Kristalltraum von kiks (in process | Rose & Scorpius) ================================================================================ Prolog: Die Realität und ihre Schattenseiten -------------------------------------------- Die Realität stand ihr. Es war eine ungeschriebene Tatsache, dass Rose Weasley im Moment zufrieden mit ihrem Leben war. Sie sah auch keinen Grund, es nicht zu sein. Die Rothaarige war gerade einmal zweiundzwanzig Jahre alt und somit die jüngste Leiterin der Aurorenzentrale seit einer sehr langen Zeit (so hatte man es ihr zumindest gesagt). Sie hatte Hogwarts und ihr darauffolgendes Studium mit Bravur abgeschnitten. Ihr Freund – drei Jahre älter, verdammt gut aussehend – Tobias van der Claude war ebenfalls im Ministerium beschäftigt und im Gegensatz zu ihren letzten privaten Fehltritten äußerst vertrauenswürdig. Freundschaftlich lief ebenfalls alles wie geschmiert. Da sich ihr Bekanntenkreis auf Ministeriumsleute und die Familie beschränkte, sah sie jeden, der ihr irgendwie wichtig war, mindestens einmal pro Woche. Ihre Eltern besuchte sie regelmäßig zu einem Abendessen, um ihrem stolzen Vater vom neuesten Klatsch und Tratsch der Zauberwelt zu erzählen. Ihre beste Freundin Dominique Weasley war das einzige, was ihr ständige Sorgen bereitete. Sie trank viel, feierte gerne und liebte es, sich in Schwierigkeiten zu bringen, aus denen sie entweder Rose selbst, oder ihr bester Freund Lorcan Scamander wieder rausholen mussten. Warum sie das tat? Nun, das fragte sich die Weasley nun schon seit ihrem fünften Hogwartsjahr. Dominique hatte einst gesagt, dass es daran lag, dass sie sowieso nie genug war. Wenn man schon immer mit der älteren perfekten Schwester verglichen wurde, dann sollte man wenigstens einen dürftigen Grund liefern, nicht genauso gut wie sie zu sein. Logik hatte das für Rose zwar rein gar keine, doch da ihre Cousine gleichzeitig nun mal auch ihre beste Freundin war, versuchte sie sie nur mit kleinen Stupsern in die richtige Richtung zu lenken und so wenig wie möglich zu urteilen. Die andere beste Freundin machte sich dagegen hervorragend in ihrem neuen Leben als Heilerin und Ehefrau eines Profi-Quidditchspielers. Es war nun schon drei Jahre her, dass Alice Longbottom Rose' Cousin Albus Potter geheiratet hatte. Die Beziehung, die mit Verurteilungen und Vorurteilen der Hogwartsschüler begonnen hatte, wurde fortgesetzt mit einer Ehe, die von der ganzen Welt verurteilt wurde. Und doch zweifelte die Weasley nicht eine Sekunde daran, dass ihre besten Freunde füreinander bestimmt waren. Mittlerweile hatte es auch die Welt eingesehen. Er zog den Zauberstab aus seinem Umhang, sah den Mann gerade noch die Treppe hinauflaufen und apparierte mit einem Mal vor ihn. Mit einem Hauch von Bedauern stellte er fest, dass die Jagd weitaus uninteressanter war, wenn der Gegner bereits entwaffnet war. Dazu kam die Tatsache, dass sein alter Freund gar nicht richtig zu wissen schien, was gleich geschehen würde. Dennoch trat der andere Zauberer bei seinem Erscheinen einige Schritte zurück. Trotz der Unwissenheit standen ihm Angst und Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. »Ich sagte ja, du entkommst mir nicht«, sprach er und richtete sich seine Krawatte. Er handelte beinahe so, als hätte er alle Zeit der Welt. Im Grunde genommen hatte er die auch. Fliehen konnte man aus diesem Haus nicht, einerseits wegen der Flüche, die es schützten, und andererseits wegen der Wachen, die um das gesamte Gelände postiert waren. »Lass uns einfach noch einmal darüber reden. Vielleicht können wir das klären«, antwortete der andere Mann. Die Gefühle, die man ihm deutlich vom Gesicht ablesen konnte, waren auch in seiner – sonst so starken – Stimme ebenfalls zu hören. Der Angreifer lachte bitter. Mit solch einer Reaktion hatte er gerechnet, beinahe schon gehofft, dass sie eintraf. Er mochte es, wenn sie um ihr Leben bettelten. Das war eigentlich der Hauptgrund wieso diese Jagd stattfand, denn ein Avada Kedavra hätte er schon vor einer halben Stunde aussprechen können. Vermutlich war dem Narren noch gar nicht bewusst, wozu er eigentlich fähig war. Mord war nur ein kleines Stück vom Weg an die Spitze. Er bevorzugte normalerweise den Cruciatus-Fluch, auch wenn das seiner Chérie zutiefst zuwider war. Sie wollte den Dreck schnell loswerden, wie sie es so schön formulierte und das ging nun mal nur mit einem schönen Avada Kedavra. »Nein«, sagte er nun und ließ seine Hand von seiner Krawatte sinken. Er wartete einen Moment, bis er weitersprach und war ein bisschen stolz auf seine Dramatik in solchen Situationen. Er wusste selbst, dass er in diesem Moment sentimental war und der einzige Grund, wieso er noch kein Crucio gesprochen hatte, die Tatsache war, dass er diesen Mann schon eine halbe Ewigkeit kannte. »Nein, ich fürchte das ist nicht möglich, Mingus.« Mit diesen Worten hob er seinen Zauberstab, schwang ihn elegant und sprach die Worte, bevor der andere Zauberer überhaupt eine Chance hatte zu reagieren. Und dann verschwandt Mingus im grünen Licht. Die Rothaarige blätterte durch einige Pergamente auf ihrem Schreibtisch. Ein Name fiel ihr auf allen immer wieder ins Auge. Es war der Name des wohl aktivsten und vielleicht sogar besten (das würde sie niemals zugeben!) Junior-Auror, den die Zauberwelt derzeit hatte. Scorpius Malfoy. Allein das Lesen seines Namens verursachte Gänsehaut bei ihr. Die Geschichte zwischen ihr und dem arroganten Blonden war lang, doch sie war auch einfach kurz zusammenzufassen. Sie waren zusammen in einem Jahrgang in Hogwarts und hatten sich die ersten Jahre meistens gemieden. Irgendwann hatten sie damit aufgehört (sie tat gerne so, als wüsste sie den genauen Moment nicht mehr, doch in Wahrheit konnte sie sich sogar noch an die genau Uhrzeit erinnern) und begannen sich zu unterhalten. Eines führte zum anderen und zwei Wochen später war Rose Weasley in einer Beziehung mit Scorpius Malfoy. Da jedoch nichts für immer war, kam irgendwann der Punkt, an dem ihre Beziehung zu Scorpius von einer simplen Entscheidung abhing. Nun, eigentlich war es nicht ganz so simpel. Er bekam das Angebot seine Aurorenausbildung in den USA zu machen und da er nicht einmal ansatzweise auf die Idee kam sie zu fragen, ob sie mitkommen wollte, stand für sie fest, dass sie die Beziehung beenden mussten. Rose hatte sich also auf ihrer Abschlussfeier nicht nur von ihrem bisherigen Schulleben, sondern auch von ihrem Freund verabschiedet, während ihr bester Freund am Nebentisch um die Hand ihrer besten Freundin angehalten hatten (Albus hatte schon immer den perfekten Sinn für Timing). Das Schlimmste an der Sache war, dass sie wirklich mit Scorpius abgeschlossen hatte. Er war vor einem halben Jahr wieder gekommen und arbeitet nun unter ihrem Kommando als Auror für das britische Zauberministerium. Er verhielt sich neutral gegenüber ihr und sie verhielt sich neutral gegenüber ihm. Sie sprachen die Beziehung nicht an und tauschten auch sonst nur die nötigsten Informationen aus. Doch irgendetwas störte sie. Irgendetwas war an ihm anders. Er hatte sich verändert und sie hatte keine Ahnung, ob zum Guten, oder zum Negativen – zutrauen täte sie ihm nämlich beides. Er bewegte sich galant die Treppen hinunter, wo schon einige Wächter zusammen mit seiner Besten standen. »Und?«, fragte die Frau und mit einer knappen Handbewegung deutete er den Wachen nach oben zu gehen und aufzuräumen. Sie war perfekt getarnt wie immer – knappes schwarzes Kleid, das von jeglichem Verdacht, sie sei jemand, der bestens mit den unverzeihlichen Flüchen umgehen konnte, ablenkte und das Engelslächeln, welches dem ganzen den perfekten Schliff gab. »Höre ich da Zweifel in deiner Stimme, Chérie?«, fragte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. »Nur Neugierde«, erwiderte sie im selben Tonfall. »Nun, lass es mich so sagen. Hätte er gewusst, was auf ihn zukommt, hätte er unser Angebot nicht abgeschlagen.« Er zog sich die schwarzen Lederhandschuhe aus und steckte sie in seinen Umhang. »Er war ein Torr. Er hat es nicht anders verdient«, meinte seine Gegenüber daraufhin und warf ihr langes Haar elegant hinter ihre Schulter. »Es wird immer Leute geben, die nicht verstehen, was wir aus dieser Welt machen wollen.« Sein Ton war kühl, doch sie wusste genau, dass ihm diese Tatsache äußerst zuwider war. »Nun, dennoch ist unsere Gefolgschaft mittlerweile schon größer als die des Dunklen Lord.« Sie versuchte ihn abzulenken, wollte nicht, dass er irgendwie wütend oder gereizt war. Er lachte. Bitter und kalt. Es war ihr gelungen. »Nur weil Voldemort ein Narr war, der nicht wusste, wie man mit Menschen umzugehen hat. Alles was er konnte war sich eine Armee unter Schrecken und Angst zusammenzustellen. Wir dagegen werden mit Verstand regieren.« Damit schloss er die Tür hinter ihnen und verließ das gesicherte Gelände, ohne einen weiteren Gedanken an den eben verübten Mord zu verschwenden. Die Weasley ließ das Pergament auf den Schreibtisch sinken und holte tief Luft. Erinnerungen taten ihr heute nicht gut. »Rose.« Als sie ihren Namen hörte, drehte sie sich um, halb erfreut, als sie erkannte, wem die Stimme gehörte, doch als sie das Gesicht ihres Kollegen Allen Baker sah, hielt sie einen Moment inne. Sie wollte nicht aussprechen, was sie ohnehin schon wusste und er wollte es nicht einfach so sagen, weswegen sie gefühlte fünf Minuten (in Wahrheit zwanzig Sekunden) einfach nur so dastand und sich Fluchtszenarien ausdachte. »Sag es«, gab sie schließlich von sich. »Ich glaube es erst, wenn du es aussprichst.« Allens Blick wanderte zu ihrem Schreibtisch, sodass er sie nicht ansehen musste, als er endlich zugab, was dem ganzen Ministerium seit Wochen Kopfzerbrechen machte. »Es gab wieder einen Mord.« Seine Stimme bebte, doch schien er sich besser unter Kontrolle zu haben, als sie. Jahrelange Übung, vermutete sie. Jedesmal, wenn sie davon hörte, dass wieder jemand umgebracht wurde, wurde ihr mulmig im Bauch und ihre Knie begannen leicht zu zittern. So hatte sie sich ihren zufriedenen Tag nicht vorgestellt. »Dieselbe Vorgehensweise?«, fragte sie, als hätte sie immer noch Hoffnung, dass dieser Mord nur ein zufälliger war. Doch sie kannte die Antwort noch bevor Allen den Mund wieder aufmachte. »Halbblut. Zuvor entwaffnet worden. Todesfluch«, sagte er sachlich. Ob sie nach dreißig Jahren Ministeriumsarbeit wohl auch so kühl klingen würde? Ihr Blick wanderte zu dem älteren Mann und sie blinzelte kurz. Er sah sie immer noch nicht an, obwohl er die schlechte Nachricht doch schon überbracht hatte. »Was verschweigst du?«, fragte die Weasley und ihr Kollege holte tief Luft. »Es ist Mingus. Mingus Flemming aus der Abteilung für Magisches Transportwesen.« Rose blinzelte erneut. Der Name war ihr nicht wirklich bekannt, doch im Ministerium arbeiteten so viele Zauberer, dass sie sich kaum alle merken konnte. Die Tatsache, die sie fühlen ließ, als hätte sie Zement im Magen, war eine andere. Eine grauenhafte und beängstigende. Und diesmal sprach Allen es aus, bevor sie die Gelegenheit hatte, den Gedanken zu festigen. »Sie schrecken nun auch nicht mehr vor Ministeriumsleuten zurück.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)