Butterfly Mind von Sky- (Sequel zu Last Butterfly) ================================================================================ Kapitel 7: Entführung --------------------- Als Misa die Augen aufmachte, schmerzte ihr Rücken vom langen Liegen auf dem Fußboden. Es war ziemlich dunkel und allem Anschein nach waren sie wieder zurück in Beyonds Wohnung. Nach und nach wachten auch die anderen auf und waren sich erst nicht sicher ob sie auch wirklich wieder zurück waren, aber als sie die vertrauten Wände des Hauses sahen, waren sie erleichtert. Mello half seinem Freund hoch und schaltete erst einmal das Licht an. „Akito?“ rief er und ging erst mal in das Zimmer des Kleinen, doch da war er nicht. Misa und Rebirth gingen in der Küche nachsehen da dieser sich dort vor Fear versteckt hatte. „Akito, bist du hier?“ „Oh bitte nicht auch noch das. Erst diese furchtbaren Erlebnisse und dann verschwindet mein 7-jähriger Sohn. Was wenn dieser Fear ihn entführt hat?“ Misa war am Ende mit den Nerven was niemand ihr wirklich verdenken konnte. Die ganze Zeit hatte sie schreckliche Angst um ihr Kind und der Gedanke dass er wer weiß wie lange allein mit einem Wahnsinnigen war, bereitete ihr ein schlechtes Gewissen und am liebsten hätte sie geweint doch das würde ihn auch nicht zurückholen. „Keine Sorge, wir finden ihn!“ versprach Rebirth und machte überall das Licht an. Beyond suchte auf dem Dachboden während Matt den Keller durchforstete aber nirgends fand sich eine Spur von dem Jungen oder Fear. Ein Blick auf die Uhr verriet ihnen dass sie fast eine Stunde weggetreten waren und inzwischen war es 3 Uhr morgens. Eine Stunde zu viel für Akito, so viel stand fest und nachdem Beyond sich zusammen mit Rebirth draußen umgesehen hatte und anhand von Fußabdrücken erkennen konnte, dass es sich um zwei verschiedene Personen handelte von denen ganz eindeutig eine davon eine Frau war. Als sie die Hausdurchsuchung abgeschlossen hatten, versammelten sie sich wieder im Wohnzimmer um sich zu besprechen. Misa saß auf der Couch und sah etwas weggetreten aus was an dem Beruhigungsmittel lag, welches Beyond ihr vorsorglich gegeben hatte, bevor sie noch einen Nervenzusammenbruch erlitt aus Angst darum, was ihrem Sohn noch passieren würde, wenn sie wieder zu spät kamen. „Hat einer von euch eine Idee wo sie sein könnten?“ fragte Rebirth in die Runde und sah jeden von ihnen eindringlich an. Matt passte und auch Mello war überfragt. Sie beide hatten Fear seit Ewigkeiten nicht gesehen und wussten bis vor kurzem auch nicht, dass er noch lebte. Aber Beyond schien eine Vermutung zu haben, doch er hielt sich etwas zurück. Dies blieb trotzdem nicht unbemerkt und so stellte man ihn zur Rede. „Beyond, wenn du etwas weißt oder eine Ahnung hast, dann sag es uns!“ „Ich weiß es nicht genau aber Rumiko sagte mir vor einiger Zeit dass sie in einer Villa in der Nähe der Rocky Mountains war, in der es vor lauter Fallen wimmelte und die Räume zum Teil so aufgebaut wären, dass man sich wie in einem bizarren Traum vorkäme und dass dort ein zurückgezogener Illusionist mit einem Dienstmädchen an seiner Seite leben würde. Wie schon gesagt, ich kann auch total falsch liegen.“ „Nein, das klingt interessant. Weißt du ob es einen bestimmten Namen gab?“ „Sie erwähnte irgendetwas in der Richtung von „Nightmare Mansion“. Mehr weiß ich aber wirklich nicht.“ Nightmare Mansion? Das passte zu so einem Kerl wie Fear aber warum sollte er nach dem Attentat von Rumiko immer noch dort leben obwohl er eigentlich Angst haben sollte, dass so etwas wieder passieren könnte? Vielleicht weil er sich nur dort wirklich wohl fühlte. An einem Ort wo er sehen konnte wie die Psyche der Menschen funktionierte und wie man sie am besten zu manipulieren hatte. Dass er ein unschuldiges Kind entführt hatte, reichte Mello schon völlig um ihn eigenhändig in die Hölle zu schicken. Jeder von ihnen war der Meinung, dass man dem endlich ein Ende machen sollte und es besser für alle war, diesen Kerl zu beseitigen. „Also gut, wir gehen folgendermaßen vor: Matt, du recherchierst mehr zur Nightmare Mansion und seinen Besitzer und an welchen Ort sich Fear Illusion oder Dimitrij Ivanow aufhalten könnte. Beyond, du kümmerst dich zusammen mit Rebirth um ein Transportmittel und du Misa, ich zeige dir wie man mit einer Schusswaffe umgeht.“ Als die Japanerin das hörte, fielen ihr fast die Augen aus dem Kopf. Für das Inselvolk galten strengere Waffengesetze als in den USA und Zivilisten war es verboten Schusswaffen zu besitzen. Das Gleiche galt auch für viele Länder Europas und Mello war da ganz anders groß geworden, da in Amerika fast jeder eine Waffe besitzen durfte. „Ich soll schießen?“ „Wenn es hart auf hart kommt und du um dein Leben kämpfen musst und wir sind nicht bei dir, dann wirst du etwas brauchen womit du dich verteidigen kannst. Du kannst auch hier bleiben wenn es dir zu gefährlich ist und wir werden Akito befreien. Das ist auch in Ordnung.“ Misa widerstrebte es aber, einfach untätig herumzusitzen wenn sie wusste dass ihr 7-jähriger Sohn in der Gewalt eines gefährlichen Psychopathen war, der vollkommen unberechenbar war und über unmenschliche Kräfte verfügte. Also willigte sie ein und Mello ging mit ihr auf den Dachboden um zu üben. Draußen um die Uhrzeit würde nur viel zu viel Aufsehen erregen und es reichte wenn Misa einigermaßen zielen konnte. Mello schärfte ihr besonders ein niemals zu schießen wenn er Akito oder jemand anderen als Geisel hatte. Die Gefahr, dass sie danebenschoss, war einfach viel zu groß. „Wir überlassen es lieber Rebirth, der hat eindeutig die besseren Augen und ist als Profischarfschütze besser geeignet.“ Das Training und alle anderen Vorbereitungen dauerten nicht lange, was den Grund hatte dass sie so schnell wie möglich den Jungen befreien mussten. Wenn Rumiko recht hatte was die Pläne dieses Mistkerls angingen, dann würde er wirklich vor gar nichts in der Welt zurückschrecken um an sein Ziel zu gelangen und das musste verhindert werden. Sie verbrachten gerade mal eine Stunde mit Vorbereitungen und fuhren direkt los. Matt hatte nach Beendigung ihrer Mission in Japan all seine Erfindungen und Basteleien in die USA gebracht und dazu gehörten zwei gepanzerte Wagen, die nach Matts Aussage „mehr PS haben als Schumis Ferrari“. Sie teilten sich auf beide Wagen auf: Beyond fuhr mit Rebirth und Misa während Matt und Mello den anderen Wagen nahmen. „Wir brauchen bei normalen Tagesverkehr fast drei Stunden aber da es nachts ist, sind weniger Autos auf den Highways und dank der aufgemotzten Karren gewinnen wir noch zusätzlich Zeit. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass wir riskieren von der Polizei angehalten zu werden. Wir können auch Umwege nehmen wo keine Cops kontrollieren aber das würde zu viel Zeit kosten. Also gilt folgendes: Tempo halten und wenn ihr Sirenen hört, stellt das Radio lauter und versucht auf andere Strecken auszuweichen. Über die Freisprechanlage werden wir Kontakt halten. Und wenn wir die Villa erreichen gilt eine Regel, die ihr unbedingt einzuhalten habt und einen Verstoß dagegen werde ich keinesfalls akzeptieren.“ Schweigend sahen alle Mello an, der seit der Stürmung des Kira-Tempels nicht mehr so ernst gewesen war. „Bleibt mir ja am Leben verstanden? Damit das klar ist: Ein „Nein“ werde ich ganz sicher nicht hinnehmen. Habt ihr das jetzt alle kapiert?“ „Ja“ kam es einstimmig zur Antwort und um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, stiegen sie sofort ein und dann fuhren sie los. Da Misa nicht in der Lage war in diesem Gefühlschaos Auto zu fahren und Rebirth sie lieber trösten wollte, saß Beyond am Steuer. Zitternd umklammerte die junge Mutter ihre Handtasche, in der sie die Pistole aufbewahrte, die Mello ihr gegeben hatte. Aufmunternd legte Rebirth ihr eine Hand auf die Schulter und sah sie mit seinen Shinigamiaugen an. „Mach dir keine Sorge Misa, wir werden Akito auf jeden Fall befreien.“ „Wenn… wenn dieser Kerl…“ brachte Misa mit zitternder Stimme hervor und krallte ihre zierlichen Finger in das schwarze Kunstleder der Tasche. In ihren Augen brannte wilde Entschlossenheit, welche Rebirth nicht von ihr kannte. Das letzte Mal, als er sie so gesehen hatte was als sie sich dazu entschlossen hatte, sich für das Wohl ihres Sohnes und das ihre gegen Kira zu stellen und damit ihre große Liebe zu verraten. „Wenn dieser Kerl es wagen sollte meinem Sohn auch nur ein Haar zu krümmen…“ Misas Hand glitt in die Tasche und umschloss den kalten Stahl der Waffe, der Finger legte sich um den Abzug und man hätte meinen können, sie wolle jeden Moment losschießen „dann werde ich ihn eigenhändig ins Jenseits befördern!!!“ Langsam wachte Akito auf und hatte das Gefühl, ihm würde gleich der Kopf platzen. Bewegen konnte er sich nicht, er war mit Gurten gefesselt und mit seine Füße waren mit Fußschellen versehen. Seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt und zusätzlich war er an dem Stuhl festgeschnallt. Entkommen war also vollkommen unmöglich, das schaffte sicherlich kein Entfesslungskünstler. Als er sich umsah musste er feststellen, dass der ganze Raum voll mit Monitoren war und mitten drin teure Möbel standen. Ein Sessel, ein Mahagonischreibtisch und ein Bücherregal mit zum Teil wertvollen Erstausgaben. Wirklich starke Kontraste aber irgendwie passte es zu diesen Fear. Dieser saß am Schreibtisch und tätigte einen Anruf auf Russisch. Als er sah dass Akito aufgewacht war, legte er auf und drückte einen Knopf. Wenig später kam ein Dienstmädchen rein. Sie hatte schwarzes leicht bläulich schimmerndes Haar, zwei lange Strähnen und bernsteinfarbene Augen. „Schön dass du aufgewacht bist mein Junge. Ich hoffe die Fesseln sind nicht zu unbequem…“ „Warum hast du mich gefesselt? Was soll das alles und wo hast du mich hingebracht?“ „Ich kann doch nicht riskieren dass mein kleiner Goldjunge einfach abhaut und nachher noch in eine meiner Fallen reinläuft. Du musst wissen, wir befinden uns hier in meinem Anwesen, der Nightmare Mansion. Dieses Haus ist mein ganzer Stolz weil jeder Raum auf seine Weise einzigartig ist. Es gibt schräge Zimmer, eine unendliche Wendeltreppe und ein Stockwerk, welches kein Ende hat. Alles hochkomplizierte Konstruktionen und überall gibt es Falltüren. Hier haben Einbrecher keine Chance und wer so lebensmüde ist sich hierher zu trauen, der kommt hier nicht mehr so schnell raus. Ich kann nach Belieben sogar Wände verschieben und das Anwesen ist wie ein einziges Labyrinth. Ehrlich gesagt kann ich es kaum erwarten dass deine Freunde hierher kommen. Ach ja…“ Fear, der seinen Zylinder abgenommen hatte, kratzte sich am Kopf und ließ sich von dem Dienstmädchen ein Glas Rotwein einschenken. „Wo habe ich bloß meine Manieren? Das ist mein Dienstmädchen Anne Caroline Hartman. Seit ich das Forschungslabor in Russland verlassen habe, steht sie mir zur Seite und ist meine engste Vertraute. Sie ist überaus loyal und verfügt über erstaunliche Fähigkeiten. Möchtest du irgendetwas bevor die Show beginnt? Vielleicht eine Limonade oder Süßgebäck?“ Akito schüttelte den Kopf und sah Fear böse an, der sein rechtes Auge mit einer Augenklappe verdeckte, die mit einer weißen Rose verziert war, was sein ästhetisches Aussehen unterstrich. „Was hast du vor?“ „Was ich vorhabe willst du wissen? Ist doch ganz einfach: Du bist der Einzige der mir helfen kann an Ashuras Buch des Schicksals zu gelangen. Das Buch, aus dessen Seiten die Death Notes der Shinigami erschaffen wurden. Seit ich das Labor verlassen habe, habe ich die Welt bereist und Fragmente aus der alten Welt gesammelt. Mein rechtes Auge ist der beste Beweis dafür.“ „Alte Welt?“ Akito war zwar in Geschichte sehr erfahren, aber von so etwas hatte er noch nie gehört. Vieles kam ihm wie aus einem Märchen vor, was plötzlich Wirklichkeit geworden war und er selbst war ein Teil davon. Seit er vier war wusste er Dinge, von denen er nie etwas gewusst hatte und hatte manchmal das Gefühl, als würde irgendjemand in seinem Körper leben und ihn steuern wenn er in Gefahr war. Es war seltsam und manchmal unerklärlich, aber Akito spürte dass dieser Unbekannte in ihm keinerlei böse Absichten hatte sondern ihn beschützen wollte. Doch nicht nur das war ihm aufgefallen: Er konnte genau dort, wo sich die Herzen der Menschen befanden, Licht und Schatten erkennen und sehen ob sie nun gut oder böse waren. Waren die Menschen böse, waren sie von einem dunklen Nebel umgeben und Akito konnte förmlich spüren wie gefährlich sie sein konnten. Bei seinem Vater war es dasselbe gewesen. Nicht ein kleines Licht hatte er in ihm gesehen und wohl oder übel akzeptiert dass er ihm nicht helfen konnte. Es war schlimm gewesen daran zu denken, dass sein Vater unzählige Menschen getötet hatte und Misa ebenfalls umbringen wollte… In Fear herrschte ein furchtbares Gefühlschaos und selbst für Akito war er nicht ganz durchschaubar. Mal hatte er seine gute Seite und dann war er das komplette Gegenteil und ziemlich sadistisch und kaltblütig. Er war ein wirklich widersprüchlicher Mensch und seine vollkommen chaotische Gefühls- und Gedankenwelt war für Akito wirklich beängstigend. „Als alte Welt bezeichnen wenige die Zeit in der Menschen, Götter ja sogar andere Wesen in dieser Welt gelebt haben. Es gab sogar ein paar wenige Drachen auf dem chinesischen Festland bevor diese endgültig ausgerottet wurden. Aus einem Shinto Tempel habe ich ein paar Dokumente „ausgeliehen“ in dem von Göttern die Rede ist, die mit ihrer Macht die Welt für immer verändern konnten. Sie werden auch Kami genannt und haben an der Seite der Menschen Krieg gegen die Shinigami geführt, bis sie selbst verraten wurden und getötet wurden. Einer von ihnen besaß die Macht, die Herzen und das Unterbewusstsein von Menschen zu lesen, sich mit ihnen verbinden und zu manipulieren und mit seinem Schwert Raum und Zeit zu zerschneiden. Er opferte sein Leben um das Heiligtum der Kami vor den Shinigami zu beschützen und sein Bruder benutzte Ashuras Buch, welches ihm vor seinem Tod abgenommen wurde um die Shinigami für immer aus unserer Welt zu verbannen. Diese Schrift war für mich der handfeste Beweis, dass es tatsächlich so etwas wie eine göttliche Macht gibt und habe angefangen nach Fragmenten zu suchen, die aus der alten Welt stammen. Du Akito, du gehörst auch dazu.“ „Was? Warum das denn?“ „Ich dachte du hättest es endlich geschnallt…Dir ist doch wohl bewusst dass du kein normaler Mensch bist sondern über Fähigkeiten verfügst, die kein anderer besitzt. Wenn meine Vermutungen stimmen, und das tun sie zu 87,12%, dann bist du niemand anderes als die Reinkarnation einer richtigen Gottheit. Nicht wie dein Vater, der geglaubt hat mit der Macht des Death Notes eine zu werden… nein…. Du bist wirklich eine Gottheit geboren im Körper eines Menschen. Du bist außergewöhnlich wie Anne und ich und deshalb gehörst du zu uns und nicht zu diesen langweiligen Menschen, die schwach, dumm und selbstsüchtig sind. Mein Angebot steht: Hilf mir mich zu Ashuras Buch des Schicksals zu bringen und ich werde dafür sorgen dass diese Sache mit Kira niemals geschehen ist. Du wirst einen gutherzigen und aufrichtigen Vater haben und in einer glücklichen Familie leben. Dein Onii-chan wird dann auch niemals von Rumiko gefoltert worden sein und diese wird mit ihrem Bruder zusammen glücklich leben. Alles, was schief gelaufen ist, kann ich wieder in Ordnung bringen. Du musst mich nur dorthin bringen wo das Buch ist.“ Es war ein verdammt gutes Angebot und ziemlich verlockend. Wenn man bedachte wie sehr Beyond unter dem Verlust seiner Adoptivschwester und seiner Vergangenheit litt und wie an Matt und Mello Schuldgefühle nagten… wenn Akito die Chance bekäme all das ungeschehen zu machen, wäre es dann falsch von ihm sie abzuschlagen? Seine Freunde hatten ihn immer beschützt und waren für ihn da, sollte er also Fears Angebot annehmen um sich zu revangieren? Akito fühlte sich so hin und her gerissen und wusste, dass er seine Entscheidung, egal wie sie ausfallen würde, irgendwann bereuen würde. „Mama… Onii-chan… was soll ich bloß tun?“ Akito begann zu weinen weil er einfach nicht wusste, wie er sich entscheiden sollte weil er seine Freunde nicht im Stich lassen wollte und andererseits konnte er nicht zulassen, dass Fear an eine solch mächtige Waffe kam. Gerade wollte Akito etwas sagen, als er plötzlich eine Stimme hörte. Es war so, als ob sie aus den tiefsten Tiefen seines Unterbewusstseins kam und er hatte sie schon mal gehört. Doch manchmal war sie so leise, dass er sie kaum hören konnte. „Der Flügelschlag eines Schmetterlings im Amazonas kann Stürme in Europa verursachen. Vergiss das niemals!“ Ja genau, der Schmetterlingseffekt. Darüber hatte Akito schon mal gelesen und auch mal von einem Film gehört, den seine Mutter ihn aber nicht sehen ließ. Wenn er etwas in der Vergangenheit änderte, könnte dies katastrophale Folgen in der Zukunft haben und nichts wäre mehr so wie früher. Vielleicht gab es ja einen bestimmten Grund warum alles so gekommen ist, vielleicht weil sonst etwas Schlimmeres passiert wäre? Aber was sollte denn schlimmeres passieren als wenn sein eigener Vater ungefähr zehntausend Menschen getötet hatte oder sogar noch mehr? Irgendwie wusste Akito nicht weiter aber dann dachte er an Onii-chan. Er hatte seine Mutter mit dem Messer angegriffen weil sie ihn nie geliebt sondern nur benutzt hatte und ihn hasste. Wenn ihm das nicht passiert wäre, hätte er Beyond niemals in der Psychiatrie kennen gelernt und dann wäre er mit ihm niemals nach Japan gereist. Sie beide hätten sich niemals im Vergnügungspark kennen gelernt. Wenn Akito ihn dann begegnen würde, dann würde Rebirth ihn gar nicht erkennen. Oder noch schlimmer: Wenn sein Bruder niemals krank geworden und gestorben wäre, dann hätte Rebirth niemals existiert. Oder wenn Rumikos und Beyonds Kindheit glücklich verlaufen wäre, dann hätten sie vielleicht Jamie niemals kennen gelernt und sich mit ihm angefreundet. Er wäre noch nicht einmal nebenan eingezogen wenn seine Mutter nicht gestorben wäre. Oder seine Mutter Misa: Wenn ihre Eltern nicht tot wären und/ oder Kira niemals in Erscheinung getreten wäre, hätte sie Light Yagami niemals getroffen und Akito würde nicht geboren werden. Als ihm das bewusst wurde, bekam er Angst vor den Konsequenzen, dem Schmetterlingseffekt der von einem kleinen Flügelschlag zum Sturm werden konnte. „Tut mir leid, aber ich muss ablehnen. Wenn es zu diesem Schmetterlingseffekt kommen sollte dann habe ich Angst dass meine Familie nicht existiert… dass ich in der Zukunft nicht existieren werde. Es mag zwar sein dass meine Familie und meine Freunde keine schöne Vergangenheit hatten aber vielleicht hat es einen bestimmten Grund, dass alles so gekommen ist und deswegen darf man nicht in das Schicksal eingreifen. Vielleicht wurde ja aus diesem Grund das Buch versteckt: Damit die Welt nicht völlig aus den Fugen gerät wenn ständig jemand seine Vergangenheit ändert. Das Leben ist nicht perfekt, es wird immer schlimme Zeiten geben und ich weiß dass auch dir schlimme Dinge zugestoßen sind. Aber man muss genau an diesen Erfahrungen wachsen und nicht immer vor ihnen fliehen. Das würde bedeuten dass man vor dem Leben davonläuft.“ Fear schaute ihn nachdenklich an und leerte sein Weinglas, welches von Anne wieder gefüllt wurde. Eine Zeit lang schwieg er und sah Akito mit seinem linken gelbfarbenem Auge an. Die gleiche Augenfarbe wie Anne… Dann aber begann er zu lachen. Er konnte sich gar nicht mehr beruhigen vor lachen und ging direkt auf Akito zu und zerrte ihn an den Haaren hoch sodass er ihm direkt in die Augen sehen konnte. Sein Lachen war noch schlimmer als das von Rumiko damals als sie dem Wahnsinn verfallen war. Während ihr Lachen nicht nur Hass sondern auch tief sitzende Traurigkeit offenbart hatte, klang es bei Fear wie das eines Verrückten, der Freude hatte wenn andere seelische Schmerzen litten. Wie sein Name offenbarte war Fear jemand, der den psychischen Terror liebte. „Oh man, du bist erst sieben Jahre alt, heulst wenn es dunkel ist und du einsam bist und gleichzeitig bist du erwachsener als zig andere Menschen, die drei Mal so alt sind wie du. Echt unglaublich, das muss man dir lassen. Nun gut, du hast es so gewollt. Dann lehn dich zurück und genieße die Show. Wenn deine Freunde und deine Mutter hier eintrudeln, dann werde ich ihnen einen würdigen Empfang bereiten.“ „Was hast du mit ihnen vor?“ Als Akito das hörte wusste er dass Fear nichts Gutes im Schilde führte. Den gleichen Trick würde er jedenfalls nicht mehr versuchen, denn es war offensichtlich dass er noch einen Trumpf in der Hand hatte, von dem er sich absolut sicher war dass er ihm zum Sieg verhalf. „Na was denn schon? Ich werde sie töten. Einen nach dem anderen. Meine Fallen und Räume werden sie voneinander trennen und wenn sie alle einzeln eliminiert werden, sieht das Ergebnis doch ganz anders aus als wenn ich sie in der Gruppe angreife. Diese primitiven Homo Sapiens werden sich an diesem Haus die Zähne ausbeißen und dann werden sie schneller tot sein als sie sich vorstellen können. Solange können wir uns ja irgendwie die Zeit totschlagen. Weißt du, ich habe einige interessante Niederschriften aus der alten Welt gefunden, in der von einem Tempel oder einem Schrein die Rede ist, an dem alles begonnen hat und wo die großen Gottheiten des Lebens und des Todes leben sollen.“ „Ein Tempel?“ Fear machte zu Anne ein Handzeichen und so ging sie zum Bücherregal und holte ein ziemlich altes Pergament hervor, welches den Anschein machte, als würde es jeden Moment zu Staub zerfallen. Vorsichtig rollte Fear es auf und las es sich durch. „Das hier wurde von einem japanischen Dichter kurz nach dem großen Krieg geschrieben. Als die Menschen erfuhren dass es die Kami waren, die zu Shinigami wurden, stellten sie sich gegen sie und in diesen katastrophalen Zeiten wurde fast ganz Japan zerstört. Die Luft war verpestet, die Felder verdorrt und das Wasser vergiftet. Eigentlich wäre kein Leben mehr möglich gewesen doch die letzten großen Gottheiten stiegen hinab und heilten die Erde, reinigten das Wasser und den Himmel und begruben die Toten. Sie ließen Bäume wachsen und bauten die Häuser wieder auf obwohl sich die Menschen gegen sie gewandt und sie verraten hatten. In meinen Augen völlig unverständlich und dumm aber das Gedicht ist sehr faszinierend. Anne hat es übersetzt da ich in der japanischen Sprache wenig bewandt bin: Selbst wenn der Mond nicht jede Nacht scheint So singt die Nachtigall ihr Lied Und wenn ich auf das Vergangene blicke Brennen die Blüten des Kirschbaumes aufs Neue Zusammen mit dem Rest der Welt Als ob es keinen Morgen mehr gäbe In dieser trauernden Welt des Sterbens Haben wir uns vom Leben abgewandt Der Tag bricht mit dem Lied der Lerche an Und die Kirschblüten beten zu den Göttern Im höchsten Heiligtum des Lebens Auf dass die verwundete Erde heile Bitten wir um die Vergebung Und erfahren die Gnade von Leben und Tod Wirklich ein schönes Gedicht, ich habe noch unzählige weitere aber das muss nun wirklich nicht sein. Tatsache ist dass es bestätigt wird, dass der Boden, auf dem du aufgewachsen bist, von den Göttern berührt wurde und es sie noch gibt. Und die haben mir im Waisenhaus gesagt ich wäre verrückt und würde völligen Schwachsinn erzählen…“ Akito schwieg aber er erkannte, dass Fear wirklich viel über die alte Welt wusste und sich wirklich nichts vormachen ließ. Er schien in seiner Überzeugung, dass die enge Freundschaft der Kami zu den Menschen völlig absurd war und dies zu ihrem Untergang führte, sehr sicher zu sein und nicht viel von den Menschen zu halten. Dabei war er doch selbst einer…. Nein, eigentlich betrachtete er sich nicht selbst als Mensch sondern als etwas, das einem Kami ähnlich war. Seine Welt musste ziemlich verdreht sein wenn er die Realität so sah. Vielleicht lebte er schon gar nicht mehr dort und war in seinen eigenen Illusionen gefangen. Das schien ihm sehr wahrscheinlich wenn man bedachte dass Fear durch seine Gabe, nichts zu vergessen total überfordert war und sein überlastetes Gehirn anfällig für so etwas geworden war sodass der sein Umfeld längst nicht mehr normal wahrnahm. Nervös und in Selbstgespräche versunken ging Fear auf und ab und schaltete einen alten Plattenspieler an. Während die Nadel über die Schallplatte kratzte, beendete Jazzmusik die Stille im Raum und Fear begann im Takt zu schnipsen. „Was wollte ich noch mal machen… was wollte ich noch mal machen… Ich weiß es nicht. Minus im Verhalten zum Unendlichen, nein, das war es nicht. 7 Personen als wahrscheinliche Tatverdächtige, Mary Kelly war das letzte Opfer…“ „Herr, versucht Eure Gedanken zu fokussieren. Auf den Überwachungskameras sind zwei Wagen zu sehen, die direkt hierher fahren. Was gedenkt Ihr zu tun?“ Es brauchte eine Weile um seine durcheinander geratenen Gedanken zu ordnen und schien sich dann wieder beruhigt zu haben. „Ja genau, der Plan. Gut, die Vorbereitungen sind soweit abgeschlossen. Wir werden warten bis sie eingetreten sind, dann beginnen wir mit der Trennung des Teams und auf meinen Befehl hin wirst du mit der Eliminierung dieser Subjekte beginnen.“ „Warum tut ihr das? Meine Mama, Onii-chan und die anderen haben euch doch gar nichts getan! Und warum willst du töten nur weil Fear es dir sagt?“ Mit ausdruckslosem Gesicht sah Anne den gefesselten Jungen an. Seit sie im Raum war, war ihr Gesicht unverändert geblieben und es schien so, als würde sie überhaupt keine Emotionen haben sondern einfach nur durch Befehle gesteuert werden, schon fast wie ein Roboter. Akito fand sie echt unheimlich. „Ich habe einen Schwur geleistet, den ich unter allen Umständen erfüllen will: Wenn mein Herr mir sagt ich soll ein Menschenleben retten, dann werde ich nichts unversucht lassen auch wenn es mich selbst in Gefahr bringt. Wenn mein Herr mir befiehlt zu sterben, dann werde ich seinem Befehl ohne Widerspruch Folge leisten. Und wenn mein Herr mir befiehlt zu töten, dann werde ich nicht eine Sekunde lang zögern und keine Träne vergießen.“ Damit hatte sie alles gesagt und Akito wurde klar, dass er nicht an ihre Gefühle appellieren konnte um sie zu überreden sich Fear zu widersetzen. Ihr waren die Menschen genauso egal wie Fear und deswegen hatte sie auch kein Problem damit jemanden zu töten. Sie war ein perfekter Killer… Dann wanderte wieder sein Blick zu Fear. Dieser schien immer noch über Akitos Worte nachzudenken. „Weißt du Akito, deine selbstgerechten Reden erinnern mich stark an deinen Vater. Er bezeichnete sich selbst als ein göttliches Gericht und richtete jene, die nicht gerichtet wurden. Wenn es zutrifft dass alle außer die Menschen gerichtet wurden, die sich selbst oder von jemand anderes gerichtet wurden, wie hat sich das dein Vater eigentlich vorgestellt was aus ihm werden sollte? Wenn alle gerichtet worden wären, dann wäre er der einzige schlechte Mensch gewesen und folglicherweise hätte er sich selbst auch richten müssen. Verstehst du das? So etwas nennt man auch das Barbier-Paradox… Schon mal was davon gehört?“ Schweigend nickte Akito, verstand aber nicht worauf Fear hinauswollte und hielt es für besser erst einmal zu schweigen. Er selbst fand Fear schon eine paradoxe Persönlichkeit. Er wollte mit seiner Kraft diese Welt zerstören und die Menschen mit ihr und dann wiederum wollte er zurück ins Forschungslabor von Dragonfly wo sie ihn von der Welt isolieren würden. Auf der einen Seite wollte er aktiv sein und etwas Neues aus den Trümmern des alten schaffen und dann wiederum wollte er sich von dem eigentlichen Leben isolieren. Doch nicht nur seine Gedankenwelt, auch sein Verhalten verhielt sich sehr widersprüchlich. Auch wenn es ihm aufgrund seiner Fähigkeiten und seinem absolut chaotischen Inneren kaum möglich war ein normales Leben unter Menschen zu führen, arbeitete er als Showillusionist und machte Weltreise und machte den Eindruck eines wohlhabenden Geschäftsmannes oder sogar eines Aristokraten. Auch wenn er in die Isolation fliehen wollte, drängte er sich mit seinem Beruf ins Rampenlicht…. Vielleicht konnte er sich ja selbst nicht verstehen. „Die Welt der Paradoxie ist wirklich faszinierend. Es war mein Lieblingsfach in der Psychologie und erst durch sie habe ich herausgefunden, wie widersprüchlich diese Menschen eigentlich sind. Sie sagen, dass sie den Frieden in Afghanistan und in den anderen Krisenländern bringen wollen und fördern stattdessen mit ihren Hilfsspenden den Krieg, der bis heute andauert. Allesamt verlogen sind sie und meiner Meinung nach haben sie schon genug Unheil angerichtet. Das wird sich jetzt ändern denn ich werde aus der Welt einen viel harmonischeren Ort machen, wo Anne und ich in Ruhe leben können. Wenn sich dies aber nicht ändern sollte… dann sehe ich keinen Sinn mehr in dieser Welt und werde sie zerstören. Die Erde, das Sonnensystem ja das ganze All wird verschwinden und dann ist endlich Ruhe… zumindest so lange bis sich das alles in ein paar Milliarden Jahren noch mal wiederholt… Ich werde das Gute mit dem Schlechten auslöschen damit die großen Gottheiten die Chance bekommen, alles wieder nach ihren Vorstellungen zu schaffen und…“ „Aber es wird doch wohl einen Grund geben warum alles so ist wie es ist. Vielleicht wollten sie gar keine perfekte Welt schaffen sondern eine, in der es auch Fehler gibt damit wir sie verändern.“ Doch Fear schien nicht wirklich zuzuhören sondern schien in seinen eigenen Gedanken versunken zu sein. Dann aber lenkte Anne seine Aufmerksamkeit auf dem Monitor neben ihm auf dem zu sehen war wie Mello und die anderen mit Pistolen bewaffnet eindrangen. „Herr, wir sollten jetzt beginnen.“ „Du hast recht. Es ist jetzt keine Zeit für Kinderspielereien. Wenn wir es jetzt nicht tun dann war alles umsonst…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)