiko gesprochen hatte. Da Shin und Seimei mit dem Feuerwerk zugange waren, würde er im Moment unbewacht sein es sei denn, Sakurako war dort und dann würde es weniger gut aussehen. Aber sie mussten es einfach riskieren. Wenn sie eine Chance hatten, ihre verlorene Zeit nachzuholen und endlich als Familie zu beginnen, dann waren sie bereit alles zu tun. Kapitel 15: Rettung ------------------- Geduckt schlichen sie von Laterne zu Laterne und von Baum zu Baum und schafften es unbemerkt bis ins Zentrum der Anlage. Von weitem konnten sie die anderen sehen, die jedoch viel zu abgelenkt waren um etwas zu bemerken. Akito und Misa hatten sich traditionell japanische Kleidung angezogen und versuchten sich gerade beim Origamifalten während Mello haushoch beim Schach gegen Near verlor und einen Wutanfall bekam. Nun ja, es war eben frustrierend nach all der Zeit immer noch die Nummer 2 zu sein und selbst militärische Erziehung konnte seinen Minderwertigkeitskomplex nicht zu hundert Prozent unterdrücken. Matt und sein Zwillingsbruder zockten zusammen Videospiele und Rebirth war voll und ganz auf das Feuerwerk konzentriert. Niemand würde ihnen Beachtung schenken, wenn er zusammen mit seiner Adoptivschwester in den Schrein schlich um nach einem Portal zu suchen. Was sie da machten, konnte ihnen gewaltig Ärger einbringen und wenn Beyond ehrlich war, hatte er ein klein wenig Angst davor, wie Shin und Seimei reagieren würden wenn sie hörten dass Beyond das Buch des Schicksals benutzen wollte. „Ich möchte nicht dass du Schwierigkeiten bekommst, wenn wir erwischt werden sollten. Ich kann auch alleine.“ „Beyond, langsam solltest du mich gut genug kennen um zu wissen, dass ich dich niemals im Stich lasse, egal was kommt. Wir beide stehen das zusammen durch.“ Sie sahen sich verstohlen um, dann schlichen sie zu einem großen Baum, der für sie beide Deckung genug bot. Nun wurde es etwas schwierig denn jetzt gab es keine Versteckmöglichkeiten mehr bis zum Schrein. Was sollten sie tun? „Entschuldigung?“ erschrocken fuhren sie zusammen und sahen Sakurako auf sie zukommen. „Darf ich fragen wo ihr hin wollt? Zum Schrein ist nämlich der Zutritt verboten.“ „Äh… also wir…“ begann Beyond zu stammeln und versuchte eine vernünftige Erklärung zu finden aber irgendwie kam ihm keine gute Idee. Rumiko nahm Beyonds Hand und ging langsam einen Schritt zurück, dann rief sie „Lauf!!!!“ und rannte in Richtung Schrein. Beyond versuchte ihr so gut es ging zu folgen und hörte hinter sich Sakurako, die ihnen irgendetwas zurief. Es dauerte nicht lange, da sahen sie am Ende des Flurs ein Portal, aus dem helles Licht drang. „Komm schon, es ist nicht mehr weit.“ „Sollten wir nicht mit Sakurako sprechen bevor…“ „Die wird uns ganz sicher umbringen“ unterbrach Rumiko ihn und zerrte ihn hinter sich her. „Also leg besser einen Zahn zu!“ „Wartet doch bitte“ rief Sakurako ihnen hinterher und machte einen Satz nach vorne. Plötzlich schwebte sie durch die Luft und wurde immer schneller. Verdammt, warum mussten diese beiden Gottheiten nur einen Geist als Diener haben? Plötzlich ließ Rumiko ihn los, sah ihn mit eiskaltem Blick an und stieß ihn zurück. Dann sprang sie ins Licht hinein und bevor Beyond ihr folgen konnte, schloss sich das Portal und Beyond fiel zu Boden. Keuchend stand er wieder auf doch er war zu erschöpft um vor Sakurako wegzulaufen, die vor ihm stehen blieb. Ihre Füße schwebten knapp 30cm über den Boden. Sie wirkte weder wütend oder enttäuscht sondern eher verwirrt. Langsam sank sie wieder runter, sodass sie wieder auf festem Boden stand und half Beyond hoch. „Was wolltet ihr hier eigentlich und warum seid ihr vor mir weggelaufen? Ich tu euch doch nichts.“ „Es war so…“ keuchte Beyond und versuchte wieder zu Atem zu kommen. „Rumiko und ich wollten zum Tempel des Leben… um Ashuras Buch des Schicksals zu benutzen. Wir wollten uns im Schrein nach einem Portal umsehen doch Rumiko war auf einmal ganz anders… sie hat mich einfach losgelassen und ist durchs Portal gegangen.“ „Wie anders?“ Nun war Sakurako besorgt. Sie kannte Beyond und Rumiko persönlich kaum aber sie wusste, dass Rumiko ihn niemals einfach zurücklassen würde. „Auf einmal fühlte ich wie ihre Hand eiskalt wurde. Ich konnte ihre alte Aggression und ihren Hass förmlich spüren und ich hatte zunächst Angst dass sie wieder in ihren alten Zustand verfällt. Da hat sie mich plötzlich losgelassen und ist verschwunden. Und ihre Augen… sie… sie…“ „Sie waren rot nicht wahr?“ Traurig nickte Beyond und senkte den Kopf. „Und ich hatte gehofft ich hätte endlich die alte Rumiko wieder.“ Sakurako legte einen Arm um seine Schulter und brachte ihn nach draußen, wo sie bereits von Shin und Seimei empfangen wurden. Sie hatten bemerkt dass irgendetwas nicht stimmte und während die Gruppe etwas weiter abseits saß und nichts zu bemerken schien, verschränkte Seimei die Arme. „Seimei, Shin… irgendetwas ist mit Rumiko passiert. Sie hat ihre Shinigamikräfte reaktiviert und ist durch das Portal in den Tempel eingedrungen. Sie will an Ashuras Buch.“ „Nicht doch…“ Seimeis verborgenes Auge leuchtete für einen Moment auf und zum ersten Mal zeichnete Entsetzen sein Gesicht. Er wandte sich an Shin. „Bring die anderen wieder nach Hause, ich werde mit Sakurako sofort zum Tempel gehen und Rumiko aufhalten. Beyond, du kommst mit. Als ihre wichtigste Bezugsperson hast du vielleicht Einfluss auf sie.“ Seimei nahm Beyonds Hand und als vor ihm ein Portal aus Licht erschien, eilte er hindurch und Beyond folgte ihm. Als Beyond die Augen öffnete, sah er eine Art riesigen Garten. Überall standen blühende Kirschbäume und andere Pflanzen und über sie war ein strahlend blauer Himmel. Vögel zwitscherten und vereinzelt waren Tiere zu sehen. Das war der Tempel des Lebens? Ja genau… da war doch irgendetwas. Er war hier gewesen aber aus irgendeinem Grund hatte er es völlig vergessen. „Sakurako, du gehst vor zum Schrein und bringst das Buch in Sicherheit.“ „Ich habe verstanden.“ Sakurako zog ein Schwert, auf welchem das Wort „Haru“ eingraviert worden war und fuhr mit ihrer Hand über die Klinge. Diese löste sich plötzlich in unzählige Kirschblüten auf und ein Sturm schien aufzuziehen. Ein Sturm von Kirschblüten wehte auf Sakurako zu und nahm die Form eines Drachen an. Das Geistermädchen sprang auf und in einer unglaublichen Geschwindigkeit flog das Ungetüm davon. „Seimei, was geht hier vor sich?“ „Für einen kurzen Augenblick habe ich die Zukunft gesehen. Ich sah Ashura, wie er das Buch an sich nahm und Katastrophen eure Welt verwüstet haben. Mir ist jetzt einiges klar geworden. Warum Fear sein verschollenes Auge besaß, warum Somarus Seele zerspalten wurde und welche Rolle Rumiko spielt. Ashura hatte das alles geplant und gewusst, wie es 600 Jahre später kommen würde. Dass ich das nicht früher erkannt habe…“ „Heißt das etwa, dass das gar nicht Rumiko war?“ „Der Shinigami in euch funktioniert wie eine Art Computervirus. Durch irgendetwas wird er aktiviert und da ihr die Reinkarnation von Ashuras Schüler seid, der selbst zur Hälfte Shinigami war, konnte er in gewisser Weise Einfluss auf euch ausüben und da Rumiko besonders anfällig ist, konnte er sie dazu benutzen, sie mit seinem abgrundtiefen Hass auf die Menschheit zu infizieren. Wenn wir uns jetzt nicht beeilen, dann wird Ashura die komplette Kontrolle über Rumiko erlangen und das Buch benutzen um sich an uns allen zu rächen.“ „Aber warum ist das nicht früher geschehen? Warum ausgerechnet jetzt?“ „Weil Rumiko Widerstand geleistet hat. Sie hat mit all ihrer Macht gegen Ashuras Einfluss gekämpft um die zu beschützen, die sie liebt. Sie wollte dich beschützen und Akito hat schließlich den Shinigami versiegelt. Doch dann ist dieses Siegel wieder aufgebrochen und Ashura hat Rumikos Verlangen nach einem Leben mit dir und Jamie ausgenutzt, um die Kontrolle über ihren Verstand zu bekommen.“ Sie rannten über einen mit Natursteinen gepflasterten Weg und Beyond konnte etwas weiter weg tatsächlich einen Schrein sehen. Dort wohnten also Shin, Seimei und Sakurako. Er sah alt aus und war im Gegensatz zu den Schreinen in Japan recht bescheiden und unauffällig und wirkte eher wie ein gewöhnliches Haus aus dem japanischen Mittelalter. Es gab daneben einen Teich und einen Zengarten. Sie sahen wie eine der Schiebetüren offen stand und der Drache aus Kirschblüten bäumte sich brüllend auf. Sie eilten den Flur entlang und kamen in den Innenhof, wo eine goldene Statue stand. In ihrer rechten Hand hielt sie eine Lotusblume und in der linken ein Schwert. Sehr interessant. Wenn sich Beyonds Wissen nicht täuschte, war das Schwert ein mehrdeutiges Symbol: Für Mut, Gerechtigkeit und auch für Tod während die Lotusblume ein Symbol für Reinheit, Schöpfung und Wiedergeburt, Weisheit und Erleuchtung war. Zu ihren Füßen stand ein Sockel, auf dem ein Buch lag. Es sah etwas ramponiert aus, wie ein Buch aus dem Antiquariat. Das also war es, das Buch des Gottes Ashura, der die Fähigkeit besessen hatte, das Schicksal zu bestimmen. Etwas weiter standen Rumiko und Sakurako. Rumiko hatte Ashuras Schwert „Satori“ in den Händen und wirkte völlig anders als sonst. Normalerweise ließ sie ihre Mitmenschen ihren tief verwurzelten Hass spüren und machte auch keinen Hehl daraus ihn auszuleben doch sie wirkte erschreckend ruhig und gelassen aber man spürte, dass eine unheimliche Kraft von ihr ausging. Ihr Blick war kalt und ausdruckslos und Beyond wollte zu ihr gehen, doch da hielt Seimei ihn zurück und ging selbst. „Ich hätte nicht gedacht dass wir uns noch mal gegenüberstehen würden, mein Bruder.“ Rumiko drehte sich um und als sie Seimei sah, der sein linkes Auge entblößte und ein Schwert zog, das mit smaragdfarbenen Symbolen verziert war und den eingravierten Namen „Chikara“ trug. Rumiko blieb jedoch recht unbeeindruckt. „Du sprichst mir aus der Seele. Es sind wirklich ungewöhnliche Umstände aber ich muss schon sagen, dass dir mein Auge wirklich gut steht. Ich hoffe du hast es auch klug eingesetzt.“ Ein verärgerter Unterton war nicht zu überhören und Seimeis Miene verfinsterte sich zusehends. Beyond kam auf Rumiko zu und nahm ihren Arm. „Rumiko, hör endlich auf mit dem Unsinn. Bitte hör auf damit, du machst alles nur noch schlimmer.“ „Und du bist er Bruder dieser Menschenfrau? Verstehe, du trägst auch ein Fragment in dir aber bedauerlicherweise hat es nicht wirklich funktioniert. Lediglich Dimitrij Ivanow hat neben Rumiko meine Erwartungen erfüllt aber dann ist er außer Kontrolle geraten und ist Amok gelaufen.“ „Du verdammter Scheißkerl, verschwinde sofort aus Rumikos Kopf oder ich werde…“ „Was?“ fragte Rumiko kalt und sah ihn hasserfüllt an. „Was willst du tun? Mich töten? Das kannst du schön vergessen, gegen mich hat ein Mensch wie du keine Chance. Alles was ich will ist das, was mir zusteht. Ich will meine Macht zurück die du mir genommen hast Seimei.“ „Wir hatten darüber gesprochen. Deine Macht war viel zu gefährlich für uns und auch für dich selbst.“ „Damit habt ihr mich aber als Bruder verraten und damit war ich kein Teil Henzais mehr.“ „Wer oder was ist Henzai?“ fragten Sakurako und Beyond und besonders zweiter war mit all diesen Begriffen völlig überfordert. Seimei überlegte wie er das am besten erklären sollte und hielt sein Schwert weiterhin auf Rumiko gerichtet. „Shin, ich und Ashura bildeten eine Einheit. Leben, Schicksal und Tod. Diese Einheit wurde von den Japanern Henzai genannt aber in den menschlichen Sprachen als „Allgegenwart“ verstanden. Diese Allgegenwart entzieht sich jeder Religion, ist aber dennoch ein fester Teil von ihr und keine dieser drei Einheiten funktionierte alleine. Da diese Einheit jedoch nicht fähig war mit anderen Lebensformen zusammen zu leben, entschloss Henzai sich dazu, sich in seine drei Formen zu spalten und daraus entstanden Shin, ich und Ashura. Ashura jedoch fand eine Möglichkeit, dass Schicksal so einzusetzen um Leben und Tod zu übergehen und das durften wir nicht zulassen. Deswegen nahmen wir ihm diese Kraft um das Gleichgewicht zu bewahren. Wir waren der Ansicht dass niemand, nicht einmal eine Gottheit das Recht habe, das Schicksal von anderen zu bestimmen. Zwar war es ein wichtiger Bestandteil, ebenso wie Leben und Tod aber da Ashura seine Macht zu seinen eigenen Zwecken missbrauchte, mussten wir sie ihm gewaltsam nehmen. Stattdessen gaben wir ihm als gleichwertigen Austausch dafür die Macht, den Verstand und das Unterbewusstsein zu lesen und zu beeinflussen sowie in die Zukunft zu sehen aber auch die hat er missbraucht. Ashura, du hast unschuldige Menschen für deine Zwecke manipuliert und ins Verderben gestürzt und du hast deinen eigenen Schüler manipuliert. Durch deine egoistischen Machenschaften bist du für die Auslöschung der Kami verantwortlich! Warum nur musstest du das tun? Warum hast du unsere Freunde, unsere Brüder und Schwestern umgebracht?“ Seimei, der sonst immer so gefasst war, war plötzlich völlig von der Rolle. Die Tatsache, dass er seinem verstoßenen Bruder gegenüberstand, der so viel Leid über die Welt gebracht hatte und sogar 600 Jahre nach seinem Tod immer noch weitermachte, war für jemanden wie Seimei, der versuchte immer die beste Lösung auf alles zu finden und niemandem von Grund auf feindlich gesinnt war, völlig unverständlich. Ashura, der Rumikos Verstand völlig unter Kontrolle hatte, verzog jedoch keine Miene. „Warum willst du wissen? Ich sage es dir: Ich sehe nicht ein warum ihr euch das Recht nehmt mir meine Macht zu nehmen und zulasst, dass immer eine Rasse weichen muss. Ständig sind es unsere Brüdern und Schwestern und Youkai, Oni und Naturgeister, die dem Untergang verdammt sind und Rassen wie der Menschheit weichen muss. Ich habe es vorhergesehen, dass unser Volk keine Zukunft hat und deswegen habe ich dafür gesorgt dass die Menschen keine Zukunft haben. Ich habe in den Kami die tief verborgene Finsternis freigesetzt, ihren Hass und ihre Wut und dadurch wurden sie zu etwas, das ihr Shinigami nennt. Sie sollten die Menschheit vollständig ausrotten aber dann habt ihr einen Krieg ausgerufen und du hast zusammen mit Shin und meinen ehemaligen Schülern die Kami ins Verderben geschickt. Mach mich nicht dafür verantwortlich, ich wollte unsere Rasse retten.“ Beyond hatte das Gefühl, ihm würde sich der Magen umdrehen. Ashura hatte vorgehabt, die gesamte Menschheit auszulöschen und hatte es immer noch vor und er, Rumiko, Fear und Rebirth waren sozusagen seine Versuchskaninchen? Nun wurde Seimei wütend und allein schon sein böser Blick machte Beyond Angst. „Du hast es bis heute nicht verstanden oder? Es ist nicht unsere Aufgabe zu bestimmen, wer leben darf und wer nicht und du vergisst, dass nicht nur die Kami unsere Schöpfung sind sondern auch die Menschen.“ „Und die Menschen sind primitiv und destruktiv. Sie zerstören ihre eigene Welt und sind uneins. Warum sonst gab es zwei Weltkriege und unzählige Massenmorde? Diese eingeschränkten Wesen sind sehr leicht manipulierbar sodass ich gar nicht erst ernsthaft zur Tat schreiten musste. Ich habe nur ein wenig Öl in die Flamme gegossen. Seimei, egal wie oft du versuchst mich ins Nichts zu schicken, es ist bereits zu spät. Mein Hass hat sich längst auf die Welt der Menschen verbreitet und ist in ihren Herzen tief verwurzelt. Um mich vollständig zu vernichten, müsstest du diese Welt auslöschen.“ Rumiko… nein, Ashura lachte herablassend und stieß Seimei beiseite um Beyond anzugreifen doch da fuhr der Kirschblütendrache herab und bildete eine Art Schutzmauer. „Rumiko!“ rief er und hielt sich schützend eine Hand vors Gesicht. Der Kirschblütentornado, der ihn umgab, war undurchdringlich aber er sah die Klinge des Schwertes, welches sich durch die Sturmwand kämpfte. „Rumiko, es tut mir leid was du wegen mir durchmachen musstest. Ich war ein schlechter Bruder und habe dich ungerecht behandelt. Ich weiß dass du mich hören kannst und ich will dir sagen, dass ich dir dankbar bin. Danke dass du all die Jahre auf mich aufgepasst hast, danke dass du mich vor Vater beschützt hast und ich bin dankbar dafür, dass ich eine Schwester wie dich habe. Mir ist es egal ob du adoptiert worden bist und wer deine richtige Familie ist, du wirst für mich immer meine große Schwester bleiben.“ „Du kannst reden soviel du willst“ rief Ashura von der anderen Seite und zog sein Schwert heraus als Seimei oder Sakurako angriff. „Du wirst ihr nicht helfen können. Die Finsternis in ihrem Herzen ist im Nichts gewachsen und niemand kann etwas dagegen tun. Sie hat dich nämlich belogen. Sie hat Jamie nicht gefunden und die Versiegelung begann daraufhin immer mehr zu brechen. Als sie das Nichts verlassen durfte um dich wiederzusehen, bekam sie große Angst wieder von dir getrennt zu werden und so konnte ich endgültig von ihrem Verstand Besitz ergreifen.“ „Aber warum sollte sie mich anlügen?“ „Weil sie wusste dass es dir nicht gut geht und sie wollte dich nur beschützen. Wie immer…“ Beyond hatte jetzt genug gehört. Er wollte zu Rumiko und dazu musste er durch diese Sturmwand hindurch. Als er die Hand hindurchstreckte spürte er wie die kleinen Blütenblätter wie Klingen über seine Haut schnitten. Doch das würde ihn jetzt auch nicht mehr aufhalten. Jahrelang war Rumiko für ihn da gewesen, jetzt brauchte sie seine Hilfe. Er zog sich die Kapuze über und ging gebeugt in diese tosende Sturmwand hinein. Er spürte einen unglaublichen Druck von der Seite, der ihn fast von den Füßen riss aber er gab nicht auf. Der Gedanke an seine Adoptivschwester, die all die Jahre in Einsamkeit gelebt hatte und selbst nach ihrem Tod noch einsam war, gab ihm die Kraft, jetzt alles zu geben um für sie zu kämpfen. „Dieses Mal werde ich es wieder gut machen. Das verspreche ich dir.“ Wie Rasierklingen schnitten die Kirschblüten in seine Kleidung, seine Hände und durch den starken Wind kam er kaum einen Schritt vorwärts. Dann aber mobilisierte er all seine Kraftreserven und schaffte es tatsächlich die Sturmmauer zu überwinden. Er fiel zu Boden und sah wie Seimei und Sakurako erbittert gegen Rumiko kämpften. Nein… es war nicht Rumiko sondern Ashura im Körper seiner Schwester. Seimei war inzwischen mit zwei Schwertern bewaffnet und wirkte noch nicht so als würde er bald schlappmachen und auch Sakurako und Ashura schienen noch nicht wirklich ernst gemacht zu haben. Zunächst bewegte sich niemand. Jeder schien auf die Reaktion seines Gegners zu warten um reagieren zu können aber dann machte Ashura den Anfang und zielte mit der Klinge direkt auf Seimeis Herz, doch der wehrte die Klinge ab und griff mit seinem zweiten Schwert „Aozora“ an. Sakurako griff von hinten an und Beyond sah es vor sich dass seine Schwester noch einmal sterben würde und das würde er sich niemals verzeihen können. „Aufhören!“ rief er und stieß sie beiseite. „Hört auf damit! Ich lasse nicht zu dass sie ein zweites Mal stirbt.“ „Beyond, das da ist nicht mehr Rumiko sondern Ashura. Wenn wir ihn nicht aufhalten, wird er die Welt der Menschen ins Chaos stürzen und sie alle auslöschen. Wir können das nicht zulassen.“ „Aber Rumiko ist auch noch in diesem Körper. All die Jahre war sie einsam und es war meine Schuld. Ich will nicht noch mal den gleichen Fehler begehen.“ „Beyond, wenn du jetzt nicht aus dem Weg gehst, müssen wir euch beide töten.“ Sakurako hatte Tränen in den Augen aber sie wusste, was Ashura angerichtet hatte und dass sich diese Katastrophe niemals wiederholen durfte. Wenn dadurch die Welt der Menschen gerettet werden konnte, dann musste sie zwei Leben dafür opfern. Eine schreckliche Aufgabe für jemanden, der selbst aus egoistischen Gründen geopfert wurde. „Dann macht doch! Bringt mich doch um, ich lasse Rumiko nie wieder alleine. Das habe ich ihr versprochen und ich werde mein Versprechen einhalten.“ Seimeis Blick war traurig und er steckte beide Schwerter wieder ein. „Es tut mir aufrichtig leid… Aber du musst verstehen dass wir eure Welt nur beschützen wollen. Ich werde es auch schnell und schmerzlos machen.“ „Seimei, dazu hast du doch nicht die Kraft!“ „Um das Leben zu beschützen muss man manchmal auch welches beenden.“ Plötzlich trat schwarzer Nebel um Seimei auf und färbte seine Kleidung schwarz. In seiner Hand erschien Shins Sense. „Wenn ich seine Kraft brauche, wird er mir sie geben und wenn Shin meine Kraft benötigt, kann er jederzeit über sie verfügen. Wir sind Teil einer Person und können über die Kraft des anderen verfügen wenn wir sie brauchen.“ Beyond konnte nicht fassen was gleich geschehen würde aber er war entschlossen jetzt für seine Schwester da zu sein. Mit Tränen in den Augen nahm er seine Schwester in den Arm und drückte sie fest an sich. „Ich liebe dich“ flüsterte ihr ins Ohr und er spürte, wie Rumiko wieder zu sich kam und seine Umarmung erwiderte. „Egal was kommt… du bleibst meine Schwester und dieses Mal werden wir gemeinsam gehen.“ „Nein Beyond, du darfst nicht sterben. Du musst für mich weiterleben!“ „Ich will nicht länger von dir getrennt sein mit dem Wissen, dass du ganz alleine bist.“ „Es tut mir alles so leid“ schluchzte sie und ließ das Schwert fallen. Beide schlossen die Augen und warteten auf den Sensenschlag, der sie beide töten sollte. Doch stattdessen breitete sich um sie ein gleißendes Licht aus und ein starker Wind wehte von allen Seiten her. Rumiko schrie auf, krallte ihre Hand in die Brust wo ihr Herz war und schien starke Schmerzen zu haben. Sie rang nach Luft und bäumte sich auf und dann sah er etwas Unfassbares: In Rumikos Brust war plötzlich ein Licht zu sehen und trat langsam aus ihrem Körper heraus. Bei ihm war das Gleiche und von überall her versammelten sich kleine Lichter und verschmolzen miteinander. Aus dem Licht kam eine Person zum Vorschein, ein Mann von ungefähr 30 bis 35 Jahren, langem schwarzen Haar in Samuraikleidung. Seine Augen waren dunkel, matt und eiskalt. Ashura, ging es Beyond durch den Kopf und half Rumiko hoch, deren Zustand sich wohl gebessert hatte. War diese Person wirklich Ashura? Dieser schien verwirrt zu sein und sah sich um. „Wie kann das sein? Wie kann ich plötzlich diesen Körper verlassen?“ Er packte sein Schwert und wollte angreifen, da wurde er von hinten gepackt und festgehalten. Rumiko und Beyond konnten sein Gesicht zwar nicht erkennen, sahen aber schwarze Schwingen und eine Hand, die Ashura festhielt, erinnerte an die eines Shinigami während die andere vollkommen menschlich war. „Somaru, lass mich los“ rief Ashura und versuchte sich zu befreien doch dann wurde es dunkel um sie herum und aus der Finsternis schossen Ketten hervor, die beide umschlungen. „Ich dachte du würdest es verstehen. Du selbst hast gesagt dass du nicht länger unter den Menschen leben kannst.“ „Das schon aber nur weil du mich verraten hast! Mich, meinen Bruder, unsere ganze Familie und auch dich selbst. Ich werde nicht zulassen dass du die beiden hier tötest!“ Die Shinigamihand wanderte zu Ashuras Arm, der immer noch sein Schwert in der Hand hielt und bohrte seine Krallen hinein. Ashura verzog das Gesicht und ließ sein Schwert los, welches zu Boden fiel. „Los macht schon“ rief die Gestalt, die Ashura fest im Griff hielt. „Ihr müsst sein Herz durchbohren, nur so wird er endlich verschwinden.“ „Aber dann würden wir dich auch…“ „Das ist mir egal. Ich werde Ashura mit ins Nichts ziehen und dafür sorgen, dass er auch dort für immer bleibt. Ich werde nicht zulassen, dass seinetwegen noch mehr Menschen oder Kami sterben müssen. Und könnt ihr mir noch einen letzten Gefallen tun? Sagt Seimei, Shin und meinem Bruder, dass unsere Rückkehr bereits im Gange ist. Unsere neue Heimat wird Anderwelt heißen. Und jetzt macht schon.“ Rumiko hob das Schwert auf und hielt es zusammen mit Beyond fest. Sie sah ihn kurz an mit ihren menschlichen Augen, dann führten sie gemeinsam den Todesstoß durch. „Satori“ durchbohrte Ashuras Herz und das von seinem Schüler, dann löste sich alles auf. Sie fanden sich im Tempel wieder wo sich gerade Sakurako um den bewusstlosen Seimei kümmerte, der inzwischen seine alte Gestalt wieder hatte und wurden von Shin in Empfang genommen. „Rumiko, Beyond… wo wart ihr denn? Ihr seid auf einmal verschwunden.“ „Das wissen wir auch nicht so genau. Auf einmal war da Ashura und so ein Kerl namens Somaru, der hat uns geholfen Ashura zu töten.“ „Somaru? Ihr habt Somaru getroffen?“ In Shin war plötzlich eine Gefühlsregung zu sehen, die Beyond noch nicht bei ihm gesehen hatte. Seine Augen leuchteten auf und er schien von längst vergessenen Gefühlen ergriffen zu sein. „Ja, er sagte er würde dafür sorgen dass Ashura im Nichts bleibt etwas davon dass die Rückkehr bereits im Gange ist und etwas von einer neuen Heimat namens Anderwelt.“ Auf einmal wirkte Shin nicht mehr wie ein gleichgültiger und gefühlsloser Kami, der nur den Tod brachte und sich von allen distanzierte sondern wie ein gewöhnlicher Mensch. Seine sonst so kalten schwarzen Augen hatten plötzlich Wärme und glänzten vor Tränen. Er weinte vor Freude…. „Shin, was ist denn los?“ fragte Sakurako und eilte auf ihn zu. Dieser nahm sie fest in den Arm. „Somaru sagte dass unsere Brüder und Schwestern zurückkehren. Bald werden wir sie alle wieder sehen. Hina, Shiki, Hyo, Tetsu und die anderen. Und eines Tages auch Somaru und Sosuke.“ Als Sakurako das hörte, brach sie in Freudengeschrei aus und umarmte Shin. Schon seltsam, sie selbst war kein Kami aber sie sah diese wohl als ihre Familie an. Eigentlich war es ja mehr als verständlich, denn 600 Jahre hatte sie bei ihnen gelebt und kaum Kontakte zu den Menschen gehabt. Und außerdem waren es auch die Menschen, die sie getötet hatten. „Wie kann es denn sein dass die Kami das Nichts verlassen können?“ fragte Rumiko, die sich erst mal von dem ganzen Stress erholen musste und sich auf die Treppe setzte. Shin trug Sakurako auf, sofort den besten Sake zu bringen und setzte sich zu ihr und Beyond. „Als viele der Kami starben, war der Tempel noch nicht verschlossen und so gingen sie in die Unterwelt. Von dort aus ist es ihnen wohl irgendwie gelungen, in eine andere Welt überzugehen, die Anderwelt genannt wird.“ „Und was genau ist Anderwelt?“ „Es ist ein Ort, der eurer Welt recht ähnlich ist. Dort leben ebenfalls Menschen und Wesen, die in eurer Welt schon seit Jahrhunderten nicht mehr existieren. Viele flohen zu Lebzeiten dorthin während andere geblieben sind um ihre Heimat zu verteidigen. Dass ich jetzt erfahre, dass ich sie alle bald wieder sehen darf, ist für mich das schönste Geschenk, was man mir jemals machen konnte.“ Als Sakurako den Sake brachte, war Seimei bereits wieder bei Bewusstsein und nahm die Nachricht über die baldige Rückkehr der Kami genauso emotional auf wie sein Bruder und war in richtiger Feierstimmung. Rumiko sah Beyond an und schien etwas verwirrt zu sein. „Beyond, irgendetwas stimmt mit deinen Augen nicht.“ „Was ist mit ihnen?“ „Sie sind nicht mehr rot. Sie sind schwarz…“ „Und deine sind auch wieder blau. Was hat das zu bedeuten Shin?“ Shin, der gerade in einem Zug eine ganze Flasche Sake leerte und noch nicht einmal im Entferntesten den Eindruck machte, ihm würde der Alkohol zu Kopf steigen, sah die beiden prüfend an und untersuchte besonders die Augen, dann legte er eine Hand auf Beyonds Stirn. „Es scheint wohl so als hätte Somarus Seelenfragmente eure Körper verlassen. Da ihr somit auch keinen Shinigamiteil mehr in euch trägt, seid ihr jetzt ganz normale Menschen und das Gleiche gilt auch für Rebirth.“ Wie bitte? Sie waren keine Shinigamikinder mehr sondern ganz normale Menschen? Sie würden sich nicht mehr von ihnen unterscheiden und das Gefühl haben, Freaks oder Außenseiter zu sein? „Das ist doch schön Beyond“ meinte Rumiko schließlich und umarmte Beyond. „Jetzt können du und Rebirth endlich ein Leben als normale Menschen leben ohne jemals wieder zu wissen, wann jemand sterben wird.“ „Was? Nur die beiden alleine?“ fragte Seimei schließlich und reichte ihnen ebenfalls Sake, den sie aber dankend ablehnten. „Entschuldige meine Liebe, aber dank Ashuras Spielchen hast du jetzt einen funktionsfähigen Menschenkörper und in so einem Zustand können wir dich weder in der Unterwelt noch im Nichts gebrauchen. Also ich glaube da hast du etwas in den falschen Hals gekriegt.“ Seimei zwinkerte ihr grinsend zu und kicherte. Rumiko hingegen glaubte zunächst an einen sehr schlechten Scherz aber dann brach sie in Tränen aus und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Auch Beyond konnte es einfach nicht fassen und schloss Rumiko in die Arme. „Das ist ein ganz schlechter Witz.“ „Es ist aber kein Witz“ beteuerte nun Sakurako, die nun geblieben war und von diesen emotionalen Momenten sehr ergriffen war. „Du hast einen neuen Körper mit dem du weiterleben kannst Rumiko. Dadurch hast du eine zweite Chance bekommen. Du kannst ein neues Leben anfangen.“ Rumiko konnte immer noch nicht fassen was sie da gerade hörte. Sie durfte wieder leben? Sie bekam endlich die Chance, ein Leben an der Seite ihres Bruders zu führen? Der Gedanke schien ihr zu schön um wahr zu sein. Seit Jamies Tod war sie immer nur alleine gewesen, weil sie nur auf diese Weise ihren Bruder und die anderen beschützen konnte und selbst nach ihrem Tode war sie viel alleine gewesen und jetzt auf einmal sollte sich alles ändern? „Bitte sagt mir dass es weder ein Traum noch eine Wahnvorstellung ist.“ „Es ist die Wahrheit und nur die Wahrheit“ beteuerte Seimei und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Auch wenn Ashura viel Grausames getan hat und unzählige Leben ausgelöscht oder zerstört hat, so hat er letzten Endes dein Leben zum Besseren wenden können, genauso wie das von Rebirth und deinem lieben Bruder hier.“ Auch Shin schien sehr zufrieden mit dieser Wendung zu sein und zum ersten Mal sahen Beyond und Rumiko ihn von Herzen lächeln und es war genau das gleiche Lächeln wie Seimeis. „Und als einzig wahre Gottheit des Todes versichere ich euch, dass euch mit dieser Schicksalswendung noch ein recht langes Leben beschert ist. Und falls es mal soweit sein sollte, komm ich euch persönlich besuchen.“ „Hey, mal nicht den Teufel an die Wand mein Lieber.“ Seimei lachte und schien schon erste Anzeichen zu haben dass er angetrunken war und trank die Flasche ganz aus. „Ich würde jetzt vorschlagen dass wir jetzt erst mal aufräumen. Da Ashura endlich tot ist, hat der Fluch, der auf dem Buch des Schicksals liegt, seine Wirkung verloren und wir sorgen jetzt dafür, dass dieses verfluchte Ding verschwindet. Sakurako, du bereitest alles für unsere kleine Privatfeier vor und Shin, macht es dir etwas aus die beiden nach Hause zu bringen?“ Seine Fahne konnte man bis hierher riechen aber er machte keine Anstalten, mit dem Trinken aufzuhören. In Nullkommanichts hatte er die zweite Flasche geleert und trotzdem war er noch nicht total betrunken, eher angeheitert. Ob er überhaupt jemals betrunken war? Shin jedenfalls hatte noch nicht viel getrunken was wieder einmal zeigte, dass er sich in einigen Dingen von Seimei unterschied. Dieser erhob sich nun und half Beyond und Rumiko hoch. „Ihr seid sicher erschöpft von all den Strapazen der letzten Zeit und die anderen sind bereits wieder bei dir zuhause und schlafen nichts ahnend.“ „Wie können wir euch nur jemals danken?“ „Du brauchst uns nicht zu danken. Wir haben nichts Besonderes getan und ehrlich gesagt gönnen wir euch dieses Glück von ganzen Herzen. Was übrigens Jamie angeht: Ich habe ihm bescheid gesagt und er sagte, dass er sich für dich freut, dass du noch mal eine Chance bekommst. Er wird sehr gerne auf dich warten.“ Vor Shin öffnete sich ein schwarzes Loch, durch welches zuerst er hindurch ging, dann gingen Beyond und Rumiko. Kapitel 16: Alltag ------------------ Als Beyond am nächsten Tag aufwachte, hatte er Kopfschmerzen und das Gefühl, ziemlich schlecht geschlafen zu haben. Durch seine eher unbequeme Schlafposition war sein Arm taub und er war total verschlafen. Mist, dachte er und schlurfte ins Badezimmer. Schon wieder so ein verschissener Traum. Kaum hatte er das Bad betreten, rutschte er auf der Seife aus, die irgendjemand hatte liegen lassen und fiel auf dem Rücken. „Hey Alter, alles okay bei dir?“ Matt war stand im Türrahmen und trug einen Zelda-Pyjama. Er half dem Gestürzten hoch und räumte die Sturzfalle weg. „Hast du auch so schlecht geschlafen?“ „Ja und mein Tag fängt schon beschissen an. Mein Kopf tut weh und mein Rücken jetzt auch.“ Matt brachte ihn erst mal in die Küche, kochte einen Kaffee und gab ihm erst mal eine Schmerztablette. Mello und Misa waren auch bereits wach und schienen einen Kater zu haben. Akito war am Tisch sogar eingeschlafen und hatte sich an seine Mutter gelehnt. Auch sie waren alle noch im Pyjama und hatten schlecht geschlafen. „Kann sich irgendeiner noch daran erinnern was letzte Nacht passiert ist?“ fragte Mello und schüttete sich eine Tasse Kaffee ein. „Nein, ich erinnere mich nur noch wie wir am Feuer gesessen haben aber das war’s auch schon“ murmelte Misa und fuhr sich mit ihren dünnen Fingern durchs Haar. „Aber das kann auch an den Alkohol liegen. Akito beschwerte sich gerade wegen meiner Fahne.“ „Mum, kann ich wieder ins Bett?“ Nun war der Kleine wieder aufgewacht und er hatte gerötete Augen. Seine sonst immer so ordentlich frisierten Haare waren völlig zerzaust und er hatte Augenringe. „Na klar mein Schatz, ich bring dich wieder ins Bett.“ Misa nahm ihren Sohn auf den Arm und brachte ihn weg. Beyond machte ihr Platz und setzte sich schließlich auf einen der freien Stühle. Er nahm die Tageszeitung und las oberflächlich die Neuigkeiten des Tages, zumindest versuchte er es denn auf einmal wirkten die Druckbuchstaben kleiner als sonst. Seltsam, normalerweise hatte er nie Probleme mit dem Lesen gehabt aber jetzt auf einmal musste er seine Augen anstrengen um die Artikel zu lesen. Er hielt die Zeitung näher ran und verengte seine Augen zu Schlitzen. „Alles in Ordnung bei dir?“ fragte Mello, der sich Milch und Zucker in den Kaffee schüttete und einen Schluck trank. „Ich weiß auch nicht“ murmelte Beyond und hielt die Zeitung noch näher an sein Gesicht. „Irgendwie habe ich Schwierigkeiten, die Buchstaben zu erkennen.“ „Vielleicht liegt’s daran, dass du noch nicht ganz wach bist. Das wird schon noch.“ Doch egal wie oft sich Beyond die Augen rieb oder blinzelte, irgendetwas stimmte an seinen Augen nicht und er wusste nicht warum. Eigentlich hatte er dank seines Shinigamiaugenlichts… Moment mal, da war doch was. Er sah Mello an und versuchte sich zu konzentrieren aber egal was er machte, er konnte weder seinen Namen noch seine Lebenszeit erkennen. „Leute, ich habe mein Shinigamiaugenlicht verloren.“ „Wie jetzt? Das geht so einfach?“ fragte Matt und sah sich Beyonds Augen genauer an. „Jetzt wo du es sagst, du hast keine roten Augen mehr. Steht dir ehrlich gesagt auch besser so.“ „Aber es muss doch eine Erklärung geben“ gab Mello zu Bedenken, der es ebenfalls seltsam fand, dass sich über Nacht Beyonds Shinigamiaugenlicht einfach so verabschiedet hatte. „Hast du wirklich keine Erinnerungen? Ist irgendetwas passiert?“ „Ich weiß nur dass ich geträumt habe dass wir alle von zwei Kami zu einer Feier eingeladen worden waren und Rumiko dann durch ein Portal in den Tempel des Lebens gegangen ist um ein Buch zu stehlen, mit welchem man das Schicksal beherrschen kann. Sie wurde von irgendeinem Kerl namens Ashura kontrolliert und dann setzt es bei mir aus.“ Mello dachte angestrengt nach und versuchte die Erinnerungen an die letzte Nacht wachzurufen aber auch er schien irgendwie einen Blackout zu haben. „Ich kann mich nur noch an ein Loch in der Wohnzimmerwand erinnern.“ Das Loch, ja genau das Portal! Durch das sind sie ja in diese eine Welt gekommen, wo sie ihre Freunde wiedergetroffen haben. Aber sicherlich würde das auch nicht mehr da sein, da verwettete Beyond seine Lieblingsmarmelade. Nach zwei Tassen Kaffee versuchte er wieder, die Zeitung zu lesen aber leider waren die Buchstaben immer noch unscharf. Misa reichte ihm ein kleines Brillenetui. „Versuch mal mit einer Lesebrille.“ Doch der 26-jährige zögerte aber dann holte er die Brille heraus, setzte sie auf und musste feststellen, dass er tatsächlich wieder besser sehen konnte. „Ich glaub’s einfach nicht. Da hat sich über Nacht einfach mein Shinigamiaugenlicht und meine Sehkraft verabschiedet. Ich glaub ich mach mal einen Termin beim Augenarzt. Da ist doch echt was faul.“ Zum Glück war heute nicht viel los sodass er direkt einen Termin bekam und Matt begleitete ihn, da er es ja selbst von dieser Augenarztprozedur kannte, dass man nach den Augentropfen überhaupt nichts mehr sehen konnte und mit den geweiteten Pupillen wie jemand auf einem Drogentrip aussah. „Falls jemand namens Jenny Wilcos aus dem Buchladen anruft, sagt ihr bitte dass ich einen dringenden Augenarzttermin hab.“ Da Beyond kein Auto besaß, nahmen sie den Bus. Es war nicht so dass er aus finanziellen oder umweltbedingten Gründen kein Auto kaufen wollte, er war einfach kein Autoexperte und in dieser kleinen Stadt lohnte sich so eine Anschaffung sowieso nicht. Alle wichtigen Adressen waren mit dem Bus erreichbar und auch der Buchladen war nicht sehr weit. Zudem gab es sehr viele Einbahnstraßen und viele Wege, die nicht mit dem Auto erreichbar waren. An der vierten Haltenstelle stiegen sie aus und sahen direkt schon die Praxis von Dr. Newman. „Zu dem bin ich schon gegangen seit ich klein war. Der kennt also meine Vorgeschichte.“ Nach zweimaligem Klingeln wurde die Tür geöffnet und sie wurden freundlich von einer Sprechstundenhilfe empfangen. „Bitte kommen Sie direkt durch. Dr. Newman erwartet Sie bereits.“ „Wow, noch nicht einmal Wartezeiten?“ „Das ist eben eine sehr kleine Stadt“ erklärte Beyond und folgte der Sprechstundenhilfe. „Hier gibt es weniger Patienten als in der Großstadt und dafür sind die Wartezeiten sehr kurz.“ Dr. Ryan Newman war ein Mann, der kurz vor der Rente stand. Sein Haar, zumindest das was noch geblieben war, war schneeweiß und seine Falten waren zum Teil bereits Schluchten. Trotz seines stolzen Alters von fast 73 Jahren war er immer noch fit genug um weiterzuarbeiten und war immer offen für die neuesten Behandlungsmethoden. Er trug den typischen Ärztekittel, war selbst Brillenträger und erfüllte vom Charakter her die Erscheinung eines typischen Großvaters. Tatsächlich hatte er drei Söhne, von denen zwei ebenfalls die Ärztelaufbahn eingeschlagen hatten und fünf Enkel. Die Sprechstundenhilfe zum Beispiel war seine älteste Enkelin und hieß Katherine Newman und würde zusammen mit ihrem Vater die Praxis übernehmen wenn der Zeitpunkt gekommen war. Dr. Newman duzte Patienten für gewöhnlich, die er schon seit Jahren behandelte und viele kannte er bereits von klein auf. „So, wo drückt denn der Schuh mein Junge?“ fragte er und wies Beyond auf den Patientenstuhl. „Der Schuh nicht aber irgendetwas stimmt mit meinen Augen nicht. Ich habe Kopfschmerzen und erhebliche Probleme die Zeitung zu lesen. Eine Freundin hat mir schließlich eine Lesebrille geliehen.“ „Und mit der ging es besser? Tja, eigentlich ist so etwas eher ungewöhnlich. Ich würde erst einmal eine Untersuchung auf Augenkrankheiten machen.“ Beyond ging die gesamte Prozedur durch aber eine wirkliche Ursache konnte sich nicht finden. Nach einer eineinhalbstündigen Behandlung und zwei Augentropfendosierungen wurde das Urteil schließlich gefällt: Beyond litt unter Kurzsichtigkeit. Zwar war sie nicht besonders schwerwiegend aber trotzdem riet Dr. Newman ihn zu einer Brille. „Wenn du keine Brille möchtest mein Junge, dann bleiben dir noch die Alternativen, dass du Kontaktlinsen nimmst oder es gibt die Möglichkeit einer Laserbehandlung.“ „Nein danke, ich belasse es bei einer Brille. Ist zwar nicht wirklich das, was ich mir gewünscht habe, aber ich traue dieser Laserbehandlung nicht.“ „Und wegen der Augentropfen: Kein Auto, kein Fahrrad oder Motorrad fahren. Keine schweren Maschinen bedienen. Die Pupillenerweiterung wird noch am nächsten Tag zu sehen sein aber bis dahin wird sich deine Sehkraft wieder bessern. Katherine wird dir die nötigen Unterlagen geben.“ Mit einem Händedruck verabschiedete sich Beyond und musste wirklich aufpassen wo er hinging. Alles, wirklich alles wirkte total verschwommen und er erkannte nicht einmal Matts Gesicht als er vor ihm stand. „Alles klar bei dir?“ fragte dieser und nahm für ihn die Unterlagen der Sprechstundenhilfe entgegen. Beyond konnte sowieso nicht erkennen, was da alles drauf stand. „Nicht wirklich. Ich erkenne nicht einmal meine Hand vor Augen und ich muss ne Brille tragen.“ „Meine Güte, dein Tag fängt ja echt mies an. Jetzt kann es eigentlich nur noch besser werden.“ Dem musste Beyond zustimmen. Zuerst wachte er mit Schmerzen auf, dann rutschte er im Badezimmer aus und musste jetzt auch noch eine Brille tragen. Wenn es einen Gott gab, dann war er ein mieser kleiner Sadist. „Nimm’s locker, die Mädels stehen auf Brillenträger.“ „Wenn dem so wäre, dann hättest du längst eine Freundin.“ Der Punkt ging an Beyond und so gingen sie zur Bushaltestelle wo sie feststellen mussten, dass sie den letzten verpasst hatten. Was für ein Scheißtag, dachte Beyond und merkte schon, wie die schlechte Laune bei ihm wuchs. Warum nur musste heute alles nur so schief laufen? Da sie eine halbe Stunde warten mussten, bis der nächste Bus kam, schlug Matt vor die Wartezeit damit zu vertreiben, nach einer passenden Brille zu suchen. „Matt, nur mal so zur Info: Ich sehe überhaupt nichts!“ „Mach dir keine Sorgen, ich kenn mich mit so etwas aus und ich hab da auch schon eine gute Idee was für ein Modell zu dir passen sollte.“ Nur widerwillig ließ sich Beyond in das Brillengeschäft nebenan schleifen und musste mehr oder weniger hilflos mit ansehen, wie Matt den Verkäufer bequatschte und sich eine Brille nach der anderen zeigen ließ. Wäre er heute doch nur länger im Bett geblieben, dann wäre er jetzt nicht so müde und sein Tag wäre vielleicht etwas besser verlaufen. Okay, das mit der Brille wäre so oder so gekommen und ehrlich gesagt fand er es auch nicht sonderlich tragisch jetzt zum Club der Brillenträger zu gehören aber die schlechte Laune blieb und die kam vom mangelnden Schlaf. Als er ungefähr zehn Brillen ausgetestet hatte, entschied Matt für ein sehr dezentes Modell in dunkelgrau mit rostfreien Metallbügeln. „Das passt echt gut zu dir. Sagen Sie, wie lange dauert es bis die Gläser eingesetzt sind?“ Der Verkäufer, ein etwas übergewichtiger Mann mit gepflegtem Bärtchen und kurzem brünetten Haarschnitt, sah sich das Rezept des Augenarztes an und überlegte. „Ich schätze mal ich werde spätestens um 16 Uhr damit fertig sein, dann können Sie die Brille abholen und dann wird sie noch passend einstellen.“ „Meine Güte, in diesem kleinen Städtchen geht alles ziemlich schnell.“ „Wir legen hier sehr großen Wert darauf, dass die Arbeit schnellstmöglich erledigt wird damit Kunden nicht länger als nötig warten müssen. Und viele der Geschäfte sind seit Generationen Familienbesitz. Das gilt für die Arztpraxen, den Kiosk, die Bäckerei, die Konditorei das Kino und unter anderem auch unser Brillengeschäft. Mein Großvater hat es eröffnet. Sie kommen wohl nicht von hier oder?“ „Nee, ich bin in einem Vorort von San Francisco aufgewachsen und habe lange Zeit in L.A. verbracht. Ich hab also keine Gelegenheit gehabt, die abgelegenen Städtchen und Provinzen zu besuchen.“ Der Verkäufer musterte ihn prüfend und runzelte die Stirn. Anscheinend hatte er schon zuvor geahnt, dass Matt ein Kind der Großstadt war denn in den Dörfern und kleinen Städten weitab der Highways trug man eher biedere Kleidung und Matt fiel daher auf wie ein bunter Hund. „Es gibt bei uns so genannte ungeschriebene Traditionen und dazu gehört unter anderem, dass die Kinder den Betrieb ihrer Eltern übernehmen. Die Bäckerei zum Beispiel ist seit 1859 in Familienbesitz.“ „Und die andere Tradition ist, dass sich die Hobbyangler jeden Freitag an diesem See treffen. Davon haben wir auch gehört aber warum ausgerechnet an diesem Tag?“ „Unsere Stadt war früher streng katholisch und zu dem Zeitpunkt war es Brauch, an diesem Tag angeln zu gehen weil freitags Fisch auf dem Speiseplan steht. Man angelt sozusagen für den nächsten Freitag und dieser Brauch hat sich bis heute nicht geändert.“ Matt klang interessiert und hörte dem Verkäufer aufmerksam zu. „Und was hat es mit dieser Hütte auf sich?“ Sofort verlor das Gesicht des Verkäufers jegliche Farbe und er schien vor irgendetwas Angst zu haben. „Da ist nichts mit der Hütte und bitte fragen Sie mich nicht weiter. Da ist auch nichts Besonderes am See oder in der Hütte gewesen.“ Matt war verwundert über diese plötzlich abweisende Reaktion des Verkäufers und wollte noch etwas sagen, da packte Beyond ihn am Arm und zerrte ihn raus. Die Glastür fiel leise zu und der Verkäufer sah ihnen misstrauisch hinterher. „Was sollte das denn gerade?“ fragte Matt und ging mit Beyond zurück zur Bushaltestelle. „Der war ja seltsam drauf. Als ob der vor irgendetwas Schiss hat.“ „Die ganze Stadt hat Angst. Sie wissen was damals passiert ist und jetzt, da Jamies Leichnam aufgefunden wurde, haben die Leute Angst davor, dass sich so etwas wiederholen könnte. Deswegen bewahren sie Stillschweigen über damals und tun so als wäre nichts gewesen.“ „Aber macht dich das nicht wütend? Immerhin hast du eine echte Horrorkindheit gehabt und alle haben das ignoriert. Und jetzt machen sie das immer noch.“ Etwas gleichgültig zuckte Beyond seufzend mit den Schultern. „Das ist die Moral der Leute. Dinge, die für sie unangenehm werden könnten, blenden sie einfach aus. Zunächst haben sie auch um mich einen großen Bogen gemacht bis sich der alte Ortega für mich eingesetzt hat. Juan Ortega ist der ehemalige Friedhofswärter und kennt mich, Rumiko und auch Jamie sehr gut und genießt hohes Ansehen. Auf ihn hören die Leute wenigstens.“ „Von dem hab ich irgendwie schon mal was gehört.“ „Rumiko ist vor einiger Zeit, bevor sie in Japan als Musiklehrerin angefangen hat, hierher zurückgekehrt als Juan in Rente ging und nicht mehr sein Haus finanzieren konnte. Sie hat daraufhin die Kosten fürs Altersheim aufgenommen und seinen Floridaurlaub finanziert als Dank dafür, dass er so gut zu ihr war als alle sie wie ein Monster behandelten. Er war auch bei der Beerdigung von Rumiko und Jamie dabei gewesen.“ Matt brauchte eine Weile bis er sich an den Kerl erinnern konnte. Es war ein Mexikaner gewesen, ungefähr 70 Jahre alt und mit Strohhut. Matt hatte sich bei der Beerdigung schon gefragt, wer der alte Mann gewesen war aber wenn er ein Bekannter von Beyond, Rumiko und diesem Jamie war, dann ergab es schon einen Sinn. „Juan ist vor Jahrzehnten als illegaler Einwanderer hierher gekommen und hat schnell die ganze Stadt auf seine Seite gebracht, die seine Auslieferung verhindert haben. Juan ist ein sehr engagierter und gutherziger Mensch ohne Vorurteile und er wird ständig um Rat gefragt. Dabei konnte er weder lesen noch schreiben als er hierher kam und sein Englisch war mehr als miserabel.“ „Als was hat er denn dann gearbeitet?“ „Keine Ahnung. Bis heute hat er niemandem etwas erzählt, aber er hat einige seltsame Tätowierungen an den Armen. Vielleicht hat er mit Drogen zu tun gehabt…. Jedenfalls hat er sich, als er hierher kam, noch ein Tattoo verpasst: Never knows best. Keiner weiß so richtig, was das bedeuten soll…“ Schweigend zündete Matt sich eine Zigarette an während sie auf den Bus warteten. Eine ganze Weile warteten sie ohne dass etwas geschah, dann aber ertönte ein lauter Mädchenschrei und Matt erschrak. „Was war das denn?“ „Sorry, hab vergessen den Klingelton zu ändern.“ Aus seiner Hosentasche holte Beyond sein Handy raus und tatsächlich schien dies die Ursache des markerschütternden Mädchenschreis zu sein. Nach ein wenig Suchen fand er den Knopf um das Telefonat anzunehmen. „Beyond Birthday, wer spricht da? Jenny, was gibt es? Ja ich komm gerade vom Augenarzt. Nein, es ist nichts Ernstes aber wie es aussieht, werde ich wohl eine Brille brauchen. Ist irgendetwas Bestimmtes? Was? Jemand hat sich für die Stelle beworben? Gut, sag dass ich mich morgen darum kümmern werde. Heute kann ich leider nicht viel tun weil ich wegen der Pupillenerweiterung kaum etwas sehen kann. Ja, ich werde morgen wieder im Laden sein. Falls du noch Fragen hast, kannst du mich jederzeit anrufen. Ja, bis morgen.“ „Geht’s um deinen Laden?“ fragte Matt neugierig und blies eine Nikotinwolke aus. „Ja, Jenny Wilcos arbeitet als Buchhändlerin bei mir und kümmert sich in meiner Abwesenheit um den Laden. Da die Arbeit zu zweit trotzdem schwer zu bewältigen ist, suchen wir nach einer zweiten Hilfskraft.“ Als der Bus kam, stiegen die beiden ein und fuhren zurück nach Hause wo die anderen bereits auf sie warteten. Kaum öffnete er die Tür, eilte schon Akito auf ihn zu und nahm ihn ganz fest in den Arm. „Deine Augen sehen echt lustig aus Onkel Beyond.“ „Ich weiß mein Kleiner. Meine Augen werden den ganzen Tag und voraussichtlich morgen so bleiben.“ Mit einem etwas gekünstelten Lachen nahm er den Jungen auf den Arm und ging mit Matt ins Wohnzimmer, wo Misa sich gerade mit Mello und Rebirth bei einem Kartenspiel versuchte. Vermutlich war es Poker aber das konnte Beyond nur an dem Geräusch der Chips erkennen. Akito schien wohl Langeweile zu haben und vertrieb sich lieber die Zeit, mit seinem Spielzeug zu spielen. Beyond versuchte die einzelnen Gesichter zu erkennen aber es fiel ihm schon schwer genug zu unterscheiden wer jetzt Mello und wer Misa war denn beide waren blond und trugen schwarze Kleidung. „Und? Was sagt der Augenarzt?“ hörte er Rebirth fragen und gesellte sich zu ihnen, nachdem er Akito wieder abgesetzt hatte. „Dr. Newman meinte, dass ich kurzsichtig bin und eine Brille benötige. Ich kann sie um 16 Uhr schon abholen.“ „Die Brille wird dir ganz sicher stehen“ meinte Mello und legte seine Karten ab mit der stolzen Verkündung „Vier Königinnen“ verkündete. Misa fluchte leise etwas und schmiss ihr Blatt auf den Tisch. „Ich kapier dieses blöde Spiel einfach nicht.“ Rebirth lachte und sammelte die Karten alle wieder ein und räumte das Spiel weg. „Kannst du überhaupt etwas sehen?“ fragte dieser und sah sich Beyonds vergrößerte Pupillen genauer an. „Die sind ja um das Doppelte gewachsen!“ „Ja und ich erkenne nicht einmal eure Gesichter. Ich kann kaum unterscheiden wer gerade Misa und wer Mello ist.“ „Hey“ kam es protestierend von Mello, der auf so etwas recht empfindlich reagierte. „Ich sitze rechts und Misa links von dir.“ „Entschuldigung“ antwortete Beyond und ging in die Küche um einen Tee zu kochen. Auf Mittagessen kochen hatte er heute keine Lust, da bestellte er lieber Pizza. Außerdem war er sowieso fürs erste kaum in der Lage bei seiner miserablen Sehkraft zu kochen. Das Telefon klingelte und wieder war Jenny Wilcos dran. „Entschuldige dass ich noch mal störe aber vorhin war ein Herr im Laden, der nach dir verlangt hat. Ich habe ihm selbstverständlich gesagt, dass du nicht da bist aber er meinte er hätte etwas sehr Wichtiges für einen Freund von dir.“ „Hat er dir seinen Namen gesagt?“ „Nein, er sah irgendwie wie ein Beamter oder so aus. Er trug einen ziemlich teuren Anzug, eine Brille und hatte schwarzes Haar. Ein bisschen hatte er was von einem Japaner aber er meinte, dass er ein Bekannter von dir ist. Als ich ihm gesagt habe dass du einen wichtigen Termin hast, sagte er schließlich, dass er sowieso viel zu tun habe und dass noch viele sehr viele Kunden auf ihn warten würden. Dafür hat er einen großen Umschlag dagelassen. Ich bringe ihn nach Ladenschluss vorbei okay?“ „Schon in Ordnung, ich schau nach ob ich jemanden vorbeischicke.“ „Ich soll dir auch noch ausrichten, dass du auf jeden Fall morgen zum Bewerbungsgespräch kommen solltest. Keine Ahnung woher er das wusste aber er meinte, dass es für dich sehr interessant werden könnte.“ „Ja vielen Dank Jenny.“ Mit einem seltsamen Gefühl legte Beyond den Hörer wieder auf und dachte nach. Ein Mann, der behauptete, ein Bekannter von ihm zu sein? Also ihm fiel jetzt so niemand ein aber vielleicht traf er ihn irgendwann mal. Er ging zurück ins Wohnzimmer und sprach direkt Mello an. Zumindest hoffte er dass es Mello war… „Mello, kannst du vielleicht für mich zum Buchladen hingehen? Jenny sagte ein Mann hätte einen Umschlag für mich dagelassen und ich würde ja selbst gern gehen aber ich kann noch nicht einmal die Buspläne erkennen.“ „Kein Problem, ich mach das schon. Sag mir nur wo genau der Laden ist.“ „Ich will auch mit, ich will auch mit!“ rief Akito und wedelte aufgeregt mit den Armen. „Bitte, bitte darf ich auch mit Mum?“ Da dies für die anderen eine gute Gelegenheit war, etwas mehr von der kleinen Stadt zu sehen, beschlossen sie schließlich alle zusammen zu gehen, nur Matt und Beyond blieben zuhause. Beyond erklärte ihnen an welcher Haltestelle sie aussteigen sollten um zum Buchladen zu kommen und wo sie nachfragen konnten, falls sie sich doch noch verlaufen sollten. Als sie sich verabschiedeten, sah Beyond ihnen am Fenster noch hinterher, dann ging er die Treppe rauf wo ein Klavier stand. Eigentlich wollte er einen Flügel kaufen aber so einer war viel zu groß und sperrig, da hatte er sich mit einem kleineren Klavier zufrieden gegeben. Als er den Ton A# anschlug, kam ihn die Erinnerung an seinen Traum als er mit Rumiko im Duett gespielt hatte. Es war das Lied von damals gewesen, welches ihn dazu bewegt hatte, selbst mit dem Klavierspiel anzufangen und irgendwann genauso gut zu werden wie Rumiko. Wie ging die Melodie noch mal? Wie in seinem Traum schloss Beyond die Augen und versuchte sich an das Lied zu erinnern. Langsam begann er die ersten Töne anzuschlagen, dann fiel ihm wieder ein wie Rumiko damals gespielt hatte. Er positionierte seine Hände und begann zu spielen. Die ganze Zeit über hielt er die Augen geschlossen und konnte im Geiste die Violine hören, die er in seinem Traum gehört hatte. Rumiko hatte schon immer ein Talent dafür besessen, der Musik ihre Perfektion zu verleihen. Nicht nur dass sie sämtliche Instrumente spielen konnte, sie hatte auch eine wunderschöne Gesangsstimme und war wunderschön. Wirklich beneidenswert, dass sie so viele Talente hatte. Rumiko… Als Beyond an sie dachte, kamen ihm wieder die Tränen und seine Brust schnürte sie zu. Warum nur war sie nicht hier bei ihm, wo er sie jetzt doch so sehr brauchte? „Akito, bleib bei uns bevor du noch verloren gehst“ rief Misa ihrem Sprössling hinterher, der aufgeregt herum lief um sich alles anzusehen. Rebirth hingegen ging mit einer Einkaufsliste von Laden zu Laden und hielt Ausschau nach dem Buchladen. Da er aber einen ziemlich miesen Orientierungssinn besaß, musste er sich schließlich von Mello helfen lassen, der sich aufgeschrieben hatte, wie sie am besten gehen sollten. „Wenn ich den Plan hier richtig lese, dann müssen wir gleich nach rechts.“ „Entschuldigt, seid ihr neu hier?“ Mello wandte den Blick von der Karte und sah einen Jungen von ungefähr 18 Jahren mit wild frisiertem schwarzen Haar, einem weißen Hemd und mit schwarzer Krawatte, auf welcher ein Kreuz genäht war. An seinen Fingern trug er unter anderem Totenkopfringe und seine schwarze Jeans war abgenutzt. Er hatte ein ausdrucksloses Gesicht und matte Augen, bei ihm war ein ungefähr 20-jähriger Junge, der ein wenig wie der verrückte Hutmacher von Alice im Wunderland in einer bizarren Horrorversion aussah und ein Gothic Lolita Mädchen. „Ähm ja, wir suchen den Buchladen „Golden Raven“. Irgendwie ist dieses kleine Städtchen sehr unübersichtlich.“ „Wir sind hier auch erst seit kurzem“ erklärte der 20-jährige und schien einen sehr freundlichen Eindruck zu machen trotz seiner unheimlichen Erscheinung. „Unser lieber Anthony hier ist nach fünf Jahren wieder zurückgekehrt und versucht sich mit seiner Schwester wieder zu versöhnen. Ihre Eltern sind vor Jahren ermordet worden und es hatte einen heftigen Streit gegeben.“ „Was ist denn genau passiert?“ Nun hatten sich auch die anderen dazugesellt und das Gothic Lolita Mädchen schien ganz vernarrt in den kleinen Akito zu sein und schenkte ihm einen kleinen Teddy mit roter Schleife. „Sie lagen tot in der Küche, irgendjemand hatte sie mit einem Messer abgestochen und Sally hat ihren Bruder mit dem Messer in der Hand gesehen. Sie hat geglaubt dass er es gewesen war auch wenn die Polizei später seine Unschuld beweisen konnte aber sie hat ihn so sehr gehasst, dass er die Stadt verlassen hat und seitdem keinen Kontakt mehr hat.“ Als sie das hörten, mussten sie an Beyond und Rumiko denken. Auch sie hatten sich zerstritten und erst als alles zu spät war, hatten sie wieder zusammengefunden. Was für eine Ironie dass jemand genau in der gleichen Zwickmühle steckte. „Wir kennen das auch sehr gut“ sagte Rebirth schließlich. „Unser Freund hatte sich mit seiner Schwester auch bis aufs Blut zerstritten, obwohl vieles auf Missverständnisse beruhte. Es hat 17 Jahre gebraucht, bis sie sich wieder versöhnt haben.“ „Und wie geht es ihnen jetzt?“ fragte Anthony mit einer tonlosen Stimme ohne auch nur ein freundliches Lächeln zu zeigen, was ihn sehr abweisend und unfreundlich erscheinen ließ. „Sie ist gestorben als sie versucht hat, den Kleinen hier zu retten. Ihr Bruder leidet inzwischen sehr darunter und macht sich große Vorwürfe. Vielleicht solltest du auch mal mit deiner Schwester reden.“ „Würde ich gerne, aber inzwischen habe ich mich sehr verändert. Wenn Sally mich sieht, wird sie um mich einen großen Bogen machen.“ „Ach was“ meinte Misa schließlich und nahm ihren Sohn auf die Schultern. „Sei einfach du selbst und wenn man einfach von ganzen Herzen lächelt, kann nichts schief gehen.“ „Anthony kann nicht lächeln“ meinte schließlich das Gothic Lolita Mädchen und schob sich einen Streifen Kaugummi in den Mund. „Eines unserer ehemaligen Bandmitglieder hat ihn krankenhausreif geprügelt und ihm dabei den Kiefer gebrochen. Es gab einen Operationsfehler und dabei wurden ein paar seiner Gesichtsmuskeln verletzt. Dadurch ist Anthony nicht mehr in der Lage zu lächeln und lachen kann er auch nicht mehr.“ Als sie das hörten, konnten sie nicht fassen das so etwas überhaupt möglich war. Dieser Anthony hatte es anscheinend wirklich nicht leicht im Leben aber anscheinend schien er wirklich gute Freunde zu haben und das war doch ein Trost. „Warum singst du kein Lied für sie?“ fragte Akito schließlich, der anscheinend überhaupt keine Angst vor diesem Typ in der verrückten Hutmacher Verkleidung hatte. „Wenn du schon nicht lächeln kannst, dann kannst du ihr deine Gefühle doch mit einem Lied zeigen oder nicht?“ „Das ist eine ganz tolle Idee. Unser C-Cat kann echt klasse singen.“ „C-Cat?“ fragte Mello und runzelte die Stirn. „Ist das irgendwie ein Bandmitgliedsname?“ „Jep“ sagte das Gothic Lolita Mädchen und wickelte sich eine schwarze Strähne um den Finger. „Unsere Band heißt „Nightmare Wonderland“ und Anthonys Spitzname ist Cheshire Cat oder kurz C-Cat und Jason ist unser Mad Hatter.“ „Christie ist unser March Hare und Ronny, der wegen Körperverletzung jetzt im Gefängnis ist, war unser Red King.“ „Und wo bleibt denn Alice? Es wäre doch kein „Alice im Wunderland“ ohne Alice!“ Akito hatte schon früh angefangen, Märchen und Geschichten selbst zu lesen, da seine Eltern oft nicht da waren und eine seiner Lieblingsgeschichten war unter anderem Alice im Wunderland. Der Mad Hatter schmunzelte und tätschelte dem Kleinen den Kopf. „Unsere Alice, die mit richtigem Namen Amy heißt, ist zurzeit in Los Angeles um sich um ihre eigenen Familienprobleme zu kümmern. Sie hat da einen ziemlich schwierigen Konflikt mit ihrem Vater, den sie gerne beilegen möchte. Solange bleiben wir hier um Anthony zu unterstützen. Aber was jetzt den Buchladen angeht, von dem kommen wir zufällig gerade. Wenn ihr direkt um die Ecke geht, geht einfach ein paar Meter weiter. Es liegt neben einem Spielzeugladen.“ „Danke und viel Glück noch mit deiner Schwester!“ Damit verabschiedeten sie sich von Mello und den anderen und gingen ihrer Wege. Dabei konnten sie gut erkennen, dass die Leute sie mit misstrauischen Blicken beäugten aber das lag ganz sicher an diesen äußerst ungewöhnlichen Outfits, die in Dörfern und kleinen Städtchen besonders auffielen. „Nett sind sie ja, das muss man ihnen lassen“ meinte Rebirth schließlich und wandte sich Misa zu. „Aber ich frage mich ob es wohl so eine Art Schicksalsfügung war, dass wir diesem Anthony über den Weg gelaufen sind.“ „Keine Ahnung“ meinte sie schließlich und machte sich auf den Weg zum Buchladen. „Aber irgendwie habe ich das Gefühl dass diese Begegnung kein Zufall war. Naja, wir können darüber stundenlang philosophieren aber davon kommt der Umschlag auch nicht zu Beyond.“ „Mum, können wir auch zum Spielzeugladen? Bitte!!!“ Da Misa selbst noch eine kleine Leselektüre holen wollte, einigte sie sich mit Rebirth, dass er zusammen mit Akito zum Spielzeugladen ging und sie mit Mello zur Buchhandlung. „Aber du darfst dir nur ein Spielzeug aussuchen!“ Die Buchhandlung „Golden Raven“ war weder besonders groß noch sehr klein und in einem etwas altmodischen, schon fast antiken Stil gehalten sodass sie einen recht gemütlichen Eindruck machte. Direkt in Verbindung zum Buchladen gab es nebenan ein Cafe mit von Kindern gemalten Bildern an der Wand, die sorgfältig eingerahmt worden waren. Neben neuesten Exemplaren und Bestsellern gab es auch alte Lesewerke und sogar für die junge Generation Comics und Mangas und andere Bücher. Doch nicht nur was zum Lesen gab es hier zur Auswahl sondern auch Filme und Hörbücher. Beyond hatte wirklich an alles gedacht. Eine hübsche junge Frau mit einer Vielzahl von Sommersprossen im Gesicht und lockigem roten Haar begrüßte sie und bot ihnen ihre Hilfe an. Ihr Namensschild verriet, dass sie Jenny Wilcos hieß. „Wir sind Freunde von Beyond Birthday, er hat uns gebeten einen Umschlag für ihn abzuholen.“ „Ach so, dann kommen Sie bitte mit.“ Sie folgten der Frau die Treppe rauf und sahen sich dabei neugierig um. Viele Angestellte schien es hier ja nicht zu geben aber dafür war der Laden relativ gut besucht. „Viele kommen hauptsächlich wegen des Cafes hierher und derzeit führen der Chef und ich den Laden. Meine beiden Zwillingsschwestern arbeiten auch als Aushilfe hier.“ Tatsächlich sahen sie noch eine weitere Rothaarige, die dieser Jenny wirklich bis aufs Haar glich. „Ist sicherlich schwer Sie auseinanderzuhalten.“ „Deswegen hat Beyond auch vorgeschlagen, dass nur unsere Vornamen auf dem Namensschild stehen. Eineiige Drillinge hat man ja auch nicht oft in einer so kleinen Stadt. Und wo kommen Sie her?“ „Misa und Akito haben bis vor einem Jahr in Japan gelebt und sind nach England ausgewandert. Ich lebe seit Jahren in Los Angeles.“ „Ah, ich wollte schon immer mal nach Kalifornien aber zurzeit ist es schwierig bei so wenig Personal.“ „Beyond sagte schon dass zurzeit eine Fachkraft gesucht wird und morgen soll das Bewerbungsgespräch laufen.“ Jenny führte sie zu einem Regal hinter der Kasse wo sie neben einer Zahl von bestellten Büchern einen braunen Umschlag aufbewahrte, den sie Mello gab. „Heute morgen war eine hübsche Frau bei uns, wirklich eine sehr nette Person aber mich hat es gewundert, warum sie sich für eine Stelle als Buchhändlerin bewerben will wenn sie doch Lehrerin ist. Naja, jedenfalls schien sie sehr viel Ahnung von Büchern zu haben und konnte auch wunderbar mit den Kunden umgehen. Aber ob sie wirklich eingestellt werden soll, habe ich nicht zu beurteilen sondern der Chef des Ladens. Wollen Sie vielleicht eine Tasse Kaffee? Der geht selbstverständlich aufs Haus.“ Diese Einladung nahmen sie gerne an und ließen sich von Jenny ins Cafe führen. Die Bedienung, ein noch etwas junger Mann mit guter Figur nahm die Bestellung auf und versprach sofort mit dem Kaffee zu kommen. Unsicher sah sich Misa den Umschlag an, der nicht zugeklebt war. „Was wohl da drin ist? Meinst du wir sollten mal reinsehen?“ „Also ehrlich gesagt finde ich das nicht richtig. So etwas nennt man Briefgeheimnis und was soll Beyond davon halten, dass wir in seiner Post herumschnüffeln?“ Trotzdem lugte Misa in den Umschlag rein und holte einen kleineren Briefumschlag heraus. Er war mit Wachs versiegelt und sah genau wie der Umschlag aus, den Mello von diesem S.E.K Agenten bekommen hatte und der spurlos verschwunden ist. Irgendjemand hatte nachträglich mit elegantem Federschwung den Namen „Mihael Keehl“ draufgeschrieben. „Und was jetzt? Das ist ein Brief, der an dich adressiert ist.“ Da war auch Mello stutzig, besonders als er sich das Wachssiegel genauer ansah. Statt einem Wappen, wie das normalerweise üblich war, stand ein japanisches Schriftzeichen. „Kannst du mir sagen, was das bedeutet?“ Misa sah sich das Zeichen genauer an und legte dabei den Kopf ein wenig zur Seite. „Also wenn man es sich genauer ansieht, ist es kein Kanji sondern in Silbenschrift geschrieben, aber da sie so eng beieinander geschrieben stehen, sieht es nur so aus. Eines davon bedeutet „Shi“ und bedeutet übersetzt „Tod“ aber in Kombination mit dem anderen Zeichen bedeutet es „Shin“ und ist ein Name.“ Shin… ja genau, jetzt fiel es Mello wie Schuppen von den Augen. Shin war doch der personifizierte Tod, eine der zwei letzten Gottheiten, die sie getroffen hatten. Dann war das alles also wirklich geschehen und nicht bloß ein Traum. Jetzt schien auch Misa begriffen zu haben und bekam große Augen. „Oh mein Gott, dann war es also kein Traum gewesen und Shin war es, der den Umschlag bei Jenny abgegeben hat.“ So schien es wohl zu sein und jetzt machte auch vieles einen Sinn. Aber warum zum Teufel konnten sie sich kaum noch daran erinnern, was geschehen war? „Entschuldigt, stört es euch wenn ich mich zu euch setze?“ Erschrocken zuckte Misa zusammen und sah plötzlich Shin in einem teuren Anzug vor ihnen stehen. „Shin? Was machst du denn hier?“ Kapitel 17: Antworten --------------------- Misa wären beinahe die Augen aus dem Kopf gefallen als sie Shin leibhaftig vor sich sah. Er trug einen teuren Anzug und machte den Eindruck eines seriösen aber dennoch jungen Geschäftsmannes. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßte er sie und setzte sich auf den freien Platz. „Nun, da unser Abschied so abrupt war und man eure schlechte Stimmung bis in den Tempel gespürt hat, dacht ich mir dass ich euch einen Besuch abstatte. Da ihr mehr gesehen habt, als jeder andere Mensch auf der Welt, sind sicherlich jede Menge offene Fragen offen geblieben und solange noch nichts Wichtigeres in meinem Terminkalender steht, wollte ich euch im Cafe besuchen und ein wenig mit euch reden. Euch ist doch sicherlich aufgefallen, dass seltsame Dinge mit euch passiert sind, wenn ihr uns begegnet seid oder?“ „Jetzt wo du es sagst, würde ich gerne wissen, warum wir immer wieder solche Gedächtnisschwierigkeiten haben! Beyond zum Beispiel verhält sich mehr als merkwürdig seit heute morgen und ich beginne langsam an meinem Verstand zu zweifeln.“ Verständnisvoll nickte Shin und stellte seinen schwarzen Lederkoffer ab, den er bei sich trug. Als die Bedienung kam um den Kaffee zu bringen, bestellte Shin ein stilles Mineralwasser und wandte sich wieder Mello und Misa zu. „Der Grund dafür ist eine Art Schutzmechanismus, na ja… eigentlich ist der Begriff eher fehlerhaft. Ich würde es eher eine Sicherheitsmaßnahme nennen. Wenn normale Menschen mit den Kräften eines Kami in Kontakt gerät und irgendwann mal ganz normal schlafen geht, werden sämtliche Erinnerungen im Grunde so manipuliert, dass man sich sicher ist das alles nur geträumt zu haben. Damit wollen wir uns und auch die Menschen vor unangenehmen Konsequenzen schützen und da diese Maßnahme sozusagen automatisch von statten geht, ist es eher ungewollt passiert.“ Während Shin alles ausführlich erklärte, schütteten sich Mello und Misa Milch und Zucker in den Kaffee und genehmigten sich einen Schluck. Dabei ließen sie Shin nicht eine Sekunde aus den Augen. Vielleicht war es eine Art feindselige Haltung die daher rührte, dass Shin als Verkörperung des Todes nicht wirklich viel an Beliebtheit genoss und seine Kräfte furchteinflößend waren oder sie wollten ihn einfach beobachten, wie er sich als Gottheit in der Welt der Menschen verhielt. Er jedenfalls ignorierte die Blicke. „Und was hat es jetzt mit diesem Ashura auf sich, der so einen Ärger fabriziert hat? Wer genau ist oder war er und warum hat er so einen Hass auf uns Menschen? Das muss doch einen Grund haben.“ Nervös begann sich Misa ihren linken Handrücken zu kratzen bis Shin seine blasse Hand beruhigend auf die ihre legte. Zu ihrem Erstaunen war sie nicht so eiskalt wie sie es von Beyond und Rumiko her kannte sondern warm, wie eine normale Menschenhand. „Ashura ist mein Bruder, genauso wie er Seimeis Bruder ist. Vor Bestehen des Universums verkörperten wir eine Einheit, die auch Henzai genannt wurde was in der japanischen Sprache „Allgegenwart“ bedeutet. Henzai war ein Wesen, das Leben, Schicksal und Tod verkörperte und seine Macht dazu nutzte, um anderes Leben zu schaffen. Doch da Henzai selbst aufgrund seiner Macht nicht fähig war, selbst ein Teil davon zu sein, spaltete es sich in seine Grundformen auf. Ich bin der Tod, Seimei das Leben und Ashura war das Schicksal. Zunächst haben wir unsere Macht benutzt um die Welten immer wieder zu verändern. Seimei kreierte das Leben, Ashura sorgte für den Fortschritt und ich dafür, dass das der Kreis sich schloss. Als wir dann aber erkannten, dass jede Schicksalsveränderung zum Teil schwerwiegende Konsequenzen nach sich zog und sogar eine ganze Welt zerstörte, wurde uns bewusst, dass diese Macht zu gefährlich war. Es ist wie der Schmetterlingseffekt und wir konnten nie abschätzen, welche Folgen unser Handeln hatte. Außerdem waren die Menschen zum Beispiel Wesen, die eigenständig denken und handeln konnten und nicht von ihren Instinkten abhängig waren. Sie haben ihr eigenes Leben bestimmt und wollten ihr eigenes Schicksal bestimmen. Seimei und ich sahen darin die Möglichkeit, dass Henzais Kinder „erwachsen“ wurden und nun für ihr eigenes Handeln Verantwortung übernehmen sollten damit wir ihre Fehler nicht immer ausbügeln oder als Sündenböcke herhalten mussten. Ashura hingegen hatte Angst davor seine Macht zu verlieren und zeigte keine Einsicht. Er weigerte sich hartnäckig, sich dieser Ansicht anzuschließen und wollte uns das Gegenteil beweisen. Schon vor Millionen Jahren hat er diesen Fehler begangen und das hatte zur Folge, dass ein Meteor auf die Erde einschlug, den zweiten Einschlag konnten wir zum Glück verhindern denn das hätte die endgültige Zerstörung der Erde bedeutet. Ashura wollte einfach nicht verstehen, dass seine Macht über ganze Zeitperioden schwere Folgen haben würde und dass dieses Risiko für jeden untragbar war. Also mussten wir mit Gewalt gegen ihn vorgehen und das hat er uns niemals verziehen.“ „Und als ihr seine Kraft genommen habt, verlangte er einen Ausgleich dafür oder was?“ Shin nickte und versuchte sachlich zu bleiben. „Wir fanden es nur gerecht, ihm eine andere Kraft zu geben und da Ashura jemand war, der das Wissen sämtlicher Welten, Religionen und Kulturen sammelte, gaben wir ihm die Kraft der Voraussicht, der Illusion und weitere Fähigkeiten. Was wir jedoch nicht wussten war, dass er eines von seiner alten Kraft behalten hatte: Sein Wissen um das Schicksal. Kombiniert mit der Vorhersehung konnte er also präzise bestimmen, was Jahrhunderte später passierte. Er wusste dass die Kami keine Zukunft haben würden und dass die Menschen die Ursache waren. Er sah auch wie viele Tierarten aussterben würden, wie grausam die Kriege waren, die die Menschen führten und welche Gefahr sie für die Erde darstellten. In seinen Augen waren sie wie Parasiten, destruktive Lebensformen, die nur Leid und Verderb schufen. Im Laufe der Jahre entwickelte er zunächst eine Abneigung gegen die Menschen, dann wurde diese Abneigung zu Hass. Er hasste die Menschen für das, was sie getan hatten und noch tun würden und er begann auch uns zu hassen, weil wir ihn verraten haben. Ashura wollte wieder die Macht über das Schicksal erhalten um all diese Ereignisse abzuwenden und das ging in seinen Augen nur, indem er die Menschheit auslöschte. Zunächst hielt er sich jedoch im Hintergrund weil er wusste, dass er unter Beobachtung stand und tat auch nichts Verbotenes. Dann aber meldete Shiki uns dass seltsame Dinge vor sich gingen. Shiki war der Kami des Gesetzes, ein Yama um genau zu sein. Eines Tages verschwand sie spurlos und der Verdacht fiel auf Ashura. Wir baten Somaru, seinen jüngeren Schüler, die Sache zu untersuchen und er kam nicht zurück. Seimei ging mit Sosuke, der in Akitos Körper wiedergeboren wurde, zu Ashuras Palast und sah dass sein eigener Bruder grausame Experimente machte. Somarus rechte Körperhälfte war entstellt und auch vom Wesen her hatte er sich verändert. Ashura hingegen blieb völlig unverändert. Er sagte, dass das Zeitalter der Shinigami angebrochen sei, die in seinem Namen die Menschheit auslöschen würde. Als Seimei ihn aufhalten wollte, stach Ashura ihm sein linkes Auge aus und erst Sosuke gelang es Ashura zu töten. Zu dem Zeitpunkt wussten wir jedoch nicht, dass Ashura dieses Ereignis vorhergesehen hatte und bereits seine Seele gespalten hatte um sie über die ganze Welt zu verstreuen. Seimei entfernte Ashuras Auge, welches die Macht der Vorhersehung besaß, und tauschte es gegen sein zerstörtes aus. Ashura ist zum personifizierten Hass gegen die Menschheit geworden.“ Soweit hatten Misa und Mello verstanden aber eines schlug ihnen dennoch schwer auf den Magen. „Was genau sind die Shinigami?“ Da musste selbst Shin genau nachdenken um eine korrekte Antwort geben zu können. „Tja, selbst nach 600 Jahren sind Seimei und ich nicht wirklich sicher. Wie wir Shinigami definieren sollen aber was wir wissen ist, dass es zwei Kategorien von Shinigami gibt: 1. jene, die durch und durch böse sind und 2. welche, die es nicht sind. Die besonders bösartigen und mächtigen Shinigami waren Geschöpfe Ashuras. Menschen… Kami… Ashura benutzte seine Macht um in ihr Unterbewusstsein einzudringen. Er entfesselte ihren Hass und vergiftete damit ihre Seelen. Das veränderte auch ihre äußerliche Gestalt bis heute bekomme ich Meldungen über neue Shinigami. Auch Menschen können zu Shinigami werden. Die anderen Shinigami, die nur töten um zu überleben und keine Abneigung gegen die Menschen haben, sind zum Teil ungewollt Shinigami geworden. Es gibt also insgesamt zwei Wege ein Shinigami zu werden: 1. Indem die unterbewusste Finsternis und der Hass freigesetzt werden und damit Geist und Seele beherrschen oder wenn Kami die Lebenszeit von Menschen oder ihresgleichen rauben und umgekehrt, nämlich wenn ihnen die Lebenskraft geraubt wird. Der Shinigami, den du kennen gelernt hast Misa, der Shinigami Rem… soll ich dir seine Lebensgeschichte erzählen?“ Jetzt wo Shin es sagte, hatte es Misa schon manchmal interessiert, wie man ein Shinigami wurde, da sie sich nicht fortpflanzen konnten und wie Rems Vorgeschichte war aber Shinigami waren nun mal sehr verschwiegen. Shin reichte Misa ein Schwarzweißfoto von einem hübschen Mädchen von vielleicht 17 bis 19 Jahren und relativ kurz geschnittenem Haar. Sie trug ein Monokel und ein Brautkleid und wirkte sehr glücklich. „Dieses Foto entstand zum Ende des 19. Jahrhunderts in einem weißrussischen Dorf. Rem hieß zu ihren Lebzeiten noch Remilia Zwetkowa und war die Tochter einer Kaufmannsfamilie und war in den Sohn eines Adligen verliebt. Sie hat alles für ihn getan und war bereit noch mehr zu tun und als sich die Eltern mit der Hochzeit einverstanden erklärten, ging für Remilia ein Traum in Erfüllung. Doch in der Hochzeitsnacht zeigte ihr Ehemann sein wahres Gesicht und lachte sie aus. Er demütigte sie und schlug sie und als er dann sagte sie sei unrein gewesen, wollte man sie zur Strafe hinrichten. Im Gefängnis gelang es ihr einen Shinigami zu rufen und konnte sich mit der Hilfe des Death Notes befreien und rächte sich an ihren Mann und entwickelte einen starken Hass gegen Männer. Sie zog durch Russland, heiratete Männer und tötete sie in der Hochzeitsnacht woraufhin man sie die schwarze Witwe nannte. Nebenbei tötete sie noch 40 andere Männer bis man sie in ihrem Haus einsperrte und es anzündete. Sie verbrannte bei lebendigen Leibe in ihrem Hochzeitskleid. Nach ihrem Tod wurde sie zum Shinigami. Sie war sehr angetan von dir Misa, weil du sie an ihr menschliches Ich erinnert hast und sie deswegen den Wunsch verspürte, dich vor Enttäuschungen zu schützen. Rem mag zwar einen Groll gegen Männer gehegt haben aber sie wollte die Frauen beschützen, die ihr ähnlich waren um sie vor einem Schicksal wie ihrem zu bewahren.“ „Werden viele Menschen, die ein Death Note besessen haben zu Shinigami?“ wollte nun Mello wissen, den es schon interessierte, ob die Möglichkeit bestand, dass Kira oder Misa eines Tages als Shinigami zurückkehren konnten. Shin schüttelte jedoch den Kopf. „Nicht unbedingt. Es kommt nicht darauf an ob und wie viele Menschen man mit dem Death Note getötet hat oder man die Shinigamiaugen besessen hat. In deinem Falle zum Beispiel würde ich mir keinerlei Sorgen machen. Du hast ein zu gutes Herz als dass du zu einem Shinigami werden könntest aber Kira… tja, da würde es schlecht aussehen. Es wäre sogar höchstwahrscheinlich, dass Light Yagami als Shinigami zurückkehren würde und noch mal versuchen wird, die Erde zu säubern. Aber da braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, denn in solch einem Falle wird das S.E.K. dem einen Riegel vorschieben.“ „Aber ich dachte die würden nur Shinigami töten, die gegen die Regeln verstoßen.“ Misa hatte inzwischen ihre Nervosität verloren und unterhielt sich ganz normal mit Shin. Dieser wirkte nicht mehr so steif wie sonst auch immer sondern sehr freundlich und fast ein wenig so wie Seimei, nur nicht so extrem locker. „Wir kümmern uns allgemein um Shinigami, die Probleme machen. Dazu gehört Unruhestiftung, Regelverstoß und Massentötung.“ „Wäre es nicht einfacher direkt alle Shinigami zu töten?“ Als Mello Shins Blick sah, bereute er gleich seine Frage wieder. Die Bedienung kam erneut und Shin nahm sein Wasser dankend entgegen und zahlte auch direkt. „Diese Shinigami waren früher Menschen und Shinigami. Der Grund, warum ich sie nicht allesamt getötet habe liegt daran, dass ich noch Hoffnung habe, dass wir sie irgendwann heilen können. Außerdem sind einige Shinigami immer noch meine Freunde.“ Mello entschuldigte sich für seine unverschämte Frage und Shin beruhigte sich auch wieder. „Was den Brief angeht, da muss ich mich entschuldigen. Als wir uns das erste Mal trafen, wusste ich euch noch nicht richtig einzuschätzen und habe wirklich alle Spuren verwischt, die auf die Existenz des S.E.K., Seimei und mich hinweisen könnte. Dabei habe ich auch den Brief mitgenommen aber jetzt, da ich von eurer Ehrlichkeit überzeugt bin und ich denke, dass du ein Recht darauf hast, gebe ich ihn dir wieder zurück.“ Vorsichtig öffnete Mello das Wachssiegel und holte Krankenhausunterlagen heraus. Krankenhausdokumente? Was sollte das denn? Ist irgendjemand, den er kannte, im Krankenhaus und oder gewesen? Irritiert las er sich den Patientennamen durch und hätte vor Schreck fast die Dokumente fallen lassen. Als Patient war niemand anderes als L Lawliet vermerkt… aber warum hatte dieser Fear seine Krankenhausdokumente gestohlen? Gab es einen bestimmten Grund dazu? Aufmerksam las sich Mello den Bericht durch und spürte, wie seine Hände immer schlimmer zitterten. Was er da las, ließ ihn an allem zweifeln, was er bis heute über L’s Verbleib wusste. Im Waisenhaus wurde ihnen gesagt, dass L und Watari bei einem Autounfall ums Leben kamen, nachdem es in einem Tunnel zu einer Massenkarambolage kam. Jetzt aber las er hier, dass L das alles überlebt hatte. Nachdem der Wagen außer Kontrolle geriet und frontal gegen die Wand gedrückt wurde, starb Watari als er eingequetscht wurde. L hatte das Auto verlassen und wollte aus dem Tunnel fliehen, als ein weiterer Wagen ihn schließlich erfasste und überfuhr. Mit schweren Verletzungen und inneren Blutungen wurde er schließlich ins nächste Krankenhaus gebracht. „Das gibt es doch nicht. L ist noch am Leben?“ „Nun ja“ murmelte Shin mit ernster Miene „solange man es Leben nennen kann. Es ist nämlich etwas passiert während der Operation: Man hat den Beatmungsschlauch an eine falsche Stelle angeschlossen sodass er nicht richtig mit Sauerstoff versorgt wurde und das hat zu einer Unterversorgung des Gehirns geführt. Über die Jahre hat sich sein Zustand immer weiter verschlimmert.“ „Was genau ist jetzt mit L?“ fragte jetzt Misa besorgt, die L zwar nicht so lange kannte wie Matt und Mello, ihn aber trotz allem sehr sympathisch gefunden hatte. Shin zögerte jedoch eine Antwort zu geben bis Mello ihn dazu drängte. „L ist so gut wie blind und ist nicht mehr in der Lage richtige Worte zu sprechen. Im Laufe der Jahre verkrampften sich auch seine Arm- und Beinmuskulaturen und ist zum Pflegefall geworden. Vom Intellekt her ist er auf dem Level eines Kleinkindes.“ „Und das ist wirklich möglich?“ „Es gibt einige solcher Fälle, auch in Deutschland gab es so einen, der fast identisch mit dem hier ist. L’s Ärztin Hester Holloway hat ihren Beruf niedergelegt und pflegt ihn nun. Sie hat die Dokumente gefälscht damit niemand erfuhr was wirklich mit L passiert ist, aber Fear hat die echten in die Finger bekommen. In knapp zwei Wochen, wenn nichts dazwischen kommt, am Freitag um 14:55 Uhr werde ich L Lawliets Leben beenden. Falls du ihn noch vorher besuchen willst…“ Shin öffnete seinen Koffer und holte ein Notizbuch heraus auf dem „Death’s Note“ stand. Sollte das ein schlechter Witz sein? „Was soll das mit der Aufschrift bedeuten?“ „Nun, ehrlich gesagt war ich damals nicht sehr kreativ, als ich die ersten Death Notes kreierte. Ich hab mir einfach gedacht, ich nehme dieses Notizbuch hier als Vorlage und es hat sich als gute Idee erwiesen. Übersetzt ist das hier die Notiz des Todes und keine Todesnotiz.“ „Ich seh da keinen Unterschied. Das ist für mich wie bei dem Problem, was der Unterschied zwischen der japanischen Volksfront und der Volksfront von Japan ist.“ Shin schien nicht wirklich zu verstehen was Misas Problem war und suchte erst einmal die entsprechende Seite, dann holte er einen kleinen Zettel heraus, auf dem mit sehr eleganter Schrift eine Adresse verzeichnet war. „Dort wirst du L finden, ich hab auch noch das Datum meines Besuchs aufgeschrieben. Und nun zu meinem Notizbuch, es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen Death’s Note und den Death Notes der Shinigami, einen markanten sogar. Die Death Notes haben die Eigenschaft, dass jede Person stirbt, die hineingeschrieben wurde und in meinem hingegen stehen bereits Namen, Todeszeitpunkt und Adresse. Ich brauche es als Gedächtnisstütze damit ich genau weiß, wen ich besuchen soll. Dazu muss ich nur die entsprechende Seite suchen, mich auf einen Namen zu konzentrieren und schon bin ich bei ihm. So etwas wie ein Death Note benutze ich nicht aber auf das hier will ich lieber nicht verzichten. Mir ist es schon mal passiert, dass ich jemanden völlig vergessen habe. Besonders in Zeiten des Krieges kann es äußerst schwer sein, alle Termine einzuhalten und eine Panne wie im zweiten Weltkrieg wird mir so schnell nicht mehr passieren. Habt ihr sonst noch etwas auf dem Herzen, irgendetwas was euch bedrückt?“ Zunächst sahen sich Misa und Mello schweigend an, dann wollten sie ihre Frage stellen, da sahen sie Akito und Rebirth zu ihnen kommen. Auch sie waren überrascht Shin zu sehen und holten sich zwei Stühle um sich dazuzugesellen. Stolz präsentierte Akito seiner Mutter ein Puzzle, welches er sich ausgesucht hatte. „Wie es scheint geht es euch beiden sehr gut“ bemerkte Shin und tätschelte Akito den Kopf. „Shin, ich würde gerne noch wissen, was mit Beyond und Rebirth passiert ist. Was ist mit ihren Augen?“ „Nun“, murmelte Shin und steckte sein Notizbuch wieder ein. „Wie du, Rebirth, sicherlich bemerkt hast, bist du nicht mehr in der Lage, Namen und Lebenszeit zu erkennen nicht wahr? Der Grund dafür ist, dass während der Feier gestern Nacht Beyond und Rumiko in einen Kampf mit Ashuras Seelenfragment geraten sind und da sie selbst nicht imstande waren, viel auszurichten, hat Somaru eigenständig gehandelt um sie zu beschützen. Somaru ist wie ihr wisst Ashuras zweiter Schüler gewesen und in euch dreien wiedergeboren. Er hat es geschafft, sich von euren Körpern zu lösen und hat Ashura somit ins Nichts ziehen können. Dabei habt ihr auch euer Shinigamiaugenlicht verloren und dadurch kann sich auch die Sehkraft verschlechtern wie zum Beispiel bei Beyond Birthday, der über die Jahre eine Kurzsichtigkeit entwickelte, die jedoch durch das Shinigamiaugenlicht ausgeglichen wurde.“ „Mama, mir ist langweilig“ meldete sich schließlich Akito zu Wort, der wohl wenig Interesse an diesem Erwachsenengespräch zu haben schien und lieber nach Hause wollte um zu puzzeln. „Schatz, du kannst dich ja ein wenig im Buchladen umsehen wenn du möchtest.“ Kurzerhand stand Akito mit einem etwas schmollenden Gesichtsausdruck auf und ging. Misa sah ihm mit einem etwas besorgten Blick hinterher und Shin ahnte, was sie bedrückte. „Du machst dir Sorgen wegen deinem Sohn oder?“ „Dazu habe ich doch allen Grund oder? Er wäre beinahe einem durchgedrehten Psychopathen zum Opfer gefallen, der ihn benutzen wollte um die Menschheit auszulöschen und Akito wäre fast gestorben. Was ist wenn noch so jemand wie Fear auftaucht?“ Shin hielt Misas Hand fest um sie zu beruhigen doch so einfach war es dieses Mal nicht. Die Ängste, die sie in der Nightmare Mansion ausgestanden hatte, würde sie nicht so schnell vergessen können. „Wie kann ich mit meiner Familie jemals beruhigt leben können ohne Angst zu haben, von noch so einem Kerl wie Fear bedroht zu werden? Außerdem verstehe ich nicht wieso Beyond und Rebirth plötzlich normale Leute sind und das nicht auch bei Akito so ist. Warum? Erklär mir das bitte!“ „Misa, ich verspreche dir bei allem was mir heilig ist, dass ich dafür sorgen werde, dass euch nichts und niemand mehr bedroht.“ Shin sah der jungen Mutter tief in die Augen und sprach mit langsamer und ruhiger Stimme. „Der Grund, warum Akito immer noch Sosukes Seele in sich trägt hat den Grund, weil Akito es selbst so will und es das Beste für ihn ist. Dein Sohn ist sich seiner Fähigkeiten durchaus bewusst und will sie benutzen um Menschen zu helfen. Er möchte die Welt verändern und im Tempel hat er mir und Seimei ganz klar gesagt, dass er seine Kräfte bis zu seinem Ableben behalten will. Außerdem ist es gefährlich bei jemanden in dem Alter die Seele eines wiedergeborenen Kami zu entfernen, das könnte gesundheitsschädlich werden.“ „Aber Akito ist in der Nightmare Mansion fast gestorben und hat fürchterliche Schmerzen gehabt! Ich lasse nicht zu dass er noch mal so leiden muss“ rief Misa, stand ruckartig von ihrem Stuhl auf und schlug dabei wütend die Faust auf den Tisch, dass die Tassen laut klirrten. Ein paar der Gäste drehten sich neugierig zu ihnen um und als Misa das bemerkte, setzte sie sich wieder hin. Shin hatte nun etwas Nachdenkliches und Trauriges in seinen Augen. „Ich kann dich gut verstehen“ „Verstehen, verstehen… Das hilft meinem Sohn aber auch nicht wenn er wieder solche Schmerzen hat.“ „Das weiß ich und glaub mir, ich weiß sehr wohl wie du dich fühlst. Auch ich musste mit ansehen wie Menschen und Kami im Krieg qualvoll starben denn ich war letztendlich derjenige, der ihr Leben nehmen musste weil es meine Aufgabe ist. Mir macht es keinen Spaß Kindern in Entwicklungsländern zuzusehen, wie sie elendig zugrunde gehen und zu wissen dass man nichts für sie tun kann, außer ihnen noch mehr Leid zu ersparen indem ich ihr Leben beende. Aber ich muss es tun weil es nötig ist und wenn ich irgendwo eine Möglichkeit sehe, jemandem zu helfen dann mache ich es auch, obwohl ich nur den Tod bringen kann. Ich konnte vor 600 Jahren nicht verhindern, dass all meine Freunde ihr Leben verloren und mein eigener Bruder Ashura dafür verantwortlich war.“ Mit einer hastigen Handbewegung rieb Shin sich die Tränen aus den Augenwinkeln weg und sah Misa wieder tief in die Augen. „Glaub mir Misa, ich werde nicht zulassen dass Akito irgendetwas passiert. Noch einmal werde ich nicht tatenlos zusehen wie mein bester Freund sein Leben verliert.“ Er meinte es sehr ernst, das sahen Rebirth und Mello ihm an, die sich die ganze Zeit über zurückhielten als sie merkten, dass Misa diese ganzen Geschehnisse psychisch immer noch sehr belasteten und sie eine unvorstellbare Angst um ihr Kind hatte. Shin schien sich ebenfalls Sorgen zu machen und er machte sich anscheinend noch Vorwürfe, dass die Kami damals vor 600 Jahren allesamt im Krieg sterben mussten. „Misa, du bist eine wunderbare Mutter und du kannst stolz darauf sein, so gute Freunde und einen Sohn wie Akito zu haben. Aber bitte hab auch Vertrauen. Entschuldigt bitte, ich würde gerne weiter mit euch reden aber ich werde in einer halben Stunde in Syrien gebraucht.“ Damit erhob sich Shin und putzte noch schnell seine Brille, dann wollte er sich zum Gehen wenden doch da hielt Misa ihn zurück. „Shin, entschuldige bitte… ich…. Du hast so viel für uns getan und dafür wollte ich mich noch bedanken. Danke für alles.“ „Auch wir möchten uns bedanken.“ Nun erhoben sich auch Mello und Rebirth um sich von Shin zu verabschieden. „Ohne dich wären wir vielleicht allesamt tot.“ Shin hatte immer noch diesen etwas steifen Gesichtsausdruck aber man sah ihm an, wie sehr es ihn freute, dass man ihm dankte. „Das ist das erste Mal seit 600 Jahren, dass mir jemand gedankt hat. Ihr seid wunderbare Menschen und ehrlich gesagt, hab ich euch richtig gerne als Freunde. Lebt wohl, ich wünsche euch noch ein langes und erfülltes Leben.“ Damit verabschiedete sich Shin und wollte gerade gehen, da hielt er inne und kehrte noch ein letztes Mal zurück. „Tut mir bitte noch einen kleinen Gefallen: Wenn ihr abreist, wird dieses Mädchen hier an euch vorbei in Richtung Bahnhof rennen.“ Er reichte Rebirth ein Foto, wo eine hübsche Blondine mit ungewöhnlich dunklen Augen und einem amethystfarbenen Edelstein an einer Kette, die sie um den Hals trug. „Stellt ihr einfach ein Bein, damit helft ihr mir ungemein.“ „Wieso sollen wir ihr ein Bein stellen?“ „Damit helft ihr zwei Geschwistern, sich zu versöhnen. Nur ein Bein stellen, dass sie auch wirklich hinfällt, mehr braucht ihr nicht zu tun.“ Mit einem zufriedenen Lächeln verabschiedete Shin sich noch mal und verschwand um die Ecke. Stirnrunzelnd sah Mello ihm hinterher. „Also doch. Das mit diesem Anthony war kein Zufall.“ „Aber haben Shin und Seimei nicht gesagt, sie wollen nicht in das Schicksal eingreifen weil es zu gefährlich sei?“ fragte Rebirth und schien irgendwie gar nichts mehr zu verstehen. Auch Mello und Misa waren zunächst ratlos und wussten nicht, welchen Reim sie sich darauf machen sollten. Dann aber lächelte Rebirth und wandte sich den beiden zu. „Er versucht einfach das Beste aus seinen Fähigkeiten zu machen. Genauso wie wir alle auch.“ Sie verließen das Cafe und gingen Akito suchen, doch der war zunächst nicht aufzufinden. Dann aber fanden sie ihn in der Abteilung für Jugendliteratur, wo Misas Jüngster sich mit zwei Mädchen unterhielt. Die eine trug einen beigefarbenen Pollunder, darunter ein weißes Hemd und einen blauen Faltenrock. Mit der Brille und dem ordentlich gekämmten Haar, welches nicht einmal bis zur Schulter reichte, sah sie wie eine Musterschülerin aus. Doch die junge Frau neben ihr sah da ganz anders aus. Sie war in schwarz gekleidet und erinnerte Mello ein wenig an diese Sängerin Amy Lee. Akito unterhielt sich mit ihnen und als die beiden bemerkten, dass seine Mutter kam, verabschiedeten sie sich von ihm und gingen an Misa vorbei wobei die Amy Lee Doppelgängerin sagte „Sie haben wirklich einen wunderbaren Sohn.“ Damit verschwanden die beiden jungen Frauen aus dem Laden und eine Weile sah Rebirth ihnen schweigend hinterher. „Seltsam“ murmelte er und verschränkte die Arme. „Ich könnte schwören die Stimmen von den beiden hätte ich irgendwo schon mal gehört.“ „Ich auch“ meinte Mello und kratzte sich am Hinterkopf. „Und ich bin mir sicher das war in der Nightmare Mansion.“ „Ist doch jetzt auch egal“ unterbrach Misa, die jetzt endgültig genug von dem übernatürlichen Kram hatte und endlich in die Normalität zurückkehren wollte. „Lasst uns wieder zurückgehen, ich hab das Gefühl als hätte ich mir mit den neuen Schuhen Blasen gelaufen.“ Damit war das Thema „Übernatürliches“ für sie beendet und sie schleifte ihre Freunde mehr oder weniger aus der Buchhandlung raus. Kapitel 18: Entsetzen --------------------- Als sie wieder zurück in Beyonds Haus waren, erzählte Mello seinem Freund Matt von der Nachricht, dass L den Unfall damals überlebt hatte. Nicht nur Matt nahm die Nachricht geschockt entgegen sondern auch sein alter Feind Beyond Birthday, der bis vor ein paar Jahren Tag für Tag damit leben musste, nur eine Kopie zu sein. Er hatte L die Schuld gegeben, dass er seine Identität verloren hatte und er hatte mehrmals vergeblich versucht, sich an L zu rächen. Dass dieser jetzt durch eine falsch durchgeführte Beatmung während einer Operation zum schwerstbehinderten Wachkomapatienten geworden war, traf sie alle sehr. Nie hätten sie es für möglich gehalten, dass L der große anonyme Detektiv jemals so enden würde. „Wie konnte das alles nur so weit kommen und warum hieß es er sei tot?“ „H hat in L’s Sinnen gehandelt. Wenn Kira erfahren hätte, was mit L passiert ist, dann wäre es nur noch schlimmer gekommen und sie wollte es für uns nicht noch schwerer als nötig machen.“ Wütend schlug Beyond mit der Faust auf den Tisch sodass die Tasse klirrte. „Und bald soll er sterben?“ „Shin hat sich nicht näher dazu geäußert aber wenn er sagt dass er ihm einen Besuch abstattet, dann nur deswegen, dass L’s Zeit bald zu Ende ist.“ Schweigend drückte Matt seine Zigarette aus und nahm seine Brille ab um die Gläser zu putzen. Bis jetzt hatte er sich noch nicht großartig dazu geäußert aber ihm war anzusehen, dass es ihm nahe ging was mit L passiert war. Dann aber beruhigte sich Beyond und atmete tief durch. „Also wenn ich mir diese Adresse ansehe, dann ist es gar nicht mal so weit weg von hier, höchstens eine Stunde Fahrt. Warum fahrt ihr ihn nicht besuchen solange ihr noch hier seid?“ „Willst du denn nicht mit?“ „Ich glaube ich wäre der allerletzte, den L sehen will, selbst wenn er schwerstbehindert ist.“ Die bedrückte Stimmung blieb den Rest des Tages und damit Akito nicht so viel mitbekam, bat Misa Rebirth, sich um Akito zu kümmern während sie bei Matt, Mello und Beyond blieb. Die ganze Zeit über war Mello immer so stark gewesen. Er hatte immer Größe und seelische Stärke bewiesen doch kaum war Misa in der Küche um für sie alle Tee zu machen, sank er wie ein Häufchen Elend in sich zusammen und brach in Tränen aus. Matt legte tröstend einen Arm um ihn, sagte aber nichts und Beyond wirkte absolut teilnahmslos und weggetreten. Alle drei befanden sich in einer Art Schockzustand und wussten nicht mit dieser Schreckensnachricht umzugehen. Misa konnte sie gut verstehen. Wenn L tot wäre oder im Koma oder am Leben mit einem unheilbaren Gedächtnisverlust, das wäre halbwegs ertragbar gewesen und die drei hätten damit leben können. Doch die Tatsache dass der Mensch, zu dem so viele aufsahen und darum kämpften sein Nachfolger werden zu dürfen, durch einen einfachen Operationsfehler schwerstbehindert war, das konnte nicht so einfach verarbeitet werden. Sie wollte sich nicht vorstellen, wie L jetzt wohl aussehen musste. Sie kam mit dem Tee zurück und setzte sich zu Beyond, der nicht eine einzige Gefühlsreaktion zeigte und nicht ein Wort sprach. „Was denkst du gerade?“ Beyond antwortete nicht, begann aber Zucker in seinen Tee zu schütten, Löffel für Löffel bis es eine einzige zuckrige Masse war, die er schlürfte. Doch dann sah er sich das Gebräu an und atmete tief durch. „Egal wie viel Zucker ich in den Tee hineinschütte, egal wie viel Süßes mir serviert wird, ich spüre immer wieder diesen bitteren Nachgeschmack. Egal wie viele Fälle ich löse, so trage ich die Last der Leidtragenden, Hinterbliebenen und Opfer auf meinen Rücken, welche mich irgendwann ganz erdrücken wird. Das hat L mal zu mir gesagt… und lange Zeit wusste ich nicht was er damit gemeint hat, bis auch mir eine Last aufgedrückt wurde, die immer schwerer auf meinen Rücken wog, bis ich sie kaum noch tragen konnte. Und irgendwann bekam ich selbst diesen bitteren Nachgeschmack zu spüren. Ich habe jetzt genau dreizehn Löffel Zucker in den Tee getan und obwohl er für dich zu süß sein mag, schmecke ich immer noch das Bittere auf der Zunge.“ „Dir geht es nahe oder? Auch wenn du sauer auf L bist und ihm die Schuld für die furchtbare Zeit im Waisenhaus gibst, nicht wahr?“ Beyond antwortete nicht darauf und rührte in seinem Tee herum. Dann aber trank er ihn auf. „Und ich habe mir geschworen nie wieder an L zu denken und meine Rachegefühle ruhen zu lassen. Ich habe L gehasst aber im Grunde genommen, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, war er selbst nur ein einfacher Mensch. Vielleicht hat mich das so wütend gemacht.“ Misa legte eine Hand auf seine Schulter und versuchte aufmunternde Worte zu finden aber die Beziehung zwischen ihn und L war wirklich kompliziert. Jahrelang war es Beyond einfach gefallen, L als Buhmann hinzustellen aber jetzt wo er erfuhr in welch einem Zustand L befand, konnte er es nicht mehr länger tun. Er erkannte jetzt dass L nur ein einfacher Mensch war und das regte ihn so sehr auf. „Ich glaube L wollte mir zu diesem Zeitpunkt etwas ganz Bestimmtes sagen und auch wenn er nie wirklich Gefühle zeigen konnte, bin ich mir im Nachhinein sicher, dass er Verständnis für meine Lage hatte und mich deswegen gehen ließ.“ „Du meinst also dass er dich deswegen gehen lassen, weil er erkannt hat dass Wammys House nicht der richtige Ort war und nicht, weil du ein schlechter Nachfolger gewesen wärst?“ „Kann sein… aber im Moment weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich noch denken soll. Verdammt noch mal, warum kann L nicht tot sein? Das wäre für uns alle das Beste…“ Es klang hart, dass Beyond so etwas sagte, aber er hatte ganz recht. Hätten die Kinder im Waisenhaus das gewusst, für sie wäre eine Welt zusammengebrochen. Woran hätten sie noch glauben sollen wenn sie erfahren hätten, dass ihr großes Vorbild ein Pflegefall wäre und nicht einmal mehr in der Lage war, vernünftige Worte zu sprechen? Mello hätte damals nicht die Kraft aufgebracht, gegen Kira zu kämpfen. „Jungs, ich werde euch hinfahren wenn ihr L sehen wollt. Dann habt ihr auch die Chance mit dieser Frau zu sprechen, die sich um ihn kümmert.“ Doch es brauchte erst mal eine Weile, bis Mello sich einigermaßen gefasst hatte, dann holte er sein Handy heraus und rief die Nummer an, die auf dem Zettel stand. Eine Frau meldete sich am anderen Ende, die sich Holloway nannte. Mello wählte die Freisprechfunktion, damit die anderen mithören konnten. „H, ich bin es… Mello.“ „Hey Mello, Ewigkeiten nichts mehr von dir gehört. Ich hab gehört dass du es geschafft hast, Kira das Handwerk zu legen. Meinen Glückwunsch, L wäre ganz sicher stolz auf dich.“ „Genau darüber wollte ich mit dir sprechen.“ Mellos Stimme war sehr ruhig aber ihm war anzusehen, wie sehr ihn das alles quälte und wie viel Kraft er aufwenden musste, um nicht die Beherrschung zu verlieren. „Alles in Ordnung mit dir? Du klingst so komisch.“ „Ich würde gerne nachher vorbeikommen. Ginge das?“ „So kurzfristig ist etwas schlecht. Ich habe hier noch einiges zu tun, wie wäre es wenn wir erst in ein paar Tagen…“ „Ich weiß dass L bei dir ist und dass du seine Pflege übernommen hast. Ich möchte gerne vorbeikommen und ihn sehen.“ Stille trat am anderen Ende der Leitung ein und im Hintergrund war ein leises Stöhnen zu hören. H rief jemandem zu „Anne, kümmere du dich bitte darum! Ich bin am Telefon!“ und schwieg dann wieder. Sie versuchte eine Antwort zu geben, eine Erklärung aber ihr fiel nichts ein und sie hatte den Tag gefürchtet, an dem jemand etwas über die Wahrheit erfuhr. Dann aber sagte sie „Ich halte es für das Beste, wenn du nicht kommst. Glaub mir, ich wollte euch und auch L schützen. Die Wahrheit wäre zu schlimm gewesen und wenn du ihn sehen würdest, das wäre zu viel für dich. Bitte, tu dir das nicht an!“ „H, ich bin kein Kind mehr und ich habe ein Recht darauf ihn zu sehen. Ich bin immerhin sein Nachfolger.“ H antwortete nicht sondern schwieg, dann legte sie einfach auf. Mellos Gesichtsausdruck war schwer zu deuten aber sein Entschluss, L zu besuchen, stand fest und er würde sich durch nichts und niemandem aufhalten lassen. Misa wusste das und beschloss, die beiden in diesem schweren Moment nicht alleine zu lassen. Immerhin hatten die drei sie auch nicht im Stich gelassen, als sie Hilfe brauchte. „Beyond, ich werde Matt und Mello begleiten. Wenn du mitkommen willst, dann hol deine Jacke.“ Misa ging in den Garten wo gerade Rebirth und Akito Fußball spielten und sagte ihnen, dass sie mit den drei wegfahren würde. „Hier ist etwas Geld, dann könnt ihr euch beim Pizzaservice etwas bestellen. Es könnte etwas später werden und falls irgendetwas sein sollte, wir haben unsere Handys dabei.“ Rebirth fragte nicht nach sondern gab mit einem Nicken zu verstehen, dass er einverstanden war und bat Misa, auf die drei aufzupassen. Er war sehr ernst und wusste, dass es für Matt, Mello und Beyond nicht einfach werden würde und dass es sie emotional sehr belasten würde, aber sie würden trotzdem gehen. Als Akito auf sie zukam, versuchte Rebirth sich nichts anmerken zu lassen und nahm ihn hoch auf seine Schultern. „Hey Akito, worauf hast du Lust? Sollen wir Fußball spielen oder etwas anderes?“ „Onii-chan, können wir noch mal zum See und nach Piranhas suchen?“ Als Misa das hörte, musste sie trotz dieser ernsthaften Situation schmunzeln. Auch wenn ihr Sohn die Kraft einer Gottheit besaß, reifer als ein 12-jähriger war und ziemlich intelligent war, war er trotz allem noch ein Kind und glaubte noch an Sachen wie den Osterhasen oder den Weihnachtsmann. Sie selbst hatte davon wenig Ahnung weil sie mit der westlichen Kultur weniger gut vertraut war, aber sie bemühte sich ihrer neuen Heimat so gut es ging anzupassen aber mit manchen Sachen kam sie einfach nicht zurecht. Da musste sie sich an letztes Weihnachten erinnern, welches sie mit Matt und Mello zusammen bei Beyond verbracht hatten und Akito sie fragte, was der Weihnachtsbaum für eine Bedeutung hatte und warum er geschmückt wurde. Ihre Eltern waren da sehr konservativ gewesen und sie deswegen total aufgeschmissen. Trotzdem wollte sie die Feiertage wie eine normale Familie feiern, damit ihr Sohn sich bei seinen Freunden nicht so ausgeschlossen fühlte, wenn sie über Ostern oder Weihnachten sprachen. Bei der Frage, welche Bedeutung eigentlich der Osterhase und die bunten Eier hatten, da hatte sie bis heute keine richtige Antwort bekommen und selbst Rebirth war da vollkommen überfordert mit der Frage. Manchmal waren die Leute im Westen echt seltsam drauf. Da sie nicht auf den nächsten Zug fahren wollten, bestellte Beyond einen Wagen. Dieser kam recht schnell und nachdem sie dem Fahrer die Adresse nannten, ging es auch schon los. Es war bereits Nachmittag und der Himmel war stark bewölkt, in der Ferne donnerte es sogar und die unangenehme Stille wurde quälend. Mello starrte aus dem Fenster und spielte die ganze Zeit mit dem Handy in der Hand, Beyond schien in einer Art Gefühlstief zu hängen und wie es Matt ging, war nur schwer zu erkennen. Er war ruhig und schien gelassen zu sein, aber das konnte auch nur Fassade sein. Matt zeigte nur selten seine wahren Gefühle, damit sich niemand Sorgen um ihn machte. Plötzlich klingelte Mellos Handy und diese abrupte Unterbrechung erschreckte Misa zunächst. „H ruft an…“ „Schalt auf laut, dann können wir mithören.“ Mello folgte dem Ratschlag seines Freundes und nahm den Anruf an. „Ja was gibt’s?“ „Mello? Hier ist H… ich weiß dass du L unbedingt sehen willst und ich kann verstehen dass du aufgebracht bist, weil ich euch die Wahrheit verschwiegen habe. Aber ihr müsst auch mich und L verstehen… Können wir uns vielleicht an einem neutralen Ort treffen um alles bei einem Gespräch zu klären?“ „Was hast du vor?“ Mello wurde nun langsam wütend über H’s Reaktion und musste sich zusammenreißen um nicht ins Handy zu brüllen oder es aus dem Wagenfenster zu schmeißen. H hingegen klang bedrückt so als schäme sie sich für ihr Verhalten. „Ich möchte einfach nur mit euch sprechen, mehr nicht. Kennt ihr das chinesische Restaurant „Diao ye zong“? Dort bin ich zurzeit…. Es ist nicht weit und einfach zu finden.“ Mello erklärte sich einverstanden und beendete damit das Gespräch. Als Matt den Namen des Restaurants hörte, wurde er hellhörig. „Mello, woher kennen wir noch mal den Namen „Diao ye zong“?“ „Sag bloß du erinnerst dich nicht mehr an Shao Long. Sie hat mich doch im chinesischen Kampfsport unterrichtet.“ „Wer ist Shao?“ fragte Misa, die weder etwas mit dem Restaurant noch mit dem Namen anfangen konnte. Da Mello nicht gerade in Stimmung war, erzählte Matt die Geschichte. „Shao Long ist eine Kampfsportmeisterin und arbeitet unter anderem als Liefermädchen oder führt Shows im Restaurant vor. Sie ist zudem eine sehr gute Freundin der Familie Chang, der das Restaurant gehört. Als wir nach Amerika gezogen sind, ist Mello bei ihr in Ausbildung gegangen und Shao hat ihn ziemlich gequält. Das konnte man schon fast mit dem Training aus dem Film Kill Bill Vol.2 vergleichen. Die Frau hat echt zwei Gesichter.“ „Ich wusste gar nicht dass Mello Kampfsport kann.“ „Er musste schwören, damit nicht rumzuprahlen sondern wie ein wahrer Meister zu handeln, nämlich niemals seinem Feind im Vorfeld zu zeigen, was er kann.“ Nun, das machte selbstverständlich Sinn aber trotzdem konnte Misa sich nur sehr schwer vorstellen dass Mello so richtig Judo, Karate oder Kung fu beherrschte. Sie hatte ihn eher als den Typ Mensch eingeordnet, der mehr auf die Art von Kampfsport setzte, die man auf der Straße lernte. Sie gaben dem Fahrer bescheid, zum Restaurant zu fahren und es dauerte nicht lange, da sahen sie schon von weitem eine Art chinesischen Palast, auf dessen Dach ein goldener Drache thronte und mit weit aufgerissenem Maul in den Himmel sah. Eine imposante Erscheinung und in goldenen Schriftzügen „Diao ye zong“ über dem Eingang geschrieben. „Was bedeutet das eigentlich?“ fragte Misa als sie den Namen las und leider kein einziges Wort chinesisch verstand. Dafür wusste aber Matt Rat. „Übersetzt bedeutet es „Verwelkendes Blatt“. Es wurde während im Herbst während des ersten Weltkrieges gegründet und war zunächst ein einfacher Imbiss, preisgünstig genug um die hungernden Kriegsopfer zu versorgen und der Name soll an die Jahreszeit erinnern, in dem es aufgebaut wurde. Schließlich wurde das Restaurant nicht nur in China sondern auch in Japan, Europa und Amerika berühmt und auf jedem Dach steht ein solcher Drache. Shao hat uns erzählt dass der Drache eine Art Symbol der Familie Chang ist. Angeblich soll ein solcher Drache Liu Chang vor dem Tode gerettet haben und seitdem ist der Drache eine Art Schutzpatron der Familie. Zumindest hat uns Shao das so erzählt.“ Matt redete wie ein Wasserfall, was ihm überhaupt nicht ähnlich sah und Misa ahnte, dass er sich damit nur ablenken wollte. Als sie ausstiegen und zum Eingang gingen, wurden sie bereits von hübschen jungen Frauen in asiatischer Tracht begrüßt und direkt zu ihrem Tisch geführt, der in einem eher ruhigen und abgeschiedenen Teil des Gebäudes lag, eine Art Privatzimmer hinter einer Schiebetür. An einem Tisch saß eine Frau, die ungefähr 25 Jahre alt war und langes schwarzes Haar hatte, welches sie zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Sie trug einen schwarzen Rock, eine weiße Bluse, die jedoch so weit aufgeknöpft war, dass man einen Blick auf ihren Ausschnitt erhaschen konnte und hatte ein sehr schönes Gesicht. Sie hatte gleichzeitig etwas Exotisches an sich, so als hätte ihre Familie irgendwann einmal spanische Wurzeln gehabt. Sie wirkte etwas erschöpft und müde, so als hätte sie stundenlang gearbeitet. Als sie die Ankömmlinge sah, stand sie auf und begrüßte sie mit einem Händedruck. „Ich bin H, ihr könnt mich aber gerne Hester Holloway nennen.“ Hester Holloway… den Namen hatte Misa schon mal gehört. Ja jetzt erinnerte sie sich. Diese Frau bekam für ihre medizinischen Fortschritte in der Behandlung von Krebsgeschwüren eine Auszeichnung und galt weltweit als beste Chirurgin. Sie hatte gleichzeitig auch eine pathologische und psychologische Ausbildung gehabt und so eine prominente Persönlichkeit stand jetzt hier vor ihnen. Sie setzten sich und gaben ihre Bestellung auf. Mello kam gleich zur Sache. „Du schuldest mir eine Erklärung Hester. Ich will wissen wie es zu dem OP-Fehler kommen konnte und wie weit du damit zu tun hast.“ Hesters dunkelbraune Augen schweiften durch die Runde, dann wanderten sie nach unten. Sie begann eine Haarsträhne um den Finger zu wickeln. „Als ich von dem Unfall im Tunnel erfuhr, habe ich alles stehen und liegen lassen um in die Klinik zu kommen, aber da sagte man mir, dass man mit der Operation bereits begonnen hatte und ich brauchte erst einmal Informationen ob L tot war oder nicht. Immerhin gab es dreißig Verletzte und sechs Tote und als ich endlich in den OP-Raum kam, war es fast vorbei und für L bereits zu spät. Der zuständige Chirurg hatte nicht bemerkt, wie das Beatmungsgerät falsch angeschlossen war und die Folge war, dass durch den Mangel an Sauerstoff L massive Schäden am Gehirn zuzog.“ Sie holte ein bedrucktes Papier heraus und zeigte ihnen, welche Stellen betroffen waren. „Ich habe dafür gesorgt dass der Chirurg zur Verantwortung gezogen wurde und versuchte irgendetwas zu tun um L zu helfen aber sein Zustand verschlimmerte sich immer weiter. Er leidet aufgrund eines funktionellen Ausfalls des Großteils seines Gehirns am Apallischen Syndrom was ihr als Wachkoma kennt.“ „Was ist der Unterschied zwischen dem normalen und dem Wachkoma?“ „Das Wachkoma ist ein Zustand zwischen der tiefen Bewusstlosigkeit, die allgemein als Koma bekannt ist und dem bewussten Wachsein. Inzwischen hat L das Wachkoma überwunden, aber leider sprachen die Untersuchungen nicht dafür, dass er jemals wieder derselbe sein wird. Sein Gehirn ist irreparabel geschädigt und er kann weder sprechen noch sehen. Egal was wir auch versucht haben, sein Zustand verschlechterte sich zusehends bis sich die Muskulatur der Extremitäten verkrampfte.“ „Soll das heißen er hat so etwas wie Spastik? Wie geht das?“ fragte Mello, der zwar genau zugehört hatte, von Neurologie allerdings nicht viel verstand. Hester reichte ihnen eine Art Handout um alles besser erklären zu können. „Spastik wird entweder durch eine Schädigung des Rückenmarks oder des Gehirns ausgelöst. Wir haben versucht durch Botoxinjektionen seine Armmuskulatur zu entspannen, aber bis jetzt hatte es nicht den geringsten Erfolg. L leidet unter Tetraspastik, wodurch er sich überhaupt nicht mehr bewegen kann. Regelmäßig kommt ein Physiotherapeut, um eine Kontraktur der Sehnen, Muskeln und Gelenke vorzubeugen aber sonst kann man da nichts tun. Zudem kam es auch zu einem Verlust der Zähne.“ Beyond Birthday war blass im Gesicht und man sah ihm an, dass ihm nicht gut ging. Zwar konnte er L nicht ausstehen, aber so ein Schicksal ließ ihn auch nicht kalt. „L kann nur durch einfache Geräusche kommunizieren und ist durch seine Einschränkungen ein Pflegefall. Zusammen mit zwei anderen Krankenpflegern kümmere ich mich um ihn und ich habe ihm auch viel über euch erzählt. Auch wenn man auf dem ersten Blick keine Reaktion erkennen kann, hat er sich sehr gefreut dass du es geschafft hast, Kira das Handwerk zu legen.“ „Hast du ihm von dem Brand im Waisenhaus erzählt?“ Hester schüttelte den Kopf und trank einen Schluck Wein. „Ich war der Meinung, dass er schon genug ertragen musste und habe ihm stattdessen erzählt, dass du, Matt und Near zusammengearbeitet habt und als ich erzählte, dass du über seinen Zustand bescheid weißt, wurde er unruhig.“ „Was genau hat er gemacht?“ „Er hat sein Essen verweigert und hat keine Ruhe gegeben. Ich schloss daraus, dass er nicht wollte dass jemand außer mir und den Pflegern ihn sieht und auch ich hielt es für keine gute Idee. L mag zwar schwerstbehindert sein, aber er war geistesgegenwärtig genug um mir zu verstehen zu geben, dass er sich niemandem zeigen wollte. Zumindest nicht in diesem Zustand. Wahrscheinlich schämt er sich dafür.“ Als die bestellten Getränke kamen, dauerte es eine Weile bis diese angerührt wurden, Appetit hatte in dieser Situation keiner so wirklich doch stattdessen begann Mello Hochprozentiges zu trinken was bei Misa Besorgnis auslöste. Hester hingegen rührte ihren Wein nicht mehr an. „Ich habe L versprochen, dass ich niemanden von euch zu ihm lasse, eher hat er keine Ruhe gegeben. Ich bitte euch deswegen in seinem Namen, diesen Wunsch zu akzeptieren.“ „Ist es wirklich so furchtbar schlimm wie du beschreibst?“ Hester erkannte, dass Mello ihr wenig vertraute, weil sie ihn belogen hatte und machte den Eindruck, als würde sie jeden Augenblick anfangen zu weinen oder kraftlos zusammenbrechen aber sie erwies sich als starke Frau. Aus ihrer Handtasche holte sie ein Foto heraus, zögerte jedoch es zu zeigen. „Hier seht ihr ein Foto, welches vor knapp drei Wochen geschossen wurde.“ Mit zitternden Händen und Widerwillen in den Augen reichte sie Mello das Foto und biss sich auf die Unterlippe, bis sie zu bluten anfing. Fassungslos sahen die anderen auf die Gestalt, die auf dem Foto abgedruckt war. Ein Mann lag in einem Bett, sie Arme waren völlig angewinkelt und selbst die Finger wirkten verkrampft und die Füße waren verdreht. Die schwarzen Haare waren gerade mal fünf bis sechs Zentimeter lang und die Augen starrten ins Leere als wären sie blind. Der Unterkiefer hatte sich nach vorne geschoben und das Kinn sah ungewöhnlich spitz aus. Man sah auf dem ersten Blick, dass diese Person keine Zähne mehr besaß und die Arme sahen ungewöhnlich dünn aus. Mello ließ das Foto fallen und wurde kalkweiß im Gesicht. Die Person auf dem Foto bot einen furchtbaren Anblick und wirkte wie ein Mann von 60 Jahren. Matt half dem zitternden Mello auf die Beine und brachte ihn zur Toilette. Beyond kamen die Tränen und tröstend nahm Misa ihn in den Arm. Hester hatte traurig den Blick gesenkt. Wenn sie nicht so glaubhaft erklärt hatte, dass es L war, der auf dem Foto zu sehen war, man hätte ihr nicht geglaubt. „Es tut mir leid…“ murmelte sie und steckte das Foto wieder ein. Es dauerte eine Weile, bis Matt und Mello wieder zurückkamen und letzterer machte keinen gesunden Eindruck. Er leerte die ganze Flasche Wein und gleich die zweite. Bald war er richtig betrunken, was er wohl von Anfang an beabsichtigt hatte. „Wir haben da so einen Typ getroffen“ nuschelte er und wollte noch mehr trinken, doch dann konfiszierte Misa die Flasche und stellte sie außer Reichweite. „Der Kerl ist sozusagen der Tod und hat uns besucht.“ Hester schien etwas irritiert zu sein und fragte sich, ob das unsinnige Geschwätz am Alkohol lag. „So ein Mann in schwarz mit Brille und einem Notizbuch mit dem er erkennen kann, wann die Leute abtreten.“ „Mello, du solltest dich besser hinlegen.“ „Nein, er hat völlig recht“ meldete sich nun Beyond Birthday, der die ganze Zeit über teilnahmslos geschwiegen hatte. „Wir wurden in ein paar echt seltsame Geschehnisse verwickelt und es gibt tatsächlich jemanden, der sozusagen den Tod verkörpert und der hat uns gesagt, dass L bald sterben wird damit wir die Gelegenheit bekommen, ihn noch vorher zu sehen.“ „Genau, ich will… will… was will ich denn noch mal?“ Mello hatte sich vollkommen abgeschossen und schien alles Unangenehme einfach vergessen zu wollen. Doch dann riss er sich wieder zusammen und rieb sich die Augen. „Was ich wissen wollte war, ob du vorhast L zu töten! Hast du’s?“ Hester war sichtlich empört über diese Frage aber man konnte ihr auch ansehen, dass Mello ins Schwarze getroffen hatte und so hakte Beyond nach. „Hast du vor Sterbehilfe zu leisten um L zu helfen?“ Nun konnte sich die Frau nicht mehr beherrschen und ihre Augen glänzten vor Tränen. Sie holte ein Taschentuch heraus. „Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie schlimm es ist, sich seit Jahren um den Menschen zu kümmern, zu dem man immer aufgesehen hat. Mein Vater starb an Lungenkrebs als ich noch sechs Jahre alt war und kurz darauf hat sich meine Mutter mit Schlaftabletten umgebracht. L habe ich schon seit meiner Kindheit gekannt weil er für kurze Zeit nebenan gewohnt hat, bis seine allein erziehende Mutter ermordet wurde. Auch wenn wir uns nur sehr selten gesehen haben, waren wir enge Freunde und als ich mit 16 Jahren mein Medizinstudium abgeschlossen hatte, machte L mich zu seiner Leibärztin. Er hat mich auch oft um Rat gefragt und wir hatten ein sehr tiefes Vertrauensverhältnis zueinander. Irgendwann habe ich ihn wie eine Art großen Bruder und Wohltäter angesehen weil er mir so viel ermöglicht hat. Meine Aufgabe war es, rund um die Uhr bereit zu stehen wenn ihm was passieren sollte aber als es darauf ankam, habe ich versagt und fühle mich schuldig, dass er jetzt so ist. Ich habe alles versucht um ihm zu helfen aber stattdessen verschlimmerte ich alles nur noch. Inzwischen muss ich Antidepressiva nehmen und versuche mir nichts anmerken zu lassen. Ich belüge L schon seit Jahren, dass ihr alle eine glückliche Zukunft habt, dass Near und die anderen Kinder noch leben und dass es auch Watari gut geht. Ich tue alles damit es ihm gut geht aber ich merke dass es weder mir noch L gut dabei geht. Wir beide gehen vor die Hunde also habe ich beschlossen, ihm am Jahrestag seines Unfalls eine Überdosis Morphium zu verabreichen, damit weder er noch ich weiterhin leiden müssen.“ Misa empfand großes Mitleid mit der Frau und konnte sie gut verstehen. Es konnte unglaublich schwer sein, rund um die Uhr einen Schwerstbehinderten zu pflegen und wenn es ein guter Freund war, dann war es noch viel schlimmer. Dazu brauchte man emotionale Stärke und eigentlich hatte Hester sie aber wenn sie nebenbei noch im Krankenhaus arbeiten musste und überhaupt nicht mehr zur Ruhe kam, hatte auch sie irgendwann ihr Limit erreicht. Sterbehilfe war gesetzlich verboten und Hester würde ein Verbrechen begehen aber sie sah sich selbst außer Stande, auf diesem Weg weiterzumachen. Und offensichtlich wollte sie bei L einiges wieder gutmachen indem sie ihn von diesem Zustand erlöste. „L kann zwar nicht auf normalem Wege kommunizieren, aber ich sehe ihm an dass er es nicht mehr erträgt so hilflos zu sein. So ein Schicksal hat er einfach nicht verdient!“ Da war es wieder… dieses Wort „Schicksal“. In der letzten Zeit waren sie damit ziemlich oft konfrontiert worden. Beyond, der das Schicksal verfluchte weil er nicht mit seiner Adoptivschwester friedlich zusammenleben durfte… Matt, der vor seinem Leben davonlief weil er seinen Bruder getötet hatte und Mello, der ewig mit der Schuld leben musste, dass er Near nicht retten konnte und Angst hatte, erneut zu versagen. Und durch die Erlebnisse mit Fear und die Geschichte über Ashura hatte neue Zweifel und Fragen aufgeworfen. Durfte man in das Schicksal eingreifen um jene zu retten, die einem wichtig waren aber dafür in Kauf zu nehmen, dass dafür Unschuldige leiden oder sogar sterben mussten? Das Leben war einfach ungerecht und Misa wusste es mehr als gut genug. Sie hatte ihre einzig wahre große Liebe den Tod überlassen um ihr Kind zu schützen und die Frage, welches Leben man nun opferte, war einfach grausam aber jeder wurde irgendwann damit mal konfrontiert. Und die Frage, vor der diese Frau namens Hester Holloway stand war, ob sie sich selbst und einem wichtigen Menschen weiterhin dieses Leid zumutete weil das Gesetz es so vorschrieb oder ein Verbrechen beging um es endlich zu beenden. Moral oder Gesetz, egal wofür Hester sich entscheiden würde, sie würde mit den Konsequenzen leben müssen. „Ich habe bereits alles vorbereitet. Über einen langen Zeitraum habe ich Morphium in unauffälligen Mengen abgeholt, damit niemand Verdacht schöpft. Ich habe alles sorgfältig durchgeplant damit die Pfleger keinen Ärger bekommen und ich habe L davon in Kenntnis gesetzt. Mit meinem Gewissen habe ich es auch vereinbart und ich bin auch bereit eventuell meine Zulassung und meine Freiheit zu opfern damit L endlich in Frieden sterben kann.“ Beyond nickte schweigend so als würde er sein stilles Einverständnis geben. Auch Mello schien sich langsam aber sicher wieder einzukriegen und war wieder einigermaßen klar im Kopf. „Wir werden dir selbstverständlich helfen, immerhin sind wir das L schuldig.“ „Ich habe da auch eine Idee“ meldete sich Beyond, der sich nun auch engagieren wollte um L zu helfen. Immerhin war er es ihm schuldig, nachdem er ihn jahrelang für etwas die Schuld gegeben hatte, wofür er gar nicht verantwortlich war und sich deswegen unfair und grausam gegenüber L verhalten hatte. „In Großbritannien sind die Gesetze zum Thema Sterbehilfe anders als in Amerika. Soweit ich richtig informiert bin darf ein Arzt einen Patienten hohe Dosen an Schmerzmittel verabreichen, auch wenn er dadurch einen schnelleren Tod in Kauf nimmt. L hat doch noch englische Staatsbürgerschaft oder?“ Hester nickte und dachte weiter. „Eigentlich ist er nur hier weil ich die Staatsbürgerschaft habe und wenn wir ihn in England sterben lassen, ist er wenigstens wieder zuhause.“ „Und da die Kinder des Waisenhauses auch dort begraben sind, wird es das Beste für alle sein.“ Die bedrückte Stimmung besserte sich allmählich und sie alle begannen nun alles für L’s letzte große Reise vorzubereiten. Hester schien froh zu sein, dass man ihr nicht noch zusätzliche Steine in den Weg legte sondern dass man ihre Ansichten teilte. „Ich danke euch vielmals.“ „L hat es verdient in Würde abzutreten!“ Kapitel 19: Trauer ------------------ Sie saßen bis in den frühen Morgenstunden zusammen und als sie zurückfuhren, schlief Rebirth auf der Couch und auf dem Tisch lagen zwei leere Pizzaschachteln. Akito lag neben ihm und der Fernseher lief noch. Mello war ebenfalls völlig fertig und musste von Beyond und Matt gestützt werden, da er kaum noch auf den Beinen bleiben konnte. „Echt Mello, du weißt doch dass du keinen Alkohol verträgst. Hat dir das nicht mit Silvester vor drei Jahren gereicht?“ „Lass mich, ich brauchte das“ beschwerte er sich und blies dabei eine Fahne aus, die seinem Freund den Atem verschlug. Als Misa die beiden Schlafenden sah, musste sie schmunzeln. „Meine beiden Jungs…“ Rebirth drehte ganz leicht den Kopf und schnarchte leise. Akito hatte seinen Kopf auf Rebirths Arm gelegt und die beiden waren wirklich ein rührender Anblick. Als Misa sie jedoch zudecken wollte, schien Akito irgendetwas zu murmeln. Er begann unruhig zu werden und es sah nach einem Alptraum aus. „Mama“ murmelte er leise und drehte den Kopf zur Seite. Seine Atmung wurde lauter. „Mama… ich habe Angst!“ Es kam oft vor dass der Kleine im Schlaf sprach oder Alpträume hatte. Misa hatte schon des Öfteren einen Arzt um Rat gefragt, aber dieser meinte dass Alpträume bei Kindern nichts Ungewöhnliches wären. Aber wenn sie manchmal hörte was Akito im Schlaf von sich gab, bekam sie manchmal Angst vor seinen Träumen. „Sie brennen… sie brennen alle. Mama, sie brennen!!!“ „Es tut weh Mama, bitte mach dass es aufhört. Ich… ich kriege keine Luft“ „Warum tut er das? Warum hat er alle umgebracht?“ „Sie sterben alle, warum hilft denn niemand?“ Wenn sie Akito dann am nächsten Morgen fragte, konnte er sich an überhaupt nichts erinnern und machte nicht den Anschein, als sei er verstört. Eine Zeit lang hatte sie es darauf geschoben, dass Akito wegen der Sache mit seinem Vater noch zu kämpfen hatte, aber als sie im Flugzeug nach Amerika saßen und Akito geschlafen hatte, wurden ihre Vermutungen widerlegt. Er murmelte etwas von einem Friedhof von Onbashira und Misa hatte sich daraufhin erkundigt, dazu jedoch nichts gefunden. Onbashira war ein Fest Japan, welches alle sechs Jahre gefeiert wurde aber von einem Friedhof war nirgends die Rede. Aber jetzt, wo sie wusste dass Akito die Wiedergeburt einer Gottheit war, erklärte sie diese seltsamen Alpträume einfach damit, dass Akito etwas sah, dass er in seinem früheren Leben gesehen hatte. Wenigstens erinnerte er sich nicht an diese Träume und das war für Misa ein Trost. Zärtlich streichelte sie Akitos Kopf und gab ihm einen Kuss. Langsam und zögernd wachte Rebirth auf und blinzelte müde. „Misa? Ihr seid schon wieder zurück?“ „Ja, es ist später geworden als geplant. Entschuldigung…“ „Wie spät ist es denn?“ „Schon fast halb vier. Mello ist ziemlich betrunken und wir bringen ihn gerade ins Bett.“ Langsam und vorsichtig um den schlafenden Akito nicht zu wecken, stand Rebirth auf und trug ihn ins Zimmer. Mello hingegen ließ sich ganz schön hängen und ließ sich auf einen Stuhl in der Küche setzen. „Scheiße ist mir schlecht.“ „Hast du dir selbst zuzuschreiben“ meinte Beyond mit einem leicht anklagenden Ton und reichte seinem Freund eine Magentablette. „Aber wenn ich ehrlich sein soll, ich stand auch kurz davor mich zu betrinken aber das hätte auch nichts geändert.“ Während Misa sich bettfertig machte und auch Matt sich verabschiedete, blieb Beyond noch eine Weile bei Mello um auf ihn aufzupassen denn im alkoholisierten Zustand war Mello absolut unberechenbar. „Weißt du mein Lieber“ sagte dieser schließlich und trank sein Wasser zusammen mit der Tablette. „Es gibt nicht viele Menschen, zu denen ich aufsehe und nach denen ich meine Lebensweise richte. Ehrlich gesagt gibt’s nur drei: Diese Shao von der ich bereits erzählt hab… die mir alles über den Kampfsport beigebracht hat. Dann Master Chief Petty Officer der Marine James Gibson, der aus mir einen richtigen Mann gemacht hat und schließlich L, der mir das Gefühl gegeben hat, dass ich nicht nur irgendein stinknormales Waisenkind bin sondern dass ich auch was wert bin. Als wir aus San Francisco geflohen sind, sind wir hauptsächlich per Anhalter oder auf andere Weisen durchs Land gereist, bis wir nach Boston kamen und von dort aus mit einem Schiff nach Schottland gefahren sind. Während der Reise hatten wir nichts zu essen und nichts zu trinken. Als man uns im Laderaum fand, waren wir bereits halb tot und Matts Verletzung, die er sich beim Erdbeben zugezogen hat, hat sich entzündet. In Schottland hat man uns ins Krankenhaus gebracht.“ „Und was hat das mit L zu tun?“ „Ich komm noch drauf zu sprechen, keine Sorge! Jedenfalls haben die erfahren, dass wir Ausreißer sind und die wollten uns wieder zurückschicken in die Vereinigten Staaten. Ich hatte Angst davor und bin mit Matt aus dem Krankenhaus getürmt. Bis nach London haben wir es geschafft, bis uns fast ein Auto überfahren hätte. Ein junger Mann stieg aus und hat uns angeboten, dass wir eine Zeit lang bei ihm wohnen könnten. Als wir alles über unsere Flucht aus unserer Heimat erzählt haben, meinte er lediglich, dass es wirklich sehr viel Intelligenz und Kreativität erfordern würde, es so weit zu schaffen. Er versprach uns, dass wir nicht nach Hause zurückgeschickt würden und dass wir ein neues Zuhause bekommen würden. Erst später haben wir erfahren, dass der Mann niemand anderes als L war und er hat uns ziemlich viel ermöglicht. Für mich war er jemand, der aus der Ferne heraus uns beobachtet und als Gegenleistung nur erwartete, dass man ihn stolz machte. So ähnlich wie dieser Kerl aus dem Jean Webster Roman.“ „Du meinst dass L so ist wie Daddy Langbein?“ Mello nickte und stützte seinen Kopf auf seine Handfläche ab. „Irgendwie schon in der Art. Ich meine wir wurden immer unterstützt, wir hatten ein Dach über den Kopf, saubere Kleidung und warme Mahlzeiten und wir mussten uns als Gegenleistung nur im schulischen Bereich Mühe geben. Ich wollte L stolz machen, mehr nicht und deswegen habe ich alles versucht um sein Nachfolger zu werden. Als es dann hieß dass L bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen wäre, habe ich geschworen Kira mit meinen eigenen Händen zu töten.“ Mello saß wie ein kleines Häufchen Elend da und sah bemitleidenswert aus. Beyond verstand ihn sehr gut, immerhin war L für viele eine sehr wichtige Person gewesen, ein großes Vorbild eben und wenn man von solch einem Schicksalsschlag erfuhr, war das sehr hart. „Ich weiß echt nicht mehr was ich noch machen soll. Seit ich weiß dass L noch lebt und wir jahrelang belogen wurden, habe ich irgendwie meinen Lebenssinn verloren. Ich hab das Gefühl vor einem großen Scherbenhaufen zu stehen und ich weiß nicht, wie ich den wieder aufgeräumt bekomme. Ich fühle mich total desillusioniert.“ „Ich verstehe dich sehr gut. Als Rumiko mir die Wahrheit vor ihrem Tod erzählt hat, wusste ich auch nicht mehr was ich denken und fühlen sollte. Irgendwie war für mich der Großteil meines Lebens ein riesiger Haufen Missverständnisse und Lügen. Selbst nach einem Jahr habe ich immer noch keine Lösung gefunden, wie ich das alles auf die Reihe kriegen soll.“ Bedrückt saßen sie beide am Tisch in einer dunklen Küche und hatten beide das Gefühl, dass sie in ihrem Leben nicht wirklich etwas auf die Reihe bekommen hatten und wussten nicht, was sie tun sollten. Dann aber schien Beyond eine Idee zu haben. „Du hast doch noch zwei, zu denen du aufblicken kannst und die ein großes Vorbild für dich sind. Warum gehst du nicht zu dieser Shao oder dem Navy Officer?“ „Ich weiß nicht. Shao ist keine große Hilfe und hat wegen ihrer Arbeit im „Diao ye zong“ wenig Zeit. Und Officer Gibson ist nicht der gute Zuhörer sondern hat Spaß daran, die Rekruten auf dem Zahnfleisch daher kriechen zu lassen.“ „Na das wäre doch was“ meinte Beyond schließlich. „Du brauchst Ablenkung und dieser Navy Officer ist doch genau der Richtige. Ich zum Beispiel habe meinen Laden und der fordert mich auch sehr und dadurch geht es mir auch viel besser. Vielleicht solltest du noch mal zu ihm hingehen.“ Mello schien über diesen Vorschlag nachzudenken und seinem Gesichtsausdruck zufolge konnte er es sich sogar vorstellen, zu seinem alten „Ausbilder“ zurückzugehen. Schließlich spielte sich ein Lächeln auf seine Lippen und dann begann er zu lachen. „Dabei konnte ich es kaum erwarten, ihn endlich los zu sein. Gibson ist mit diesem Gunnery Sergeant Hartmann zu vergleichen, diesen Typ aus diesen einen Film. Weil ich meine Haare nicht abrasieren wollte, hat er mich daraufhin nur noch „Privat Melinda“ genannt und keine einzige Gelegenheit ausgelassen, mich wie Dreck zu behandeln. Ich musste morgens um 5 Uhr aufstehen und Frühsport machen, welcher echte Folter war. Jeden Tag hatte ich Schmerzen und habe sogar kotzen müssen und ich durfte weder Rauchen, Alkohol trinken oder Mädels mitbringen und egal wie alt ich war, nach Sonnenuntergang durfte ich nicht mehr draußen bleiben es sei denn mit ausdrücklicher Erlaubnis oder wenn eine Nachtwanderung bevorstand. Echt, der Kerl hat mich fast in den Wahnsinn getrieben und ich dachte er hasst mich. Aber als ich dann mit hohem Fieber krank wurde und ich trotzdem mit dem Training weitermachen wollte, hat er mich regelrecht im Zimmer eingesperrt, strenge Bettruhe verordnet und einen Arzt gerufen. Und wenn ich Geburtstag hatte, war er ein vollkommen anderer Mensch. Fast schon wie ein Vater.“ „Dann ist er doch genau die richtige Adresse. Er wird dir bestimmt helfen, dein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Sich hängen zu lassen ist die völlig falsche Einstellung.“ Mello fuhr sich durch sein blondes Haar und atmete tief durch. „Weißt du Beyond, als ich dich in Japan kennen lernte, hielt ich dich zunächst für einen eiskalten egoistischen Serienmörder und ich dachte, dass du Rebirth zum Killer erziehen wolltest. Aber inzwischen muss ich zugeben, dass ich mich auf meine Menschenkenntnis nicht verlassen sollte. Du bist ein echt toller Freund und ich muss mich entschuldigen, so schlecht von dir gedacht zu haben.“ „Schon okay, ich mach es den Leuten ja auch nicht gerade leicht anders von mir zu denken und ich bin auch nicht stolz darauf.“ Mello begann nun zu weinen wie ein kleines Kind und heulte sich an Beyonds Schulter aus. Dieser merkte, dass der arme Kerl echt zu viel getrunken hatte und jetzt dringend ins Bett gehörte. „Komm, ich bring dich ins Bett damit du deinen Rausch ausschlafen kannst.“ Beyond stand auf und half Mello hoch, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Vorsichtig gingen sie den Flur entlang in das Zimmer, wo Matt bereits tief und fest schlief. „Versuch einfach ein wenig zu schlafen“ verabschiedete sich Beyond und wollte gerade zur Tür raus, da rief Mello hinterher. „Deine Schwester kann stolz auf dich sein. Du bist ein guter Mensch, ein guter Mensch bist du….“ Doch Beyond antwortete nicht sondern schloss die Tür und ging zunächst ins Wohnzimmer, dann aber holte er seinen Wohnungsschlüssel und verließ das Haus. Es war dunkel und kalt draußen und still noch dazu. Lediglich das Zirpen von Grillen und das Quaken von Fröschen war von weiter weg her zu hören. Beyond lief durch die dunkle Nacht und lief bis er die Innenstadt verlassen hatte und nun den Friedhof erreichte. Auf dem Friedhof war es stockfinster aber er wusste genau, wie genau er gehen musste. Langsam ging er geradeaus bis er zu einem Grabstein kam, auf dem ein kleiner Engel thronte und bog links ab. Irgendwann erreichte er ein Grab, wo ein Marmorgrabstein stand und daneben ein Kreuz. Er sah sie trotz der Dunkelheit schon von weitem und vor dem Grab mit dem Kreuz stand eine dunkle Gestalt, die sich daran zu schaffen machte. „Hey“ rief Beyond und wurde schneller. „Wer sind Sie und was haben Sie an dem Grab zu suchen?“ Die Gestalt schreckte hoch und sah sich um. Sie schien sich ertappt zu fühlen und wich vorsichtig zurück. „Wer sind Sie?“ fragte Beyond mit lautem Tonfall und kam näher. Hastig sah sich der Unbekannte um, dann lief er davon und verlor dabei etwas. Beyond versuchte gar nicht erst ihm nachzulaufen, dazu war es einfach zu dunkel aber er hob den Gegenstand auf, welchen der Geflohene verloren hatte. Es war ein Feuerzeug, ein Feuerzeug speziell für Kerzen. Wofür hatte der Kerl das wohl gebraucht? Zögernd ging er zum Grab hin, wo das Kreuz stand. Es war Jamie Millers Grab, der vor 18 Jahren verstorbene Jugendfreund von ihm und Rumiko, der von seinem Vater brutal zerstückelt und in einer Sporttasche in der Hütte am See versteckt wurde. Er und Rumiko hatten sich kurz vor seinem Verschwinden das Versprechen gegeben zu heiraten, wenn sie erwachsen wären und die rote Schleife, die Rumiko die ganze Zeit über bis zu ihrem Tod getragen hatte, war sozusagen der Ersatz für einen Verlobungsring. All die Jahre hatte sie fest daran geglaubt, dass er noch leben würde und sie ihn nur suchen musste. Vorsichtig kniete er sich an Jamies Grab und sah, dass jemand Blumen gebracht hatte und ein neues Grablicht hingestellt hatte. Ob der Unbekannte das etwa getan hatte? Aber warum schleicht sich jemand heimlich bei finsterster Nacht auf einen Friedhof, nur um Blumen und Kerze ans Grab zu bringen? Beyond wurde daraus nicht schlau, zündete aber das Grablicht an und steckte das Feuerzeug ein. „Jamie, ich hoffe du passt gut auf meine Schwester auf, egal wo sie gerade ist. Du hast Rumiko als Einziger das gegeben, was sie gebraucht hat und ich hab sie immer nur wie Dreck behandelt. Sie hat so viel für mich ertragen und ich habe ihr nie wirklich danken können. Ständig träume ich von ihr und habe Stunden nach dem Aufwachen das Gefühl, ich hätte sie tatsächlich in den Armen gehalten… Vielleicht werde ich durch meine Schuldgefühle ja auch verrückt, ich weiß es nicht. Wenn ich doch nur die Chance bekäme alles wieder gutzumachen… nur eine Chance. Ich will doch nur dass Rumiko und ich wieder eine Familie sind.“ Weinend sank er auf die Knie und fühlte sich völlig alleine gelassen. „Wenn sie schon nicht bei mir sein kann, pass du wenigstens gut auf sie auf und sag ihr, dass es mir Leid tut und ich bald zu ihr kommen werde. Auch wenn sich Misa, Mello, Matt und Rebirth gut um mich kümmern und ich mich hier inzwischen eingelebt habe, halte ich es einfach nicht mehr aus. Ich fühle mich trotz meiner Freunde alleine und ein großes Loch klafft in meinem Herzen, das ich einfach nicht schließen kann.“ Nun ging Beyond zum Grab neben dem Kreuz und legte seine Hand auf den glatten Marmor. „Ich liebe dich Rumiko, auch wenn so viel zwischen uns gestanden hat, habe ich dich geliebt. Du warst mir damals eine richtige Mutter und auch eine liebevolle Schwester. Ich habe das nie wirklich zu schätzen gewusst und dir die Schuld gegeben warum Vater getrunken und Mutter sich geritzt hat. Als du sie damals vor dem Zug gestoßen hast, habe ich geglaubt dass du das allein aus Hass getan hast. Aus Hass gegen unsere Familie aber du hast gewusst dass sie uns umbringen wollte. Du hast mir immer wieder das Leben gerettet und mich beschützt. Verdammt noch mal ich habe dir in Boston in den Kopf geschossen, als ich dich aufgespürt hatte und du hast es überlebt. Selbst die Messerstiche in die Brust, die ich dir zugefügt habe als ich dich auf der Karasumainsel gefunden habe, konnten dich nicht töten. Warum nur musstest du an ein paar Schüssen sterben? Du hättest dich retten können und stattdessen bist du zu mir gegangen um mir zu sagen, wie du wirklich fühlst. Ich verstehe das alles nicht!“ Beyonds Stimme zitterte und er sank auf die Knie, legte seine Hände auf den Grabstein und lehnte seine Stirn an den kalten Marmor. „Ich will nicht mehr alleine sein… ich möchte mit dir eine Familie sein, mehr nicht. Ich würde alles für dich aufgeben, wirklich alles….“ Es war bereits hell als Beyond in der Friedhofskapelle zu sich kam. Er fror am ganzen Körper und zitterte. Wie war er hierher gekommen? „Du solltest dir in Zukunft einen anderen Schlafplatz suchen. Zwar ist es nicht so kalt dass man sich den Tod holt, aber du hättest dir einen Schnupfen holen können.“ Ein Mexikaner kam herein, ertrug ein beigefarbenes Hemd und Shorts, dazu noch einen Sonnenhut, den er jedoch abgenommen hatte. Es war Juan Ortega, der ehemalige Friedhofsgärtner. „Ich hab schon oft gehört dass sich Jugendliche schwarz kleiden und anmalen und Sitzungen auf Friedhöfen abhalten aber bei dir hätte ich das nicht gedacht mein Lieber. Was treibst du dich nachts in der Dunkelheit am Grab deiner Schwester herum?“ Juan war der Einzige, der niemals Wörter wie „Adoption“ in den Mund nahm um Menschen voneinander zu unterscheiden sondern betrachtete Beyond und Rumiko als richtige Geschwister. Er ging zu Beyond und reichte ihm eine Tasse Tee. „Wieso sind Sie eigentlich hier?“ „Nun, ich möchte meine verbleibende Zeit nicht mit Bingospielen und Herumsitzen vergeuden sondern noch etwas arbeiten. Als ich kam um den Weg zu fegen, hab ich dich schlafend am Grab deiner Schwester gefunden. Hab dich mit der Hilfe meines Nachfolgers erst mal in die Kapelle gebracht.“ Dankend nahm Beyond den Tee entgegen und trank einen Schluck. „Wie spät ist es?“ „Kurz vor acht. Soll ich dich nach Hause bringen?“ „Danke, das wäre sehr nett. Außerdem muss ich gleich in den Laden.“ „Was? In dem Zustand?“ fragte Juan stirnrunzelnd und sah Beyond an, der nicht gerade einen fitten Eindruck machte. Seine Kleidung war dreckig und viel geschlafen hatte er auch nicht. „Ich kann seit meiner Kindheit nicht mehr als vier Stunden schlafen, also kann ich auch heute arbeiten gehen. Außerdem kommt jemand zum Vorstellungsgespräch und ich hab bereits zugesagt, dass ich komme.“ Juan akzeptierte die Entscheidung mit einem Kopfnicken und nach dem Tee brachte er Beyond wie versprochen nach Hause, wo er bereits von seinen sehr besorgten Freunden empfangen wurde mit Ausnahme von Mello, der immer noch im Bett lag und seinen Suff ausschlief. Beyond erklärte sein plötzliches Verschwinden mit einem Spaziergang um einen klaren Kopf zu bekommen. Über den Grabbesuch verlor er kein Wort um die anderen nicht noch mehr zu beunruhigen. Juan verabschiedete sich wieder und legte Beyond nahe, nachts keine Spaziergänge mehr zu machen. „Willst du dich nicht besser hinlegen und ausruhen?“ fragte Misa besorgt und bot ihm einen Kaffee an, den Beyond jedoch dankend ablehnte. „Es ist alles in Ordnung und heute ist ein Bewerbungsgespräch, das ich nicht einfach hinschmeißen kann. Ich musste die Bewerberin gestern schon vertrösten.“ „Wie heißt sie denn?“ „Keine Ahnung, Jenny hat lediglich gesagt dass es eine blonde Frau ist, die sehr hübsch ist und als Lehrerin gearbeitet hat. Zudem soll sie sehr freundlich sein.“ Beyond ging ins Badezimmer um erst mal eine warme Dusche zu nehmen bevor er sich auf den Weg machte. Misa, Matt und Rebirth machten das Frühstück während Akito mit seinem Feuerwehrauto spielte und fragten sich, warum ihr Freund nachts einfach verschwand. Ob er vielleicht etwas getan hat, wovon niemand erfahren durfte? Klar war, dass er nichts sagen würde und dass sie so viel nachfragen konnten wie sie wollten, er würde schweigen. Schon von klein auf hatte er seine Probleme allein gelöst und wollte jetzt seine neu gewonnenen Freunde nicht damit belasten. „Rebirth, hast du vielleicht eine Ahnung was er die Nacht getrieben haben könnte?“ fragte Matt und legte seine PSP beiseite als diese aufgrund eines leeren Akkus den Geist aufgab. Der 14-jährige, der Beyond Birthday schon lange kannte, musste nicht lange nach einer Erklärung suchen. „Ich würde sagen er war am Friedhof. Er vermisst Rumiko einfach.“ „Aber das ist doch nicht normal. Echt, er muss sich doch mal richtige psychologische Hilfe suchen. Irgendwann muss er über ihren Tod hinwegkommen.“ „Anfangs war er bei einer Traumatherapie und es ging ihm auch gut aber er hat die Therapie zu früh abgebrochen und hat deswegen einen Rückfall. Er hat Angst dass er Rumiko vergessen könnte.“ Matt nickte, schien aber nicht ganz schlau aus Beyond zu werden und nahm sich ein Brötchen, welches er mit Marmelade bestrich. „Irgendwie verstehe ich ihn nicht wirklich. Er hat sie doch abgrundtief gehasst und ihr die Schuld für alles gegeben und jetzt auf einmal verhält er sich wie einer, der einen geliebten Menschen verloren hat. Kannst du mir das vielleicht erklären?“ „Das, was Beyond all die Jahre gefühlt hat, war Hassliebe. Er hat sie für ihre Grausamkeit gehasst aber er liebte sie auch für die Dinge, die sie für ihn getan hat. Die beiden hatten schon immer tiefe geschwisterliche Liebe füreinander gehegt aber weil so viele Missverständnisse im Raum standen, haben sie sich immer wieder weggestoßen. Es ist eine sehr komplizierte Beziehung zwischen den beiden und jetzt, wo alle Missverständnisse aus dem Weg geräumt sind und beide endlich einmal ehrlich zueinander waren, hat das Schicksal sie wieder auseinander gerissen und dieses Mal für immer. Und das ist es was Beyond so sehr verletzt. Er hat Schuldgefühle weil er Rumiko so ungerecht behandelt hat, obwohl sie ihn all die Jahre nur beschützen wollte.“ „Aber sie wollte das doch so, sonst hätte sie ihn umgebracht weil sie sich selbst nicht unter Kontrolle hatte, oder sehe ich das falsch?“ Rebirth war sich nicht ganz sicher und schüttete sich Milch in seine Schüssel Müsli. „Ich denk schon dass du Recht hast. Immerhin hat sie mindestens 30 Menschen zerstückelt und enthauptet und hätte Beyond damals beinahe erwürgt, nachdem sie seine Mutter vor den Zug gestoßen hat. Und Beyond hat ihr während der jahrelangen Fehde zig mal in die Brust gestochen und ihr einmal in den Kopf geschossen, was sie nicht umbringen konnte. Dass sie durch drei Pistolenschüsse verblutet ist, nur weil sie einfach weitergelaufen ist um mit ihm zu reden, das kann er einfach nicht verstehen.“ „Alles wird gut werden“ rief Akito und sah die beiden zuversichtlich an während er mit seinen Spielsachen spielte. „Kennt ihr nicht diese Colawerbung wo gezeigt wird dass das Leben nicht so schlecht ist? Auf einen Panzer kommen 131.000 Stofftiere und es gibt mehr lustige Videos als schlechte Nachrichten. Wir glauben nur dass immer nur Schlechtes passiert aber nur deswegen, weil wir dem mehr Beachtung schenken als den freundlichen Gesten. Onkel Beyond wird es sicher bald wieder gut gehen!“ „Woher willst du das wissen Kleiner?“ fragte Matt und hob die Augenbrauen. Akito grinste breit und kicherte. „Ich glaube einfach daran, dass es nicht immer nur Schlechtes gibt! Immerhin könnte das Negative nicht ohne etwas Positivem existieren.“ Das stimmte nun auch wieder und Matt musste schmunzeln. Den Jungen konnte wirklich nichts erschüttern. Immer wenn es Probleme gab und es jemandem nicht gut ging war er es, der mit seinem Optimismus die anderen wieder aufbaute und ihnen die nötige Kraft gab, an bessere Zeiten zu glauben. Vielleicht lag es daran, dass er noch ein Kind war und die Sorgen der Erwachsenen nicht verstand oder konnte es sein, dass es der Einfluss seiner „Kraft“ war, von der Shin erzählt hatte? Immerhin besaß Akito die Gabe, die Herzen der Menschen lesen und beeinflussen zu können oder sogar vollständig zu manipulieren. Zwar würde er nicht glauben dass der Kleine die Absicht hegte, einen Menschen vollständig zu verändern aber er benutzte sie um seinen Mitmenschen über ihren Kummer hinweg zu helfen und ihnen Kraft zu geben, allein aus ihrem seelischen Tief zu entkommen. Er verlor niemals die Hoffnung und ehrlich gesagt war Matt froh, dass er und Mello Misa vor einem Jahr nicht einfach so getötet hatten. Wer weiß ob Akito immer noch so zuversichtlich gewesen wäre. Aber das hätte Rebirth auf keinen Fall zugelassen, immerhin war er so was wie ein Beschützer für den 7-jährigen, der da unschuldig auf dem Boden spielte und in Wahrheit die Intelligenz eines Erwachsenen und die Kraft einer Gottheit besaß. Das war fast schon unheimlich… Beyond kam in die Küche und aß sein Frühstück, da kam plötzlich Akito zu ihm und sah mit großen Augen zu ihm rauf. „Onkel Beyond“ begann er und sah ihn mit seinen leuchtend blauen Augen an. „alles wird gut werden, du musst nur ganz fest daran glauben.“ Beyond erwiderte traurig seinen Blick und streichelte ihm den Kopf. Er wirkte nun irgendwie alt, ausgezehrt und müde. Matt, Rebirth und Misa konnten ihm ansehen, dass es ihm überhaupt nicht gut ging und er keinen Lebenswillen mehr zu haben schien. Rumikos Tod und L’s Zustand hatten ihn innerlich gebrochen und er war nur noch ein Schatten seiner selbst. Auch Akito schien das zu spüren und er umarmte ihn. Mit einem Gefühl als würde sein Kopf Tonnenschwer wiegen, fuhr Beyond zunächst mit dem Bus zum Optiker um seine Brille abzuholen. Nachdem die Bügel eingestellt worden waren, bezahlte Beyond tonlos die Brille und setzte sie auf. „Ihre Augen werden eine Weile brauchen, bis sie sich daran gewöhnt haben und es kann sein dass Sie im Laufe des Tages leichte Kopfschmerzen verspüren werden. Deshalb ist es wichtig, die Brille so lange wie möglich zu tragen und nicht abzunehmen, wenn Sie Kopfschmerzen haben.“ Beyond hörte nur teilweise zu, er konnte sich einfach nicht konzentrieren und bezahlte tonlos, dann verließ er den Laden und wartete an der überdachten Bushaltestelle. Es hatte bereits zu regnen begonnen und in der Ferne donnerte es. Warum machte er das eigentlich? Warum hatte er den Buchladen eröffnet und tat so, als wäre nichts gewesen? Im Grunde genommen machte er sich doch nur etwas vor. Er vermisste die Zeit mit Rumiko, auch wenn diese nicht gerade zu den schönsten zählte. Sie hatte ihren Weg wie eine rote Linie durch sein Leben gezogen und nun war diese weg. Alles, was ihm jetzt noch blieb war abgrundtiefe Dunkelheit in seinem Herzen und eine große Leere. Von weitem hörte er Schritte, das Geräusch von Absätzen und er glaubte für einen Moment Rumikos Schritte zu hören. Er kannte ihre Gangart genau, er hatte sie schon als Kind immer sofort erkannt. Immer wenn Rumiko einen Schritt nach vorne machte, kratzte die Sohle ihres linken Fußes ganz kurz über den Boden so als würde sie ihr Bein ein klein wenig nachziehen. Sie tat dies nicht weil sie einen Gehfehler hatte sondern aus Gewohnheit weil sie im Alter von 7 Jahren von ihrem Adoptivvater die Treppe heruntergetreten worden war und sich dabei den Knöchel verletzte. Seitdem hatte sie diese unverkennbare Gangart, die er überall wieder erkennen würde. Schnell drehte er sich um, in der Hoffnung vielleicht seine Adoptivschwester zu sehen, doch Fehlanzeige. Er sah nur eine Gestalt unter einem großen schwarzen Regenschirm an der Bushaltestelle vorbeigehen. Sie war in Begleitung eines Mannes, der Beyond im Entfernten ein klein wenig an Seimei erinnerte. „Irgendwie habe ich das Gefühl ich drehe bald durch…“ Kapitel 20: Rückkehr -------------------- Als Beyond die Buchhandlung erreichte, war das Gewitter schlimmer geworden und ein Blitz hatte in einen Baum eingeschlagen. Beyond wurde von Jenny begrüßt, die gerade dabei war das Regal mit den Buchneuheiten aufzufüllen. „Tag Chef, hübsche Brille“ grüßte sie ihn mit einem fröhlichen Ton und blinzelte ihm verschmitzt zu. Sie nannte ihn nur im Buchladen „Chef“ und meistens nur, um ihn ein wenig zu ärgern da er es nicht mochte, so genannt zu werden. Doch als sie sah wie schlecht es ihm ging, legte sie die Bücher wieder auf den Bücherwagen und ging zu ihm hin. „Alles in Ordnung mit dir? Du siehst gar nicht gut aus.“ „Ich… ich hatte nur ein paar Probleme die letzten Tage, die mich sehr mitgenommen haben. Ein alter Bekannter von mir hatte nämlich einen Autounfall und ist seitdem schwerstbehindert. Er wird es nicht mehr lange machen…“ Jenny war eine sehr verständnisvolle wenn auch distanzierte junge Frau. Sie hakte nicht nach wenn sie merkte, dass es ihren Chef sehr belastete und er nicht darüber reden wollte und sie drängte ihn auch zu nichts. Das war auch einer der Gründe, warum er sie eingestellt hatte. „Das ist wirklich sehr schlimm. Und du willst nicht nach Hause um eine Auszeit nehmen?“ „Nein, ich hab fest zugesagt, dass ich mich heute um die Bewerberin kümmere und wenn du wüsstest, was alles bei mir abgelaufen ist, dann würdest du trotz allem auch lieber zur Arbeit gehen. Außerdem brauche ich Ablenkung.“ Jenny nickte seufzend und gemeinsam begannen sie die Bücher einzusortieren, die Lieferungen entgegenzunehmen und die Kunden zu bedienen. Doch Beyond konnte sich kaum konzentrieren und brachte immer wieder etwas durcheinander sodass Jenny ihm vorschlug, erst mal eine kleine Pause zu machen, da bis zum Bewerbungsgespräch noch genügend Zeit sei. Zunächst wollte dieser jedoch dagegensprechen, aber er sah selbst ein, dass er in seinem Zustand nicht wirklich arbeiten konnte. „Ich bin spätestens in einer halben Stunde wieder da.“ „Lass dir ruhig Zeit!“ Da der Regen nicht besser wurde, lieh sich Beyond einen Regenschirm und ging durch die kleine Innenstadt, blieb hin und wieder stehen, ohne Ziel wohin er gehen sollte. Tatsache war, dass er weg wollte. Er wollte einfach nur weit weg aber war er nicht hierher zurückgekehrt um mit der ewigen Flucht vor dem Leben und der Vergangenheit aufzuhören? Sein Weg führte ihn zum alten Stadtteil, wo es einen kreisrunden Platz mit Springbrunnen gab. Eine Mutter tadelte gerade ihre kleine Tochter, die am Kleid dunkle Flecken hatte als hätte sie am Wasser gespielt während ihr Bruder eher teilnahmslos daneben saß und sein Eis aß. Diese Szene kam ihm sehr gut bekannt vor. Seine Mutter hatte Rumiko damals ausgeschimpft weil sie sich gegen ihren Klassenkameraden gewehrt hatte, der sie bedrohte. Sie nahm die Standpauke damals schweigend hin und nachdem Rumiko sich verändert hatte, war der Junge für ganze drei Tage verschwunden und wurde im Heizungskeller der Schule gefunden. Die Luft war dermaßen schlecht gewesen, dass der Junge irgendwann kollabiert war. Die Ursache war, dass jemand an den Rädchen gedreht hatte und der Junge hatte auch zahlreiche Hämatome und gebrochene Rippen. Erst viel später wurde Beyond klar, dass es Rumiko gewesen war, die sich an ihm gerächt hatte. Der Junge war vollkommen traumatisiert und der Fall konnte nie geklärt werden. Immer mehr Kinder wurden eingesperrt oder verprügelt und als der ermittelnde Inspektor mitten auf dem Schulhof erschossen wurde, verhängte man eine Ausgangssperre. Dann aber änderte sich das Bild. Das kleine Mädchen begann zu weinen und entschuldigte sich, dann nahm ihre Mutter sie tröstend in den Arm. Warum nur konnte seine Mutter nicht genauso sein? Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sie ihm als kleines Kind Geschichten vorgelesen oder ihm den Kopf gestreichelt hat. Okay, sie hatte zwar hin und wieder Essen gekocht und manchmal Haushaltspflichten erledigt aber ansonsten hat sie entweder TV-Soaps gesehen, sich geritzt und sich eingeschlossen. Es kam oft vor, dass sie hungern mussten aber dann war es Rumiko gewesen, die das Geld aus der Haushaltskasse nahm und einkaufen ging um selbst etwas zu kochen. Schon wieder musste er an Rumiko denken… Egal was er auch tat, sie ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf. Es trieb ihm Tränen in die Augen und schmerzte in seiner Brust. Vielleicht… vielleicht sollte er endlich sein verkorkstes Leben beenden. Immerhin hatte er doch nichts getan, worauf er stolz sein konnte und er sah auch keinen wirklichen Grund mehr, wieso er noch am Leben bleiben sollte. Beyond ging ins Eiscafe und bestellte sich dort einen Cappuccino. Die Kellnerin bot ihm die Tageszeitung an, die er jedoch mit wenig Interesse las. Doch so konnte er die Zeit am besten totschlagen und verlor die Zeit vollkommen aus den Augen. Als Jenny ihm eine SMS schrieb, las er sie noch nicht einmal und schrieb ihr dass er im Eiscafe sei und bestellte sich bereits seinen dritten Cappuccino. Irgendwann hörte er schon wieder diese Schrittgeräusche, die ihm so bekannt vorkamen. Jetzt haben wir es, jetzt bin ich endgültig reif für die Irrenanstalt, dachte Beyond und versuchte sich auf seine Zeitung zu konzentrieren. „Entschuldigen Sie bitte die Störung aber Ihre Angestellte Ms. Wilcos sagte mir dass Sie hier seien. Ich bin wegen des Bewerbungsgesprächs gekommen.“ Die Stimme der Frau hatte einen sehr schönen und vertrauten Klang. Sicher hatte sie eine gute Gesangsstimme. „Warum haben Sie mit Ms. Wilcos nicht über einen neuen Termin gesprochen?“ „Weil es nur heute geht und man mir sagte, dass Sie heute da seien. Und außerdem hat man mir gesagt, dass ein anderer Termin zu spät sein könnte!“ Beyond spürte Ärger in sich hochkochen und wollte diese lästige Person einfach nur noch loswerden um in Ruhe weiterlesen zu können und legte seufzend die Zeitung beiseite. In dem Moment hatte er das Gefühl, als würde sein Herz einen Schlag aussetzen. Vor ihm saß eine wunderschöne blonde Frau mit meeresblauen Augen und in einem sommerlichen Kleid. Im Haar trug sie eine rote Schleife. Ihr Gesicht war von asiatischen Zügen gekennzeichnet und war makellos. Beyond konnte nicht fassen, wer da vor ihm saß und brachte kein einziges Wort heraus. Er konnte nicht einmal die Tränen zurückhalten und zitterte. Sanft lächelte ihm die Frau zu, stand auf und umarmte ihn. „Ich bin wieder zuhause Beyond.“ „Rumiko… aber… aber wie… wie kann das sein? Ich habe doch im Arm gehalten als du gestorben bist.“ „Es ist alles gut“ tröstete sie ihn und umarmte ihn so wie in seinem Traum von dem er jetzt glaubte, dass dieser keiner gewesen war. „Erinnerst du dich? Dank Ashuras Intrige habe ich einen Körper bekommen, in dem ich leben kann. Ich wollte eigentlich sofort zu dir aber Shin und Seimei haben mich nicht sofort gehen lassen und in dem Bewerbungsgespräch wollte ich dich überraschen.“ Bitte Gott, lass es dieses Mal kein Traum sein. Keine Illusion, keine Wahnvorstellung… einfach nur die Realität. Und wenn das ein Traum ist, dann will ich nie wieder aufwachen! Nie wieder… „Ein Bekannter von Shin hat mich zur Buchhandlung gebracht und als es dort hieß du seiest noch nicht zurück und er sagte mir, dass du planst Selbstmord zu begehen.“ „Ich hätte es einfach keinen Tag mehr länger ohne dich ausgehalten. Du hast mir so sehr gefehlt, dass ich nicht weiter ohne dich leben wollte.“ Sie lösten sich wieder voneinander und setzten sich, Rumiko bestellte einen Vanillemilchshake während Beyond seinen Cappuccino trank. Beyond musste schmunzeln, denn er erinnerte sich noch gut an früher, wo Rumiko total verrückt nach Vanille war. Sie hatte sogar Vanilleduftöl gehabt während er eine Vorliebe für Erdbeeren hatte. Eigentlich war beides eine ziemlich gute Kombination…. Genauso wie mit ihrer Musik. Sie spielte die Violine und er das Klavier. Sie war die aktive Kämpferin und er der passive Denker. Sie ergänzten sich in vielen Dingen und trotzdem hatten sie immer wieder gegeneinander gelebt. „Erzähl mir doch was du die letzten zwölf Monate gemacht hast.“ „Nun, da gibt es nicht viel. Ich habe unser Elternhaus sowie das alte Haus der Millers abreißen lassen und ein eigenes Haus gekauft. Von dem Geld, was du mir hinterlassen hast, habe ich den Buchladen eröffnet und freitags geh ich mit den Leuten aus dem Ort angeln. Tja, Mello und die anderen besuchen mich oft und dann ist auch viel los. Ach ja, wir haben außerdem einen durchgedrehten Illusionisten erledigt, der die Menschheit vernichten wollte und dann haben wir verhindert, dass eine rachsüchtige Gottheit zurückkehrt. Das ist im Großen und Ganzen alles.“ „aber wenigstens hast du überhaupt etwas gemacht. Ehrlich gesagt war ich besorgt dass du dich total gehen lässt aber du hast einen Schritt in ein normales Leben gemacht und das war mir sehr wichtig.“ Beyond fühlte sich wie in einem Traum. Vor ihm saß seine Schwester, seine ältere Adoptivschwester, die er so sehr vermisst und ihren Tod so sehr betrauert hatte. Im Stillen schickte er ein Dankgebet an denjenigen, dem er diese Schicksalsfügung zu verdanken hatte. Dass er die Chance bekam, diese Schuld, die schwer auf seinen Schultern gelastet hatte, endlich wieder gutzumachen und Rumiko der Bruder zu sein, den sie verdient hatte. „Aber wenn ich so recht darüber nachdenke“ murmelte die blondhaarige Schönheit schließlich „werden wir niemals ein wirklich normales Leben führen können. Wir hatten keine schöne Kindheit, das ist unbestreitbar und wir sind Verbrecher. Naja, vielleicht war es ziemlich naiv von mir zu glauben dass ich von dir erwarten kann, von jetzt auf gleich ein normales Leben zu führen.“ „Nein, du hast mir sehr geholfen. Es liegt allein an mir, dass ich mein Leben nicht auf die Reihe gekriegt hab. Du hast damit überhaupt nichts zu tun…“ Mit ihren zierlichen Fingern fuhr sie sich durch ihr goldblondes Haar wobei es im Licht glänzte. Unfassbar wie schön Rumiko war. Sie hatte an der Harvard Universität den Schönheitswettbewerb gewonnen und sogar auf Landesebene gewonnen. Kaum zu glauben dass sie im Alter von 9 Jahren regelmäßig grün und blau geschlagen wurde und ständig humpelte. Sie hatte oft ein blaues Auge, eine blutige Lippe und war vom Charakter her sehr abweisend und misstrauisch, hinterher sogar aggressiv aber jetzt erschien sie wie eine unnahbare Schönheit. Eine Frau, von der eine unbeschreibbare Faszination ausging und sie war seine ältere Adoptivschwester…. Als man ihr den Milchshake brachte, bedankte sich Rumiko mit einem freundlichen Lächeln und wandte sich wieder Beyond zu. „Ich… ich möchte mich bei dir entschuldigen, dass ich all die Jahre so grausam zu dir war. Dass ich dir zugemutet habe, den Tod deiner eigenen Eltern mitzuerleben und dass du wegen mir alleine warst. Die ganze Zeit über hatte ich ein furchtbar schlechtes Gewissen und ich möchte dass du weißt, dass ich das alles nicht gewollt habe. Dass ich von diesem verdammten Shinigami beeinflusst wurde, ist keine Entschuldigung!“ Ihre Miene war ernster geworden und tief sah sie ihrem Bruder in die Augen, der einfach nicht verstehen konnte, warum sich Rumiko entschuldigte wenn doch er derjenige war, der sich scheiße verhalten hatte. „Rumiko, das ist alles längst vergeben und vergessen. Das steht doch überhaupt nicht mehr zur Debatte. Ich bin es, der sich zu entschuldigen hat. Ich habe dir schlimme Dinge gesagt, die ich furchtbar bereue und ich hab mehrmals versucht dich zu töten und dir dabei mehrere Messerstiche zugefügt und dir sogar in den Kopf geschossen. Aber das ist nicht das Schlimmste: Ich habe deine liebevolle Aufopferung nie zu schätzen gewusst und dir nie gedankt, dass du die Schläge für mich eingesteckt oder in der Schule die Schuld auf dich genommen hast, wenn ich etwas angestellt hatte. Egal was geschah, du hast mich immer in Schutz genommen und als Vater mich auf dem Dachboden mit der Fußfessel ans Bett gekettet hatte, hast du mich befreit. Ich danke dir von ganzem Herzen…“ Nun kamen auch Rumiko Tränen, als sie von ihrem Bruder endlich die Zuneigung bekam, nach der sie sich all die Jahre so sehr gesehnt hatte. Sie wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln und lächelte. „Danke, das bedeutet mir sehr viel.“ Telefonisch meldete sich Beyond bei Jenny ab, die zwar sehr verwundert war aber keine weiteren Fragen stellte so wie immer. Seite an Seite verließen sie das Cafe und gingen durch die Stadt wobei sie von einigen Leuten seltsam angestarrt wurden. Eine alte Frau sank sogar in die Knie und bekreuzigte sich wobei sie irgendetwas davon faselte, dass die Familie mit dem Teufel im Bunde sei. Rumiko war das etwas peinlich aber Beyond ignorierte das gekonnt. Diese Leute waren fadenscheinige Ignoranten, die die Augen vor der Wahrheit verschlossen und alles totschwiegen, warum sollte er nicht das Gleiche tun? Im Grunde genommen hasste er die Leute in dieser Stadt dafür aber er war hierher zurückgekehrt, weil er seine Vergangenheit nicht loslassen konnte. Gemeinsam gingen sie zu Stationen ihrer Kindheit wie der Schule und dem Kinderspielplatz wo sie alte Erinnerungen wach riefen und manchmal sogar lachten, besonders als Beyond von einer besonders peinlichen Tafelschwammschlacht erzählte, bei der er seinem ahnungslosen Lehrer, der gerade zur Tür reingekommen war, ins Gesicht getroffen hatte. Sie fanden sogar ihre alte Kritzelei auf der Ziegelmauer, in die sie ihre Namen hineingekratzt hatten. Jamies Name stand auch da wobei das „e“ falsch herum geschrieben war. „Das war was gewesen. Wir sind nur knapp dem wütenden Hausmeister entkommen.“ Rumiko musste lachen und strich mit ihrer Hand über die Inschrift. „Als Jamie dann hingefallen ist, bist du zurückgeeilt und hast ihm wieder auf die Beine geholfen. Dann sind wir durch das Loch in der Mauer geflüchtet.“ Sie liefen ihre alte Fluchtroute ab und sahen, dass das Mauerloch längst verschlossen war. Beyond kniete sich davor und schätzte die Größe ab. „Unglaublich dass wir da durchgepasst haben.“ „Ihr beide hattet keine Schwierigkeiten aber ich war ja die Größte in der Jahrgangsstufe. Erzähl mir da bloß nichts anderes“ entgegnete Rumiko scherzhaft und kicherte. Sie blieben zehn Minuten auf dem Schulhof, dann gingen sie zu der Straße, in der sie aufgewachsen waren. Wo früher ihr Haus und das der Millers gestanden hatte, war nur noch eingeebnetes Land. Mit einem Male war die fröhliche Stimmung verflogen und es herrschte ernste Stille. Langsam ging Rumiko auf dem Grundstück umher, bis sie den ehemaligen Garten erreichten. Der Rasen war weg und alles war nur noch Erde, selbst die Steinplatten hatte man entfernt aber Rumiko und Beyond wussten noch ganz genau, wie es früher ausgesehen hatte. Wie konnten sie es auch vergessen? Langsam ging die Halbasiatin zu einer Stelle, wo ein kleines Stück Holzbrett lag und blieb dort stehen. „Hier hat das Gartenhäuschen gestanden. Dort haben wir uns immer versteckt wenn Vater ausgerastet ist und wir unsere Zimmer nicht verschließen konnten…“ Dann ging sie zurück bis sie wieder neben Beyond stand. „Und hier der Zaun. Direkt daneben war das Fenster von Vaters Zimmer. Genau da ist er aus dem Fenster gestürzt, als ich auf mit seiner Waffe auf ihn geschossen habe. Er wurde von dem Zaun aufgespießt und ich hab dich gezwungen, ihn mit mir zu zerstückeln.“ Rumiko schien Angst zu haben und wich zurück, Beyond nahm ihre Hand. „Es ist alles in Ordnung. Vater ist tot und das Haus ist weg. Es kann uns nicht mehr passieren.“ „Lass uns zum See gehen“ sagte Rumiko schließlich und schien mit ihren Gefühlen zu kämpfen. „Ich möchte zum See gehen, zu der Hütte wo du Jamie gefunden hast.“ „Rumiko, du musst das nicht…“ „Ich muss es für mich tun. Damit ich endlich einen Schlussstrich ziehen kann…“ Obwohl Rumiko entschlossen wirkte, war sich Beyond nicht wirklich sicher, ob es eine gute Idee war. Immerhin hatte Rumiko in der kleinen Hütte am See die Hölle durchgemacht. Nicht nur dass von der Hütte irgendetwas ausging, was selbst bei den Mutigsten Angstzustände verursachte, Rumiko war zwei Tage bei 40°C Hitze im Schatten in einer kleinen Holzkiste eingesperrt gewesen wie in einem Sarg und hatte sich bei ihrem Versuch sich zu befreien, fünf Fingernägel ausgerissen. Die blutigverschmierte Holzkiste war immer noch dort, alles war genauso wie früher mit Ausnahme des Leichnams von Jamie, welchen Beyond durch Zufall entdeckt hatte. Eigentlich wollte er nur die Sachen holen, die Rumiko ihm damals gestohlen hatte als er durch einen Fenstersturz neben einer Kopfverletzung einen Teil seines Gedächtnisses verloren hatte. Fotos, Bilder, ein Teddybär und sein Tagebuch hatte sie in eine Tasche verstaut und unter den Bodendielen versteckt. Zufällig war er da auf eine rote Sporttasche gestoßen, in der das zersägte Gerippe von Jamie lag. Da außer den zersägten Stellen keine äußeren Verletzungen zu sehen war, ging man davon aus, dass Jamie erstickt worden war, höchstwahrscheinlich sogar erwürgt. Anschließend hatte sein Vater den Leichnam in der Garage zerstückelt um ihn in der Sporttasche besser transportieren zu können und wollte ihn im See versenken. Dabei wusste er nicht dass Rumiko sich im Schilf versteckt und ihn beobachtet hatte. Während Mr. Miller noch einmal zurückging um auch das blutige Werkzeug verschwinden zu lassen, öffnete sie die Tasche und sah den grausigen Inhalt. Daraufhin eilte sie fluchtartig in die Hütte und versteckte sich in der kleinen Holzkiste, auf die ein Wandregal fiel und es ihr somit unmöglich machte, sich zu befreien. Währenddessen hatte es sich Mr. Miller wohl anders überlegt und den Leichnam unter dem Holzboden zu versteckt. Immerhin würde niemand freiwillig in die Hütte gehen, höchstens ein paar Jugendliche, die eine Mutprobe machen wollten aber die Bewohner der kleinen Stadt mieden das kleine Häuschen. Manche von ihnen sagten, dass es verflucht sei. Angeblich hätte sich eine Gruppe Schüler zu Halloween dort versteckt um bei geeigneter Atmosphäre Geistergeschichten zu erzählen, aber sie kamen nicht nach Hause und als man sie suchte, fand man sie tot in der Hütte auf. Sie hatten sich in ihrer Todesangst gegenseitig mit Glasscherben die Kehlen aufgeschlitzt. Warum man in der Hütte so eine wahnsinnige Angst verspürte, wenn man sie betrat, wusste niemand und auch warum oder wann die Hütte gebaut worden war, wurde nie wirklich geklärt. Sie war ein einziges beunruhigendes Mysterium und niemand hatte den Mut, sie abzureißen. „Wenn du nicht hineingehen willst“ sagte Rumiko schließlich. „Dann gehe ich alleine dorthin.“ „Ich lass dich nicht alleine, das habe ich dir doch versprochen.“ Es war ihm unbegreiflich warum sie dorthin wollte. Warum nur wollte sie sich das antun? Er war schon froh genug gewesen dass dieses gottverfluchte Elternhaus nicht mehr existierte und damit der schlimmste Teil seiner Kindheit beendet war aber diese scheiß Hütte wollte niemand abreißen. Sie gingen durch das mit Mais bepflanzte Feld bis sie eine Baumgruppe erreichten, die an dem Fuß eines Hügels wuchsen. Im Winter kamen die Kinder zum Rodeln hierher und im Sommer war er ein eher lästiges Hindernis auf dem Weg zum See. Dieser lag ruhig da und spiegelte die Wolken am Himmel wieder. Etwas weiter weg neben einem Holzsteg stand die Hütte. Grau, die Fenster mit Brettern vernagelt und hässlich anzusehen. Sie war in einem ungewöhnlich guten Zustand, als wäre sie erst kürzlich gestrichen worden. Die Dachziegel waren nicht einmal von Algengrün oder Moos bedeckt, was bei alten Gebäuden normalerweise so üblich wäre. Weder Efeu noch Gras wuchs an dem Haus, als würde alles Leben davor zurückschrecken. Rumiko blieb am Steg stehen als würde sie zögern. Beyond konnte die Angst in ihren Augen sehen und wie sie zitterte. Trotzdem ging sie weiter und öffnete die Tür. Ein eiskalter Windzug kam aus der Hütte, der ihnen eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Schweigend nahm sie Beyonds Hand und drückte sie fest, dann ging sie hinein. In der Hütte herrschte ein modriger Geruch und alte Möbel standen darin. An den Wänden waren alte dunkle Flecken, die wahrscheinlich von Blut stammten und unter ihnen knarrten die Bodenbretter. Langsam ging Rumiko zu der kleinen Holzkiste mit dem verrosteten Schloss, wo Kratzspuren und dunkle Flecken in der Innenseite zu sehen waren. Rumiko zitterte am ganzen Körper und stand kurz davor zu weinen, doch sie versuchte stark zu bleiben. „Jede Nacht hatte ich Alpträume…. Davon dass unsere Eltern zurückkehrten und zuerst dich und dann mich töteten und dann wenn ich glaube, ich sei aufgewacht, lag ich plötzlich wieder in dieser Kiste. Ich hab keine Luft mehr bekommen, Schweißausbrüche und ich habe geschrieen bis ich heiser wurde, aber niemand kam um mir zu helfen. Als 9-jähriges Kind musste ich mir vor Augen halten, qualvoll zu verdursten oder zu ersticken… Immer wieder habe ich das Gefühl, vollkommen eingeengt zu sein und selbst nachdem ich aufgewacht bin, hatte mir irgendetwas die Kehle zugeschnürt. Diese zwei Tage waren schlimmer für mich als Vaters Terror, weil ich den Tod noch nie so deutlich wie damals vor Augen hatte. Am zweiten Tag habe ich mich schon mit dem Tod abgefunden und hatte damals noch keine Ahnung, als ich mich auf das Angebot des Shinigamis eingelassen habe.“ Rumiko besaß wirklich zwei Gesichter, dessen war Beyond überzeugt. Mal war sie die starke und unerschütterliche Kämpferin, die anscheinend jeden Schicksalsschlag hinnehmen konnte und nicht aufhörte zu kämpfen und dann war sie das zerbrechliche kleine Mädchen, welches in einer kalten und gefühlslosen Welt vollkommen allein gelassen wurde und verzweifelt nach jemanden suchte, der ihr Halt gab. Und immerzu hatte er nur ihre starke Seite gesehen, weil er die Augen vor ihren wahren Gefühlen verschlossen hatte. „Ich hatte so furchtbare Angst zu sterben… immer und immer wieder durchlebe ich im Traum diese Angst… immer wenn ich alleine bin….“ Das reichte jetzt, dachte Beyond und brachte sie nach draußen, wo sie sich beruhigte. „Ich kann es immer noch nicht fassen dass Jamie all die Jahre hier war. Wenn ich das gewusst hätte…“ „Du hättest damals sowieso nicht die Kraft aufgebracht, noch einmal da reinzugehen. Keiner von uns hätte damit gerechnet, dass Jamie hier war.“ „Aber warum… warum hat sein Vater das nur getan? Warum nur hat er Jamie umgebracht? Er war doch noch ein Kind und er hat es verdient auf eine normale Schule zu gehen, mit anderen Kindern zu spielen und unbeschwert erwachsen zu werden… Das ist einfach nicht fair…“ Beyond führte sie zum Steg wo sie sich hinsetzten und ihre nackten Füße ins kühle Wasser tauchten. Dabei schwamm ein Fisch an ihnen vorbei und streifte Beyonds linken Knöchel. Mit einem Taschentuch wischte sich Rumiko die Tränen aus dem Gesicht und sah hinauf zum Himmel. Irgendwann unterbrach Beyond das Schweigen. „Eines habe ich immer noch nicht verstanden: Wie kommt es dass du einen neuen Körper hast und wie kommt es, dass Ashura die Kontrolle übernommen hat?“ „Das hat mir Shins Bekannter erklärt“ antwortete Rumiko und begann zu erzählen. „Es begann als Ashura vor 600 Jahren an seinem Schüler Experimente durchführte und ihn zu einem Halbshinigami machte. Nebenbei hat Ashura gelernt, wie man Seelen in Fragmente zerteilen kann und da er die Gabe hatte, die Zukunft zu sehen und dementsprechend wusste dass man ihn töten würde, hat er einen Teil seiner eigenen Seele in die seines Schülers eingepflanzt und teilte dessen Seele ebenfalls um sich sozusagen abzusichern. Da ich von uns dreien am stärksten beeinflussbar war, hat Ashura sich als Shinigami ausgegeben und mich dazu gebracht Leute zu töten. Ich schätze es gibt noch weitere Menschen, die von Ashura kontrolliert werden, zum Beispiel die Leute von der Organisation Dragonfly. Fear war sein Experiment und da Fear vollkommen verbohrt in die Idee war, eine neue Welt ohne Menschen zu erschaffen, betrachtete Ashura ihn als geeigneten Kandidaten. Immerhin musste er beeinflussbar genug sein und Kira hätte ihn durchschaut und ausgetrickst. Also sorgte Ashura dafür, dass man Fear das Auge einpflanzte und überließ ihm seinem Schicksal. Als ich Jahre später versuchte meine wahre Familie ausfindig zu machen um den Grund herauszufinden, warum sie mich zur Adoption freigegeben haben, hat Ashura mich dazu gebracht, Fear aufzusuchen. Dieser war inzwischen völlig unberechenbar geworden und nicht mehr unter Kontrolle zu bringen. Als Ashura erkannte, dass sein Experiment an Fear gescheitert war, wollte er ihn töten, nachdem er ihn gedrängt hatte, mit Hilfe der Illusionsmanifestation einen Körper zu erschaffen. Fear überlebte jedoch und den Rest der Geschichte kennst du ja. Kira hat die Welt ins Chaos gestürzt, Mello hat seine Revolte gestartet und ich bin dabei gestorben. All das hatte Ashura bereits vor 600 Jahren vorausgeplant.“ „Ehrlich gesagt fällt es mir etwas schwer das zu glauben. Wie kann jemand über einen so langen Zeitraum alles haargenau durchplanen?“ „Ashura war ein Gott der Weisheit und des Schicksals und er konnte seine Fähigkeiten so gezielt einsetzen, dass alles zutraf, was er vorhersah. Ihm war zudem klar dass Seimei Mitleid mit euch hatte und dir die Chance geben würde, mit mir zu sprechen. Ich weiß nicht genau wie aber er hat es irgendwie geschafft meine Seele, die mit seiner verbunden war, in diesen von Fear geschaffenen Körper einzusetzen um einen Weg zu finden, in den Tempel des Lebens zu gelangen um an seine alte Macht zu kommen.“ Beyond hörte aufmerksam zu aber es war trotzdem schwierig alles logisch nachzuvollziehen. Wenn man jedoch bedachte, dass dieser Ashura so alt wie Shin und Seimei war (Und damit wahrscheinlich älter als die Zeitrechnung), dann war es schon denkbar, dass er die Menschen so gut einschätzen konnte, um die nächsten 600 Jahre haargenau durchzuplanen, er musste sie nur in die richtige Richtung zu lenken. „Ashura mächtigste Waffe ist sein Hass auf die Menschheit. Es ist für ihn unverständlich gewesen warum Shin und Seimei ihnen die Zerstörung der Umwelt, das Ausrotten von Tierarten und Gewalt und Elend gewährten und nicht zur Tat schritten. Eigentlich hatte er gute Absichten gehabt und ist auf den falschen Weg geraten.“ „Kira ist ihm ziemlich ähnlich…“ meinte Beyond schließlich und sah auf die verschwommenen Spiegelbilder des Sees. Rumiko schwieg erst, dann stimmte sie ihm zu. „Wer sich vom Hass kontrollieren lässt, verliert sein wahres Ziel aus den Augen. Kira hat in seinem Hass auf die Ungerechtigkeit und seinem Verlangen nach Macht vergessen, dass er jene beschützen wollte, die er liebte und die hilflos waren. Ich habe beinahe den Menschen verloren, den ich beschützen wollte und Ashura hat mit seinem Versuch die Menschheit auszulöschen auch seine eigene Rasse vernichtet. Die letzten Kami, die noch am Leben sind, haben unserer Welt längst dem Rücken zugekehrt und leben irgendwo versteckt. Zumindest ist es das, was mir Shins Bekannter erzählt hat. Ich bin jedenfalls froh, dass das alles jetzt endlich vorbei ist. Ich will mich nicht mehr von Hass und Wut beherrschen lassen und deswegen in Einsamkeit leben zu müssen.“ Ob das alles wirklich vorbei war, bezweifelte Beyond. Irgendwie war er aus Ashura letzter Aktion nicht schlau geworden denn wenn dieser wirklich die Zukunft gesehen hat, dann hätte er doch wissen müssen, dass er getötet wird. Wenn man bedachte, dass er seine eigene Seele in unzählige Fragmente gespalten und in der ganzen Welt verstreut hat, dann konnte man noch damit rechnen, dass es nicht mehr lange dauern würde bis Ashura den nächsten Angriff startete und wenn man ihn wieder tötete, würde es auch keinen Sinn machen. Erst wenn man alle Seelenfragmente gefunden hatte, konnte man Ashura richtig töten. „Solange wir etwas haben, das uns positive Kraft gibt, kann Ashura uns nicht kontrollieren aber es wird immer wieder Menschen geben, die keine anderen Optionen haben und blind folgen. Wer weiß wie viele Kriege auf seine Kappe gehen aber das herauszufinden, ist Zeitverschwendung und es macht keinen Sinn, in der Vergangenheit festzusitzen und zu fragen, ob man es hätte verhindern können. Ich habe akzeptiert dass Jamie nie wieder zurückkommen wird und wir erst nach unserem Tod wieder zusammen sein können, damit ich mich um mein Leben mit dir kümmern kann. Ich will auch nicht mehr nachdenken ob es damals richtig war, unsere Eltern zu töten um aus unserem Elend erlöst zu werden. Alles war in einer gewissen Weise vorherbestimmt damit es so gekommen ist wie es geplant war. Shin und Seimei haben uns ein Leben lang beobachtet, uns wie Ashura hin und wieder in die geeignete Richtung gelenkt um ihre Ziele zu verfolgen, nämlich dass Akito geboren wird. Wie viel durch unsere eigene Entscheidung geschehen ist und was geplant war, können wir nicht erkennen aber ehrlich gesagt ist es mir auch egal.“ Rumiko nahm Beyonds Hand und hielt sie fest. Erstaunt stellte er fest, dass sie nicht mehr so eiskalt und unangenehm war wie früher sondern warm. Sie schien ein vollkommen anderer Mensch zu sein und hatte überhaupt nichts mehr von einer geisteskranken Serienmörderin, die ihrem Opfern den Kopf abschlägt und diesen mitnimmt. Daraus schöpfte er Hoffnung, dass sie beide endlich wieder eine Familie sein konnten. Seufzend legte Rumiko ihren Kopf auf seine Schulter. „Ich frage mich wie meine Zukunft wohl aussehen wird. Ob ich jemals Freunde haben werde in dieser Stadt und ob die Leute mich nicht schneiden weil sie Angst vor mir haben. Sie wissen, dass ich etwas mit dem Tod unserer Eltern zu tun habe und haben nur aus Angst geschwiegen. Sie werden mich niemals akzeptieren.“ „Wir werden schon eine Möglichkeit finden. Jenny und ihre Zwillingsschwestern, die bei mir im Laden arbeiten, sind nicht so wie die anderen und Matt, Mello, Misa, Rebirth und der kleine Akito kommen auch oft zu Besuch. Okay, Rebirth hat Angst vor dir und er wird eine Weile brauchen, bis er sich an dich gewöhnt hat, aber du bist nicht alleine. Und ehrlich gesagt kann ich es kaum erwarten, ihre Gesichter zu sehen wenn sie dich sehen.“ Zum ersten Mal sah er Rumiko von Herzen lachen und obwohl die Situation in der Hütte sie sehr belastet hatte, schien es ihr geholfen zu haben, einen Schlussstrich zu ziehen. Sie waren endlich wieder zusammen, glücklich wie noch nie und zuversichtlich, dass sie zusammen ihre Zukunft verbringen würden. Epilog: Beerdigung ------------------ Am 2. August 2012 starb L Lawliet in einem kleinen Haus in einem Vorort von Winchester an einer Überdosis Morphium. Die Trauerfeier fand in einer kleinen Kirche statt, anwesend waren der Kreis der 26 welche eigentlich nur noch aus 22 bestanden, da A tot war und B nicht mehr dazugehörte, sowie die Gruppe um Mello und 2 sehr enge Bekannte und drei Außenstehende, die keine Angaben machten und anonym bleiben wollten. Auf Hesters Wunsch hin blieb der Sarg verschlossen damit niemand sah was L wirklich geschehen war und jeder hielt seine persönliche Rede. Selbst Mello hatte nicht mit einer solchen Menge an Trauergästen gerechnet und die Leute waren alle vollkommen verschieden. Politiker, prominente Künstler, Soldaten, Ärzte und anderweitig engagierte Menschen waren vertreten, sogar die Leibwache des US-Präsidenten. Trotzdem war keine Presse da, es war eine schlichte Trauerfeier wie bei ganz normalen Leuten. In einer Ecke der Kirche saßen auf der Bank niemand anderes als Shin, Seimei und Sakurako, die durch ihre Trauerkleidung vollkommen unauffällig wirkten und von kaum jemanden bemerkt wurden so als wären sie unsichtbar. Viele der Anwesenden hielten Reden und nachdem sich jeder von L verabschiedet hatte, wurde der Leichnam eingeäschert und anschließend in der Nähe des Denkmals beerdigst, wo früher das Waisenhaus gestanden hatte. Als sich die Versammlung schließlich auflöste und sich Mello und die anderen auf die Suche nach den drei machten, waren sie wie vom Erdboden verschluckt. Drei Wochen später traf sich die Gruppe gemeinsam in Winchester um L’s Grab zu besuchen. Was sie jedoch vorfanden war kein abgebrannter Fleck Erde, auf der ein Kreuz und ein Denkmal standen, sondern eine große blühende Wiese. Dort, wo vorher die Trümmer eines niedergebrannten Hauses zurückgeblieben waren, in dem unzählige Leben ihr Ende fanden, spielten jetzt Kinder aus der Nachbarschaft, pflückten Blumen und versuchten Schmetterlinge einzufangen. Und genau dort, an genau der Stelle wo das Waisenhaus stand, wuchs ein Kirschbaum empor und obwohl der Frühling längst vorbei war, blühte er in seiner ganzen Pracht auf und verbreitete einen zarten aber unverkennbaren Duft, den Mello und seine Freunde nur zu gut kannten. Es war der gleiche Duft wie der jener Kirschbäume, die im Tempel des Lebens blühten. Der Kirschbaum blühte bis zum Ende des Herbstes, als der erste Schnee fiel und war der erste Baum, der im Frühling wieder seine Blüten trug. Er wurde immer größer und verstreute seine Saat in alle Winde. In den höchsten Ästen konnte man bei Sonnenuntergang die Melodie einer Bambusflöte hören. Auch im darauf folgenden März hörte man das Lied von Bambusflöten und als es dunkel wurde, verstummte das Lied und leise Stimmen waren von der Baumkrone zu hören. „Das war eine schöne Geste von dir, diese Wiese blühen zu lassen und diesen Baum hier….“ „Ich habe lediglich die Saat gesetzt und zum Blühen gebracht. Durch die Herzenswärme der Menschen ist auch dieser Baum groß und stark geworden und verstreut seine Saat über die Winde. Mag zwar sein dass es nicht überall so schön sein wird, aber ich vertraue darauf, dass die Menschen nicht von Grund auf schlecht veranlagt sind. Und außerdem tröstet es die Seelen der armen Kinder, wenn wir diesen Ort der Trauer in einen Garten der Freude verändern.“ „Welche Seelen meinst du? Die der Verstorbenen?“ „Die der Verstorbenen und der Lebenden. Zu lange hat hier nichts gelebt und die letzten Ereignisse haben mich zum Nachdenken gebracht. Mag zwar sein dass die Menschen Eigenverantwortung lernen müssen um „erwachsen“ zu werden, aber Eltern bleiben nun mal Eltern und müssen dafür sorgen, dass ihre Kinder auf dem rechten Weg bleiben. So ist es also die Aufgabe der Götter, das Gleichgewicht zu wahren.“ „Aber hast du nicht gesagt, dass niemand das Recht hat, das Schicksal zu bestimmen und zu verändern?“ Ein kühler Wind wehte durch die Zweige und für einen kurzen Augenblick hätte man zwischen den geschlossenen Blüten die Silhouetten zweier Gestalten erkennen können. „Das schon aber du kannst einen Menschen mit einem Samenkorn vergleichen. Ich sorge dafür dass es ein Samenkorn gibt und lasse es erblühen. Aus eigener Kraft wächst er zu einem zarten Pflänzchen heran und muss versuchen, sich dem Winter und den Stürmen entgegen zu setzen. Wenn es das schafft, wird es weiter heranwachsen. Damit es nicht verkümmert, braucht es genügend Licht. Das Licht in unseren Herzen lässt uns stark werden, genauso wie die Finsternis. Ohne das eine kann das andere nicht existieren, dass ist das Gesetz der Existenz. Wir können zwar bestimmen wie die Pflanze wächst und wie groß sie werden soll, aber man soll ihr die Möglichkeit geben, aus eigener Kraft zu einem Baum zu wachsen. Genauso gut kann man die Herzen der Menschen mit diesem Baum hier vergleichen. Wir sorgen lediglich dafür, ihm genug Licht zu geben damit er nicht verkümmert aber wachsen muss er alleine. Vielleicht werden die Menschen sich selbst durch ihre Fehler eines Tages vergiften und auslöschen, aber bis dahin werde ich meine Hoffnung in jene setzen, die die Welt zum Guten verändern wollen.“ „Und außerdem kann die Welt sowieso nicht auf dem Niveau ihrer großen Männer leben“ ergänzte die andere Person und beide begannen zu lachen. Dann setzten sie wieder zum Flötenspiel an, während Glühwürmchen in Scharen durch die Luft flogen und das Lachen von Kindern zu hören war. „Eines Tages wird diese Welt eine bessere sein. Wir müssen ihm einfach vertrauen, dass er die Herzen der Menschen verstehen und ihnen den richtigen Weg zeigen wird.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)