City of fools von Jisbon (we are forever) ================================================================================ Kapitel 4: All the lost souls ----------------------------- Was für eine beschissene Situation! Sakura stand immer noch in der Tür, und konnte sich ums verrecken nicht entscheiden, was sie eigentlich auf diese, viel zu einfache, Frage ihrer ehemals besten Freundin antworten sollte. War es…konnte es sein, dass sie alles gesehen hatte? Nein, bestimmt nicht. Sie waren doch allein gewesen! Nach einem ersten, flüchtigen Gefühl der Erleichterung schlug sofort ihr schlechtes Gewissen zu. Wie mies von ihr, überhaupt so etwas zu denken! Das hier war immerhin Ino…der sie einmal mehr vertraut hatte, als jedem anderen Menschen. Und die ihr blind vertraut hatte. Ganz schlechter Punkt. „Was ist jetzt? Lässt du mich wirklich hier draußen stehen als ob…als ob ich dir irgend so ein blödes Zeitungsabo aufschwatzen wollte?“ Sowohl Inos Lächeln, als auch ihr Versuch, witzig zu sein wirkten mehr als gequält. Spätestens jetzt hätte Sakura den Kopf schütteln, einen „sonst gerne, aber ich hab noch so viel zu tun“ Satz auspacken, oder wenigstens kommentarlos die Tür zuknallen sollen. Konnte sie aber nicht. Inos Blick, ihr eigenes schlechtes Gewissen, und eine Menge Erinnerungen machten es ihr einfach unmöglich. Auch wenn das noch mehr Ärger garantierte. „Sicher.“ Sie tat einen Schritt zur Seite und lies sich (zum zweiten Mal innerhalb von zwei Minuten) auf ihrem Bett nieder. Diesmal allerdings mit übereinander geschlagenen Beinen. Ino folgte ihr zögerlich, als hätte sie Angst, direkt in eine Falle gelaufen zu sein. Sie sah sich nach einer Sitzgelegenheit um und entdeckte den Schreibtischstuhl. Anscheinend wollte sie-anders als beim letzten Mal- länger blieben. Und das schlimmste daran war, dass Sakura keine Ahnung hatte, wie sie das fand. Es war eine wirre Mischung aus Angst, dem bekannten, schlechten Gewissen und beinahe nervöser Vorfreude. „Also…“ geistesabwesend schob sie sich ein paar lose Haare hinters Ohr. „Wie…was ist da passiert?“ Eigentlich hatte sie das gar nicht sagen wollen, aber in dem Moment, indem sie es aussprach wurde ihr klar, dass das die eigentliche Frage war: wie hatte es dazu kommen können? „Genau darüber wollte ich mit dir reden, Schneeflocke.“ Hinata blinzelte verwirrt. Gerade noch hatten sie mit einander rumgealbert (unterbrochen von dem ein oder anderen Kuss) und jetzt wurde Naruto plötzlich ernst? Ein alt bekannter, eisiger Schrecken griff nach ihr. Was, wenn er sich trennen wollte, weil er erkannt hatte, dass sie, trotz aller Mühe, die sie sich mit ihrem Aussehen gab, langweilig und spießig war? Ruckartig hob sie ihren Kopf von seinem Bauch, um ihm in die Augen sehen zu können. Erleichterung flutete über sie hinweg. Er schien sich zwar etwas unwohl zu fühlen, aber er lächelte. Und außerdem hatte er ihren blöden Kosenamen benutzt, so schlimm konnte es also nicht sein. Ihren Jahrestag konnte er nicht vergessen haben, der war ja erst in zwei Monaten. Vielleicht war es der Ausflug, den sie alle zusammen nächstes Wochenende machen wollten? Sie griff nach seiner Hand und lächelte aufmunternd. „Erzähl! Ich bin für alles gerüstet.“ Aber was dann kam, überraschte sie doch. „Könntest du wohl…weniger mit Kiba rumhängen?“ Ihre Verblüffung musste ihr wohl anzusehen gewesen sein, denn er fuhr hastig fort: „Nicht, dass ich dir misstraue oder so. Und er ist ja auch mein Freund, aber…“ Immer noch wusste Hinata nicht, wovon er eigentlich sprach. Verlegen kratzte Naruto sich am Hinterkopf und fuhr fort: „ Neji hat da sowas angedeutet. Ich weiß, er hört immer das Gras wachsen, aber meistens hat er damit ja auch recht…darum…“Ihm war anzusehen, das er sich ganz und gar nicht wohlfühlte. `Neji hat da sowas angedeutet`- diese fünf Wörter erklärten eigentlich alles. Hinata seufzte frustriert. Ihrem Cousin entging nichts, und nichts liebte er mehr, als einem Ahnungslosen mit einer unangenehmen Wahrheit eine Breitseite (selbstverständlich nur ganz nebenbei-die Probleme der gewöhnlichen Sterblichen waren ja schließlich nicht seine) zu verpassen. Was auch der Grund war, weshalb Neji eigentlich immer gerade irgendetwas andeutete. „Und was hat Neji diesmal angedeutet?“ erkundigte sie sich mit kaum verborgenem Verdruss. Naruto zögerte einen Moment, dann brach es aus ihm heraus. „Das Kiba in dich verknallt wäre! Und zwar schon ewig. Gib mir nicht die Schuld, wenn es Müll ist, aber...“ Aber da hörte sie schon gar nicht mehr richtig zu. Kiba sollte was sein?! „Wir müssen darüber reden.“ Immer diese verdammten Floskeln. „Müssen wir das, ja?“ Sasukes abfälliger Tonfall ließ keinen Zweifel daran, wie er über diese Frage dachte. Aber leider reichte das nicht aus, um Sakura von seiner Bahn zu vertreiben. Die Arme vor der Brust verschränkt, funkelte sie ihn an. Er schnaubte. Ein Mann, der sich ins unvermeidliche fügte. Und je eher es vorbei war, desto besser. „Reden wir also.“ Falls sie gehofft hatte, dass ihm ihr erleichtertes Aufatmen entgangen war, hatte sie sich geirrt. Spätestens jetzt war ihm klar, dass er das Ganze zu einem schnellen Ende bringen musste. Bevor es richtig lästig wurde. Und das alles wegen eines verdammten Fehlers, einem Moment, indem er sich nicht im Griff gehabt hatte. Aber das würde ihm nicht noch einmal passieren. Wegen Sakura Haruno würde er sich kein weiteres Mal zum Narren machen. „Du…du hast mich geküsst.“ „Das deckt sich erstaunlich gut mit den Tatsachen, ja. Du warst ja schon immer ein kluges Mädchen.“ Einen Moment lang wirkte sie ratlos. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich weiß, was du vorhast. Du denkst, wenn du…so bist, dann gebe ich auf, und lasse dich in Ruhe. Dabei…“ Und er wusste ganz genau, dass sie jetzt versuchen würde, auf Ino zu sprechen zu kommen. Wie war es eigentlich möglich gewesen, dass er sich von jemanden, den er so leicht durchschauen konnte, so sehr hatte vorführen lassen? „Ach wirklich? Warum sollte ich das wohl wollen?“ Er brauchte seine Worte nicht einmal sorgfältig zu wählen, es fiel ihm leicht, so zu reden. Es war ihm schon immer leicht gefallen, auf den Schwachpunkt seines Gegenübers zu zielen, auch wenn er sich in letzter Zeit bemüht hatte, diese Seite von sich im Zaum zu halten. Meistens war er nicht stolz drauf, aber immer machte es die Dinge einfacher. So wie jetzt. Sakura senkte den Blick und biss sich auf die Lippe. „Warum…also?“ Einen flüchtigen Moment lang hatte er sogar Mitleid mit ihr. Es dürfte ihr nicht leicht gefallen sein, zu kommen. Auf ihre Art war sie wohl genauso eingebildet wie er. Aber der Moment verging, und sie war immer noch da. „Warum? Sicher nicht, weil ich hier-“ er legte seine flache Hand auf seine Brust „-ein senti-mentales Gefühl für dich hege. Das hätte mir einmal passieren können, aber zum Glück ist es anders gekommen.“ Jetzt hatte er doch einen Teil seiner Ruhe verloren und angefangen, schneller zu reden. Sie schluckte schwer, gab sich aber noch nicht geschlagen. „Wenn das so ist, dürfte es dir ja auch nicht allzu schwer fallen, mir zu erklären, warum du es getan hast. Wenn du mich so wenig ertragen kannst.“ Ihre Stimme hatte sich beim reden ein paar Mal überschlagen. Er schloss einen Moment die Augen. Sie hatte den richtigen Punt getroffen, er wusste ja selbst nicht genau, warum er so durchgedreht war. Allerdings würde er eher freiwillig eine Handvoll Glasscherben schlucken, als darüber mit ihr zu sprechen. Wie verletzlich sie war. Und wie leicht sie es ihm machte, sie zu verletzen. Er öffnete die Augen und lächelte schmallippig. „Eine Wette. Eine Wette, dass ich irgendein Mädchen küssen könnte, mit dem ich bisher nicht mehr als drei Sätze gewechselt habe. Ein Mädchen, dass weiß, dass ich vergeben bin, und es trotzdem tun würde. Und bei dir war ich mir ziemlich sicher, dass es klappen würde.“ Er atmete einen Moment durch, bevor er ihr den finalen Schlag versetzte. „Scheint in deiner Branche ja üblich zu sein.“ Sie schwieg einen Moment bevor sie leise, kaum hörbar, antwortet: „Dann muss ich dir wohl zu deinem Schauspieltalent gratulieren.“ Damit wirbelte sie herum und verschwand zwischen den Bäumen. Jetzt gestatte auch Sasuke sich ein erleichtertes aufatmen. So war es besser. Besser für alle. Shikamaru runzelte die Stirn. Es war weder seine Art, noch seine Absicht, fremde Gespräche zu belauschen. Ganz einfach deshalb, weil sie Wahrscheinlichkeit, dort etwas Relevantes zu erfahren, so verschwindend gering war, das er sich einfach nicht aufraffen konnte, es zu tun. Aber jetzt war es passiert. Und er hatte etwas Relevantes erfahren. Nichts völlig neues, natürlich, aber das war ja auch nicht zu erwarten gewesen. Er hatte ja gewusst, dass dieser arrogante Drecksack Ino nicht gut tat. Jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte das wissen. Sie hungerte, um ihm zu gefallen, verschwendete lächerlich viel Zeit auf ihr Aussehen und sprach kein Wort mehr mit ihrer ehemals besten Freundin. Alles, um Sasuke Uchiha zu gefallen. Aber bis heute hatte er gedacht, dass sie im Austausch dafür wenigstens seine Treue bekam. Er wandte sich ab. Lauschen war einfach nichts für ihn. Ganz abgesehen davon, konnte er auf die Rechtfertigungsversuche des Uchihas gut verzichten. Die Dinge wären sehr viel erträglicher, wenn er mehr von diesem Beziehungskram verstanden hatte. Aber Zwischenmenschliche Beziehungen waren für ihn immer das geblieben, was theoretische Physik für die anderen war: eine fremde Welt. Aber er würde etwas tun müssen. Denn genauso sicher, wie er unnötige Anstrengungen verabscheute, wusste er auch, dass Ino ihm das wert war. Während er sich auf den Weg, zurück zu seinem Zimmer machte, begann er die einzelnen Szenarien durchzuspielen. Wenn er den Aufwand schon betrieben musste, dann sollte es wenigstens eine realistische Chance auf Erfolg geben (auch wenn er es sorgfältig vermied, darüber nachzudenken, was „Erfolg“ in diesem Fall bedeuten konnte). Mit Sasuke zu sprechen wäre Zeitverschwendung. Dessen Reaktion würde maximal aus einem überheblichen Grinsen und einem hingerotzten „Ach ja? Sagt wer?“ bestehen. Ino fiel ebenfalls aus. Vor Shikamarus innerem Auge lief ein wenig erheiternder Kurzfilm ab. Zuerst würde sie ihn ungläubig ansehen. Dann die Stirn runzeln und schließlich würde sie mit zusammengekniffenen Augen rufen „Shikamaru! Das ist echt das Letzte! Bloß, weil du es nicht ertragen kannst, dass Sasuke so viel besser als du…“ Hier ließ sich jedes beliebige Verb einsetzen. Abgesehen davon, dass das noch demütigender als Szenario 1 wäre, war auch damit niemanden geholfen. Wenn man von den lächerlichen Alternativen wie „eine Annonce in die Zeitung setzen“ oder „Notiz an der Wand im Jungsklo schreiben“ (was, nebenbei gesagt ziemlich auf dasselbe hinauslief. Gut, manche seiner intellektuellen Mitschüler dürften die Wand über der Pissrinne sogar vorziehen) blieb also nur noch die dritte im Bunde: Sakura. Ihre Reaktion war am wenigsten berechenbar, einfach, weil er kaum Erfahrungswerte hatte. An das aufgedrehte Mädchen erinnerte er sich nur noch vage, und von ihrer Karriere als One-Hit Wonder hatte er noch weniger mitbekommen. Aber sie schien der sentimentale Typ zu sein, mit ihr würde er also reden. Nicht, dass er genau gewusst hätte, was dabei herauskommen würde. Wahrscheinlich konnte er sie sie so weit beschämen, dass sie es nicht wieder tat (obwohl-bei Sasukes Tonfall schien eine Wiederholung ohnehin eher im Bereich des Unwahrscheinlichen zu liegen). Auf jeden Fall hatte Ino eine Freundin nötig. Und vielleicht konnte er ihr dazu verhelfen. Versuchen würde er es auf jeden Fall. Momentan teilte Sakuras Welt sich in ‘Dinge, über die sie nachdenken wollte‘ und ‘Dinge, über die sie lieber nicht nachdenken wollte‘. Leider kamen noch Dinge dazu, über sie sie gar nicht nachdenken wollte, die aber trotzdem in Endlosschleife in ihrem Kopf abliefen. Genauer gesagt: der Kuss, und Sasukes Bewertung desselben. Ja, sie hätte nicht hingehen sollen. Dürfen. Aber sie hatte es einfach wissen müssen. Ob sie jetzt wieder mit Ino befreundet sein konnte, oder ob da immer noch etwas zwischen ihnen stand. Stehen könnte. Sie versuchte (Ja! Wirklich!) seine Worte mit seinem Gesichtsausdruck, nachdem er sie zu sich hergezogen hatte, zu verbinden. Vielleicht, nein, ganz bestimmt war es ihre Eitelkeit. Der Stempel „billig“ den er ihr da mitgegeben hatte war nicht gerade schmeichelhaft. Sicher, während ihrer kurzen Berühmtheit war viel Absurdes über sie geschrieben worden. „Mit Drillingen schwangere, drogensüchtige Ehezerstörerin“, in der Art. Aber das hier tat mehr weh. Weil es aus seinem Mund kam. Und er sie besser hätte kennen können. Trotzdem, er hatte so gequält gewirkt, so wild. Nein, nicht wild. Er war ja schließlich kein Nashorn oder so. Jedenfalls hatte er nicht wie jemand gewirkt, der gerade eine launige Wette gewann. Eher angespannt. Was ja wieder zu der Wett Theorie gepasst hätte und…ach, verdammt. Darüber sollte sie eigentlich gar nicht nachdenken und damit Punkt. Wie um sich das selbst zu beweisen riss sie die Seite aus ihrem Block, auf der sie die letzten Minuten herum gekritzelt hatte, heraus und knüllte sie zusammen. Genug davon. Ihre Pause verbrachte sie immer noch allein, aber es war längst nicht mehr so quälend. Vor allem, da Ino und sie sich vorhin Zettel geschrieben hatten. Richtig, als wären sie wieder in der fünften Klasse und hätten sich gerade erst kennen gelernt. Und genauso vorsichtig war auch die Themenwahl: Wie geht’s? Findest du auch, dass Wahrscheinlichkeitsrechnung die überflüssigste Erfindung seit Ganzkörperleopardenprints ist? Es war ein vorsichtiger Frieden, den sie da geschlossen hatten, aber Sakura war verdammt dankbar dafür. Natürlich ließ sie die Frage, wie das alles hatte passieren können nicht so leicht beantworten. Und es gab eine Menge alter Wunden. Aber trotzdem: zum ersten Mal, seit sie wieder hier war, hatte sie das Gefühl, alles könnte wieder gut werden. Sie würde jedenfalls alles dafür tun, dass es so kam. Sollte Sasuke sie doch für eine billige Zwiebel halten. Idiotisch vor sich hin lächelnd, lies sie ihren Blick schweifen. Und bemerkte, dass jemand sie ansah. Oder eher starrte. In Shikamarus Blick lag keine Freundlichkeit, er sah sie eher an, wie eine besonders widerspenstige Bakterie, die er gerade unter dem Mikroskop entdeckt hatte. Sofort meldete sich wieder ihr schlechtes Gewissen. Aber-sie hatte nie besonders viel mit ihm zu tun gehabt. „Professor Allwissend“, das war Inos und ihr Spitzname für ihn gewesen. Wahrscheinlich bildete sie sich das nur ein. ‘Nicht die ganze Welt dreht sich um dich!‘ schimpfte sie sich in Gedanken aus und wandte den Blick ab. Nur, um nach ein paar Sekunden wieder hinzusehen. Jep, er starrte immer noch. Und diesmal winkte er sie sogar zu sich her und deutete gleichzeitig nach oben. Verwirrt erhob sie sich. Was konnte er bloß wollen? Kiba warf einen Blick in das halbleere Klassenzimmer. Kam es ihm nur so vor, oder ging Hinata ihm seit gestern aus dem Weg? Normalerweise war sie hier, und sie konnten ein bisschen quatschen, während Naruto mit den anderen Rauchern nach draußen pilgerte. Zigarettenqualm mochte sie nicht, aber das war auch das einzige, was sie an ihm nicht mochte. ‘Aufhören‘ ermahnte er sich, ‘das führt doch zu nichts‘. Sicher, er hätte sie nicht so anschnauzen dürfen, aber er war ziemlich sicher gewesen, das sie ihm schon wieder verziehen hatte, als sie unterbrochen worden waren. Sie konnte doch nie lange wütend sein. Choji winkte ihm mit seiner Chipstüte zu, und er erwiderte den Gruß. Eben noch schnell pissen, dann würde er diese Pause halt mit Männergesprächen verbringen. Er machte sich auf den Weg, wurde aber wenige Meter vor der Klotür überholt. Das Mädchen hielt den Kopf gesenkt, und ging sehr schnell-aber sie hätte er überall erkannt. „Hinata?“ Sie ging noch ein, zwei Schritte weiter, dann blieb sie stehen und lächelte verlegen. „Ah, Kiba. Hab dich gar nicht gesehen.“ Zigarettenqualm stieg ihm in die Nase. Das ungute Gefühl, sie könnte ihm aus dem Weg gehen, verstärkte sich noch. Aber warum? Wegen der Episode gestern bestimmt nicht. Er erinnerte sich, dass sie eifrig mit geraten hatte, als er beim Tabu an der Reihe gewesen war. Konnte sie…es wissen? Aber woher? Er hatte sich niemanden außer Shino anvertraut, und der hatte ihn sicher nicht verraten. „Tja, na dann…“ fing er an, während sie gleichzeitig „Ich muss dann mal weiter…“ gesagt hatte. Einen Moment lang sahen sie sich an. Das war eigentlich eine Situation zum Lachen, aber keinem war danach zu mute. Stattdessen riss jeder die zugehörige Tür auf und verschwand dahinter. Das Schulklo als Rettungsbot-für das sinkende Schiff ihrer Freundschaft. Ratlos ließ Sakura die Tür hinter sich ins Schloss fallen, und sah sich auf dem Dach um. Keine anderen Menschen, nur das übliche bisschen Müll, dass daran erinnerte, das durchaus andere herkamen. Einen Moment lang genoss sie die Herbstsonne, bevor sie sich zu ihrem Begleiter umdrehte. „Und, wirst du mir jetzt sagen, was wir hier machen?“ Die letzten drei Mal, als sie ihn gefragt hatte, hatte er nur unwirsch den Kopf geschüttelt und „Später“ (oder etwas in der Art) geknurrt. Auch jetzt wirkte er alles andere als begeistert. Die Arme vor der Brust verschränkt, sah er sie missmutig an. Als ob sie ihm dieses Gespräch aufgezwungen hatte, und nicht umgekehrt. Immer noch keine Reaktion. Sie hätte wirklich nicht so neugierig sein sollen. „Gut, dann gehe ich halt wieder. Danke, für das interessante Gespräch.“ Erklärte sie schnippisch und wandte sich zum gehen. „Nein!“. Allmählich wurde es lustig. „Also dann?“ Statt zu antworten, begann er auf und abzugehen. Mit einem spöttischen Grinsen begann sie von einem Fuß auf den anderen zu treten, als er sich doch fürs sprechen entschied. „Menschen sind…nicht mein Thema. Zu viele unberechenbare Variablen. Trotzdem weiß auch ich ein paar Sachen. Zum Beispiel, das es Dinge gibt, die man tut…und Dinge, die man nicht tut.“ Seine Worte wischten das Lächeln aus ihrem Gesicht. Egal, worüber er redete, die Ähnlichkeit zu ihrer eigenen Situation war viel zu groß. „Und genau das ist der Grund, warum wir hier sind.“ Sie blinzelte verwirrt. Scheinbar hatte sie zwischendurch den Faden verloren. Jetzt hatte er jedenfalls aufgehört, und wartete auf eine Antwort. Sie sagte das erste, von dem sie sicher war, dass es ihn auf Abstand halten würde. „Du willst mir jetzt aber nicht deine Liebe gestehen, oder?“ „Selbstverständlich nicht.“ Die Abfuhren schien sie diese Woche irgendwie im Dutzend zu bekommen. Er seufzte, anscheinend frustriert über ihre Begriffsstutzigkeit. „Scheinbar war meine Erklärung zu abstrakt gehalten. Dann will ich mich mal bemühen, es für dich einfacher zu gestalten. Ino ist nicht mehr deine Freundin, aber sie war es mal. Was ihren Freund zu küssen zu einer der Sachen macht, die man nicht tut.“ Woher…? „Und es spielt eine Rolle, woher ich das weiß.“ Er atmete tief durch, scheinbar war er es nicht gewohnt, so lange über irgendetwas außerhalb der Welt der Wissenschaft so lange zu reden. Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Mehrfach öffnete sie den Mund. Sie war wütend, beschämt, ratlos-aber nichts davon wollte ihr über die Lippen kommen. „Was?“ Diesmal war er es, der sie spöttisch ansah, als wollte er ihr zu ihrer Schlussfolgerung gratulieren. „Du wirst es ihr sagen müssen.“ „Nein.“ Unwillkürlich ballte Sakura die Hände zu Fäusten. Das konnte sie nicht tun. Das wäre der Beginn der nächsten (und diesmal endgültigen) Eiszeit zwischen Ino und ihr. Sicher, es war nicht ihre Schuld, der Kuss war ja nicht von ihr ausgegangen. Aber eine hässliche Stimme in ihrem inneren erinnerte sie daran, dass die Beendigung des Kusses zwar von ihr ausgegangen war-aber nur sehr zögerlich. Weil es ihre gefallen hatte. Das machte sie zu einer heißen Anwärterin auf den Titel „miesteste Freundin des Jahres.“ Ino würde es jedenfalls nicht verstehen, wie auch. Allein bei dem Gedanken an ihren überrascht-entsetzt-verstörten Blick drehte sich Sakura der Magen um. Sie wollte wirklich Inos Freundin sein. „Das…geht nicht. Es ist zu früh.“ Krächzte sie. „Zu früh für was?“ erkundigte sich plötzlich eine muntere Stimme hinter ihnen. Beide wirbelten herum, während Ino näher kam und ihre Frage wiederholte. Sakuras Gedanken rasten. Über zu wenig Pech konnte sie sich wirklich nicht beklagen. Shikamaru schien keine Aufklärung leisten zu wollen, er war einen Schritt zurückgetreten, als wollte er mit Inos Eintreffen alle Verantwortung von sich weisen. „Das ist…äh, ein Geheimnis?“ Ino schüttelte den Kopf, ihr Pferdeschwanz flog hin und her. „Darauf falle ich nicht rein. Ich meine, was für Geheimnisse könnte ihr beiden schon miteinander haben? Ehrlich, da erwische ich euch bei solch vielversprechenden Andeutungen, und dann…“ Sakura senkte den Blick und kniff die Augen zusammen. Ino würde nicht locker lassen, so viel stand fest. Die Pause ging noch Mindestends zehn Minuten, daher war also auch keine Hilfe zu erwarten. Der Erdboden würde sich auch nicht auftun. Es gab also nur eins zu tun. _______________________ Uninteressantes Autorengeplapper: Dieses arme Kapitel war das am häufigsten umgetaufte bis jetzt- und da ich ein schlechter Mensch bin, hat mir auch die Stelle, wo Sasuke Sakura abkanzelt am meisten Spaß gemacht. Ein paar Teile des Kapitels sollten eigentlich ins nächste, aber bei abtippen hab ich festgestellt, dass es nur so Sinn macht (?). Hoffe, ihr seht das auch so. Danke fürs lesen, und besonderen Dank fürs kommentieren. Ich find das immer schwierig, sowas zu sagen, ohne das es billig klingt aber: danke, ihr motiviert mich. Bis zum nächsten Mal (diesmal hoffentlich schneller)! Hosted by Animexx e.V. 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