Herzstolpern. von Deryan (> oh, es ist das arme Herz.) ================================================================================ Kapitel 2: > HERZSTÜCK. ----------------------- Na, wer hätte noch gedacht, dass es nach der langen Wartezeit, tatsächlich weitergehen würde? :) Und weil ihr so lange auf das neue Kapitel warten musstet und diese auch noch so eine Kürze aufweist, möchte ich mich entschuldigen. Ich bemühe mich im nächsten Kapitel mehr vom Handlungsstrang und selbstverständlich die anderen Charaktere, wie Rose, Scorpius, Louis und Lorcan und Lily einzubringen. Auf jeden Fall war es für mich eine kleine Freude gewesen, dieses Kapitel zu schreiben. Wahrscheinlich lag es daran, dass es mir leicht von der Hand fiel, was sehr selten passiert. Und ich hoffe auch, dass euch der Morgen danach gefällt und somit auch dieses Kapitel. Liebste Grüße K A P I T E L 2 HERZSTÜCK. Das Rad des Schicksals drehte sich, katapultierte mich geradewegs in die Vergangenheit zurück – irgendwo zwischen Herzklopfen und einer grässlichen Familienfeier steckte ich fest und begegnete einem Drei-Käse-Hoch, der wiederum einem burschikosen Biest begegnete. Jedoch war das Biest kein wirkliches Biest, sondern ein missverstandenes, kleines Mädchen, welches zum Heulen gebracht wurde und der Übeltäter war ein Störenfried, ein immer-im-Mittelpunkt-stehender Dummkopf, der es einfach nicht besser verdient hatte. Dies und nichts anderes erzählt die kleine Anekdote über meine erste Begegnung mit Albus Severus Potter: „Du heißt also Alice.“, stellte er mit einem tiefen Stirnrunzeln fest und schaute mich skeptisch an. Ich nickte, weil ich es als Höflichkeit erachtete und verdrängte die Tatsache, dass er mich seit guten zwei Stunden einfach ignoriert hatte – die Freundlichkeit wäre somit eigentlich passé. Die Betonung lag auf eigentlich. Und als ich ihn so musterte – ich konnte gar nicht anders, als ihn mit großen Augen anzustarren – da fiel mir dieser Dreck auf, der sich überall verteilte; auf seinem Bubengesicht, der Hose und dem grünen T-Shirt mit dem Besenaufdruck und seine Hände. Seine schwarzen Haare mussten vor Schlamm nur so triefen – wie eklig. Mir wurde augenblicklich übel. Automatisch entfernte ich mich einen großzügigen Schritt von ihm, weil ich befürchtete, dass er mich mit seinem Dreck beschmieren könnte und das würde ich nicht überleben. Das geräumige Wohnzimmer schien in diesem Augenblick viel zu klein für zwei Achtjährige (ich schätze, dass er in meinen Alter sein musste) zu sein. Dem Dreckspatz schien das Ausweichen nicht zu bemerken oder es interessierte ihn einfach nicht. Und diesen Gedanken hegte ich, als ich mir auffiel, dass seine grünen Augen noch immer auf mir ruhten. Er beobachtete mich und das eindringlich; ich fühlte mich unbehaglich. „Ich verstehe es nicht.“ Sein zweiter Anlauf begann, mit mir eine Unterhaltung zu führen. Irgendwie bekam ich das Gefühl, dass es sich hierbei eher um einen Monolog handelte. Na, toll. Das würde keine Vergnügen bedeuten. Die anfängliche Beobachtung verwandelte sich plötzlich zum Starren. Seine Augen formten sich nun zu Schlitzen. Anscheinend hatte er seine Brille irgendwo liegen lassen, denn ich wusste, dass er eine trug. Ich seufzte und fragte: „Was verstehst du denn nicht?“ „Jungs spielen doch nicht mit Puppen. Das tun nur die doofen Mädchen!“ Meine Kinnlade klappte unweigerlich runter und die Augen weiteten sich empor und die Wangen erglühten. Automatisch klammerten sich die kleinen Finger fester um Mademoiselle Flavia. Eine Unverschämtheit! Empört keifte ich: „Ich spiele deshalb mit Puppen, weil ich eben ein Mädchen bin!“ „Nein, das bist du nicht.“ Albus, das war der Name von diesem unhöflichen Jungen, klang so überzeugend, so sicher mit seiner 'Feststellung'. „Mädchen haben lange Haare, so wie meine Cousinen und nicht kurze.“ Prompt erinnerte ich mich an das missglückte Experiment vor einigen Wochen, die diese Haarpracht hinterließ – der einzige, unverkennbare Beweis, im Übrigen, als ich den Versuch unternahm, einen Verwandlungszauber auszuüben – aber das verriet ich ihm nicht. „Mädchen können auch kurze Haare haben.“, antwortete ich beleidigt. „Du trägst Shorts, meine Cousinen nicht.“ Eines stand fest: ich wünschte, er möge auf einer Bananenschale ausrutschen. Jawohl! Und seine doofen Cousinen mit ihren tollen, langen Haaren und ihren wunderbaren Kleidern, die wahrscheinlich keine einzige Falte besaßen, entsprangen dem letzten Jahrhundert. „Wie deine Cousinen aussehen, interessiert mich nicht. Ich bin ein Mädchen und nun lass mich in Ruhe!“ „Und ich glaube dir nicht.“, antwortete er mit Beharrlichkeit, stemmte die Hände in die Hüften und schaute mich mit diesem seltsamen Blick an, auf den dann ein dämliches Grinsen folgte. „Weißt du was? Ich beweise es dir.“ Und dann geschah alles viel zu schnell. Albus trat einen Schritt auf mich zu, seine Finger griffen nach meiner Hose und zogen sie mit einem kräftigen Druck herunter, samt dem Höschen mit den bedruckten, roten Herzchen darauf. Ich war so fassungslos über seine Tat, über seine Dreistigkeit und dem Mangel an Höflichkeit – ich benötigte einige Herzklänge, um zu realisieren, dass ich tatsächlich halb nackt vor ihm stand. Seine überaus erstaunte Stimme ließ die Fassungslosigkeit verpulvern. „Oh, du bist ja wirklich ein Mädchen.“ Und als der Trottel genau das sagte und ungeniert auf meine entblößte Mitte starrte, da begriff ich die Ungeheuerlichkeit, die mir widerfahren wurde. Natürlich erfasste mich die blanke Scham, als ich auf mich hinunter sah und erkannte, dass er es tatsächlich gewagt hatte, mir meine Hose runter zu ziehen. Die Farbe, die nun mein Gesicht repräsentierte, erinnerte an eine Erdbeere. Mit den Tränen kämpfend und mit dem bebenden Unterkiefer zog ich so schnell, wie nur möglich meine Hose wieder an, ballte meine Hand zur Faust und schlug mit aller Kraft, die in mir steckte, in sein noch immer staunendes Gesicht. „Du, Pupsloch, du Würstchen, du Kugel voller Matsch! Was fällt dir ein.“ Und während ich das sagte, holte ich noch einmal aus und verpasste ihm noch eine. Für meine Verhältnisse strotze das Ergebnis nur so vor Erfolg: ich erwischte ihn beim ersten Schlag auf die Nase, der zweite landete auf seinem linken Auge. Ich wollte ihm noch einen bittersüßen Kinnhacken schenken, jedoch schien sein Geheul Gehör gefunden zu haben. Denn plötzlich spürte ich zwei Hände auf meinen Armen, die mich bestimmend von Albus wegzerrten. Es war Rose' Mama gewesen. Und im Übrigen: Albus wehrte sich nicht einmal. Heulend lag er auf dem dunkelgrauen Teppich und schrie nach seiner Mama – Sieg für mich! Ab diesem Zeitpunkt waren die Fronten geklärt. Und man war nicht gewillt, die Friedenspfeife zu rauchen. . . . Diese schrecklichen Vorhänge hätte ich bei meinem Ankommen gleich zuziehen sollen. Dann hätte das Sonnenlicht nicht mein Gesicht kitzeln können und die Lichtstrahlen würden nicht mein bescheidenes Zimmer überfluten und mich vom kostbaren Schönheitsschlaf abhalten – ich bedanke mich herzlichst an meine eigene Verlässlichkeit. Ein leises Grummeln entwich meiner Kehle und das Antlitz verzog sich mürrisch. Das Lid öffnete sich zaghaft, aber nur für einen kurzen Atemzug. Die plötzliche Helligkeit, die mich schlicht überforderte, schien auch für das eine Auge zu viel. Die Helligkeit quittierte von mir ein gequältes Wimmern. Irgendwie fühlte ich mich wie Apfelmus. Das letzte Mal, als ich dieses Gefühl verspürte, befand ich mich inmitten der Abschlussprüfungen und lernte, lernte, lernte. Das Auge schloss sich wieder und ich zog mir die gemusterte Decke über den Kopf. An den Wirbelsturm in meinem Kopf vermochte ich gar nicht zu denken. Es dröhnte und wie schrecklich es dröhnte. Der Versuch den gestrigen Abend mit den wenigen, noch verbleibenden Gehirnzellen, die nicht vom Konsum des Feuerwasser ausgelöscht wurden, zu rekapitulieren, war weniger von Erfolg gekrönt, als ich dachte. Die Silvesterfestlichkeit der immer-mal-wieder-Freundin von Albus Severus Potter war das makaberste Erlebnis meines bisherigen Lebens gewesen. Dass die erlogenen, affektierten und gekünstelten Püppchen und die andere Gesellschaft, dessen Spott mich beinahe kränkte, eine andere Meinung vertreten könnten, wäre mir absolut schleierhaft gewesen! Denn obwohl das Erinnerungsvermögen sich nur an Bruchstücke erinnerte, waren es grauenhafte Erinnerungsfetzen, so wie beispielsweise: der Streit zwischen zwei jungen Erwachsenen (es waren zwei sehr angeheiterte Hexen gewesen), welches eskalierte – die eine wurde, denke ich, in den Pool oder aber ins Buffet geschubst und die andere stolperte über ihre viel zu hohen, spitzen Schuhe und landete irgendwo … dann war da noch Albus, der nicht von meiner Seite wich, was sein Betthäschen erzürnte und mich verwunderte, noch immer verwunderte. Und dann … dann wurde es schwammig, bis hin zu unergründlich. Ach du meine Güte, ich hatte einen Filmriss! Argh! Memo an mich: das Konsumieren von Feuerwasser wird nicht mehr praktiziert! Betrunkener Zustand führt zum Gedächtnisverlust und einem Kater … oh, einem gewaltigen Kater. Mir war übel und ich wünschte nichts sehnlicher als einen Trank gegen diese fürchterlichen Schmerzen in meinem Kopf. Die ungeschminkten Lider – der dunkle Lidschatten war sicherlich verschmiert und sah unschön aus – öffneten sich abrupt, weil mich ein schockierender Gedanke überkam, der mir die Brust zuschnürte. Sofort lugte ich aus der Decke und stellte höchst erleichtert fest, dass ich die Nacht in meinem bescheidenen Hotelzimmer, mit seinen erschwinglichen Preisen und der altmodischen und niedlichen Einrichtung, verbrachte und nicht in unbekannten Wänden, neben einem unansehnlichen Widerling (der im betrunkenen Zustand attraktiv wirkte) liegend. Die Erleichterung war ein überaus angenehmes Gefühl, bedauerlicherweise hielt diese Empfindung für beschauliche Sekunden an. Ich machte den Fehler und wandte mein Gesicht zur Seite, um zu erfahren, welche Uhrzeit mein Wecker offenbarte und dann erblickte ich ihn, anstatt alles andere. Es war er. Erstaunlich, wie schnell das Gefühl der puren Zufriedenheit keine Dummheit begannen zu haben, verschwand und sich in blankes Entsetzen verwandeln konnte. Meine Gesichtsfarbe erinnerte bestimmt an eine Geistergestalt; fahl und kreidebleich war sie mit den Gesichtszügen der Fassungslosigkeit. Er lag neben mir. Das arme Herz in der Brust rutschte unsanft in die Magengrube. Es war mein Was-auch-immer. Albus. Albus der auf dem Bauch lag und friedlich schlief. Albus, dessen Rücken entblößt war und somit auch die längliche Narbe auf der rechten Schulter, die er im siebten Schuljahr beim Quidditch davontrug. Mein Atem stockte und das Herz in der Brust raste, raste, raste. Der Gedanke, der mir so schnell wie ein Pistolenschuss in den Sinn kam, war fürchterlich. Denn Albus' Oberkörper war unbekleidet und vermutlich … die Schlussfolgerung war geradezu erschütternd. Vielleicht, bei Merlin ich hoffte es nicht, möglicherweise war er genauso unbekleidet unter der Decke, wie ich? Ich hoffte, hoffte, hoffte, hoffte und verfluchte meinen wahren Alkoholpegel und mich gleichermaßen, weil ich mich dazu überreden ließ, Feuerwasser zu konsumieren. Oh, wie mich die Unglücksfee bestrafte! Da trank ich das erste Mal in meinem Leben und dann passierte mir dieses … Missgeschick, Unfall … was auch immer. Dies schien der Höhepunkt meiner nie endenden Pechsträhne zu sein, welches passend zum neuen Jahr eintrudelte und mir einmal mehr verdeutlichte, dass die Welt, dass das Schicksals und was-weiß-ich-noch-alles eine Antipathie gegen mich besaß. Widerwillig sah das Augenpaar wieder Albus an. Die mit gemusterte Decke teilten wir uns (romantisch, nicht wahr?) und sie war wahrlich nicht groß genug für zwei erwachsene Körper, genauso wenig wie das eine bedruckte Kopfkissen. Das Herz, es stolperte, als ich mir seiner tatsächlichen Nähe bewusst wurde. Es bedurfte wenige Zentimeter zur hauchfeinen Berührung der Nasenspitzen. Sein rabenschwarzes Haar war zerzaust, besaß etwas Verruchtes. Einige von meinen dunklen Haarsträhnen lagen darauf. Nächstes Herzstolpern in der Brust. Sein Arm lag weit ausgestreckt und mein Nacken bettete sich darauf, nicht auf dem weichen, blau-rot gestreiften Kissen (in der Tat, der Bettbezug passte in keinster Weise zusammen), nein, sondern auf seinem Arm – die Erkenntnis kam spät, ich weiß. Meine armen Nerven und das arme Herz fuhren eine wilde Achterbahnfahrt. Und dann öffneten sich seine Lider zaghaft. Ich starrte regelrecht in verschlafene, grüne Augen. Albus schien die heikle Situation zwischen uns nicht mit dem ersten Wimpernschlag zu realisieren. Dies offenbarten mir seine schlaftrunkenen Gesichtszüge. Dann verging ein Herzklang. Es folgte ein Weiterer und noch einer und mit jeder weiteren verstrichenen Sekunde, veränderte sich sein Antlitz rapide. »Bei Merlin!« Albus fuhr zusammen und sprang beinahe vom Bett auf und da sah ich es: die Bestätigung dafür, dass das Vermutlich nur eine Hoffnung dargestellt hatte. Er war unbekleidet. Gänzlich entblößt. Mit hochroten Wangen schaute ich schnell weg und ergriff panisch die Bettdecke und hielt sie an meinem Körper gepresst, so dass Albus nicht den Genuss der Bewunderung meiner Weiblichkeit (Applaus, bitte, für meinen hervorragenden Humor) kommen konnte. Mir war es auch durchaus egal, dass ich so egoistisch war und die ganze Decke für mich beanspruchte. Lily würde sicherlich ihre perfekten Zähne entblößen und das perfekte Zahnpasta Lächeln aufsetzen und mir die Worte prüde, verkorkst und verklemmt entgegen spucken. Das tat sie immer und manchmal, da hegte ich den Glauben, dass es absichtlich geschah. So wie gestern Abend, noch bevor die Stunde Zwölf geschlagen hatte, als sie schon im beschwipsten Zustand beim Ankleiden und Schminken und der eigentlichen Freude des Beisammenseins, welches alles in Rose‘ kleinem Hotelzimmer geschah, kichernd meinte: „Darf ich vorstellen: die verklemmte und überaus altjungferliche Alice Longbottom, die noch immer der Niete Lorcan Scamander nachtrauert und ihn nun auch noch zu allem Übel als besten Freund erduldet! Was für eine Heuchelei!“ Ich schwieg vor Sprachlosigkeit und über ihr dreistes Verhalten. Der Feuerwhiskey, gefangen zwischen ihren Fingern, wurde kurz in meine Richtung geschwenkt und dann landete die Flüssigkeit in ihrem gierigen Mund. Rose ermahnte sie, so, wie sie es eigentlich immer tat, doch Lily ignorierte die Zurechtweisung und trank und schminkte sich weiter. Unsere Blicke trafen sich, aber nur kurz, dann wandte er sich schon von mir ab. Albus setzte sich am Rande des Bettes hin und rieb sich das Kinn. Er schien nachzudenken oder aber er brauchte einen großzügigen Augenblick, um das Geschehene zu verdauen. Wer konnte ihm das schon verübeln? Und doch wollte ich ihm keine Gelegenheit für eine Verdauung des Geschehens geben, weil diese Stille nichts tröstliches, nichts angenehmes besaß. Sie war genauso Unwillkommen, wie die Anwesenheit von Scorpius Hyperion Malfoy, wenn er auf meine hinreißende Seelenverwandte stieß. Die Emotionen überrollten sich mit schierer Heftigkeit. Die Augen füllten sich mit verhassten Tränen, die ich nur einen Herzklang lang versuchte zu unterdrücken. Grenzenlose Panik vermischte sich mit Übelkeit erregendes Entsetzen. Dann heulte ich. Hemmungslos. Und Albus bemerkte es sofort. Rasch wandte er sich zu mir. Seine sanfte Stimme streifte mein Herz: „Nicht weinen, Alice. Wir kriegen das schon wider hin.“ Seine Hand lag in der Luft, wollte meine Hand oder meinen Arm berühren – bestimmt, um mir Trost zu spenden, jedoch verkniff er sich die Intimität auf halben Wege. „Wir kriegen absolut nichts wieder hin!“, dementierte ich mit erstickter Stimme und wischte mir die Tränen mit meinem Handrücken aus dem Gesicht, „Wir haben etwas Unverzeihliches getan! Etwas, was Menschen nicht tun sollten, wenn sie einander nicht lieben. Und außerdem–“ Ich stockte mitten im Satz, weil mir das aller Fürchterlichste aller schrecklichsten Dinge einfiel. Mein Mund schloss sich, weil ich es einfach nicht glauben wollte, konnte. „Bei den Heiligen“ Ich dachte, ich müsse gleich umkippen. „Wir haben miteinander geschlafen und … es … war mein –“ Ich stockte, weil ich die Kraft nicht aufbrachte, meinen Satz zu Ende zu formulieren, darum dachte ich es nur: Es war mein erstes Mal. „Oh, oh … ach du meine Güte, w-wir haben m-mi-miteinander geschlafen“, wiederholte ich es überflüssigerweise, aber die Situation war auch zu makaber, „Und dabei hast d-d-du eine Freundin! Oh, nein, oh, nein, oh, nein, oh nein, was bin ich bloß für ein schrecklicher Mensch, da mache ich mich doch tatsächlich an einen liierten Kerl ran und schlafe auch noch mit ihm und das Schlimmste an der Tatsache ist, dass ich mich noch nicht einmal daran erinnern kann, weil ich viel zu betrunken gewesen bin … oh, oh, ach du meine Güte, ich hy-per-ven-ti-liere!“ Albus' Hand legte sich abrupt auf meine, drückte sie bestimmend. Bei der Berührung zuckte mein Körper kaum merklich zusammen. „Alice, beruhige dich.“ Seine Stimme war von Sanftheit erfüllt und sein Blick wurde intensiver. „Weißt du, es ist nicht nur deine Schuld, sondern auch meine. Ich hätte mich, wie ein Gentleman verhalten müssen und –“ Er stockte, weil es an der Tür klopfte. Nun, hörte man genauer hin, so würde man nicht von einem einfachen, federleichten Klopfen an der Tür sprechen, sondern von einem Hämmern gegen das dunkle Holz. Wir zuckten beide zusammen. „Alice, mach die dämliche Tür auf! Wir müssen miteinander reden.“ „Es ist Lily.“, stellte ich überflüssigerweise fest. Als ob Albus die Stimme seiner eigenen Schwester nicht erkennen würde. Aber er nickte nur beiläufig, anstatt mir seinen Zynismus entgegenzuspucken. So, wie ich seine plötzlich konzentrierten Gesichtszüge deutete, schien er nachzudenken. „Was ist, wenn sie uns so sieht?!“ Die Vorstellung einer Lily Luna Potter, die in das viel zu kleine Zimmer hineinstürzte, erweckte die Hysterie von neuem. „Oh, nein, nein, nein, nein! Was ist, wenn sie dir Tür aufmacht und uns beide so sieht? Das würde der Untergang für uns beide bedeuten: der notorische Fremdgeher und die Longbottom-Pest nackt in einem Zimmer, enttarnt von dem größten Tratschmaul, oh-“ „Alice, du übertreibst wieder. Wie soll sie die Tür öffnen? Sie ist verschlossen.“ „Sie kann aber einen Zauberstab zücken!“ „So, wie ich meine hirnlose Schwester kenne, hat sie bestimmt einem Tauschgeschäft zugestimmt. Zauberstab gegen ein neues Paar Schuhe.“ „Lily würde so etwas nicht tun. Sie ist doch nicht töricht.“ Er stöhnte. „Das war nicht wortwörtlich gemeint, aber egal. Was ich sagen will, Lily kommt nicht so einfach herein.“ Und dann stand Albus plötzlich auf und suchte seine Boxershorts. Benötige ich zu erwähnen, dass ich einen wunderbaren Blick auf seinen nackten Körper besaß? Prüde blickte ich wieder auf die Decke. „Du wirst ihr gleich die Tür öffnen.“ Das war der Augenblick, als ich ihn wieder anstarren musste. „Wie bitte? Nein, niemals. Sie könnte–“ „Alice, lass mich ausreden. Ich gehe solange in den Schrank, während du versuchst Miss Egozentrisch abzuwimmeln. Schaffst du das?“ Da war es wieder. Dieser nervige Kommandoton, den er perfekt beherrschte und den ich ausnahmslos verabscheute! Ich nickte, weil mir erstens keine andere Möglichkeit blieb (außer natürlich zu hoffen, dass Lily von allein verschwand, aber dann war es nicht Lily Luna Potter, wenn sie ihren Willen nicht bekam) und zweitens meine geistige Verfassung nicht gerade die Brillanteste war. Und so verschwand Albus in den Kleiderschrank. Seine Finger berührten noch die silbernen und zerkratzten Griffe, als er sich zu mir umdrehte und sagte: „Wir schaffen das, Alice. Ich verspreche dir, dass alles gut werden wird.“ Aber wir beide wussten, dass nichts mehr so ein wird, wie früher. Wir wussten, dass die Normalität sich verabschiedet hatte. Fortsetzung folgt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)