Exitium von Hiead ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel II --------------------- ~ Kapitel II ~ Zey hatte Haseos Hand schon vor dem Erreichen der Chivalry wieder freigegeben. Die Blicke, die die Leute auf der Straße den Beiden zugeworfen hatten, bereiteten Haseo sichtliches Unbehagen und so hatte er ihn widerwillig losgelassen. Doch seine neugierigen Blicke konnte Zey nicht verbergen. Immer wieder lugte er verstohlen zu Haseo herüber und musterte ihn durchdringend. >Kann es wirklich sein…?< Zey hatte die Hoffnung nie aufgegeben, doch wirklich glauben, konnte er nicht mehr daran. Doch Haseo war seinem Freund so ähnlich. Einfach alles, sein Aussehen, seine ganze Art, ja selbst sein Alter schienen perfekt zu passen. Konnte es so etwas geben? Hatte er, nein, sie beide, eine zweite Chance bekommen? Zey wusste es nicht, doch er wollte es mit allen Mitteln herausfinden. Sollte Fortuna ihm tatsächlich solch ein Geschenk gemacht haben, würde Zey es mit beiden Händen packen und nie wieder gehen lassen. Er lächelte glücklich. Haseo kam dabei unwillkürlich der Gedanke, ob dieser Kerl denn niemals des Lächelns überdrüssig wurde. Doch noch viel mehr musste sich Haseo über sich selbst wundern. Ohne dass es ihm bewusst war, beherrschte Zey seit ihrem kleinen Unfall vollkommen seine Gedanken. Solang er sich zurück erinnern konnte, was leider nicht all zu weit war, hatte Haseo noch nie so viel über eine Person nachgedacht. Doch Gegensätze ziehen sich ja bekanntermaßen an. Wenn man es so betrachtete, grenzte es an ein Wunder, dass die beiden nicht aneinander kleben blieben. Was wohl gerade in Zeys Kopf vorging? Doch als Haseo den dauergrinsenden Lord Knight so betrachtete überkam ihn die Vermutung, dass im Kopf seines Gegenübers wohl meistens gähnende Leere herrschte, oder er sich einfach viel einfältiger gab, als er tatsächlich war. So oder so fand Haseo beide Varianten nicht gerade ansprechend. “Haseo!” Wie auf frischer Tat ertappt, erstarrte Haseo augenblicklich auf der Stelle. Doch Zeys Ansprache hatte weniger verfängliche Hintergründe. “Wir sind da.”, sagte Zey strahlend. Es brauchte einen Moment bis Haseo sich aus seinen Gedanken losreißen und in die Realität zurückkehren konnte. Erst, als sich das Gebäude der Prontera Chivalry vor ihm auftat, wurde ihm einmal mehr wieder bewusst was der eigentliche Grund für seine Anwesenheit hier war. Die Chivalry war unerwartet klein. Scheinbar hatten nur besonders fähige Mitglieder der alliierten Gilden eine Einladung zu dieser Versammlung erhalten. Der High Priest, den Haseo ins Jenseits befördert hatte, schien ein hohes Tier gewesen zu sein. Doch gleichzeitig konnte Haseo nicht fassen, dass dieser kauzige Lord Knight neben ihm zur Elite gehören sollte. >Midgard geht vor die Hunde…<, dachte er sich im Stillen. Des Weiteren stellte er leicht verwundert fest, dass die Kontrolle der Einladungen einem Duo überlassen wurde, welches er in keiner Weise mit der Chivalry in Verbindung bringen konnte. Die Gypsy und der Clown neben ihr sahen nicht sehr angsteinflößend aus, doch wohl jeder in Rune Midgard wusste, dass man sie besser nicht unterschätzen sollte. Dennoch blieb der genaue Grund dieser Konstellation ein Rätsel für Haseo und wie gewohnt war es ihm auch herzlichste egal. Er wollte nur seine Mission so gut wie es jetzt noch ging zu Ende bringen. Zey hingegen schien all dies kein Kopfzerbrechen zu bereiten. Unbekümmert zückte er seine Einladung und ging lächelnd auf die beiden zu. Spätestens jetzt war sich Haseo todsicher, dass Zeys Hirn nicht für komplexe Denkvorgänge geschaffen war. Dennoch folgte er ihm mit wenig Abstand zog ebenfalls die Einladung aus seiner Tasche. Ihr Auftreten schien die beiden Türsteher aus ihren Tagträumen zu reißen. “Hui, Arbeit!”, trällerte die blonde Gypsy, als sich Zey und Haseo ihnen näherten. Der Clown hingegen blieb stumm und betrachtete die beiden Ankommenden nur lustlos. Das Aufeinandertreffen dieser beiden ungleichen Paare wirkte beinahe absurd, stellte jedoch eine gewisse Komik dar. Ohne Aufforderung und kommentarlos streckte Haseo der Gypsy fast schon provokant seine Einladung entgegen. Verblüfft von seinem abrupten Handeln blinzelte sie ihn leicht verwirrt an, nahm dann jedoch ebenfalls wortlos den Brief entgegen und erwiderte Haseos unfreundliche Art mit einem übertrieben Lächeln. Der Umschlag wurde laut raschelnd geöffnet und die Gypsy begann angestrengt zu lesen. Ihr aufgesetztes Getue nervte Haseo zum Äußersten. Der regungslose Clown, der hier scheinbar nur zu Dekorationszwecken aufgestellt wurde, sagte ihm da schon mehr zu. Zey hingegen verfolgte jede Bewegung und Reaktion der Gypsy aufgeregt wie ein kleines Kind. Haseos Blick verharrte unweigerlich auf Zey. Seine wunderschönen, klar definierten Gesichtszüge, das lange Haar, das genauso chaotisch war wie seine ganze Persönlichkeit und diese tiefgrünen Augen, die vor Spannung erwartungsvoll glitzerten. Haseo war, als würde ihn ein wohliger Schauer überkommen. Der unschöne Klang von reißendem Papier ließ Haseo jäh herumfahren und das seltsam schöne Gefühl war wie weggeblasen. Auch Zeys Augen weiteten sich überrascht. Ungläubig standen die beiden nur da und mussten zusehen, wie die Gypsy ihre Einladungen zu Konfetti verarbeitete. Hase konnte nicht fassen, dass sein falsches Spiel doch aufgeflogen sein sollte. Doch er durfte sich jetzt bloß nichts anmerken lassen. Es musste eine Erklärung dafür geben, welche er auch prompt bekam. “Ihr seid zu spät!” Augenblicklich warf Haseo einen Blick auf die Kirchturmuhr hinter sich. Drei Minuten nach Sechs. Er verzog das Gesicht. Wegen drei Minuten wollte man ihnen den Eintritt verwehren? Wütend wandte er sich wieder der Gypsy zu. “Willst du uns verarschen?!”, fauchte er sie an doch die Zigeunerin verzog keine Mine. Nun mischte sich auch der Clown ein und schien beweisen zu wollen, dass er doch einen Zweck erfüllte. “Wir haben strikte Vorgaben. Ausnahmen werden nicht geduldet!” Weißglühende Wut brannte in Haseo. Für gewöhnlich hätte er sich so etwas nie bieten lassen, doch seine Verkleidung zwang ihn zur Untätigkeit. Der Einzige auf er jetzt noch hoffen konnte war Zey, und so wandte er sich hilfesuchend zu seinem Begleiter um. “Hast du denn gar nichts dazu zu sagen?!” Haseo versuchte ruhig zu klingen, um Zey nicht zu verschrecken, doch er bezweifelte, dass ihm das gelang. Zey senkte währenddessen den Blick und schien in sich zu gehen. “Nunja…” Die anderen Drei verstummten schlagartig und erwarteten gespannt sein Kommentar. “Da kann man nichts machen, denke ich. Ist wohl dumm gelaufen.” Die Gypsy lächelte zufrieden und triumphierend. Haseo hingegen konnte nicht fassen, dass ihm dieser Kindskopf von Lord Knight in den Rücken fiel. Er sah rot und spürte, wie irgendwo in seinem Kopf eine Sicherung durchbrannte. “Du mieser, elender…” In Haseos Augen loderte nackte Wut und Zey schien zu spüren, dass sie gegen ihn gerichtet war, denn er wich einige Schritte zurück. Priestergewand hin oder her, für Haseo hatte es keine Bedeutung mehr, ob seine Tarnung aufflog, die Mission war ohnehin schon unwiderruflich gescheitert. Noch nie hatte er versagt und diese Niederlage heute würde er auf keinen Fall akzeptieren. Der Stolz eines Assassinen war sein höchstes Gut. Jahrelang hatte man ihm das eingebläut. Sein Stolz war alles, was er noch hatte, diese Erkenntnis hatte sich schon vor langem in sein Hirn gebrannt. Und wer seinen Stolz kränkte, musste bitter dafür büßen. Das Trio, das Haseo entgeistert anstarrte, konnte wahrlich von Glück reden, dass er auf Grund seines Kostüms kein Katar bei sich trug. Anderenfalls hätte diese Situation ein unschönes Ende genommen. Egal, welche unbekannten Regungen Zey auch in ihm geweckt hatte, Haseo hätte nicht gezögert auch ihn mit seiner Klinge zu durchbohren, wenn er damit seinen angekratzten Stolz wieder flicken könnte. Haseo widerte sich selbst an. Er war ein Monster, eine Bestie. Für einen Moment hatte ihm Zey tatsächlich das Gefühl gegeben ganz normal zu sein, doch die widerwärtige Realität ließ sich nicht leugnen. Zey war währenddessen immer weiter zurück gewichen doch Haseo folgte ihm auf Schritt und Tritt. “Ich… versage… nie!” Zeys Augen weiteten sich, als habe er plötzlich eine Erkenntnis bekommen. Erst jetzt schien er zu verstehen, was Haseo so in Rage versetzte. “Haseo, das ist doch nicht so schlimm”, versuchte er ihn zu beschwichtigen, “Davon geht die Welt doch nicht unter!” Von allem, was Zey hätte sagen können, gehörte dies für Haseo definitiv zu den schlimmsten Möglichkeiten. Haseos einziger Lebenssinn bestand darin perfekt zu funktionieren. Krankhafter Ehrgeiz und der Zwang zur Perfektion war alles, was ihn antrieb und er hatte diese Einstellung nie in Frage gestellt - bis zu diesem Moment. Dass es tatsächlich Menschen gab, für die eine Niederlage nichts Negatives darstellte, konnte Haseos Gehirn einfach nicht greifen. Vor allem dass Zey einer von ihnen war. Obwohl er einst durch sein Versagen einen Menschen verloren hatte, der ihm unendlich viel zu bedeuten schien, konnte er noch immer über eine Niederlage lachen. War es denn wirklich so banal immer erfolgreich zu sein? Mit einem Mal fühlte sich Haseo unbeschreiblich leer. Alles woran er sich all die Jahre so krampfhaft geklammert hatte wurde durch eine unbedachte Bemerkung ins Schwanken gebracht. Doch was ihn wirklich aus der Bahn warf war die Tatsache, dass Zey es ausgesprochen hatte. Jeden anderen hätte er wohl ungehört abgewimmelt doch Zey brachte ihn zum Nachdenken. Haseo spürte keine Wut mehr, keinen Hass, nur noch diese grausame Angst, dass seine Ideale all die Zeit über falsch gewesen waren. “Haseo…?” Haseo war sich sicher, dass er jetzt auf keinen Fall zu einem normalen Gespräch fähig war und so tat er, was er für das einzig Richtige hielt. “Verschwinde…”, seine Stimme war leise, fast schon mechanisch. Zey sah ihn verwirrt an. Haseo holte mehrmals tief Luft und fokussierte Zey schließlich durchdringend. “Verschwinde aus meinem Leben!” Seine Stimme zitterte. “Ich wünschte, ich wäre dir nie begegnet! Du bist das Letzte!” Zey erstarrte bei Haseos Worten. Alle positiven Gefühle schienen von ihm abzufallen. Haseo nutzte diesen Moment der Paralyse, um im Eiltempo an Zey vorbei zu hasten. Er wollte weg. Nein. Er musste weg! Haseo wusste, dass alles was er gerade gesagt hatte, gelogen war. Doch es war das Beste so. Zey würde ihn bald vergessen und sie beide könnten ihr gewohntes Leben weiterführen. Ja. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Ihre Begegnung stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Es sollte einfach nicht sein. Das Schicksal wollte sie scheitern sehen und Haseo war sich ohnehin sicher, dass es ihm niemals vergönnt sein würde, glücklich zu werden. Sein ganzes Leben war aufgebaut auf Enttäuschungen, Leid und Schmerz. Wieso hätte es jetzt anders sein sollen? Nur weil er dieses Kostüm trug konnte er doch nicht aus seiner Haut. Haseo fand seine Naivität so lächerlich und erbärmlich, dass er sich dafür am liebsten selbst eine verpasst hätte. Allmählich wurden seine Schritte langsamer bis er schließlich zum Stehen kam. Haseo fand sich in einer abgeschiedenen Seitenstraße wieder. Welch Ironie. Jeder seiner Wege schien in die Einsamkeit zu führen. Hier war er nun, allein - nur er und seine Gedanken. Was hatte er sich bloß dabei gedacht Zey so nah an sich heran zu lassen? Haseo wusste, dass es falsch war. Er wusste, dass es nichts als Ärger bringen würde und doch war es ihm unmöglich ihm zu widerstehen. Doch scheinbar wollte Haseo es ja nicht anders. Vielleicht wollte er immer wieder fallen, nur um sich selbst und allen anderen zu beweisen, dass er allein wieder auf die Beine kam. >Ich bin so erbärmlich…< Dieser Selbsthass quälte ihn schon seit langem, doch heute erreichte er ungeahnte Höhen. Kraftlos lehnte sich Haseo gegen die Hauswand neben ihm. Die Kühle des Steins drang durch sein Haar an seinen Kopf und gab ihm eine gewisse Ruhe. Er schloss die Augen, um in sich zu gehen. Zey schien ihm tatsächlich nicht gefolgt zu sein. Eigentlich hätte es ihn freuen sollen, schließlich war das doch sein Ziel. Oder etwa nicht? Doch wieso fühlte sich Haseo dann so leer? Das Gefühl, als ob ihm etwas enorm wichtiges genommen wurde, stimmte ihn melancholisch. Er kannte dieses Gefühl. Vor acht Jahren hatte schon einmal dieses grausame Nichts von ihm Besitz ergriffen. Damals konnte er nichts tun, weil sich nicht erinnern konnte was überhaupt passiert war, und heute kann er nichts tun, weil sein Verstand es ihm verbietet. >Ich bin verdammt…< Haseo war sich sicher, dass nur einem Verfluchten so viel Leid widerfahren konnte. Doch vielleicht war es auch die gerechte Strafe für sein verfehltes Leben. Im Endeffekt lief es jedoch auf das Selbe hinaus. Vielleicht hatte sich Zey auch deswegen so in Haseos Herz gebrannt. Er sah in ihm nicht den brutalen Mörder, der er doch war. Bei Zey konnte er jemand anderes sein - seinem verfluchten Leben zumindest für einen Moment entfliehen. Doch es war nur eine Illusion. Zey war weg und mit ihm der schöne Traum, aus seinem Leben ausbrechen zu können. Haseo seufzte schwer und schlug die Augen wieder auf. Er hatte keine Kraft mehr noch länger Träumen nach zu jagen. Aus und vorbei. Doch neue Probleme warteten schon darauf irgendwie gelöst zu werden. Wie sollte er es bloß seinem Gildenmeister erklären, dass er versagt hatte. Niemand in der Gilde hatte an ihm gezweifelt, was die Sache nicht gerade einfacher machte. Haseos Hirn lief auf Hochtouren, doch er konnte einfach keinen klaren Gedanken. Mit einem erneuten Seufzer beschloss er schließlich sich während des Rückwegs noch einmal Gedanken darüber zu machen. Mit gesenktem Blick trat er langsam aus der Gasse heraus. Erst jetzt bemerkte er, dass jemand an der Wand lehnte. Wurde er etwa die ganze Zeit über beobachtet? Er wollte nicht, doch sein Blick wanderte unwillkürlich zu der gepanzerten Gestalt. Er erstarrte. Der Mann lächelte Haseo an. “Ich sagte doch, dass ich dich nicht so einfach gehen lasse!” Als ob nichts gewesen wäre lehnte Zey lässig an der Mauer und lächelte zufrieden vor sich hin. Haseo war sprachlos. Wieso war er ihm gefolgt? Und wie hatte er ihn bloß gefunden? Haseo wusste selbst nicht wo er war. Was in Zeys Kopf vorging blieb ihm nach wie vor ein Rätsel. “Wow, so überrascht mich zu sehen?” Zey schien einfach nichts verschrecken zu können. Ein seltsames Gefühl von Freude und gleichzeitig Unsicherheit machte sich in Haseo breit. “Wieso…?” Mehr brachte er nicht hervor. Die Überwältigung war stärker. Doch Zey reichte das schon vollkommen. Mit vorsichtigen Schritten ging er auf Haseo zu. Sein Blick war warm und gütig und Haseo fühlte sich plötzlich wieder viel wohler. Leugnen war zwecklos. Zey erfüllte ihn zweifellos mit Freude und anderen Gefühlen, die er selbst nicht zuordnen konnte. “Du willst also wissen wieso? Tja, wieso habe ich wohl noch dir gesucht?” Zey tat, als wisse er die Antwort selber nicht und legte demonstrativ den Kopf schief. Dieses Verhalten hatte Haseo jetzt schon öfter bei ihm beobachtet doch er fand es jedes Mal aufs Neue wieder niedlich. Zugeben würde er dies jedoch nie können. “Keine Idee?” Zeys Lächeln bekam einen verschmitzten Ausdruck. “Dabei ist es sooo~ offensichtlich!” Haseo konnte jedoch keinen Grund finden warum irgendjemand freiwillig zu ihm zurück kehren sollte. “Klär’ mich auf.” Haseos Stimme klang zu seiner eignen Überraschung ungewohnt interessiert. Zeys Grinsen wurde breiter und er kam Haseo ganz nah. Haseo spürte, dass diese Nähe nicht rechtens war, aber es störte ihn nicht. War er Zey schon so verfallen? Doch spätestens jetzt wäre er es, als Zey ganz sanft die Stimme erhob: ”Ich mag dich halt einfach!” Zwar hörte Haseo was Zey sagte, doch begreifen konnte er es nicht. Zey nickte währenddessen wie ein Besessener mit dem Kopf, da er bereits zu fürchten schien, dass Haseo ihm keinen Glauben schenken würde. Sein Gesicht war nicht in der Lage eine Regung zu zeigen, aber in Haseo tobte aufrichtige Freude. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal so empfunden hatte oder ob er überhaupt jemals so empfunden hatte. Doch seine Freude wurde prompt getrübt, als ihm wieder schmerzlich bewusst wurde, wer und was er war. Ein Assassine Cross und ein Lord Knight. Sie waren Feinde - oder sollten es sein. Eine Beziehung, welcher Art auch immer, würde ihr beider Verderben bedeuten. Haseo war es herzlich egal, was mit ihm geschah, doch Zey wollte er das nicht antun. So sehr er es auch wollte, aber er konnte nicht noch länger mit ihm zusammen sein. Zey schnaubte. “Maaan, du denkst zu viel! Red’ lieber mit mir.” Zey klang wie ein schmollendes Kind, das etwas wollte, was es nicht bekam. “Entschuldige…” Diese Antwort schien Zey gar nicht zu gefallen. Er gab ein zischendes Geräusch von sich und rollte mit den Augen. “Jetzt entschuldige dich nicht auch noch. Werd’ einfach locker!” Leichter gesagt, als getan. Haseo konnte sein kühles, nüchternes Wesen nicht einfach so ablegen. “Ah, ich hab eine Idee!”, sagte Zey plötzlich mit kindlicher Freude. “Wie wär’s, wenn wir einfach zusammen was trinken gehen oder so und ein bisschen reden? Das lockert dich bestimmt auf!” Zey lächelte. Doch bei Haseo traf dieser Vorschlag nicht gerade auf Begeisterung. Weder war er dem Alkohol zugeneigt, noch mochte er enge, muffige Kneipen. Zögernd suchte er noch einer Ausrede. “Einfach so, nach allem was passiert ist?” Haseo hoffte, Zey würde seine schlechte Entschuldigung nicht durchschauen, doch so dumm schien selbst Zey nicht zu sein. “Gerade weil alles ein wenig chaotisch war!” ‘Ein wenig’ war definitiv untertrieben. “Und außerdem, vergiss das doch einfach alles. Schau noch vorne!” Ohne es auch nur zu ahnen war Zey ins nächste Fettnäpfchen getreten. Haseos Mine verfinsterte sich schlagartig. Vergessen. Er hatte schon zu vieles vergessen. In seinem Gedächtnis klaffte eine Lücke, die er nicht überwinden konnte, genauso wenig wie den damit verbundenen Schmerz. Doch Zey wusste von alle dem nichts und sollte es auch gar nicht wissen. Haseos Stimme klang aufgewühlt, als er zu einer Antwort ansetzte. “Verlange von mir nie wieder etwas zu vergessen… dann komme ich mit…” Auch wenn Zey Haseos Verhalten nicht wirklich verstand genügte ihm diese Antwort vollkommen. “Versprochen!”, erwiderte er mit einem sonnigen Lächeln und gab Haseo einen Wink ihm zu folgen. Der Abend war bereits vorangeschritten, als die beiden die Kneipe betraten und an einem kleinen Tisch in einer abgelegenen Ecke platz nahmen. “Ist doch gemütlich hier.”, sagte Zey vergnügt. Haseo hatte dafür nur ein missmutiges Grummeln übrig. Mit den schaurigen, unterirdischen Kneipen in Morroc hatte diese nichts gemein. Statt finsterer Gestalten, die zwielichtige Geschäfte abwickelnden, fand man hier ausgelassene Menschengruppen jeder Art. Obwohl dies für fast jeden normal war fand Haseo es mehr als befremdlich. Während Haseo die Umgebung beäugte war eine Kellnerin an ihren Tisch gekommen und nahm ihre Bestellung auf. Zey bestellte gezielt, doch Haseo hatte noch gar keinen Blick in die Karte geworfen und bestellte so einfach das erstbeste, was ihm ins Auge fiel. Die Kellnerin notierte kurz und verschwand dann wieder. Endlich allein begann Zey zu stochern. “So, na dann erzähl mal was von dir. Ich bin neugierig!” Haseo zögerte lange. Zey hatte ihm gesagt, dass er ihn mag, ohne wirklich etwas über ihn zu wissen. Er würde ihn hassen, wenn er wüsste, dass er ein Spion und Mörder war. “Zey…” Haseos Stimme klang verunsichert, was Zey aufhorchen ließ. “Wieso bist du eigentlich so nett zu mir… du kennst mich doch gar nicht…” Im selben Moment in dem er es ausgesprochen hatte, bereute Haseo es auch schon wieder. Er war gerade drauf und dran den einzigen Menschen, der ihn mochte, von sich zu stoßen. “Ja, du hast recht. Ich kenne dich kaum.” Obwohl Haseo dieses Thema selbst angeschnitten hatte, versetzte es ihm nun doch einen Stich es noch mal aus Zeys Mund zu hören. Er konnte seine Enttäuschung nur schwer verbergen. “Aber - bitte lach’ jetzt nicht, ok? - Irgendwie hab’ ich das Gefühl, dich schon ewig zu kennen. Ich weiß es klingt verrückt, aber du bist wie er!” Zey schien sich seiner Worte zu schämen. Sein Lächeln wirkte gequält und aufgesetzt. >Er?< >Er!< Sprach Zey etwa von seinem vermeintlich toten Freund? Haseos mangelnde Erinnerungen erlaubten ihm keine Antwort auf diese Vermutung. Doch irgendwo tief in seinem Inneren flackerte ein Hoffnungsschimmer auf. Sollten sie sich tatsächlich schon begegnet sein würde das all diese ungekannten Gefühle erklären. Diese unerklärliche Bindung, die er zu Zey verspürte. Es schien alles plötzlich einen Sinn zu machen. Und doch, Haseo war nicht mehr derselbe, der er vor acht Jahren gewesen war. Wie sollte man eine so lange verlorene Freundschaft wieder aufleben lassen? Wenn es denn überhaupt so gewesen war. Haseo seufzte schwer und vergrub das Gesicht in den Händen. Er klammerte sich an Hirngespinste. Solche Zufälle konnte es im Leben gar nicht geben und vor allem nicht für ihn. So ähnlich er diesem Jungen auch zu sein schien, er konnte unmöglich der Selbe sein. Zey schien Haseos Anblick gar nicht zu gefallen. Seine Gesichtszüge wirkten ernst und erwachsen. Zey war eindeutig ein viel tiefgründigerer Mensch, als man es anfangs vermutet hätte. “Hey…” Da war er wieder, dieser warme Ton in seiner Stimme, der aus den tiefsten Gründen seines Herzens zu dringen schien. Gleichzeitig ergriff Zey ganz sanft Haseos Hand und zog sie zu sich. Irgendwie bedauerte Haseo, dass auch Zeys Hände, wie eigentlich sein ganzer Körper, schwer gepanzert waren. Das Metall auf seiner Haut fühlte sich dennoch nicht kalt an. Es war, als würde Zey eine alles vereinnahmende Wärme ausstrahlen. “Es tut mir leid, dass ich dich so verwirrt hab’ mit dieser ganzen Sache. Auch wenn uns nichts derartiges verbinden sollte, muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich dich wirklich mag, Haseo! Du bist irgendwie… besonders!” Mit dem Ende dieses Satzes küsste Zey vorsichtig Haseos Handrücken. >Uah…< Haseo überkam ein wohliger Schauer. Zwar berührten Zeys Lippen ihn kaum, doch diese zärtliche Berührung durchzog seinen Körper wie ein Blitz. Nur Augenblicke später ließ Zey Haseos Hand los und beugte sich stattdessen über den Tisch zu ihm herüber. Mit seiner Linken fuhr er Haseo über die Wange und sein seidiges Haar, während er sich mit der Rechten abstützte. Haseo wusste gar nicht wie ihm geschah. Sein Puls schnellte in die Höhe, als Zeys Nasenspitze seine berührte. Sein warmer Atem, der sein Gesicht sanft streichelte, ließ Haseo schier den Verstand verlieren. Obwohl er keinerlei Erfahrung in solchen Dingen hatte, legte Haseo instinktiv den Kopf leicht schief. Irgendetwas in ihm schrie förmlich nach Zeys Lippen doch sein noch verbliebener Verstand hinderte ihn daran fordernder zu werden. Zey schien ihn jedoch absichtlich hinhalten zu wollen. Er fuhr mit seiner Hand zärtlich über Haseos Ohr, Hals und Nacken während er seinen Kopf immer wieder leicht schwanken ließ, sodass seine Nasenspitze immer und immer wieder über Haseos Gesicht strich. Haseo hatte die Augen fest geschlossen und nahm so jede selbst jede kleinste Berührung noch intensiver wahr. Seine leicht geöffneten Lippen bebten. Zey war diesem Anblick sichtlich zugetan und sein Verlangen wuchs. Er fasste Haseo am Hinterkopf und zog ihn noch näher zu sich heran. So nah. Nur Millimeter schienen sie noch zu trennen. >Nun mach doch endlich…< “Rrrrrrriiiiiiing!!!” Haseo riss die Augen auf und wich zurück. Ein penetranter Klingelton erfüllte den Raum und zerstörte jedes romantische Gefühl. Zey fuhr genervt herum und zückte hastig sein Handy während sich Haseo seufzend auf den Stuhl plumpsen ließ. Das Herz schlug ihm noch immer bis zum Hals. Zey hingegen schien durch die eben erhaltene Nachricht in Bedrängnis geraten zu sein. Er erhob sich ruckartig. “Wir müssen sofort zu mir!” Zey ließ Haseo keine Zeit zu widersprechen, denn er hatte bereits seinen Arm ergriffen und zog ihn mit sanfter Gewalt zum Ausgang. Er bestellte noch hastig ihre Getränke ab und eilte nach draußen. So verdutzt Haseo auch war, hatte er dennoch keine Lust sich wie ein Kind in der Gegend herum schleifen zu lassen. Stur drückte er ohne Vorwarnung die Knie durch und verharrte auf der Stelle. “Kannst du mir mal erklären was dieses ganze Theater soll?!” Haseos Unzufriedenheit war ihm mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben, doch selbst das schien Zey nicht erweichen zu können. “Ich erklär dir alles danach, ok?” Zey zog Haseo weiter und setzte seine Schritte eilig fort. “Er hasst es zu warten!” Schon wieder ‘er’, nur diesmal war sich Haseo sicher, dass es sich nicht um Zeys alten Freund handeln konnte. Sein Magen verkrampfte sich beim Gedanken an einen anderen Mann an Zeys Seite. Unbewusst ergriff er Zeys Hand und umklammerte sie fest. Er hatte Zey viel zu nah an sich heran gelassen, um ihn jetzt einfach so einem anderen zu überlassen. Ja, es war egoistisch, doch Haseo hatte schon immer ein besitzergreifendes Wesen. Zey sollte ihm gehören. Mit Haut und Haar. Er könnte die Antwort auf so viele von Haseos Fragen sein. Das Licht am Ende des Tunnels nach dem er sich schon seit Jahren gesehnt hat. Haseo hatte schon zu viele Verluste erleiden müssen, doch heute nicht. Nein. Nur ein Gedanke beflügelte ihn jetzt noch: >Sei mein!< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)