Anfänge von SpankTB (Tyler & Rick) ================================================================================ Kapitel 1: Die Krähe -------------------- Mit einem dumpfen Geräusch schlug die Krähe auf den laubbedeckten Boden auf und blieb regungslos liegen, die Federn zerzaust. Erst als eine dünne Gestalt langsam aus dem Nebel auf sie zuschlurfte, schienen ihre Lebensgeister wieder aktiv zu werden und sie begann wild, aber unkoordiniert, mit den lädierten Flügen zu schlagen. War es ein verzweifelter Fluchtversuch oder gar ein aufmerksamkeitserregender Hilfeschrei, der sie aufgebracht im Laub zappeln ließ? Der junge Mann mit den langen strähnigen Haaren ging neben der Krähe auf die Knie und nahm sie behutsam in seine Hände. Es war jedoch kein Mitleid, was in seinem schmalen Gesicht abzulesen war, sondern blanke Verachtung und Abscheu. Flügelschlagend versuchte sich der schwarze Vogel aus dem immer enger werdenden Griff zu befreien – ohne Erfolg, denn je energischer und verzweifelter die Gegenwehr wurde, umso fester wurden auch die schraubstockartigen Finger, die sich um die pechschwarzen Schwingen gelegt hatten und diese schließlich mit einem markerschütternden Knacken brachen. Gefolgt von einem krächzenden Leidensschrei aus dem weit aufgerissenen Schnabel... Es war wohl doch eher ein Fluchtversuch. Ein hämisches Grinsen umspielte die Lippen des jungen Mannes mit den langen Haaren, als er das verwundete Tier achtlos zu Boden warf, abermals seine selbstgebaute Steinschleuder aus dem Hosenbund zog und zum nächsten Laubbaum schlenderte, ohne der sich hilflos davonschleppenden Krähe auch nur noch eines Blickes zu würdigen. Aus einigen Metern Entfernung beobachtete ein scheinbar gut trainierter Mann mit Pferdeschwanz die Szene, während er sich lässig mit den verschränkten Armen auf seinen Laubrechen stützte. Der Name dieses Mannes war Tyler und er war mit seinen zwanzig Jahren von amtswegen zu gemeinnütziger Arbeit verdonnert worden, welche zum größten Teil darin bestand, das Parkgelände der städtischen Psychiatrie vom Laub zu befreien. Ein, seiner Meinung nach, völlig sinnloses Unterfangen, da der Park gefühlte hundert alte Laubbäume beherbergte, die alle ohnehin noch einiges an Blattwerk in den Kronen trugen. Alles in allem jedoch besser als in den Knast zu wandern. Mit Körperverletzung ist nicht zu spaßen, das war Tyler durchaus bewusst, auch wenn er dem Gericht nicht klar machen konnte, dass er in reiner Notwehr gehandelt hatte. Ein Weile sah er der fragwürdigen Freizeitbeschäftigung des dünnen Bürschchens zu, bis dieser schließlich von zwei Pflegern in weiß unter den Armen gepackt und Richtung Psychiatrie-Gebäude B bugsiert wurde. Der Junge wehrte sich nicht und ließ sich anstandslos abführen. Er schien dieses Prozedere schon gewohnt zu sein. >Was für ein verdammter Freak<, dachte sich Tyler, als er schließlich seine Arbeit mit einem tiefen Seufzten vorsetzte und die Unmengen von braunen Blättern auf einen Haufen rechte. Einige Tage vergingen ohne dass Tyler bei seiner täglichen Strafarbeit den jungen Typen zu Gesicht bekam. „Ihr gottverdammten scheiß Bäume!“, nuschelte er genervt nach oben Richtung Baumwipfeln und strich sich dabei durch die leicht verschwitzten dunkelbraunen Haare, „warum könnt ihr nicht ALLE Blätter AUF EINMAL abwerfen?“. Wie jeden Tag war er damit beschäftigt, das Laub an verschiedenen Stellen zu häufen, um es dann mit einer Schubkarre zum Kompost zu fahren, die Mülleimer zu leeren und die Wege zu fegen. Er war der Meinung, dass der Bursche von neulich, nach der Aktion mit den Krähen, jetzt wohl ruhiggestellt und sabbernd, auf einem der Rollbetten festgeschnallt liegen und das Tageslicht nur noch durch ein schmales Fenster sehen würde... bis er ihn jedoch diesen Nachmittag gedankenverloren auf einer der vielen teils verwitterten Holzbänke sitzen sah. Immer wieder wanderte Tylers Blick zu ihm hinüber und er begann sich zu fragen, was wohl geschehen war, dass dieser junge Kerl, den er nicht älter als fünfzehn schätzte, jetzt hier im Park dieser Klinik, allein und offensichtlich ziemlich unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln, auf einer Bank saß und ins Leere starrte. Er selbst hatte ja schon einiges mitgemacht – nicht nur mit seinem prügelnden und alkoholabhängigen Vater – aber all das schien wohl nicht so schlimm gewesen zu sein, wie das, was der Junge erlebt zu haben schien. Man musste schon ziemlich gestört sein, um in so eine Einrichtung zwangseingewiesen zu werden. So zumindest Tylers Gedankengang. Da der junge Patient mit den fettigen Haaren sich stundenlang nicht von der Stelle rührte, beschloss Tyler kurzerhand eine kleine Pause einzulegen und sich zu ihm auf die Bank zu setzen,... auch wenn ihm verboten worden war mit Insassen zu reden. Nach einigen Momenten, in denen sie einfach nur still nebeneinander saßen, begann Tyler schließlich, „langsam kann ich das scheiß Laub echt nich‘ mehr seh’n.“, und er blickte einfach gerade aus. Doch als sein Sitznachbar nicht zu antworten schien, drehte er seinen Kopf zu ihm, um zu sehen, ob dieser überhaupt Notiz von ihm genommen hatte. Fast eine Minute ohne jegliche Reaktion und für ihn war klar, der Junge war völlig hinüber, jenseits von gut und böse. Doch dann begann dieser leise zu sprechen. „Ich mag das Laub“, sagte er mit fahriger Stimme und blickte auf den Boden vor seinen Füßen, wo noch viele braune, gelbe und rote Blätter der verschiedenen Bäume, hauptsächlich allerdings Ahorn, lagen. „Du musst es ja auch nich‘ zusammenrechen!“, erwiderte Tyler lachend und versuchte dann einen Blick auf das weiße Plastikarmband, welches um das dünne Handgelenk des Jungen befestigt war, zu erhaschen: Richard deVale No.: 1022 / 7 B „Bist du oft hier draußen, Rick?“, fragte er ihn, während er wieder sein Profil ansah. Darauf schien der junge Patient schließlich zu reagieren und drehte seinen Kopf langsam zu Tyler. „Warum nennst du mich so?“, entgegnete Rick etwas nervös und seine haselnußbraunen Augen sahen direkt in die dunklen seines Gegenübers. Tyler schmunzelte ihn an und antwortete salopp, „weil ‚Richard‘ einfach viel zu lang und uncool is!“ Der Jüngere konnte dem Blick nicht länger standhalten und senkte ihn wieder Richtung Boden ohne auf die Aussage einzugehen. „Kannst mich übrigens Tyler nennen“, ergänzte der Ältere mit einem Grinsen, in der Hoffnung so vielleicht das Gespräch ein bißchen in Gang zu halten. „Mr. Williamson!!!“, tönte dann aber plötzlich eine zornige Frauenstimme in hoher Lautstärke von hinten, „Sie begeben sich UMGEHEND zurück an Ihre Arbeit oder ich werde Ihre Nachlässigkeit dem Richter melden müssen!“ Rick bewegte sich kein Stück, aber Tyler verriet ein Blick über die Schulter, dass es sich bei der Frau zu dieser strengen Stimme, um eine der Oberschwestern handelte, die er noch von dem Tag in Erinnerung hatte, als der Leiter der ‚Abteilung für soziale Arbeit‘ ihn hier vorstellte. Die Androhung hatte gefruchtet, er wusste, dass es besser war, ihren Anweisungen Folge zu leisten und so machte sich Tyler unter dem scharfen Blick der Oberschwester wieder an die Arbeit und konnte nur noch aus den Augenwinkeln sehen, wie Rick von ihr zurück ins Gebäude geführt wurde. Kapitel 2: Der Ahornbaum ------------------------ Nach einigen Tagen, an denen Tyler das Vergnügen hatte, im Stadtpark von Sesthon City seiner neuen Hassbeschäftigung – dem Laubrechen – nachzugehen, wurde er für eben jene Arbeit wieder zurück auf das immer noch vom Nebel verhangene Parkgelände der städtischen Psychiatrie beordert. „Wenn das noch lang so weitergeht, werd ich bald nich‘ mehr nur zum Arbeiten hier sein...“, grummelte er vor sich hin, während er schon kurz davor war, den Rechen wegzupfeffern und freiwillig ins Gefängnis zu gehen, um seine Strafe einfach gemütlich in einer Zelle abzusitzen. Das einzig Positive an der ganzen Misere war wohl schlicht und ergreifend das Muskeltraining, durch diese doch teilweise recht lange und anstrengende Arbeit. Er grübelte etwas geistesabwesend über das für und wider dieser Plackerei, als ihn plötzlich jemand fast über den Haufen rannte und er somit etwas unsanft aus den Gedanken gerissen wurde. Es war Rick, der schwer atmend und scheinbar in Panik auf der Flucht vor etwas zu sein schien. Mit großen furchterfüllen Augen starrte er Tyler an und keuchte, „... siehst du sie nicht?!... Sie kommen näher!“ Rick stand da wie angewurzelt, seinen Blick auf etwas gerichtet, was sich scheinbar in absehbarer Entfernung befand. Etwas verwundert, aber gefasst, wandte sich Tyler um, um zu sehen, was sich da vermeindlich hinter ihm befinden mochte. Nebel, Bäume, Laub, ein paar Parkbänke... Da nichts Besonderes zu erkennen war, drehte er sich wieder zu Richard und sah ihn mit großer Skepsis an. „Da is nix, Kumpel“, entgegnete er dem verschreckten jungen Mann, der sich inzwischen mit dem Rücken an den nächsten Baum gepresst hatte. Bei genauerem Hinsehen fiel Tyler auf, dass sich an beiden Handgelenken deutliche tiefrote Striemen abzeichneten, die wohl auf einen heftigen Kampf mit zwei Fixiergurten zurück zu führen waren. „Sie geh’n nicht weg, ehe sie mich haben!“, stammelte Rick aufgebracht während er apathisch mit den Fingernägeln über die grobe Struktur der Baumrinde kratzte und immer wieder nervös auf seiner Unterlippe herumkaute. Mit diesem Verhalten wusste Tyler im Moment nicht so wirklich etwas anzufangen und die einzig schlüssige Erklärung für ihn war, dass der junge Bursche wohl auf der Flucht vor dem Pflegepersonal oder den Ärzten sein musste und da Tyler sowieso die Schnauze von der Arbeit gestrichen voll hatte, ließ er den Rechen ins Laub fallen und ging mit den Worten, „Dann komm’ mit.“, an dem total verängstigten Elend vorbei. Seine Arme verkrampft um den Oberkörper geschlungen folgte Rick mit geringem Abstand und warf immer wieder einen Blick über die Schulter, bis sie schließlich an einer recht entlegenen Stelle des von hohen Zäunen umgebenen Parks angekommen waren. Scheinbar fühlte er sich nun nicht mehr verfolgt, denn sein Blick fixierte unentwegt Tyler, der sich mit einem schweren Seufzen auf den laubbedeckten Boden sinken ließ und sich eine Zigarette anzündete. „Was’n los?“, fragte Tyler, den Blick auf Richard gerichtet, der noch immer wie zerstreut dastand, „hock‘ dich schon her, Mann! Hier sieht uns keiner.“ Nur sehr zögerlich leistete er dem Folge und sank schließlich langsam neben Tyler auf die dunkelroten Blätter des Blutahorns, der in unmittelbarer Nähe sehr imposant in den Himmel ragte. „Willst auch mal?“, Tyler hielt dem zitternden Rick die Zigarette vors Gesicht, bekam jedoch von diesem als Antwort nur ein verhaltenes Kopfschütteln. „Dann halt nicht“, meinte der streikende Strafarbeiter nur, zog dann selbst genüßlich an der Kippe und blies den Rauch hoch in den ohnehin schon gräulich trüben Wolkenhimmel. Und so verging einige Zeit, in der die beiden schweigend da saßen, Tyler seine inzwischen zweite Kippe rauchte und Rick unentwegt auf den Boden vor sich blickte. „Und? Warum bist du hier?“, fragte Tyler in einem gelassenen und beiläufig wirkenden Tonfall und durchbrach damit die Stille. Keine Reaktion. „Auch zu unrecht hier, was?“, versuchte er es weiter. Wieder keine Reaktion, aber Tyler redete einfach weiter, „Weißt du, wenn die Scheiße hier vorbei is‘, dann hol‘ ich mir ne richtig fette E-Gitarre und gründ‘ ne hammerharte Band, rock‘ damit die Stadt in Grund und Boden und verdien‘ nen Haufen Asche.“ Mit diesen Worten, auf die wiederum keine Regung von Rick folgte, drückte Tyler seinen Zigarettenstummel auf dem Laubboden aus, stand auf und klopfte dem teilnahmslosen Jungen auf die Schulter, „und damit das was wird, mach ich jetz‘ besser weiter.“ Und so ließ er Rick allein unter dem Ahornbaum sitzen und machte sich wieder auf den Weg zurück, um seinen Rechen aufzusammeln. Es dauerte eine scheinbare Ewigkeit, und Tyler war längst aus dem Sichtfeld verschwunden, als Richard sich langsam aus seiner Starre zu lösen begann und seinen Blick auf die Stelle am Boden richtete, auf der der andere eben noch gesessen hatte. Das Laub war platt gedrückt und die beiden Zigarettenstummel lagen inmitten der vielen Blätter. Rick beugte sich vor und streckte eine Hand nach einer der Kippen aus, um sie aus der Nähe zu betrachten und schließlich in seine Hosentasche wandern zu lassen. Ein weiterer Tag voller monotoner Arbeit ging langsam dem Ende zu, als Tyler so kurz vor Feierabend das Gefühl beschlich, beobachtet zu werden. Er blickte sich um und entdeckte Rick, der nicht weit entfernt auf einer der alten Holzbänke, die Beine an sich gezogen, kauerte und zusah, wie er gerade damit fertig wurde einige Abfallsäcke in die ohnehin schon völlig überfüllten Mülltonnen zu stopfen. Tyler grinste dem jungen Patienten entgegen, legte Zeige- und Mittelfinger kurz seitlich an die Stirn und entrichtete damit lässig einen Salut. Zu seiner Überraschung konnte er auf Ricks Lippen tatsächlich ein leichtes Lächeln erkennen, was allerdings schnell wieder erstarb, als eine der Schwestern auf ihn zukam, um ihm wohl zu sagen, dass der Ausgang für heute beendet war und ihn zurück in Gebäudeblock B führte. >Armer Kerl<, dachte Tyler so bei sich, als er noch die letzten Gerätschaften in den kleinen Schuppen an der Hinterwand der Klinik räumte und sich dann für heute bei der Pforte abmeldete. Kapitel 3: Die Gitarre ---------------------- Manchmal frage ich mich, wer ich eigentlich bin. Ich habe hier noch keinen Spiegel gesehen und ich bin mir nicht mal wirklich sicher, wie ich aussehe. Ab und zu blicke ich in die vergitterten Fensterscheiben, um einen kurzen Blick auf die Spiegelung meines Gesichtes zu erhaschen. Jedoch kann ich dem Anblick nicht lange standhalten, denn eigentlich erkenne ich mich selbst nicht wieder. Seit wann sind meine Haare so lang? Warum bin ich auf einmal so groß? Eigentlich war ich doch fünf Jahre alt, ... oder? Ich weiß nicht mehr genau wie lange ich schon hier bin, aber es kommt mir vor wie eine unerträgliche Ewigkeit, die ausweglos in ein qualvolles Fegefeuer mündet. Vor ein paar Wochen gesellte sich eine neue Figur auf die Bühne dieses Trauerspiels und scheint dabei so ganz und gar nicht ins Szenenbild zu passen. ... Woher kommen diese Gedanken? Er hat gesagt, dass ich ihn „Tyler“ nennen kann. Ein paar Mal die Woche ist er auch hier gefangen, aber wird abends wieder in die andere Welt entlassen. Manchmal frage ich mich, was da wohl ist. Wohin er geht. Ob die Zeit dann stehen bleibt, wenn er durch das Tor geht. Vielleicht ist das alles gar nicht real? Wie jeden Tag seit ein paar Wochen sitze ich draußen im Park... umgeben von ihnen... auf einer alten Bank und warte. Dieser Tyler erzählt immer so seltsame Dinge. Dinge, die sich gut anfühlen. Kein Schmerz... und keine Blackouts. Irgendwie werde ich nervös, wenn er lange nicht da war und frage mich dann, ob die andere Welt wohl in sich zusammengebrochen ist und er nie wieder hier her kommen wird. Genau wie jetzt. Ich spiele ungeduldig mit meinem weißen Plastikarmband, bei dessen Etikett ich mich oft gefragt habe, ob das wirklich mein Name ist, der darauf steht und ich blicke in die Richtung aus der Tyler für gewöhnlich immer kam. „Wo bist du...?“, flüstere ich und höre dabei meiner fremdartigen Stimme nach, wie sie in meinem Kopf zu hallen scheint und sich langsam immer weiter entfernt. „Hast mich etwa schon vermisst, Rick?“, höre ich hinter mir und ich fühle wie der Schreck in meine zittrigen Glieder fährt und mich blitzschnell umdrehen lässt. Ich blicke in das Gesicht von Tyler, der mich frech angrinst. Er scheint zu sehen, dass ich mich ziemlich erschrocken habe... ich starre und kann gar nicht damit aufhören. „Hey hey... Sorry, ich wollt‘ nich‘, dass du gleich aus den Latschen kippst, aba du hast voll nich‘ reagiert, als ich dich gerufen hab.“ Ich starre immer noch... und eigentlich weiß ich gar nicht worauf ich meinen Blick fixiert habe. Ich habe kein Gefühl dafür, wie lang es schon andauert, aber schließlich scheinen sich meine Augen wieder zu entspannen und ich erkenne etwas Entschuldigendes in seinem Ausdruck und dass er heute etwas bei sich hat. Eine hölzerne Gitarre. Sie fasziniert mich sofort und ich kann meinen Fokus gar nicht von ihr lösen. „Komm‘ mit.“, fordert er mich wie so oft auf und ich folge ihm fast wie ferngesteuert an den Platz unter dem alten Blutahornbaum, an dem wir nun schon öfters gesessen hatten. Hier können sie mich nicht erreichen. Langsam lasse ich mich, Tyler etwas schneller, auf den Boden sinken und spüre dabei das tiefrote Laub weich unter mir. Ich habe die fast gefühllosen Arme eng um meine angezogenen Beine geschlungen, während ich dasitze und zusehe wie Tyler im Schneidersitz die schöne Akustik-Gitarre auf seinen Oberschenkel bettet. Er hat seinen Blick gesenkt, die Augen fast geschlossen, als er schließlich den Saiten die ersten Töne entlockt und sofort bemerke ich ein seltsames Gefühl in meinem Körper... nein... eher auf meinem Körper. Eine wohlige Welle rauscht von meinen Lenden hoch bis in den Nacken und ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. So etwas habe ich noch nie erlebt... Diese neue Figur auf der Bühne ist ein Musikant. Eine langsame, gefühlvolle Melodie schwingt an meine empfindlichen Ohren und löst etwas in mir aus, was ich mit Worten nicht beschreiben kann. Ich empfinde einen Hauch von Endlichkeit... Mein Blick ist unentwegt auf ihn gerichtet, wie seine geübten Finger in scheinbarer Schwerelosigkeit von einem Griff zum anderen huschen und die Saiten in Schwingung versetzen. Sein linker Fuß wippt leicht im Takt und lässt damit eine Art von Regelmäßigkeit auf mich übergehen. Ich kann den gemächlichen Rhythmus direkt spüren, aber mein Körper scheint unfähig ihn in Bewegung umzusetzen. Und so lausche ich einfach nur diesen beruhigenden Klängen und traue mich dann irgendwann sogar die Augen zu schließen. In völliger Dunkelheit sitze ich nun hier und lasse mich regelrecht von Tylers Lied davontragen. Weit weg von hier... in die andere Welt. Ich rieche den Herbst, das Laub, den Nebel... Und plötzlich sehe ich etwas aus der Dunkelheit auf mich zukommen. Etwas vertrautes. Aber egal wie sehr ich auch versuche mich darauf zu konzentrieren, egal wie sehr ich mich auch anstrenge, ich kann nicht erkennen was es ist. Von ganz weit her kann ich die Töne der Gitarre vernehmen, wie sie aus der Ferne zu mir durchdringen und sich mit den seltsamen Bildern hinter meinen Augenlidern vermischen. Ich fühle Bewegung und plötzlich wird es still... Hosted by Animexx e.V. 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