Faithful von Cameo (When everything is broken [ Hil x ? ]) ================================================================================ Kapitel 1: One -------------- „Wie geht es mit der Firma weiter, Mr. Hiwatari?!“ „Können sie einfach so mehrere Anteile verkaufen?!“ „Haben sie Ideen für eine neue Kollektion, Ms. Tatibana?!“ „Denken Sie, dass es diese Saison weniger Kritik gibt?!“ Das Blitzlicht blendete mich erneut und ich richtete den Blick geübt zu Boden, während Marcus und Heath, unsere Bodyguards auf Veranstaltungen, uns durch die Massen brachten. Der kühle Wind wehte über meine nackten Knöchel und meine Zehen drohten in den Schuhen zu erfrieren. Als wir endlich an unserem Auto ankamen, gefolgt von der blitzenden und tobenden Masse, drückten Marcus und Heath diese einige Meter weg, damit Kai und ich uns schnell im schwarzen Auto verstecken konnten. Als die Tür zuknallte, fuhr der Fahrer direkt los. Auch wenn die Lichter der Kameras durch die getönten Scheiben dunkel und gedämpfter waren, so schloss ich trotzdem die Augen. Mit der Hoffnung nicht auf den zukünftigen Bildern zu erscheinen. Doch ich wusste schon seit Jahren, dass es niemals so sein würde. Nicht, seit ich damals bei den Bladebreakers als Managerin anfing. Als ich das Gefühl bekam endlich von den Paparazzi befreit zu sein, lehnte ich mich erschöpft gegen den Sitz und betrachtete aus dem Augenwinkel den Mann, der schon die ganze Zeit Abstand von mir hielt. Kai saß vollkommen entspannt da und schwieg sie sonst auch immer. Aber wer ihn gut genug kannte, wusste, dass er im Moment lieber irgendwo in den Bergen sein wollte um seine Wut in voller Kraft auszulassen. So wie früher. Die Straße war frei, sodass der Fahrer aufs Gas drücken konnte und uns in Windeseile zu unserem Penthouse bringen konnte. Ich sah auf die Uhr. Halb Eins. Kein Wunder das kaum noch Autos fuhren. Aber wir befanden uns auch schon außerhalb der Innenstadt. Dort war nämlich immer noch ziemlich stockender Verkehr. Aber so war nun mal Los Angeles. Seit fünf Jahren lebte ich hier nun mit Kai und hatte zusammen mit Max ein eigenes Modelabel. Max jedoch betrieb es in New York, während ich hier in Los Angeles tätig war. Unsere Marke T.T (zusammengefügt aus den Anfangsbuchstaben unserer Nachnamen) war vor allem wegen der ausgefallenen Formen und Farben sehr bekannt. Allerdings war unsere Winterkollektion alles andere als wirklich erfolgreich. Angeblich waren unsere Produkte zu freizügig für einen kalten Winter, sodass wir ziemlich viel Kritik bekamen. Und das mussten wir dringend mit einer neuen Frühlingskollektion ausgleichen, die mindestens doppelt so gut sein sollte, wie alle anderen in den letzten fünf Jahren. Erneut fiel mein Blick auf Kai. Er hatte seine Augen geöffnet und sah nachdenklich in die Nacht hinein. Als ob er über den Sinn von Tag und Nacht nachdenken würde. Doch ich wusste, dass dies nicht der Fall war. Niemals. Kai war mit seinen 25 Jahren bereits ein erfolgreicher Unternehmer einer Firma für mobile Kommunikation. Eigentlich passte das nicht zu ihm. Kais Kommunikation bestand gerade mal aus fünf Sätzen am Tag, wenn nicht sogar weniger. Allerdings war er so erfolgreich mit dieser Firma, dass er schon in den Top Ten der größten Businessbossen ganz oben stand. Doch momentan stand es finanziell nicht besonders gut um das Unternehmen, sodass Kai anfing kleinere Anteile an andere Konzerne zu verkaufen. Natürlich kostete das einige Mitarbeiter den Job und die Presse ließ nach dem ersten Beschluss auch nicht auf sich warten. Doch Kai musste es tun. Zum Wohl der Firma, und vor allem des Rufes, den er sich und dem Unternehmen aufgebaut hatte. Plötzlich verfinsterte sich Kais Blick. „Hör auf mich anzustarren“, raunte er und klang alles andere als gut gelaunt. Verständlich, wenn man in den letzten Wochen Drohbriefe, Erpressungen und Paparazzi im Nacken hatte. Ohne darauf zu antworten drehte ich meinen Kopf von ihm weg und beachtete ihn auch nicht weiter. Wozu auch? Eigentlich hatte Kai meine Aufmerksamkeit nicht mehr verdient. Jedenfalls nicht seit jenem Tag… Kai schloss die schwere Tür auf und schmiss seinen Schlüssel auf die Kommode. Die ganze Fahrt von der Wohltätigkeitsveranstaltung bis zu unserer Wohnung hatten wir uns nur angeschwiegen, nicht einmal richtig angeguckt. Aber das war nichts neues, schließlich war Kai noch nie ein gesprächiger Typ gewesen. Und ich wollte im Moment sowieso nichts mehr mit ihm zu tun haben. „Ich gehe duschen“, sagte ich und sah ihn nicht einmal mehr an, bevor ich hinter einer Tür verschwand. Ich seufzte erleichtert als ich mir sicher war, dass ich die Tür verschlossen hatte. Er hatte weder das Recht noch einen Grund zu mir ins Badezimmer zu kommen. Und überhaupt, je weiter Kai von mir weg war, desto besser. Seine Anwesenheit machte mir im Moment mehr Stress und Ungutes als sonst. Wir waren schon fast sieben Jahre ein Paar und lebten dementsprechend auch schon so lange zusammen. Es war auch nicht ungewöhnlich wenn Kai ab und an mal so schlecht gelaunt war, dass ich mich manchmal fragte, warum ich diesen Kerl überhaupt noch beachtete. Doch sobald er wieder ruhig und entspannt war, fiel es mir wieder ein. Als das warme Wasser über meinen Körper floss, fühlte ich mich zum ersten Mal seit Tagen wieder richtig wohl. Kalte Duschen am Morgen waren nun mal nicht mein Ding, aber wegen der momentanen Umstände blieb mir nichts anderes übrig. Mein ganzer Zeitplan wurde von Pressefotografen vollkommen aus dem Ruder geworfen. Sie lauerten überall und waren sogar bereit mich körperlich anzugreifen, wenn keine Bodyguards in der Nähe waren. Ich verstand nicht warum ich plötzlich so wertvoll für die Klatschpresse geworden war. Gut, ich hatte immer Kollektionen herausgebracht bei denen man einfach nicht meckern konnte. Da wurde noch gar nicht über mich getuschelt, Fotos gab es eigentlich nur bei öffentlichen Auftritten und privat hatte ich auch meine Ruhe. Zumindest bis die letzte Kollektion für viele Furore sorgte und Kais Firma auf einmal drohte den Bach runtergehen. Das blöde an der ganzen Sache war vor allem, dass es gleichzeitig passiert war. Somit waren wir als Paar eine potenzielle Beute für diese ganzen Leute. Ich stieg aus der Dusche und wickelte mir ein Handtuch um den Körper. Da der Spiegel noch beschlagen war, öffnete ich das kleine Fenster neben der Dusche, damit die feuchte Luft verschwinden konnte. Der kalte Wind, der dadurch hereinkam, machte mir ausnahmsweise mal nichts. Die Kälte zwischen mir und Kai war um einiges unangenehmer als ein bisschen Wind. Das ganze ging schon fast einen Monat so und eigentlich wollte ich schon nach den ersten Tagen ausziehen. Aber wenn auch noch raus kam, dass ich mich von ihm getrennt hätte, wären wir beide aufgeschmissen. Nicht nur dass es mehr Fotografen geben würde, Ich war mir sogar sicher, dass diese einfach eiskalt überall an unseren Wohnsitzen Überwachungskameras installieren würden, nur um uns dann noch mehr vor der ganzen Menschheit zu demütigen. Ich nahm ein zweites Handtuch und wischte mit diesem über den beschlagenen Spiegel. Auch nach der Dusche sah ich angespannt und müde aus. Wie nach einem Koffeinschock. Vielleicht lag es ja auch an meinem momentanen Kaffeekonsum, denn der war in den letzten Wochen drastisch von zwei Tassen am Tag auf sieben gestiegen. Ich konnte es kaum noch ertragen mit diesem Mann in einem Zimmer zu schlafen und versuchte deshalb so gut es ging nicht müde ins Bett zu gehen. Und wenn dann war das Gästezimmer mein Schlafplatz. Ich betrachtete noch weiter mein Antlitz. Ich fühlte mich hässlich. Ich war hässlich. Und wahrscheinlich war das auch der Grund warum Kai mich betrogen hatte… Kapitel 2: Two -------------- Nach über einem Jahr ein neues Kapitel... Wunder scheint es doch noch zu geben xD ~ „Lilly, bring mir bitte einen großen Milchkaffee mit, wenn du kommst“ Ich wartete erst gar nicht auf eine Antwort meiner Sekretärin, sondern legte auf. Ich hatte am Vorabend nach der Wohltätigkeitsveranstaltung versucht zu schlafen und war nun deswegen spät dran. Ich schnappte mir meine Tasche und lief ohne ein Wort des Abschiedes einfach aus der Tür. Ich hatte weder einen Grund noch die Zeit mich von Kai zu verabschieden. Außerdem war ich müde. Natürlich war ich lieber in einer Limousine unterwegs, als selbst zu fahren, aber dieser Luxus wurde nur für öffentliche Auftritte genutzt und nicht für Anproben. Ich fuhr für meine Verhältnisse sehr schnell. Normalerweise war meine Geschwindigkeit wenns hoch kam 50 km/h, aber wenn man in zehn Minuten am anderen Ende von L.A. sein musste, dann war ich gezwungen fast 100 zu fahren. Natürlich gefiel mir das überhaupt nicht, vor allem wenn ich scharf bremsen musste, sobald ich eine Kamera sah und mir das fast schon wehtat. Aber ich war professionelle Designerin, ich konnte einfach nicht zu spät kommen, auch wenn es sich wirklich nur um die Anprobe von ein, zwei Kleidern handelte. Lilly kam gerade mit einem großen Kaffeebecher am Hochhaus an, als ich parkte. Wie immer war ihr Timing super. Generell war Lilly eines der größten Wunder in meinem Leben. Sie war fleißig, pünktlich und wusste wie man mit Leuten umgehen musste. Ja sie war perfekt für mich. „Morgen, Hilary“, sie überreichte mir im Laufen den Pappbecher und ich trank erst einmal die Hälfte des mittlerweile lau warmen Getränkes, bevor ich mich mit einer Handbewegung bei ihr bedankte und dann mit ihr in das Gebäude eintrat. „Ah, pünktlich wie immer“ Ein Mann, ganz in schwarz und einem blauen Irokesen begrüßte mich, als ich aus dem Aufzug kam. Daniel war mein bester Schneider und zuständig für die Arbeiten in Los Angeles. Noch dazu mein Berater in Sachen Design. Seine Meinung war mir sehr wichtig, da sein Geschmack meinem sehr glich und er bei schwieriger Auswahl eine Entscheidung treffen konnte. Und er war ein guter Freund. Wir begrüßten uns mit Wangenküssen und er führte mich zu einer Gruppe von drei Frauen. Es waren Models, groß schlank und wunderschön. Genau wie ich sie wollte. Und sie würden die neue Kollektion mit drei Abendkleidern gipfeln lassen. Denn das war ja eigentlich nicht unser Ding, wir entwarfen eher Casual, wie Hosen oder Jacken. Doch Abendkleider kamen immer gut an. Sie sollten uns wieder an die Spitze führen. „Sie würden hervorragend zu den Kleidern passen“, schwärmte der junge Schneider und deutete auf die dunkelhäutige von den drei „Das blaue würde an ihr wie ein Traum aussehen“ Ich lächelte zustimmend und nippte erneut an meinem Kaffee. Es war gut sich wenigstens etwas von der Sache mit Kai ablenken zu lassen. Und eine Anprobe war immer gut, man konnte nie zu früh anfangen. Ich schickte die drei zum Umziehen und setzte mich erstmal auf einen Stuhl. Eigentlich war ich zu müde um zu arbeiten, aber ich musste. In ein paar Wochen würde die Modenschau sein und je früher wir anfingen zu korrigieren und zu organisieren desto besser würde sie werden. Und je gelungener die Modenschau und die Kollektion desto größer der Erfolg. Daniel setzte sich zu mir, während Lilly für mich nochmal Kaffee aufsetzte, denn mein mitgebrachter wurde langsam alle... „Schnucki, was ist los?“, er sah mich mit den geschminkten Augen besorgt an „du hast Augenringe wie ein Untoter und bist selbst mit Make up blass“ Ich hatte noch keinem erzählt, dass Kai mir fremd gegangen war. Ich wollte auch nicht darüber reden. Es würde das auch nicht rückgängig machen. Deshalb spielte ich ein verlegenes Lächeln vor „Ich schlafe im Moment nicht gut, wenn ich überhaupt dazu komme“ Daniel hatte es naiv geschluckt. Ich hätte einen Oscar verdient. „Das liegt sicher an der Presse“, meinte er dann „Du und Kai, ihr könnt doch ohne Bodyguards kaum noch aus dem Haus gehen“ „Nicht mal um kurz eine Zeitung zu kaufen“, Lilly übergab mir eine große Tasse mit dem Kaffee und setzte sich ebenfalls zu uns „Vor allem wenn es mit Kai und der Firma so bergab läuft. Das kommt davon wenn man als ehemaliger Sportler ins Businessgeschäft einsteigt“ Lilly mochte Kai nicht. Verständlich, er war nicht gerade der sympathischste und seit er sie sogar mal als 'unfähig' bezeichnet hatte, herrschte Krieg zwischen ihnen. Doch zum Glück änderte das nichts an dem Verhältnis zwischen mir und Lilly. „Ich hab heute morgen übrigens gelesen, dass hier demnächst ein Turnier stattfinden soll“, erzählte Daniel auf einmal und sah mich an „Wirst du es dir ansehen?“ Ich schüttelte den Kopf und murmelte etwas von „zu viel Arbeit“, bevor ich meinen Kaffee trank. Eigentlich wollte ich wirklich hingehen, aber es würde komisch kommen, wenn ich, alt wie ich war, dort zwischen Teenagern sein würde. Noch dazu weil ich eigentlich prominent war. Das würde noch mehr Schlagzeilen geben. Dann kamen auch endlich die drei Mädchen raus. Daniel hatte mit der Auswahl und der Zuordnung von Model und Kleid nicht einen Fehler gemacht. Sie sahen fabelhaft aus. Die Farben harmonierten auf eine perfekte Weise mit ihnen. Nur waren sie an einigen Stellen entweder zu eng oder zu weit. „Fabelhaft“, der junge Man war sichtlich begeistert von den dreien, jedoch schwirrte er noch um sie herum und steckte an einigen noch Sicherheitsnadeln an. Mir gefielen die Kleider wie sie umgesetzt waren. So gut konnte wirklich nur Daniel nähen. Nicht mal ich kam gegen dieses Talent an. Vielleicht Max, aber der war ja nicht hier. „Was hältst du davon, Hilary?“, die geschminkten Augen sahen mich begeistert an, worauf ich lächelnd und zustimmend nickte. „Sie sehen toll aus. Vielleicht wirst du irgendwann dann das Label übernehmen“, mit jedem Wort wurde ich immer leiser, jedoch verlor ich nicht das aufgesetzte lächeln. „Was redest du denn da?“, der junge Mann schritt zu mir und sah mich besorgt an „Hilary, bist du vielleicht krank? So was kannst du doch nicht einfach so sagen! Du hast dir das alles so schwer erarbeitet! Und ich möchte dein Oberschneider bleiben und mit dir zusammen weitere schöne Kleider nähen“ Ich war gerührt, dass Daniel so dachte und so gutherzig zu mir war. Das war ein sehr kleiner Funken, den ich an Selbstvertrauen noch hatte, meine beiden besten Kollegen. „Das hast du süß gesagt“, murmelte ich leise „Und ich bin nicht krank, mach dir keine Sorgen“ Daniel lächelte erleichtert „Da bin ich aber froh. Wie wärs jetzt mit einem Stück Light Kuchen?“ Die Mädchen freuten sich, Lilly grinste bloß und ich folgte ihnen zu dem kleinen Kaffeetisch. Nein, krank war ich nicht. Ich war bloß zu Boden gebracht worden, getreten, bespuckt und zerfloss in Selbstmitleid, das von außen hin durch Müdigkeit zu erkennen war. Kai hatte meine Weltansicht zerstört. Ich wusste, dass es grausame Menschen gab, die die Menschen verletzten, die sie zu lieben schienen. Ich hatte auch schon oft mitbekommen, wie in meiner Umgebung Männer und Frauen verlassen wurde und wie sie damit kämpfen mussten. Und wenn ich so etwas sah, war ich immer glücklich gewesen, dass ich Kai an meiner Seite hatte. Dass er mich nicht so verletzte. Und dass ich mit ihm glücklich sein konnte. Doch am Ende sah ich auch, dass Liebe nicht das war, was es eigentlich hätte sein sollen. ~ Erst am späten Mittag, verließ ich das Gebäude um mir etwas die Beine zu vertreten. Wolken standen am Himmel, dennoch setzte ich mir eine große Sonnenbrille auf. Noch immer stand mir die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben und am liebsten wäre ich jetzt nach Hause gefahren, um mich in mein weiches Bett zu legen. Doch daraus wurde die nächsten Stunden erstmal nichts. Ich hatte noch ein Meeting mit einer Journalistin einer Modezeitschrift und noch dazu musste ich noch mal ins Büro, um dort noch einiges für die Modenschau zu organisieren. Sprich: Papierkram. Ich hatte weder die Motivation noch die körperliche Stärke dafür, deshalb hatte ich auch Lilly angeordnet wenigstens das Interview verschieben zu können. Was würde diese Frau wohl denken, wenn ich ihr mit Augenringen und einem müden Lächeln begegnen würde? Dann würde sie mit Sicherheit die nächste Boulevardzeitung anrufen. Was denn sonst? Ich zog meinen Mantel enger um mich. Nicht nur, dass mir kalt wurde, ich fühlte mich auch unsicher. In der nächsten Ecke könnte ein Verbrecher stehen oder noch schlimmer, ein Stalker. Doch selbst bei einem Überfall würde mein Mantel mich nicht schützen. Früher hatte ich nicht so eine Paranoia. Erst als wir nach Los Angeles zogen, wuchs sie im Wochentakt ein kleines Stück, sodass ich bei einsamen Spaziergängen immer wieder nach einer Menschenmenge suchte. Zum Glück stand jene an der nächsten Straße. Eine Gruppe von Kindern, oder meinetwegen auch Jugendlichen, stand an der Fensterscheibe eines Elektrofachgeschäftes, das mit Fernsehern voll gestellt war. Da musste wohl etwas wirklich sehr interessantes sein, dass sich so viele davor versammelt hatten. Ich schritt in den hohen Stiefeln schnell über die Straße zu dem Fenster. Mein Interesse war geweckt, vielleicht war es ja eine Kurznachricht über eine Bluttat hier in der Nähe, vor dessen Täter ich mich in Acht nehmen sollte. Doch ich täuschte mich, als ich oben rechts das Logo des Sportsenders erkannte. Im Nu verschwand die Neugier und eigentlich wollte ich mich auch schon wieder wegbewegen, wenn mir da nicht ein blauer Haarschopf ins Auge gesprungen wäre. Drei oder vier der Kinder liefen in den Laden hinein, da es nur drinnen ein Soundsystem gab, mit dem man die Sendung hören konnte. Ich folgte ihnen unauffällig und tat zunächst so, als würde ich mir einige Preisschilder an den Fernsehern ansehen. Wie sah dass denn aus, wenn eine erwachsene Frau ein paar Zwergen folgt um sich eine Sportsendung anzusehen? Nein, es musste etwas dezenter gehen. Nur wenige Minuten später, kam ich auch an den Fernseher mit Ton an und stellte mich interessiert zu den kleinen. „Dieses Jahr werden die Finalrunden zum ersten mal in Amerika stattfinden! Das ist für uns natürlich ein große Ehre, da das Beybladen mittlerweile einen ebenso großen Stand hat wie Baseball. Das muss doch ihrer Organisation sehr gefallen, nicht war?“ Da ich mir nie den Sportsender anschaute, wusste ich auch nicht wer der blonde Moderator war. Aber ehrlich gesagt interessierte es mich auch nicht, sein Gast mit den blauen Haaren war mir sympathischer. Vor allem weil er mir so bekannt vorkam. „Wir sind gerade zu begeistert von der Entwicklung des Beybladesportes. Es gibt ihn zwar schon ziemlich lange, aber dass er nun zu einer solch bedeutenden Sportart in der Profiliga geworden ist, erfüllt die BBA mit einer Menge stolz. Sie müssen wissen, vor zehn Jahren hätten wir niemals geglaubt es soweit zu schaffen, dass wir beinahe schon Olympiastatus haben“ Innerlich grinste ich. Vor zehn Jahren hatte ich noch das Weltmeisterteam gemanagt und nun war das Beybladen zu einem Weltsport geworden. Auch wenn ich schon sehr lange nichts mehr damit zu tun hatte, sprang mein Herz einen Moment in die Höhe. Nicht nur die BBA war stolz auf diesen Erfolg. „Die Finalrunden werden in Los Angeles stattfinden, wo sich das Honda Center in eine Beyblade Arena verwandeln wird. Bis zu Siebzehntausend Menschen aus aller Welt werden dort mit ansehen, wie sich das Amerikanische Team 'Ravens' gegen die russischen Titelverteidiger 'Siberian Tigers' behaupten muss. Genauer gesagt kommenden Mittwoch schon, werden die Beyblades kreiseln und alle wie jedes Jahr zum Brennen bringen. Ich bedanke mich für das Interview Mr. Granger, wir begegnen uns bestimmt im Stadion” „Das will ich doch hoffen” Granger? Ich kannte diesen Namen. Es war Tysons Nachname. Doch dieser war in New York und war bloß Beybladetrainer, kein hohes Tier welches Interviews gab. Aber dann konnte das ja nur- „Miss?”, ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als mich ein Angestellter des Ladens ansprach “Sind sie interessiert an diesen Plasmabildschirm von Panasonic? Er hat die neueste 3D Technologie” Meinetwegen konnte er auch 5D haben, ich war nicht auf der Suche nach einem Fernseher, also brauchte ich auch keinen. Wobei mir jetzt erst auffiel, dass ich durch mein Anschauen der Preisschilder etwas verdächtig gemacht hatte. „Äh... Nein, vielen Dank”, sagte ich höflich und griff in das Regal neben mir, um keine unhöfliche Kundin zu sein. Ich hasste es in einen Laden zu gehen ohne etwas zu kaufen. Das war bei mir schon fast Zwang, auch wenn es sich um Sachen handelte, die ich nicht brauchte. Zum Glück waren das aber nur Supermärkte und Boutiquen, Essen und Kleidung konnte man nie genug haben. „Ich nehme nur diese Batterien” ~ Kai war nicht Zuhause, als ich mit meinem Handy am Ohr durch die Tür kam. „Also du kommst dann in zwei Wochen her?”, da Max mein Partner war und die Modenschau nun mal hier stattfand, musste ich mit ihm besprechen, wann er denn nun hier antreffen würde. „Ja, zumindest habe ich das vor. Je nachdem wie es hier bei mir Zuhause aussieht”, antwortete die andere Leitung. Ebenso lang wie ich und Kai hier in Los Angeles wohnten, waren Max und Tyson auch ein Paar. Ich hätte in meinem ganzen Leben nicht gedacht, dass die beiden schwul seien. Um ehrlich zu sein, hatte ich manchmal sogar geglaubt, Tyson wär in mich verliebt. Doch anscheinend stand er auf Männer. Für uns alle war es damals ein Schock gewesen und vor allem die Presse hatte sich darüber das Maul zerrissen, doch den beiden war das egal gewesen. Sie waren zusammen, glücklich und hatten sogar ein Kind adoptiert! „Gut”, sagte ich und wollte auch eigentlich schon auflegen, wenn mir da nicht noch etwas eingefallen wär „Sag mal, weißt du vielleicht was Hiro jetzt macht?” Ich hörte ein Kichern am anderen Ende der Leitung „Du hast das Interview heute gesehen? Ich dachte Frauen wie du gucken sich lieber Americas Next Topmodel an” Ich verdreht die Augen „Sei du mal ruhig Mr. Homosexueller Topdesigner. Also was ist jetzt?” Ich durfte Max so aufziehen, er machte auch gerne sexistische Witze in meiner Gegenwart, da durfte ich ihn ebenfalls wegen seiner Interessen nerven. Das war so ein packt den wir geschlossen hatten. „Nun ja, da du einen Mann hast, würde ich mal behaupten dass nur er sich den Sportsender ansieht”, stimmte sogar, Kai benutze den Fernseher nur für Sport, Nachrichten und für ihn langweilige Splatterfilme „Jedenfalls, ist Mr Dickenson letzten Herbst in den Ruhestand gegangen, sodass Hiro nun der Vorsitzende der BBA ist. Ich hätte ehrlich gesagt erwartet, es persönlich gesagt zu bekommen, als durch den Fernseher. Schließlich waren wir früher sehr wichtige Bestandteile der BBA. Aber nicht mal Tyson hat was von seinem Bruder gehört. Du kannst dir vorstellen, wie der sich dann aufgeregt hat” Ja, ich wusste wie Tyson sich aufregte, wenn er etwas durch Medien erfuhr, wenn er es persönlich hätte gesagt bekommen können. Aber es wunderte mich, dass keiner von uns Bescheid bekommen hatte. Anscheinend, war Mr Dickenson wohl still und heimlich einfach in Rente gegangen. „Hast du gewusst, dass die Weltmeisterschaft hier stattfindet?”, fragte ich Max dann, während ich in die Küche schlenderte und die Kaffeemaschine anstellte. Ich hörte bloß ein „Hm“ aus dem Telefon, was soviel wie 'Ja' bedeutete. Wenn man mit Kai zusammenlebte, dann lernte man mit der Zeit welches 'Hm' was bedeutete. „Siehst du es dir an?” „Ich muss”, Max klang ein wenig genervt. Das war normalerweise nicht seine Art, da er als leidenschaftlicher Beyblader bei dem Thema vor Enthusiasmus kochte. Doch im Moment hatten wir beide andere Sorgen als eine Weltmeisterschaft. „Einer der amerikanischen Mannschaft war mal ein Schützling von Tyson und so was will er nicht verpassen. Außerdem kennst du ihn”, ein Seufzen „Schon seit Wochen läuft hier nichts anderes im Fernsehen” Ich musste grinsen. Ja, Tyson gehörte noch zu den wenigen Dinosauriern, die beim Beybladen geblieben waren. Ebenso Daichi und Kenny, die aber eher in Japan tätig waren. Komisch was aus dem ehemaligen Weltmeisterschaftsteam geworden ist. Tyson und Daichi waren Trainer und Kenny war der oberste Leiter aller Forschungs- und Ingenieurabteilungen in Japan geworden. Ray war wieder in China und hatte ein eigenes Restaurant. Noch dazu hatte er Mao geheiratet und ihrer letzten E-Mail zu urteilen, erwarteten sie bereits ihr zweites Kind. Und Kai und ich lebten in einer wilden Ehe, in den Augen der anderen waren wir sogar glücklich. Aber die Realität war ganz anders. Am liebsten wollte ich meine Sachen packen und ausziehen, vielleicht zu meiner Mutter nach Japan zurück gehen. Aber es war einfach im Moment nicht möglich und wenn ich ehrlich war, hatte ich Angst an dieser ganzen Situation zu zerbrechen. Doch ich wusste noch nicht, wie schlimm das ganze noch werden sollte… ~ Warum erst nach einem Jahr ein neues Kapitel kam, lässt sich kurz erklären: Ich hatte seit Anfang Herbst 2011 sehr viel um die Ohren gehabt, sowohl mit der Schule als auch (und vor allem deswegen) mit meinem privaten bzw. familiären Umfeld. Unter diesem Stress hatten aber nicht nur meine FF Projekte sehr gelitten, sondern auch der Rest meiner Hobbys, weswegen alles eben etwas zu kurz kam. Da ich jetzt allerdings mit der Schule fertig bin und (abgesehen von Arbeitssuche und Vorbereitung meiner Mappe fürs Studium) viel Freizeit habe, sollte eine SO lange Wartezeit nicht mehr vorkommen. Es tut mir wirklich vom ganzen Herzen Leid, dass das jetzt so dazu gekommen ist und hoffe sehr, dass ihr Verständnis dafür habt v.v Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)