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Something that I want

Alice & Albus
von

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Teil 1: She's a girl with the best intentions


 

Teil 1: She’s a girl with the best intentions
 

~ ♥ ~
 

Alice Longbottom kannte Albus Severus Potter seit sie drei Jahre alt gewesen war. Damals hatte Albus ihr im Laufstall ihre Rassel geklaut und Alice hatte in dem Versuch, sie zurück zu bekommen, sämtliche Hindernisse aus dem Weg geräumt und das halbe Wohnzimmer verwüstet – ohne Erfolg. Albus hatte sogar schon damals genau gewusst wie er das bekam, was er wollte und seitdem war es dabei geblieben. Nur hatte er sich die unschöne Angewohnheit zugelegt, sie bei jeder sich bietenden Möglichkeit in Schwierigkeiten zu bringen.
 

Alice verfluchte Albus einmal mehr und rannte so schnell sie konnte. Es war tiefste Nacht und sie fragte sich nun schon zum zwölften Mal, wie sie so blöd sein konnte, sich von ihm abermals überreden zu lassen (erpressen traf es eher!), eine seiner bescheuerten Ideen mitzumachen. Alice schob ihre Brille, die ihr beim Laufen auf die Nasenspitze gerutscht war, wieder an ihren Platz, biss die Zähne zusammen und machte, dass sie weg kam bevor der neue Hausmeister Mr Watson, der seinem Namen leider alle Ehre machte, sie beim nächtlichen Herumstreunern erwischte. Dreimal verfluchter Potter! Und dabei hatte alles so gut angefangen…
 

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Es war ein guter Tag. Zum Frühstück hatte Alice ein halbes Dutzend Pfannkuchen verputzt und in Zaubertränke hatte sie ihr erstes Erwartungen übertroffen für eine Hausaufgabe erhalten, was wahrlich noch nie passiert war. Als Alice ihrem Vater ihre Note gezeigt hatte, war der so stolz gewesen (wahrscheinlich wegen seiner eigenen miserablen Leistung in diesem Gebiet), dass er Alice zur Belohnung seinen letzten Rest Schokofrösche vermachte. Der Tag hätte nicht besser laufen können. Höchst zufrieden mit sich hüpfte Alice den Gang entlang, machte sich bestens gelaunt auf den Weg zum Gemeinschaftsraum der Hufflepuffs und grüßte dabei jeden, der ihr entgegen kam. Auch, wenn der noch so miesepetrig aus der Rolle schaute. Nichts konnte ihr die gute Laune verderben.
 

„Hey, Alice!“ Alice drehte sich um und schaffte es gerade noch, dass ihr nicht die Gesichtszüge entgleisten. Ausgerechnet jetzt musste sie dem einen begegnen, der es irgendwie immer schaffte, alles um sie herum ins Chaos zu stürzen und nie dafür gerade stehen musste. Albus Severus Potter hatte sie auf dem Gang eingeholt und hielt grinsend ihr Notizbuch in die Höhe. „Du hast da was verloren!“ Sein Grinsen wurde breiter und Alice kam sich mit einem Mal reichlich dumm vor. „Danke!“, sagte Alice kurz angebunden und riss ihm förmlich ihr Eigentum aus der Hand. „Hoppla!“, kommentierte Albus, als sie auch schon an ihm vorbei rauschte. Sie hatte schon fast den halben Korridor hinter sich gelassen, als Albus anscheinend noch etwas einfiel.
 

„Warte mal!“, rief er hinter ihr her, „ich habe dich gesucht! Du sollst zu Professor Sheffield ins Büro kommen.“ Alice, die eigentlich nur von ihm wegkommen wollte, bremste abrupt und Albus schloss zu ihr auf. „Hau‘ doch nicht immer ab“, keuchte er, als er sie eingeholt hatte und stemmte die Hände in die Hüften. „Was möchte Professor Sheffield?“, hakte Alice misstrauisch nach, kaum, dass ihr Mitschüler zu Atem gekommen war. „Ich glaube, es ging um irgendwelche Pläne für die Vertrauensschüler“, erklärte Albus. „Na gut“, seufzte Alice ergeben, „dann bringe ich es eben hinter mich. „Viel Spaß.“ Und damit bog Albus Potter in der nächsten Gangbiegung ab.
 

Kurz blieb Alice stehen und sah Albus hinterher. Sie beide hatten wahrlich eine merkwürdige Beziehung. Als Kinder hatte Albus sie ständig zu waghalsigen Abenteuern überredet, obwohl sie dabei vor Angst fast gestorben war. Sie brauchte nur an ihren ersten Flug auf einem Besen zu denken, der damit geendet hatte, dass sie irgendwie in der Krone des Kirschbaums im Garten gelandet war. Danach war es nicht viel besser geworden. Gleich am ersten Tag in Hogwarts, sogar noch vor der Einschulungszeremonie, hatte es Albus irgendwie geschafft, dass Alice in ihrer brandneuen Schuluniform in den See gefallen war. Die nachfolgende Auswahl war zu einem Ereignis tiefster Scham geworden, als sie zu ihrem Vater am Lehrertisch aufgesehen hatte, während sie klitschnass auf dem Hocker Platz nahm und Professor McGonagall ihr den Sprechenden Hut aufgesetzt hatte, der verkündete, dass sie eine Hufflepuff war. Dass Albus an diesem Abend nach Slytherin kam, überraschte sie kein Stück. Er war schon immer ein Schlitzohr gewesen und in den nachfolgenden Schuljahren hatte er gemeinsam mit Scorpius Malfoy und Lorcan Scamander so viele Streiche ausgeheckt, dass Alice mittlerweile den Überblick darüber verloren hatte.
 

Wie auch immer. Von Albus Potter würde sie sich auf jeden Fall nicht die gute Laune vermiesen lassen! Sie stopfte ihr Notizbuch, das sie immer noch in der Hand hielt, in ihre Tasche und machte sich auf den Weg zu Professor Sheffields Büro. Professor Sheffield war der Lehrer für Zauberkunst und ziemlich beliebt bei den Schülern. Er beherrschte sein Fach wie kaum jemand sonst und in seinem Unterricht stieß man auf die wundersamsten Zauber. Alice, die es als Erste geschafft hatte, einen Schwebezauber zu bewerkstelligen, hatte seitdem bei ihm einen Stein im Brett. Es war schön gelobt zu werden und das Fach machte ihr Spaß. Anders als in Kräuterkunde, das sie bei ihrem Vater hatte, gab es keinen Erwartungsdruck oder enttäuschte Blicke, wenn sie nicht sofort die Besonderheiten einer neuen Pflanze wusste, obwohl ihr Vater ihr mindestens einen Vortrag darüber gehalten hatte. Außerdem behandelte er sie in seinem Unterricht viel strenger als alle anderen, damit überhaupt niemand auf die Idee kommen konnte, dass er sie bevorzugte.
 

In Gedanken versunken merkte Alice nicht, wo sie hin ging und wäre beinahe in den Fast Kopflosen Nick hinein gelaufen. „Hoppla, Miss Longbottom“, grüßte der Hausgeist und lüftete seinen Hut. „Hallo, Sir Nicholas“, sagte Alice, „wie geht es Ihnen?“ „Oh, sehr gut. Und Ihnen? Ich habe gehört, dass Sie heute ganz besonders gut in Zaubertränke abgeschnitten haben.“ Alice strahlte. „Ich habe ein Erwartungen übertroffen bekommen.“ „Oh, wirklich sehr gut“, lobte der Fast Kopflose Nick und nickte anerkennend. „Ach, bevor ich es vergesse“, sagte der Geist dann, „ich glaube der junge Mr Potter hat Sie gesucht.“ Alice verdrehte innerlich die Augen und seufzte. „Ja, ich habe ihn schon getroffen. Ich muss zu Professor Sheffield“, erklärte sie. „Auf Wiedersehen, Sir Nicholas.“ „Auf Wiedersehen, Alice.“, verabschiedete sich auch der Geist.
 

Fünf Minuten später stand Alice vor Professor Sheffields Büro und klopfte. Niemand antwortete und Alice klopfte noch mal. Wieder nichts. „Professor Sheffield?“, rief sie, bekam aber keine Antwort. Probehalber drückte sie die Klinke herunter und stellte fest, dass das Büro nicht abgeschlossen war. Allerdings war von ihrem Lieblingslehrer weit und breit nichts zu sehen. Alice beschloss zu warten und sah sich stattdessen im Raum um. Die Vorhänge vor dem einzigen Fenster im Raum waren zurückgezogen und das ganze Zimmer wirkte frisch und hell. An der Wand waren mehrere Regale mit Büchern und jeder Titel klang verlockender als der andere. Von Zauberhafte Zaubersprüche, Verzaubern Sie ihre Freunde – mit Tipps von Professor Steward, über Weasley’s Zauberhafte Zauberscherze - ein Blick hinter die Kulissen (Alice stutzte überrascht) bis Zauberkunst im neunzehnten Jahrhundert war alles vertreten und Alice ertappte sich bei dem Wunsch, viel Zeit zu haben und ein wenig in ihnen zu schmökern, obwohl eigentlich ihr Bruder Frank der Bücherwurm in der Familie war. Vielleicht konnte Sie Professor Sheffield ja später mal fragen, ob er ihr das ein oder andere auslieh…
 

Auf dem Schreibtisch am Fenster war alles ordentlich zusammengepackt. Da lag ein Haufen Arbeiten, die Professor Sheffield offensichtlich noch korrigieren musste und direkt daneben stand eine kleine Glaskugel mit einem winzigen Obstbaum darin, der noch winzigere Früchte trug. Der Zauber, so hatte Professor Sheffield erklärt, war mit den Schneekugeln der Muggel zu vergleichen, nur, dass sich der Baum je nach Jahreszeit veränderte und auch das Wetter in der Glaskugel stets dem Wetter draußen entsprach. Wenn die Klasse weiter so gut voran kam, würden sie den Zauber ebenfalls lernen und Alice konnte es kaum abwarten.
 

Frankie hatte den Zauber schon längst gelernt, aber er weigerte sich vehement ihn Alice zu zeigen mit der Begründung, dass sie ihn selbst lernen sollte. Verdammter Streber! Alice liebte ihren Bruder, aber manchmal kam er ganz schön großspurig daher und sein Verantwortungskomplex hatte extrem zugenommen, als man ihn in diesem Jahr zum Schulsprecher ernannt hatte. Insgeheim vermutete Alice, dass ihr Vater ein wenig enttäuscht war, dass niemand von seinen Kindern ein Gryffindor geworden war, (Frank war in Ravenclaw), aber gesagt hatte sie es ihm natürlich nie. Allerdings machte die Tatsache, dass Roxanne Weasley Schulsprecherin geworden war und Frank mächtig in den Hintern trat, seine ständige Alleswisserei beinahe schon wieder erträglich. Alice grinste und nahm auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz und beschloss hier auf den Lehrer zu warten. Sie saß gerade und betrachtete ein Gemälde an der Wand auf dem eine dickliche Frau gerade einen Kuchen buk. Eine Weile betrachtete sie die Dame, wie sie den Teig knetete und in Form brachte, doch noch immer tauchte kein Professor Sheffield auf. Mittlerweile wurde Alice misstrauisch. Wieso brauchte er denn so lange, wenn er doch angeblich auf sie wartete? Hatte Albus ihr mal wieder einen Streich gespielt oder hatte sich der Lehrer nur im Lehrerzimmer verquatscht?
 

„Incendio“, murmelte Alice und machte mit einem simplen Zauberspruch Feuer im Kamin. Gleich war es ein wenig behaglicher. Es war schließlich schon Herbst und ideale Zeit sich gemütlich ins Sofa zu lümmeln und nachmittags bei Tee und Keksen ein Buch zu lesen. Und Professor Sheffield war genau diese Art Mensch, bei dem sie sich das gut vorstellen konnte.
 

Die Uhr tickte. Fast sechs Uhr. Eigentlich müsste sie längst im Gemeinschaftsraum bei den Schulaufgaben sein… das ständige Geräusch machte sie schläfrig und sie betrachtete müde das Quidditchfeld durch das Fenster. Gerade war ein Team beim Training. Einige Spieler warfen sich den Quaffel zu und Alice musste ihnen neidlos zugestehen, dass sie ziemlich gut waren. Dann sah sie die Farben: Silber und Grün. Slytherin. Sie konnte nur hoffen, dass Slytherin nicht zuerst gegen Hufflepuff spielte. Ihre Mannschaft konnte nämlich wirklich noch Training brauchen. Aber ein bisschen spionieren…
 

Alice öffnete das Fenster und machte Scorpius Malfoy aus, der gerade den Quaffel hatte und ein atemberaubendes Tor machte. Albus, der Sucher für seine Mannschaft war, schwebte über dem Geschehen und hielt nach dem Schnatz Ausschau. Genau wie seine Eltern hatte Albus dessen Talent für Quidditch geerbt. Leider traf das auf seine Geschwister Lily und James ebenfalls zu und sobald wieder einmal Slytherin gegen Gryffindor spielte, konnte man ein höchst amüsantes Familienduell beobachten, bei dem jede Verwandtschaft vergessen war.
 

Immer noch in Gedanken versunken hatte Alice noch gar nicht gemerkt, dass die Spieler immer näher ans Schloss gekommen waren und sich zwischen den Türmen und Gebäuden waghalsige Pässe zuspielten. Gerade als Alice das Fenster wieder schließen wollte, wehte ein besonders heftiger Windstoß herein und wirbelte die fein säuberlich sortierten Klassenarbeiten durch den ganzen Raum. Im nächsten Moment raste ein Klatscher, der Albus nur knapp verfehlte, geradewegs durchs Fenster und schlug in der Wand gegenüber ein. Mit einem weiteren Krachen zerlegte er den Schreibtisch in seine Einzelteile. Die Arbeiten flogen durch den Raum, landeten im Kamin und fingen Feuer. Die Frau im Portrait kreischte erschrocken auf, warf den Kuchenteig in die Luft und flüchtete in das nächstgelegene Gemälde. Alice drückte sich an die Wand um möglichst keine Zielscheibe abzugeben. Der Klatscher schlug noch ein paar Mal durchs Zimmer bevor er den einzigen Ausgang fand und Alice sich wieder zu rühren wagte. Zitternd richtete sie sich auf und sah sich mit klopfenden Herzen um.
 

Der Raum glich einem Schlachtfeld. Mindestens drei Bücherregale waren herunter gerissen, sämtliche Möbel waren zerlegt, die Glaskugel mit dem winzigen Obstbaum lag zerbrochen am Boden und die Klassenarbeiten brannten…- die Klassenarbeiten BRANNTEN! Alice brach in Panik aus, zückte ihren Zauberstab und rief: „Aquamenti!“ Ein Wasserstrahl brach aus ihrem Zauberstab hervor, löschte zwar das Feuer, aber machte das Geschriebene, das noch nicht verkohlt war, absolut unlesbar.
 

„-und dann werde ich mit der Klasse den Jahreszeitenzauber durchnehmen, ich denke sie sollten nach den Reimzaubern bestens damit zurechtkommen.“ Alice erstarrte. Das war Professor Sheffields Stimme. Er kam direkt auf sie zu! „Ich bin sicher, Sie werden Erfolg haben, Professor Sheffield.“, antwortete die Stimme Professor McGonagalls, „sagen Sie, haben Sie etwas dagegen mir eine dieser Kristallkugeln zu zeigen?“ „Keineswegs“, entgegnete ihr Lieblingslehrer, „warten Sie kurz, ich habe sogar eine dabei …“ Alice hörte wie er in seiner Tasche kramte. Sie schlich zur Tür und spähte heraus. Die beiden Professoren waren nicht zu sehen, aber ihre Stimmen waren so nah, dass sie im nächsten Gang stehen mussten.
 

Alice spürte wie ihr Herz wild klopfte und Adrenalin durch jede Pore ihres Körpers schickte. Er durfte sie nicht so sehen! Sie würde all seinen Respekt verlieren! Noch immer mit rasendem Herzen packte sie ihre Sachen, warf einen letzten Blick zurück, bevor sie die Tür schloss und so schnell sie konnte vom Schauplatz des Unglücks wegrannte. Wenn das rauskam… Sie steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten. Irgendwie hatte sie es geschafft das Büro ihres Lieblingslehrers in Schutt und Asche zu legen.
 


 

~ ♥ ~
 

Hello? Someone out there? Na ja, wie auch immer :) Herzlich willkommen zu meiner ersten Harry Potter-Fanfiction, die aufgrund eines Wettbewerbs von abgemeldet entstanden ist. Um ehrlich zu sein, ich bin ein wenig nervös, weil dies meine erste FF außerhalb des Naruto-Fandoms ist. Aber ich war schon immer ein riesiger Harry Potter - Fan und so habe ich mich einfach mal dran versucht. (Immerhin war die erste FF, die ich je gelesen habe eine Lily & James - Harry Potter - FF)
 

Bei dieser FF, die insgesamt 7 Teile haben wird, lege ich das Hauptaugenmerk auf Alice und Albus, die in einige verrückte, witzige, aber auch nachdenkliche Situationen kommen werden und über sich selbst hinaus wachsen müssen. Aber davon werdet ihr (wenn jemand da ist) noch etwas lesen :)
 

Bei dieser FF ist Wintersoldier meine wunderbare Betaleserin, die bislang wirklich ganz tolle Arbeit geleistet hat. Vielen lieben Dank, Aya!
 

Über Kommentare & Kritik würde ich mich sehr freuen ;)
 

Alles Liebe

moony
 

Verwendete Zauber & Flüche
 

●'Incendio' - entzündet Feuer

●'Aquamenti' - Wasserzauber

Teil 2: He's a man of his own inventions


 

Teil 2: He’s a man of his own inventions
 

~ ♣ ~
 

Du siehst schrecklich aus, Alice“, erklärte Rose Weasley, als Alice sich neben ihr am Tisch der Huffelpuffs niederließ. „Schlecht geschlafen“, krächzte sie zurück, vergrub ihren Kopf in den Händen und gähnte herzhaft. Es war nicht mal eine Lüge, wenn man bedachte, dass sie die ganze Nacht aus Angst vor dem nächsten Morgen wach gelegen und sich die Augen aus dem Kopf geheult hatte. „Das sehe ich“, kommentierte Rose trocken, „allerdings wäre meine erste Theorie gewesen, dass Al dir irgendeinen Scherzartikel von Onkel George untergejubelt hat.“ Alice grummelte missmutig. „Du kannst froh sein, dass du nicht im Quidditchteam der Ravenclaws bist, heute ist Sondertraining“, teilte Rose ihr fröhlich mit.
 

Alice kam nicht umhin, die armen Seelen zu bemitleiden, die Rose unter ihrer Knute hatte. Rose war zwar ihre beste Freundin, sie war furchtbar schlau, aber sie hatte auch die Leidenschaft ihres Vaters fürs Quidditch geerbt. Sehr zu dessen Stolz war Rose in diesem Jahr zum Quidditchkapitän der Ravenclaws ernannt worden und sie stürzte sich mit Feuereifer in ihre Aufgabe. Alice hatte zwar schon öfter mitbekommen, dass einer von Rose‘ Leuten sich über sie beschwert hatte, allerdings hatten sie Gryffindor im ersten Spiel des Jahres nur so vom Platz gefegt, was Rose zum Anlass nahm, ihren Cousin James und ihre Cousine Lily bei jeder sich bietenden Möglichkeit damit aufzuziehen. Sämtliche Kritik war seitdem verklungen.
 

„Was hast du eigentlich in der ersten Stunde?“, wollte Rose wissen, nachdem sie sich ein Schinkenbrötchen geschmiert hatte. „Zaubertränke mit den Gryffindors“, grummelte Alice. „Bin ich froh, dass ich das erst morgen wieder habe“, seufzte Rose, „letztes Mal hat Malfoy mir eine Wellhornschnecke in den Kessel geschmissen und das Ganze ist uns um die Ohren geflogen. Aber dafür hat er jetzt drei Abende Nachsitzen und kann nicht trainieren.“ Sie grinste schadenfroh und vertilgte mit neuem Eifer ihr Brötchen. „Also gestern hat er jedenfalls trainiert“, berichtete Alice und sah zum ersten Mal auf. „Was?! Dieser Mistkerl-“, Rose hielt mitten im Satz inne. „Alice…“, hauchte sie plötzlich, „hast du heute schon mal in den Spiegel geguckt?“ Alice sah sie verdutzt an und schüttelte den Kopf. „Du siehst aus wie ein Zombie“, sagte Rose knallhart, „du bist weiß wie eine Wand und hast du dir schon mal die Ringe unter deinen Augen angeguckt?!“
 

Rose begann daraufhin in ihrer Tasche zu kramen und förderte allen möglichen Kleinkram zutage. „Ach, verflixt“, fluchte sie, als sie immer noch nicht das Gesuchte fand, „Accio Handspiegel.“ Aus ihrer Tasche erhob sich ein hübscher silberner Spiegel, den Rose Alice im nächsten Moment unter die Nase hielt. Alice erstarrte. Rose hatte Recht. Wie konnte sie in diesem Zustand nur zum Unterricht gehen! „Oh, mein Gott“, flüsterte sie, „bitte sag‘ mir, dass du irgendwas dagegen in deiner Tasche hast.“ „Tut mir Leid, Alice“, erwiderte Rose. „Ich glaube, ich schwänze“, stöhnte Alice.
 

„Was höre ich da, Alice? Du willst schwänzen?“ Albus Potter war wie aus dem Nichts aufgetaucht. Alice sah auf. „Oh“, brachte Albus hervor. „Ja, ‚oh‘ “, wiederholte Rose an ihren Cousin gewandt, während der den beiden Freundinnen gegenüber Platz nahm und sich heimtückisch an Alice‘ Toast verging. „Ich schlage vor, du siehst zu, dass du Malfoy findest, wir stehen hier gerade vor einem riesen Problem und können dich und deine Sprüche gerade gar nicht gebrauchen, Al.“ „Ich bin zutiefst gerührt, Rosie“, entgegnete er sarkastisch. „Ich werde mich dann mal auf den Weg machen… Vermutlich werde ich meinen Übermüdungstrank nach der nächsten Party selbst benutzen, aber da ihr ihn nicht haben wollt…“ Er machte eine theatralische Geste und erhob sich mit gespieltem Bedauern.

„Du hast was?!“, rief Rose. „Einen Zaubertrank gegen Morgenmuffeligkeit. Wirklich Rosie, ich wusste gar nicht, dass du neuerdings schwerhörig bist.“ Die beiden Mädchen tauschten einen Blick. „Bitte, Albus…“, begann Alice, „ich überlebe den Tag sonst nicht-“ doch Rose unterbrach sie: „Her damit, Al, oder ich erzähle James, dass du immer seinen Besen klaust, wenn er Nachsitzen muss!“ Albus hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut“, murrte er, zauberte dann ein kleines Fläschchen aus seiner Tasse und überreichte es Alice. „Der einzige Zaubertrank, den ich wirklich beherrsche…“, murmelte er. „Du bist mein Lieblingscousin, Al“, rief Rose strahlend. „Das habe ich gehört, Rosie!“, brüllte James vom Gryffindortisch, „man könnte meinen wir anderen wären nur flüchtige Bekannte!“. Lacher seitens der Gryffindors. „Halt die Klappe, James!“, schrie Rose zurück und wandte sich dann wieder ihrer kleinen Frühstücksrunde zu. Alice setzte gerade das Fläschchen an die Lippen, ehe sie innehielt, es misstrauisch beäugte und schließlich daran schnupperte. „Das ist doch wirklich so ein Heiltrank, oder?“
 

Das Grinsen verschwand aus Albus‘ Gesicht und mit einem Mal wirkte er zutiefst geknickt. „Ja, das ist er“, bestätigte er knapp, stand auf und ging in Richtung Eingangshalle davon. Kaum, dass er außer Sicht war, sah Rose Alice vorwurfsvoll an. „Das war unnötig, Alice. Aus dem Alter, dir die Haare bunt zu färben, ist Al wirklich raus gewachsen. Er wollte doch nur helfen…“ Die Hufflepuff starrte schuldbewusst das Fläschchen mit dem Zaubertrank an. „Wie auch immer“, fuhr Rose fort, „ich muss los. Bis später!“ Und weg war sie. Alice seufzte schwer, beschloss das Risiko einzugehen und trank den ganzen Zaubertrank leer. Schon im nächsten Moment fühlte sie sich besser. Ihre Müdigkeit verschwand und das fiese Pochen in ihrem Kopf nahm spürbar ab. Jetzt fühlte sie sich noch schlechter. Albus hatte wirklich nur helfen wollen…
 

Doch sie hatte keine Zeit sich weiter damit zu beschäftigen, denn in diesem Moment schellte es und Alice stellte bestürzt fest, dass die erste Stunde in diesem Moment begann. Sie ließ Frühstück Frühstück sein, schnappte ihre Tasche und hastete so schnell sie konnte Richtung Kerker. Als sie jedoch vor dem Zaubertränkeklassenraum ankam, war die Tür bereits verschlossen und Alice konnte deutlich Professor Coles Stimme hören, der die Klasse gerade über eine Schrumpflösung belehrte. Ihr Herz rutschte ihr in die Hose und sie klopfte zögernd.
 

„Ah, Miss Longbottom“, begrüßte sie Professor Cole eisig, „wie nett von Ihnen uns auch noch mit Ihrer Anwesenheit zu beehren.“ „Es tut mir wahnsinnig Leid, Professor…“, begann Alice. „Setzen“, unterbrach sie Professor Cole. Alice ließ sich eingeschüchtert neben Kate Hudson aus Gryffindor nieder. „So…“, sagte Professor Cole, „da wir nun endlich vollzählig sind.“ Er blickte kurz zu Alice, die in ihrem Stuhl fast einen Kopf kleiner wurde und rot anlief. „Da wir nun endlich vollzählig sind, möchte ich die Hausaufgabe besprechen. Miss Longbottom, ich hoffe für sie, dass Sie wenigstens die korrekte Brauweise für den Trunk des Friedens beschrieben haben.“
 

„Ja-jaa, Professor“, stotterte Alice und begann in ihrer Schultasche zu kramen. Zuerst packte sie ihr Zaubertrankbuch für Fortgeschrittene aus, dann folgte Zauberkunst, die Ausarbeitung für Pflege magischer Geschöpfe… eine alte Feder, ein Tintenfässchen… Alice brach der kalte Schweiß aus. „Nun, Miss Longbottom?“, wollte Professor Cole wissen. „I-ich… einen Moment, Professor.“ Ihre Gedanken rasten, sie war sich sicher, dass sie sich mit Rose über diesen Trank unterhalten hatte… und dann hatten sie sich verabschiedet und Alice wollte in ihrem Gemeinschaftsraum die Hausaufgaben machen, aber dann war sie Albus begegnet und dann war die Sache mit Professor Sheffields Büro gewesen – und sie hatte den ganzen Abend keinen Finger mehr gerührt.
 

Alice wagte es fast nicht, zu Professor Cole aufzublicken, der drohend vor ihr stand und sie abwartend ansah. „Ich hab‘ sie nicht“, flüsterte Alice. „Wie bitte?“ „Ich habe sie nicht“, wiederholte Alice zitternd. „Sie wollen mir erzählen, Miss Longbottom“, begann Professor Cole, „dass Sie nicht nur die Frechheit besitzen eine Viertelstunde zu spät zu meinem Unterricht zu kommen und dann auch noch die Hausaufgabe von letzter Woche vergessen haben?“ „Ja, Professor“, piepste Alice, die mittlerweile kreidebleich geworden war. „Nachsitzen, Miss Longbottom. Morgen Abend in meinem Büro und zwanzig Punkte Abzug für Hufflepuff. Ich hätte wirklich erwartet, dass Sie als Vertrauensschülerin in der Lage wären, ihren Mitschülern ein gutes Vorbild zu sein.“
 

Die restliche Stunde sagte Alice kein einziges Wort. Nicht zu Kate, die sie mitfühlend ansah und den Großteil der Schrumpflösung selbst braute, und auch nicht zu irgendjemand sonst. Wenn sie sich vorher schon schlecht gefühlt hatte, so war das kein Vergleich zu dem, was sie jetzt fühlte. Nachsitzen! Sie hatte noch nie Nachsitzen gehabt! Was würde bloß ihr Vater dazu sagen?!

Als es schellte, war Alice die Erste, die den Raum verließ, und saß schon im Verwandlungsklassenraum, als der Rest der Klasse ankam. Rose, die sich sonst vorher immer mit ihr traf, damit beide vor dem Unterricht ein wenig Quatschen konnten, ließ sich überrascht neben ihr nieder, besaß aber das Taktgefühl, Alice nicht auf ihren erbärmlichen Zustand anzusprechen, und behandelte sie für den Rest der Stunde besonders fürsorglich, wofür Alice sie vor Dankbarkeit am liebsten umarmt hätte.
 

Das Mittagessen schlang Alice herunter, ohne überhaupt zu registrieren, was sie aß und ihre Laune sank endgültig auf den Tiefpunkt, als die in die Jahre gekommene Professorin Trelawney ihr vorhersagte, dass die nächsten Tage die Qual ihres Lebens sein würden, die es zu überwinden galt, ‚um den Geist zu befreien und ihre seherischen Fähigkeiten anhand des Unglücks reifen zu lassen‘. Alice, die das Fach nur ihrem Vater zuliebe weiter besuchte, der der Ansicht war, die Professorin wäre sehr glücklich über ein paar mehr Schüler, verstand weder wie ihr Unglück dabei helfen sollte, ihren Geist zu befreien, noch was das mit den seherischen Fähigkeiten zu tun hatte, die sich ihr irgendwie nie offenbart hatten.
 

Sie war ausgelaugt, müde, schämte sich zu Tode und wollte nur noch in ihr Bett, um in Ruhe weiter zu heulen, als sie vor dem Zauberkunstklassenraum von Professor Sheffield ankam. Ihre Klassenkameraden unterhielten sich schnatternd, schenkten Alice jedoch keine weitere Beachtung. Albus, Scorpius und Lorcan hatten die Köpfe zusammengesteckt und flüsterten eifrig. Vielleicht der nächste Streich, dachte Alice. Doch die drei Slytherins wurden jäh in ihrer Planung unterbrochen, als Professor Sheffield auf dem Gang auftauchte. Er war noch recht jung, hatte kurzes braunes Haar und einen dicken Packen Bücher unter dem Arm. Seine Augen, die sonst jedoch immer vergnüglich blitzten, waren heute starr und merkwürdig ernst. Er winkte die Schüler herein und als Alice sich auf ihrem üblichen Platz nieder ließ, wusste sie bereits, dass diese Stunde nicht unbedingt zu ihrem schlechten Gewissen zuträglich sein würde.
 

„Ich kann euch die Arbeit über Aufheiterungszauber leider nicht zurückgeben“, fing Professor Sheffield an, „ich weiß nicht, was gestern in meinem Büro passiert ist, aber als ich zurückkam, sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Eure Arbeiten sind wohl im Kamin gelandet und jemand hat versucht das Feuer zu löschen. Allerdings kann man kein einziges Wort mehr davon lesen. Ich muss euch daher bitten, die Arbeit noch einmal zu wiederholen.“ Entsetzte Stille. „Aber, Professor!“, rief Lorcan Scamander, „wissen Sie wie lange ich daran gesessen habe?!“ „Das kann ich gut verstehen, Lorcan“, erwiderte Professor Sheffield, „aber es gibt leider keinen anderen Weg. Beim zweiten Mal sollten Sie erheblich schneller vorankommen. Mein Büro habe ich soweit in Ordnung gebracht, aber wenn irgendjemand von Ihnen etwas über den Vorfall weiß-“ Er ließ die Worte in der Luft schweben. „-dann möge mir derjenige bitte Bescheid sagen. Schlagen Sie nun ihre Bücher auf Seite dreiundfünfzig auf, wir beginnen heute mit einem schönen kleinen Zauber. Sprecht mir nach: Orchideus!“
 

Die Klasse wiederholte seine Worte und manch einem gelang es eine Blume hervorzuzaubern. Allerdings kam keiner von ihnen an den üppigen Strauß Lilien heran, die Professor Sheffield aus dem Nichts herauf beschworen hatte. Alice hatte ein so schlechtes Gewissen, dass sie Professor Sheffield nicht einmal ansah. Die Gewissheit, ihren Lieblingslehrer so enttäuscht zu haben, nagte an ihren Gefühlen und nur die Tatsache, was er von ihr denken würde, wenn sie sich jetzt meldete, hielt sie davon ab, einfach alles zuzugeben.
 

Orchideus“, murmelte sie, doch alles, was sie zustande brachte, waren ein paar grüne Blätter, die schon arg vertrocknet waren. „Alles in Ordnung, Alice?“ Sie zuckte so hastig zusammen, dass sie ihren Zauberstab auf den Boden fallen ließ. Professor Sheffield beugte sich besorgt über sie und betrachtete ihr mitleidserregendes Grünzeug. „A-alles in O-ordnung, Professor, mir geht es nur nicht so gut“, murmelte Alice und sammelte den Zauberstab auf. „Musst du in den Krankenflügel?“, hakte der Lehrer nach, aber Alice schüttelte nur den Kopf. Professor Sheffield hob eine Augenbraue. „Sicher?“ „Ja, Professor.“ „Nun gut, dann ruh‘ dich einfach ein bisschen aus, in Ordnung? Ich bin sicher, dass du den Zauber schnell lernst.“ Er lächelte ermutigend und Alice‘ Herz verkrampfte sich schmerzhaft. „Ja.“
 

Professor Sheffield ging weiter und begutachtete gerade Scorpius Malfoys Arbeit, der eine Sonnenblume hervor gebracht hatte, als ein kleiner gefalteter Zettel auf Alice‘ Pult landete. Sie sah sich um, aber ihre Klassenkameraden waren alle eifrig damit beschäftigt, die verschiedensten Blumen herauf zu beschwören, und Professor Sheffield war gerade am anderen Ende des Klassenraums. Alice faltete den Zettel auseinander und erstarrte.
 

Ich weiß, dass du es warst. Wenn du nicht willst, dass es alle erfahren, komm heute um zehn Uhr auf den Astronomieturm.


 

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Alice war eiskalt. Hier oben pfiff der Wind durch jede Ritze und sie hatte leider nichts anderes angezogen als eine leichte Bluse. Überall gab es Nischen, Ecken, Winkel und andere Verstecke, die ein beängstigendes Spiel von Schatten malten. Der Astronomieturm bei Nacht hatte etwas Unheimliches und Alice, die ohnehin leicht schreckhaft war, zuckte bei jedem noch so winzigen Geräusch zusammen. Sie musste verrückt geworden sein. Sie hätte sich gar nicht erst auf dieses Treffen einlassen dürfen… In diesem Augenblick sollte sie sich eigentlich von diesem schrecklichen Tag erholen und sich nicht noch tiefer in dieses Unglück herein bugsieren. Eigentlich. Aber was wäre, wenn der mysteriöse Erpresser doch auspackte?
 

„Hallo?“, rief Alice unsicher, als sie die letzten paar Stufen zum Turm erklommen hatte. Niemand rührte sich und sie sah sich misstrauisch im höchsten Turm um. Was wäre, wenn der Erpresser ein verrückter Stalker war, der… Nein, daran durfte sie gar nicht denken… Dann hörte sie den Glockenschlag. Zehn Mal verklang er in der Nacht, danach kehrte wieder Stille ein. Immer noch war niemand da. Wollte der sie verarschen? „Wenn du nicht sofort rauskommst, gehe ich!“, rief Alice mit mehr Mut als sie überhaupt hatte. Nichts. Nur der Wind pfiff durch das Gemäuer und ließ Alice erschaudern. Gut, dann würde sie eben wieder gehen. Sie musste nicht Stunden auf irgendeinen Typen warten, der-
 

„Hallo, Alice.“ Ihr blieb fast das Herz stehen. Wie aus dem Nichts war Albus Potter vor ihr aufgetaucht, der ein Stück glitzernden Stoff in der Hand hielt, das sie bei näherem Hinsehen eindeutig als Tarnumhang erkannte. „Al?“ „Freut mich, dass du hergefunden hast“, grinste Albus. „Du hast mir diesen Zettel geschickt?!“ „Jup.“ Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter. „A-aber w-wie-?“, stotterte Alice. „Ganz einfach“, erwiderte Albus fröhlich, „ich habe mich noch mal umgesehen, nachdem dieser Klatscher fast meinen Hinterkopf gespalten hätte und somit leider deine Versuche mitgekriegt, das Chaos zu beheben. Ich hätte allerdings gedacht, dass du sofort zu Sheffield rennst und ihm alles gestehst. Bist wohl doch nicht nur Daddys liebes Mädchen, huh?“ „Das geht dich gar nichts an!“, fauchte Alice zurück. „Oh, doch“, konterte Albus, „wer sagt denn, dass ich mein Wissen für mich behalte? Was würde wohl Onkel Neville dazu sagen?“
 

Alice wurde blass. „Das wagst du nicht“, flüsterte sie. „Nein, natürlich nicht-“, erwiderte Albus todernst und Alice atmete schon erleichtert auf, als er hinzu setzte: „-wenn du einige Dinge für mich erledigst.“ Sie glaubte sich verhört zu haben. Was bildete er sich eigentlich ein? Erst drohte er, sie bei Professor Sheffield zu verpetzen, dann bestellte er sie mitten in der Nacht auf den Astronomieturm, nur um ihr zu sagen, dass sie gewisse Dinge für ihn erledigen sollte?! „Wie bitte?!“, empörte sich Alice, „das kannst du doch nicht ernst meinen!“ „Das Leben ist so unfair“, stimmte Albus ihr in mitleidigem Tonfall zu und fasste sich dabei theatralisch ans Herz. „Ich hatte meinen Aufsatz schon von Rosie nachsehen lassen und nun ist ihre ganze Arbeit umsonst.“
 

Alice schnaubte verächtlich. Dieser Mistkerl hatte ihre beste Freundin die ganze Arbeit machen lassen und tat nun so, als hätte er im Schweiße seines Angesichts das Werk vollendet! „Also“, fasste Albus zusammen, „wirst du meinen Aufsatz schreiben und-“ „Das werde ich nicht!“, fuhr Alice dazwischen. „-und mir bei ein paar Sachen helfen, wenn ich dir Bescheid sage“, fuhr er ungerührt fort. Ihr klappte der Mund auf, doch sie brachte kein Wort heraus. „Also, den Aufsatz hätte ich gerne übermorgen“, fuhr der Slytherin grinsend fort, „und dann könntest du mir morgen noch mal das mit diesen verrückten Geranien erklären, ich habe einfach keinen grünen Daumen!“ Alice konnte nicht glauben, was sie da hörte, sie hatte Albus einiges zugetraut, aber eine solche Dreistigkeit? Früher war es wirklich nicht seine Schuld gewesen, dass sie sich dauernd blamierte, aber dies hier ging wirklich eine Spur zu weit.
 

„Das kannst du doch nicht machen!“, empörte sich Alice verzweifelt. „Aber sicher!“, gab Albus zurück, „ich bin eine völlige Niete in Kräuterkunde.“ „Aber-“ „Ach komm schon, Alice, entweder du beißt einmal die Zähne zusammen, oder du kannst dir bald ein neues Lieblingsfach suchen. Wie wär’s mit Zaubereigeschichte?“ Alice betrachtete Albus misstrauisch. Der lehnte lässig an der Wand, hielt in der einen Hand den silbernen Tarnumhang und fuhr sich mit der anderen durch die schwarzen Haare. Sie konnte förmlich spüren, wie sehr ihn die gesamte Situation erheiterte. Das Mädchen seufzte tief, beäugte ihn misstrauisch und fragte schließlich: „Und du sagst Professor Sheffield wirklich nichts?“ „Du hast mein Ehrenwort“, grinste Albus. Alice verkniff sich die Bemerkung, dass das Ehrenwort eines Slytherin nicht gerade viel wert war, da er es zumeist so auslegte, wie es ihm am besten zupass kam. „Wie auch immer, wir sehen uns dann morgen, Alice“, verkündete Albus. Dann warf er sich den Tarnumhang um und war verschwunden.
 

Sie hörte, wie sich seine Schritte auf der Treppe entfernten, dann war es still. Alice blieb noch eine Weile, dachte nach und versuchte, aus Albus Potter schlau zu werden. Doch je mehr sie sich den Kopf zerbrach, desto weniger fand sie Antworten. Albus war ihr über die Jahre einfach zu rätselhaft geworden. Früher war es leichter gewesen. Er spielte ihr einen Streich, weil er es lustig fand. Heute bestellte er sie mitten in der Nacht an den Schauplatz eines Mordes und erpresste sie, ohne den Grund zu nennen. Albus hatte sich wirklich einen Zug zugelegt, der ihn unberechenbar machte. Nachdem Alice mit ihren Gedanken ein paar Mal weit abgeglitten war und ihre Überlegungen immer unsinniger wurden, befand sie, dass es Zeit war zu gehen. Das Schloss war ruhig und nachdem sie die Treppe des Astronomieturms hinter sich gebracht hatte und fast am Eingang des Gemeinschaftsraumes der Hufflepuffs angekommen war, hatte sie die Hoffnung, dass niemand die erneute Regelmissachtung bemerken würde - als sie die Präsenz einer anderen Person wahrnahm. Alice drehte sich um und das Herz rutschte ihr in die Hose. Direkt hinter ihr stand Professor McGonagall, ihres Zeichens Schulleiterin von Hogwarts, im Morgenmantel und warf ihr einen überraschten, aber zutiefst missbilligenden Blick zu.
 

„Miss Longbottom?!“
 

~ ♣ ~
 

Hallihallo zurück bzw. herzlich willkommen :) Ich hoffe, es hat allen gefallen, oder ihr bekommt Gefallen an meinem Geschreibsel. Dieses Mal ging es mir vor allem darum Al ein bisschen näher vorzustellen, Alice Misere anzufangen und mein Schlagwort einzubringen: Erpressung. Aber in welcher Weise sich diese Erpressung noch auswirkt verrate ich noch nicht ;)
 

Diesmal wieder ein Dank an die bezaubernde AyaPapaya, die mir dieses Kapitel in Windeseile korrigiert hat. Du bist echt super, Aya *knuddel*
 

Falls es noch niemandem aufgefallen ist: Die Kapiteltitel sind Lyrics von dem Lied 'Something that I want' ( -> der Titel :)) von Grace Potter. Geläufig ist es vielleicht vom Abspann von Rapunzel.
 

Wie auch immer, ich hoffe ein paar neue Leser hinzugewonnen und alte behalten zu haben. Über Kommentare & Kritik würde ich mich wie immer sehr freuen.
 

alles Liebe

moony
 

Verwendete Zauber & Flüche
 

● 'Orchideus'- Blumenzauber

Teil 3: She looked out the window


 

Teil 3: She looked out the window
 

~ ♦ ~
 

Am nächsten Morgen wusste Alice immer noch nicht, wie sie es geschafft hatte, nur mit einem Abend Nachsitzen davon zu kommen. Die Schulleiterin war gerade auf dem Weg zu einem ihrer Kollegen gewesen, als sie Alice auf dem Flur erspäht hatte. Nachdem Professor McGonagall sie zusammengefaltet hatte („Ausgerechnet Sie, Alice, ich hätte wirklich mehr von Ihnen erwartet!“) und Alice gestottert hatte, dass sie Schlafwandlerin war (sie konnte immer noch nicht glauben, dass sie die Schulleiterin so glatt angelogen hatte – und dann war ihr auch nichts Besseres als diese banale Lüge eingefallen!), hatte die Schulleiterin sie eigenhändig zurück in den Gemeinschaftsraum gebracht und geschworen, ihren Vater davon in Kenntnis zu setzen. Dann endlich hatte sie sich wieder beruhigt und Alice war todmüde ins Bett gefallen. Als jetzt jedoch der Wecker klingelte, hätte sie ihn am liebsten mit einem gezielten Fluch in tausend Teile gesprengt.
 

„Du musst aufstehen, Alice, es ist schon fast halb acht“, riss sie die Stimme von Molly Weasley aus dem Schlaf. „Urgh“, grummelte Alice. „Alice!“ Sie hörte wie Molly, die sonst die Ruhe selbst war, langsam die Geduld verlor. Was wäre es schön, sie einfach zu überhören… „Schön! Bleib liegen, aber ich erkläre Professor Longbottom bestimmt nicht, dass seine Tochter verschlafen hat!“ Alice war binnen einer Sekunde hellwach. „Kräuterkunde?“ „Beeil dich besser“, sagte Molly, die schon halb aus dem Schlafraum verschwunden war, „du verpasst das Frühstück.“
 

Eine halbe Stunde später stand Alice vor dem Gewächshaus und aß ein Brötchen, das sie sich mangels Zeit für den Weg mitgenommen hatte. Molly stand neben ihr, die Arme verschränkt, und hob missbilligend eine Augenbraue. Molly war ein liebes Mädchen, aber ähnlich ihrem Vater Percy nahm sie manche Dinge ein wenig zu streng (auch, wenn sie längst nicht so regelverliebt wie er war). Alice warf ihr einen entschuldigenden Blick zu und Molly entspannte sich.
 

Ein paar Meter weiter standen Albus, Scorpius und Lorcan über eine Quidditch Today zusammen und waren wild am Diskutieren. „Jungs“, murrte Alice und grinste Molly an, die offensichtlich denselben Gedanken gehabt hatte. „Und ich sage euch, die Holyhead Harpies werden gewinnen!“ „Ja, ja, Al, du musst das sagen, sonst wischt deine Mum mit dir den Boden auf“, entgegnete Lorcan. „Al hat nicht ganz unrecht“, warf Scorpius ein, „die Ballycastle Bats hatten eine grausame Saison… weggeputzt von den Chudley Cannons im dritten Spiel…“ „Du bist ein wahrer Freund, Scorp!“, strahlte Albus. „Nee“, grinste Lorcan, „der kennt deine Mum und wenn er das nächste Weihnachten im Fuchsbau überleben will, dann hält er lieber die Klappe, was die Harpies angeht. Ich habe gehört, deine Mum hat einen fürchterlichen Flederwichtfluch drauf.“ Albus entgleisten die Gesichtszüge und Scorpius tauschte einen sehr nervösen Blick mit ihm. Alice verschluckte sich fast an ihrem Brötchen. Lorcan klopfte Scorpius auf die Schulter: „Nimm’s nicht so schwer Scorp, Ginny Potter hat selbst den Auserwählten im Griff!“
 

In diesem Moment tauchte Professor Longbottom auf. „Guten Morgen, Klasse.“, begrüßte er sie und das Geschnatter hatte endlich ein Ende. Alice sah wie die Quidditch Today unauffällig zwischen Lorcans Büchern verschwand, während sich die Schüler im Gewächshaus versammelten. „Heute werden wir Samen der Fangzähnigen Geranie ernten“, erklärte Professor Longbottom, „wer kann mir sagen woher die Pflanze ihren Namen hat?“ Ein paar Schüler, darunter Alice, meldeten sich. Ihr Dad warf ihr einen anerkennenden Blick zu und wandte sich dann Franklin Jones zu. „Ich glaube, die Fangzähnige Geranie gehört zu den Storchschnabelgewächsen, sie schnappen zu, oder?“, erklärte dieser. „Sehr gut“, lobte Professor Longbottom, „Lorcan kannst du mir sagen, was man beachten muss, wenn man die Samen ernten will?“ „Ähm“, begann Lorcan, der offensichtlich etwas überrumpelt war, „ich glaube, die Blätter sind höllisch scharf.“ „Wie wahr…“, murrte Albus im Hintergrund. Alice musste sich ein Grinsen verkneifen, Albus hatte anscheinend nicht gelogen, als er behauptet hatte, eine Niete in Kräuterkunde zu sein.
 

Alice warf ihrem Vater einen Blick zu, doch der hatte Albus nicht gehört und machte munter weiter: „Sehr richtig, Lorcan, die Fangzähnige Geranie bekommt in der Samenreife winzige, aber messerscharfe Zähne an den Blatträndern. In der Blütezeit sieht sie genauso aus wie eine Muggelgeranie, aber, wenn die Samen reif sind, verteidigt sie diese gegen einen Eindringling ziemlich energisch. In der letzten Stunde habt ihr bereits gelernt, wie ihr sie pflegen könnt, heute werdet ihr euch damit beschäftigen, die Samen zu ernten. Der Samen ist eine wichtige Zutat für viele Zaubertränke und Professor Cole sagte mir, er würde bald wieder welche brauchen. Sucht euch zu dritt eine Geranie aus und-“ Kaum, dass er seinen Satz begonnen hatte, fingen die Schüler eine Diskussion über die Gruppenpartner an. Professor Longbottom seufzte nur.
 

Alice warf Molly einen Blick zu, die zurück lächelte und Alice bedeutete ihr zu einem mittelgroßen Exemplar der Fangzähnigen Geranie zu folgen. Wenn sie es recht bedachte, dann war sie Molly wirklich noch einen Gefallen schuldig, da sie ansonsten schon zum zweiten Mal innerhalb einer Woche verschlafen hätte. Noch eine Stunde Nachsitzen konnte sie wirklich nicht brauchen. Alice hatte ihre Freundin gerade erreicht, als ihr jemand auf die Schulter tippte. Sie drehte sich um und starrte in das grinsende Gesicht Albus Potters, der Scorpius Malfoy im Schlepptau hatte. „Ich finde, wir sollten ein Team bilden, Alice“, erklärte er. „Aber-“, brachte sie heraus. „Oh, richtig. Molly, du sollst Lorcan helfen, der hat ne‘ panische Angst vor diesen Viechern, Alice muss Scorp und mir noch mal zeigen wie man das mit den Samen richtig macht.“ Alice konnte ihn nur anstarren. „Na gut, Al“, sagte Molly und warf Alice einen neugierigen Blick zu.

Kaum, dass sie verschwunden war, drehte sich Alice wütend zu Albus um. „Was sollte das denn?“, zischte sie, „ich wollte mit Molly zusammen arbeiten.“ „Das eine Mal kannst du doch eine Ausnahme machen, oder? Komm schon Alice, denk an unsere Abmachung.“ „Schön!“, fauchte Alice, „du holst die Samen raus, während Scorpius und ich die Geranie davon abzuhalten versuchen, dir den Kopf abzubeißen!“ Hoffentlich trifft sie dich dort wo es am meisten weh tut, du mieser Erpresser! Scorpius ließ ein Glucksen hören und reichte Albus ein paar Gartenhandschuhe.
 

Als sie sich alle vor die Pflanze gekauert hatten, Alice und Scorpius mit je einem stabilen Zweig, Albus in stetiger Erwartung, rührte sich die Pflanze nicht. Wenn Alice es richtig bedachte, dann sah sie wirklich wie eine hübsche Muggelgeranie aus. Nur die langjährige Erfahrung im hauseigenen Gewächshaus lehrte sie eines Besseren. „Und jetzt?“, durchbrach Albus die Stille. „Jetzt werden Scorpius und ich die Geranie ein bisschen ablenken“, kommandierte Alice. Scorpius warf ihr einen Blick zu, der ihr klar sagte, dass er keine Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte. Alice ignorierte ihn. Dann piekste sie die Pflanze in den Stängel. Augenblicklich klappten die Blätter wie ein Gebiss zusammen und bohrten sich in Alice‘ kleinen Stock, während die Pflanze im gleichen Atemzug nach Scorpius schnappte. Der wich aus und schlug mit seinem Zweig einem Degen gleich auf die Pflanze ein. Sogleich bohrten sich ein paar Blätter in sein Handgelenk. „Jetzt, Al!“, rief Alice, die sich erbittert gegen die Pflanze verteidigte. Albus, von der plötzlichen Wendung kreidebleich geworden, erwachte aus seiner Trance und griff blitzschnell nach den wertvollen Samen der Fangzähnigen Geranie. Einen Augenblick glaubte Alice, dass die Geranie seine Hand packen würde, aber sie und Scorpius hielten stand und Albus, der offenbar unbewusst seine Fähigkeiten als Sucher nutzte, zog die wertvollen Samen außer Reichweite. Alice atmete auf. Albus, dem zu seiner großen Verblüffung nichts passiert war, starrte ungläubig auf seine Beute. Dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. „Ich hab‘ sie!“, rief er triumphierend, während die gefährlichen Blätter der Pflanze um ihn herum zu Boden segelten.
 

„Wunderbar!“, strahlte Professor Longbottom, der gerade vorbei ging. „Seht mal alle her, Mr Potter hat es geschafft! Zehn Punkte für Slytherin!“ Albus drehte sich mit noch breiterem Grinsen zu ihnen um und legte die Samen behutsam neben ihnen auf den Tisch. Alice warf einen Blick zu Scorpius. Dessen Arme waren zerkratzt, sein blondes Haar war durcheinander und er hatte mehrere Bissabdrücke an den Fingern. Sie durfte kaum besser aussehen. Wenn ihr Vater nur wüsste, wer die ganze Arbeit gemacht hatte! Verfluchter Potter!
 

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Am Abend machte sich Alice auf den Weg in die Kerker. Noch nie hatte sie sich so schlecht gefühlt. Sie wusste, dass sie das Nachsitzen mit Professor Cole verdient hatte, aber bei der Vorstellung, dass dieser mit ihrem Vater darüber gesprochen hatte, drehte sich ihr der Magen um. Sie konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie stolz ihr Dad immer gewesen war, eine so vernünftige Tochter zu haben. „Sie ist Vertrauensschülerin“, pflegte er zu sagen, „genau wie ihre Mutter!“ Wenn er nur wüsste, wie wenig sie dieser Beschreibung in den letzten zwei Tagen entsprochen hatte.
 

Alice versuchte, nicht mehr daran zu denken, kratzte ihren ganzen Mut zusammen und klopfte an Professor Coles Bürotür. „Herein!“, ertönte es von innen und Alice betrat zögernd den Raum. „Ah, Miss Longbottom“, begrüßte er sie, „Sie kommen gerade richtig. Mr Potter und Mr Weasley sind auch gerade erst gekommen.“ Alice‘ Blick wanderte durch den Raum und zu ihrem Entsetzen entdeckte sie Albus und Fred, die ihr hinter Professor Coles Rücken einen fast anerkennenden Blick zuwarfen. „Wie ich den beiden eben erklärt habe“, sagte Professor Cole, der entweder nichts mitbekommen hatte oder es ignorierte, „werden sie einige Waren, die ich bekommen hatte, auspacken, kategorisieren und sorgfältig einräumen – und ich warne Sie: ich habe sie alle gezählt!“ Damit drückte er Alice eine Kiste in die Arme, die sie nur unter größten Mühen halten konnte. Fred nahm sie ihr ab und stellte sie auf dem nächsten Tisch ab. Alice öffnete den Deckel und zog ein Päckchen mit der Aufschrift ‚Krokodilherzen – vorsichtig transportieren‘ hervor. „Aber, Professor!“, protestierte Fred, der ihr über die Schulter gelugt hatte, „wir-“ „Das haben Sie sich selbst zuzuschreiben, Mr Weasley, Sie und Mr Potter werden hoffentlich nicht mehr so bald auf die Idee kommen einen ganzen Korridor unter Wasser zu setzten!“ „Das war Lorcan!“, krähte Albus. „Mr Potter!“, fuhr Professor Cole ihn an, „ich habe Mr Scamander nirgendwo gesehen und, wenn Sie nicht wollen, dass ich ihnen weitere dreißig Punkte abziehe, dann fangen Sie jetzt an!“ Albus ergab sich in sein Schicksal, trat zu ihnen und zog ein Glas mit eingelegten Molchen aus der Kiste. Seine Miene verdüsterte sich und er warf Professor Cole einen sehr gehässigen Blick zu.
 

Alice beschloss es ihm gleich zu tun und zog mit spitzen Fingern eine Plastiktüte aus der Kiste, die etwas enthielt, über das sie sich lieber keine Gedanken machen sollte. Professor Cole war in seinem Büro verschwunden, als Fred sich zum ersten Mal zu ihr umdrehte. „Wow, Longbottom“, flüsterte er, „ich hätte nie gedacht, dass du es in dir hast! Nachsitzen bei Cole! Was hast du verbrochen?!“ Alice lief rot an. „Ach komm schon!“, bohrte Albus weiter, „Daddy muss ja nichts erfahren.“ Alice warf ihm einen so finsteren Blick zu, dass Albus ein paar Zentimeter kleiner wurde. Fred war nicht so nachgiebig. „Los, erzähl schon“, bohrte er weiter und senkte die Stimme, als sie es in Coles Büro einmal rumpeln hörten. „Alice-“, quengelte Fred weiter, diesmal im Flüsterton, aber immer noch genauso nervig. Alice platzte der Geduldsfaden: „Was wollt ihr hören?!“, zischte sie, „Dass ich ein paar Erstklässler verflucht habe, nebenbei das halbe Schloss zerlegt habe-“ „Nun, du hast-“, warf Albus ein. „Dass ich einen Lehrer beleidigt habe, ein Klo in die Luft gesprengt habe?!“, sagte Alice noch lauter um Albus zu übertönen. „Ich habe verschlafen, du Idiot, und die Hausaufgabe vergessen und das ist allein deine Schuld!“ „Meine Schuld?!“ Albus, der das Donnerwetter bis dahin über sich ergehen lassen hatte, starrte sie verblüfft an.
 

„Das weißt du ganz genau!“ „Entschuldige, aber ich erinnere mich nicht daran, dich von den Hausaufgaben oder vom Schlafen abgehalten zu haben!“ „Ach, dann denk doch mal scharf nach: Gestern Abend, zehn Uhr?!“ In Albus Gesicht zeichnete sich die Erkenntnis ab und Alice atmete vor lauter Wut einmal tief ein. Cole ging in seinem Büro hörbar auf und ab. Albus starrte wütend zurück. „Oho“, flötete Fred in die Stille hinein, „ich hatte keine Ahnung, dass zwischen euch was läuft. Du hast sie vom Schlafen abgehalten? Ja, Al? Muss ich sonst noch was wissen?!“ Alice wurde kalkweiß, dann wurde sie so rot, dass sie die Hitze in ihren Wangen spüren konnte.
 

„Was?!“ „Oh, ich denke, die delikaten Details kannst du mir ersparen, Alice-Schätzchen.“ Fred sah sie beinahe mit einem feixenden Blick an, der Alice ihre vorherige Verlegenheit vergessen ließ und sie völlig auf die Palme brachte. „Wieso sollte ich mit jemanden ausgehen, der mich immer in Schwierigkeiten bringt und durch die Schule spaziert als würde sie ihm gehören, nur weil er gut Quidditch spielt und sein Vater ein großer Held ist, sich aber sonst kein Stück um die Gefühle der anderen schert!“ Alice fiel nicht einmal auf, dass Fred sie anstarrte als wären ihr zwei Köpfe gewachsen, oder, dass Albus keinen Ton von sich gab. Sie stemmte die Hände in die Hüften, pfefferte ihr Päckchen auf den nächsten Tisch und fuhr stinksauer fort: „Ich würde nie- nie!- etwas mit Albus Potter anfangen-“ In diesem Moment krachte Coles Bürotür auf und der wutentbrannte Lehrer stürmte aus seinem Büro.
 

„Miss Longbottom! Jetzt reicht es aber!“ „Professor-“, stammelte Alice, die zu spät bemerkte, wie laut sie geworden war, doch Cole schnitt ihr das Wort ab. „Nicht nur, dass sie – sie alle!- nicht einen Finger krumm gemacht haben-“, an dieser Stelle bekamen Albus und Fred ihren Anteil an bösen Blicken, „jetzt fangen Sie auch noch an, hier herum zu brüllen wie- wie…! Ach, Sie wissen was ich meine! Zwanzig Punkte Abzug für Hufflepuff und, wenn ich von Ihnen oder einem von ihnen auch nur einen Ton höre, werden es zweihundert und ich lasse Sie bis zum Ende des Schuljahres nachsitzen!“ Damit drehte er sich um, knallte seine Bürotür zu und ließ Alice, Fred und Albus allein zurück.
 

Alice warf Fred und Albus keinen weiteren Blick mehr zu. Zutiefst beschämt machte sie sich an die Arbeit. Durch ein leises Geräusch neben sich merkte sie, dass auch Albus und Fred ihrem Beispiel folgten. Sie packten Zaubertrankzutaten aus, füllten sie um, beschrifteten neue Gläser, Kästchen und Regale und merkten dabei gar nicht wie die Zeit verging. Nach einer gefühlten Ewigkeit kratzte ein Stuhl über den Boden. Albus hatte seinen Teil der Arbeit erfüllt und verließ ohne sich noch einmal nach ihr oder Fred umzusehen den Raum. Erst da merkte Alice, dass Fred sie vorwurfsvoll ansah. Es bedurfte keiner Worte um ihr klar zu machen, dass er ihr Verhalten in keiner Weise guthieß. Alice konnte seinem Blick nicht mehr standhalten und sah zu Boden. Und dann sah sie sich selbst mit Freds Augen. Sie hörte sich noch einmal all die schrecklichen Dinge sagen, ohne zu bemerken, wie sehr sie Albus damit verletzte.
 


 

~ ♦ ~
 

Hallihallo :) Ich bin zurück, hat ein bisschen länger gedauert, aber es wird. Dieses Kapitel war vor allem dazu gedacht den Grundstein zu folgenden Kapiteln zu legen. Ich muss dazu sagen, dass ich bei der Fangzähnigen Geranie ordentlich recherchiert habe und auch die Quidditchteams musste ich nachschlagen. Aber ich lege Wert darauf diese Fanfiction so nahe am Original wie möglich zu halten und dazu gehört nun mal auch der Unterricht. Besonderen Wert lege ich auch auf die letzte Szene, in der Alice schneller redet als sie denkt und richtig Mist baut. Fakto: Sie ist auch nur ein Mensch, der Fehler macht und ich finde das kommt bei vielen anderen FFs zu kurz. Oft wirken die Charaktere da ein bisschen zu perfekt, aber das ist meine Meinung ^^
 

Dank gilt wie immer der bezaubernden AyaPapaya, die wieder mal die Korrektur übernommen hat und auch den neuen Lesern, die ich das letzte Mal dazu gewinnen konnte. Da habe ich mich wirklich sehr gefreut. Über Lob und Kritik freue ich mich natürlich auch dieses Mal wieder ;)
 

Alles Liebe

moony

Teil 4: He walked out the door


 

Teil 4: He walked out the door
 

~ ♠ ~
 

Albus sprach nicht mehr mit ihr. Es herrschte totale Funkstille zwischen ihnen. Er grüßte sie nicht mehr im Gang, riss nicht mal einen blöden Spruch. Im Unterricht saß er weit von ihr entfernt bei Lorcan und Scorpius. Er kam auch nicht mehr zu Rose und ihr an den Frühstückstisch. Es war, als hätte er sie vollkommen aus seinem Leben verbannt und wollte ihr zeigen, dass er sehr gut ohne sie auskam. Er musste schließlich nicht dauernd ankommen. Himmel! Ihr Leben war beinahe perfekt. Sie brachte das Nachsitzen bei McGonagall hinter sich, fand in ihren normalen Tagesrhythmus zurück, beichtete ihrem Vater das Nachsitzen und bekam ihr Leben zum ersten Mal seit der ersten Klasse in Hogwarts richtig gut in den Griff. Keine merkwürdigen Unfälle. Keine Verdächtigungen, weil der Slytherin sich aus dem Staub gemacht hatte. Keine knallblauen Haare. Nichts. Und erst da merkte Alice wie sehr Albus Teil ihres Lebens war, ohne, dass sie es je wirklich realisiert hatte. Etwas fehlte.
 

„Du musst dich einfach entschuldigen“, erklärte Rose, als Alice ihr von dem katastrophalen Nachsitzen berichtet hatte. Dann sah sie Alice allerdings mit einem merkwürdigen Blick an, seufzte tief und fügte mit einer undeutbaren Miene hinzu: „Ich bin mir aber nicht sicher, ob das was bringt.“ Diese Aussage wiederum war allerdings weder dazu zuträglich ihr Gewissen zu erleichtern, noch eine Lösung aus der misslichen Lage zu finden.
 

Also nahm Alice die Sache selbst in die Hand, als Albus ihr nach zwei Wochen immer noch aus dem Weg ging. Sie versuchte ihn vor dem Klassenraum abzupassen, schielte beim Frühstück zum Slytherintisch und wartete auf den Tribünen des Quiddichfeldes darauf, dass sein Training beendet war. Doch jedes Mal, wenn sie ihm auch nur gegenüberstand, machte er entweder kehrt oder tat ihre Versuche ein Gespräch anzufangen mit Erklärungen wie „Ich muss noch Hausaufgaben machen – dieser gigantische Aufsatz für McGonagall“ oder „Wir müssen wirklich trainieren, Alice, sonst kriegt James schon wieder den Pokal“ und „Ich habe jetzt keine Zeit, ein anderes Mal, Alice“ ab.
 

Nur, dass es nicht zu einem anderen Mal kam. Irgendwann war Alice so frustriert, dass sie Scorpius Malfoy mitten auf dem Gang packte, in ein leeres Klassenzimmer schleifte und von ihm eine Erklärung verlangte, warum Albus ihr so vehement aus dem Weg ging, dass sie nicht mal die Möglichkeit hatte, sich zu entschuldigen. Scorpius zuckte mit den Schultern, richtete seine Krawatte und gab dann die einfache Erklärung ab, dass „Al einfach ein wenig von der Rolle war und Zeit brauchte, um alles zu verdauen“. Dann war er aus dem Raum gerauscht und Alice war genauso schlau wie vorher.
 

Je länger Albus aus ihrem Leben verschwunden war, desto deprimierter fühlte sie sich. Alles war gut, alles war perfekt. Sie bekam gute Noten, hatte Spaß mit Rose und ihren Freunden und wurde für ihren Einsatz als Vertrauensschülerin gelobt. Aber jetzt da sie das alles hatte, fiel ihr auf, dass das vielleicht gar nicht das war, was sie wollte. Al war ein Unruhestifter, der mehr als die Hälfte der Streiche von Hogwarts selbst geplant und ausgeführt hatte. Er war der nervige Typ, der ihr Leben durcheinander wirbelte. Alice kannte ihn seit ihrer Kindheit und nie hatte sie seine Anwesenheit in Frage gestellt. Doch jetzt ging ihr auf, dass er richtig Feuer in ihr Leben gebracht hatte. Er war ein Freigeist, der kam und ging wie es ihm gefiel. Aber jetzt… jetzt war er vielleicht gegangen ohne die Absicht zurückzukommen.
 

Alice hörte Professor Binns nur mit halbem Ohr zu. Der leierte in seiner gewohnten Art die Fakten zum Exil der Riesen herunter, während die ganze Klasse weggedämmert war. Nur Alice war so wach wie noch nie. Sonst wären ihr von der Tonlage Professor Binns‘ auch die Augen zugefallen. Aber heute war es anders. Heute kritzelte sie auf ihrem Pergament herum und dachte darüber nach, wie oft sie Albus in letzter Zeit brüsk abgewiesen hatte. Früher war es ein Spiel gewesen. Albus hatte sie so oft hereingelegt, dass es mit der Zeit nichts Besonderes mehr war und Alice sich über die neuen Streiche gemeinsam mit ihm kaputt gelacht hatte. Dann waren sie älter geworden, wurden in Hogwarts eingeschult und unterschiedlichen Häusern zugeteilt. Während Albus mit Scorpius und Lorcan immer kreativere Untaten ausheckte, verspürte Alice den Drang, eine gute Schülerin zu sein und ihren Vater stolz zu machen. Albus war ihr dabei im Weg. Wo sie früher gemeinsam mit ihm gelacht hatte, wies sie ihn jetzt über seine ganzen Regelverstöße zurecht und versuchte auch die letzte Verbindung zu ihm abzuschneiden. ‚Jetzt hast du es geschafft‘, dachte sie bitter, ‚jetzt will er nichts mehr von dir wissen…‘
 

„Schreiben Sie zur nächsten Stunde einen Aufsatz darüber, was der Auslöser für die Verbannung der Riesen war“, betete Binns wie wahrscheinlich millionen Male davor herunter, bevor er durch die Wand entschwebte. Alice hob den Kopf. Sie hatte das Schellen gar nicht gehört… Verspätet packte sie ihre Sachen zusammen. Ihre Mitschüler, die nach Binns Stunden immer Reißaus nahmen, waren schon auf dem Weg zum Mittagessen. Alice stopfte die Feder, ihr Tintenfässchen und das vollgekritzelte Blatt Pergament in ihre Schultasche. Draußen schwoll der alltägliche Pausenlärm an, doch Alice nahm ihn gar nicht richtig wahr. Sonst hätte sie sich darüber aufgeregt, dass ihre Mitschüler sich in den Gängen nie leise unterhalten konnten – gab es doch eine Vorschrift, die exakt das besagte. Vielleicht hätte sie einige angepflaumt und sie angewiesen den Erstklässlern ein besseres Vorbild zu sein.
 

Heute beachtete sie nicht mal einen vorwitzigen Fred Weasley, der einem Zweitklässler aus Hufflepuff gerade die neueste Kreation von Weasley‘s Zauberhafte Zauberscherze unterjubeln wollte, was ihr mehr als einen irritierten Blick einbrachte. Alice spürte wie Fred, der das ganze Cole-Nachsitzen-Fiasko ja mitbekommen hatte, ihr einen Blick zuwarf. ‚Halt einfach die Klappe Fred, ich weiß auch, dass ich Mist gebaut habe!‘
 

„-Und dann hat Mum ihn mit dem Besen verdroschen und ihm verboten, James auch nur einen ‚seiner kleinen Tricks‘ auf dem Besen zu zeigen. Oh, ich werde den Anblick nie vergessen wie Mum James‘ Besen weggesperrt hat und er diese ganze eklige Medizin schlucken musste.“ Der Sprecher brach in Gelächter aus, in welches seine Kumpel schnell einfielen. „Aber das beste kommt noch“, fuhr er fort, während seine Freunde gespannt warteten, „danach hat Dad nämlich gesagt, dass er schon viel schlimmere Quidditchverletzungen gehabt hat. Etwas von wegen ‚alle Knochen in seinem Arm verloren, fünfzehn Meter in die Tiefe gestürzt, von einem Drachen im Flug fast gegrillt…‘ Tja dann hat Mum ihren Flederwichtfluch an ihm ausprobiert und ihn daran erinnert, dass sie in ihrer Karriere nicht eine einzige dieser Verletzungen hatte, weil-“ Albus hielt mitten im Satz inne, als er Alice ansah, die vor ihm zur Salzsäule erstarrt war.
 

„Al.“ Albus Grinsen war plötzlich wie weggewischt. „Ich habe keine Zeit, Alice“, sagte er noch, ehe sie ein weiteres Wort heraus bringen konnte. „Warte doch!“, bat Alice verzweifelt, „ich wollte das wirklich nicht sagen-“ „Du hast es aber gesagt“, schnitt Albus ihr das Wort ab, „ich hab’s kapiert, ich werde dich in Ruhe lassen!“ „Aber!-“ Doch Albus war schon in der Menschenmenge untergetaucht und Alice stand mitten im Gang, den Tränen nahe, während ihr schlechtes Gewissen ihr schmerzhaft im Magen lag.
 

Scorpius und Lorcan warfen ihr einen mitleidigen Blick zu. Doch beide waren offensichtlich ein wenig ratlos, da Albus sie mitsamt Alice hatte stehen lassen und sie vermutlich gar nicht wussten, was wirklich vorgefallen war. Mit einem „Er kommt schon wieder zu sich“ von Lorcan, verabschiedeten sich die beiden von ihr und folgten Albus, zweifellos um ihn auszuquetschen. Alice rührte sich nicht von der Stelle. Ihre Tasche glitt ihr aus der Hand und der Inhalt verteilte sich auf dem Fußboden. ‚Ich hab’s kapiert, ich werde dich in Ruhe lassen!‘

Die Worte spukten ihr im Kopf herum und Alice war zum Heulen zumute. Hätte man ihr heute Morgen erzählt, dass sie sich noch schlechter fühlen könnte, sie hätte es nicht geglaubt.
 

„Alice!“ Auch das noch. Sie konnte schon die anderen Schüler kichern hören, als sie ihn durch den Gang sputen sahen. „Dad“, krächzte sie und mit einem Mal war es ihr egal, was die anderen alle denken mochten. Ihr Vater ließ ihre Schulsachen, die auf dem Boden gelandet waren, als sie ihre Tasche vor Schreck fallen gelassen hatte, mit einem Schwung seines Zauberstabs in ihre Schultasche zurück fliegen und tätschelte ihr unbeholfen die Schulter, was er immer tat, wenn er die Situation nicht mehr richtig im Griff hatte. Alice warf sich ihm in die Arme und ihre Schultasche fiel erneut auf den Boden. „Was ist denn los, Liebes?“, erkundigte sich Neville Longbottom überfordert. „Dad“, schluchzte Alice, „er hasst mich.“ „Was? Wer hasst dich? Nun beruhige dich doch erst einmal, Alice“, beschwichtigte er sie, als sie weiter weinte. „Komm‘ wir gehen in mein Büro, ich mache uns eine Tasse Tee.“
 

Und unter den neugierigen Blicken und dem angeregten Getuschel, bugsierte Professor Longbottom Alice durch den belebten Gang in sein Büro. Nachdem er hastig einen Tee aufgesetzt hatte und Alice zusammen gekauert in einem gemütlichen weichen Sessel saß, kamen sie endlich zur Ruhe und ihr Dad nahm vor ihr Platz. Er schob ihr einen Teller mit Keksen zu, aber Alice lehnte ab. „Ich habe Albus vorhin mit einer Grabesmiene vorbeigehen sehen“, fing er vorsichtig an. Alice schniefte in ihr Taschentuch. „Lorcan hat gesagt, ihr habt euch gestritten…?“ „Ich habe alles falsch gemacht“, wimmerte Alice, „Ich-ich… habe…“ Sie brach wieder ab, als ein erneuter Heulkrampf sie schüttelte. „Alice… “ Sie merkte an seiner Stimme, dass ihrem Dad die Worte fehlten. Es war nicht oft vorgekommen, dass er sie hatte trösten müssen und konnte deshalb nicht gerade viel Erfahrung in diesem Bereich vorweisen. „Nimm eine Tasse Tee“, murmelte Neville Longbottom und drückte ihr unbeholfen eine dampfende Tasse in die Hand. Alice sah ganz kurz auf. Ihr Vater wirkte angespannt, nervös und er sah sie besorgt an. Für den Moment beruhigte sie sich und war einfach froh, dass ihr Dad da war. Ihr lieber Dad, den manche für einen Loser hielten und von dem sich andere wiederum große Heldengeschichten erzählten.
 

Doch dann fiel ihr Albus wieder ein und sein verletzter Blick und die Worte, mit denen er sie ganz sicher verletzen wollte. Wieder traten ihr die Tränen in die Augen. Diesmal kam ihr Dad um den kleinen Tisch herum, nahm ihr die Tasse Tee ab, die sie immer noch festhielt, stellte sie ab und nahm Alice in den Arm. Und es war so eine liebevolle Umarmung, dass Alice irgendwann nicht mehr wusste, ob sie vor Rührung oder wegen Albus weinte. Neville Longbottom tätschelte ihr ungelenk den Rücken. Alice konnte nicht sagen, wie lange es dauerte. Wie lange sie so dastanden und wie lange sie sich die Augen aus dem Kopf schluchzte. Irgendwann schellte es zum Zeichen, dass die Mittagspause beendet war. Keiner von ihnen beachtete es. „Ich glaube, es ist besser, wenn du dich heute ausruhst, Alice, Liebes“, sagte Neville irgendwann, „in dem Zustand fängst du schon an zu weinen, wenn du Albus nur vom Weiten siehst.“ Er lächelte aufmunternd und Alice, die sich langsam wieder beruhigte, musste wider Willen zurück lächeln. „Schon besser“, grinste er, „ich wusste doch, dass du das allerhübscheste Lächeln auf der ganzen Welt hast.“ „Du bist so kindisch, Dad.“ „Aber es hat doch funktioniert, oder?“ Alice wischte sich mit der Hand über die Augen, blinzelte und drückte ihren Dad. „Ja“, murmelte sie, „es hat funktioniert.“ „Na, also.“ Er strich ihr über den Kopf und bugsierte sie erneut zu dem weichen Sessel, setzte sich aber dieses Mal genau daneben. Für den Fall, dass sie wieder anfing zu weinen wie Alice wusste.
 

„Nun? Erzähl mir doch mal, was passiert ist.“ Sie schluckte, aber der liebevolle Blick beruhigte sie. „Es i-ist beim Nachsitzen passiert… Fred h-hat mich geärgert und i-ich… i-ich habe gesagt, dass Albus denkt, er ist was Besonderes, wegen seinem D-dad und seiner M-mum und Quidditch und, dass ich ihn überhaupt nicht m-mag und nie m-mit ihm ausgehen w-würde.“ „Ach, Alice.“ „I-ich wollte d-das nicht sagen, Dad, a-aber ich war so w-wütend auf F-fred und auf A-al. Und jetzt r-redet er nicht mehr mit mir.“ Und wieder schwammen ihre Augen in Tränen.
 

Neville Longbottom seufzte tief, dann strich er Alice sanft übers Haar. „Weißt du Liebes“, begann er dann, „ich glaube in dieser Hinsicht ist er Harry sehr ähnlich. Harry hätte alles für seine Freunde getan, aber, wenn er sich mit Ron oder Hermine gestritten hatte, dann konnte er tagelang beleidigt sein, bis er sich wieder eingekriegt hat. Und vergiss nicht: Albus ist ein Junge mitten in der Pubertät. Da ist es nicht leicht, wenn man von so einem hübschen Mädchen wie dir gesagt bekommt, dass es nie mit einem ausgehen würde.“ „Dad!“ Ihr Vater fing an zu lachen. „Du bist so peinlich, Dad!“, rief Alice, dessen Ohren rot angelaufen waren. „Ach“, sagte ihr Dad, „ich war doch auch mal jung.“ Alice wurde noch eine Spur dunkler. Dann klatschte er in die Hände: „Und jetzt will ich nicht mehr sehen wie du weinst, verpass' ihm beim nächsten Mal meinetwegen einen guten Fluch, wenn er nicht mit dir reden will, aber hör' auf zu weinen. Viel länger halte ich das nämlich wirklich nicht aus.“ „Du bist unmöglich, Dad“, sagte Alice, aber sie lächelte.
 

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„Er hat was?!“, erboste sich Rose Weasley, die in ihrem Schlafsaal auf Alice gewartet hatte und der Alice alles hatte erzählen müssen, nachdem Rose irgendwie Wind von der Szene auf dem Gang bekommen hatte. „Beruhige dich doch, Rose!“, versuchte Alice sie schwach zu beschwichtigen. „Oh, nein, Alice, ich werde mich nicht beruhigen. So ein Arsch!“ „Aber es war doch von Anfang an meine Schuld und du hast gesagt-“, piepste Alice. „Vergiss, was ich gesagt habe!“, fauchte Rose Weasley, „ja, du hättest das nicht sagen dürfen, aber Al benimmt sich wie ein eingeschnappter Vierjähriger!“ Sie tigerte ruhelos im Kreis und Alice beschlich langsam das Gefühl, dass sie besser nichts gesagt hätte. Während Rose weiter ihren Cousin beschimpfte, hatte sie sich auf ihrem Bett niedergelassen und eine große Packung Schokofrösche geöffnet.
 

„Ich kann nicht glauben, dass ich mit so einem Idioten verwandt bin!“, rief Rose gerade, als sich die Tür öffnete und Molly herein kam. Die stutzte, sah erst zu Rose, die vor Aufregung ganz rot im Gesicht war, dann zu ihr. „Was ist denn hier los? Alice, hast du geweint?“, fragte Molly verblüfft. „Sieht man das!?“, rief Alice panisch aus, betastete ihr Gesicht und betrachtete sich in einem kleinen Handspiegel. Ihre Augen waren rot und verquollen. „Nein, Alice“, erwiderte Rose sarkastisch, „man käme nicht im Traum auf die Idee. Dieser elende Slytherin.“ „Geht es schon wieder um Malfoy?“, fragte Molly irritiert, doch Rose schnaubte nur. „N-nein… es ist Al“, flüsterte Alice. „Albus? Der tut doch keiner Fliege was zu leide.“ „Ha! Von wegen, du hättest Alice mal sehen müssen, als sie hier angekommen ist!“ Nun sah Molly noch verwirrter aus, stellte ihre Tasche neben ihrem Nachttischchen ab und ließ sich auf ihr Bett fallen. „Das müsst ihr mir erklären“, seufzte Molly, als sie von einer zur anderen sah.
 

Rose und Alice tauschten einen Blick. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, noch jemandem die ganze Geschichte zu erzählen, aber nun blieb ihr wohl keine Wahl. „Also… eigentlich ist alles meine Schuld…“, begann sie. Molly setzte sich auf und hörte aufmerksam zu. Dankbarer Weise unterbrach sie Alice nicht, wie Rose es an manchen Stellen getan hatte. Molly war wirklich lieb und wohl zu Recht als Kummerkastentante bekannt. „Und jetzt geht Al mir aus dem Weg und ich habe nicht mal die Möglichkeit mich zu entschuldigen.“
 

Molly und Rose hatten sich unterdessen gemeinsam zu beiden Seiten Alice‘ auf ihr Bett gepflanzt und stopften sich nun mit Schokofröschen voll. „Also: Wenn ich das richtig verstehe ist Albus ziemlich verletzt und geht dir völlig aus dem Weg“, fasste Molly zusammen und Alice nickte. „Ich denke, die einzige Möglichkeit, mit ihm zu reden, ist, ihn in die Enge zu treiben. Irgendwo, wo er nicht abhauen kann. Ein Projekt zum Beispiel oder Patrouille durch die Korridore…“, sagte Molly.
 

„Wir reden hier von Al Potter, Molly, dem größten Unruhestifter seit Fred und George Weasley. Ich bin sicher, ich wüsste es, wenn er plötzlich Vertrauensschüler wäre.“ „Na schön! Hast du eine bessere Idee?“ „Ich könnte ihn auch einfach mit Petrificus Totalus an Ort und Stelle festnageln“, gab Rose zu bedenken. „Und wie soll er Alice dann verzeihen, wenn er nicht reden kann?“, warf Molly ein. „Also ich-“, versuchte Alice dazwischen zu kommen. „Oh, ich finde schon eine Lösung“, erwiderte Rose bissig, „niemand bringt meine beste Freundin zum Weinen.“ „Albus ist mein Partner in Kräuterkunde“, sagte Alice plötzlich. Molly und Rose starrten sie an. „Warum hast du das denn nicht früher gesagt?“, wollte Molly wissen. „Na ja…“ „Ach egal“, fuhr Rose dazwischen, „damit können wir arbeiten.“ „Aber du musst trotzdem versuchen, immer mit ihm zu reden, wenn du ihn siehst. Albus muss merken, dass du es ernst meinst und nicht irgendwann locker lässt“, fügte Molly mahnend hinzu. „Ja!“ Mit frischem Mut strahlte Alice ihre Freundinnen an, die es irgendwie geschafft hatten, sie aufzumuntern. Ja… morgen würde alles besser laufen. Ein besserer Tag und Al würde wieder ihr Freund sein.
 


 

~ ♠ ~
 

„Aaaaaaaaaaaaalllllll!“, rief Alice, kaum dass sie Albus Potter auf dem Weg zum Frühstück erspäht hatte. Es war ein gewöhnlicher Freitagmorgen, das Wochenende lag vor der Tür und Alice war so hochmotiviert, dass sie fast zwei ihrer Mitschüler über den Haufen rannte. Albus sah auf, erkannte sie, drehte sich blitzschnell um und haute ab. Alice, die versucht hatte, ihm durch die Menschenmenge zu folgen, hielt enttäuscht inne und ließ frustriert die Hand sinken.
 

Das nächste Mal, das sie sich über den Weg liefen, war als Alice gerade Zaubertränke gehabt hatte und aus den Kerkern in Richtung große Halle unterwegs war. „Alb-“ „Hör auf mich zu verfolgen!“, schnitt Albus ihr das Wort ab und verschwand gefolgt von einem genervten Scorpius Malfoy im Gemeinschaftsraum der Slytherin. Und Alice war sich sicher, dass sie Scorpius „Langsam wird’s wirklich kindisch“ murmeln gehört hatte. Doch die Tür des Gemeinschaftsraumes blieb verschlossen und Albus damit unerreichbar. Ihr blieb nichts anderes übrig, als kehrt zu machen und darauf zu warten, bis sie am Nachmittag endlich Kräuterkunde hatten. Nur würde Albus bis dahin wahrscheinlich schon eine Möglichkeit gefunden haben, auch das irgendwie zu umgehen…
 

Sie behielt recht. Sie begegnete Albus den ganzen Tag nicht mehr und zeitweilen hatte Alice den Verdacht, dass dabei der silberne Tarnumhang seines Vaters keine unbedeutende Rolle spielte. Was er wohl davon dachte, dass sie ihm den ganzen Tag auflauerte. Freute er sich, dass sie sich wirklich ernsthaft bei ihm entschuldigen wollte? War er einfach nur stur oder hatte sie ihn wirklich so sehr verletzt, dass er sie für Zeitverschwendung hielt?
 

Sein Platz neben ihr in Kräuterkunde war jedenfalls leer. Stattdessen arbeitete sie mit Scorpius zusammen, der ihr immer mal wieder einen undeutbaren Blick zuwarf. Alice wusste nicht, was sie mehr enttäuschte. Dass Albus sie nicht sehen wollte – denn das war unbestreitbar der Grund für sein plötzliches ‚Unwohlsein‘ - oder, dass er nicht mal den Mut fand, ihr gegenüber zu treten und sich anzuhören, was sie zu sagen hatte. Alice fühlte wie die alten Schuldgefühle, die Bitterkeit zu ihr zurückkehrten, aber diesmal war sie nicht bereit, diese trübseligen Gefühle zuzulassen. Heute würde sie nicht die kleine Streberin aus Hufflepuff sein. Heute würde sie selbstbewusst sein und sich bei Albus entschuldigen und wenn es das letzte war, was sie tat.
 

„Wir haben nachher noch Quidditchtraining“, verkündete Scorpius plötzlich, „komm' einfach und klär‘ mit Al, was auch immer es ist, das euch beiden den Zauberstab so verknotet.“ Alice sah verblüfft auf und strahlte den Slytherin dankbar an. Der zuckte mit den Schultern. „Aber, wehe ich habe heute Abend nicht meine Ruhe. Noch eine Woche, in der er mir die Ohren vollnölt, ertrage ich nämlich nicht.“ „Was?“ „Lass gut sein, Longbottom. Sieh nur zu, dass ihr das endlich gerade biegt, sonst jage ich ihn nämlich höchstpersönlich zum Teufel. Und kein Wort davon, dass ich irgendwas gesagt habe.“ Alice schluckte. Scorpius Blick aus den grauen Augen war ernst und durchdringend. Kein Zweifel, dass er seine Drohung wahr machen würde.
 

So kam es also, dass sich Alice gemeinsam mit Rose, die sie als Verstärkung mitgeschleppt hatte, auf den Weg zum Quidditchfeld machte. Die Slytherins bestritten in zwei Wochen ihr erstes Spiel und so war es nicht verwunderlich, dass sie Tag und Nacht trainierten. Die einzige von Al’s Ausreden, die einigermaßen der Wahrheit entsprach. Rose neben ihr hatte ein fettes Grinsen im Gesicht. Dies war genau die Gelegenheit, auf die sie gewartet hatte und sie hatte sogar eine wunderbare Ausrede, um die Slytherins auszuspionieren. („Nein, wie kommt ihr darauf, dass ich eure Spielweise analysiere? Ich bin nur hier, um meine beste Freundin moralisch zu unterstützen.“)
 

Es war ein schöner Abend. Nicht zu kalt und gerade noch warm genug, um abends draußen zu sein, Quidditch zu spielen oder sich am See mit Freunden die Zeit zu vertreiben. Wenn sie nicht eine so wichtige Mission gehabt hätte, wäre Alice vielleicht drinnen geblieben, um noch ein paar Hausaufgaben zu machen. So war sie froh, dass ihr Ausflug wenigstens etwas Gutes hatte. Allerdings waren sie nicht die Einzigen, die das gute Wetter nutzten. Auf der Tribüne hatten bereits mehrere Schüler Platz genommen und beobachteten die Spieler, die schon in der Luft waren. Die Jäger übten gerade Freistöße und Alice konnte nicht wenige entdecken, die dem Schauspiel begeistert folgten. Nur die Treiber sowie Scorpius und Al fehlten noch.
 

„Wo bleiben sie denn?“, fragte Alice ungeduldig und trat von einem Fuß auf den anderen. „Die kommen schon noch“, beruhigte sie Rose, „solange ich Albus kenne, hat er nicht ein Training verpasst.“ „Hoffentlich hast du Recht“, murmelte Alice. „Du kennst mich doch“, neckte Rose, „ich habe fast immer Recht.“
 

In diesem Augenblick kamen Albus und Scorpius in voller Trainingskleidung aus der Umkleidekabine. Scorpius sprach auf Albus ein, der zuhörte und ab und an mal etwas einwarf. Doch sie waren zu weit weg und Alice konnte nicht verstehen, was sie sagten. Plötzlich spürte sie, wie Rose sie sanft anschob. „Geh’ schon“, sagte ihre beste Freundin und Alice machte sich auf den Weg. Als sie in Rufweite war, sah Albus auf.
 

Alice fing an zu rennen. Albus Griff um seinen Besen festigte sich. „Albus!“, rief sie, als er ein Bein über den Besen geschlagen hatte. „Al! Warte doch! Ich will nur mit dir reden!“ Doch kaum, dass sie Scorpius erreichte, war Albus schon in der Luft, schoss wie ein Pfeil gen Himmel. Alice bremste ab und hätte beinahe Scorpius über den Haufen gerannt, der ihr einen entschuldigenden Blick zuwarf. Doch Alice achtete gar nicht auf ihn. Ihre Augen folgten dem grün-silbernen Punkt am Himmel, der sich in einem atemberaubenden Tempo immer höher schraubte. Er war so weit weg. Dieser… Dieser elende Feigling! Plötzlich kochte in Alice eine Wut hoch, die sie so noch nie gespürt hatte. Aber die letzten Wochen hatten sie an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht. Erst die Sache mit dem lädierten Büro, dann Al, der sie mit eben dieser Sache erpresste, worauf sie sich das erste Nachsitzen ihres Lebens einfing, dann die Sache bei Cole und jetzt, da sie wenigstens eine Sache wieder in Ordnung bringen wollte, ließ er sie nicht.
 

Und während sie Albus anstarrte, der hoch über ihr flog, kam ihr eine Idee, die entweder brillant oder verrückt war. Doch sie hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Sie drehte sich zu dem verblüfften Scorpius um, entriss ihm mit einem bissigen „Gib‘ her!“ seinen Besen, stieg auf und stieß sich ab. „Alice!“ Sie konnte Rose‘ entsetzten Schrei hören, doch je mehr sie sich vom Boden entfernte, desto kleiner wurde sie. Desto weniger konnte sie hören, was unten geschah…
 

Alice Erfahrung mit Quidditch entsprach genau der ersten Übungsstunde in der ersten Klasse. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Freunde spielte sie kein Quidditch, konnte sich nicht recht für den Sport begeisteren und hörte sich nur äußerst widerwillig die Liveübertragungen im Radio an. Hätte sie das mal besser getan, vielleicht hätte es ihr in dieser Lage helfen können…
 

Ihr Aufwärtsflug war ein wenig wackelig. Der Besen folgte jeder ihrer Berührungen und driftete daraufhin schon bei jeder ihrer Bewegungen leicht ab. Es war ein guter Besen, wie es von Scorpius Malfoy nicht anders zu erwarten war. Wenigstens hatte sie das richtig gemacht.
 

Alice beschloss, es langsamer angehen zu lassen. Sie stabilisierte ihre Lage, probierte leichte Richtungswechsel aus und entdeckte endlich Albus, der etwa zehn Meter über ihr flog. Die Wut kehrte zurück. „Albus Severus Potter!“, schrie Alice und drückte sich flach auf den Besen als sie in die Höhe schoss. Albus drehte sich auf dem Besen um und wäre vor Überraschung fast vom Besen gefallen. „Jetzt warte gefälligst und wage es nicht noch einmal mich einfach so abzuwürgen!“ Doch Albus war schon in den Sinkflug übergegangen. „Albus Potter!“, brüllte Alice, als sie ihm hinterher stürzte.
 

Sie fielen wie ein Stein zur Erde, so schnell waren sie. Der Wind pfiff Alice um die Ohren, ihre Haare flatterten hinter ihr und so hatte Alice weniger als ein paar Sekunden um zu registrieren, dass sie dem Boden immer näher kam. Im letzten Augenblick folgte sie Al, als der sich aus dem Sturzflug zog und war ein bisschen schneller als er – was ihr die Möglichkeit gab ihn auf halber Höhe abzublocken.
 

„Ich will nur mit dir reden, verdammt!“, fluchte Alice. „Ich aber nicht mit dir!“, fauchte Albus zurück und gab ein weiteres Mal Fersengeld. Sie musste verrückt sein. Dann folgte sie ihm auf halber Höhe, legte sich in die Seite und wurde schneller. Was für ein berauschendes Gefühl! Und plötzlich wusste sie, was sie tun musste. Der magische Moment öffnete etwas in ihr. Warum hatte sie nicht früher gemerkt, wie toll das war?! Warum hatte sie nicht mal mitgemacht, als Rose sie zu einem Quidditchspiel überreden wollte?! Von einem auf den anderen Moment wusste sie genau, was sie tun musste. Alice verlagerte ihr Gewicht, der Besen ging in die Kurve und sie passte Al abermals ab.
 

„Hör mir zu Al, ich will mich doch bloß entschuldigen!“ Albus starrte sie bitterböse an. „Du benimmst dich wie ein Erstklässler!“ „Und wenn schon!“, schoss er zurück. „Oh, nein, du wirst mir jetzt zuhören!“, fauchte Alice. „Dann rede!“ „Schön! Es tut mir Leid, Al, ich hätte das nicht sagen dürfen! Ich halte dich nicht für einen Idioten, der denkt, er sei was Besseres als die anderen, weil seine Eltern berühmt sind und er toll Quidditch spielt und ich hätte auch nicht sagen, sollen, dass ich nie mit dir ausgehen würde. D…du bist echt nett und viele Mädchen würden sicher total gerne mit dir ausgehen… und bitte sei nicht mehr sauer auf mich Al, das macht mich fertig! Ich will meinen Freund zurück, verdammt!“ Albus öffnete den Mund. „Bitte, bitte sei nicht mehr sauer auf mich, ich tue alles, wenn du nur wieder mit mir redest!“ Albus sah sie an und für einen Moment schien alles still zu stehen. Sie vergaß, dass sie etwa dreißig Meter in der Luft waren und ein Streitgespräch führten. Albus‘ Miene war ausdruckslos und Alice spürte, wie ihr Herz vor Aufregung zu klopfen begann. Wenn er jetzt weiter nichts von ihr wissen wollte… Dann trat plötzlich ein Grinsen auf sein Gesicht und es war die Art von Grinsen, das Albus aufgelegt hatte, als er ihre Haare blau gefärbt hatte.
 

„Wirklich alles?“
 


 

~ ♠ ~
 

So, ich hoffe, ihr hattet alle ein erholsames verlängertes Wochenende - ich nicht. Verdammtes Lernen. Aber ich dachte mir: Jetzt ist es auch egal, das neue Kapitel muss online ;D

Wie ihr unschwer erkennen könnt, habe ich diesmal den Fokus auf das Gefühlsleben der Hauptcharaktere und der zwischenmenschlichen Beziehungen gelegt. Mir ging es darum Neville als Alice Dad ein bisschen mehr in den Vordergrund zu rücken, Rose und Scorpius ein klein wenig genauer vorzustellen und vor allem diesen schönen Teenie-Liebeskummer ein bisschen einzufangen. Aber ich denke, das war es was es hier an Drama geben wird. Die FF soll ja vor allem liebenswürdige und lustige Aspekte haben. Al nimmt also die Entschuldigung an, aber jetzt hat er Alice erst recht in der Hand - aber wie sich die Erpressung jetzt fortsetzt... das verrate ich noch nicht. Irgendwelche Vermutungen? ;)
 

Alles Liebe

moony
 

Verwendete Zauber & Flüche:
 

● 'Petrificus Totalus' - Ganzkörperklammerfluch

Teil 5: She is gonna come to her own conclusion


 

Teil 5: She is gonna come to her own conclusion
 

~ ♥ ~
 

Du kannst meinen Besen putzen und, wenn du damit fertig bist, möchte ich ein Butterbier haben- und, wenn du schon mal dabei bist, bring noch ein oder zwei Kürbispasteten mit, ich habe Hunger. – Hey, sei vorsichtig mit den Zweigen! Der Besen war teuer, Alice!“
 

Albus Potter lag gemütlich auf einem Sofa im Gemeinschaftsraum der Slytherins, hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und kommandierte sie schon seit mindestens einer Stunde herum.
 

„Und vergiss ja nicht meinen Kräuterkundeaufsatz noch einmal durchzulesen. Ich kann es mir nicht leisten, dass ich noch einmal etwas Schlechteres als Annehmbar bekomme!“ Alice ballte wütend die Hände zu Fäusten. „Worauf wartest du noch?“, wollte Albus wissen, „soll ich hier verhungern?“ „Na schön!“, fauchte Alice und verließ den Gemeinschaftsraum der Slytherins. Verfluchter Potter! Mit einer mörderischen Miene stapfte Alice durch die Gänge in Richtung Küche. Albus Severus Potter hatte ihr freundlicher Weise genauestens erklärt, wie man dort hinein kam und sie mit den Worten losgeschickt: „Frag nach einer Hauselfe namens Winky, sie kennt mich und wird nur zu begeistert sein, dir zu helfen.“
 

Alice fand die Elfe namens Winky, die mittlerweile sehr alt und faltig geworden war, sich aber mit der Zeit von ihrer selbst ernannten Schande erholt hatte. Sie lächelte leicht, als Alice ihr erklärte, warum sie da war. „Nehmen Sie das, Miss“, quiekte Winky und drückte Alice ein paar Kürbispasteten, einige Flaschen Butterbier und andere verlockend riechende Süßigkeiten in die Arme. „Und das auch… nur das Beste für Mr Potter, so ein netter Junge. Er hat Winky so gut behandelt und war nett zu ihr wie ihr alter Meister… genauso wie Meister Barty. Nehmen Sie noch das, Miss.“ Die Elfe handelte so überstürzt, dass Alice gar nicht so schnell reagieren konnte, wie Winky ihre Arme mit Essen belud. Gerade schnürte die Elfe ein letztes Päckchen mit warmen, noch dampfenden Brötchen zu, als sie endlich abwimmeln konnte und sich wieder auf den Weg zum Gemeinschaftsraum machte.
 

„Wo warst du so lange?“, begrüßte Albus sie, als sich Alice mit der schweren Last durch das Portrait quetschte. „Essen-Winky-zu schwer“, keuchte Alice, als sie die ganzen Päckchen, Tütchen und Schachteln auf dem kleinen Tisch neben Albus‘ Sofa abstellte. Albus nahm sich eine Kürbispastete. Dieser Mistkerl! „Schöne Grüße von Winky“, knurrte Alice, als Albus keine Anstalten machte, sich auch nur im Entferntesten zu bedanken. „Manke“, mampfte Albus. „Ist sie nicht entzückend?“, grinste er dann nachdem er den Bissen herunter geschluckt hatte, „Dad hat gesagt, ich soll mal nach ihr schauen, wenn ich in der Küche bin. Hab‘ sie von ihrer Sucht geheilt. Seitdem ist sie mir treu ergeben.“ „Ha! Du nutzt sie vollkommen aus!“ „Sie ist bloß dankbar!“, beharrte Al, „du kannst bloß nicht glauben, dass ich auch nett sein kann.“ „Nett? Wo warst du in der letzten Stunde nett zu mir?“ „Oh, das… nun Alice, würde du mir die Schokofrösche reichen. … Bitte?“ „Du bist so ein Heuchler, Albus Potter.“
 

Aber Albus lachte nur und Alice gab ihm widerstrebend einen Schokofrosch. „Oh, Dad… schon wieder“, sagte er, als er die Karte auspackte. „Einziger Zauberer, der den Todesfluch überlebte … blabla… tötete Lord Voldemort im zweiten Zaubererkrieg… blabla… Mann von Ginny Potter, geborene Weasley, hat drei Kinder: James Sirius, Albus Severus - das bin ich - und Lily Luna.“ Er schob sich den Schokofrosch in den Mund. Alice starrte auf die Karte in Albus Hand, von der ihr Harry Potter zuwinkte. „Solltest du nicht ein bisschen mehr Respekt haben?“, fragte Alice vorwurfsvoll, „dein Dad hat so viel geschafft.“ „Ja, aber er ist mein Dad, alle beten ihn an, aber ich sehe bloß Dad, der nicht mal kochen kann und ohne Mum völlig verloren wäre. Geht es dir mit Onkel Neville nicht auch mal so? ‚Widersetzte sich Voldemort und tötete die Schlange, den letzten Horcrux‘?“
 

Albus grüne Augen fesselten sie für einen Moment. Kurz war Alice überrascht, wie ernst er plötzlich war und so widerwillig sie es auch zugeben mochte: Diesmal hatte er irgendwie Recht. Ihr Dad und Al’s Dad und Rose‘ Eltern hatten Dinge geschafft, die sie sich gar nicht richtig vorstellen konnte. Die Menschen verehrten sie, waren ihnen unendlich dankbar, dass sie im richtigen Moment den Mut gefunden hatten zu kämpfen, aber letztlich… letztlich waren auch sie nur Menschen. Und ihr Dad blieb ihr Dad, egal was er auch in seinem Leben geschafft hatte. „Dad ist Ehrenmitglied im internationalen Verband der Kräuterkundler“, murmelte Alice schließlich. „Siehst du“, sagte Albus, „er ist auch ein großer Held, aber tollpatschig ist er wie kein Zweiter.“ Alice musste wider Willen lächeln.
 

„Al!“ Alice sah auf und erkannte Scorpius und Lorcan, die gerade durch das Portrait kamen. „Da ist eine Hufflepuffspielerin, sie sucht Alice-oh.“ Lorcan sah von Albus, der immer noch sehr entspannt auf dem Sofa lag, zu ihr, die ihm gerade ein Brötchen schmierte. „Hab‘ ich was verpasst?“, fragte Lorcan und grinste breit, „seit wann ist sie deine persönliche Sklavin?“ Alice schnaubte nur und der kurze Moment, in dem ihr Albus‘ reifer vorgekommen war, war verschwunden. „Seit gestern“, winkte Al ab, „was will sie denn?“ „Das ist Camilla Brooks, die Kapitänin der Hufflepuffs.“, schaltete sich nun auch Scorpius ein, „sie sucht dich“, wandte er sich dann an Alice. „Nun, dann lass sie nicht warten, ich bin sicher, wir können alles hören, was sie Alice zu sagen hat, habe ich nicht Recht?“ „Sicher.“, knurrte Alice.
 

Einen Moment später stürmte Camilla in den Raum. Sie war ein kleines, stämmiges Mädchen mit schulterlangen blonden Haaren und hübschen blauen Augen. „Alice Longbottom, oder?“, strahlte sie, als sie sich neben Alice in einen Sessel fallen ließ. „Ich bin Camilla Brooks, Quidditchkapitän der Hufflepuffs, ich habe dich gestern fliegen sehen. Unglaublich! Absolut unglaublich!“, plapperte sie drauf los und schüttelte dabei Alice Hand. „Ähm“, machte Alice. „Ich brauche einen Sucher“, platzte Camilla heraus, bevor Alice auch nur ein weiteres Wort sagen konnte: „Du musst mir helfen, Alice, sonst werden wir wieder verlieren, so wie immer… aber mit dir hätten wir eine Chance, du bist ein echtes Naturtalent.“ „Was?!“, riefen Lorcan und Scorpius im gleichen Moment in dem Albus: „Aber natürlich wird sie das!“, rief.
 

Camilla warf allen dreien einen giftigen Blick zu. „Entschuldigt, Jungs, aber das hier ist eine Angelegenheit für Hufflepuffs.“ „Du bist im Gemeinschaftsraum der Slytherins“, warf Lorcan ein. „Und wenn schon“, winkte Camilla ab und strahlte dann Alice an: „Na, was sagst du?!“ Alice sah sie überrumpelt an. Die kleine Camilla war wie ein Orkan über sie herein gefegt und hatte ihr nicht mal die Möglichkeit gegeben, etwas zu sagen. Das kam so plötzlich, so unerwartet. Wie konnte es sein, dass man jemanden wie sie für ein Quidditchteam haben wollte. Aber wollte sie das? Wollte sie Quidditch spielen? Etwas, wofür sie sonst nur ein Schulterzucken übrig gehabt hatte? Alice hatte unzählige Unfälle bei dem Spiel gesehen und sich irgendwann nur noch Rose zuliebe mir ihr die Spiele angesehen. Und es war völliger Wahnsinn! Sie, die kleine Streberin eine Sucherin?! Absurd! Außerdem… hatte sie viel zu viel Angst zu fliegen. Gestern, als sie Albus in die Luft gefolgt war, hatte sie nicht nachgedacht. Sie war einfach nur so verzweifelt gewesen, weil Albus sie die ganze Zeit ignoriert hatte, dass sie diesem verrückten Impuls gefolgt war. Wen kümmerte es, dass sie sich anscheinend ganz gut dabei angestellt hatte? Sie wollte doch gar nicht Quidditch spielen.
 

„Tut mir Leid, Camilla, aber ähm… ich möchte das nicht und-“ „Oh, doch das möchtest du, Alice“, sagte Albus, „ich habe genau gesehen, dass du Spaß hattest.“ „Nein, ich will das nicht!“, rief Alice erneut, „ich kann das doch gar nicht und ich bin auch gar nicht der Typ für sowas!“ „Beim Quidditch zählt nicht, wo du herkommst, sondern nur wie du spielst“, sagte Camilla. „Aber-“ „Nichts, aber“, unterbrach Albus sie, „sonst könnte mir vielleicht herausrutschen, dass…-“ Professor Sheffield. Albus, der ihr verzieh unter der Bedingung dass sie vorerst alles tun musste, was er wollte… Sie hatte gar keine Wahl! Verfluchter Potter! „Du bist ein mieser Erpresser Albus Severus Potter!“, rief Alice. „Na also“, grinste Albus, „da hast du deine neue Sucherin, Brooks. Aber das wird dir auch nicht helfen. Gegen uns habt ihr nicht die geringste Chance!“ „Träum' weiter, Potter!“, entgegnete Camilla, „unsere Chancen standen noch nie so gut. Training ist Montag um sechs, Alice. Warte nur, bis ich den anderen das erzählt habe!“ „Aber, ich-“ Doch Camilla war schon zur Tür hinaus und hörte nicht mehr, was immer Alice zu sagen hatte.
 

Einzig Albus schien höchst zufrieden mit sich, schnappte sich das Brötchen, das Alice für ihn geschmiert hatte, und grinste fröhlich vor sich hin. Alice konnte es nicht fassen. Wieder hatte Al es irgendwie geschafft, dass sie genau das tat, was sie eigentlich nicht tun wollte. Das war doch verrückt! Ihr Blick streifte ihn. Was war der Grund, dass Al sie immer wieder in diese Situationen brachte? Irgendwo am Rande ihres Bewusstseins hörte sie, wie Scorpius Lorcan zu murmelte: „Schon mal was davon gehört, dass man sich auch sein eigenes Grab schaufeln kann?“
 


 

~ ♥ ~
 

„Du bist Sucherin im Team der Hufflepuffs?“, fragte Rose. In all den Jahren ihrer Freundschaft, hatte Alice ihre beste Freundin noch nie so überrascht gesehen. „Das ist alles Al’s Schuld, Rosie!“, heulte Alice, „ich wollte doch gar nicht mitmachen, aber weil ich so bescheuert war, ihm nachzufliegen, denken die jetzt, ich wäre ein Fliegerass – habe ich erwähnt, dass mich das eigentlich gar nicht interessiert?! – und Al wollte nur wieder mit mir befreundet sein, wenn ich alles mache, was er sagt! Ich hatte überhaupt keine andere Wahl-“ Rose hob die Hand und Alice hielt darin inne, sich zu beklagen. „Alice, du hast mir nie gesagt, dass du überhaupt fliegen kannst.“ „Das wusste ich bis gestern ja auch gar nicht. Ich habe das blöde Ding nur irgendwie hinter Al her gelenkt!“ Rose starrte sie an. „Dann bist du tatsächlich ein Naturtalent?“ Mittlerweile konnte sich Rose das Grinsen nicht mehr verkneifen und Alice dachte kurz daran, dass sich das Ganze tatsächlich wie ein schlechter Witz anhörte. Die ehrgeizige Rose, die ihr Quidditchteam bis zur Erschöpfung trainieren ließ, um jeden noch so kleinen Spielzug zu perfektionieren, und sie, die beste Freundin, die lieber in Ruhe Zauberkunst geübt hätte, anstatt auch nur in die Nähe eines Besens zu bekommen, ließ sich einmal zu solch einer Verrücktheit herab und war prompt ein Naturtalent. Welch Ironie.
 

„Na, dann sehen wir uns wohl demnächst nur bei Quidditchspielen. Wenn ich bedenke, dass du sowohl Al, als auch Lily und dann noch meinen Sucher schlagen musst...“ In Alice Kopf schlich sich das Bild des verwegenen Mark Phelps, einem Siebtklässler, der ein ziemlich guter Sucher war, und ein sehr einnehmendes Auftreten besaß. Rose kicherte mittlerweile, was Alice doch ein wenig unpassend fand, da sie ihr gerade ihr Herz ausgeschüttet hatte. „Schönen Dank auch, Rosie, und ich dachte du bist die Einzige, die auf meiner Seite ist.“ „Wer ist auf deiner Seite?“ Wie aus dem nichts tauchten James, Lily und Al auf. „Nicht ihr auch noch!“, stöhnte Alice und vergrub den Kopf in ihren Armen. Doch James blieb hartnäckig: „Ich habe da so was läuten hören, Alice-Schätzchen.“
 

Lily verdrehte die Augen. „Er hat jeden einzelnen Zeugen ausgequetscht, kaum, dass er Wind von der Sache hatte.“ „Man muss die Konkurrenz im Auge behalten, liebste Schwester.“ „Dann fang bei Al an.“ „Der ist keine Konkurrenz.“ „Hey!“, rief Al dazwischen. „Oh schon gut“, beschwichtigte James, „vielleicht eine minimale Bedrohung – Alice hingegen. Sag mal, wann fliegst du wieder?“ „Nie mehr!“, heulte Alice. „Heute Abend“, sagte Al und alle Köpfe, inklusive Alice‘, die ihren erhoben hatte, drehten sich zu ihm um. „Was?“, fragte Albus, „ich habe sie entdeckt. Bis ich selbst gegen sie antreten muss, werde ich sie in einen absoluten Überflieger verwandeln, der euch allesamt vorführen wird wie billige Anfänger.“ Stille. Dann fingen Rose und Lily an zu kichern und James grinste breit. „Mach nur Al, gib‘ alles, aber, wenn sie dich am Ende fertig macht, lache ich dich aus. Will jemand wetten?“ Und zu Alice maßloser Fassungslosigkeit begannen Lily und Rose lautstark mit James zu diskutieren, zu feilschen und die groben Richtlinien ihrer Wette abzuschließen.
 

„Kommst du?“ Al hörte sich beinahe zaghaft an und Alice ging auf, dass es das erste Mal war, dass er irgendwie an einer misslichen Situation teil hatte. Alice, die wusste, dass sie sowieso nicht um dieses merkwürdige Training herum kam, das Al soeben angesetzt hatte, stand seufzend auf. „Viel Glück bei dem Training, Al, ich bin sicher du bist ein super Lehrer!“, rief James zum Abschied und brüllte vor Lachen. Al zeigte ihm den Stinkefinger, woraufhin James sich vor Lachen den Bauch halten musste.
 

Keiner von ihnen sagte ein Wort, als sie durch die große Halle gingen. Einige Schüler, die wohl von dem Streit zwischen ihnen gehört hatten, warfen ihnen verwunderte Blicke zu, aber niemand sprach sie an. Alice schielte zu Al, der zwar dicht neben ihr ging, den Blick aber stur geradeaus gerichtet hatte. Die Überraschung traf sie wie ein Blitzschlag. Al war rot geworden und versuchte niemanden anzusehen. War… war ihm das etwa unangenehm? Gar peinlich, dass er so offensichtlich gegen jegliche inneren Grenzen Hogwarts verstieß und mit ihr trainieren wollte? Oder lag es an ihr?
 

„Das Quidditchfeld sollte heute frei sein“, riss Al sie aus den Gedanken. Verwundert sah Alice auf und stellte zu ihrer Verblüffung fest, dass sie ohne es bemerkt zu haben, bereits den halben Weg hinter sich gebracht hatten. Al öffnete die Tür zu den Umkleidekabinen. „Irgendwo müssten hier noch alte Trainingsklamotten von mir rumliegen“, murmelte er und riss eine Spindtür auf, auf der ‚Potter‘ und ‚Nummer 7‘ zu lesen war. Während Al auf der Suche nach brauchbarer Trainingskleidung seinen Spind ausräumte, sah Alice sich im Raum um. Die Umkleidekabine der Slytherins bestand aus drei langen Bänken, sieben verschiedenen Spinden, einem gewaltigen Slytherinbanner an der Wand und einer großen Tafel auf der strategische Spielzüge abgebildet waren. „Na also!“ Al hielt leicht zerknitterte, etwas verblichene Trainingskleidung in der Hand. „Danke.“ Alice nahm es ihm ab. „Zieh es an“, grinste Al, „mir sind sie zu klein, also müssten sie dir passen. Solange du noch keine eigenen Quidditchsachen hast, sollte das hier genügen.“ Er blickte sie erwartungsvoll an, machte aber keine Anstalten wegzugehen. „Ähm“, machte Alice nach einer sehr unangenehmen Stille, „würde es dir etwas ausmachen, draußen zu warten?“ „Wa…was? Oh, natürlich!“, stotterte Al, wurde knallrot und stürmte nach draußen.
 

Die Tür schlug zu und Alice seufzte tief. Verspätet spürte sie wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Draußen, so wusste sie, lehnte Al vermutlich ebenso peinlich berührt an der Wand zur Umkleidekabine. Alice streifte ihre Schuluniform ab und schlüpfte in Al’s alte Sachen, die immerhin gewaschen waren. Der Stoff war rau auf ihrer Haut. Vermutlich hatte Al seinen Quidditchumhang bei jedem Wetter getragen. Trotzdem fühlte es sich merkwürdig an, plötzlich Grün und Silber zu tragen. Alice betrachtete sich in dem Spiegel an der Wand. Da war sie. Immer noch die gleichen hellbraunen, langen Haare, die gleiche Brille auf der Nase und der unsichere Blick. Aber irgendetwas war nicht wie sonst. Alice zwinkerte einmal und betrachtete dabei verblüfft, wie ihre ganze Haltung entspannter wirkte. Das da war eine andere Alice. Eine Alice, die plötzlich erwachsener war, Fehler gemacht hatte und daran gewachsen war. Sie streifte sich die Haare aus der Stirn und band sie in einem festen Zopf zusammen. Ihr Spiegelbild lächelte sie an. Dies war eine Alice, die ein Quidditchstar sein konnte, wenn sie wollte. Eine Alice, die Al’s Freundschaft zurück gewonnen hatte und nicht länger die Professorentochter sein wollte, als die sie alle ansahen.
 

„Alice?“, tönte Al’s Stimme durch die Tür, „bist du fertig?“ Alice erschrak, zupfte ein letztes Mal an den Sachen herum und öffnete dann die Tür. „Tschuldige“, sagte sie, „es… es fühlt sich ein bisschen seltsam an.“ Al grinste. „Man gewöhnt sich dran. Warte ab, bis du mal im Schneesturm geflogen bist.“ „Ich meinte eigentlich, dass ich die Farben der Slytherins trage.“ „Oh, ach das.“ Al fuhr sich einmal durch die schwarzen Haare. „Sieh es positiv: So wird niemand Verdacht schöpfen, wenn er zwei Slytherins trainieren sieht. Zwei Potters.“, grinste Albus: „Ich habe Lily zu einem freundschaftlichen Wettstreit eingeladen und sie hat ihre Sachen vergessen. Von so weit weg sieht man den Unterschied nicht.“ Al’s Grinsen wurde breiter und Alice sah ihn verdutzt an. Er hatte wirklich an alles gedacht. Plötzlich musste sie lachen. Sie war tatsächlich dabei, einigermaßen motiviert bei Al’s Schwachsinn mitzumachen. „Du bist verrückt, Albus Potter.“ „Verrücktheit und Genialität liegen nahe beieinander, Longbottom.“ „Spinner“, kommentierte Alice. Aber Al tat die Bemerkung mit einem Lachen ab und drückte ihr dann einen Besen in die Hand.
 

„Das ist einer der Schulbesen“, erklärte er, „ein Stardust Sieben, aber was Besseres habe ich nicht gefunden.“ „Ist der denn schlecht?“, fragte Alice und strich über den Stiel des Besens. Er vibrierte sanft. „Na ja“, sagte Al, „er ist in Ordnung, aber Lily und Mark Phelps haben beide einen sehr guten.“ „Und du?“ „Meiner ist okay. Mittelmaß, aber ich möchte keinen anderen. Auf dem bin ich schon so oft geflogen… Dad ist der Einzige, der das versteht. Er hatte auch mal einen Nimbus, aber James und Lily sagen ständig, ich soll auf einen besseren sparen.“ Al betrachtete seinen Besen gedankenversunken und für einen Moment konnte Alice den anderen Albus Potter in ihm erkennen. Der, der sich Gedanken über die Dinge machte, der ihr gegen ihren Willen irgendwie half und an einem Besen hing, selbst, wenn der mehr oder weniger ein Auslaufmodell war. „Wenn er dir gefällt, ist er doch gut, oder?“, sagte Alice und lächelte. Al sah sie überrascht an und erwiderte dann zaghaft das Lächeln.
 

„Komm“, sagte er dann und öffnete eine Kiste mit Quidditchbällen, die er in der Zeit, in der sie sich umgezogen hatte, geholt haben musste. Gemeinsam schlürften sie die Kiste aufs Quidditchfeld und Al erklärte Alice die Funktionen der einzelnen Bälle. Alice stellte erstaunt fest, dass er eine ganze Menge wusste und schon bei diesen elementaren Dingen mit einigen Tricks und Ratschlägen aufwarten konnte. Allerdings stellte sich auch bald heraus, warum Alice dem Sport bislang immer ferngeblieben war.
 

Die Klatscher waren ihr nicht geheuer und sie fröstelte, als Al sie ihr vorführte und mit dem Schläger versehentlich fast ihr Ohr erwischte, ehe er den Ball wieder an seinem Platz festgemacht hatte. Bei den Spielzügen der Jäger ging es vor allem koordiniert zu, doch das Spiel war ziemlich schnell und manchmal auch brutal. Alice sah vollkommen ein, wieso Rose ideal für diese Position in Frage kam. Sie war schnell, clever und scheute nicht davor, ein paar blaue Flecke abzubekommen. Doch es war nichts für sie. Ebenso wenig der Job des Hüters, der vor allem auf die Nerven ging (wovon sie leider herzlich wenig besaß). Erst als Al ihr die Aufgaben des Suchers beziehungsweise der Sucherin erklärte, verstand sie seine Leidenschaft. Der winzige Schnatz, dessen filigrane Flügelchen so schnell wie bei einem Kolibri schlugen, war hübsch und nur mit einem Blick für das Verborgene zu sehen. Camilla hatte recht gehabt. Wenn ihr eine Position lag, dann war es die der Sucherin.
 

„Und jetzt-“, verkündete Al, „fliegen wir.“ Innerhalb eines Augenblicks wurde Alice aschfahl. Fliegen? „Jetzt sofort?“, hakte Alice nach. „Natürlich“, sagte Al, „du fliegst kurz und kommst wieder runter. Keine große Sache.“ „Aber-“ „Nix aber. Du hast mir versprochen-“ „Schon gut!“ Äußerst widerwillig beäugte Alice ihren Besen. Nichts war mehr von ihrer freudigen Erregtheit zu spüren. Sie war schlicht und einfach nervös. Als sie Al in der Stunde ihrer Verzweiflung in die Luft gefolgt war, hatte sie nicht darüber nachgedacht. Da waren keine Konsequenzen gewesen, kein ‚Ich-kann-das-nicht-!‘, da waren nur Al und sie und die Jagd in der Luft. Jetzt… war es anders. Sie dachte darüber nach und hatte Angst davor. Angst zu fallen, Angst alles falsch zu machen…
 

„Nur eine kleine Runde, Alice, ich passe auf dich auf.“ Sie sah auf. Al grinste sie an und schwang sich dann in die Luft. Zehn, elf Sekunden und er schwebte weit über ihr. „Komm schon, Alice, zeig mir, dass du es kannst!“ Und obwohl sie Angst hatte, umklammerte sie ihren Besen und schwang mit pochendem Herzen ein Bein über den Stiel. Sie spürte Al’s abwartenden Blick, doch da war auch die Angst. Angst zu versagen. Zu enttäuschen. „Alice! Ich fange dich auf, wenn du fällst.“ Als Alice aufblickte, war sein Blick voller Vertrauen, voller Glauben an sie. So hatte sie noch nie jemand angesehen. Sie war einsortiert worden. Sie war eine Hufflepuff. Sie war die Tochter des Kräuterkundeprofessors. Sie war Mittelmaß. Sie war Rose Weasleys beste Freundin. Sie war die schüchterne Schülerin, für die sich Jungs nicht interessierten. Sie war nicht mutig oder clever oder besonders klug, aber loyal. Sie war Alice Longbottom und sie wollte nicht mehr einsortiert werden. Sie wollte, dass man sie mochte und, dass sie ihre Mitschüler überraschte. Ich kann das. Alice konnte nicht sagen woher der Gedanken gekommen war, aber er gab ihr Kraft. Kraft, die sie schon immer gehabt hatte, die sie aber tief in sich verschlossen hatte. Und dann stieß sie sich vom Boden ab, vergaß alles andere, bis sie nichts mehr fühlte außer des unbändigen Gefühls der Freiheit als sie auf Al zuflog.
 

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Camilla war überrascht, dass Alice in dem ersten richtigen Training mit dem Team der Hufflepuffs bereits ohne Probleme einige Spielzüge beherrschte. Der Rest des Teams, zwar überrascht, dass sie plötzlich ihre Sucherin war, fiel schnell in ihren Enthusiasmus ein, als sie Alice fliegen sahen. Anfangs war Alice zwar sehr nervös gewesen, aber ihr Team war sehr nett. Nicht so sehr aufs Gewinnen konzentriert, sondern darauf Spaß zu haben. (Trotzdem konnte Alice sehen, dass der Großteil doch enttäuscht war, seit vier Jahren nicht mehr gewonnen zu haben.)
 

Zu Alice Überraschung war die kleine Camilla Treiberin. (Als Alice ein Klatscher nur um Millimeter verfehlte, tauchte in ihrer Erinnerung eine Szene auf bei der es Rose fast vom Besen geschlagen hatte.) Dann gab es noch Nathaniel Bradley, Alexander Prewett und Chloe Miller, die als Jäger spielten. An ihrer Abstimmung mussten sie allerdings noch arbeiten, was die vielen hitzigen Diskussionen zwischen Alex und Nathaniel bewiesen, die sich stets gegenseitig die Schuld gaben. (Chloe hielt sich geschickt im Hintergrund.) Außerdem gab es noch Charlie Clarks, einen stämmigen Siebtklässler, der Alice mit verschränkten Armen unter die Lupe nahm und ihr dann schlussendlich die Hand zu einem stillen Einverständnis reichte. Er war der Hüter. Zuletzt gab es noch Camillas Partner. Zu Alice Überraschung war Dylan Adams erst dreizehn Jahre alt und grinste Alice an, als Camilla sie vorstellte und zur größten Quidditchhoffnung Hufflepuffs seit drei Jahren erklärte. (Vor drei Jahren war Camilla ins Team gewechselt, worauf Dylan sie hinwies und der Rest des Teams in schallendes Gelächter ausbrach.) Insgesamt waren sie ein so verrückter Haufen, dass Alice sich sofort wohl fühlte.
 

Die tonangebende Camilla, über die sich die anderen fortwährend lustig machten, die sie aber alle respektierten, sorgte für die nötige Disziplin. Alex und Nathaniel sorgten mit ihren Zankereien dafür, dass das Training ein wenig lockerer wurde. Charlie und Chloe schienen immer ein offenes Ohr für Probleme zu haben und der kleine Dylan war einfach süß. Alice konnte Al fast keinen Vorwurf machen, dass er das für sie gewollt hatte.
 

Langsam, ganz langsam begann sie sich zu öffnen. Ihr Zeitplan wurde zwar noch enger, da sie auch noch ihren Vertrauensschülerpflichten nachgehen musste, aber irgendwie klappte es doch. Und da Rose sie in der restlichen Zeit dazu nötigte zu lernen, waren auch ihre Noten in Ordnung. Professor Sheffield hatte mit ihnen den Orchideus-Zauber abgeschlossen und hatte die letzte Stunde eingehend mit der Klasse ihre Hausarbeiten besprochen, wobei Alice mehr als gut weg kam und der junge Professor ganz aus dem Häuschen geriet, als er aus ihrem vorlas. Zwar plagte sie noch immer das schlechte Gewissen, aber es sah ganz danach aus, als hätte Professor Sheffield den Vorfall vergessen.
 

Und dann war da noch Al. Vor allem Al. Er war zwar immer noch durch und durch Slytherin und ließ sie stets und ständig seine Kräuterkundehausaufgaben machen (Wie wollte er bloß durch die Prüfungen kommen?!), doch bei ihren Treffen war er charmant, lustig und einfallsreich. Wieder merkte Alice, wie sehr sie ihn brauchte, wie sehr es sie stören würde, wenn er nicht mehr da war. Irgendwann vergaß sie beinahe, dass er sie noch immer erpresste, so selbstverständlich war es, dass sie sich nach dem eigentlichen Training noch zu Zusatzstunden trafen. Sie wurde besser, Al’s Begeisterung steckte sie an und sie fühlte sich, als könnte sie schier platzen vor neuentdecktem Selbstbewusstsein. Hufflepuff gegen Ravenclaw? Ha! Die würden sie wegputzen! Und als Alice das erste Mal den goldenen Schnatz fing, fühlte sie sich einen kurzen Moment so euphorisch, dass sie Al beinahe umarmt hatte. (Sie wurde knallrot, ehe sie das Vorhaben in die Tat umsetzen konnte und grinste ihn stattdessen nur verlegen an.)
 

„Du siehst glücklich aus.“, sagte Rose irgendwann einmal und Alice konnte nicht umhin, ihr recht zu geben. Sie verstand, dass sie sich manchmal alles selbst schlecht geredet hatte und versäumt hatte, das zu ändern, was ihr nicht gefiel. Nur manchmal verfiel sie noch in die alte Rolle zurück.
 

Schließlich stand das erste Quidditchspiel ihres Lebens vor der Tür. Hufflepuff gegen Ravenclaw. Sie hatte die Aufregung nie verstehen können, aber als James ihr freundlicherweise erläuterte, dass Hufflepuff seit einem Jahrzehnt nicht mehr gegen die Ravenclaws gewonnen hatte, wurde ihr zunehmend mulmiger. Außerdem gab es da die plötzliche Berühmtheit, der Alice äußerst entsetzt gegenüberstand. Camilla hatte ihr Team zwar eisern darauf eingeschworen, dass das Geheimnis um die neue Hufflepuff-Sucherin geheim gehalten wurde, aber irgendwie war doch etwas durchgesickert. Alice hatte James im Verdacht, der ihr jedes Mal so merkwürdig zugewinkt hatte, als sie sich begegnet waren. Und so wusste zu Camillas Ärger und Alice‘ Panik bald die ganze Schule, dass Professorentöchterchen Longbottom neuerdings Quidditch spielte. Doch das brachte Alice nicht nur Bewunderung oder gar Anerkennung ein. (Eine Erstklässlerin aus Hufflepuff hatte Alice zu ihrem großen Vorbild erkoren.) Wie es im Quidditch nun mal Tradition war, waren die Gemüter bald aufgewühlt und dem ersten Spiel wurde mit fiebriger Erregung entgegen gesehen. Die Slytherins (außer Al, Scorpius und Lorcan, die um ihr Naturtalent wussten) machten sich in den Gängen über sie lustig, James und seine Kumpane aus Gryffindor riefen ihr fortwährend übertriebene Bemerkung zu („Demnächst spielst du in der Nationalmannschaft, Longbottom!“) und die Ravenclaws schienen Mark Phelps neue Konkurrentin nur zu belächeln.
 

Alice trottete nach einem nervenaufreibenden Tag von ihrer Wahrsagestunde den Gang entlang. Es war die letzte Stunde gewesen und den ganzen Tag über hatte sie sich blöde Bemerkungen anhören, von Camilla über die neueste Strategie belehrt werden (Denk, dran, dass Phelps mit Köpfchen spielt, Alice! Der wird dauernd versuchen, dich reinzulegen!) und Al in Kräuterkunde vor ausschlagenden Disteln retten müssen. (Scorpius hatte sich vor Lachen den Bauch gehalten – gemeiner Verräter!) Kurz gesagt: Alice hatte schon mal bessere Tage erlebt und der allgemeine Erwartungsdruck, der nun auf ihr lastete, machte es nur noch schlimmer.
 

„Das nimmst du zurück!“, brüllte jemand und Alice stoppte überrascht. „Aber es ist doch die Wahrheit! Mit der könnt ihr nicht gewinnen. Hör auf zu träumen, Kleiner, Hufflepuff hatte schon seit Jahren keine Chance, warum sollte es diesmal anders sein!?“ Auf der anderen Seite des Ganges war Dylan kurz davor sich auf den riesigen Mark Phelps zu stürzen, der mindestens zweieinhalb Köpfe größer war als er. Um sie herum hatte sich eine Menge schaulustiger Schüler gebildet, die dem Geschehen gebannt folgten. „Alice ist richtig gut!“, rief Dylan und fuchtelte mit seinem Zauberstab vor Phelps Nase herum. Der Anblick rührte ihr Herz. Da stand der kleine Drittklässler und setzte sich so wehmütig gegen einen viel größeren Mitschüler für sie ein. „Longbottom Quidditch spielen zu lassen ist nichts weiter als ein einziger Witz! Ich frage mich, warum Rose überhaupt so ein Drama daraus macht, dass wir-“
 

Er war zu weit gegangen. Alice sah wie sich Dylans Miene veränderte, er den Zauberstab hob und- „Dylan!“, rief Alice. „Petrifikus Totalus!“, schrie Dylan. Ein gelber Funkenregen brach aus der Spitze seines Zauberstabes hervor und Phelps schaffte es nur mit einem Hechtsprung dem Zauber zu entkommen. Kreischend stob die Menge in alle Richtungen auseinander und Alice hörte einige Schutzzauber murmeln. Phelps hatte nun auch seinen Zauberstab gezogen und Dylan, der angerempelt worden war, reagierte zu spät, als Phelps den Zauberstab hob. „Expelliarmus“, keuchte Phelps noch, während er wieder hoch kam und Dylans Zauberstab segelte aus dem Fenster in genau dem Moment, in dem der Entwaffnungszauber Dylan gegen die Wand krachen ließ.
 

Alice kreischte erschrocken auf, zückte nun ihrerseits ihren Zauberstab und stürmte auf Dylan zu. Sie ließ sich auf die Knie fallen und beugte sich vorsichtig über ihn. Er war bewusstlos. Mochte Dylan noch so mutig sein, gegen den größeren, erfahreneren Siebtklässler hatte er keine Chance. „Bist du wahnsinnig?!“, fauchte sie Phelps an, der mittlerweile wieder auf die Beine gekommen war. „Er hat mich angegriffen!“, erwiderte dieser. Die Wut traf sie mit einer Wucht, die sie von sich nicht kannte. Plötzlich wollte sie Phelps ebenfalls einen Fluch auf den Hals schicken, wollte, dass er Dylan auf Knien um Vergebung bat… „Er ist ohnmächtig, du Mistkerl! Wie kannst du ihn wegen dem verdammten Quidditch nur so runtermachen!?“ „Ich hab‘ nur die Wahrheit gesagt!“ Alice spürte, wie sich nun auch in ihm der Ärger sammelte. Sie musste vorsichtig sein, aber sie war so wütend, dass die Hand, mit der sie ihren Zauberstab hielt, heftig zitterte. „Die Wahrheit?“, wollte sie fassungslos wissen, „die Wahrheit, dass ich eine Flasche bin und wir überhaupt keine Chance gegen euch haben?“ „Ja, genau das“, sagte Phelps mit bebender Stimme. „Schön!“, explodierte sie, „du glaubst, wir haben keine Chance gegen Ravenclaw? Glaub daran, solange du noch kannst, aber beim nächsten Spiel werde ich den Schnatz fangen!“ Und damit wuchtete sie sich Dylan auf die Arme, drehte Phelps den Rücken zu und machte sich, ohne sich umzusehen, auf den Weg zum Krankenflügel.
 

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„Al!“ Der Slytherin sah überrascht auf, als er sie auf sich zustürmen sah, aber darauf konnte Alice keine Rücksicht nehmen. Immer noch war sie innerlich so aufgewühlt. Sie war wütend auf Phelps, gerührt über Dylans Loyalität und verwirrt über sich selbst, dass sie so heftig reagierte. Sie fühlte sich, als wäre sie aus einem langen Schlaf erwacht, so sehr pulsierte das Leben in ihr.
 

„Alice?“, fragte Al überrascht und hielt auf dem Weg zum Slytheringemeinschaftsraum inne. Doch Alice ließ ihm keine Gelegenheit zu fragen, was sie so aufwühlte. „Du musst mir helfen, Al!“, platzte sie heraus, „ich muss gewinnen. Wir müssen gewinnen. Ich muss jeden Abend trainieren! Ich muss-“ Al hob die Hand und sie verstummte. „Geht es um diese Auseinandersetzung, die du mit Phelps hattest?“ Alice starrte ihn an. „Keine Panik“, winkte er ab, „ich mache es dir nicht zum Vorwurf. Ich bin richtig stolz auf dich. Wenn du es nicht gemacht hättest, hätte ich bei unserem Spiel gegen Ravenclaw den Boden mit ihm aufgewischt. Wird Zeit, dass ihn jemand von seinem hohen Ross herunter holt.“ „Heißt das du hilfst mir?“, wollte Alice wissen. Al seufzte. „Ich habe dich da rein geritten, Alice, ich würde meines Lebens nicht mehr froh werden, wenn ich dich jetzt hängen lassen würde.“ Er grinste. „Allerdings gibt es da noch andere Mittel und Wege sich zu rächen. Ich hab‘ da so eine Idee…“ Und wenn Albus Severus Potter eine seiner Ideen hatte, verhieß das nichts Gutes…
 


 

~ ♥ ~
 

Alice konnte nicht glauben, dass sie sich zum wiederholten Male von Al’s Irrsinn mitreißen ließ. Es waren drei Tage vergangen, die Al zur Vorbereitung brauchte. Nach dem privaten Quidditchtraining, das Al noch strenger überwachte und in das sie sich mit einer nie da gewesenen Euphorie stürzte, hatte der Slytherin jedes Mal mit ihr die Strategie durchgekaut. Dazu kam noch der Unterricht, der immer intensiver wurde. Während sie sich in Zaubertränke mit immer schwierigeren Gebräuen abquälten, bestand Professor McGonagall auf der exakten Verwandlung von einem Stoff wie zum Beispiel Erde in einen anderen wie Wasser, was all ihren Schülern heftiges Kopfzerbrechen bereitete. Professor Trelawney hielt eine dramatische Rede über düstere Gestalten, die sie immer näher kommen sah. („Die hat doch bloß ihren eigenen Schatten gesehen!“, sagte Lorcan wütend.)
 

Und Professor Sheffield hielt die merkwürdigste und zugleich peinlichste Unterrichtsstunde in Alice ganzem Leben ab, als er augenzwinkernd verkündete, dass sie nun die Bedeutung all der Blumen lernen würden, die sie nun durch den Orchideus-Zauber zustande brachten. „Passen Sie gut auf, meine Herren, Sie sollten nie das Wissen unterschätzen, mit dem Sie die richtigen Blumen für Ihre Angebetete auswählen, um ihr Herz zu gewinnen.“ Daraufhin hatten Lorcan, Scorpius und Al die ganze Stunde lang lächerliche Liebesbekundungen und dergleichen von sich gegeben. Von Rose (Ich liebe dich), über Lilie (Reinheit) bis hin zur gelben Akazie (Du bist meine heimliche Liebe) lernten sie sämtliche Bedeutungen und Alice tuschelte mit Molly darüber, ob Professor Sheffield wohl selbst von diesem Wissen Gebrauch gemacht hatte.
 

Doch jetzt, wo sie zitternd mit Al in einem Geheimgang kauerte, begannen ihre Nerven zu versagen. Alice kaute nervös auf ihrer Lippe herum, während Al etwas aus seinem Umhang zog. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein zerschlissenes Blatt Pergament, aber zu Alice maßlosem Erstaunen tippte Al dagegen und murmelte: „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut.“ Auf dem Papier erschienen Linien, die sich zu Wörtern zusammen schlossen, und feierlich verkündeten: „Die hochwohlgeborenen Herren Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone präsentieren stolz: die Karte des Rumtreibers.“
 

Al entfaltete das Papier ohne weiter auf die Botschaft zu achten und Alice klappte der Mund auf. Was vorher ein leeres Blatt Pergament gewesen war, entpuppte sich nun als detaillierter Plan von Hogwarts, den Al eifrig studierte. „Na also“, sagte er plötzlich und deutete mit dem Finger auf einen schwarzen Tintenpunkt, der mit Mark Phelps beschriftet war, „da ist er. Sitzt mitsamt Anhang in Zaubereigeschichte und müsste genau auf uns zu kommen. Jetzt müssen wir nur noch den passenden Zeitpunkt erwischen, um-“ „Al, was ist das?“, unterbrach Alice, die immer noch fasziniert auf die Karte sah. „Das? Oh, du meinst die Karte. Hat Rose dir nie davon erzählt?“ Alice schüttelte den Kopf. „Das“, sagte Al stolz, „ist die Karte des Rumtreibers, die mein Großvater und seine Freunde erfunden haben, als sie zur Schule gegangen sind.“ „Dein Großvater?“ „James Potter. Er nannte sich Krone und die anderen waren Remus Lupin, Teddys Dad, Sirius Black, Dad’s Pate und Peter Pettigrew. Ich glaube Dad weiß gar nicht, dass wir sie haben. James hat sie ihm mal aus seinem Arbeitszimmer geklaut und Lily hat sie mir für unsere heutige Mission besorgt.“ Al grinste und Alice wurde schlagartig bewusst, dass die Karte des Rumtreibers sowie der Tarnumhang sämtliche Streiche von Al, Scorpius und Lorcan erklärten.
 

Doch noch bevor sie ihn darauf ansprechen konnte, schellte es und in ihrer Nähe öffnete sich eine Klassenzimmertür, aus der ihre Mitschüler auf den Gang strömten. Alice war Al einen angespannten Blick zu. „Bist du sicher, dass das gut geht? Wir könnten quasi jeden treffen.“ „Nur keine Panik, ich habe seine Gewohnheiten genau studiert und in der Menge können wir perfekt untertauchen. Phelps wird gar nicht wissen wie ihm geschieht.“ „Aber… Al meinst du nicht, dass das ein bisschen zu weit geht?“ Al, der zuvor noch immer über die Karte gebeugt war, faltete sie zusammen und sah sie durchdringlich an. „Alice Longbottom“, erklärte er, „erstens lasse ich dir gar keine Wahl-“ Alice öffnete ihren Mund zum Protest. „Und zweitens“, unterstrich Al, „kannst du mir vertrauen.“ Sie starrte ihn an, doch Al sah nicht weg. Der Blick aus den grünen Augen war ehrlich, fast hypnotisierend und für eine Sekunde glaubte sie noch, etwas darin zu sehen. Aber der Moment verging ohne, dass sie wusste was es war.
 

„Da ist er!“, flüsterte Al, der den Wandteppich, der ihren Geheimgang verdeckte, ein Stück zur Seite geschoben hatte. Alice rutschte an ihn heran und spähte ebenfalls durch den Schlitz. Phelps kam gerade um die Ecke. Neben ihm ging ein kleinerer asiatischer Junge, den sie als Liang Zhang erkannte und ein muskulöser schwarzhaariger Junge, Noah Hastings, der Präsident des Koboldsteinclubs war. „Ich kann nicht glauben, dass wir Binns immer noch ertragen müssen“, beschwerte sich Phelps gerade, als er eine Tüte Bertie Botts Bohnen aus seiner Tasche zog und sie seinen Freunden reichte. Alice sah wie Al’s Augen aufleuchteten und er den Zauberstab hob. „Das kannst du laut sagen, Mann“, gab Liang ihm recht, „kaum zu glauben, dass McGonagall keinen Ersatz für ihn besorgt.“ „Ach“, mischte sich nun auch Noah ein, „die alte McGonagall macht doch selber ihr letztes Jahr, würdet ihr euch da noch bemühen?“ „Diffindo“, flüsterte Al und zielte genau. Phelps Süßigkeitentüte riss auf und sämtliche Bohnen ergossen sich auf den Boden. „Verflucht!“, rief Phelps. „Was war das?“, wollte Noah wissen. „Pigmentum“, setzte Al nach und sämtliche blaue Bohnen nahmen unbeobachtet eine andere Farbe an. „Miese Verpackung“, knurrte Phelps, der nichts bemerkt hatte, „man könnte meinen, die würden ihre Waren vorsichtiger verpacken. Helft mir mal.“
 

Al grinste sie an, hielt gut sichtbar eine blaue Bohne in die Luft und warf sie mit der Zielsicherheit eines Suchers genau vor Phelps Füße, der sie prompt aufsammelte. „Was machst du?“, flüsterte Alice. „Phelps und seine Freunde essen die Dinger immer, wenn sie Zaubereigeschichte hatten. Phelps isst nur die blauen und da das die einzige blaue ist, wird er sie essen.“ Al grinste verschlagen und fuhr fort: „Aber ich versichere dir, so eine wie meine hat er noch nicht probiert.“ Und zu Alice Verblüffung steckte sich Phelps tatsächlich Al’s Bohne in den Mund, nachdem er und seine Freunde die üblichen fluchend mit einem Aufrufezauber wieder eingesammelt hatten. Alice hielt den Atem an.
 

Zuerst geschah nichts. Phelps, Zhang und Hastings gingen den Gang entlang und unterhielten sich. Dann stolperte Phelps plötzlich, keuchte und wurde so blass, dass man meinen konnte, er würde sich gleich übergeben. „-Hoffe nur, Weasley nimmt dich heute beim Training nicht so hart ran, du musst mir unbedingt noch Verwandlung erklären und- Hey Mark! Was ist los!?“ Noah und Liang merkten zu spät, dass Phelps ihnen nicht mehr folgte und stattdessen auf die Knie gesunken war. „Al?“, flüsterte Alice alarmiert, „was hast du da rein getan?!“ „Pssst!“, machte Al, „du verpasst noch die ganze Show.“ Sie warf ihm einen panischen Blick zu und wandte ihre Aufmerksamkeit dann wieder dem Geschehen auf dem Gang zu.
 

„Mark!“, rief Liang und rüttelte seinen Kumpel, „was ist mit dir?“ Doch Phelps würgte nur und lief langsam grün an. Dann – von einer auf die andere Sekunde – fiel er in sich zusammen. Mittlerweile waren auch einige Schaulustige stehen geblieben und beobachteten das Geschehen. „Ich hole Professor Sheffield!“, hörte Alice ein Mädchen rufen. „Was ist hier los?!“, übertönte eine tiefe Stimme das allgemeine Gemurmel. „Mr Watson!“, antwortete Liang, „es ist Mark, er ist plötzlich einfach so zusammen gebrochen!“ „Shit!“, murmelte Al, „warum ist Watson hier?“ „Was machen wir jetzt?“, zischte Alice ihm zu. „Bleib ruhig“, mahnte Al, „wenn wir jetzt abhauen, ist es viel zu offensichtlich.“
 

„Mr Phelps! Kommen Sie zu sich!“, drängte nun auch der Hausmeister, der sich vor den Ravenclaw gekniet hatte und das Augenlid des immer noch zitternden Phelps‘ herunter zog. „Hat er irgendwas gegessen?“, hakte der Ex-Auror bei Hastings und Zhang nach. „Nur Bertie Botts Bohnen, aber die isst er immer…“ „Darf ich mal sehen-“ Ein lautes Quaken unterbrach den Hausmeister. Im nächsten Augenblick ging Mark Phelps in die Hocke und hüpfte einen Frosch imitierend ein Stück den Gang hinauf. Der Hausmeister, Hastings, Zhang und sämtliche Schüler sahen ihm entgeistert nach. Alice konnte nicht glauben, was sie da sah. Mark Phelps imitierte vor halb Hogwarts einen Frosch.
 

„Du bist verrückt, Al“, flüsterte Alice. „Verrücktheit und Genialität liegen nah beieinander“, gluckste Al, während er sich bemühte, sein Lachen zu unterdrücken. „Was ist denn hier los?“, ertönte auf einmal die Stimme von Professor McGonagall, die die Professoren Sheffield und Cole im Schlepptau hatte. „Mr Phelps, können Sie mir vielleicht mal verraten, was Sie da tun?“ „Ich kann das nicht kontrollieren, Professor!“, brachte Phelps verzweifelt zwischen einem Quaken und einem Hüpfer hervor. Mittlerweile hatten einige Schüler zu kichern begonnen und Fred Weasley, der die Gelegenheit beim Schopfe packte, machte eilends ein paar Aufnahmen mit einer Zauberkamera.
 

„Mir scheint Sie sind Opfer eines wohldurchdachten Streiches geworden, Mr Phelps“, sagte Professor Sheffield, „ich fürchte, da können wir leider nur warten bis es aufhört.“ „Aber das geht nicht! Samstag ist das Spiel! Ich muss spielen! Ich werde dieser unfähigen Longbottom-Streberin nicht die Genugtuung geben zu glauben, ich würde kneifen!“ Augenblicklich hob das Gemurmel an und Alice fühlte sich auf einmal, als würde sie zu Eis erstarren. „Alice? Alice?“, flüsterte Al eindringlich, „hör nicht auf ihn, er hat keine Ahnung.“ Doch seine Worte erreichten sie nicht mehr. Jedes einzelne von Phelps Worten bohrte sich in ihr Herz und bevor sie wusste, was sie tat, hatte sie ihren Zauberstab gezückt. „Nun hören Sie aber auf, Mr Phelps!“, herrschte McGonagall den Ravenclaw an, „in meiner Gegenwart gestatte ich niemandem einen anderen Schüler zu beleidigen.“ „Alice?“ Al’s Stimme schien von weit entfernt zu kommen. „Hey! Was hast du vor?“ Aber Alice hob schon ihren Zauberstab. „Flagrate voluntatis!“ Phelps quakte panisch auf und hüpfe in eine Gruppe Zweitklässler. Die kreischten auf und deuteten aufgeregt auf einen Schriftzug über Phelps Kopf, der in grellroter Schrift verkündete: Alice Longbottom’s No. 1 Fan. Phelps starrte voller Fassungslosigkeit nach oben. „Es kommt vom Geheimgang!“, rief Watson, „der Täter ist noch hier!“
 

„Verflucht!“ Al packte ihre Hand, zerrte sie mit sich und schaffte es gerade, sie zum Ende des Ganges zu bugsieren, bevor der Hausmeister den Wandbehang, von dem aus sie zuvor spioniert hatten, beiseite riss. „Komm mit!“, rief Al ihr zu, begann zu rennen und zog sie hinter sich her. Hinter sich hörte Alice, wie Mr Watson den Wandbehang auf der anderen Seite des Geheimganges weg riss und ihnen nachsetzte. Im Laufen tippte er die Karte an und murmelte: „Unheil angerichtet.“ Die Karte wurde blank. Nun nichts mehr als ein altes Stück Pergament.
 

Mit Mühe und Not schafften sie die Kurve zum nächsten Gang ohne sich hinzulegen und schlitterten auf eine Treppe zu. Al verschwendete keine Zeit, steuerte direkt darauf zu und zog sie mit sich. Im Eiltempo erklommen sie die Stufen und fanden sich zu Alice Verwunderung im siebten Stock wieder. „Stehen bleiben, ihr Halunken!“, befahl Watson hinter ihnen als er die Treppe hinauf polterte. „Al, was jetzt?“, rief Alice panisch. Völlig hysterisch lief sie hin und her und das Gefühl in der Falle zu sitzen bemächtigte sich ihrer vollkommen, denn der Gang führte unweigerlich zum Gryffindorgemeinschaftsraum, in den sie nicht hinein konnten, da keiner von ihnen das Passwort kannte. Sie würden also unweigerlich davor stehen, bis Watson sie erwischte. „Halt doch mal still, Alice!“, zischte Al, auf dessen Stirn sich Schweißtropfen gebildet hatten, „ich muss nachden-“ Die Worte blieben ihm im Halse stecken und er starrte hinter sie. „Du bist genial, Alice.“, hauchte er und noch ehe sie registriert hatte, dass hinter ihr plötzlich eine Tür war, hatte Al sie auch schon in die winzige Besenkammer dahinter geschubst und sie fand sich zwischen einem Eimer und einem Wischmob Schulter an Schulter mit Al wieder, gerade als der Ex-Auror keuchend am Ende der Treppe auftauchte und sich misstrauisch umsah.
 

Alice wagte nicht zu atmen. Sie und Albus passten nur gerade so in den kleinen Raum und waren gezwungen dicht aneinander gepresst stillzuhalten. Alice spähte mit flatternden Nerven durch das Schlüsselloch. Watson, der mittlerweile zu Atem gekommen war, sah sich aufmerksam um, ging nach und nach am Gang entlang und öffnete eine Tür nach der anderen. Nichts. Aber wie sie panisch feststellte, kam er ihrem Versteck immer näher. Gerade als sie sich schon die Erklärung für ihren Vater zurecht legte, drückte Al sanft ihre Hand, die er noch immer hielt. Alice drehte leicht den Kopf und sah, dass Al sie leicht anlächelte. „Was auch immer passiert“, flüsterte er ihr zu, „das war der beste Streich, den ich je gemacht habe.“ Wider Willen musste Alice auch lächeln.
 

Watson hatte soeben vor ihrer Tür angehalten und machte nun Anstalten, sie zu öffnen. Gleich musste er merken, dass sie verschlossen war… Innerlich bereitete sie sich darauf vor, enttarnt zu werden und Nachsitzen für den Rest des Schuljahres zu bekommen, als auf einmal Schritte zu hören waren. Den Geräuschen zufolge, mussten es mindestens zwei Personen sein. Alice hielt den Atem an.
 

„Entschuldigen Sie, haben Sie hier eben jemand lang kommen sehen?“, hörte Alice Watson dumpf durch die Tür. „Tut mir Leid“, erwiderte eine Mädchenstimme, „wir wollen eigentlich nur zum Treffen des Schachclubs.“ „Was passiert da?“, flüsterte Al, der natürlich nichts sehen konnte. „Das ist Rose“, erwiderte Alice verblüfft, „mit Scorpius.“ „Was?“, fragte Al, „mir hat er gesagt, er wolle in der Bücherei lernen.“ „Wir haben niemanden gesehen, Mr Watson“, vernahm Alice nun auch Scorpius Malfoys Stimme, „und, wenn, dann wären sie vermutlich durch den Geheimgang ganz am Ende des Korridors abgehauen, da hätten wir sie nicht gesehen, selbst, wenn sie uns entgegen gekommen wären.“ „Nun gut“, klang Watson’s Stimme gedämpft durch die Tür, „dann werde ich dort mal nachsehen.“

Seine Schritte entfernten sich und Alice atmete erleichtert auf, während Al schnell den Alohomorazauber sprach, die Tür öffnete und durch den Spalt herausspähte. Rose und Scorpius sahen Watson ebenfalls nach. „Endlich ist er weg“, hörte Alice Scorpius murmeln. „Also wirklich, Malfoy. Bist du so ungeduldig?“, erwiderte Rose kokett. Scorpius trat näher auf sie zu und strich Rose zu Alice Verblüffung sanft über die roten Locken. Rose und Scorpius hatten Watson eine glatte Lüge aufgetischt. Nie im Leben waren die zusammen unterwegs zum Zauberschachclub. „Lass mich auch mal sehen“, flüsterte Al neben ihr, verlagerte sein Gewicht und nahm eine andere Position ein, sodass sie beide durch den Spalt das Geschehen verfolgen konnten.
 

„Ich musste die ganze Woche warten, Rose“, sagte Scorpius, „hast du eine Ahnung, wie schwer es ist, dass Lorcan und Al nichts mitkriegen. Die glauben noch, ich mutiere zum Streber, so oft wie ich angeblich in der Bibliothek bin.“ „Ich wusste es!“, flüsterte Al. „Ich habe nichts gegen Streber“, sagte Rose und lächelte. „Auch nichts gegen gutaussehende, charmante, clevere Slytherins?“ „Jetzt übertreibst du aber“, lachte Rose. „Dann muss ich dich wohl mal wieder daran erinnern, was?“ Er legte Rose eine Hand an die Wange, zog sie zu sich herunter und Alice konnte ihren Augen nicht trauen, als sie ihre beste Freundin mit Malfoy knutschen sah.
 

Neben ihr, gab Al ein überraschtes Geräusch von sich und ihr wurde mit einem Mal schlagartig bewusst, wie nah sie Al war. Seine schwarzen Haare kitzelten sie am Hals, sein Arm war an ihren gepresst und eine seiner Hände war in der Nähe ihrer Taille. Alice wurde heiß und kalt, sie lief knallrot an und spürte wie ihr Herz schneller klopfte. Doch sie konnte nicht sagen, ob das an Rose und Scorpius lag, die sich innig küssten, oder an Al, der, wie ihr schlagartig bewusst wurde, ebenfalls ein Junge war, der sich langsam für Mädchen interessierte und nun dicht an sie gepresst war. Die plötzliche Intensität der Nähe zwischen ihnen raubte ihr den Atem. Kurz schielte Alice zu Al, doch der war völlig von dem Geschehen zwischen Rose und Scorpius gefesselt.
 

Alice spähte ebenfalls nach draußen. Scorpius strich Rose beim Küssen sanft über den Rücken, während ihre beste Freundin beide Hände an seine Wangen gelegt hatte und ihn sanft zu sich hin zog. Die Intimität zwischen beiden war beinahe greifbar und Alice wunderte sich über sich selbst, dass sie das nicht bemerkt hatte. Rose hatte sich zwar immer tierisch über Malfoy aufgeregt, aber in letzter Zeit hatte sie bei diesen Aussagen immer häufiger gelächelt und war sie nicht in letzter Zeit selbst für ihre Verhältnisse ein bisschen zu oft Quidditch trainieren gegangen? Die Puzzleteile fügten sich in ihrem Kopf zusammen. Rose war in Scorpius verliebt. Ausgerechnet! Und wie es aussah, beruhten diese Gefühle auf Gegenseitigkeit. Die beiden wirkten so… glücklich zusammen. So trunken von ihrer neu entdeckten Liebe, dass sie nicht mal bemerkten, dass sie und Al alles beobachteten. Doch irgendwie machte der Anblick sie auch traurig. Sicher, sie gönnte Rose dieses Glück, aber ein Teil von ihr fragte sich, warum sich nicht auch einmal ein Junge für sie interessierte. Warum waren es immer die anderen, die sich verliebten und jemanden fanden, mit dem sie ausgingen?
 

„Du solltest mich nie in Frage stellen, Rose“, sagte Scorpius und riss Alice aus ihren Gedanken. „Wie könnte ich?“, fragte Rose, „es ist ja nicht so, dass du mir keinen Grund geben würdest, oder so. Nicht wahr, Mr Malfoy?“ „Natürlich nicht.“ Dann wurden ihre Stimmen leiser und Alice erhaschte ein letztes Bild auf Rose, die händchenhaltend mit Scorpius um die nächste Ecke verschwand.
 

Neben ihr atmete Al hörbar aus. „Rose und Scorpius, was? Ich wusste immer, dass Scorp was für Rosie übrig hat, aber- hey Alice, hörst du mir eigentlich zu?“ Sie schrak zusammen und fand sich Auge in Auge mit Al gegenüber. Das Grün seiner Augen war beinahe hypnotisierend und wieder war da diese Intensität in seinem Blick, die sie schon vorhin gesehen hatte. „Alice?“, fragte er sanft. „J-ja?“, stotterte sie. „Ist irgendwas? Du sahst plötzlich so traurig aus.“ Auf einmal wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Wieso sah er sie so an? „Ich-“ „Du musst mir das nicht sagen, wenn du nicht willst“, sagte Al rasch und für eine Sekunde glaubte sie, ihn erröten zu sehen. Al errötete nie. Er würde sie nicht zwingen, etwas preiszugeben, aber seine gesamte Haltung kündete von Abwarten, ja Neugier, obwohl er sich alle Mühe gab, es zu verbergen. Bevor sie sich aufhalten konnte, platzten die Worte aus ihr heraus.
 

„Na ja…“ Alice spürte wie ihre Stimme zitterte. „Es ist wirklich lächerlich und überhaupt totaler Quatsch und-“ Wieder kreuzten sich ihre Blicke. „Ach“, unterbrach sie der Slytherin, „ich habe den besten Streich meines Lebens hinter mir, wurde von Watson durch die halbe Schule gejagt und habe meine besten Freund dabei erwischt, wie er mit meiner Cousine rumknutscht. Ich glaube, ein bisschen Schwachsinn mehr oder weniger macht auch nichts mehr aus.“ Sie musste gegen ihren Willen lächeln.
 

Und plötzlich waren da wieder Al’s Worte von vorhin. „Du kannst mir vertrauen.“ Da wusste sie, dass er sie nicht auslachen würde, egal wie albern das Ganze war. „Ich..ich bin neidisch auf Rose“, begann Alice zögernd, „ich weiß, ich habe eigentlich keinen Grund. Vielleicht… Vielleicht habe ich es geahnt, dass sie verliebt ist, aber ich habe nicht weiter nachgehakt. Aber ich bin nicht wie Rose. Ich bin nicht cool oder mutig, noch besonders hübsch. Mein Dad ist Professor und mein Bruder Schulsprecher und… noch nie hat sich ein Junge wirklich für mich interessiert.“ Hier machte sie eine Pause, aber Al unterbrach sie nicht. „Aber…“, machte sie weiter, „aber ich will das auch! Ich will auch verliebt sein und Dates haben und Liebesbriefe bekommen, aber… es passiert einfach nicht. Ich bin einfach zu unscheinbar und-“, Alice brach ab, „ich habe dir ja gesagt, dass es lächerlich ist.“
 

Zögernd sah sie zu ihm auf, aber Al sah sie nicht an. Irgendwie war es eine surreale Situation mit Albus Potter – ausgerechnet mit Al Potter! – in einer winzigen Besenkammer fest zu sitzen und ihm von ihren Gedanken zu erzählen, die sie noch nicht mal Rose anvertraut hatte. Plötzlich spürte sie wie Al sich bewegte. Und dann tat er etwas, das sie nie erwartet hatte. Zögernd, fast schüchtern, zog Al sie an sich heran und umarmte sie. Alice spürte wie die Wärme seines Körpers auf ihren überging. Sie konnte seinen Herzschlag spüren. Ein sanftes stetiges Klopfen, das sie auf eine eigenartige Weise zur Ruhe kommen ließ. Dann war da seine Stimme, nicht viel mehr als ein Hauch, ein sanftes Flüstern, vorsichtige Worte, aber sie hörte sie trotzdem. Und sie berührten ihr Herz…
 

„Ich finde das nicht lächerlich“, sagte er.
 


 

~ ♥ ~
 

Hallihallo :) Es geht weiter~! Endlich könnte man sagen, aber dafür ist dieses Kapitel auch länger und ich schreibe bereits den letzten Teil. Außerdem habe ich auch endlich eine Lösung für ein Problem, das ich noch hatte, gefunden. Dank gilt Dahlie, die sich diese ganzen verrückten Ideen anhören musste, und ein klein wenig zur Lösung beigetragen hat. Und natürlich wie immer an AyaPapaya, meine grandiose Betaleserin. :)
 

Dieses Kapitel liegt mir ganz besonders am Herzen, weil ich mir wirklich den Kopf zerbrochen habe, wie ich diesen Streich hinkriege. (Letzlich finde ich ihn ziemlich gut *muhahahahaha*) Und es gibt auch einige neue Charaktere, die mit rein mussten. Sie sind nicht besonders wichtig, aber ich find' sie trotzdem liebenswert und sie tragen zur Handlung bei. Alice muss natürlich auch ein Team mit Gesichtern, statt 'irgendwelchen' anderen Schülern haben ;) - Und ja... es wird auch ein Quidditchspiel geben. Ein paar andere werden leicht angerissen oder kurz erwähnt ^^ Genauere Infos gibt es auch in der Charakterübersicht. Damit ihr nicht den Überblick verliert.
 

Den Rose & Scorpius - Part konnte ich mir nicht verkneifen, aber wie man sieht trägt er auch zur Handlung bei, da Alice und Al sich jedenfalls ein klein wenig näher kommen.
 

Außerdem habe ich die Zaubersprüche recherchiert und teilweise neue erfunden. Dabei habe ich mich aus dem latainischen inspirieren lassen, da J.K.Rowling auch viele Begriffe aus dieser Sprache hat. (Ich kann kein Latein, aber ich habe einfach auf die Bedeutung geachtet und, dass sie schön klingen :) ) Hier eine kleine Übersicht:
 

Verwendete Zauber & Flüche:
 

● 'Petrifikus Totalus' - Ganzkörperklammer

● 'Expelliarmus' - Entwaffnungszauber

● 'Pigmentum' - Einfärbezauber (lat. "einfärben")

● 'Flagrate voluntatis' - Kennzeichnungszauber: lässt einen willentlichen Schriftzug über dem Kopf eines anderen erscheinen (lat. "Wille")
 

Das war's auch schon ;) Ich hoffe, ihr schreibt mir viele Kommentare *grins* Dieses Kapitel war nämlich ein hartes Stück Arbeit.
 

alles Liebe

moony

Teil 6: He's been living in a pure illusion


 

Teil 6: He’s been living in a pure illusion
 

~ ♣ ~
 

Alice starb fast vor Nervosität. Ihr Magen fühlte sich flau an, ihre Hände waren schweißnass und immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie auf die Uhr blickte. Zehn Uhr Fünfzehn. Um elf Uhr war ihr erstes Spiel. Und um das Dilemma perfekt zu machen, hatte Phelps sie, auch wenn er es nicht beweisen konnte (und leider zu Recht), im Verdacht, ihn vor der ganzen Schule blamiert zu haben, denn die Geschichte vom quakenden Phelps hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Ironischer Weise hatte die Neuigkeiten, dass Phelps sie auf den ersten Platz seiner Hassliste gesetzt hatte, keinerlei Auswirkungen auf Rose Weasley.
 

Die Kapitänin des Ravenclawquidditchteams saß seelenruhig mit ihr am Tisch der Hufflepuffs (ausgerechnet!), rührte geistesabwesend in ihrem Kakao, las den Tagespropheten und schien sich nicht im Geringsten von der allgemeinen Aufregung anstecken zu lassen.
 

Im Verlaufe des Frühstücks hatte Rose mit ihr ganz normal geredet wie sie es immer taten und Alice dann klar gemacht, dass das Ergebnis des heutigen Spiels ihre Freundschaft in keiner Weise gefährden würde. Im Gegenteil. Auf eine verquere Art und Weise schien Rose ihren Spaß an der Sache zu haben und freute sich regelrecht auf das Spiel.
 

Das konnte Alice von sich nicht gerade behaupten. Sie war das genaue Gegenteil von ihrer besten Freundin: nervös, eingeschüchtert und sie hatte eine tierische Angst sich, ihr Team und ganz Hufflepuff vor der versammelten Hogwartsbelegschaft zu blamieren. Da konnten Al und Camilla noch so oft sagen, dass sie Phelps locker in die Tasche stecken würden. Der war, wie Alice sich erinnerte, ein Jahr älter als sie, hatte mindestens drei Jahre mehr Quidditcherfahrung und wartete nur auf die Chance, sich an ihr zu rächen. (Und wieder wusste keiner, dass der Streich auf Al’s Mist gewachsen war und er sie genötigt hatte mitzumachen.)
 

Und außerdem hatten ihr Dad und ihr Bruder Frank immer noch keine Ahnung, dass sie heute spielen würde. Alice wusste, dass Frank sie völlig entgeistert ansehen würde und ihr einen Vortrag darüber halten, warum man sich nicht ausgerechnet mit Quidditch beweisen musste. An ihren Vater wollte sie gar nicht erst denken. Der würde wahrscheinlich schon von ihrem Anblick auf einem Besen einen Nervenzusammenbruch erleiden. Es war fast ein Wunder, dass es noch nicht ganz bis zu ihm durch gesickert war, dass sie spielen würde. Oh, Merlin! Lass es ihn nicht vor dem Spiel herausfinden! Alice würgte ihr Toast herunter, als gerade die Post kam.
 

Hunderte Eulen schwebten in die große Halle herein. Ein paar Erstklässler, die ohnehin wegen des bevorstehenden Spiels aufgekratzt waren, deuteten aufgeregt auf sie und zeigten stolz einen Brief herum, wenn denn eine Eule bei ihnen gelandet war. Alice erwartete sich nichts Großartiges. Ihre Mum hatte sie erst vor drei Wochen beim letzten Hogsmeadewochenende gesehen und da sie sowieso mit ihrem Dad im Dorf wohnte, schrieb sie ihr selten Briefe. Ihre Tante war irgendwo in Frankreich unterwegs und von dem Rest der Familie hörte sie nur unregelmäßig etwas. Umso verwunderter war sie, als eine hübsche, kleine Eule in den Sinkflug ging und ein winziges Päckchen auf ihren Teller fallen ließ. Rose sah auf.
 

„Erwartest du Post?“, fragte sie, doch Alice schüttelte nur verwirrt den Kopf und betrachtete das Paket, das sauber mit ‚Alice Longbottom – Hufflepuff‘ beschriftet war und in Packpapier mit dem Dachs von Hufflepuff gehüllt war. Jetzt hatte sie Rose ganze Aufmerksamkeit. Sie legte die Zeitung weg und beugte sich über das Geschenk. „Los, Alice, mach schon auf“, drängte Rose und Alice tat ihr den Gefallen.
 

Heraus fiel eine Blume. Es war keine schöne Blume. Nur ein Ast von dem viele kleine Blüten wuchsen. Der normale Hogwartsschüler würde damit nichts anfangen können, aber Alice, die einen Pflanzenfanatiker zum Vater hatte, erkannte sie auf den ersten Blick. Eine gelbe Akazie.
 

Du bist meine heimliche Liebe.
 

„Alice“, sagte Rose plötzlich, „da ist noch ein Zettel raus gefallen.“ Überrascht, immer noch verwirrt und irgendwie aufgeregt, nahm sie das Papier von Rose entgegen.
 

Ich glaube an dich.
 

Nur vier Wörter. Kein Absender. Nichts. Alice spürte wie sie rot anlief, immer noch entgeistert die gelbe Blume betrachtete und sich fragte, ob der Absender wusste, was er ihr da geschickt hatte. Das war eine Liebeserklärung. Die schönste und einzige Liebeserklärung, die sie je bekommen hatte. Wie viel Mühe sich derjenige wohl gemacht hatte, dass er sich sogar über Blumensprache informiert hatte… Denn wer ihr eine so merkwürdige, kurze Nachricht schickte, der musste wissen, dass sie die Nachricht verstehen, ihr erstes Quidditchspiel bestreiten würde und vor Nervosität fast umkam. Ich glaube an dich. Ich glaube an dich. Ich glaube an dich. Sie war verwirrt und aufgeregt und nervös und irgendwie geschmeichelt.
 

„Alice! Was treibst du denn da? Du solltest schon vor fünf Minuten in der Kabine sein!“ Camilla kam angestürmt, den Besen schon in der Hand, und Alice ließ vor Schreck den Zettel fallen, den sie schnell wieder aufhob und unauffällig in ihre Tasche schob. „Entschuldige, Camilla, ich hab’s total vergessen!“, rief Alice, der eiskalt wieder einfiel, dass ihre Kapitänin eine letzte Teambesprechung vor dem großen Spiel angesetzt hatte. „Vergessen?!“, polterte Camilla in dem Moment in dem Rose: „Eine halbe Stunde lang? Wirklich Brooks, wir haben doch noch genug Zeit“, einwarf. Camilla warf Rose einen etwas zu giftigen Blick zu. „Nichts für ungut, Weasley, aber nicht jeder ist es gewohnt eine Siegesserie zu haben. Wir sehen uns in der Luft.“ Und damit packte sie Alice, die immer noch die Blume festhielt, am Handgelenk und schleifte sie Richtung Umkleidekabine.
 

.

.

.
 

„Wir haben härter trainiert als je zuvor, wir sind ein eingespieltes Team und die Chancen, dass wir gewinnen, standen noch nie so gut. Ravenclaw mag uns letztes Jahr weggeputzt haben, aber das war letztes Jahr. Damals ist damals, heute ist heute und heute können wir gewinnen!“ Camilla stieß die Faust in die Höhe, schaute jedem ihrer Mitspieler einmal tief in die Augen und griff dann nach ihrem Besen. Alice, die zwischen Dylan und Chloe auf der Bank saß, schrumpfte auf ihrem Platz zusammen. Ihre Anspannung hatte den Siedepunkt erreicht. Hinter der Tür, die zum Quidditchfeld führte, konnte sie bereits das Stimmengewirr der übrigen Hogwartsschüler hören, die sich eifrig unterhielten und darauf warteten, dass das Spiel begann. Alice blickte an sich herunter. Sie trug die Uniform der Hufflepuffs. Schwarz und Gelb. Nie hätte sie sich träumen lassen, einmal in eine solche Situation zu kommen. Verdammter Potter!
 

„Was werden wir also tun?!“ „Gewinnen“, sagte Nathaniel halbherzig. „Ja, vorausgesetzt Phelps nimmt Alice nicht auseinander. Hast du seinen Blick beim Frühstück gesehen?“, fügte Alex hinzu. Alice zuckte zusammen. Aber Alex hatte recht. Das ganze Spiel schien darauf hinaus zu laufen, dass sie gegen den überragenden Phelps bestehen musste… „Wenn ihr nicht aufhört einen solchen Stuss zu reden, nehme ich euch auseinander“, schnauzte Camilla die beiden Jäger an. „Außerdem soll er das ruhig versuchen. Wenn er auch nur in Alice Nähe oder in die des Schnatzes kommt, werde ich ihm schon einen Klatscher um die Ohren hauen. Und jetzt hört gefälligst auf zu jammern und gewinnt dieses Spiel!“ Damit packte Camilla Alex und Nathaniel am Kragen und schleifte sie ins Stadium. Alice tauschte einen angespannten Blick mit Chloe.
 

„Na los!“, rief Dylan, den die Anspannung anscheinend völlig kalt ließ, und packte begeistert seinen Besen, „wir werden gewinnen! Nicht wahr Alice?“ Wider Willen musste Alice lachen. Der kleine Dylan war einfach zu süß. Seit sie ihn zum Krankenflügel gebracht, sich um ihn gekümmert und sich Phelps offen entgegen gestellt hatte, war der Kleine noch anhänglicher und ein begeisterter Verfechter der Alice-ist-unschlagbar-Theorie geworden. „Ja“, sagte Alice, „wir geben unser Bestes, Dylan.“ „Dann los, sonst macht Camilla uns wirklich die Hölle heiß“, mischte sich nun auch Chloe ein, „kommst du Charlie?“ „Ich habe nur auf euch gewartet“, erwiderte der.
 


 

~ ♣ ~
 

„Willkommen zum zweiten Quidditchspiel der Saison: Ravenclaw gegen Hufflepuff!“, tönte die Stimme des Stadionsprechers Connor Hawkins durchs Stadion. Alice hatte nie viel mit ihm zu tun gehabt. Er hatte eine lässige Art, sah recht gut aus und obwohl er im fünften Jahr in Slytherin war, war er recht beliebt. Soweit sie wusste, kommentierte er seit seinem dritten Jahr sämtliche Spiele. „Nur zur Erinnerung, die letzte Begegnung endete mit 230 zu 70 für Ravenclaw nach einem atemberaubenden Schnatzfang von Mark Phelps – auch heute wieder dabei – doch natürlich sind beide Mannschaften auch heute heiß auf den Sieg. Und hier kommt die Aufstellung! Für Ravenclaw treten an: Weasley, Cartwright, Hadley, Dearing, Parker, Novak und Phelps!“
 

Alice blickte zum gegnerischen Team, das in bronzenen und blauen Quidditchumhängen bereits Aufstellung genommen hatte. Neben Rose stand Leanne Hadley, ein dunkelhäutiges Mädchen im vierten Jahr. Sie war offensichtlich Rose‘ Jägerkollegin, da sie mit Rose und Aidan Cartwright, einem cleveren Jungen aus Alice‘ Jahrgang, die Köpfe zusammen gesteckt hatte. Dann mussten Ian Parker und Caleb Dearing, die beide einen Schläger hielten, Camilla und Dylans Gegenspieler sein. Blieb noch Novak. Den kannte Alice fast gar nicht. Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass er genau wie sie eine unbekannte Größe war und von Rose in seinem Abschlussjahr verpflichtet worden war. Doch Gerüchten zu folge war Conan Novak so brillant, dass er neun von zehn Würfen hielt. Da würden Chloe, Alex und Nathaniel reichlich zu tun bekommen… Phelps hingegen wirkte ein wenig gereizt. Dauernd sah er zum Kasten, in dem die Bälle waren, als könnte er kaum abwarten bis das Spiel losging, aber wenn ihn jemand aus seinem Team ansprach, reagierte er aggressiv, sodass dieser schnell das Weite suchte. Genau in diesem Moment sah er auf. Alice, die davon völlig überrumpelt war, sah ihm direkt in die Augen. Die Schrift über Phelps Kopf war zwar verschwunden und auch der Frosch-Imitations-Trank, den Al in eine seiner Bohnen gemischt hatte, war abgeklungen, doch Phelps‘ Blick war so mörderisch, dass Alice sich fest vornahm, ihm aus dem Weg zu gehen bis sie wirklich mit ihm um den Schnatz kämpfen musste.
 

Alice packte ihren Besen und ging mit Chloe und Charlie zu ihren Positionen. Mr Wilson, der an der Schule für Quidditch zuständig war, war gerade dabei den Kasten mit den Bällen zu öffnen, als Connor Hawkins die weitere Aufstellung bekannt gab. „Und hier kommt das Team der Hufflepuffs, angeführt von Kapitänin Brooks - sie sieht wirklich wild entschlossen aus - ihr folgen Prewett, Bradley, Miller, Adams, Clarks und Longbottom, die Neuentdeckung des Jahres! Sehen Sie sie, Professor?“ Alice hörte einen entsetzten Schrei, aber der wurde sofort von Connor und Mr Wilsons Pfiff übertönt. Sie stieß sich vom Boden ab. „Und Mr Wilson gibt die Bälle frei: Das Spiel beginnt! Ravenclaw im Quaffelbesitz. Rose Weasley leitet den ersten Angriff ein!“
 

Alice schoss gute sieben Meter in die Höhe, nur um noch beobachten zu können, dass Charlie nicht schnell genug vor Rose bei den Ringen ankam und das 10 zu 0 nicht mehr verhindern konnte. Der Auftakt war ein einziges Durcheinander. Rose, die vor allem auf Schnelligkeit und Taktik setzte, war das zupass gekommen, doch ihr Team, das sich erst langsam ein Spiel aufbauen musste, war hier eindeutig im Nachteil. „Hufflepuff am Ball. Das ist Prewett, dicht auf mit Miller, die jedoch von Cartwright und Hadley in die Zange genommen wird. Bradley kommt nicht nach und Prewett hat keine Anspielstation. Er muss es allein machen-“
 

Ein allgemeines Stöhnen seitens der Hufflepufffans ging durchs Stadion, als Caleb Dearing Alex mit einem gut gezielten Klatscher fast erwischte und der daraufhin den Quaffel fallen ließ. Leanne, die blitzschnell wendete, fischte sich den Ball aus der Luft und flog nun in die entgegengesetzte Richtung davon. Alice, die erst jetzt bemerkte, dass sie angespannt dem Spiel folgte und nicht wie von Camilla befohlen den Schnatz jagte („Kümmere dich nicht um uns, hol‘ uns den Schnatz, egal was es kostet!“), wandte sich schuldbewusst ab und stieg noch mal höher. Das mussten jetzt schon fast fünfzehn Meter sein!
 

Tief unter ihr hörte sie ihre Mitschüler auf den Tribünen grölen, eins der beiden Teams anfeuern und gebannt das Spiel verfolgen. Die Menge war in Bronze und Blau eingeteilt. Doch anders als bei einer Begegnung von Gryffindor und Slytherin war es sehr ausgeglichen. Gryffindor hatte sich ungefähr zu gleichen Teilen für Hufflepuff und Ravenclaw entschieden, während sich der Großteil der Slytherins den Ravenclawfans angeschlossen hatte. Hufflepuffanhänger waren hier eher selten, nur vereinzelt blitze in den Reihen der Slytherins einmal Bronze und Schwarz hervor. Die Stimmung war bombastisch. Viele Schüler hatten Plakate und Banner gebastelt, einige hatten Pauken organisiert, mit denen sie den Takt schlugen und manche grölten einen einstudierten Anfeuerungsruf.
 

„30 zu 0 für Ravenclaw! Weasley mit einem atemberaubenden Täuschungsmanöver, da hat Clarks nicht die geringste Chance – und noch immer kein Zeichen vom Schnatz!“ Alice zog eine weitere Bahn, während sie Phelps auf gleicher Höhe dasselbe tun sah. Langsam wurde sie immer nervöser. Rose‘ Team war in Bestform und auch, wenn Camilla und Alice‘ Team noch so sehr anstrengten, merkte man doch, wer hier die Favoritenrolle besaß. Sie musste den Schnatz vor Phelps finden.
 

„Wunderbarer Klatscher von Brooks, hat Cartwright den Quaffel direkt aus der Hand geschlagen, Miller erwischt ihn, passt zu Prewett – Novak ist kurz abgelenkt – und er macht ihn rein! 30 zu 10!“ Jubel brach auf der Hufflepufftribüne aus, doch Alice konnte nicht ganz einstimmen. Novak war gut. Selbst mit Chloes und Alex‘ brillanten Passspiel war er noch mit den Fingerspitzen am Quaffel gewesen und irgendwas sagte ihr, dass sie beim nächsten Mal nicht mehr so viel Glück haben würden.
 

„Phelps geht in den Sturzflug! Ist das der Schnatz?! Das ist nun die erste Bewährungsprobe für Alice Longbottom-“ Alice blieb fast das Herz stehen. Phelps war nur etwa sechs Meter vor ihr, aber er war schnell. Ohne zu überlegen stürzte Alice ihm nach, ließ sich fallen und schmiegte sich eng an den Besenstiel. Phelps war zwei Meter vor ihr, den Arm ausgestreckt. Alice sah es golden funkeln… Sie war mit ihm gleich auf. Durch die Wucht ihres Falles krachte sie in Phelps Seite, sie konnte förmlich hören wie das Stadion die Luft anhielt… „Verzieh dich, Longbottom“, zischte Phelps ihr zu und drängte sie ab. Alice kniff die Zähne zusammen, Phelps war größer und schwerer als sie und damit eindeutig im Vorteil, doch so schnell würde sie sich nicht geschlagen geben!
 

„Sie rasen auf die Erde zu, beide gleich auf-“ Alice streckte die Hand aus. Der Schnatz befand sich gute zwanzig Zentimeter entfernt und mit ihrer Fallgeschwindigkeit würde der größere Phelps ihn zuerst erreichen. Sie musste das strategisch angehen. Sie war leichter. Das machte sie schneller und wendiger, darum hatte sie überhaupt erst aufgeholt und das musste sie sich zu Eigen machen. Mit aller Kraft rammte Alice Phelps‘ linke Seite und bugsierte ihn somit aus der Bahn. „Was macht Longbottom da?!“, rief Connor Hawkins durchs Mikrofon. „Achtung, da kommt ein Klatscher – und wo ist der Schnatz?!“ Plötzlich zischte besagter Klatscher durch die Luft, dem Alice nur entging, indem sie blitzschnell den Kopf einzog, doch schon donnerte der zweite an ihrem rechten Ohr vorbei und hätte fast Phelps hinterrücks erwischt. Drei Meter über dem Boden zog sich Alice aus dem Sturzflug, während Phelps nicht mehr abbremsen konnte. Das war ihre Chance, aber wo war der Schnatz?! Wo war der verfluchte Schnatz!
 

„Na, das war wohl nichts!“, dröhnte Connors Stimme magisch verstärkt durchs Stadion. „Phelps und Longbottom entgehen beide dem Angriff der Treiber – sehr schön gespielt von Brooks und Adams - das dürfte Mark Phelps gar nicht gefallen haben. Es steht 70 zu 30!“ „Bist du in Ordnung?“, rief Camilla ihr zu, als sie gerade vorbei flog, doch Alice nickte nur. Schlimm genug, dass der Schnatz verschwunden war… Sie schraubte sich höher und sah gerade noch wie Nathaniel und Alex einen astreinen Angriff einleiteten, dicht gefolgt von Rose, die ihren Teamkollegen Anweisungen zubrüllte. Nach ein paar weiteren Metern war Alice über dem Spiel. Sämtliche Jäger hatten sich vor den Ringen Ravenclaws versammelt. Alex täuschte an, zielte auf den rechten Ring, doch Novak schaffte eine Glanzparade. Schon hatte sich das Spielfeld wieder verlagert und Alice zog darüber ihre Kreise.
 

Nach einer Viertelstunde stand es 100 zu 60. Rose war einfach unschlagbar. Wie eine Schachspielerin dirigierte sie ihr Team über das Feld, war selbst überall und hatte mindestens die Hälfte der Tore erzielt. Wenn es ihr nicht gelang den Schnatz zu fangen, waren sie erledigt. ‚Du musst auf die Details achten‘, hatte Al ihr eingeschärft, ‚ein Sucher hat einen Blick für das Verborgene. Du musst aufmerksam sein und, wenn du den Schnatz siehst, verflucht schnell.‘ Al… Er hatte sie die ganze Zeit unterstützt, hatte sie bis zum Umfallen trainiert. Was würde er sagen, wenn sie mit leeren Händen vor ihm stand? Wenn Phelps den Schnatz fing…
 

Das Verborgene sehen… Alice ließ den Blick wandern, beruhigte sich und suchte jeden Winkel des Stadions ab. „Wunderbares Tor von Leanne Cartwright. Damit steht es 110 zu 70. Ravenclaw führt.“ Und dann geschahen mehrere Dinge zugleich. Wie aus dem Nichts schoss ein Klatscher, der ursprünglich Chloe gegolten hatte, auf sie zu. Für einen Moment schien alles in Zeitlupe zu verlaufen. Alice warf sich zur Seite und schaffte eine Seitwärtsrolle mit ihrem Besen. Genau in diesen Sekunden, in denen sie kurz Kopf stand, sah sie den Schnatz. Er schwirrte gerade über die Tribüne der Slytherins. Niemand schien etwas mitzubekommen. Phelps war bei den Torringen der Ravenclaws. Alice beschleunigte, ihr Stardust wurde schneller.
 

„Klatscher von Dearing – das hat weh getan – ja, es gibt einen Strafstoß. Miller führt aus.“ Sie war fünfzehn Meter vom Schnatz entfernt, als Phelps bemerkte, was vor sich ging. Mit einem Aufschrei stürzte er ihr nach und verringerte ihren Abstand in Windeseile. Die Tribüne kam immer näher und der kleine Schnatz, der seine Verfolger irgendwie bemerkt haben musste, flatterte im Zickzackkurs davon. „Aus dem Weg!“, brüllte Phelps und hieb ihr den Ellbogen in die Seite. Dann ging alles ganz schnell. Alice schnappte nach Luft, überschlug sich, driftete ab und nahm alles nur noch in einem Wirbel von Farben wahr. Himmelblau, Grasgrün, Blau, Bronze, ein Meer aus Blau und inmitten darin ein einzelner Tupfer Bronze.
 

„130 zu 80! Hufflepuff im Ballbesitz, das ist-“ Sie fiel. So schnell, so lautlos, so frei. Alice konnte nicht sagen, wie es geschah, aber plötzlich flog sie wieder, raste dahin und dann spürte sie Phelps neben sich, den Schnatz vor Augen. Das war es. Entweder würde sie sich bis auf die Knochen blamieren oder sie würde gewinnen. Ich glaube an dich. Da waren sie wieder, die verfluchten vier Worte, die ihr nicht mehr aus dem Kopf gingen und plötzlich waren da ihre eigenen Gedanken von einem ungewohnten Selbstvertrauen getränkt. Ich kann das. Ich kann gewinnen. Ich will gewinnen. Gewinnen…
 

„Wenn du gewinnst, besorg' ich uns einen Feuerwhiskey.“ Al grinste. „Und wenn ich verliere?“ „Dann besorg' ich uns trotzdem einen Feuerwhiskey und wir geben uns die Kante.“
 

Der Schnatz machte eine abrupte Kehrtwende. Alice griff gleichzeitig mit Mark Phelps nach dem filigranen fliegenden Ball. Sie flog einen Looping, bei dem ihr fast die Brille von der Nase rutschte, und konnte es gerade noch verhindern, dass sie in die Sitzreihen der Slytherins krachte. „Was ist da passiert?! Longbottom und Phelps im Kampf um den Schnatz. Doch wer hat ihn?!“ Alice blinzelte, atmete tief ein und versuchte ihren Herzschlag zu beruhigen. Das Spiel schien vergessen zu sein. Sämtliche Spieler musterten sie und Phelps in der Hoffnung einen Hinweis zu bekommen, wer gewonnen hatte. Ganz Hogwarts schien den Atem anzuhalten und dann sah Alice in Mark Phelps Gesicht, das zu einer Miene aus Fassungslosigkeit, Wut und verletztem Stolz geworden war. Erst dann bemerkte sie die glatte Kugel in ihrer Hand. Die Flügelchen des gefangenen Schnatzes flatterten hilflos und schlugen vergeblich gegen ihren Handrücken. Fassungslos sah Alice auf den goldenen Ball. Sie … hatte gewonnen? Zögernd hob sie die Hand mit dem Schnatz und dann brach die Hölle los.
 

„Sie hat ihn!“, brüllte Connor ins Mikrofon und kam doch kaum gegen den Lärm an, der bei den Hufflepufffans entbrannte, die allesamt aufgesprungen waren und den Sieg feierten. „Das gibt es doch nicht! Was für ein Debüt! Alice Longbottom fängt den Schnatz und Außenseiter Hufflepuff besiegt Ravenclaw 230 zu 130! Was für ein Auftakt! Was für ein Spiel-“ Doch den Rest bekam Alice nicht mehr mit, da in diesem Moment Dylan samt Schläger auf sie zugerast kam und sie mitten in der Luft so fest umarmte, dass sie kaum atmen konnte. „Du bist die Beste, Alice!“, schrie er gegen den Tumult an. Zwischen dem ganzen Chaos bekam sie nicht mal mehr mit, wie sie eigentlich gelandet war. „Hab‘ ich es doch gewusst. Du-“, rief jemand anderes. „Alice-Schätzchen, geht es dir gut?!“, hörte sie ihren Dad rufen, der gar nicht bis zu ihr durch kam. „Alice!“ „Wir haben gewonnen!“ „Ich kriege fünf Galleonen, Fred!“, rief James. „Ich wusste, warum ich dich ins Team geholt habe!“ Das war Camilla. Die Erste, die Alice in dem Gewühl der ganzen Leute wiedererkannte, die sich um sie drängten und ihr allesamt zu dem Fang, von dem sie immer noch nicht wusste, wie genau er passiert war, zu gratulieren. Irgendwie schaffte sie es zu landen und fand sich eingehakt zwischen Camilla und Dylan wieder, die sie vollkommen siegestrunken zu allen möglichen Leuten schleppten.
 

Auf einmal tippte ihr jemand auf die Schulter. Und dann war da Al, ganz in Bronze und Schwarz und mit einem Hufflepuffschal behängt, eine Flasche Feuerwhiskey haltend, die geheimnisvoller Weise noch von niemandem konfisziert worden war, und - sie angrinsend.
 

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Über Hogwarts‘ Ländereien ging gerade die Sonne auf, als ein Vogel zwitschernd den Morgen ankündigte und über die Wipfel der Bäume des Verbotenen Waldes flog. Es war ein friedlicher Tag, nichts deutete auf etwas Ungewöhnliches hin. Alles war wunderbar ruhig. Alice Longbottom erwachte von dem Geräusch einer fallenden Feuerwhiskeyflasche.
 

Zuerst dachte sie sich nichts dabei. Immerhin war es Samstag und Wochenende. Außerdem war das Euphoriegefühl vom gewonnen Quidditchspiel noch immer gegenwärtig und so drehte sie sich nur glücklich auf die andere Seite und versuchte wieder einzuschlafen.
 

Ihr Bett roch frisch nach gemähtem Gras und Morgenluft und sie konnte sogar die Vögel vor dem Fenster zwitschern hören. Alice seufzte glücklich. Der letzte Abend war so wunderbar, so ereignisreich, so toll gewesen, dass sie endlich verstanden hatte, warum alle Quidditch so verehrten. Und nachdem Al… Und nachdem Al… Ja, was war dann eigentlich gewesen? Sie versuchte sich zu erinnern, doch da war nichts. Sie wusste nur noch, dass sie gemeinsam mit Al die Flasche Feuerwhiskey aufgemacht hatte. Aber was war dann gewesen? Wann war sie eigentlich ins Bett gegangen? Doch je mehr sie versuchte sich zu erinnern, desto stärker brummte ihr Schädel.
 

„Uh“, murmelte Alice und öffnete halb ihre Augen. Sofort im nächsten Moment bereute sie es wieder, da ihr plötzlich so schwindelig wurde, dass sie beinahe einen Brechreiz spürte. Sie blinzelte vorsichtig. Einen Moment lang verspürte sie die blanke Panik. Das war nicht ihr Schlafsaal. Bei Merlin, das war noch nicht mal Hogwarts! Okay. Ruhig bleiben. Sie musste das rational angehen. Alice öffnete die Augen, doch das Bild, das sich ihr darbot, hätte sie am liebsten nicht gesehen. Ihr Kopf schoss in die Höhe (schlechte Idee!) und sie stieß ein schrilles Kreischen aus.
 

„Wasn‘ los?“, murmelte ein schlaftrunkener Fred. „Mach’n Wecker aus‘, es is viel zu frühl zum Aufsteh’n…“ Damit drehte er sich auf die andere Seite und pennte weiter. Scorpius und Rose (dicht aneinander gekuschelt) lagen rechts von ihr im Gras. James, der eine Flasche Butterbier in der Hand hielt, hing über einem Baumstamm und schnarchte fröhlich vor sich hin. Lorcan hatte sich dicht vor dem Lagerfeuer zusammen gerollt, murmelte etwas, das verdächtig nach einem alten Oldie von Celestina Warbeck klang, und lag bäuchlings auf dem Boden. Von ihrem Team waren nur Nathaniel, Alex und Camilla da, die neben einem magischen Radio, das vor sich hin rauschte, friedlich schlummerten. Dann fiel ihr Blick auf Al. Der lag neben ihr und einer seiner Arme war über ihrem Bauch. (Trotz der Übelkeit wurde Alice knallrot.) Zu ihrem Entsetzen hob er just in diesem Augenblick den Kopf, schwenkte eine leere Feuerwhiskeyflasche und fragte offensichtlich nicht mehr ganz Herr der Lage: „Noch jemand nen‘ Schnaps?“ Alice, völlig fassungslos über so viel Dreistigkeit, konnte ihn nur wortlos anstarren.
 

„Willst du nix‘?“, nuschelte Al, als Alice immer noch nichts sagte. „Al“, fragte Alice, die immer noch mit ihrer Fassung kämpfte, „was ist hier passiert?“ „Was passiert is‘?“, wiederholte Al total neben der Spur. „Party! Alice-Schätzchen!“, rief er, „un‘ dann ham‘ wa gesoffen! Un‘ dann-“ „Erspar‘ mir die Einzelheiten!“, rief sie entsetzt und fasste sich augenblicklich an den Kopf. Ihr war so übel… „Aber Alice, du hast doch am meisten mitgemacht!“, sagte Al mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht. WAS?! „Ehrlich, du warst total blau un‘“ – „Halt die Klappe, Al!“, rief James und warf seine Flasche nach seinem Bruder, die ihn nur knapp verfehlte (Was ein Wunder war.). „Kann hier denn keiner seinen Rausch ausschlafen!“ Doch Albus kicherte nur mädchenhaft. „Aber Jamsie-“ „Schnauze!“, brüllte James. „Al?“ Rose war aufgewacht, richtete sich auf und schob vorsichtig Scorpius‘ Arm von sich weg. „Rosie!“, rief Al begeistert. „Der ist immer noch total voll“, grummelte Scorpius, der ebenfalls aufgewacht war. „Na, der hat ja auch noch fast zwei Flaschen Feuerwhiskey alleine leer gemacht, nachdem er Alice abgefüllt hat“, sagte Rose sachlich.
 

„Wie bitte?!“ Alice packte Al am Kragen, ließ aber gleich wieder los. „Alice?!“, rief Rose, die schwankend auf die Beine kam. Alice packte sich an den Kopf. Irgendwie… drehte sich alles. „Alice?! Bei Merlin! Was ist denn hier passiert!“ War das… ihr Dad? „Pr…Professor?“ „Onkel Neville!“, rief Al. „Albus? Rose?“ „Ich kann alles erklären!“, stotterte Rose. „Ich fürchte da gibt es einiges, das-“ Doch den Rest bekam Alice nicht mehr mit, da sie sich in diesem Moment gepflegt auf Al’s Schuhe übergab.
 

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„Und Sie werden allesamt Nachsitzen erhalten – ja auch du Fred - das ist ja wohl die Höhe! In meiner Zeit haben wir wenigstens noch im Gemeinschaftsraum gefeiert und nicht direkt vor dem Verbotenen Wald eine Grillparty veranstaltet!“ „Eigentlich war’s mehr ein großes Besäufnis, nicht wahr Bruderherz?“, warf James ein. „James Potter! Diese Idee ist doch nur auf deinem Mist gewachsen! Warte nur, wenn ich das deinem Vater erzähle!“ „Aber Onkel Neville-“ „Oder deiner Mum! Ja, ich wette Ginny hat einiges dazu zu sagen, was ihre Söhne treiben, wenn sie nicht ein Auge drauf hat. Du und Al, ihr könnt froh sein, dass Lily nicht auch dabei war-“ „Aber Onkel Neville-“ „Und nenn mich nicht Onkel, ich bin ein Professor!“
 

„Dad?“ Alice blinzelte. Vor ihren Augen war alles verschwommen, aber der Geruch war eindeutig der vom Krankenflügel. Steril und ein bisschen nach Medizin duftend. Alice wurde wieder übel. „Alice-Schätzchen!“, rief ihr Dad besorgt, „geht es dir gut? Was haben Albus, Fred und James nur mit dir angestellt?“ „Wieso bin ich eigentlich auch schuld?“, fragte Fred. „Frag‘ dich das doch mal selbst, du Schluckspecht.“ Das war eindeutig Scorpius. Diesen leicht arroganten Unterton hatte nur einer. „Du hast bloß keinen Kater, weil du die ganze Zeit mit Rosie geknutscht hast, Malfoy.“ „Du hast was?“, rief Lorcan dazwischen. „Immerhin habe ich jemanden, mit dem ich Knutschen kann, Weasley“, erwiderte Scorpius, der Lorcan vollkommen ignorierte. „Ruhe!“, donnerte ihr Dad, „ihr geht! Und zwar alle!“ Damit stand er auf und scheuchte Scorpius, Rose, Fred, Lorcan und James aus dem Krankenflügel.
 

„Na endlich“, seufzte Professor Longbottom, „ihr Kids bringt mich noch mal um den Verstand. Aber was hast du dir dabei gedacht, Alice, du warst doch sonst immer so vernünftig.“ Ihr Bett senkte sich kurz, als ihr Dad darauf Platz nahm. „Ich weiß nicht“, murmelte Alice zur Antwort, „da ist so viel passiert. Wir haben Quidditch gespielt und dann habe ich gewonnen!“ Und wieder verspürte sie dieses euphorische Glücksgefühl, als sie sich daran erinnerte. „Oh, ja“, gluckste ihr Dad, „ich hatte keine Ahnung, dass du so gut spielst. Ich habe mir bei meinem ersten Flug das Handgelenk gebrochen. Du hättest mal deinen Bruder sehen sollen! Der hat zehn Galleonen auf Ravenclaw gesetzt und dann fängst du den Schnatz!“ Alice kicherte. „Ich wette, das hat ihm gar nicht gefallen, was?“ „Oh, nein. Ich fürchte Roxanne hat ihn ordentlich ausgelacht.“ Sie grinste. „Na ja, vielleicht setzt er die Galleonen ja das nächste Mal auf mich.“ „Vielleicht. Warte nur, bis ich das deiner Mutter erzählt habe, die wird Augen machen! – warte mal! Du versuchst gerade mich abzulenken, oder? Nichts da, Fräulein. Und jetzt erkläre mir mal, wie dieses ganze Desaster angefangen hat.“
 

„Na ja…“, begann Alice, „das war…“ Al’s Schuld… „meine Schuld. Al hat mich dazu überredet dem Quidditchteam beizutreten, nachdem Camilla mich fliegen gesehen hat und mich dann heimlich trainiert. Irgendjemand hatte diese Party organisiert und ich war so glücklich und stolz, dass ich für Hufflepuff gewonnen habe, dass ich mitgemacht habe. Alle haben getanzt und was getrunken, Dad.“ Ihr Vater sah sie lange an. Dann seufzte er erneut. Alice sah ihn fragend an, doch er schüttelte nur den Kopf. „Ich wusste ja, dass du früher oder später erwachsen werden würdest, aber sowas… Nur eins ist merkwürdig: Albus hat mir vorhin die gleiche Geschichte aufgetischt. Mit einem Unterschied: Er hat vehement darauf beharrt, dass alles seine Schuld ist.“ Neville Longbottom’s Blick wanderte zum Nebenbett, in dem Al, mit zerzausten Haaren und immer noch in Hufflepufffankleidung, friedlich schlief. Alice wurde warm bei diesem Anblick. Irgendwie… war es am schönsten gewesen, als Al mit dieser Feuerwhiskeyflasche vor ihr gestanden hatte. Seit seiner Erpressung, den gemeinsamen Streichen und ihrem Streit, war er irgendwie immer da gewesen und langsam fragte sie sich, warum sie ihn vorher immer wieder abgewimmelt hatte. Ihr Dad bemerkte ihren Blick. „Er muss dich wirklich gern haben“, sagte Neville.
 


 

~ ♣ ~
 

Von einen auf den anderen Tag war Alice Longbottom zur Berühmtheit geworden. Wo sie früher vielleicht jeder zehnte auf dem Gang gegrüßt hatte, wurde sie jetzt von allen möglichen Mitschülern belagert, die ihr zum Sieg gratulierten, oder wie in Mark Phelps Fall schnaubend an einem vorbei liefen. Der war offenbar tief beleidigt und ziemlich eingeschnappt, dass sie ihn besiegt hatte.
 

Und plötzlich war da auch eine neue Alice Longbottom. Eine strahlende, schöne, selbstbewusste Alice Longbottom, die es sich nicht nehmen ließ, Rose und Scorpius auf den Arm zu nehmen und ihnen ein einwandfreies Beweisfoto, auf dem sie in einer sehr innigen Pose vertieft waren, unter die Nase zu halten. Das Foto hatte sie von Fred, der alles auf der Spontanparty festgehalten hatte. Rose erbleichte („Ich wollte es dir sagen, wirklich, Alice.“), während Scorpius nur mit den Schultern zuckte („Mach‘ nicht so einen Wind, das wissen doch eh‘ alle, Longbottom, außerdem muss ich mir jetzt keine Sorgen mehr machen, dass irgendein Idiot meine Freundin anbaggert.“). Damit war die Sache erledigt.
 

Als Alice an diesem Tag zum Zauberkunstunterricht ankam, war sie schon Dylan auf dem Flur begegnet, der sie seinen Freunden vorgestellt hatte, hatte sich von fünf verschiedenen Leuten nach der Taktik gegen Gryffindor ausquetschen lassen und konnte sich von einem noch immer beleidigten Phelps im Vorbeigehen anhören, dass Gryffindor mit Lily Potter als Sucherin unschlagbar war. Obwohl Gryffindor im ersten Spiel hauchzart gegen den Erzrivalen Slytherin verloren hatte. (James hatte sich aus Protest geweigert eine Woche mit Al zu sprechen und hatte ihn ebenso lange als gemeinen Verräter betrachtet – bis sie auf dem Besäufnis einträchtig nebeneinander hockten und sich die Kante gaben.)
 

Doch das plötzliche Aufsehen, das sie als Sucherin erregt hatte, hatte zu einer weiteren Veränderung geführt. Sie wurde bemerkt. Nicht als Professor Longbottoms Tochter, oder als Streberin. Nicht als unscheinbares Mauerblümchen, als Rose‘ beste Freundin, oder Al’s Streichopfer, sondern als Mädchen. Es war, als wäre die unsichtbare Grenze verschwunden, die Alice, die Professorentochter, und Alice, das Mädchen, voneinander trennte. Plötzlich und zu ihrer maßlosen Überforderung sprachen sie Jungs auf dem Gang an und pfiffen ihr hinterher (was sie höchst unangenehm fand und überhaupt nicht damit umgehen konnte). Rose schien mit einer solchen Behandlung keine Probleme zu haben, aber sie wusste sich schon immer besser durchzusetzen als sie und sämtliche Ravenclawjungs hatten einen Heidenrespekt vor ihr. Aber Alice, die die Jungs in dieser Hinsicht noch nie beachtet hatten, war von dieser Art der Aufmerksamkeit völlig erschlagen und schlichtweg überfordert. Sogar ihre Teamkollegen waren seit der Party irgendwie merkwürdig. Alex ließ manchmal eine zweideutige Bemerkung fallen und Nathaniel sah sie manchmal so an, als würde er stark über etwas nachgrübeln. Nur Dylan, der noch ganz andere Dinge im Kopf hatte, und Charlie, der wie sie vermutete ein Auge auf Chloe geworfen hatte, behandelten sie normal.
 

„Sie haben endlich mal alle gecheckt, dass du total süß bist, Alice-Schätzchen“, hatte Rose geantwortet und ihr zugezwinkert, als sie ihr ihre Gedanken gebeichtet hatte. Trotzdem … trotzdem war es so ungewohnt. Es war zu viel. Zu viel auf einmal und irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, sich je in einen Jungen zu verlieben, der sie nur deshalb interessant fand, weil sie ein Quidditchass war. Wie sie Al gesagt hatte, wollte sie sich verlieben und Liebesbriefe bekommen und Dates haben und die berühmt berüchtigten Schmetterlinge im Bauch spüren. Aber irgendwie fühlte sich das, was sie gerade erlebte, nicht richtig an. Alles war so neu, so lebendig und sie zum ersten Mal mitten drin. Es machte ihr zwar ein bisschen Angst, aber gleichzeitig spürte sie wie sie dadurch erwachsener und mutiger wurde. Alice schrak aus ihren Gedanken, als es schellte und sie Al, Scorpius und Lorcan vor dem Klassenzimmer entdeckte.
 

„Wo warst du solange?“, begrüßte sie Molly, die schon im Klassenzimmer Platz genommen hatte. „Lange Geschichte“, sagte Alice. Molly zog eine Augenbraue hoch und grinste dann. „Du hast in letzter Zeit ganz schön viel zu tun, was du Supersucherin?“ „Stimmt, ich glaube demnächst muss ich mir wirklich einen Zeitplan machen.“ Molly lachte. „Na ja, solange noch etwas Zeit für deine Freunde bleibt- apropos…“ Molly sah unauffällig Al’s, Scorpius‘ und Lorcan’s Richtung. „Trainierst du immer noch mit Al?“, flüsterte Molly. „Klar“, sagte Alice, „der Trottel hat sich in den Kopf gesetzt, dass ich James und Lily schlage.“ „Ich wollte eigentlich auf etwas anderes hinaus-“ „Guten Morgen!“, unterbrach sie Professor Sheffield gut gelaunt.
 

Das Gerede verstummte und die Schüler sahen Professor Sheffield erwartungsvoll an. „Heute“, erklärte er, „werden wir uns mit dem Jahreszeitenzauber beschäftigen. Sie haben so gut mitgemacht, dass Sie eigentlich bereit dazu sein müssten. Der Spruch den Sie lernen werden, lautet: Concludere hora. Er ist sehr schwer und erfordert viel Konzentration. Kann mir jemand sagen, wo er seinen Ursprung hat und aus welchem anderen Zauber er hervorgegangen ist?“ Ein paar Hände schossen in die Höhe. Professor Sheffield fing Alice‘ Blick auf und lächelte. „Ja, Miss Longbottom?“ „Der Jahreszeitenzauber ist eine abgeänderte Variante des Zaubers, den man für die Erschaffung eines Zeitumkehrers benutzt. Nur ermöglicht der Jahreszeitenzauber im Gegensatz zu ihm die Zeit in einen Raum wie einem Glas einzuschließen und nicht in der Zeit zu reisen.“
 

„Ganz genau. Zehn Punkte für Hufflepuff. Wofür wird er heute verwendet? Ja, Mr Malfoy.“ „Früher war der Zauber so präzise, dass sogenannte Wettermagier mit dem Jahreszeitenzauber das Wetter und die klimatischen Veränderungen auf der ganzen Welt feststellen konnten. Das bewahrte die Zauberschaft oft vor schweren Naturkatastrophen und diente als eine Art Frühwarnsystem bei Unwettern. Heute ist kaum ein Zauberer oder eine Hexe in der Lage den Zauber so präzise auszuführen und so wird er meist nur noch als hübsches Geschenk gebraucht und ist ähnlich wie die Decke in der Großen Halle in der Lage das Wetter draußen wiederzuspiegeln.“ Professor Sheffield klatschte in die Hände und nickte Scorpius anerkennend zu. „Sehr gut, Mr Malfoy“, sagte er, „nehmen Sie ebenfalls zehn Punkte. Nun, der Unterrichtsplan sieht es nicht vor, dass wir uns so lange mit diesem Zauber beschäftigen, dass wir die Ergebnisse der Zauberer früher nachahmen können. Sie werden lediglich lernen ein solches Abbild dieses Zaubers, wie Mr Malfoy es korrekt beschrieben hat, herzustellen. Doch dafür… benötigen Sie eine gewisse Vorbereitung…“
 

Professor Sheffield schwang seinen Zauberstab und ließ eine kleine Schachtel auf sein Pult schweben, die sich im Nu selbst entpackte. „Kommen Sie näher!“, forderte er die Schüler auf und unter Stuhlrücken und Gedränge versammelten sie sich um den Tisch herum. Professor Sheffield nahm einen kleinen Gegenstand aus der Schachtel und hielt ihn gut sichtbar in die Höhe. Es war eine rotbraun glänzende Kastanie. „Der Jahreszeitenzauber“, sagte Professor Sheffield, „wurde von Wettermagiern der frühen Jahrhunderte in allerlei Formen angewendet. Der Zauber war so verfeinert worden, dass sie nur den Zauber zu sprechen brauchten und die Zeit in einer Kristallkugel, wie wir sie heute kennen, zu bannen. Somit hatten sie die Möglichkeit die projizierten Bilder, die der Zauber in der Kugel zeigte, zu deuten und für jede beliebige Landschaft der Erde herauf zu beschwören. Doch dieses Wissen ging im Laufe der Jahre verloren. Heute benötigen wir ein Medium, anhand dessen wir ablesen können. Dafür habe ich Ihnen Baumsamen mitgebracht.“ Er reichte die Kastanie herum und Alice beugte sich neugierig über die Schachtel. Da waren Eicheln, Kastanien, sogar eine Kokosnuss, Fichtenzapfen, Haselnüsse, Ahornsamen, Apfel- und Birkensamen und noch allerlei mehr. Kurz ein buntes Sortiment, dass Alice erahnen ließ, wofür sie die brauchten.
 

„Nun sehen Sie genau zu.“ Der Lehrer legte die Kastanie auf das Pult, tippte einmal mit seinem Zauberstab auf sie und sagte dann laut und deutlich: „Crescere Castigo !“ Und vor den verblüfften Augen der Schüler wuchs die Kastanie. Es bildete sich ein dünner Stamm, erste Blätter traten hervor, doch alles geschah im Miniaturformat. Ähnlich einem Bonsaibaum entstand ein vollständig ausgebildeter Baum, der jedoch nur einen Bruchteil seiner normalen Größe ausmachte.
 

„Oh“, hauchte Molly neben ihr, als man sogar noch winzige Kastanien erkennen konnte. „Wie schön“, murmelte auch Alice, als sie das kleine Wunder betrachtete. „Ich möchte, dass Sie sich nun einen Samen aussuchen. Mit diesem führen sie den Wachstumszauber aus, den ich Ihnen eben gezeigt habe und pflegen bis zur nächsten Stunde Ihren Baum. Beim nächsten Mal werde ich mit Ihnen den Jahreszeitenzauber üben. So sieht er aus.“ Der junge Lehrer hob abermals den Zauberstab, richtete ihn auf den Baum, führte eine komplizierte Bewegung mit dem Zauberstab aus und rief: „Concludere hora!“ Dann war es, als ob der Baum in Sekundenschnelle den Wandel eines ganzen Jahres durchleben würde. Zartgrüne Knospen wurden zu hübschen Blüten. Die verwandelten sich in winzige Kastanien, die ihrerseits auf das Pult kullerten. Die Blätter verfärbten sich in satte Rot-, Gelb- und Orangetöne und segelten dann langsam herab bis nur noch kahle Äste übrig blieben. Alice hatte kaum geblinzelt, da trug die Kastanie wieder zartgrüne Blätter. Professor Sheffield richtete den Zauberstab nun auf die Kristallkugel und begleitet von einem matten Lichtschein verschmolz der Baum mit dem Kristall, bis er sich in dessen Inneren befand und seine Blätter sich von einem unsichtbaren Wind sanft wiegten.
 

„So“, sagte Professor Sheffield, „so sieht der Zauber. Suchen Sie sich nun eine Baumsorte aus.“ Alice, die immer noch den Baum in der Kristallkugel betrachtet hatte, kam langsam wieder zu sich. Immer schon hatte sie diesen Zauber lernen wollen und nun, da sie ihn endlich zu Gesicht bekommen hatte, kannte ihre Begeisterung keine Grenzen mehr. Aber welche Baumart sollte sie sich auswählen? Sicher eine Birke hätte diesen schönen weißen Stamm, aber ein Kirschbaum wäre sicher ebenso schön. Oder doch lieber Ahorn?
 

„Ich nehm die hier!“, sagte jemand neben ihr. Als Alice aufsah, grinste Al ihr entgegen, der sich die Kokosnuss gesichert hatte. „Was?“, erwiderte er auf ihren fragenden Blick hin, „so kommt doch zumindest ein bisschen Urlaubstimmung auf.“ „Wenn du meinst“, sagte sie, „ich glaube… ich nehme… hm…“ „Überleg' nicht zu lange, sonst sind die besten weg. James hat gesagt, dass Sheffield das als Projekt sieht und die Note ziemlich viel Gewicht hat.“ „Hm…“, machte Alice erneut. „Nun komm schon, Alice“, drängte Al. „Na gut“, seufzte sie und griff nach einem Kirschkern, „nehm' ich eben den.“ „Passt zu dir“, kommentierte Al. Damit schnappte er sich die Kokosnuss und verschwand in Richtung Lorcan und Scorpius, die den Zauber schon eifrig probten. Für einen Moment schien alles wie in Zeitlupe zu verlaufen. In ihrer Hand spürte sie den kleinen Kirschkern. Doch in ihrem Kopf spielten sich immer und immer wieder Al’s Worte ab. Passt zu dir. Was wollte er ihr damit sagen, oder war das nur so dahin gesagt worden? Sie spürte wie ihr die Röte in den Kopf stieg. Warum? Warum wurde sie jetzt rot? Das war etwas völlig Alltägliches, nichts worüber man sich großartig Gedanken machen musste…
 

„Alice? Hallo?!“ Molly wedelte vor ihren Augen mit ihrer Hand herum. Alice blinzelte. „Also echt“, sagte Molly, „du träumst am helllichten Tag.“ Damit knuffte ihre Freundin sie in die Seite und hielt ihr einen Ahornsamen unter die Nase. „Du bist doch sonst so gut in Zauberkunst, kannst du mir vielleicht helfen?“ „Sicher“, sagte sie, „wenn ich das hinkriege…“ „Nur Mut, Miss Longbottom“, warf der gerade vorbei gehende Professor Sheffield ein und lächelte sie aufmunternd an. Und wieder wurde Alice auf unangenehme Art und Weise an ihr Missgeschick erinnert. Wie lange konnte sie das verheimlichen? Und wie lange schaffte sie überhaupt das mit ihrem Gewissen zu vereinbaren…
 

„Erde an Alice! Bist du noch da?“ „Uh… sorry Molly…“ „Wie auch immer“, winkte ihre Freundin ab, „zeig mal was du kannst.“ „Okay.“ Ein wenig nervös legte Alice ihren Kirschkern vor sich auf den Tisch. Dann richtete sie den Zauberstab auf ihn. Atmete tief ein. Crescere Castigo. Es war ganz leicht. Molly beobachtete sie abwartend. Sie konnte das schaffen. Natürlich konnte sie das. „Crescere Castigo.“, sagte sie laut und deutlich. Zuerst geschah nichts, dann sah es kurz so aus, als würde die Luft um den Kirschkern flimmern. Im nächsten Moment wuchs aus ihm ein schlanker Stiel, der immer größer wurde, Blätter und wunderhübsche Kirschblüten entwickelte. Der zarte Stiel wurde zur Rinde, die winzigen Äste verdichteten sich zu einer Krone. Ein Kirschbaum im Miniaturformat. Ein kleines Wunder.
 

„Wow“, hauchte Molly, „dieser Zauber ist wirklich wunderschön.“ „Ja“, gab Alice ihr recht und berührte fast liebevoll den kleinen Baum, der kaum größer als ihre Hand war. Doch je länger sie ihn ansah, desto mehr kam ihr das Bild eines anderen Baumes in den Sinn. Eines Baumes in einer Kristallkugel, die im Sonnenlicht eines vergangenen Tages matt glänzte. Jenes Tages, der mit einem Mal ihr Leben umgekrempelt hatte, der dafür gesorgt hatte, dass sie über sich hinaus wuchs und das Leben aus vollen Zügen genießen lernte.
 

Es schellte.
 

„Kommt schon, Leute!“, hörte sie Lorcan rufen, „ich habe einen Riesenhunger.“ Jemand lachte und Alice starrte immer noch auf den Baum, während ihre Mitschüler schon zusammen packten. Molly hob ihren Kirschbaum in einen Umtopf, bevor sie bei ihrem Ahorn, bei dem sie ebenfalls den Wachstumszauber angewandt hatte, dasselbe tat. Molly seufzte. „Pause“, sagte sie geplättet, „ich bin wirklich froh, dass wir heute nicht auch noch Pflege magischer Geschöpfe haben. Nichts gegen Hagrid, aber der Unterricht ist ganz schön anstrengend.“ „Hm.“ „Alice? Also irgendwie bist du heute komisch, du hast dich seit Wochen so auf diesen Zauber gefreut und jetzt bist du auf einmal wie weggetreten.“ Alice schreckte auf. „Tut mir Leid.“ „Ach was“, winkte Molly ab, „aber ich mache mir schon ein bisschen Sorgen, nicht dass du dir mit dem Quidditch mehr Stress machst als nötig.“
 

„Das ist es nicht.“, sagte Alice, „es ist nur…“ Sie verstummte. Es ist nur, dass ich Professor Sheffields Vertrauen missbrauche, wo er doch immer an mich geglaubt hat, und ich zu feige bin, die Wahrheit zu sagen. Aber das konnte sie Molly nicht erzählen. „Ist schon okay“, riss Molly sie aus den Gedanken, „ich bin ganz schön neugierig, ich weiß.“ „Oh“, sagte sie nur. „Wie auch immer, wollen wir los zum Mittagessen? Ich wette Rosie zieht den Gulasch Scorpius vor, wenn sie davon Wind bekommt.“ Alice sah ihre Freundin an, die sie so offen anlächelte. Dann ließ sie ihren Blick durch das leere Klassenzimmer wandern. Sie waren die letzten. Sämtliche Tische waren ordentlich hinterlassen worden und im hinteren Teil des Raumes räumte Professor Sheffield gerade ein paar Unterrichtsmaterialien weg.
 

Feige. So heiß wie Feuer brannte sich das Wort in ihr Herz. So war sie immer gewesen, hatte sich zu wenig zugetraut. Aber galt das überhaupt noch für die neue Alice? Die Alice, die mit Al den besten Streich plante, den Hogwarts seit einer Ewigkeit gesehen hatte. Die Alice, die ihre Angst überwunden hatte, nur damit Al ihr verzieh und die, die alles gab um zu beweisen, dass sie nicht so war, wie viele geglaubt hatten? Nein. Sie war nicht feige. Nicht mehr. Und sie hatte genug Mumm, um zu ihren Fehlern zu stehen.
 

„Geh‘ du schon mal vor“, sagte Alice zu Molly, „ich muss noch etwas erledigen.“
 


 

~ ♣ ~
 

Alice schloss die Tür des Klassenzimmers und atmete dann tief durch. Sie würde wohl zu spät zum Mittagessen kommen, doch trotzdem war es das Richtige gewesen. Endlich hatte sie den Mut gefunden zu ihren Fehlern zu stehen.
 

„Was hat das solange gedauert?“ Alice zuckte zu Tode erschrocken zusammen. Al lehnte lässig an der Wand, hatte seine Schultasche geschultert und sah sie erwartungsvoll an. „Ich…“, stotterte sie und wusste beim besten Willen nicht, was sie sagen sollte. Wusste er, dass sie Sheffield soeben alles gebeichtet hatte?! „Nun mach‘ schon, Alice, ich habe nicht ewig Zeit und ich könnte einen ganzen Hippogreif verspeisen.“
 

„Warte doch mal!“, rief Alice hinter ihm her, nachdem sich Al schon umgedreht hatte, „warum hast du eigentlich gewartet?“ „Ach das“, winkte Al ab, „ich wollte dir nur sagen, dass du Samstag mit mir nach Hogsmeade kommen musst. Lorcan will sich da mit seinem Bruder und seinen Eltern treffen, Scorp hat ein Date mit Rose und ich kann ohne einen Vertrauensschüler nicht mit.“ „Wieso das denn?“, wollte sie wissen. Al wurde leicht rosa um die Nase und murmelte etwas Unverständliches. „Was?“, hakte Alice nach. „Verdammt, das hat mir Cole aufgebrummt, nachdem Fred, Lorcan und ich diesen Korridor unter Wasser gesetzt haben. Du weißt schon, das Nachsitzen.“ Er strich sich verlegen die Haare aus der Stirn. „Oh“, machte Alice. „Also kommst du mit“, bestimmte Al gut gelaunt und grinste sie an, „vergiss nicht, ich habe dich in der Hand, Miss Longbottom.“ Alice Herz machte einen Hüpfer. Nein, das hast du nicht. Er konnte sie nicht mehr erpressen, denn soeben hatte sie Professor Sheffield sämtliche Missetaten gebeichtet. Und selbst Al würde nicht so kleinlich sein, sie wieder zu ignorieren, nachdem sie sich gerade versöhnt hatten, oder?
 

„Alice?“ „Was? Ja.-“„Oh, prima! Dann hol ich dich um fünf bei eurem Gemeinschaftsraum ab. Und jetzt habe ich Hunger!“ Ohne, dass Alice auch nur Luftholen konnte, hatte Al die Türen zur Großen Halle aufgestoßen (wie waren sie so schnell dorthin gekommen?) und Richtung Slytherintisch davon gestürmt. Hogsmeade. Eigentlich hatte sie vorgehabt mit Molly schon mal Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Warum hatte sie Al zugesagt? Warum hatte sie nicht abgelehnt? Jetzt, wo er sie endlich nicht mehr erpressen konnte…
 

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„Super, Alice!“, brüllte Camilla über das Quidditchfeld, nachdem Alice in einem spektakulären Sturzflug den Schnatz gefangen hatte. Alice grinste stolz und ließ den Schnatz dann wieder frei, um erneut üben zu können. Das Match gegen Gryffindor rückte immer näher und wenn Phelps auch noch so beleidigt war, Lily war eine brillante Sucherin und James so besessen davon, das Spiel zu gewinnen, dass er selbst im Schlaf, wie Al berichtet hatte, Strategien vor sich hin murmelte. Aber sie hatten Ravenclaw geschlagen und sie waren super in Form. Außerdem hatte sie der historische Sieg im letzten Spiel eisern zusammen geschweißt. Alice wusste einfach, dass sie gewinnen konnten.
 

„Genug für heute!“, rief Camilla noch einer weiteren halben Stunde. Erleichtert landete Alice auf dem Feld. Die sportliche Betätigung verlangte ihr wirklich einiges ab. Dazu kamen Vertrauensschülertätigkeiten und eine Unmenge an Hausarbeiten. Vielleicht hatte Molly doch recht und sie hatte sich wirklich ein bisschen viel Stress zugemutet. Andererseits stellte das Quidditch auch einen wunderwaren Ausgleich zum Schulalltag dar. „Hey, Alice!“ Sie sah auf und sah Al und Scorpius auf der Tribüne sitzen und ihr zuwinken. Spionierten die oder brauchten sie bloß einen Ort, wo sie ungestört ihren nächsten Streich planen konnten?
 

Mit einem leichten Ruck landete Camilla neben ihr und es dauerte nicht lange, da hatte sich auch das restliche Team zu einer kurzen Besprechung, wie sie sie immer nach dem Training abhielten, bei ihnen eingefunden. „Also“, begann die Kapitänin, „Dylan wir müssen nächstes Mal noch an unserem Doppelpass üben. Wenn wir es schaffen, die Klatscher gezielt hin und her zu spielen, hauen wir sogar James Potter damit von seinem Besen.“ „Ja, Chef!“, rief Dylan und salutierte. Camilla fuhr unbeirrt fort: „Charlie, du hast einen leichten Linksdrall zum äußeren Ring, aber sonst warst du super. Alice, ich muss dir nicht sagen, dass du immer besser wirst, aber sieh zu, dass du noch ein klein wenig aggressiver wirst.“ Sie nickte und nahm sich vor, beim nächsten Mal mit noch mehr Motivation zu trainieren.
 

„Alex, Nathaniel-“ „Sag‘ nichts, Chef, wir wissen beide, dass wir nach Hogwarts sofort in die englische Nationalmannschaft wechseln können, oder Nathaniel?“, rief Alex dazwischen „Klar“, gluckste Nathaniel. „Jungs!“, ermahnte Camilla genervt. „Okay, schon kapiert“, sagte Alex seufzend, „mach du nur unseren Traum zunichte, Brooks.“ „Chloe, du bist gut, aber ihr beiden- glaubt ihr wirklich, mit der Leistung könnt ihr gegen einen James Potter und dessen Team bestehen?“ „Bitte?“, empörte sich Alex. „Noch ein bisschen Training und dann wird das, Jungs“, sagte Camilla, „aber wir müssen echt noch was tun. Wir müssen noch viel, viel besser werden.“ Ein Glitzern trat in ihre Augen, bei dem Alice mit Chloe einen amüsierten Blick tauschte. „Ja, Chef!“, riefen Dylan, Alex und Nathaniel im Chor, was Alice und Chloe dazu brachte, laut los zu kichern, und bei dem Charlie die Augen verdrehte. „Das Training ist damit beendet!“, verkündete Camilla, die ein wenig rosa um die Nase geworden war und sich peinlich berührt in Richtung Umkleide aufmachte.
 

Dylan, Chloe, Charlie und Alex folgten ihr, wobei Alex sich einen Spaß daraus machte, Dylan die Haare zu verwuscheln. Gerade wollte Alice ihnen folgen, als Nathaniel, der zurück geblieben war, um mit ihr die Ballkiste wegzuräumen, sie ansprach: „Alice? Hast du vielleicht einen Moment Zeit?“ Überrascht hielt sie inne und sah ihren Teamkollegen abwartend an. Eigentlich war sie ziemlich müde und wollte nur noch nach dem anstrengenden Tag schlafen gehen, aber sie war noch nie gut darin gewesen, jemanden einen Gefallen abzuschlagen. „Klar“, erwiderte sie, „was gibt’s denn?“ „Nun ja…“, begann Nathaniel, der nun gar nicht mehr so selbstsicher wirkte wie zuvor, „diesen Samstag ist doch das Hogsmeadewochenende…“
 

Alice wurde knallrot. Das… das passierte doch nicht wirklich, oder? „-und ich wollte dich fragen, ob du nicht vielleicht mit mir da hingehen möchtest.“ „Wa-was?“, stotterte Alice, „als… als ein Date?“ „Ja“, sagte Nathaniel, „du bist wirklich nett und eine gute Quidditchspielerin und… äh ziemlich hübsch.“ Er wiegte den Quaffel, den er in den Händen hielt, nervös hin und her. Wenn es möglich war, dann hatte ihr Gesicht bei diesen Worten noch mehr zu glühen begonnen. Das… das war … „Also?“, fragte Nathaniel. Er sah sie hoffnungsvoll an, was ihr die Situation noch unangenehmer machte.
 

Sollte sie vielleicht wirklich annehmen? Nathaniel war ein netter Kerl, er hatte schöne haselnussbraune Augen, war recht groß, beliebt und es würde bestimmt nicht langweilig werden. Was sprach schon gegen eine Verabredung? Nathaniel schien wirklich ernsthaft interessiert zu sein und sie konnte nicht leugnen, dass sie ihn gut leiden konnte, aber… Ich wollte dir nur sagen, dass du Samstag mit mir nach Hogsmeade kommen musst. ‚Al!‘ , fiel es ihr siedend heiß wieder ein. Sie… sie hatte versprochen, mit ihm nach Hogsmeade zu gehen, damit er nicht da bleiben musste… Sie konnte ihren Kindheitsfreund nicht einfach so auflaufen lassen, wenn sie doch schon zugesagt hatte! Alice schluckte und wappnete sich dann für die nächste schwere Aufgabe, die sie zu bewältigen hatte.
 

„Ähm…ich… ich fühle mich wirklich geehrt, Nathaniel, das … das hat noch niemand zu mir gesagt, aber… ich habe schon einem Freund versprochen mit ihm da hinzugehen. Tut mit wirklich Leid.“ „Oh“, machte Nathaniel, „okay…“ „Nathaniel, das tut mir wirklich Leid!“ „Ist schon in Ordnung, Alice“, beschwichtigte sie Nathaniel. „Ich bin ein Mann, ich muss auch mal mit einem Korb umgehen können“, grinste er. „Auch, wenn es wirklich schade ist“, fügte er dann hinzu, „du verpasst was.“ „Ähm…“ „Nur so aus Interesse“, fragte Nathaniel, „mit wem gehst du nach Hogsmeade?“ „Was? Warum willst du das wissen?“ Nathaniel hob die Ballkiste hoch und machte sich mit Alice, die ihn misstrauisch beäugte, auf den Weg in Richtung Abstellkammer, wo alle Quidditchutensilien gelagert wurden. „Ach na ja…“, erklärte Nathaniel, der seine liebe Mühe damit hatte, seine Last zu tragen, „ich würd‘ einfach nur gern wissen, wer schneller war und mich ausgestochen hat.“ Abermals wurde Alice puterrot und schielte mit klopfendem Herzen zur Tribüne, wo sie Al vorhin gesehen hatte. „Na?“, riss ihr Teamkollege sie aus den Gedanken. Er sah sie erwartungsvoll an und sie fühlte sich fast so, als könne er ihre Gedanken lesen und dabei wusste sie selbst nicht, was manche davon bedeuteten…
 

„Al… Albus Potter“, flüsterte Alice und Nathaniel ließ vor Überraschung die Kiste fallen. „Was? Du gehst mit Potter? Kein Wunder, dass ich keine Chance habe!“ „Nein, so ist es nicht!“, rief Alice, die erkannte, dass Nathaniels Wortbedeutung von ‚miteinander gehen‘ sich ganz extrem von der Wirklichkeit ‚miteinander hin gehen‘ unterschied. „Willst du mir erzählen, Potter fragt einfach nur so, ob du ihn begleitest?-“ „Eigentlich hat er nicht gefragt“, murmelte Alice. „-Ich sag‘ dir mal was, Alice, kein Kerl fragt einfach nur so, ob ein Mädchen mit ihm ins Dorf geht. Wenn du schon mit ihm gehst, dann ist das ein Date und da kannst mir mit wer weiß wie vielen Erklärungen kommen.“ „Aber-“ „Ich wünsch dir dann viel Spaß!“, rief er, schulterte die Kiste und machte sich feixend auf, sie zu verstauen. Alice starrte ihm nach.
 

Hatte Nathaniel recht? Hatte sie wirklich und wahrhaftig ein Date mit dem Jungen, den sie schon seit Kindheitsbeinen kannte? Al Potter, der Segen und Fluch zugleich war? Und wieso hatte er sie dann nicht direkt gefragt und ihr stattdessen einfach so eröffnet, dass sie mitzukommen hatte? Warum hatte er sie mit der Erpressung überzeugen wollen? War er nicht sogar rot geworden? Alice spürte wie ihr Herz anfing, heftig gegen ihren Brustkorb zu klopfen. War es… war es möglich, dass diese ganze Erpressungsgeschichte einen ganz anderen Grund hatte, als ihre Hilfe bei Hausaufgaben, Gefälligkeiten und irgendwelchen Streichen? War es möglich, dass… Nein, das konnte nicht sein… Verwirrt und innerlich komplett aufgelöst, blickte Alice zur Tribüne, doch Albus war verschwunden.
 

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„Du hast doch überhaupt keine Ahnung!“ Die Stimme war aufgebracht, zornig und hallte wütend von den Wänden wider. „Beruhige dich, Mann!“ Eine zweite Stimme. Beherrscht. „Wie soll ich mich bitteschön beruhigen, wenn dieser… dieser Mistkerl… sie … einfach …“ Der erste Sprecher wurde mit jeder Silbe immer leiser. „Du weißt doch gar nicht, worüber sie geredet haben?!“ „Es reicht mir, wenn ich es sehe!“ „Du machst einen Fehler! Sie hat doch abgelehnt!“ „Ja, sie hat abgelehnt, aber sie hat gesagt, dass es ihr Leid tut. Was, wenn ich ihr diese Chance genommen habe? Mir hätte sie gar nicht absagen können, aber Bradley… verdammt sie wäre gerne mit ihm nach Hogsmeade gegangen!“ Stille. „Es… es hat einfach keinen Sinn… sie bemerkt mich einfach nicht… ich versuche alles, aber sie bemerkt mich nicht.“ „Bist du dir da sicher?“ „Wie könnte ich zweifeln, wenn sie mich nur als Freund behandelt und nichts weiter?“ Der zweite Sprecher schien eine Sekunde sprachlos. Doch dann brach die Wut aus ihm hervor. Seine Stimme nahm einen harten Klang an und hatte plötzlich eine gewisse Verachtung. „Hör‘ dich doch nur mal selbst reden! So spricht nicht mein bester Freund, sondern eine Memme, die zu feige ist, zu kämpfen!“ Stille. Dann: „Vielleicht bin ich das. Vielleicht bin ich nicht mehr als ein Loser, der es nicht zustande bringt, dem Mädchen, das er mag, zu sagen, dass er sich in sie verliebt hat.“ Erneute Stille, in dem sich die beiden Sprecher zu beäugen schien und abwarteten, wer zuerst etwas sagte. Der erste ungeduldig, der zweite nachdenklich. Ein Seufzen. Und schließlich das Geräusch von sich entfernenden Schritten. Doch die Stimme schallte durch den ganzen Gang. „Du hast recht. Das wirst du werden, wenn du mit dieser Farce weitermachst. Es liegt ganz an dir.“ Nach einer ganzen Weile folgte der erste Sprecher seinem Freund. Zurück blieb nur der leere Gang und Alice Longbottom, die mit klopfendem Herzen an der Wand herunter rutschte, und jedes Wort gehört hatte. Was auch immer das bedeuten sollte.
 

~ ♣ ~
 

Hallihallo :) Lang ist's her, aber ich bringe das hier zu ende. Es macht unheimlichen Spaß und der siebte und damit letzte Teil geht mir auch recht gut von der Hand. Bedanken muss ich mich diesmal bei Dahlie, die mir mit der Erklärung, dass Al Alice die Ausrede erzählt, dass er nur mit einem Vertrauensschüler nach Hogsmeade darf, geholfen hat. Danke, liebe Dahlie :D

Ein weiteres Dankeschön wie immer an AyaPaya fürs Korrigieren, du bist echt super :)
 

Nun, diesmal ist ja unheimlich viel passiert. Die Liebeserklärung (wie fandet ihr die Blumensprache? - ich habe recherchiert XDD), das Quidditchspiel (na???), das Besäufnis (meine absolute Lieblingsstelle XDD), der Jahreszeitenzauber (da hatte ich meine kreative Phase XDD) und Albus' und Alice Scheindate... Aber das kommt erst im nächsten und letzten Teil, daher will ich noch nichts verraten ^^ Aber auf eure Vermutungen wie alles zusammen hängt (jetzt kann man es ja erahnen), bin ich dann doch gespannt.
 

Nur zur Erläuterung:
 

Verwendete Zauber & Flüche:
 

●'Crescere Castigo' - Wachstumszauber, der das Wachstum minimiert und eingrenzt (lat. crescere = wachsen, castigo = einschränken)

●'Concludere hora'- Jahreszeitenzauber, der die Zeit in einer Kristallkugel einschließt (lat. concludere = einschließen, hora = Jahreszeit)
 

So, ich hoffe, ich habe euch Vorfreude auf den letzten Teil gemacht und freue mich über alle Kommentare und Favoritenlisteneinträge.
 

Alles Liebe

moony

Teil 7: Something that I want


 

Teil 7: Something that I want
 

~ ♦ ~
 

Frustriert pfefferte Alice ihr Verwandlungsbuch in die Ecke. Molly, die die Füße hoch gelegt hatte, sah überrascht auf. „Was hast du denn, Alice?“, fragte Rose, die an ihr Bett gelehnt auf dem Boden saß und in einem Buch über Quidditch blätterte. „Ich habe keine Lust mehr zu lernen“, beschwerte sie sich, „den ganzen Tag diesen Trott, kennen die denn alle kein Erbarmen?“ „Ach was“, winkte Rose ab, „das kannst du auch noch übermorgen machen. Wir haben Wochenende. Entspann dich!“ „Du hast leicht reden“, grummelte Alice, „du brauchst fast gar nicht lernen, bist trotzdem gut in der Schule und gehst morgen mit Scorpius auf ein Date.“ „Ach, mach dir nichts draus, Alice, morgen machen wir uns einen richtig schönen Mädelstag“, grinste Molly, „ich muss Lucy unbedingt noch ein Geschenk besorgen und für Dad habe ich diese fürchterlich langweilige Krawatte gesehen, die er neulich so begeistert im Katalog von Madam Malkins gesehen hat. Die haben in Hogsmeade jetzt eine Zweigstelle.“
 

Oh, Gott! Molly… Das hatte sie ja völlig vergessen. Es war so viel passiert gestern Abend und die halbe Nacht hatte sie wach gelegen und über Nathaniel gegrübelt und über das belauschte Gespräch und über Al. Kein Gedanke an das Hogsmeadeshopping mit Molly. „Ähm…“, begann Alice peinlich berührt und wünschte sich insgeheim genauso gelassen zu sein wie Scorpius oder Frankie oder… ach verflucht! Das verdankte sie schon wieder nur Al!!! „Was ‚ähm‘?“, warf Rose ein. „Ähm“, machte Alice noch mal, „ich kann morgen nicht.“ Zwei Augenpaare richteten sich überrascht auf sie. Es kam so gut wie nie vor, dass sie eine Verabredung in letzter Sekunde absagte.
 

„Äh… ich bin verabredet.“ „Verabredet“, wiederholte Molly langsam. „Ein Date?!“, quietschte Rose. Augenblicklich wurde Alice puterrot. „Nein! Ihr versteht das völlig falsch, das ist kein Date! Nur eine Verabredung!“ „Aber ist eine Verabredung nicht ein Date, wenn es mit einem Jungen ist?“, fragte Molly, „du bist doch mit einem Jungen verabredet, oder?“ „Na ja…“, druckste sie herum… „irgendwie schon. Aber es ist kein Date!“ Rose tauschte einen Blick mit Molly. Beide saßen plötzlich aufrecht und hatten so ein fieses Grinsen im Gesicht…
 

„Alice-Schätzchen“, flötete Rose, „hast du uns nicht was zu sagen?“ „Wer ist es?“, fragte auch Molly und sah sie träumerisch an. „Es ist… es ist…“ Sie konnte das doch nicht sagen… Al war Rose‘ und Mollys Cousin und es war ja kein Date… nur ein einfacher Freundschaftsdienst? Da konnte Nathaniel noch tausendmal behaupten, dass es das nicht war. Al war ein Schlitzohr. Ein verfluchter Unruhestifter, der sie schon mehr als einmal dazu gebracht hatte, die Nerven zu verlieren. Und das fing nicht erst damit an, dass er sie hinterhältig erpresste, eine ganz andere Seite aus ihr heraus kitzelte und sie nach seiner Pfeife tanzen ließ! Wieso also – wieso… machte ihr die Aussicht auf … ein Date, wenn es denn eins wäre, gar nicht mehr so viel aus? Dreimal verfluchter Potter!
 

„Es ist Al, oder?“ Alice fühlte sich, als hätte man sie in eiskaltes Wasser gestoßen. Entsetzt starrte sie ihre beste Freundin an. Warum wusste Rose das denn schon wieder? „Sieh mich nicht so an, als wäre ich ein Muggel, der dich als Hexe entlarvt hat“, entrüstete sich Rose und verschränkte die Arme, „das sieht doch ein Blinder mit einem Krückstock, was da zwischen euch abgeht.“ „Aber-“, stotterte Alice. „Wirklich?“, fragte Molly, „du und Al?“ „Ich tue ihm doch bloß einen Gefallen und-“
 

„Papperlapapp. Das ist ein Date, da kannst du mir sonst was erzählen – und einen guten Fang hast du auch gemacht, Alice-Schätzchen. Wenn man mal von diesen bekloppten Streichen absieht ist Al wirklich heiß.“ „Albus ist dein Cousin, Rosie!“, rief Alice entsetzt. Rose verdrehte die Augen. „Also wirklich. Ich habe Malfoy und muss ich dich daran erinnern, dass die meisten meiner Cousins nicht gerade ein schlechter Fang sind? Guck dir Teddy an! Auror, gutaussehend, erfolgreich. Kein Wunder, dass Victoire da nicht widerstehen konnte.“ Das brachte sogar Alice zum Schweigen, doch zu ihrem Entsetzen hatte Rose gleich die nächste Idee.
 

„Und du musst einfach super aussehen, Alice, ähm… du solltest dich vielleicht etwas schicker machen als sonst. Ich habe noch irgendwo so eine süße Bluse liegen.“ „Und du musst Al bezahlen lassen“, gab auch Molly ihren Senf dazu. Wieso steigerte Molly sich da so plötzlich rein? Rose warf ihrer Cousine einen dankbaren Blick zu. „Ganz genau“, pflichtete sie ihr bei. „Lass dich von ihm bloß nicht um den Finger wickeln, du musst ihn zappeln lassen…“ Hatte sie sich so Scorpius geangelt? „Ich-“ „Schau mal“, sagte Molly plötzlich und kramte in ihrem Schrank herum, „ist der nicht süß?“ Sie hielt einen hübschen knielangen rostroten Rock hoch. Alice konnte beim besten Willen nicht verleugnen, dass der ihr vielleicht gut stehen würde.
 

„Wo hast du den denn her?“, fragte Rose, „hat Onkel Percy da keine Einwände?“ „Uh…“, machte Molly, „Mum… sag Dad bloß nicht, dass Lucy und ich solche Sachen von Mum beim Einkaufen spendiert bekommen…“ Rose nickte begeistert und drückte Alice den Rock in die Hand, damit sie ihn anprobieren konnte.
 

Widerwillig zog Alice ihre normalen Sachen aus, schlüpfte in den Rock und betrachtete sich im Schrankspiegel, während Rose und Molly sich im Hintergrund begeistert an ihren Klamotten zu schaffen machten. Eine Bluse und ein ebenso rostroter Pulli wie der Rock flogen an ihr vorbei. Nur mit Mühe, fischte Alice die Bluse aus der Luft und hob den Pulli auf. „Wir müssen sie noch schminken“, erklärte Rose gerade, als Alice sich die Bluse im hübschen Blümchenmuster überstreifte. „Und schau mal“, quasselte Molly weiter, „hast du schon diese Mütze und den Schal gesehen? Alice, warum hast du das nie an?“ „Ich habe noch Stiefel, die dazu passen“, erklärte auch Rose mit glitzernden Augen. Oh Gott… worauf hatte sie sich da nur eingelassen?
 

~ ♦ ~
 

Nervös blickte Alice auf die Uhr. Noch fünf Minuten. Al war doch nicht etwa einer von den Kerlen, die immer zu spät kamen, oder? Ach, das gab es ja nur bei Frauen. Argh! Und er war trotzdem fast zu spät! Auch, wenn das kein Date war. Alice blickte an sich herunter… Rose und Molly hatten wirklich ganze Arbeit geleistet. Sie trug den rostroten Rock, die Blümchenbluse, den zum Rock passenden Pulli, Rose‘ glänzende kastanienbraune Lederstiefel und einen hübschen Mantel mit einem braunem Herbstschal, Mütze und Handschuhen. Molly hatte sie leicht geschminkt und ihre hellbraunen Haare in leichten Wellen frisiert. Sie… sah gar nicht so schlecht aus. Und sie fühlte sich auch ganz anders. Gut. Hübsch. Selbstsicher.
 

Man hatte ihr mehr als einen merkwürdigen Blick zugeworfen, aber die waren nicht mehr überrascht, sondern beinahe bewundernd gewesen. Wenn doch nur Al endlich auftauchte und sie nicht mehr so auf dem Präsentierteller stand! Rose und Molly, die gemeinen Verräterinnen, hatten sich nämlich wohlweißlich aus dem Staub gemacht um… ihr ihre Privatsphäre zu gönnen. Wetten die hockten hinter irgendeiner Säule und spionierten heimlich?
 

„Da bist du ja.“ Alice sackte das Herz in die Hose. Da stand er. Lässig die Hände in den Taschen seiner Hose, ein einfaches grünes Hemd tragend, das ihm leider vorzüglich stand, mit verwuschelten Haaren und einen leicht verlegenen Ausdruck im Gesicht. Sie schielte auf die Uhr. Punkt fünf! Verdammt! Jetzt wünschte sie sich beinahe, dass er sich noch etwas Zeit gelassen hätte! „Hi!“, piepste Alice merkwürdig hoch. „Ähm… du siehst gut aus.“ Alice wurde rot wie eine Tomate und plötzlich wurde ihr bewusst, dass vorbeigehende Schüler sie sehr interessiert musterten. Ein Wispern setzte ein… Die Gerüchteküche musste brodeln und sie wagte gar nicht sich vorzustellen, was morgen geredet werden würde. Sie und Al Potter…
 

„Gehen wir?“, riss Al sie aus ihren Gedanken, „ich muss unbedingt noch zu Onkel George und viel Zeit haben wir nicht zu verschwenden, oder?“ „Ähm.“ „Na dann“, grinste Al, „los geht’s!“ Und damit packte er sie am Handgelenk und bahnte sich mit ihr einen Weg durch die Schülermassen. Als sie endlich am Haupteingang ankamen, waren die meisten Schüler schon aufgebrochen und so mussten sie nicht lange warten, ehe ein leicht mürrisch wirkender Hausmeister Watson sie auf der Liste abhakte.
 

Es war ein typischer Herbsttag. Die Luft war kalt und Alice war froh, dass sie ihren Schal mitgenommen hatte. Al schien das alles nichts auszumachen. Oder er war kälteunempfindlich. Vermutlich von dem regelmäßigen Quidditchtraining zu jedem Wetter. Bei ihrem Weg ins Dorf, musste Alice ihm fairerweise zugestehen, dass er den größten Teil der Unterhaltung übernahm. Sie erfuhr von einem Interview seiner Mum, bei dem diese ihm ein Autogramm eines Starspielers der Chudley Cannons besorgt hatte. Al erzählte, dass sein Dad Schlagzeilen gemacht hatte, indem die Leserinnen der Hexenwoche ihn bei einer Umfrage (sehr zum Ärger seiner Mutter) auf Platz fünf zum ‚Sexiest Wizard of Britain‘ gewählt hatten. „Du hättest Dad’s Gesicht sehen sollen, als Mum ihm das Magazin unter die Nase gehalten hat!“, lachte Al, „ich dachte, der wird gleich ohnmächtig. Hat irgendwas davon gemurmelt, dass er es lieber noch mal mit Voldemort aufnehmen würde, anstatt irgendwelchen Reportern diesbezüglich zu begegnen.“
 

Dann kamen sie endlich im Dorf an. Die Läden waren geöffnet und warben mit bunten Werbeplakaten um die Kundschaft, die an diesem Tag fast ausschließlich aus Hogwartsschülern bestand.
 

„Und wohin gehen wir jetzt?“, fragte Alice, als sie beide unschlüssig stehen blieben. Al zuckte mit den Schultern. „Onkel George, schätze ich und dann können wir ja mal dahin gehen, wo du hin willst.“ Alice sah überrascht auf. Sie hätte eigentlich gedacht, dass Al sich bereits eine Route zurecht gelegt hatte, die er unbedingt abklappern würde. Nicht, dass er sie berücksichtigen würde und ihr eine Wahl ließ. „Ich… ich wollte gern in diesen neuen Buchladen. Sie haben da ein neues Buch über Zauberkunst rausgebracht.“, erklärte Alice. „Okay“, sagte Al. Okay? Albus Potter freiwillig in einer Buchhandlung? War er krank? Sie musste lachen und nun sah Al sie so an, als ob sie verrückt geworden war. „Alice?“ „E-es ist n-nur, d-dass du … B-buchhandlung“, prustete sie. „Ach.” Er zog eine Augenbraue hoch. „Ist das abwegiger als du als neue Quidditchhoffnung?“, fragte Al beleidigt. Alice verschluckte sich und hustete, ehe sie zur Ruhe kam und wieder vernünftig antworten konnte.
 

„‘Tschuldigung“, japste sie, „es kam einfach über mich.“ „Das sehe ich“, grinste Al, „aber du weißt schon, dass ich mir diese ganze Sache noch mal überlegen könnte?“ Er verschränkte gespielt theatralisch die Arme und konnte sein Grinsen doch nicht ganz verbergen. Alice lächelte und spielte das Spiel mit. „Aber Al! Das kannst du doch nicht machen! Jetzt habe ich mich so gefreut. Ein echter Mann steht immer zu seinem Wort!“ „Seinem Wort!“, rief Albus entrüstet, „ich kann mich nicht erinnern, dir irgendwas versprochen zu haben.“
 

„Was hast du ihr versprochen, Albus?“ Alice und Albus, die beide völlig vertieft in ihre Unterhaltung waren, hatten gar nicht gemerkt, dass ihre Füße sie beinahe automatisch zur Niederlassung von ‚Weasley’s Zauberhaften Zauberscherze‘ getragen hatten. Vor ihnen stand niemand anderes als Inhaber George Weasley höchst selbst und der grinste von einem Ohr zum anderen. „Hallo, Onkel George“, begrüßte Albus seinen Onkel. George Weasley warf Albus einen schelmischen Blick zu. „Ich habe mir schon gedacht, dass du heute noch mal vorbei kommst, Al. Aber gleich in Begleitung?“ „Alice begleitet mich, weil ich nur mit einem Vertrauensschüler nach Hogsmeade darf“, erklärte Albus. „Oh?“ Mit einem Mal, wirkte George Weasley mehr als interessiert. „Was hast du angestellt? Du musst mir alles erzählen. Wir haben da ein paar neue Produkte entwickelt, die musst du sehen! Hat Fred dir das-“ „Aber Mr Weasley“, warf Alice ein, „Albus durfte doch nur deswegen nicht allein nach Hogsmeade, weil er etwas angestellt hat. Wäre es nicht ein bisschen unmoralisch bei der erstbesten Gelegenheit sofort neue Streiche zu planen?“ Albus tauschte einen Blick mit seinem Onkel. Dann sahen sie beide Alice an, die sich nun merkwürdig klein fühlte.
 

Dann grinste Albus verschmitzt und sagte: „Du musst gerade reden, Alice, wer hat Phelps denn diesen Fluch auf den Hals geschickt? Flagrate voluntatis? Wo zum Teufel hattest du den her?“ „Flagrate voluntatis?“, fragte George Weasley interessiert, „was-“ „Kannst du mir das beweisen, Mr-ich-habe-einen-Tarnumhang-und-niemand-erwischt-mich-je-bei-meinen-Streichen?“ Al klappte der Mund auf. George Weasley brach in schallendes Gelächter aus. „Da hat sie es dir aber gegeben, was Al? Ich muss schon sagen, sie gefällt mir. Wollt ihr vielleicht noch ne‘ Tasse Tee?“ „Vielen Dank, Onkel George!“, sagte Albus, „aber, wir schauen uns nur um.“ George Weasley zuckte mit den Schultern und meinte dann: „Schade. Na dann vielleicht ein andermal.“ Er zwinkerte und verschwand wieder in der Menge. Alice starrte ihm nach und warf Al einen fragenden Blick zu, der ihr hinter vorgehaltener Hand mit gesenkter Stimme erklärte: „Rühr' bloß nichts an, was Onkel George vorher hatte, ich erinnere mich noch genau daran, als er James mal einen Liebestrank angedreht hat. Ich sag dir es war grauenvoll – jedenfalls für James...“ „Okay“, stimmte Alice kleinlaut zu. „Aber genug davon. Warst du schon mal hier? Wir müssen unbedingt in die Party-Sektion! Onkel George hat da so ein neues Produkt entwickelt, dass er unbedingt noch an Onkel Percy ausprobieren will.“ Er zog sie mit sich.
 

Alice konnte gar nicht so schnell gucken, wie Albus ihr einen neuen Scherzartikel nach dem anderen unter die Nase hielt, sie gleich darauf weiter zehrte und sie schließlich schwer beladen an der Kasse ankamen. Sie war vielleicht zwei oder dreimal mit Rose in diesem Laden gewesen, aber das auch nur sehr kurz. Jetzt in diesem Tempel der Missetaten und Streiche zu stehen, sich von Al über die Vorzüge von Stinkbomben und Nasblutnougat und dergleichen belehren zu lassen, war etwas völlig Neues für sie. Der kleine Laden platzte beinahe aus allen Nähten und sprühte nur so vor Leben, Spaß und dem eigenartigen Charme, den nur George Weasley zu besitzen schien. Rose hatte ihr mal erzählt, dass ihr Dad in der Hauptstelle in London angefangen hatte, aber sie hatte sich nie wirklich Gedanken darüber gemacht.
 

Doch als sie die neueste Kreation, schimpfende Hüte, die ihrem verblüfften Träger (meist wurden sie als Geburtstagsgeschenk verwendet) alle möglichen Beleidigungen an den Kopf knallten und alles, was er tat, trocken kommentierten („Bind‘ dir die Krawatte ordentlich, du schlampiger Troll!“), entdeckte, konnte auch sie sich das Grinsen nicht verkneifen. „Das ist ja Wahnsinn!“, rief Al begeistert, als er eine Sektflasche direkt an der Kasse fand, die einem möglichen Opfer laut Beschreibung die Sinne schwinden ließ, sodass dieser zu jedem ‚Ja und Amen‘ sagen musste, das er gefragt wurde. (Mit der Folge, dass er sich dem Zauber nicht entziehen konnte und wirklich alles ausführen musste, was verlangt wurde.) Al blätterte glatte sieben Sickel für sie hin. „Die ist für Fred“, erklärte er mit fiesem Grinsen, „der hat bald Geburtstag und nach ein paar Feuerwhiskey merkt der nie, was er sonst noch so trinkt.“ Alice kicherte und konnte den Gedanken nicht ganz verdrängen, Rose zu fragen, ob sie beide nicht rein zufällig bei dieser Party vorbei schneien sollten. (Fred Weasley ließ sich schon im echten Leben von kaum einer Mutprobe abschrecken, aber wie sie Al kannte, würde der sich noch ein paar sehenswertere Pflichtaufgaben überlegen.)
 

„Bis später, Al, Alice!“, verabschiedete sich George Weasley, als sie beinahe an der Tür waren. „Ciao, Onkel George!“, rief Al. „Auf Wiedersehen, Mr Weasley!“, schloss sich auch Alice an. Sie waren schon fast aus dem Laden, als George Weasley plötzlich den Zauberstab hob und über Alice und Albus dutzende Rosenblätter von der Decke regneten. „Viel Spaß noch bei eurem Date!“, rief George grinsend über den allgemeinen Lärm hinweg. „Das ist kein Date!“, erwiderten Alice und Albus gleichzeitig und wurden feuerrot, doch George Weasley lachte bloß.
 

Peinlich berührt hielt Al ihr die Tür auf und Alice wuchtete eine ihrer Tüten ins Freie. „Und jetzt in die Buchhandlung?“, fragte Al, wie um die unangenehme Situation zu überbrücken. Alice zog ihren Schal enger um ihren Hals und nickte dann. Al, vollbeladen mit quietschgelben Tüten aus ‚Weasley’s Zauberhafte Zauberscherze‘, stöhnte einmal theatralisch und ließ gespielt die Schultern hängen, ehe Alice ihm scherzhaft in die Seite boxte.
 

Die kleine Buchhandlung war weit weniger gut besucht als der Scherzartikelladen. Ein paar wenige Schüler bewegten sich leise durch die Regalreihen und zogen auf der Suche nach einem Buch ab und an mal einen Einband aus dem Regal. Es war ein kleiner gemütlicher Laden, etwas verwinkelt, aber das musste ein Buchladen nach Alice Meinung auch sein. Gerade ein paar Nischen machten den heimischen Charme aus und es war sicherlich auch ein Vorteil, dass man nicht sofort entdeckt wurde und nicht jeder sehen konnte, was man so las. (Im Vorbeigehen entdeckte sie, dass kitschige Liebesromane in der hintersten Ecke standen und einem so die Peinlichkeit erspart blieb, beim Durchstöbern von allzu vielen Leuten gesehen zu werden.)
 

Alice ging mit Al im Schlepptau zielstrebig durch das Geschäft und hatte bald die Zauberkunstsektion gefunden. „Hast du dein Buch schon gefunden?“, fragte Al, der sich in einem roten Sessel in der Nähe nieder gelassen hatte und halbwegs interessiert in einer Neuauflage von Die größten Quidditchspieler unserer Zeit – Exklusivbericht: Viktor Krum – Sein Weg zum Weltstar blätterte. „Noch nicht!“, erwiderte Alice, die eifrig die Regalreihen absuchte. Al grummelte etwas Unverständliches und wandte sich dann wieder seiner Lektüre zu. (Die bösen Blicke der Verkäuferin – man sollte schließlich auch das kaufen, was man las – ignorierte er geflissentlich.) Alice ging inzwischen bedächtig an verschiedensten Regalen entlang, warf dort einen Blick in ein Buch, las da eine Rezession und wäre zu ihrer Schande beinahe bei der Neuauflage von Zauberisches Ich von Gilderoy Lockhart schwach geworden. (Ihre Mutter gehörte zur damaligen Fangemeinde und ohne, dass sie je jemanden etwas davon erzählt hatte, hatte Alice heimlich die ganzen heimischen Bände verschlungen, auch, wenn ihr Dad Lockhart für einen ziemlichen Schaumschläger hielt. Anscheinend erhofften sich die Verleger einen Absatzrekord wie schon bei der Erstauflage, da Gilderoy Lockhart vor kurzem gestorben war und sich Werke von verstorbenen Künstlern einfach besser verkauften.)
 

Schließlich erregte ein dunkelblaues Plakat ihre Aufmerksamkeit, das in fettgedruckten Goldlettern warb: Zauberhafte Welt Asiens von Professor Filius Flitwick. (Nach seiner Pensionierung hatte es sich Professor Filius Flitwick zur Aufgabe gemacht, in der Welt herum zu reisen und alle Zauberkunstbesonderheiten der verschiedenen Länder in verschiedenen Büchern zu verewigen – Alice Buch war jetzt schon Band drei.) Direkt darunter fand sich ein kleines Tischchen auf dem besagte dunkelblaue Exemplare des Buches aufgebaut waren.
 

„Ich hab’s!“, rief Alice, nahm sich ein Buch und schleifte Al unterwegs mit zur Kasse. Der stand ohne zu zögern auf, ließ das Buch, in dem er gelesen hatte, an Ort und Stelle zurück („Also wirklich“, hörte Alice die Verkäuferin missbilligend murmeln.) und folgte ihr anstandslos zur Kasse. „Das macht dann zwölf Sickel“, erklärte der drahtige Verkäufer, der so blass war, dass er anscheinend etwas zu viel Zeit in der Stube bei seinen Büchern verbracht hatte. Alice legte das Geld auf den Tisch und der Verkäufer packte es ihr in eine stabile Papiertüte und ließ die Kasse mit einem leisen ‚Pling‘ aufgleiten, um ihr Geld zu verstauen.
 

Glücklich drückte Alice die Tüte an ihre Brust, was ihr einen verschmitzten Blick von Al einbrachte. „Was?“, fragte sie. „Ach, nichts“, sagte Al, „sag mal hast du Hunger?“ „Ja, warum nicht?“, antwortete Alice. Wenn sie es sich recht überlegt, dann wäre etwas zu essen wirklich nicht schlecht… „Na dann komm!“ Überraschend packte Albus ihre Hand und lief mit Alice im Schlepptau durch die Straßen von Hogsmeade. „Hey!“, rief Alice, die etwas überrumpelt war, „wo gehen wir eigentlich hin?“ „In den Eberkopf.“, erklärte Al beim Laufen.
 

„Was?!“ Aber Al lachte nur. „In den Eberkopf?! Albus Potter, was ist in dich gefahren!“ Keine Antwort. Alles was Alice bekam, war ein Schmerz in ihrem linken Bein, weil ihre Einkaufstüte dauernd dagegen stieß. Als sie endlich anhielten – Alice japste nach Luft – hatten sie beinahe ganz Hogsmeade durchquert. Einige Passanten hatten ihnen irritiert nachgesehen, doch das störte Al nicht im Geringsten. „Was?“, keuchte Alice, „zum Teufel tun wir im Eberkopf, Albus?“ „Ist dir Madam Puttifood’s lieber?“ Alice errötete und stammelte dann: „N-nein, natürlich nicht, aber warum gehen wir nicht in die Drei Besen?“ „Öhm“, machte Albus, „na ja… in den Drei Besen begegnen wir totsicher deiner Mum…“ Für einen kurzen Moment wirkte Al ertappt, doch dann fing er sich wieder. „Außerdem ist es doch mal was anderes und es so ein historischer Ort. Denk nur dran, dass Professor Trelawney hier die Prophezeiung über meinen Dad gemacht hat und die Gründung von Dumbledore’s Armee war auch hier und bei der Schlacht um Hogwarts-“ „Ist ja schon gut, ich hab’s kapiert“, seufzte Alice, „aber ein bisschen zynisch ist das schon. Du gehst in eine Kneipe, in der das Schicksal deines Vaters beschlossen wurde. Wäre das Ganze nur ein bisschen anders verlaufen, würdest du nie durch diese Tür spazieren.“ Albus kratzte sich am Kopf und wirkte mit einem Mal reichlich verlegen. „Kann ich dich überreden, wenn ich dir ein Butterbier ausgebe?“
 

„Und du musst Al bezahlen lassen.“ Mollys Worte klangen in ihrem Inneren nach. Es ist ein Date. Es ist ein Date. Es ist ein Date. Oh, nein. Das war es nicht. Es war einfach nur … ein Gefallen unter Freunden. Wer würde sein Date schon in den Eberkopf ausführen?
 

„Alice? Hallo? Jemand zuhause?“ Alice schrak aus ihren Gedanken und starrte Al überrumpelt an. Al nahm die Hand, mit der er vor ihrer Nase herumgefuchtelt hatte, herunter und betrachtete sie amüsiert. „Sag‘ mal“, fing er an, „was hast du gerade gedacht? Du sahst irgendwie etwas angespannt aus.“ Mit einem Schlag wurde sie knallrot. „Nichts.“ Und damit packte sie ihrerseits Al am Ärmel und schleifte ihn in den Pub.
 

Ein kleines Glöckchen bimmelte und der neue Wirt am Tresen sah auf. Nachdem Aberforth Dumbledore gestorben war, hatte Stan Shunpike die Kneipe übernommen, mit der Begründung, dass der Job als Schaffner im Fahrenden Ritter mit steigendem Alter doch immer beschwerlicher wurde.
 

„Wir hätten gerne einen Tisch“, erklärte Albus ihm gut gelaunt und Stan glotzte wortlos zu ihnen herüber. Al schleifte sie mit zu einem kleinen Tisch in der Ecke. Alice zog ihren Mantel aus, hängte ihn über die Stuhllehne, stellte ihre Einkaufstüten ab und ließ sich Al gegenüber auf einem angestaubten Stuhl nieder. Für eine Sekunde glaubte sie, dass Albus ihr neues Outfit überrascht betrachtet hatte, doch als sich ihre Augen begegneten, sah er verlegen zur Seite und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen.
 

Außer ihnen waren nur drei weitere Personen in der Kneipe. Zwei Männer, die leise feilschend in der Ecke saßen (Alice erkannte einen von ihnen als den in die Jahre gekommenen Mundungus Fletscher) und eine Hexe mit krummer Nase, die etwas schlürfte, über dessen Konsistenz sie sich lieber keine Gedanken machen wollte. Doch die drei unheimlichen Gestalten, waren nicht das einzige, das an die zwielichtige Vergangenheit des Eberkopfes erinnerte.
 

Anscheinend hatte sich nach Aberforth Dumbledore’s Tod (er hatte einen Herzinfarkt beim Ziegenmelken erlitten) nicht viel verändert. Noch immer wirkte der Pub leicht düster und verstaubt. An der Wand waren Kerzenhalter eingelassen, an denen Spinnenweben herab hingen, die Möbel schienen schon sehr alt zu sein, aber zu Alice maßlosem Erstaunen hielten sie sich immer noch, obwohl ihr Stuhl schon reichlich wackelig war. Es gab Nischen und Ecken, die teilweise immer noch als Verhandlungsort für unlautere Geschäfte missbraucht wurden (wie bei Mundungus Fletscher beispielsweise). Stan nahm es mit der Identität seiner Kunden offensichtlich ebenfalls nicht so genau wie Aberforth Dumbledore. Die einzige Veränderung waren die Bilder.
 

Ihr Dad hatte ihr fast hundert Mal voller Inbrunst berichtet, wie er in seinen Tagen als Aufrührer innerhalb Hogwarts' Mauern durch das Portrait der Ariana Dumbledore in den Eberkopf geflüchtet war. Das Bild des Mädchens hing immer noch dort. Doch jetzt säumten ihre rechte und linke Seite die Portraits ihrer Brüder. Albus Dumbledore sah zwinkernd zu ihnen herab und wiegte dann den Kopf wie um seinen Namensvettern besser betrachten zu können. Aberforth wirkte leicht angefressen, beobachtete sie misstrauisch und als er einen missbilligenden Blick hinab sandte, hätte sie schwören können, dass er etwas murmelte, das verdächtig nach ‚Zu meiner Zeit hat man der Dame noch den Stuhl zurecht gerückt, nicht, dass es viele gegeben hätte, die-‘ klang. Doch Ariana Dumbledore legte den Finger auf den Mund und brachte so ihren Bruder zum Schweigen. Anscheinend kam ihr die Abwechslung in Form Al’s und ihrer Verabredung gerade recht und sie beobachtete sie beide interessiert. Alice tat ihr bestes um alle drei zu ignorieren, die sie und Al nun neugierig in Augenschein nahmen.
 

„Hier is‘ die Karte“, meldete sich Stan plötzlich, der unbemerkt von ihnen vor ihrem Tisch aufgetaucht war. „Danke“, sagte Al und begann eingehend die Karte zu studieren, was ein klares Zeichen für den pockennarbigen Stan war, sich zu verziehen. Doch an dem ging das offensichtlich völlig vorüber. „Sach‘ ma“, fing er an, „bist du nich‘ der Sohn von Harry Potter?“ Al sah auf. „Doch sicher bist du das, ich erkenn‘ ihn wieder. Ne‘ hübsche Freundin haste‘ da.“ Er grinste sein Zahnlückengrinsen und sein Blick huschte abwechselnd zu ihr und zu Al. „Hab‘ deinen Vater neulich gesehen, Junge, kam zu mir in den Pub – zu mir, er erinnert sich an den alten Stan – und hat mich zu einem Fall befragt-“ „Wo sonst, sollte man auch in Hogsmeade nach Verbrechern suchen“, raunte Al ihr zu. Alice kicherte. „Und dann sacht er: Was sollte ich nur ohne Sie tun, Stan. Er, der Retter der Zaubererwelt, fragt mich um Rat! Mich-“ „Wir hätten gern zwei Butterbier“, unterbrach Albus ihn, ehe er in weitere Lobeshymnen auf seinen Vater ansetzen konnten. Für einen Moment war Stan sichtlich aus dem Konzept gebracht. „Butterbier? Das hat ihr Vater auch immer genomm‘ als er jung war, nich, dass er sich jetz‘ nich mal nen‘ Feuerwhiskey genehmigen würde-“ „Wir hätten gern zwei Butterbier“, sagte Al mit Nachdruck und endlich schien auch bei Stan Shunpike der Groschen gefallen zu sein. „Selbstverständlich, selbstverständlich“, murmelnd wuselte er Richtung Theke um das Butterbier zu holen.
 

„Uff“, stöhnte Albus, „ich dachte schon, der haut nie ab.“ Alice grinste. „Och, ich wette zu deiner Mum hätte er noch mehr zu sagen gehabt.“ „Hä?“, machte Albus, doch Alice deutete nur kichernd auf ein Bild an der Wand, auf dem eine rothaarige Hexe abgebildet war, die einen Quaffel in der Hand hielt und auf einem Besen saß. Das Poster war mit dem Schriftzug ‚Die Holyhead Harpies – die heißesten Feger der Saison‘ verziert. Entsetzt starrte Al auf das Bild. „Das kann doch nicht wahr sein“, entfuhr es ihm. „Ich fürchte doch“, kicherte Alice, „der gute Stan ist scheinbar immer noch verliebt in deine Mum.“

„Wenn ich das Dad erzähle –“ Al schluckte den Rest hinunter, als Stan plötzlich wie aus dem Nichts vor ihnen mit einem Tablett auftauchte. „Hier is‘ das Butterbier un‘ was wolltn‘ ihr essen, Mr Potter?“ „Ich hätte gerne einen Kesselkuchen“, sagte Alice höflich, die versuchte von Al’s kleinem Ausrutscher abzulenken. Dankbar strahlte Al sie an. „Das, was sie hat“, sagte er, ehe Stan ihn auch nur fragen konnte. Stan verschwand wieder hinter seine Theke.
 

„Wie war das?“, lachte Alice, „der Eberkopf ist so ein historischer Ort und es ist ja auch mal was anderes, als immer nur in die Drei Besen zu gehen?“ Al grummelte etwas und nippte an seinem Butterbier. Bei seinem Anblick konnte sie sich schon wieder das Kichern nicht verkneifen. Es war aber auch zu komisch, wie Al Potter, der auf dem Eberkopf bestanden hatte, nun verstimmt in der Ecke saß und beleidigt sein Butterbier schlürfte. „Das ist gar nicht witzig“, murmelte Al, was sie dazu brachte, erst recht zu kichern. Dann hellte sich plötzlich seine Miene auf. „Ich zeig dir was, das witzig ist.“ Al begann in seiner Tasche zu kramen, beförderte einen Schokoriegel aus dem Honigtopf, eine Feder und ein Notizbüchlein zutage und legte dann ein Foto vor sie auf dem Tisch. Alice verging das Lachen.
 

„Na?“, hakte Al nach, „das ist witzig, was?“ Alice starrte das Foto an. Darauf abgebildet befand sich eine Hexe, die eine Flasche Feuerwhiskey in der Hand hielt und ein wildes Headbanging praktizierte – sie selbst. „Bei Merlin, wo zum Teufel hast du das her?“, entfuhr es ihr leicht panisch. „Betriebsgeheimnis“, flötete Albus. „Oh? Dann dürfte ich die Quelle dieses Bildes aber auch nicht preisgeben, oder?“ Damit zog sie ebenfalls ein magisches Foto aus ihrer Rocktasche und legte es neben Al’s. Dem klappte seinerseits der Mund auf. „Dafür habe ich ganze sieben Knuts hingeblättert“, erklärte Alice gut gelaunt, „und der Verkäufer hat mir ein Vorkaufsrecht für die Negative eingeräumt.“ Albus schien gar nicht gehört zu haben, was sie gesagt hatte. Noch immer fassungslos starrte er auf das Foto, auf dem er grölend mit einer Krawatte um den Kopf um ein Lagerfeuer herum hüpfte und konnte anscheinend nicht glauben, dass sie ihn soeben mit seinen eigenen Waffen geschlagen hatte.
 

Endlich hob Al den Blick. „Alice Longbottom, du durchtriebenes Stück, ich dachte du hast einen Blackout, was diese äh… Party angeht.“ Alice grinste stolz und nahm einen wohl verdienten Schluck von ihrem Butterbier. „Das habe ich auch, aber irgendwie musste ich ja raus kriegen, was da alles passiert ist und da ich dachte, dass du mir das sonst ne‘ Ewigkeit vorhalten wirst, habe ich vorgesorgt.“ „Fred?“ „Fred.“, bestätigte sie. Al seufzte theatralisch. „Was ist nur aus dem lieben Mädchen geworden, das ich mal kannte?“ „Es sitzt vor dir und hat gelernt, wie man den Erpressungsversuchen von Albus Potter zuvor kommt“, erwiderte Alice frech. Apropos… Professor Sheffield hatte die ganze Sache erstaunlich gelassen aufgefasst…
 

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„Miss Longbottom?“, fragte Professor Sheffield, „kann ich irgendetwas für Sie tun?“ „Na ja…“, begann sie und durchquerte den Raum, „ich muss Ihnen etwas sagen, Professor.“ Nun sah sie der junge Lehrer neugierig an. „Brauchen Sie Hilfe bei dem Jahreszeitenzauber. Soweit ich das beurteilen kann, scheinen Sie doch gut zurecht zu kommen.“ „Das ist es nicht“, murmelte Alice. Professor Sheffield hob eine Augenbraue. Alice holte tief Luft. Das war der Moment… das war der Moment, in dem sie über ihren Schatten springen musste.
 

„Ich war’s!“, brach es aus ihr heraus. „Was?“, entfuhr es dem Professor verdutzt. „Ich habe Ihr Büro verwüstet, Professor!“, rief Alice ohne auf seinen Einschub zu achten, „aber ich schwöre, dass das keine Absicht war. Ich sollte doch auf Sie warten wegen diesen Vertrauensschülerplänen und dann habe ich solange gewartet, da habe ich ein Feuer angemacht. Draußen haben die Slytherins Quidditch gespielt und ich wollte sie beobachten. Da habe ich ein Fenster aufgemacht und auf einmal kam dieser verdammte Klatscher angedonnert, hat das ganze Chaos verursacht und die Klassenarbeiten in den Kamin gefegt. Also wollte ich das Feuer löschen wollen und-“

Professor Sheffield hob die Hand und Alice verstummte.
 

„Miss Longbottom, das ist ja alles schön und gut, aber das weiß ich doch schon längst.“ Alice starrte ihn an. „Nun, ich habe gesehen wie Sie panisch auf dem Gang geflüchtet sind und ich wusste doch, dass ich Sie zu mir ins Büro bestellt hatte. Da liegt die Vermutung nahe, dass Sie es sind, wenn Sie dann nicht auftauchen – gerade Sie, wo doch sonst immer auf Sie Verlass ist. Das einzige, das ich wollte, war, dass Sie zu mir kommen und mir das sagen.“ „Aber Sie waren doch so wütend deswegen…“, stammelte Alice. „Natürlich. Wären Sie das nicht?“ „Schon“, sagte Alice betreten. „Da sehen Sie’s. Aber vielleicht habe ich im ersten Moment auch ein wenig überreagiert. Es spricht für Sie, dass Sie es mir trotzdem noch sagen, obwohl die ganze Geschichte doch schon eine Weile her ist.“ Alice fummelte betreten an ihrer Tasche herum. „Ich…ich wollte Sie nicht enttäuschen, Professor...“, erklärte sie schließlich, „Ihr Unterricht macht mir so viel Spaß und ich wollte nicht, dass Sie schlecht von mir denken.“
 

Der Professor seufzte. „Aber deswegen würde ich doch nicht schlechter von Ihnen denken, Miss Longbottom, jeder macht mal Fehler – selbst eine so gute Schülerin wie sie –, aber manchmal stehen wir uns wohl selbst im Weg, was?“ Alice nickte. „Allerdings kann ich das Ganze auch nicht auf sich beruhen lassen. Sie haben Ihren Fehler zwar eingestanden, aber egal wie nobel ihre Absichten auch gewesen sein mögen, Sie haben nun mal mein Büro verwüstet und die Klassenarbeiten ruiniert. Deswegen werden Sie mir jetzt jeden Freitag bei der Unterrichtsvorbereitung der unteren Klassenstufen helfen.“ Überrascht sah Alice auf. Sie hatte alles erwartet, Nachsitzen wie bei Professor Cole, eine Zurechtweisung, Punktabzug, aber keine Strafe, die eigentlich gar keine war. Sie liebte es Zauberkunst zu üben und durch die Aufbereitung des Stoffs für die unteren Jahrgangsstufen würde sie den ganzen Stoff noch mal wiederholen und sich so optimal auf die Abschlussprüfungen in der siebten Klasse vorbereiten… Hatte Professor Sheffield gewusst, dass ihr das Spaß machen würde? Doch der zwinkerte nur und sagte: „Ich erwarte Sie dann so gegen fünf Uhr nachmittags am nächsten Freitag, Miss Longbottom.“
 

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„Ihr Kesselkuchen, Miss“, riss sie Stan Shunpike aus den Gedanken, „Lass’n Sie’s sich schmecken.“ „Danke.“ Stan wollte gerade wieder zum Reden ansetzen, als Al seinerseits ein sehr großes Stück Kuchen aufpiekste und der verblüfften Alice in den Mund schob. „Danke sehr“, knurrte er und sie wurde das Gefühl nicht los, dass er Stan bewusst abwimmeln wollte.
 

Sie schluckte den Bissen herunter. Noch immer verdutzt über Al’s plötzliche Anwandlung sie mit Essen zu füttern, sah sie ihn neugierig an. Was für ein komischer Kauz! Und dass nur, weil er sie vom Reden abhalten und Stan zum Verschwinden bringen wollte. Doch Al grinste nur. „Du bist genau wie früher, Alice, du versuchst es immer allen recht zu machen. Manchmal muss man auch mal Nein sagen können.“ „Was? Du wolltest doch, dass er abhaut, ich war nur nett zu ihm. Und außerdem konnte ich zu dir ich noch nie ‚Nein‘ sagen“, konterte sie grimmig. „Oh, ja…“ Albus‘ Augen nahmen einen träumerischen Ausdruck an. „Weißt du noch, als wir sieben waren und ich dich überredet habe, Großmutter Mollys Festtagstorte zu klauen? Wir haben sie ganz allein verputzt. Diese ganze herrliche Schokoladentorte… Was war mir schlecht hinterher…“
 

In ihrer Erinnerung tauchte ein kleiner Junge in kurzer Hose und T-Shirt auf, der sie auf einer Blumenwiese, auf der sie gerade Blumen pflückte, dazu überredete schon mal den Kuchen seiner Oma ‚vorzukosten‘ wie er es nannte. Bis zu diesem Zeitpunkt, hatte die kleine Alice noch nichts Unrechtmäßiges getan, aber an diesem Nachmittag nahm ihr Freund Albus sie mit auf ein Abenteuer. Ein Abenteuer, das damit endete, dass sie mit Al auf dem Dachboden nach erfolgreichem Diebstahl den Kuchen verputzten und sie gemeinsam darüber stritten, ob es sich wohl lohnen würde, beim nächsten Mal einen von Alice Urgroßmutter zu probieren – bis sie Albus' Dad, Harry Potter höchstpersönlich, in ihrem Versteck fand und sich reichlich schwer mit einer Standpauke tat. Später erzählte Al ihr, dass er als Kind nie so einen Kuchen zu essen bekommen hatte und sich immer gewünscht hatte, einen für sich allein zum Geburtstag zu bekommen. Deswegen war er ihnen wohl nicht so böse. Und er verpetzte sie auch nicht. So blieb das Rätsel um den verschwundenen Schokokuchen bis heute ungelöst.
 

Alice schob sich ein weiteres Stück Kesselkuchen in den Mund. Oh, ja… damals… an diesem Tag war Albus wirklich und wahrhaftig ihr Freund geworden. Sicher, er war ein Unruhestifter und er brachte sie andauernd in Schwierigkeiten, man konnte ihm nicht über den Weg trauen, aber er war schon immer … da gewesen. Egal, was sie hatte. Er war da, um ihr bei zu stehen. Nicht immer offensichtlich, oftmals aus dem Hintergrund, doch er war da gewesen. Komisch, dass sie erst verstanden hatte, wie viel er ihr bedeutete, als sie ihn wirklich verletzt und er sich erstmals von ihr abgewandt hatte…
 

Das Glöckchen über dem Eingang klingelte erneut. Sämtliche Besucher des Eberkopfes wandten sich zu den Neuankömmlingen um. „Hey, Stan!“, rief eine ihnen vertraute Stimme, „verkaufst du uns heute endlich einen Feuerwhiskey. Ich bin letzten Monat volljährig geworden und bei Freddie dauert’s doch auch nur noch ein paar Wochen!“ Oh, Scheiße…
 

James und Fred.
 

Alice tauschte einen Blick mit ihrem Gegenüber. Mit einem Mal wirkte Al merkwürdig angespannt. Von der vorherigen Leichtigkeit war nichts mehr zu spüren. Es war fast so, als wolle er von James und Fred nicht mit ihr gesehen werden…
 

„Trotzdem seit’er noch’n bissl zu jung“, sagte Stan, „Harry Potter würde mir nie verzeih’n, wenn ich seinen Sohn zum Alkohol verleite.“ „Ich bin nicht sein Sohn“, entrüstete sich Fred. „Du bist noch nicht alt genug, Junge.“
 

„Lass uns von hier verschwinden“, flüsterte Al. „Aber-“ Sie warf einen Blick auf den Kuchen, doch Al’s Teller war auf wundersame Weise leer. Wann hatte er …, ach egal. „Bitte, Alice“, flehte Al, „das lassen sie mich sonst nie mehr vergessen.“ Am liebsten wollte sie ihn fragen, was genau Fred und James ihn nicht mehr vergessen lassen würden. Dass er mit ihr hier war? Ein zweifelhafter Ausflug, den alle anderen als Date abstempelten? Doch sie hatte keine Gelegenheit mehr ihn zu fragen, denn in diesem Moment sah James direkt zu ihnen. Verflucht.
 

„Al? Was machst du denn hier? Ich dachte du wolltest was mit Lorcan machen?“ „Äh…“, fing Al an. „Und wolltest du nicht mit Molly shoppen gehen, Alice- ich glaub’s ja nicht! Fred, die haben ein Date!“ Fred, der bis dahin mit Stan um den Feuerwhiskey gefeilscht hatte, drehte sich überrascht um. Dann fand er sie und Albus, noch immer an ihrem kleinen Tisch und er zog eine Augenbraue hoch. Im nächsten Moment grinste er und Alice hätte alles, das sie besaß, darauf verwettet, dass ihm ihre noch nicht allzu lange zurück liegende Behauptung, sie würde niemals mit Al Potter ausgehen, durch den Kopf ging.
 

Sie warf einen Blick zu Al. Der sah keinen von ihnen an, seltsam abweisend starrte er auf das Bildnis des Albus Dumbledore und schien ein stilles Gebet gen Himmel zu schicken. Aber warum war er plötzlich so nervös? Sonst ließ er sich von James doch auch nichts sagen. Er wirkte beinahe so, als wäre er bei etwas Verbotenem erwischt worden. Alice konnte es nicht mehr mit ansehen. Ihr Stuhl schürfte geräuschvoll über den Boden, als sie sich ruckartig erhob.
 

„Glaubt doch, was ihr wollt“, knurrte Alice, „Al und ich müssen jetzt jedenfalls weiter.“ Damit packte sie ihren überraschten Leidensgenossen, zog ihren Mantel wieder an, schnappte sich Einkaufstüten und Partyfotos und schleifte Al zur Theke, wo sie zu zahlen gedachte. Gerade als sie dem überrumpelten Stan das Geld hinlegen wollte, hielt Al sie zurück, schüttelte den Kopf und legte seinerseits ein paar Münzen auf den Tresen. Fred und James glotzten ihnen hinterher und Alice konnte gerade noch hören, wie Fred sagte: „Und es ist doch ein Date.“
 

Alice eilte ziellos über die Hauptstraße in Hogsmeade. „Alice, nun bleib doch mal stehen!“ Erst als sie schon weit von dem Zentrum des Dorfes mit den vielen Geschäften, in denen heute die Hogwartsschüler einkaufen gingen, entfernt waren, drang Albus Stimme zu ihr durch. Peinlich berührt hielt sie inne. Sie konnte sich selbst nicht erklären, wieso sie so plötzlich die Flucht ergriffen hatte. Wollte sie einfach nur die Begegnung mit Fred und James vermeiden, oder hatte sie Angst gehabt Al’s Antwort zu hören. Warum wurde das mit einem Mal alles so kompliziert?!
 

„Tut mir Leid“, murmelte Alice. „Ist schon okay, wir können froh sein, dass wir so früh abgehauen sind, ich will nicht hören, was für Gerüchte morgen die Runde machen, wenn sie uns die Worte im Munde umdrehen. Glaub mir, die beiden sind echte Klatschtanten.“ Da war sie wieder, Al’s unbekümmerte Art, mit der er all ihre Sorgen einfach so wegwischen konnte. „Wir müssen bald wieder zurück“, sagte Al schließlich, „es ist schon spät. Soll ich dir noch meinen Lieblingsort zeigen?“ „Lieblingsort?“ „Ach, na ja…“ Albus wirkte ein wenig verlegen. „James würde das vermutlich als totalen Kitsch abtun, aber du… - du lachst mich doch nicht aus, oder?“ „Wie könnte ich“, grinste Alice. „Wer weiß.“ Al zwinkerte ihr zu. Dann nahm er ihre Hand und führte sie die Hauptstraße hinunter.
 

Die Berührung kam so überraschend, dass es sich im ersten Augenblick so anfühlte, als hätte sie sich daran verbrannt. Es war, als würden ihre Hände unter Strom stehen, Alice spürte die Elektrizität bis in die Fingerspitzen. Al’s warme Finger, die ihre Hand umschlossen hielten… Und für den Moment war es ihr egal, was andere davon denken mochten.
 

Zuerst glaubte Alice, Albus würde sie zur Heulenden Hütte führen, doch dann bog er nach rechts ab und sie fanden sich am Rande einer kleinen Wiese wieder, auf der ein dutzend Bäume ihr allerschönstes Herbstlaub trugen. Ahorn. Tiefrote Blätter, die mal von den Zweigen segelten, mal schon am Boden lagen. Es war ein einziger roter Traum, so wunderschön, dass Alice fast nicht glauben konnte, dass es so etwas in der Nähe von Hogsmeade gab. Vor einem dicken Stamm hielten sie schließlich inne. Als sie näher kamen, sah sie, dass Albus seinen Namen in die Rinde geritzt hatte. Nicht Albus. Nicht Potter. Nur Al, sodass niemand wissen konnte wer damit gemeint war.
 

„Manchmal“, sagte Albus, „war das hier mein Rückzugsort. In der ersten Klasse war ich erst so was wie ein Außenseiter. Irgendwie habe ich zuerst nicht richtig dazu gehört. Nicht zu meiner Familie, nicht zu Slytherin. Ich war ziemlich unsicher damals… Da brauchte ich einen Ort, an dem ich meine Ruhe hatte. Ich bin ziemlich oft abgehauen hierhin.“ Er kratzte sich verlegen den Hinterkopf. „Aber das hatte ein Ende, als ich mich mit Scorp angelegt habe und wir dann beide Nachsitzen hatten. Wir wurden Freunde und ich hatte keinen Grund mehr, hierher zu kommen. Aber manchmal… manchmal komme ich noch gern hierher.“ Er lachte. Es war ein schönes, freies Lachen. Eines, das Alice in dieser Form noch nie von ihm gehört hatte. Es war… es war… unbeschreiblich.
 

Sie spürte wie ihr Herz bei diesem Klang schnell zu klopfen begann. Schlag um Schlag. „Es ist wunderschön“, hauchte Alice gefesselt, „ich bin froh, dass du mir diesen Ort gezeigt hast.“ Sie richtete ihren Blick nach oben und musste kurz blinzeln, als die warme Herbstsonne durch die Wipfel der Ahornbäume fiel und ihre Kronen in ein glutrotes Blätterdach tauchte. Alice breitete die Arme aus und drehte sich einmal um ihre eigene Achse. So musste sich Freiheit anfühlen. Und Glück. Seltsam, dass Al dieses Gefühl nur mit seinem Lachen in ihr auslösen konnte. Jetzt lachte er über sie, aber sein Lachen war nicht herablassend. Es war voller Freude.
 

Und ehe sie es sich versah, packte er ihre Hände und wirbelte mit ihr zwischen den Bäumen umher. Für diesen Moment brauchte es keine Worte. Ihr beider Lachen und ihr Herzschlag waren genug Musik für diesen merkwürdigen Tanz. Hätte Alice es nicht besser gewusst, hätte sie sich so und nicht anders das Paradies vorgestellt.
 

Al ließ ihre Hände los und sie jagten zwischen den Stämmen umher, wirbelten die roten Blätter auf und verwandelten Al’s Lieblingsort in einen Ort voller umherfliegender roter Ahornblätter.
 

„Hast du schon mal jemanden hierhin mitgenommen?“, rief Alice ihm zu, als sie einen besonders dicken Stamm umrundete. „Nein“, rief Albus zurück. Im nächsten Moment hatte er eine Handvoll Blätter aufgehoben und warf sie auf sie. Kreischend nahm Alice Reißaus und rannte zum letzten Bäum. Al’s Schritte hörte sie hinter sich. Sie wollte sich umdrehen, aber da hatte Albus sie auch schon eingeholt. Es war so überraschend, dass Alice nicht schnell genug reagieren konnte. Ohne, dass sie ihn aufhalten konnte, drückte er ihre Handgelenke gegen den nächsten Baum, sodass sie sich auf gleicher Augenhöhe befanden. „Hab‘ dich“, keuchte Albus, „man bist du schnell.“ „Quidditchtraining“, kommentierte Alice. „Ja, das habe ich vergessen…“ Plötzlich war das Gefühl der Freiheit verschwunden.
 

Stattdessen trat etwas anderes an seine Stelle. Albus war ihr so nahe, dass sie jede seiner Wimpern sehen konnte, jedes Haar, das in die verkehrte Richtung abstand, genau wie bei seinem Vater. Sie sah seine Augen. Ein stechendes, klares Smaragdgrün. Genau so schön wie Lily Evans Augen es gewesen waren, genau wie die Augen seines Vaters. Ohne es zu wollen verlor sie sich in diesen Augen. Kaum, dass sie es merkte, zupfte er ihr ein rotes Blatt aus dem Haar und strich ihr dann eine Strähne hinters Ohr, die ihr ins Gesicht gefallen war. Alice spürte, dass auch Albus ruhiger atmete, doch er ließ sie nicht los. Es war merkwürdig und aufregend und schön und verwirrend. „Alice…“ Seine Stimme klang plötzlich anders. Als würde er ihr gern etwas Wichtiges sagen wollen, fand aber keine Worte dafür… Nur seine Augen verrieten etwas. Doch sie konnte nicht sagen, was es war, das sie auf einmal in ihnen lesen konnte. „Alice…“, wiederholte Albus, „was… was, wenn das hier wirklich ein Date wäre?“
 

Sie konnte nicht antworten. Sie spürte nur ihren Herzschlag, ein ständiges Klopfen, das mit jedem Mal schneller wurde. Albus grüne Augen hatten sie gefesselt, obwohl er ihre Hände losgelassen hatte und sich nur mit einer seiner Hände neben ihrem Kopf abstützte. Eine Frage ging ihr im Kopf herum: Was wäre, wenn…?
 

Albus war ihr auf einmal so nah und sie war immer noch gefangen in seinen Augen. Ihr Herz klopfte schnell und für einen Moment glaubte sie, dass er sie küssen würde. Sie schloss die Augen und spürte schon Albus‘ Atem auf ihren Lippen…
 

„Na, sieh mal einer an.“ Mit einem Schlag holte die Wirklichkeit sie wieder ein. Mark Phelps trat zwischen den Bäumen hervor. Alice zuckte zusammen, die Röte trat in ihr Gesicht und sie wusste beim besten Willen nicht, wie sie so schnell auf Phelps reagieren sollte. Al … Al hatte sie eben fast geküsst…
 

„Potter und Longbottom. Wer hätte das gedacht? Ich dachte, du stehst nicht auf kleine Mädchen, Potter?“ Albus löste sich aus seiner Position und funkelte Phelps an. „Verpiss' dich, Phelps“, knurrte er. „Oh, habe ich dich vielleicht bei irgendwas gestört? Das tut mir aber Leid.“ „Spiel' hier nicht die beleidigte Leberwurst, du bist doch nur sauer, weil sie dich im Quidditch geschlagen hat.“ Der Ravenclaw wurde puterrot. „Das geht dich nichts an, Potter, das ist eine Sache zwischen ihr und mir. Und außerdem hat sie mich vor der ganzen Schule blamiert!“ „Kannst du das beweisen?“ „Was gibt es da groß zu beweisen?“, fauchte Phelps, „irgendjemand hat über meinem Kopf den Satz ‚Alice Longbottom’s No 1 Fan‘ erscheinen lassen. Da brauch ich nicht lange zu rätseln.“
 

„Und deswegen verdächtigst du sie? Hast du jemals versucht ihren Standpunkt zu sehen? Hast du jemals versucht dich mit ihr zu unterhalten, oder was anderes in ihr zu sehen als das, was jeder sehen wollte? Wenn ich richtig informiert bin, hast du sie doch zuerst runter gemacht, oder? Es könnte auch jeder andere sein, der sie verteidigen will. Rose Weasley zum Beispiel. Also hör‘ endlich auf, dich wie ein Kleinkind zu benehmen und werd' erwachsen, Phelps!“ Al… Niemals… nie hatte sie ihn schönere Worte sagen hören. Er hatte sie immer geärgert und in Schwierigkeiten gebracht, aber er hatte es nie ernst gemeint. Er war ihr Freund und er hatte immer gewusst, dass viel mehr in ihr steckte, als andere glaubten.
 

„Vorsicht, Potter…“ Mit einem Mal schlug die Stimmung ins Eisige um. Al und Phelps starrten sich wutentbrannt an. Ihre Hände zuckten gleichzeitig zu ihren Zauberstäben „Was willst du mir tun, Mark?“, zischte Albus, „mich verhexen? Dann vergiss nicht, dass ich den ein oder anderen Trick von meinem Dad gelernt habe.“ Ein Lächeln zog sich auf Phelps Züge.

„Oh, nein“, antwortete Phelps genüsslich, „mit dir lege ich mich nicht an.“ Albus hob skeptisch eine Augenbraue. Phelps Blick zuckte zu Alice, seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln... „Inficere!“ Al war vollkommen überrumpelt, schaffte es aber gerade noch, den Fluch mit einem schwachen Schutzzauber abzuwehren. Der traf daraufhin die Baumkrone des nächsten Ahornbaumes und färbte sie azurblau.
 

Noch bevor Alice begreifen konnte, dass ihr der Fluch gegolten hatte und nicht Albus, richtete sich dieser zu seiner vollen Größe auf und brüllte: „Sag‘ mal, spinnst du? Was hat sie dir denn getan? Du bist ein mieser Feigling, Phelps!“ „Ich will Gerechtigkeit!“, fauchte der Ravenclaw zurück. „Die kannst du kriegen! Verkestatu-“ „Al!“, rief Alice, „Al, hör auf, bitte!“ „Er wollte dir einen Haarfärbezauber auf den Hals jagen, Alice! Einfach so!“ „Ja, aber, wenn du hier zauberst, dann kannst du wieder nachsitzen. Das will er doch nur!“ Ein weiterer Fluch kam angerauscht und Alice hatte nun auch ihren Zauberstab gezogen. „Protego!“ Um Haaresbreite lenkte sie den Fluch ab. Albus, der drauf und dran war sich mit Phelps zu duellieren, wurde anscheinend nur noch durch seine Loyalität ihr gegenüber davon abgehalten. „Mark, hör auf!“, rief Alice, „es tut mir Leid, dass das alles so blöd gelaufen ist, aber… bitte, hör auf. Im nächsten Spiel gewinnst du bestimmt wieder.“ „Ermunter' ihn nicht auch noch, Alice“, knurrte Al. „Misch' dich gefälligst nicht ein, Longbottom!“
 

„Hört auf!“, schrie Alice, „alle beide! Ihr benehmt euch beide wie ein paar Trolle, die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen! Al, wir gehen und du, Mark, wage es ja nicht uns einen weiteren Fluch auf den Hals zu hetzen. Sonst schwöre ich, dass ich dich eigenhändig bei meinem Vater anschwärzen werde!“ Damit packte sie Albus, sammelte ihre Habseligkeiten auf und führte ihn ungeachtet der Blicke des Ravenclaw wieder in Richtung Hogsmeade. Mark Phelps rührte sich nicht.
 

Alice wagte nicht zurück zu blicken und auch nicht Al anzusehen, der vor Wut zu kochen schien. Gerade als sie eine gewisse Entfernung zwischen sich und den Ravenclaw gebracht hatten, hörten sie Phelps: „Das warst du, du hast mir diesen Streich gespielt… nicht die kleine Streberin, du Potter, wo du doch total in sie verschossen bist und dich an mir rächen wolltest!“ Alice zuckte zusammen. „Warte nur, du Schlange, das lasse ich nicht auf mir sitzen!“ Albus starrte stur geradeaus.
 

Den restlichen Weg sprachen sie kaum ein Wort mehr miteinander. Die Verabredung, die so schön begonnen hatte, war ins totale Gegenteil verkehrt. Albus war wie ausgewechselt. Er war wütend statt gutgelaunt. Einsilbig statt offen. Er schien vollkommen in sich gekehrt und über etwas nachzugrübeln. Sie kamen im Schloss an, verabschiedeten sich steif und wünschten sich noch nicht mal eine gute Nacht. Trotzdem… ging ihr Al’s Frage nicht aus dem Kopf. Was wäre, wenn sie wirklich ein Date gehabt hatten? Jeder, dem sie begegneten, hatte es gesagt. Nathaniel. Rose und Molly. George Weasley. James und Fred. Phelps, wenn auch nur indirekt. Jeder, nur nicht sie selbst. Es war kein Date gewesen. Weder Albus noch sie hatten den anderen um eine solche Verabredung gebeten. Albus hatte ihr keine Wahl gelassen… Und doch… als sie abends im Bett lag, wünschte sich Alice nichts sehnlicher als, dass es tatsächlich ein Date gewesen wäre…
 

~ ♦ ~
 

„Longbottom und Potter gleich auf! Beide Sucherinnen sind sich absolut ebenbürtig! Wer macht es! Hufflepuff oder Gryffindor?“ Der Wind peitschte Alice ins Gesicht, doch sie bemühte sich krampfhaft, nicht die Augen zuzukneifen. Ein Moment der Unaufmerksamkeit konnte sie den Sieg kosten. Lily, mit der sie sich ein Kopf an Kopf Rennen lieferte, biss ebenfalls die Zähne zusammen. Sie stürzten in die Tiefe.
 

„190 zu 160 für Gryffindor! Sehen Sie sich diesen Kampf an! Das ist der wahre Quidditchgeist! Potter und Longbottom kommen dem Schnatz immer näher, sie-“ Alice versuchte verbissen den Moderator zu ignorieren. Sie musste sich auf das Spiel konzentrieren… Lily war nicht umsonst schon seit der dritten Klasse Sucherin und da Gryffindor im Kampf um den Quidditchpokal ausscheiden würde, wenn sie noch mal verloren, hatte Lily sich höchstwahrscheinlich zum Ziel gesetzt, um jeden Preis zu gewinnen.
 

Lily warf ihr einen Blick zu, aber Alice registrierte es kaum. Der goldene Schnatz funkelte nur etwa zwei Meter vor ihnen und wie es aussah, würde es sich zwischen den beiden Sucherinnen aufgrund der Flugtechnik und ihrer Schnelligkeit entscheiden. Der Boden kam immer näher, doch keine von ihnen war gewillt, aufzugeben und sie waren beide in der Lage sich perfekt aus dem Sturzflug zu ziehen. Fünf Meter. Drei. Zwei. Der goldene Schnatz schlug einen Haken nach links. Alice und Lily stürzten ihm nach. Alice legte sich flach auf ihren Besenstiel, Lily flog eine schnelle Kurve und dann waren sie wieder gleich auf, der flattrige Ball nun Zentimeter von ihnen entfernt.
 

Die Menge in Rot und Gold, Gelb und Schwarz, war von fiebriger Begeisterung gepackt und hüllte das Stadion in ohrenbetäubenden Lärm. Doch als Alice einen Blick herab warf, erkannte sie zu ihrem Erstaunen zwei Gestalten, die Richtung Schloss gingen. Sie trugen die Farben der konkurrierenden Teams, was sehr merkwürdig war. Lily und sie jagten dem Schnatz in einer weiten Kurve nach und Alice hatte keine Zeit sich weiter Gedanken zu machen. Die beiden Sucherinnen schraubten sich immer höher, ihr Herz begann vor Aufregung wild zu klopfen. Das war ihr Vorteil. Ihr Besen mochte auf gerade Strecke nicht so schnell beschleunigen, aber im Aufsteigen war er nicht zu halten. Alice erreichte einen leichten Vorsprung auf Lily, die sich mit dem Senkrechtflug schwer zu tun schien. Alice streckte die Hand aus. Für einen kurzen Moment glaubte sie siegreich zu sein, da ließ sich der kleine Ball plötzlich in die Tiefe fallen. Die Flügelchen angelegt stürzte der goldene Ball an Lily vorbei, die davon überrumpelt war. Sofort setzte ihm Alice nach, die im Bruchteil einer Sekunde begriff, dass Lily nun näher dran und damit im Vorteil war.
 

Die Zeit schien einen Moment still zu stehen. Das Rauschen des Windes, der durch ihr Haar fuhr, war nur noch ein fernes Säuseln. Mitspieler und Gegner, die in der Luft erstarrt schienen… Eine Strähne fiel ihr ins Gesicht, unter sich Lily und das goldene Funkeln. Da kam Alice die Idee.
 

Sie ließ sich fallen. Fallen wie der Schnatz. Sie wusse, dass sie den Schwebezaubr ihres Besens nur für kurze Zeit außer Kraft setzen konnte,aber das musste reichn. Es gab nur diesen einen Versuch. Und es war ziemlich riskant. Sie war schwerer als der winzige Ball und erreichte eine Geschwindigkeit, die dieser nie erreichen würde. Sie schoss an Lily vorbei, hielt sich mit beiden Händen am Besenstiel fest und konnte nur beten, dass sie genau genug gezielt hatte. Im freien Fall hatte Alice keine Kontrolle mehr über den Besen, der Boden kam immer näher… Da war der Schnatz! Und, obwohl alles in ihr sich dagegen sträubte, löste sie eine Hand von ihrem Besen und griff blitzschnell zu. Ihre Finger umschlossen den kleinen Ball, doch sie konnte nicht mehr bremsen. Sie war viel zu schnell, mit letzter Kraft zog Alice an ihrem Besen, der Schwebemechanismus setzte wieder ein, doch sie schaffte es nur den Sturz ein wenig abzufedern. Im nächsten Moment krachte sie benommen auf den Boden.
 

„Alice Longbottom hat den Schnatz!“, dröhnte Connor Hawkins Stimme von der Tribüne, „Hufflepuff besiegt Gryffindor mit 310 zu 190! Gryffindor scheidet aus dem Kampf um den Titel aus!“
 

Die Hufflepufffans brachen in hysterischen Jubel aus. Es war Jahre her, dass sie zweimal hintereinander gewonnen hatten. Doch Alice konnte sich nicht recht freuen. Alles drehte sich und ihr tat ihre rechte Seite weh. Es gab ein Geräusch eines sanften Aufpralls. „Alice? Alice! Geht es dir gut?“ Das war Lily. Eine Hand strich ihr die Haare aus der Stirn. „Nun sag doch, was, du Verrückte!“ Alice spürte, dass ihre Stimme langsam panisch wurde. Mit Mühe versuchte sie die Augen offen zu halten und es gelang ihr gerade so. Weitere Spieler landeten neben ihr auf dem Boden. „Hey, was ist los?“, hörte sie James fragen. „Sie hat bei diesem bekloppten Manöver mehr abgekriegt, als ich gedacht hatte!“, rief Lily. „Und was für ein Manöver…“ James Stimme klang träumerisch, wenngleich er den enttäuschten Ton aus seiner Stimme nicht vertreiben konnte. „Das tut jetzt gar nichts zur Sache, du Idiot“, fauchte Lily. „Alice!“ Dylan. „Alice! ALICE!“ Ihr fielen die Augen zu, ihre Sinne schwanden… „Was ist hier los?“, herrschte die autoritäre Professor McGonagall die Spieler an. „Sie ist zusammen geklappt, Professor-“ „Mr Wilson! Sehen Sie sich das Mädchen an! Sie-“ Die Stimmen verstummten und dann wurde alles schwarz um sie…
 


 

~ ♦ ~
 

„Du bist die verrückteste, risikobereiteste, dümmste, tollste beste Freundin, die mir je untergekommen ist.“ Alice erwachte langsam und stellte erstaunt fest, dass Rose sich auf einem Stuhl vor ihrem Bett nieder gelassen hatte. „Was?“ Stöhnend richtete sie sich auf. Dabei war sie sich ganz sicher gewesen, zeitig aufgestanden zu sein… „Du Dummerchen“, sagte Rose, „hast du vergessen, dass du dich wie aus dem Nichts in die Tiefe gestürzt hast? Lily und James und dein Team sind völlig außer sich. Wir dachten schon, du hättest dir sonst was getan. Ach, und du hast den Schnatz gefangen – keine Ahnung wie, ich will es gar nicht wissen – aber sag‘ mal, warst du dir eigentlich bewusst, was du da gemacht hast?“ Mit einem Schlag waren all ihre Erinnerungen wieder da. Das Duell mit Lily, der Schnatz, der Fall, ihr Sturz… „Ich wollte gewinnen“, sagte Alice erbärmlich. „Oh, ja“, antwortete Rose, „ich fürchte Al’s Training nimmt langsam die Ausmaße totaler Selbstüberschätzung bei dir an. Wo ist der überhaupt?“ „Er ist nicht hier?“, wagte Alice zu fragen. „Nein“, erwiderte Rose grimmig, „irgendwann während des Spiels war er plötzlich weg, er muss deinen Sturz nicht mitbekommen haben. Ich habe ihn seit ein paar Stunden nicht mehr gesehen.“ „Oh.“
 

„Nichts ‚oh‘! Der hat sich gefälligst deine Spiele anzusehen und sich nicht einfach zu verdrücken! Warte nur, bis ich den in die Finger kriege!“ Ihre Stimme war immer lauter geworden, sodass Madam Campbell, die Krankenschwester, den Kopf aus ihrem Büro steckte und Rose mit den Worten: „Nicht so laut, Miss Weasley, dies hier ist ein Krankenflügel!“ zurecht wies. Dann bemerkte sie, dass Alice wach war. „Oh, Miss Longbottom, Sie sind wach? Sie sind mir eine, Mädchen, Sie haben sich ihre ganze rechte Seite geprellt, ein Wunder, dass Sie sich nichts gebrochen haben!“ „Oh“, machte Alice erneut. „Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass Sie hier landen. Dem Herrn Professor musste ich einen Beruhigungstrank machen, sonst wäre er mir wahrscheinlich auch noch umgekippt. Ein Glück, dass es nichts Ernstes war. Quidditch! Wer zum Henker hat dieses Spiel erfunden, das hat mir mehr Verletzte gebracht als es Erkältungsfälle gibt!“ „Äh, vielen Dank, dass Sie sich um mich gekümmert haben, Madam Campbell.“ Rose warf ihr einen belustigten Blick zu. „Kein Problem, Miss Longbottom, das ist schließlich meine Aufgabe, aber seien Sie das nächste Mal einfach etwas vorsichtiger.“ „Ja.“ „Gut, dann schlucken sie noch diesen Trank und dann können Sie morgen schon wieder gehen.“
 

Sie reichte Alice einen Becher, den sie soeben mit einem Aufrufezauber herbei geordert hatte. Rose sah sie mitleidig an, aber Alice schluckte tapfer die bittere Medizin herunter. Sogleich fühlte sie sich besser. Die Taubheit, die seit dem Aufwachen ihren Gliedern inne wohnte, verschwand und sie fühlte sich nun seltsam klar. „Und nun ruhen Sie sich bitte aus. Miss Weasley, Sie müssen leider gehen, ich habe noch andere Patienten. Sie können Miss Longbottoms Team und ihrem Cousin und ihrer Cousine ausrichten, dass Miss Longbottom soweit wieder hergestellt ist und sie doch bitte nicht mehr vor dem Krankenflügel herum lungern sollen.“ „In Ordnung“, erklärte Rose, „ich komme morgen noch mal vorbei, Alice, und bringe dir ein paar Sachen vorbei.“ „Ja, bis dann, Rose“, sagte Alice, „und Danke.“ „Da gibt es nichts zu danken“, grinste Rose und umarmte sie, „immerhin werde ich nicht die Siegesparty verpassen.“ Doch danach stand Alice in diesem Moment sowieso nicht der Sinn.
 

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Albus erfuhr von ihrem Sturz am nächsten Montag. Seine erste Reaktion war Bestürzung. Er entschuldigte sich fortwährend, dass er nicht da gewesen war und schien ein ziemlich schlechtes Gewissen zu haben. Zudem ließ er es sich nicht nehmen, in jeder sich bietenden Gelegenheit nach ihrem Wohlbefinden zu fragen. Er war so fürsorglich und rücksichtsvoll wie sie ihn kaum je erlebt hatte. Er bestand darauf, dass er die Arbeit in Kräuterkunde übernahm, (Obwohl es mit einer üblen Quetschung seines Arms endete), er verbot ihr für die nächsten zwei Wochen Quidditch zu trainieren („Wieso hat er das zu entscheiden!“, empörte sich Camilla) und blaffte jeden Gryffindor an, der es wagte, ihr auch nur einen beleidigten Blick wegen des verlorenen Spiels zuzuwerfen. („Ich gucke wie ich will, Al!“, fauchte James.)
 

Seine zweite Reaktion war Stolz. Ganze drei Tage wurde Albus nicht müde, von ihrem tollkühnen Manöver zu berichten, das er nicht gesehen hatte, und nur von Freds Fotos kannte. Jedes Mal war es Alice aufs Neue peinlich, aber irgendwie… freute sie sich auch. Seit dem Hogsmeadenachmittag war ihr Al manchmal fremd vorgekommen, doch seine Begeisterung gab ihr einen kleinen Lichtblick. Dennoch… obwohl er sich nichts anzumerken versuchte, merkte Alice auch jetzt noch, dass er merkwürdig angespannt war. Manchmal war er im Unterricht abwesend, starrte Löcher in die Luft, doch es war nicht die schläfrige Langeweile, die so manchen Schüler befiel. Es war schlicht und ergreifend ein intensives Nachdenken, das Al nur selten an den Tag legte. Langsam begann sie sich Sorgen zu machen…
 

„Al!“ Er rührte sich nicht. „Albus, es hat schon geschellt!“ Keine Reaktion. Alice rüttelte ihn an der Schulter. Endlich schien Al aus seiner Trance zu erwachen. „Alice? Ist die Stunde schon vorbei?“ „Schon seit einer Viertelstunde, du Tagträumer!“ „Tatsächlich?“ Albus wirkte ehrlich überrascht. Bei diesem Anblick ergriff sie ein Gefühl von Wut über seine Ignoranz gemischt mit der Besorgnis, die sie sowieso schon hatte.
 

„Al!“ Er zuckte bei ihrer plötzlichen Lautstärke zusammen. „Was ist los mit dir? Das ist gar nicht deine Art, sonst bist du doch der Erste, der nach einer Stunde verschwunden ist.“ „Ach das, mach‘ dir keine Sorgen, Alice, ich habe ein bisschen Stress. Quidditch und so…“ Er packte seine Sachen zusammen und schulterte seine Tasche. „Aber-“ „Schon okay, Alice. Ich komm schon klar…“ Damit verließ er den Raum. Albus klang ganz wie sonst, aber… seine Augen waren viel ernster als sonst. Als würde er ihr etwas verheimlichen…
 

In den nächsten Tagen versuchte Alice Al noch öfter dazu zu bringen, ihr zu verraten, was los war, aber jedes Mal blockte er ab. Es war zum verrückt werden. Er war ein verdammter Dickschädel. Im gleichen Maße wie ihre Frustration stieg, wurde Albus unruhiger. Er warf ständig einen Blick auf die Uhr (Was er sonst nur in Zauberreigeschichte tat) und wurde zunehmend nervöser. Aber natürlich schwieg er sich über den Grund aus. Mieser Egoist. Merkte er nicht, dass es ihr nicht egal war, wenn er ganz offensichtlich Probleme hatte, die nicht mit Quidditch zu tun hatten?
 

Es dauerte anderthalb Wochen bis ihr ein Verdacht kam. Sie war mit Al auf dem Weg zu Kräuterkunde, als sie Mark Phelps auf dem Flur begegneten. Aber er war nicht wie sonst. Er machte keine blöde Bemerkung, er sah sie noch nicht mal an… er… war verblüffend friedfertig. Alice nickte ihm kurz zu, doch Phelps Blick ruhte auf Albus. Al sah auf und in dem Moment, in dem sich ihre Blicke kreuzten, war da eine Spannung, die sie nicht beschreiben konnte. Ein Grinsen zog sich auf Phelps Züge, während Albus versteinert wirkte und seinen Schritt beschleunigte. Da war etwas… da war etwas zwischen den beiden vorgefallen, das Al ihr immer noch nicht sagte und ihr wurde klar, dass Mark Phelps seine Worte in Hogsmeade todernst gemeint hatte. Er wollte Al wirklich eins auswischen und wegen irgendeinem verrückten Grund, wehrte sich Albus nicht. Oder er konnte es nicht.
 

Nachdem das ganze Fiasko eine weitere Woche angedauert hatte und ihr weder Rose, noch Scorpius und Lorcan helfen konnten, entschied Alice die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Es war ein Donnerstagnachmittag und sie wartete auf der Quidditchtribüne darauf, dass das Training der Slytherins beendet war. Eigentlich hatte sie ja Vertrauensschüleraufsicht, aber… nun ja… das konnte ja mal warten.
 

Endlich ertönte der Pfiff und Alice packte eilig ihr Verwandlungsbuch, in dem sie gelesen hatte, in ihre Tasche. Die Spieler landeten. Sie erkannte Scorpius und Al, die miteinander scherzten, doch der Schein trog. Sie kam gerade unten an, als Albus und Scorpius in die Umkleide gehen wollten. „Albus.“ Die beiden sahen auf. „Alice?“ Albus war überrascht und mit Genugtuung erkannte sie, dass sie ihn überrumpelt hatte. „Ich lass euch dann mal allein“, erklärte Scorpius, „es sei denn du willst mit in die Umkleide kommen, Longbottom.“ Alice wurde knallrot. „Nein, du Spinner!“ Aber Scorpius lachte bloß und verschwand in der Umkleide.
 

„Also?“, fragte Al. „Lass uns ein Stück gehen“, sagte Alice. Al warf ihr einen merkwürdigen Blick zu, doch dann machten sie sich doch auf den Weg Richtung See. Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. Das schöne Herbstwetter war tristem Novembergrau gewichen und dementsprechend ungemütlich war es auch jetzt. Auf einmal blieb Albus stehen. Sie waren weit aus der Hörweite jeder anderen Person. Al sah sie demonstrativ an. „Okay…“, begann Alice, „okay… ähm…“ „Du stotterst, Alice.“ Wäre die Situation nicht so verdammt ernst gewesen, hätte sie das fast komisch gefunden. „Ich mache mir Sorgen um dich, Albus“, platzte sie heraus, „du benimmst dich komisch und irgendwie glaube ich, dass Mark Phelps etwas damit zu tun hat. Als wir in Hogsmeade waren… Egal, sag mir endlich, was mit dir los ist, Al!“ „Das hat nichts mit dir zu tun, Alice“, lenkte Albus ab. Wieder wich er ihr aus. Am liebsten hätte sie ihn am Quidditchumhang geschnappt und in den See geworfen.
 

„Wirklich, ich will dich da nicht mit reinzieh-“ „Oh, nein!“, fauchte Alice, „du erklärst mir jetzt was Sache ist! Mir völlig egal, ob mich das etwas angeht, oder nicht. Ich will dir helfen, wir sind doch Freunde und-“ „Phelps erpresst mich.“ „-die sind dafür da füreinander da zu sein. Wie?“ „Phelps erpresst mich“, wiederholte Albus. „Was? Aber wieso?“ „Nun, du hast ihn doch gehört. Er glaubt, dass ich ihn verhext habe und will sich an mir rächen. Er hat es mir beim Spiel gesagt, deswegen war ich auch nicht da.“ In ihrer Erinnerung tauchte das Bild der beiden Zuschauer auf, die, während das Spiel noch lief, in Richtung Schule verschwanden. Jetzt war alles klar. „Aber womit erpresst er dich? Seit wann gibt es etwas, womit man dich erpressen kann?“
 

Al wirkte ehrlich ein wenig verlegen. „Äh, das gibt es eigentlich auch nicht, aber Phelps hat sich da was ausgedacht… ähm…“ „Was denn?“ „Ach, verflucht! Das Ding ist ein Fake, Alice. Fred hat Fotos gemacht – wenn ich den in die Finger kriege! Von wegen ‚zur Erinnerung‘!- als ich diese verfluchte Bohne verhext habe. Das hat Phelps ihm abgekauft und… ähm… er hat ein Bekennerschreiben mit meinem Namen in unsichtbarer Tinte aufgesetzt, das man nicht vor übermorgen lesen kann.“ Es klang so beleidigt, dass Alice sich ein Kichern verkneifen musste. Albus Potter fand es entwürdigend von so etwas Banalem wie unsichtbarer Tinte überführt zu werden…
 

„Wie auch immer… er hat mir bis morgen Zeit gegeben, dann schickt er das Zeug zu Watson. Ich habe absolut keine Möglichkeit da ran zu kommen und ich kann es auch nicht leugnen, sonst sitzt du genauso in der Tinte.“ „Aber irgendwas muss man doch machen können!“ Für einen kurzen Moment registrierte Alice, dass sie gerade dabei war, sich ernsthafte Gedanken darüber zu machen, wie man die Regeln brechen konnte. „Ich habe schon alles versucht, aber der ist schlau. Jeder würde glauben, dass das auf mein Konto geht - es geht ja auch auf mein Konto… irgendwie - und außerdem kann ich ja schließlich nicht einfach so in Watson’s Büro marschieren, die Sachen klauen, bevor Watson sie liest, und fröhlich wieder raus spazieren. Ich- Das ist es!“ Alice verstand nur Bahnhof, aber plötzlich trat ein Funkeln in Albus‘ Augen, dass ihr Angst und Bange wurde. Er heckte schon wieder irgendwas aus!
 

„Alice…“ „Äh, was?“ „Du könntest mir helfen. Du bist Vertrauensschülerin, keiner würde Verdacht schöpfen. Du könntest einfach sagen, dass du Watson was von deinem Dad vorbeibringen sollst!“ Er klang furchtbar begeistert und Alice hatte die dumpfe Vermutung, dass sie sich mal wieder um Kopf und Kragen geredet hatte. „Soll das wieder eine Erpressung werden, Albus Potter!?“ Albus Begeisterung erlosch und auf einmal wurde er merkwürdig ernst.

„Nein…“, sagte er, „es war nicht richtig von mir… du brauchst mir nicht helfen, wenn du das nicht willst.“ Alice Herz schlug einen Purzelbaum. Er ließ ihr die Wahl. Sie konnte sich dafür entscheiden, ihm zu helfen, aber auch ihn diese Sache selbst ausbügeln zu lassen. Aber… sie wollte auch Phelps nicht gewinnen lassen, sie wollte den fröhlichen Albus zurück (diese mürrische Art passte ganz und gar nicht zu ihm…) und sie wollte endlich Antworten auf all ihre Fragen. Alice blickte Al fest in die Augen. „Du kannst auf mich zählen.“
 


 

~ ♦ ~
 

Sie hatte keine Ahnung, was Al sich dabei gedacht hatte. ‚Komm in den siebten Stock. An die Stelle, wo Watson uns bei dem Streich fast erwischt hat.‘ Konnte er sich nicht etwas klarer ausdrücken? Was sollte sie bitte im siebten Stock? Das Büro von ihrem Hausmeister lag am anderen Ende des Schlosses, verdammt! Schlimm genug, dass sie sich irgendwie dazu bereit erklärt hatte, ihm zu helfen, aber… musste er alles noch unnötig kompliziert machen?!
 

Alice kam schlitternd in einem Korridor im siebten Stock zum Stehen. Hier musste es sein. Dort hatten Rose und Scorpius sich geküsst und direkt davor – wo war die Besenkammer? Für einen Moment glaubte Alice, sich vertan zu haben, aber dort stand eine Rüstung, die sie ganz sicher auf ihrer Flucht zu sehen geglaubt hatte. Aber wo war Albus? Alice wurde nervös. Niemand zu sehen. Allerdings war der Gemeinschaftsraum der Gryffindors ganz in der Nähe und die Wahrscheinlichkeit, dass sie jemanden über den Weg lief, war auch nicht gerade gering. Wo zum Teufel blieb Albus?
 

Gerade als sie zum Schluss gekommen war, doch falsch zu sein und im nächsten Gang nachsehen wollte, ob ihr Komplize sich nicht dort versteckt hatte, geschah etwas, das ihr den Atem nahm: In der Wand bildete sich ein Riss, Ornamente wurden sichtbar, dann die Umrisse einer riesigen Tür. Die Magie schien über den Stein zu fließen wie Wasser und legte etwas Gewaltiges frei. Auf einmal schwang eine Tür auf, wo vorher nur Stein gewesen war, und ein grinsender Albus trat ihr entgegen. Natürlich! Der Raum der Wünsche! Deswegen hatte Mr Watson sie nicht gefunden… Ihr Dad hatte ihr doch so viele Geschichten über ihn erzählt, wie hatte sie nur so blind sein können!
 

„Na?“ Albus Grinsen wurde breiter. „Genial, oder?“ Alice nickte noch immer etwas überrumpelt. „Komm‘“, forderte sie Al auf und trat einen Schritt beiseite, um sie durch zu lassen. Alice konnte nicht leugnen, dass sie ein klein wenig neugierig war. Für was mochte sich der Raum für Albus verwandeln? Ihr Dad hatte ihr erzählt, dass der Raum der Wünsche nach dem zweiten großen Zaubererkrieg wieder in seinen Ursprungszustand zurück versetzt worden war. Doch sie hatte nie die Gelegenheit gehabt, ihn zu betreten. Es rumpelte hinter ihr und die Tür schloss sich wieder.
 

Der Raum war … typisch Al. In einer Ecke stand eine gemütliche Sofaecke mit kleinem Tischchen, auf dem eine Schale mit Süßigkeiten stand (Daneben lag ein Handbuch mit den besten Streichideen von ganzen Generationen an Hogwartsschülern – alles handverfasst), in einer anderen eine Tafel mit detaillierten Quidditchstrategien. Es gab auch einen Kamin, in dem ein Feuer brannte, aber trotzdem hatte der Raum seine offene Seite behalten.
 

„Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut.“ Alice drehte sich zu Al um, der bereits die ausgebreitete Karte des Rumtreibers über den Quidditchplan pinnte. „Okay“, murmelte Albus, „Watson ist in seinem Büro. Ich habe ein paar Feuerwerkskörper im zweiten Stock installiert, die in genau zwanzig Minuten hoch gehen. Dann kannst du in sein Büro, wenn er nachsehen geht.“ „Warte mal! Du bereitest einen Streich vor, um von einem anderen abzulenken? Das ist doch verrückt, Al!“ „Lieber für einen Streich erwischt werden, den ich selber mache, als von einem Idioten angeschwärzt werden“, gab Al zurück. Das war doch einfach unglaublich! Der Typ machte sie fertig.
 

„Du gehst also durch diese Geheimgänge, das sind alles Abkürzungen“, er deutete auf verborgene Zugänge, die die Karte des Rumtreibers allesamt offenbarte, „dann müsstest du es eigentlich in zehn Minuten schaffen.“ „Okay. Das klingt ja gar nicht so schwer.“ „Ist es auch nicht, Alice, der Plan ist schließlich von mir!“ „Natürlich!“, lachte Alice. ‚Und es kann trotzdem schief gehen‘, dachte sie sarkastisch. „Ich werde hier bleiben“, erklärte Al ihr dann, „ich überwache die Karte und, wenn du in Schwierigkeiten gerätst, aus denen du nicht mehr selber raus kommst, werde ich dir helfen. Ich kann dir leider die Karte nicht geben, wenn Watson dich damit erwischt und sie McGonagall zeigt, dann weiß sie ganz genau, was sich zugetragen hat. Dafür hat Dad einfach zu viel damit angestellt.“ Er grinste entschuldigend und Alice nahm es ihm auch nicht weiter übel, dass er leider nicht mit kommen konnte. Das war ein Plan, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen, nicht ihn noch tiefer hinein zu stoßen, wenn Al aufflog. Er brauchte sie, damit er aufging.
 

Albus sah auf die Uhr. „Du musst jetzt gehen, Alice, sonst schaffst du es nicht mehr.“ „Okay.“ Sie sah noch einmal auf die Karte des Rumtreibers und versuchte sich alle Geheimgänge und Abkürzungen zu merken, die sie brauchen würde. Es gab verdammt viele… Albus sah ihr die Zweifel an. „Du musst bloß das Foto und den Brief kriegen, Alice, danach kommst du ohne irgendwelche Umwege zurück. Du kannst den Raum der Wünsche öffnen, indem du dreimal an den Ort denkst, wo ich bin. Wenn es schnell gehen muss, öffne ich ihn dir, ich sehe dich ja“, er deutete auf die Karte. Alice wandte sich nun ihrerseits zum Gehen. Ein Blick auf ihre Uhr hatte ihr gezeigt, dass sich schon fünf Minuten verschwendet hatten. Sie konnte das schaffen! Sie trat aus der Tür, atmete tief durch und umklammerte ihren Zauberstab unter ihrem Umhang. „Alice…“ Sie sah sich um. Al stand ein wenig verloren in dem Raum, der sich nun vollkommen dem Gefühl seiner Nervosität anpasste und Albus, der in dessen Mitte stand, verflucht klein aussehen ließ. In seinen Augen war plötzlich so viel mehr. Besorgnis. Vertrauen. Bewunderung. Nervosität. Angst… Angst um sie, nicht um sich selbst.
 

„Alice…ich… ich glaube an dich.“ Sie wollte noch etwas sagen, aber im selben Moment schloss sich die Tür und zurück blieb nur eine leere Wand, die Albus vor ihren Blicken verbarg. Ich glaube an dich. Es war nicht das erste Mal, dass sie diese Worte gehört hatte. Sie hatten ihr Kraft gegeben, sie waren ihr so wertvoll wie die Erinnerung an ihren ersten Tag in Hogwarts, sie waren so schön wie ein herrlicher Sonnenuntergang, der durch das Glasdach eines Gewächshauses schien. So wunderbar wie Fliegen und so liebevoll wie der Geruch eines neuen Buches.
 

Sie hatte Schwierigkeiten ihr pochendes Herz wieder unter Kontrolle zu bekommen. Einzig der Gedanke, dass Al ihr vertraute und auf sie zählte, hielt sie davon ab, darüber nachzudenken. Später… Alice schob den Gedanken beiseite… so weit fort, dass er noch warm in ihrem Inneren brannte, aber nicht mehr ihr rationales Denken beeinflussen konnte.
 

Sie kletterte durch ein Portrait, dessen geheimes Passwort Al ihr anvertraut hatte, fand sich in einem schmalen Gang wieder und bewegte sich schnell seitlich vorwärts. Ein weiteres Portrait klappte auf und Alice war im fünften Stock. Mit klopfendem Herzen sah sie sich um. Der Korridor lag ausgestorben vor ihr.
 

Es war ein seltsames Gefühl nachts in den Gängen des wie ausgestorben wirkenden Schlosses umherzustreifen. Jeder Schritt hörte sich ohrenbetäubend laut an und mit jeder Abbiegung, die sie nahm, hatte sie furchtbare Angst von irgendjemandem erwischt zu werden, wie sie durch das nächtliche Schloss streifte. Trotzdem hatte es auch etwas Schönes. Durch das Glas schien der Mond, die Nacht war so hell, dass sich die Schatten der Fensterrahmen auf dem Boden abzeichneten. Ob sich wohl James Potter, Sirius Black, Remus Lupin und Peter Pettigrew auch so gefühlt hatten, bevor das Schicksal sein grausames Spiel mit ihnen gespielt hatte? War es dem großen Harry Potter auch so ergangen wie ihr? War es dasselbe Gefühl? Wie empfand Al, wenn er mit Lorcan, Scorpius, Fred oder James etwas ausheckte und durch die Gänge streifte? Es war ein eigenartiger Zauber. Hogwarts‘ leere Gänge hatten etwas Vertrautes, dass sich wie Zuhause anfühlte, aber gleichzeitig war es ein Gefühl von Nervenkitzel, Wehmut, Unendlichkeit und reiner Magie. Alice fragte sich unwillkürlich, wie viele vor ihr das wohl empfunden haben mussten.
 

Nach einigen Abkürzungen, einer Begegnung mit Mr Wilson (ihr rutschte fast das Herz in die Hose), der ihr erklärte, er käme gerade von einem kleinen Umtrunk aus dem Dorf zurück und dem sie ihrerseits erzählte, sie müsse in den Gängen patrollieren, und kurzen Zwischenstopps, bei denen sie mit klopfenden Herzen hinter einem Vorhang, einem Wandbehang oder einer Statue darauf wartete, dass Geister sie nicht bemerkten, kam Alice endlich im ersten Stock an, in dem das Büro des Hausmeisters lag. Sie sah auf die Uhr. Noch zwei Minuten. Sie hatte es gerade rechtzeitig zu Mr Watson’s Büro geschafft.
 

Hinter dem Wandbehang, der einen Geheimgang verbarg, wartete sie mit angehaltenem Atem. Jedes Ticken ihrer Uhr nahm sie nun überdeutlich wahr und wartete nervös auf den Knall. Aber auf Al war Verlass. Sie begann die Sekunden zu zählen… Dreiundzwanzig… Zweiundzwanzig… Mr Watson’s‘ Büro war völlig ruhig… und ihr war kalt… Fünfzehn… Alice umklammerte ihren Zauberstab und ging noch mal all die Zauber, die ihr nützlich werden konnten, im Kopf durch… Sieben… Sechs… Fünf… War das ein Rumpeln? … Drei… Zwei … Eins… Ein ohrenbetäubender Lärm ein Stockwerk über ihr brach los. Alice zuckte zusammen, hielt sich die Ohren zu und die Tür des Hausmeisters krachte auf und ein hellwacher Hausmeister mit gezücktem Zauberstab rauschte Richtung Treppe, die zum zweiten Stock führte, nachdem er sein Büro abgeschlossen hatte.
 

Jetzt zählte es! Alice wischte den Vorhang beiseite, rannte zur Bürotür und richtete ihren Zauberstab auf das Schlüsselloch. „Alohomora!“ Die Tür ruckelte, öffnete sich aber nicht. Alice versuchte es noch mal, diesmal mit mehr Nachdruck. Nichts. „So einfach ist das nicht, junge Lady!“ Alice erschrak fürchterlich, aber nirgendwo gab es einen Anhaltspunkt, wo die Stimme hergekommen war. „Hier unten!“ Es klang leicht genervt. Alice stellte überrascht fest, dass die Stimme wie ein Bellen klang. Merkwürdig. Sie beschloss die Stimme zu ignorieren und zückte dann praktischeres Werkzeug als ihren Zauberstab. Alice hatte zwar keine Ahnung vom Schlösserknacken, aber Al hatte vorher gemeint, dass sie es für den Fall der Fälle besser dabei hatte. Nun war sie ihm dankbar. Wieso zum Teufel war er bei so etwas immer optimal vorbereitet und schaffte es dann nicht einen einfachen Verwandlungszauber auf die Reihe zu kriegen? Kurz entschlossen steckte Alice einen winzigen Schraubenschlüssel ins Schloss. „Hey! Edle Dame! Davon wird die Tür auch nicht aufgehen!“ Alice ließ vor Schreck den Schraubenschlüssel fallen und sah dann mit pochendem Herzen nach oben.
 

Auf Kopfhöhe war ein Türklopfer in Form eines Hundekopfes an der Tür angebracht. Der Hund trug ein Halsband mit der Aufschrift ‚Der Hund von Baskerville‘. Komisch… das hatte sie doch schon mal irgendwo gehört… „Wer bist du?“, flüsterte Alice. Oben hörte Alice ein paar laute Knalle… Lange würde das Mr Watson nicht mehr aufhalten…
 

„Der Hund von Baskerville“, antwortete der Hundekopf, „und wenn Ihr in das Büro meines Meisters hinein wollt, so müsst Ihr das Passwort nennen, junge Lady.“ Davon hatte nichts auf der Karte gestanden! Verfluchter Potter! „Na-natürlich“, stotterte Alice, obwohl sie keine Ahnung hatte, was sich jemand wie Mr Watson als Passwort überlegen würde. „Nun, edle Lady, wenn ich Euch Eingang gewähren soll, so nennt mir das Passwort.“ Der Hund setzte einen stolzen Blick auf und raffte den eisernen Kopf, den der Ex-Auror auf wundersame Weise zum Leben erweckt und damit zu einem perfekten Wächter gemacht hatte. Alice war zum Verzweifeln zumute. Das hatte Al nicht gewusst, sie saß an Ort und Stelle fest, der Hausmeister konnte jeden Moment zurück sein und sie stritt sich mit einem eisernen Hundekopf herum, der sich Hund von Baskerville nannte! Das Ganze war sowieso furchtbar ironisch. Er selbst hieß Watson, sein Türklopfer war nach dem Hund von Baskerville benannt, fehlte nur noch, dass sich der Hausmeister ein Gemälde von Sherlock Holmes zulegte! Moment… Das war es …
 

„Sherlock Holmes?“, fragte Alice. „Falsch!“, rief der Hundekopf, „der Meisterdetektiv mag nahe liegend sein, aber nun kann ich Sie nicht mehr einlassen, hübsches Mädchen, so Leid es mir tut.“ „Aber du musst mir helfen!“, rief Alice verzweifelt, „ich muss unbedingt einem Freund helfen.“ „So ehrenhaft Eure Absichten auch sein mögen, ich darf euch ohne Passwort nicht einlassen, junges Fräulein.“ Dieses Mistding! Langsam fing der Köter an, sie zu nerven. Konnte der ihr nicht mal einen Tipp geben?! Trotzdem… Sherlock Holmes war auf jeden Fall in die richtige Richtung gedacht gewesen, aber es passte einfach nicht! Wie war das noch gewesen? Da gab es doch so ein Zitat… ‚Wenn du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das was übrig ist, die Wahrheit, so unwahrscheinlich sie auch ist.‘ Sherlock Holmes war nicht das Passwort, aber- „Es wäre mir wirklich eine Freude, mich noch länger zu unterhalten, mein Stern in finsterer Nacht-“ Jetzt wurde er unverschämt! „-aber ich würde Ihnen raten sich augenblicklich wieder in ihr Bett zu begeben und-“ „Sir Arthur Conan Doyle.“
 

Der Hund von Baskerville hielt mitten in seiner Predigt inne und sah sie dann mit treuen Hundeaugen an. „Das ist richtig, edle Lady, ich gewähre Euch nun Eintritt.“ Die Tür schwang auf und Alice stürzte in das Büro. Sobald sie über die Schwelle getreten war, stolperte sie fast über einen großen Karton. Der Raum war wirklich nicht sehr ordentlich. Auf dem Schreibtisch lagen ein paar Dutzend Zettel und Briefe, mal beschrieben, mal blank. Es gab etliche Schubladen mit Akten auf einem Regal, die mit ‚Erstklässlerstreiche‘, ‚Krankheitssimulation‘, ‚besondere Schwere‘, ‚Verbotenes Zaubern auf den Gängen‘, ‚Nachsitzen‘, „Weasley-Potter-Streiche‘ (Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen), ‚Ungelöst‘ und zahlreichen anderen betitelt waren.
 

Vorsichtig bewegte sich Alice durch den Raum. Dann hob sie den Zauberstab. „Accio Beweisfoto!“ Eine der Schubladen ruckelte, kippte um, krachte auf den Boden und ein zerknitterter Briefumschlag schoss aus dem Gewühl heraus. Alice fing den Brief in der Luft und war mehr als froh, dass sie den Aufrufezauber perfekt beherrschte. Sie riss den Brief auf, der – Merlin sei Dank! - noch ungeöffnet war. Sie zog das Foto heraus. Fred hatte Al wirklich gut getroffen, aber da dieser Scherzkeks selbst ein Meister der Streiche war, war es kein Wunder, dass er den Braten gerochen und Al genau in dem Moment abgelichtet hatte, als er den Vorhang zurück geschoben und mit Pigmentum die Bohnen verfärbt hatte. Alice steckte das Foto in die Innentasche ihres Umhangs.

Über ihr explodierte irgendwas. Sie zuckte zusammen… Jetzt musste es schnell gehen. Al hatte das alles geplant und bislang waren Al’s Pläne alle aufgegangen. Und sie war drin! Jetzt nur noch das Bekennerschreiben… Sie zog ein sorgfältig gefaltetes Blatt Papier aus dem Umschlag und faltete ihn auf. Nichts… Albus hatte recht gehabt. Phelps verwendete unsichtbare Tinte, aber sie war nicht umsonst ein Ass in Zauberkunst.
 

Alice tippte dreimal gegen das Papier und sagte grimmig: „Aparecium.“ Augenblicklich erschienen Linien und Buchstaben auf dem Papier und enthüllten ihr ein fein säuberlich aufgesetztes Schreiben, das aus der Feder von Mark Phelps stammte. Dieser Mistkerl! Alice grinste und ließ den Brief in Flammen aufgehen. Übrig blieb ein Häufchen Asche. Das wäre erledigt, sie- Es war zu still… Das Knallen über ihr hatte aufgehört. Panisch stürzte Alice zur Tür, stolperte über die herausgefallene Schublade und landete schmerzhaft auf ihrem Musikknochen. Schritte… Watson kam wieder! Verflucht noch mal! Albus hatte ihr nicht genügend Zeit verschafft! Und dann dieser bescheuerte Türklopfer!
 

Sie rappelte sich, erreichte die Tür, die sie rachsüchtig zuknallte („Aber, edle Lady!“, rief der Hund von Baskerville empört.), und rannte auf dem schnellsten Weg den Korridor herunter. Die Schritte wurden immer lauter, sie erklangen in immer kürzeren Abschnitten und dann war Watson auf einmal hinter ihr. „Hey!“, brüllte er, „sofort stehen bleiben! Was hast du in meinem Büro gemacht!“ Alice nahm die Beine in die Hand und gab Fersengeld.
 

Sie verfluchte Albus einmal mehr und rannte so schnell sie konnte. Es war tiefste Nacht und sie fragte sich nun schon zum zwölften Mal wie sie so blöd sein konnte sich von ihm abermals überreden zu lassen (erpressen traf es eher!) eine seiner bescheuerten Ideen mitzumachen. Alice schob ihre Brille, die ihr beim Laufen auf die Nasenspitze gerutscht war, wieder an ihren Platz, biss die Zähne zusammen und machte, dass sie wegkam, bevor Mr Watson, der seinem Namen leider alle Ehre machte, sie beim nächtlichen Herumstreunen erwischte. Dreimal verfluchter Potter!
 

Nach einigen Abbiegungen, Abkürzungen und einer wilden Jagd durch den ganzen dritten Stock (als sie am zweiten vorbei kam, sah sie mit Entsetzen, dass das Feuerwerk an den Wänden explodiert war und etliche Brandflecken hinterlassen hatte), stolperte sie die Treppe zur Bibliothek hinauf. „Stehen bleiben!“, brüllte Watson. Alice stürzte ohne lange nachzudenken in die Bibliothek und flüsterte: „Colloportus.“ Mit einem Klicken versiegelte sich die Tür und Watson haute im nächsten Augenblick wütend darauf. Alice rannte durch die Regalreihen, ragte unterwegs ein paar Bücher um, die hinter ihr zu Boden gingen, und versuchte verzweifelt den zweiten Eingang zu finden.
 

Ein lautes Krachen kam von dem Eingang, den sie soeben versiegelt hatte. Der Ex-Auror hatte ihren Zauber aufgehoben und machte sich nun an die Verfolgung. Alice wurde panisch. Warum hatte Al nicht gesagt, was sie machen sollte, wenn etwas schief ging? Der Plan ist von mir. Es kann gar nichts schief gehen, Alice! Dass sie nicht lachte! Dreimal verfluchter Potter!
 

Da! Der zweite Eingang. Ohne zu überlegen, stürzte sie darauf zu, achtete nicht auf ihren Weg und ragte einen dicken Wälzer vom Regal, der ihr prompt auf den Fuß fiel. Alice konnte einen Schmerzenslaut nicht unterdrücken. Watson horchte auf. „Komm‘ raus, zum Teufel noch mal! Ich kriege dich sowieso und dann droht dir Nachsitzen, das sich gewaschen hat, Freundchen!“ Das trug nicht unbedingt dazu bei, sie zu überzeugen, sich friedlich zu stellen.
 

Sie setzte alles auf eine Karte, rannte auf die Tür zu (Watson war kurz hinter ihr), stieß sie auf und stürzte durch einen Wandteppich, der einen weiteren Geheimgang verbarg. „Duro!“, keuchte Alice und versteinerte damit den Teppich. Watson stieß einen Fluch aus. Alice rappelte sich auf und besah sich ihren Fuß. Das gab einen blauen Fleck. Dafür würde Al büßen! Aber jetzt hatte sie keine Zeit darüber nachzudenken, sie musste unbedingt den Raum der Wünsche erreichen… Tapfer richtete sich das Mädchen auf und folgte dem Geheimgang, der sie neben einem Portrait eines Zauberers mit Schnurrbart wieder ausspuckte.
 

„Confringo!“ Es gab eine Explosion und Alice war sich sicher, dass Mr Watson soeben den Teppich in kleine Stücke gesprengt hatte. Verflucht! Aber sie hatte es fast geschafft… sie war bereits im sechsten Stock und hatte einen Vorsprung. Alice versteinerte auch noch den anderen Teppich an ihrem Ende, drehte sich um – und erstarrte.
 

„Oh!“, machte ein erstaunter Peeves, der gerade unlautere Parolen an die Wände schmierte, „wen haben wir denn da? Wenn das nicht die kleine Longbottom vom Herrn Professor ist. Weiß er, dass sein kleines Mädchen sich des Nachts auf den Gängen herum treibt?“ „Ich habe jetzt gerade keine Zeit, Peeves“, sagte Alice eingeschüchtert. Der Poltergeist neigte einen Kopf zur Seite. „Aber, aber, kleine Longbottom, du hast doch sicher Zeit für ein Pläuschchen mit dem armen Peeves…“ „Äh, nein, wirklich nicht. Tut mir Leid.“ „Verflucht noch mal! Mach gefälligst den Weg frei!“ Watson hatte aufgeholt und Alice war zwischen dem Poltergeist und ihrem Verfolger eingekesselt. So ein Eulenmist! Wenn sie Al jemals in die Finger bekam, würde er für diese Nacht bezahlen!
 

„Unterhalte dich doch mit Mr Watson“, schlug Alice vor und rannte kurz entschlossen unter dem Geist hindurch. „Ich will mich aber mit dir unterhalten!“, gackerte der Geist und warf einen Eimer rote Farbe nach ihr. Der verfehlte sie, kam zwei Meter hinter ihr auf und spritzte sie mit roter Farbe voll. „Confringo!“ Der zweite Wandteppich explodierte. „Peeves!“, brüllte Watson und die Aufmerksamkeit des Geistes war für einen kurzen Augenblick abgelenkt. Unendlich dankbar machte sich Alice so schnell wie möglich aus dem Staub.
 

Hinter ihr brach ein furchtbares Donnerwetter los, als auch der Hausmeister ihre Verfolgung kurzzeitig aufgab und sich den Geist zur Brust nahm, der sämtliche Wände des Korridors vorgekritzelt hatte.
 

Alice erreichte völlig außer Atem und mit schrecklichen Seitenstichen den siebten Stock, fand den Gang, in dem der Raum der Wünsche lag, und schloss die Augen. Sie musste sich nicht großartig anstrengen, da sie darauf brannte, den verfluchten Potter in die Finger zu kriegen. Zeig mir den Ort, wo Al ist… Zeig mir den Ort, wo Al ist … Zeig mir den Ort, wo Al ist, damit ich ihn so gründlich durch hexen kann, dass er nicht weiß, wie ihm geschieht…
 

Alice öffnete die Augen und mit grimmigen Vergnügen stellte sie fest, dass sie es geschafft hatte. Da war der Raum der Wünsche. Sie öffnete die Tür, schlüpfte hindurch und fand sich einem strahlenden Al gegenüber.
 

„Alice? Hast du es geschafft? Was ist mit dem Foto und dem Brief!“ Alice atmete einmal tief durch, dann funkelte sie Al an. „Ob ich es geschafft habe? Oh, ja, Albus Severus Potter! ICH HABE ES GESCHAFFT! Aber vorher konnte ich mich mit einem bekloppten Türklopfer herum ärgern – wusstest du, dass Watson ein PASSWORT für sein Büro hat?- und dann war dein sogenanntes Ablenkungsmanöver viel zu kurz! Kaum hatte ich deinen Arsch aus der Scheiße gezogen, hat mich Watson durch das halbe Schloss gejagt – oh, und ich vergaß zu erwähnen, dass ich blaue Flecke am Fuß, am Arm und an Stellen habe, von denen ich noch nicht mal wusste, dass ich sie habe – nur um am Ende Peeves in die Arme zu laufen, der mich mit Farbe bespritzt hat. Aber ja, Al: Ich habe dein beklopptes Foto!“ Sie pfefferte es auf den Boden. „Aber jetzt reicht’s! Ich habe genug von deinen beschissenen Ideen und diesem verfluchten Erpressungskram! Ich will, dass du mir auf der Stelle sagst, warum du mich erpressen musstest, Albus Severus Potter, sonst schwöre ich, dass du den Tag nicht mehr erleben wirst, an dem du in Hogwarts deinen Abschlu-“
 

„Ich mag dich, Alice!“
 

Sie starrte ihn an. Albus lief merklich rot an. „Aber du… du hast es nie bemerkt! Du bist immer vor mir weggelaufen, weil ich dir früher immer Streiche gespielt habe. Und dann kam mir die Idee mit der Erpressung. Ich wollte Zeit mit dir verbringen und ich wollte, dass du merkst, dass ich in dich verliebt bin. Die ganze Zeit über! Aber du… du hast gesagt, dass du nie mit mir ausgehen würdest, du hast gesagt, ich bin nur ein Freund für dich! Aber ich wollte dir Mut machen und dich selbstbewusst machen, deswegen habe ich dir das Quidditch angedreht und die Nachricht geschickt!“ Er holte tief Luft, sah verlegen aus… und gleichzeitig froh darüber, dass er alles los wurde, was er scheinbar eine Ewigkeit mit sich herum schleppte. „Ich wollte dir deine Wünsche erfüllen, die du mir hier anvertraut hast. Ich wollte dir diesen Liebesbrief geben und die Blumen und ein Date! Aber das war kein Date, egal wie sehr ich mir gewünscht habe, dass es das ist. Ich… ich-“
 

Er kam nicht mehr dazu, irgendetwas zu sagen, da Alice ihm in diesem Moment die Hände an die Wangen legte und ihn küsste. Sie hatte noch nie zuvor einen Jungen geküsst, schon gar nicht aus Eigeninitiative. Aber das hier war Al… Al, der in sie verliebt war… der die ganze Zeit in sie verliebt gewesen war und ihr all diese wunderbaren Erlebnisse geschenkt hatte. Es war so offensichtlich gewesen. Rose hatte es gewusst, Scorpius und Fred. Selbst Phelps war nicht so blind wie sie gewesen, aber das war egal. Es war alles egal.
 

Albus war von ihrer Reaktion vollkommen überrumpelt und brauchte eine halbe Ewigkeit bis er den Kuss erwiderte. Sanft und warm berührten seine Lippen die ihren, nahmen sie ganz ein und gaben ihr ein Gefühl, das ganz und gar Al war. Herausfordernd fuhren seine Lippen über ihre, seine Hände strichen über ihren Rücken und intensivierten das Gefühl des Kusses. Mit jeder Berührung schlug ihr Herz schneller, so schnell, dass sie irgendwann nichts mehr um sich herum wahrnahm. Bis sie nicht mehr wusste, ob Albus sie küsste, oder sie Albus, oder wo er aufhörte und sie begann. Es war wunderschön und aufregend und so voller Liebe, dass es ihr Tränen der Rührung in die Augen trieb. Vielleicht stimmte es ja wirklich, dass der Raum der Wünsche einem seine Wünsche erfüllte. Sie hatte Albus hier ihr Herz ausgeschüttet und alles, was sie sich gewünscht hatte, war in Erfüllung gegangen. Es war … eine ganz eigene Magie… aber eigentlich war es Albus gewesen, der ihr all das gegeben hatte.
 

Endlich lösten sie sich voneinander. Alice ließ ihre Hände auf Al’s Brust sinken und konnte die Röte doch nicht ganz aus ihrem Gesicht vertreiben. „Du bist ein Idiot, Albus Severus Potter“, flüsterte Alice, „ich bin doch längst in dich verliebt.“ Albus sah sie an und diesmal verstand Alice den Ausdruck in seinen grünen Augen. Liebe. So einfach, so offensichtlich und trotzdem so schwer zu begreifen. Und dann küsste Albus sie ein zweites Mal. Er fuhr durch ihr Haar und küsste sie so begierig, dass sie kaum dazu kam Luft zu holen. Ein aufregendes Prickeln breitete sich von ihren Fingerspitzen aus in ihrem ganzen Körper aus. Alice schmiegte sich an ihn. Al war so warm und durch jede seiner Bewegungen spürte sie das Glücksgefühl, das er empfand. Es war unbeschreiblich…
 

„Alice“, flüsterte er und abermals spürte sie seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht. Mehr brauchte es nicht. Keine Worte wären in der Lage gewesen das zu beschreiben, was sie beide in diesem Moment fühlte. Alice‘ Ärger war verflogen. Mochten Peeves und Watson sich doch draußen gegenseitig an die Gurgel gehen… Albus legte eine Hand an ihre Wange und strich sanft über ihre Haut. „Alice Longbottom…“, sagte Al, „möchtest du mit mir ausgehen?“ Alice schluckte die Tränen herunter und nickte dann schnell. Sie blinzelte und sah wie sich ein Grinsen auf Al’s Gesicht ausbreitete. „Aber… ich lasse dich trotzdem im Quidditchfinale nicht gewinnen“, erklärte sie schwach. Albus hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft. Alice kreischte erschrocken auf. „Du wärst auch nicht meine Freundin, wenn du es tätest!“, lachte er und dann küssten sie sich ein drittes Mal.
 

Alice spürte einen gewissen Triumpf darin, aber diesmal machte es ihr nichts aus. Sie kannte Al seit ihrer Kindheit, er hatte ihr im Laufstall die Rassel geklaut, ihre Haare blau gefärbt und mit ihr einen ganzen Kuchen verputzt. Er hatte sie zu einem ersten Besenflug überredet, der in einem Baum geendet war. Durch seine Schuld war sie an ihrem ersten Schultag in den See gefallen und er war es auch, der sie während ihrer Schulzeit etliche Male ins Chaos stürzte. Mit ihm hatte sie sich an Mark Phelps gerächt, war zum ersten Mal in ihrem Leben betrunken gewesen und zur Quidditchhoffnung von ganz Hufflepuff aufgestiegen. Sie war mutiger geworden und selbstbewusster. Alice lächelte in den Kuss hinein. Wenn Albus sich ein Ziel gesetzt, dann erreichte er es auch. Al bekam immer, was er wollte.
 


 

ENDE
 


 

~ ♦ ~
 

Es ist vollbracht! Ich kann endlich die kleinen Notizzettelchen entsorgen und mich auf alle weiteren Projekte stürzen, aber verdammt bin ich wehmütig! Diese Geschichte ist mir wirklich wahnsinnig ans Herz gewachsn. Ich habe hier etliche Dinge recherchiert und manchen Zauber selbst ausgedacht. Aber am meisten hoffe ich natürlich, dass euch die Abenteuer von Albus und Alice genauso viel Spaß gemacht haben wie mir. Im letzten und längste Teil (der ja eher wieder meine gewohnte Länge hat) laufen nun alle Fäden zusammen. Erkennt ihr den Anfang wieder? Wie gefielt euch die Auflösung mit dem Raum der Wünsche? Ich find den Türklopfer ja genial, ihr? Habt ihr die kleine Andeutung an Harry und Ginny's ersten Kuss im Raum der Wünsche verstanden? Ist die Bedeutung des Titels klar geworden? Ach... ich habe hier vielleicht sogar etwas zu viel verarbeitet.
 

Aber ohne ein paar Leute wäre das hier wahrscheinlich niemals zustande gekommen. Zuerst einmal: Heaven. Ich danke, danke, danke dir für diesen wunderbaren Wettbewerb, denn ohne, dass du mich nicht überzeugt hättest, wäre dieses 80-Seitige-Word-Dokument nie entstanden. Daher hoffe ich natürlich, dass mein Beitrag zufriedenstellend ist (der letzte Teil ist deswegen so lang, weil du ein Limit von 7 Kapitel gegeben hast.) Dann noch ein ganz liebes Dankeschön an AyaPapaya, die mir stets mit Ratschlägen zur Seite stand und eine ganz wunderbare Beta ist und Dahlie, die sich all meine verrückten Ideen angehört hat, mit Spannung jedes Kapitel abgewartet hat (Gott bist du neugierig XDD) und mir einen Tritt in den Hintern gegeben hat, damit ich ein bisschen schneller fertig werde. (Sonst hätte das nämlich noch dauern können.) Und natürlich allen Kommentatoren, Lesern und Favoritenlisteneinträger. Bitte lasst euch doch beim letzten Teil alle noch mal dazu herunter wenigstens einen kurzen Kommentar zu hinterlassen.
 

Ich weiß noch nicht genau, ob ich noch mal etwas im Harry Potte Fandom schreibe, aber man weiß ja bekanntlich nie. Al und Alice sind mir total ans Herz gewachsen und Rose und Scorpius auch. Ach, sie sind einfach alle toll XDD
 

So, wen es interessiert, so sah die Quidditchsaison bei mir aus ^^
 

Slytherin vs. Gryffinor = Sieger Slytherin

Hufflepuff vs. Ravenclaw = Sieger Hufflepuff

Ravenclaw vs. Gryffindor = Sieger Ravenclaw

Slytherin vs. Ravenclaw = Sieger Slytherin

Hufflepuff vs. Gryffindor = Sieger Hufflepuff

Slytherin vs. Hufflepuff = Sieger Hufflepuff
 

(Alice gewinnt, aber wie das müsst ihr euch selbst überlegen, kann ja sein, dass Al leicht abgelenkt gewesen war, sehr zu der Freude seiner Verwandschaft, die ja eifrig Wetten abgeschlossen hatten)
 

Slytherin: 2 Siege, 1 Niederlage

Gryffindor: 0 Siege, 3 Niederlagen

Ravenclaw: 1 Sieg, 2 Niederlagen

Hufflepuff: 3 Siege, 0 Niederlagen = Meister
 

Verwendete Zauber werden später aufgelistet.
 

Alles, alles Liebe und vielen Dank für die schöne Zeit mit euch und Something that I want! DANKE!!!
 

eure moony
 

P.S: Lob und Kritik wie immer herzlich willkommen! Wünscht mir Glück für den Wettbewerb ^^



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Kommentare zu dieser Fanfic (60)
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Von:  Hinarika
2017-01-07T11:23:19+00:00 07.01.2017 12:23
Ich kann verstehen, dass dir die Geschichte während dem Schreiben ans Herz gewachsen ist, sie ist auch wirklich toll geworden und hat mir super gut gefallen!
Vor allem mit dem letzten Kapitel hast du ein wahnsinnig tolles und auch beeindruckend langes Ende gezaubert!
Wie Al dann endlich mit der Sprache herausgerückt hat, war zuckersüß und die beiden passen einfach super zusammen!
Vielen Dank, für diese tolle FF!

GLG
Hinarika
Von:  Hinarika
2017-01-07T10:44:30+00:00 07.01.2017 11:44
Das war auch ein absolut tolles Kapitel!
Mit einer Standpauke alla Neville Longbottom, die mir Lachtränen in die Augen getrieben hat XD
Ich finde es super süß dargestellt, wie Alice sich langsam ihrer Gefühle für Al bewusst wird und das Gespräch am Ende hat auch mal gut seine Position zu dem Ganzen angedeutet...
Und ich habe mich schon gefragt, wie lange Alice es noch aushält das mit dem Büro geheim zu halten!
Von:  Hinarika
2017-01-07T10:20:10+00:00 07.01.2017 11:20
Also, das war bis jetzt mein absolutes Lieblingskapitel!!!
Die beiden sind einfach zuckersüß zusammen X3
Und du zeigst wunderbar, wie gut die beiden sich ergänzen, gerade weil sie so unterschiedliche Charaktere sind: Albus zwingt Alice auch mal neue Dinge auszuprobieren und sich auf Abenteuer einzulassen und durch sie wird Albus wiederum ruhiger!
Ich finde du hast die beiden super getroffen und bin schon gespannt, wies weiter geht!

GLG
Hinarika
Von:  Hinarika
2017-01-07T10:01:49+00:00 07.01.2017 11:01
Arme Alice, sie hat so ein schlechtes Gewissen, dabei ist das Ganze wirklich nicht allein ihre Schuld...
Ich liebe Neville einfach :3 und ich finde du hast ihn fantastisch getroffen!
Und Rose Temperament dazu, das passt auch super!!!
Aber Albus Grinsen zum Ende hin kann einem beinahe Angst machen... ich bin schon gespannt, was er dieses Mal will, auch wenn ich da schon eine Idee hätte...
Von:  Hinarika
2017-01-07T09:42:26+00:00 07.01.2017 10:42
Also ich kann Alice verstehen, ich glaube an der Stelle wäre mir auch der Kragen geplatzt...
Und das ist genau das, was ich über Albus Vorgehensweise meinte...
Ich bin schon sehr gespannt wies weiter geht und werd gleich mal weiterlesen, um es herauszufinden ;)
Von:  Hinarika
2017-01-07T09:35:28+00:00 07.01.2017 10:35
Oh je, die arme Alice kann einem wirklich leid tun >.<
Und Albus... also wirklich, typisch Slytherin ;)
Mir hat auch das zweite Kapitel sehr gut gefallen und ich bin schon sehr gespannt darauf, was Albus Alice noch so alles aufhalst...
Aber vielleicht sollte ihm mal jemand sagen, dass die "Ich ärgere das Mädchen, das ich mag"-Strategie, so ihre Tücken hat ;)

GLG
Hinarika
Von:  Hinarika
2017-01-07T09:27:22+00:00 07.01.2017 10:27
Hey^^
ich wünsche dir erstmal noch ein gutes neues Jahr!!!

Ich drücke mich gerade davor an meiner Hausarbeit zu arbeiten und habe mich deshalb viel lieber daran gemacht mal in eine deiner Harry Potter FFs reinzulesen ;)
Das erste Kapitel hat mir schonmal super gut gefallen und mich so manches Mal zum Schmunzeln gebracht!
Ich finde es schön, dass du die Beziehung von Alice und Albus kurz aber nicht ausschweifend ausgearbeitet hast!
Ein toller Einstieg, der definitiv Lust auf mehr macht^^

GLG
Hinarika
Von:  L-San
2014-09-15T19:31:38+00:00 15.09.2014 21:31


Yo, moony! ;D


Uff, hier komme ich endlich zum Kommentieren, nachdem ich schockierenderweise festgestellt habe, dass das Kapitel über 10.000 Wörter hat. O.o
Aber umso schöner, das Ganze zu genießen.^^
Ich muss sagen, ich bin etwas verwirrt gewesen am Anfang.
Im letzten Kapitel hat sie heimlich mitbekommen, das Al - hört sich fast an wie L - auf sie steht, aber irgendwie wurde darauf in diesem Kapitel wenig eingegangen.
Klar, im Nachhinein erinnert sie sich einmal daran, aber vielleicht wäre es interessanter, wenn sie sich im Verlauf dieses Kapitels immer wieder an das gehörte Gespräch erinnert, wodurch dann ihre Zweifel, ob die Verabredung nun ein Rendez-Vous ist oder nicht, noch besser rüberkämen, aber das ist einfach Ansichtssache, denke ich.^^
So, woran kann ich mich noch erinnern?
Ja, die ganzen Erlebnisse, die die zwei hatten, war sehr schön beschrieben!
War für mich etwas ungewohnt, so die ganze Gefühlswelt aus Sicht eines Mädchens ja schon fast mitzuerleben, aber man merkt sehr, wie gut du auf die Gefühle und Gedanken eingehst. ;D
Der Zwischenfall mit Mark kam unerwartet, was ich sehr gut eingebaut finde!
Das hat was und verleiht der Story noch mehr Spannung.
Vor allem die Sache mit der Erpressung.
Der Höhepunkt war dann für mich, wie Alice mal wieder ihre charakterliche Entwicklung zeigt.
Sie ist selbstbewusster und rettet schon praktisch Albus Arsch.
Vor allem das wie war überzeugend.
Ich hab mit viel Vergnügen gelesen, wie sie unter Spannung stand, ständig Angst, erwischt zu werden und so.
Das Ende, yoah, vielleicht etwas kitschig? ;DD
Aber was soll's, ich bin da in der Hinsicht leicht empfindlich, also alles easy.^^
Ein paar kleine Anmerkungen noch.
Ich hab mir einige Reviews durchgelesen und muss sagen, dass der Apostroph nicht gesetzt werden muss, so viel ich weiß.
Beispiel: Albus Haus.
Ich meine, ein Apostroph käme nur im Englischen hin.
Irgendwo hast du geschrieben 'zum verrückt werden'.
Verrücktwerden sollte meines Wissens nach zusammengeschrieben werden, weil es durch das 'zum' nominalisiert wird.
Ansonsten, mir hat die FF sehr gut gefallen mit ihrem Humor und dem Schreibstil, der sich schön flüssig liest.
Besonders gefallen hat mir, wie viel Leben du Alice eingehaucht hast, auch die diversen Kleinigkeiten wie der Unterricht oder eben das Date. ;D
Spannung gab es zwischendurch immer wieder, und du hast wirklich gute Ideen.
Ich bin der Ansicht, dass du schon jetzt sehr, sehr großes Potenzial und Chance hast, vielleicht eine erfolgreiche Autorin zu werden? ;D
Wer weiß, mich beeindruckt jedenfalls, wie viel Arbeit und Leidenschaft du in deine Geschichten steckst, und du weißt, wie man die Aufmerksamkeit der Leser aufrechterhältst oder zieht.
Ich, der eigentlich oft was anzumerken hat, kann nicht wirklich was anmerken, nur Kleinigkeiten, die meist Ansichtssachen sind.
Vielen Dank für diese wirklich sehr schöne FF, und ich denke, du motivierst mich, weiter im Fandom Harry Potter zu schnuppern.
Auf jeden Fall habe ich dich als - wie sagt man? - Adressstelle für Harry Potter. ;D


LG
L-San


Von:  L-San
2014-09-08T16:14:08+00:00 08.09.2014 18:14


Yo, moony! ;D


So, ein neuer Montag, ein weiteres Kapitel.
Und ich sehe, ich bin ja schon fast am Ende.
Also, ich fange mal an.
Das Quidditch-Spiel war wirklich gut geschrieben, mir haben die Einzelheiten sehr gefallen, die Kommentare des Sprechers, die Reaktionen des Publikums, die immer steigende Spannung, ihre Gedanken bezüglich dazu.
Was mir da ein wenig kurz kam, waren ihre Eindrücke.
Du beschreibst zwar sehr oft und genau, was sie macht in der Luft, aber ihre Körperreaktionen kamen etwas kurz.
Was für ein Gefühl ist es, auf dem Besen zu fliegen, von einer Stelle zur anderen zu gelangen, und das in kurzer Zeit?
Wie ist es, 'angerempelt' zu werden oder plötzlich zu hören, wie jemand den Schnatzer gefunden hat oder sagt, aus dem Weg?
Solche Kleinigkeiten eben, andererseits gibst du dem Leser auch etwas Raum für Fantasie, sodass ein jeder sich seine eigenen Eindrücke machen kann.^^
Okay, dann der nächste Morgen, als sie aufwacht und sich nicht mehr erinnert.
Irgendwie hätte ich gern mehr darüber gelesen, wie betrunken sie war und was sie alles angestellt hat. ;DD
Klar, andere Leute erzählen, was sie gemacht hat, aber ich hätte gern ihre Perspektive erlebt. ;D
Aber das ist jetzt kein Drama, und es ist ohnehin schon so amüsant zu lesen.^^
Was mir noch einfällt, Al.
Diese kleinen Andeutungen von ihm, die sie verwirren, ihre stetig wachsende Unsicherheit gegenüber ihm, alles schön dargestellt - und nachvollziehbar.
Wirklich, sie ist im Gefühlschaos und begreift oder will nicht die Signale begreifen.
Das Ende kam überraschend, und ich bin gespannt, wie sie sich nun verhalten wird, jetzt da sie weiß, dass er auf sie steht.
Wieder mal ein gutes Kapitel. ;D


LG
L-San


Von:  L-San
2014-09-01T18:35:08+00:00 01.09.2014 20:35


Yo, moony! ;D


Da bin ich wieder!
Die ENS hab ich nicht vergessen, die beantworte ich noch!^^
Wie dem auch sei, ich fange mal an.
Der Anfang, ja, war ja irgendwie klar, dass er ihr etliche Pflichten aufbrummt. ;DD
Richtig unverschämt, eigentlich.
Lustig fand ich es, als Alice mehr oder weniger zum Quidditch gezwungen wurde, was mich überrascht hat, im positiven Sinne, denn das ist eine nette Abwechslung und gibt ein wenig mehr Action.
Tja, anfangs streubte sie sich dagegen, aber amüsanterweise ist sie nun Feuer und Flamme, als sie und ihre Mannschaft 'verspottet' wurden.
Und - Albus wirbelt ganz schön ihr Leben auf, erst ist sie Opfer seiner Streiche, dann seine Sklavin und jetzt macht sie an einem Streich mit, der sie sogleich näher mit ihm zusammenbringt.
Diese ganze Gefühlsachterbahn fand ich schön umgesetzt, vor allem wie sie ihm ihren Wunsch äußert, auch einmal zu den Mädchen gehören zu wollen, die Dates haben usw.
Diese Szene fand ich leicht melancholisch, sie hatte was.
Dann das Ende, was wohl passieren wird?
Ob sie das vermasseln wird?
Ich bin gespannt.^^


LG
L-San




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