Blutige Begegnungen von Diracdet (Teil 7 des Detektiv Conan-Noir Crossovers) ================================================================================ Kapitel 16: 16:00 Uhr plus-minus Epsilon ---------------------------------------- Hallo liebe Lesenden, lange ist es her, immerhin vier Wochen, seit dem letzten Kapitel. Die Tagung habe ich gut überstanden, sogar ein paar Leuten meine Arbeit erklären können... wie unbedeutend sie auch sein mag. *hust* *hust* -_-° Und zum Ausgleich fürs lange warten gibt es das Kapitel einen Tag früher, freut euch bitte jetzt! Nein, eigentlich kommt es schon Montag, weil ich morgen wieder nicht da bin den ganzen Tag – irgendwer scheint Dienstag für einen guten Veranstaltungstag zu halten – und ich das Kapitel nicht nochmal verzögern wollte. Also... hier kommt endlich das lang erwartete Duell Organisation gegen Akai und Conan, Shinto und Ran gegen Chianti und Korn, Mireille und Kirika gegen alle... Gewehre gegen Fußbälle? Doch, so in etwa umschreibt das wohl die wesentlichen Aussagen dieses Kapitels, würde ich meinen. Natürlich nicht ohne mich vorher noch für eure Kommis zum letzten von vor vier Wochen zu bedanken!! Vielen Dank dafür, ehrlich. das hilft mir sehr einzuordnen, wo ich noch ungewollt unverständlich bin und etwas hinzu fügen muss. Eine kleine Erklärung noch wegen des Titels – da schlägt der Physiker/Mathematiker durch. Epsilon wird in der Mathematik standesgemäß für Grenzwerte benutzt, sprich eine beliebig kleine Größe größer Null. In diesem Sinne, die Unstetigkeit bei 16:00 Uhr, oder wie sich die Welt zwischen kurz vor und kurz nach vier Uhr Nachmittags verändern kann... das wären aber verhältnismäßig lange und noch unsinnigere Titel, weshalb ich bei dem blieb, den ihr hier seht. Nun denn, viel Spaß mit dem... nun... dem Auftakt in Richtung des Finales. So kann man es sagen. Bis zum nächsten Mal. LG, Diracdet ____________________________________________________________________________ Kapitel 16: 16:00 Uhr plus-minus Epsilon Wenige Minuten vor vier Uhr schließlich standen Ran und Shinto wieder auf und begannen sich auf den Weg zu machen. Den Weg, den die Schüsse eine Stunde zuvor, gemäß der Interpretation des Jungen, vorgegeben hatten, schlugen sie ungefähr wieder ein. Korn und Chianti würden sich sicher gleich auf die ihnen eigene Art bemerkbar machen, sollten sie vom geplanten Kurs abweichen. Die beiden folgten langsam dem Hauptweg, hielten etwas Abstand zu anderen Besuchern, dass diese nicht in eine mögliche Schussbahn gerieten, und blieben dabei immer mit einem Auge und einem halben Bein am Wald hängen. 'Ja, der Wald stellt wirklich ein gutes Hindernis für ihre Gewehre dar.', dachte sich Ran, als sie die Dichte der Bäume anhand des wenigen Lichtes, welches hindurch drang, analysierte. 'Die Bäume sind ziemlich dick und genug, dass man schon nach fünfzig Metern praktisch zu keinem Zeitpunkt mehr in einer möglichen Schusslinie stehen sollte. Nur... das alleine bedeutet lediglich, dass sie uns nicht direkt erschießen können. Wenn sie sich deswegen entschließen, auf andere Gäste zu zielen, um uns heraus zu locken... Nein. Nicht dran denken, Ran! Shintos Plan... sein Plan muss klappen. Ich muss ihm vertrauen.' Sie atmete einmal tief durch. So viel, wie sich ihr Kopf bei ihren Überlegungen wand, wollte sie gar nicht so offen zeigen. Schon gar nicht gegenüber den Scharfschützen der Organisation. Andererseits, sie wussten, dass sie wusste, dass sie in den Fadenkreuzen der Zielvorrichtungen ihrer Gewehre einen festen Platz besaß. Man konnte ihr ohne weiteres jedwede unsichere Gedankenkette zu diesem Aspekt andichten und jede Grimasse, jede Gestik hatte irgendwie ihr Existenzrecht darin. Kurzum, man würde ihr aus Sicht der Agenten keine geheimen Pläne aus diesen Bewegungen unterstellen können. Nur ob diese das auch so sahen, war nicht so klar. 'Ich denke wirklich viel zu viel nach.' Ihre Hand, die die des kleinen Jungen festhielt, drückte diese für einen Moment noch stärker. Es war ein wenig wie mit Conan. Diese Hand..., die Hand, die da war, gab ihr Halt. Sonst nicht vieles. Sie hatte versucht, ein wenig mit ihm ins Gespräch zu kommen. Seinen Plan hatte Shinto schnell erläutert gehabt und so hatten sie immerhin noch fast 20 Minuten auf der Bank warten müssen, bevor sie aufgestanden waren. Einfach nur ruhig dazusitzen wäre auf Dauer auffällig geworden. Außerdem ging das gute Miene zum bösen Spiel machen über Rans Fähigkeiten hinaus, wenn sie sich erinnerte, dass zwei Gewehre auf sie gerichtet waren. Viel positiver als ernst konnte sie einfach nicht dreinschauen, ein gespieltes Lächeln mal dazwischen, dem aber die nervöse Unruhe nicht abzusprechen war. Aber Shinto hatte diese Annäherungsversuche ungewöhnlich deutlich abgeblockt, wie sie fand. Traute er sich immer noch nicht, sich ihr zu öffnen? Hatte er immer noch Angst um sie, egal was sie ihm sagte, obwohl sie doch so offen mit ihm vor der Organisation floh? Oder war ihm etwas aus seiner Vergangenheit mit der Organisation unangenehm, etwas, worüber er nicht sprechen wollte? Aber dann hätte er es doch umgehen können. Alles in allem machte es mehr den Eindruck, oder besser, wollte er scheinbar den Eindruck erwecken, als gäbe es gar keine Vergangenheit zwischen ihm und der Organisation. Realistisch betrachtet erweckte er aber den Eindruck, als gäbe es da hingegen sehr viel, über das er sich nur partout nicht äußern wollte. Und genau das beunruhigte das Mädchen auf eine ihr nicht ganz erklärliche Weise. Sie dachte zunächst, dass es ein deutlicher Unterschied zu Conans Verhalten sei, dem sie immer Vertrauen entgegen brachte... aber das war aus aktueller Sicht Augenwischerei. Sie vertraute Conans Wort, solange sie nichts von seiner Identität ahnte. Nun aber hatte sie oft genug das Gefühl, in dessen Lügen wie in einem offenen Buch zu lesen. Ähnlich wie bei Shinto... 'Und warum beunruhigt mich das dann?' Ungeduldig, aber auch sichtbar nervös verfolgte Chianti die Prozession der beiden Zielscheiben durch das Teleskop ihrer Zielvorrichtung, das Handy über die Freisprechanlage die gesamte Zeit über angeschaltet. „Sie sind losgegangen.“, kommentierte Korn kühl zur Information für Gin, der noch nicht seine Position erreicht hatte und die Aktion um vier lediglich per Kopfhörer überwachen würde. „Und, irgendwelche Anzeichen, ob sich der Bengel an den Plan hält?“ „Ja. Sie bewegen sich parallel am Wald entlang und ihre Augen suchen ihn immer wieder kurz auf, was sie aber zu unterdrücken versuchen. Diese Mori hat auch mehr als einmal in unsere Richtung geschaut.“ „Sie hat uns einen bösen Blick zugeworfen.“, musste Chianti einfach einwerfen und das ganze mit einem gehässigen Lachen untermalen. „So ein ehrgeiziges, junges Ding, ich hätte fast Angst. Haha.“ „Nochmal, unterschätze sie nicht, Chianti!“, konterte Gin mit so drohender Stimme,dass ihr wirklich ein Schauer den Rücken hinunter jagte. „Die Distanz, die euch trennt, und dein Gewehr; das sind die Gründe, dass du ihr gegenüber im Moment im Vorteil bist, mehr nicht. Im Nahkampf ohne Schusswaffe wärst du mit ziemlicher Sicherheit unterlegen.“ „Bin ich aber nicht, also...“ „Dein Gewehr hast du heute schon einmal verloren.“, unterbrach er sie und lähmte ihre Züge für einen Augenblick. „Und du musstest für dein zweites eine Weile ohne ein Gewehr, nur mit deiner Pistole bewaffnet, rumlaufen.“ Sie schluckte lautstark, als erneut das Bild des Todesmädchens vor ihrem geistigen Auge erschien. „Du meinst...“ „Ja, du warst schutzlos, zumindest gegen einen Gegner von ihrem Kaliber. Also pass' beim nächsten Mal besser auf deine Waffe auf, sonst war es die letzte, die du jemals getragen hast!“ Chianti verstummte in ihren Gedanken. 'Der Teufel... tötet nicht selbst, er holt sich nur die Seelen, die er will, indem er die Menschen gegeneinander ausspielt. Dieses Mädchen... sie ist einfach nicht normal.' „Hat sich eigentlich schon mal wieder dieses Mädchen gezeigt, Korn?“ „Ich hab zumindest niemanden gesehen, der Chiantis Beschreibung gut genug entspräche. Aber... ich denke, sie ist hier irgendwo.“ Man konnte sogar seiner gleichmäßigen Stimme eine unübliche Nervosität entnehmen. Man war es in der Organisation einfach nicht gewohnt, bei einer Mission so eiskalt aufzulaufen. Eigentlich... eigentlich waren die Verluste schon jetzt viel zu groß und wenn es nach Korn ginge, wären Shinto und Mori bei der ersten Rakete jetzt gleich dranne, mit der zweiten würden sie Kanin umbringen und dann eben radikal bei der Kanin-Baugruppe einbrechen und alle Informationen, die zu ihnen führen könnten, rausholen. Auch auf die Gefahr hin, etwas zu übersehen. Es konnte kaum mehr schlimmer ausfallen als bisher. Er beruhigte sich selbst kurz. Nicht, solange hier Scharfschützen rumliefen, die in so einem Fall auch jederzeit reagieren konnten. Das war es, was ihn von Gin unterschied. Der lange blonde Mann in Schwarz behielt immer die Übersicht und überließ auch jetzt nichts einem solchen Zufall. 'Das einzige ist... er weiß noch nicht, dass es Noir ist... die hier ist.' Innerlich schmunzelte er kurz. Gin wusste von einem Schützen mit solchen Fähigkeiten, wie sie gegenüber Chianti präsentiert wurden und berücksichtigte dies bereits. Der Name Noir wäre für ihn lediglich eine Bezeichnung für ein Problem gewesen, das sich ihm kein bisschen anders dargestellt hätte. Korn würde nicht den Fehler machen, unnötig weitere Probleme herauf zu beschwören, indem er diesen Namen aussprach. „Na schön, ich werde es nicht ganz schaffen, bin aber, wie gesagt die ganze Zeit verbunden. Ihr berichtet jedes Vorkommnis!“ Conan suchte sich eine Position hinter ein paar Bäumen, die ihm ein gutes Versteck gewähren sollte, wenn Ran und Shinto den Wald betraten. Akai wählte eine ähnliche Stelle etwa zehn Meter entfernt, blieb aber noch kurz bei dem Jungen. „Was ist?“ Der Agent schüttelte unsicher den Kopf. Eine ganze Weile hatte er den Plan Conans nun schon im Kopf gewälzt. „Mhm... du verlässt dich da ganz schön auf dein Glück, oder besser darauf, dass du keinen Fehler in der Interpretation gemacht hast. Wenn die beiden anders kommen, oder die Schützen direkt scharf schießen...“ „Wir waren uns doch da einig, oder nicht, Herr Akai? Shintos Aussagen sind bis zu einem gewissen Punkt korrekt. Wollten sie ihn töten, hätten sie es längst getan. Sie treiben ihn vorwärts, nur eben, dass er selber es auch will, was sie nicht wissen.“ „Schon, aber genau das macht die Frage nach dem Grund für diesen Angriff doch so auffällig. Was bezweckte Yuumura damit? Außer, dass sie eigentlich noch mehr Gefahr für die Zielperson herauf beschwor? Oder... anders gefragt... warum vertraust du diesen beiden Frauen?“ Conan blickte ihn eine ganze Weile, zunächst erschrocken, dann sturköpfig, schweigend an. „Sie waren es, die dir sagten, dass die Organisation heute hier ist, nicht wahr?“ „War wohl nicht so schwer zu erraten, nachdem Sie ihnen begegneten, was?“ „Überraschend – und das ist eine Untertreibung – ist es trotzdem, Kudo. Was hast du mit zwei Attentätern zu schaffen?“ Er wandte sich etwas ab, sah zu Ran und Shinto, die sich gerade auf den Weg machten. „Ich weiß es selbst nicht genau, Herr Akai. Irgendetwas wollen sie von mir. Sie haben mich aufgesucht, mich beobachtet... mir direkt nachspioniert... und nun per Nachricht herbestellt, könnte man sagen. Deuteten lediglich an, dass die Organisation hier wäre heute, ohne Details, und eben dass sie mich treffen wollten. Warum auch immer. Mehr weiß ich zu dem Thema nicht.“ Die ganze Zeit sah er ihn ihn nicht an, blieb auch weiterhin stur mit den Augen auf seine Freundin fixiert, spürte aber dennoch den weiter bohrenden Blick auf seiner Haut. „Du weißt, wer sie sind?“ „... Ja... das ist etwas, was ich wirklich von Vermouth erfahren habe... sie war... halb ausgeflippt bei dem Namen, also nehme ich das auch ernst.“ „Man sollte Legenden auch nicht zu ernst nehmen.“ Er schmunzelte leicht hoffnungslos. „Ich glaube auch nicht, dass ich es mit einer eintausend Jahre alten Frau zu tun habe... aber Sie haben gesehen, wozu sie in der Lage sind.“ „Mhm... Und?“ „Und was?“ „Du sagtest, es wäre alles zu dem Thema, also ihrem Motiv, was du wüsstest. Das klang so, als hättest du zu Mireille Bouquet und Kirika Yuumura selbst noch etwas hinzu zu fügen.“ Nun drehte er sich doch wieder zu ihm um, hob skeptisch die linke Augenbraue. „Nein... nein, nicht wirklich. Ich hatte mir, anhand von Miss Jodies Informationen und einigem, was mich noch so streifte, meine eigenen Gedanken zu den beiden gemacht, aber da kam noch nicht so richtig was heraus.“ Er kratzte sich verlegen am Kopf, verfiel in lautes Grübeln. „Insbesondere fehlt mir noch ein wenig die Bedeutung von dieser dritten Person, von der sie dauernd reden.“ „Die dritte Person?“ „Kirika erwähnte mal eine gewisse Chloe, doch so weit ich weiß, sprechen beide nur ungern von ihr. So richtig kann ich sie nicht einordnen, oder besser, von dem, was ich weiß, hätte ich zwei naheliegende Interpretationen, was es mit ihr auf sich... hatte...“ „Sie ist tot?“ „Mit ziemlicher Sicherheit, eine der wenigen Dinge, die übereinstimmen in den Varianten..., nur da ich nicht mehr als ihren Namen habe...“ „Und was für Interpretationen sollen das sein?“ „... Sie müssen jetzt langsam auf Ihren Posten, Herr Akai, sonst wird es eng mit dem Zeitfenster.“, würgte er die Diskussion ab und drehte seinen Kopf wieder in Richtung der beiden Zielpersonen, bewusst weg vom Agenten. 'Mhm... nun gut, Kudo. Aber das klären wir nochmal.' Damit wendete auch er sich ab und suchte seine Position auf. Pünktlich um vier schossen hinter Ran und Shinto die ersten Raketen hoch in den Himmel. So begeistert das Mädchen noch vor einer Stunde davon war und den Anblick glaubte, mit dem Jungen an ihrer Seite genießen zu können, so sehr schrak sie diesmal beim Geräusch hoch, drehte sich nur kurz in Richtung des Feuerwerks um. Überall um sie herum, wenn auch in gemäßigtem Abstand, weil sie sich etwas abseits bewegten, waren die Leute stehen geblieben und sahen kollektiv in eine Richtung nach oben, wo sich ein sattes Grün auf dem azurblauen Himmel abzeichnete und einen zweiten Horizont zu erzeugen schien. Die Farbe der Hoffnung. Dann fiel ihr Blick nach unten, auf den Boden. 'Da sind sie!' Zwei Einschusslöcher, direkt vor ihren Füßen. Ihre Hand umklammerte die Shinto's etwas fester, bis er zu ihr hoch sah. „Wollen wir... Ran?“ Wollen?! Sie lächelte schwach, nickte geräuschlos. Dann blickte sie nach vorne, holte tief Luft und schritt los. Geradeaus, immer ein Stück parallel zum Wald. Und so langsam und gleichmäßig wie möglich. „Sie sind auf dem Weg. Noch läuft alles normal, Gin.“ Die zweite Raketensalve kam hoch, das zweite Paar Schüsse vor ihre Füße fand sein Ziel, die entsprechenden Schritte gingen sie weiter. Die dritte Raketensalve kam hoch, das dritte Paar Schüsse vor ihre Füße fand sein Ziel, die entsprechenden Schritte gingen sie weiter. Die vierte Raketensalve... „Jetzt!“, rief Shinto und ohne sich umzusehen, ohne einen Ansatz, hob Ran Shinto mit einer Hand hoch, er klammerte sich an ihren Armen und ihrem Kleid fest, und sie lief senkrecht zur Bewegungsrichtung direkt in den Wald hinein. Aus dem Augenwinkel sah sie hinter sich, einen Meter von ihrer Wendung entfernt die Schüsse von der vierten Salve aufkommen. Aber in diesem Moment hatte sie bereits die ersten Bäume hinter sich gebracht. Sie rannte, was sie konnte, sah nur, in welcher Richtung es dunkler wurde. Sie meinte, kurz einen großen Schatten hinter einem der Bäume wahrgenommen zu haben, der ihr irgendwie bekannt vorkam, dann aber wieder verschwand, so dass sie ihn gleich wieder vergaß. Sie lief nur immer weiter, bis plötzlich etwas ihre Aufmerksamkeit erregte. „Was?“ Sie blieb kurz stehen und auch Shinto wirkte etwas ungläubig, als direkt neben ihr, links und rechts, sich je eine Gewehrkugel in den Boden gebohrt hatte. Der Winkel, die Richtung, die Größe der Kugeln, alles passte mit den Kugeln von eben überein. „Wir werden immer noch beschossen?!“, rief er verwundert aus. „Das kann nicht sein, wir laufen doch durch den Wald, die Bäume...“ „Naja... beinahe...“, konterte der Junge nachdenklich. Auf seiner Stirn bildete sich eine deutliche Runzel, die in dieser Form heute noch nicht zu Tage getreten war. „Wie... beinahe?“ „Es ist... praktisch unmöglich. Im dichten Wald stehen die Bäume nunmal zufällig angeordnet und auf der langen Strecke verdecken sie effektiv alle Punkte. Fast zumindest.“ Wieder schossen zwei Kugeln auf beiden Seiten an ihnen vorbei in den Boden, deutlich näher sogar als vorher. „Aber... einzelne Zentimeter bleiben immer frei. Das heißt, wer entsprechend gut ist als Scharfschütze, kann auch die treffen.“ „Das heißt, wir sind nicht... in Sicherheit?“ „Verdammt, diese Mori ist schon wieder stehen geblieben und läuft nicht weiter!“, beschwerte sich Chianti lautstark. „Dann hat sie jetzt ihren letzten Fehler gemacht. Einen Warnschuss kriegt sie noch. Bei der übernächsten Raketensalve ist sie sonst fällig, klar?“ „Wenn wir stehen, vermutlich nicht, aber ich ging auch davon aus, dass es deshalb nicht möglich wäre, zu zielen, weil wir laufen und diese Leute vorher die Lücken anvisieren müssten, was zu riskant wäre selbst für einen Profi-Schützen...“ Ein kurzer Schmerz durchbrach Rans Konzentration, sie drückte mit Gewalt und zusammengepressten Zähnen Shinto an sich, bevor sie einen Blick auf ihr linkes Bein warf. Ein langer dünner Strich zog sich auf halber Höhe unter dem Knie im flachen Winkel längs vorbei am Bein. Ein wenig Blut quoll daraus langsam nach unten zu ihren Socken. „Nur ein Streifschuss.“, meinte sie beruhigend und mit verkniffen wirkendem Lächeln zu Shinto. „Aber wir sollten jetzt wirklich los, sonst wird es beim nächsten Mal kritisch.“ Er sah sich nachdenklich und mit dunkler Miene die Wunde kurz an, dann nickte er. „Wir kommen kaum tiefer in den Wald, dafür ist der Park nicht groß genug.“ Ein dumpfer Knall erschütterte den Wald um sie herum. Fast gleichzeitig mit einer weiteren Raketensalve. „Was war das?“, rief Ran ängstlich aus. Auch Shinto klammerte seine Hände verängstigt krampfend in Rans Kleid, drückte sich an sie, was ihr merkwürdig aufstieß. „Keine Ahnung! Kein Schuss, vermutlich, aber ich möchte es eigentlich auch gar nicht so genau wissen, ehrlich gesagt.“ Damit lief Ran wieder los, in die gleiche Richtung, die sie vor dem Wald nahm, nur diesmal durch den Wald, den leichten Schmerz ihres Beines ignorierend. Mehrfach noch hörte sie den dumpfen Knall, aus verschiedenen Richtungen und immer meinte sie etwas Laub danach rascheln zu hören, wie von einem starken Windstoß, der die noch größtenteils grünlichen und nur im Ansatz gelblichen Blätter von den Bäumen abrupfte. Shinto fiel vor allem eines noch auf. Dass, wie vor einer Stunde, mit einem Mal, seit dem Streifschuss an Rans Bein, keine Kugel mehr ihren Weg kam, obwohl das Feuerwerk unvermittelt weiter ging. „Was zum Geier geht hier vor sich?“ Sowohl Chianti, als auch Korn hielten verunsichert, ratlos sogar, inne. Sie hatten gerade ansetzen wollen zum tödlichen Schuss, da Shinto und Ran immer noch diskutierten, anstatt weiter zu laufen, als vor ihnen... ja, was eigentlich? „Was ist passiert?“, hakte Gin ungeduldig nach „Der Wald... er hat... er hat gerade eben... gewackelt?!“ Chianti traute ihren eigenen Worten kaum. Das war eben ein noch überraschenderes, nein schockierenderes Ereignis, als die gefundene Pistolenkugel unter ihrem Fenster vor einer Stunde. Das war 'nur' ein unglaublicher Schuss. Aber soeben hatte sich doch tatsächlich der Wald... der 'Waldgeist'... persönlich gegen sie verschworen – sie und Korn – und sich spontan entschlossen, den Blick auf Ran und Shinto für sie zu versperren. „Der Wald hat gewackelt? Wie bei einem Erdbeben?“ „Nein, nicht richtig. Nur... nur in unseren Blickrichtungen auf die beiden. Die Bäume, die quasi genau in unserem Weg lagen... sie begannen zu zittern. Ganz wenig, Millimeter vielleicht...“ „Aber auf diese Strecke sind es die Millimeter, die stimmen müssen zum Treffen. Und dann... durch das Zittern, haben die Bäume auch noch viel Laub abgeworfen.“ „Zielt nochmal!“ „Was?“ „Es sind noch ein paar Raketen, bis das Feuerwerk vorbei ist, zielt nochmal auf die beiden!“ „Aber sie laufen jetzt. Sogar in die richtige Richtung.“ „Mir doch egal. Ich bin jetzt an einem der Fenster und beobachte den Wald von einem dritten Punkt aus. Lokale Erdbeben, die unsere Ziele verdecken, sind doch in Wirklichkeit irgendein Trick von einem ganz und gar sterblichen Gegner.“ Sie visierten erneut an, das Ziel war Ran Moris Knöchel, dass sie erstmal nicht mehr weiter würde laufen können. Dann konnte man sie jederzeit erledigen. Unmittelbar vor der Raketensalve, als ihre Finger am Abzug fast durchgezogen waren, begannen die Bäume erneut zu zittern, und Laub um sie herum den Weg nach unten zu suchen. Ein natürlicher Vorhang, der sich schützend vor die Läuferin legte und sie durch den Wald geleitete. Immer Richtung Ausgang. So wie es mal geplant gewesen war. „Schon wieder, die Bäume zittern, unmittelbar vor unseren Schüssen, und halten uns vom Schießen ab.“ „Das vibrieren der Bäume ist auch stark genug, dass es riskant wäre, an allen vorbeischießen zu wollen.“, ergänzte Korn. „Es könnte Querschläger geben, die den Jungen treffen.“ „Verdammt, das sind definitiv irgendwelche Tricks, aber wie machen die das nur?“ Ein breites Grinsen legte sich auf Gins Lippen. „Mit Fußbällen.“, entgegnete er ruhig und doch nicht ohne einen Funken Überraschung in der Stimme. Gegen 15:40 Uhr „In meiner Gürtelschnalle befinden sich selbstaufblasende Fußbälle, die ich jederzeit auslösen kann und die für zehn Sekunden jeweils voll aufgeblasen, also fest bleiben.“ Der Agent starrte ihn nur ungläubig an. „Du hast... was bitte in deiner Gürtelschnalle?“ Der Junge räusperte sich verlegen. „Nun ja... ich bin halt recht gut im Fußball und benutze üblicherweise meine Schusskraft, verstärkt durch ein paar elektronische Pulse in meinen Schuhen, um Gegner, die mir kräftemäßig überlegen sind..., auszuknocken halt.“ Seine Zigarette wanderte in Akais Mundwinkel von links nach rechts und wieder zurück. „Dieser Professor?“ „Mhm... ja, er macht immer so komisches Zeug.“ „Er hat zu viel James Bond gesehen. Und eigentlich sollte man dich nicht durch solch gefährliches Spielzeug mit noch mehr Selbstvertrauen vollpumpen.“ Ein argwöhnischer Blick streifte ihn. „Na schön und was wollen wir damit anfangen? Ein Fußball ist noch viel ungeeigneter, wenn man von hier aus die Schützen treffen will. Und zehn Sekunden ist kein ordentliches Zeitfenster.“ „Nein, nicht gegen die Schützen. Gegen die Bäume. Sie sagten doch, die Agenten trainierten im Wald, um an den vielen Bäumen vorbei zu schießen. Das heißt, sie arbeiten mit sehr geringer Fehlertoleranz, können sich kaum Abweichungen erlauben. Dafür könnten sie die beiden im Wald erschießen, ohne dass es jemand gleich oder vielleicht überhaupt bemerkt und eine Panik ausbricht. Wenn sie zu einem radikaleren Plan übergehen wollen, werden sie mitten im Wald, bei der kleinsten falschen Reaktion, anfangen auf sie direkt zu zielen...“ „Und vermutlich dabei, wenn ihnen Shinto etwas bedeutet, das Mädchen zuerst umbringen.“ „Genau. Aber diese enge Toleranz können wir für uns nutzen. Die Bäume hier sind dick, aber nicht so dick. Ein kräftiger Volltreffer in die Mitte dürfte sie leicht in Vibration versetzen, während die Kronen stark zu zittern anfangen, was auch auf die anderen Bäume übergreift. Das bereits sollte diese Toleranz auf quasi Null setzen. Dazu dann noch das Laub, das zumindest bereits etwas weniger fest an den Bäumen hängt, da die Nährstoffzufuhr aus dem Sommer zurück gegangen ist...“ „Du willst also..., dass wir, wenn die Schützen der Organisation auf deine Freundin zielen, mit deinen künstlichen Fußbällen auf die Bäume in ihrer Nähe zielen... um den Schützen die Sicht zu nehmen? Ohne dabei die Aufmerksamkeit der Organisation, oder von Shinto und Ran auf uns zu ziehen?“ Ein mildes Lächeln ging über seine Lippen, während er seine Stirn massierte. „Das ist so verrückt... tse... ich glaub's nicht, wozu ich mich von dir immer verleiten lasse.“ Conan sah ihn gar nicht richtig an. „Ich habe insgesamt 20 Fußbälle in meinem Gürtel. Da wir jeweils zweimal schießen müssen, um beiden Schützen die Sicht zu nehmen, haben wir also zehn Versuche. Das reicht nicht für das ganze Feuerwerk. Wir müssen also uns auf die beschränken, die im Wald sind und die gezielt sein werden.“ „Sie werden sicher einen Warnschuss abgeben. Sie müssen sicher gehen, dass es keine andere Möglichkeit gab, Shinto dazu zu bewegen, dem Plan weiter zu folgen. Das heißt, wir sollten das recht gut abschätzen können. Allerdings werden wir uns auch immer mit Ran und Shinto mitbewegen müssen, um die richtigen Bäume treffen zu können...“ „Das ist nicht ganz so schlimm, die Bäume stehen relativ dicht zueinander und weil sie noch dünn genug sind, braucht man nicht volle Kraft aus nächster Nähe, um die Äste zum zittern zu bringen.“ „Was mich zur Antwort auf deine Frage bringt. So ein toller Fußballer bin ich nicht, Kleiner.“ Conan musterte ihn von oben bis unten, beobachtete, wie er seine Zigarette rausnahm und ausdrückte. „Sie sind Linkshänder.“ „Äh... ja.“ „Auch Linksfüßer...“ „Ja, aber... nein, das soll doch ein schlechter Scherz sein! Behalt' ihn an, Kudo!“ Aber schon hatte der Junge mit gekonnter Bewegung seinen linken Schuh ausgezogen und hielt ihn dem Agenten hin. „Ich bin Rechtsfüßer und außerdem... weil ich halt schon lange Fußball mache habe ich auch ein bisschen Plattfuß. Das heißt die Schuhe sollten eng sein, aber noch gerade so tragbar für einen erwachsenen Japaner, der nicht zu groß ist.“ 'Unglaublich!', dachte sich Akai nicht nur bei dem Gedanken daran, zu was für einem absurden Plan ihn der Junge überredet bekam, sondern auch, wie gut er funktionierte. Der Streifschuss als letzte Warnung an Ran war deutlich... nun ja, zumindest für Kudo und ihn, nicht so sehr für Shinto und Ran offenbar. Er begann allmählich an den Fähigkeiten des mysteriösen Jungen zu zweifeln. Aber nun gut, es klappte. Conan schoss ihm einen Ball zu, und sie beide zogen gleichzeitig unmittelbar vor der nächsten Rakete ab. Ein zucken ging durch sein Bein, als der elektrische Impuls ausgelöst wurde, aber das Resultat war mehr als beeindruckend. Er konnte deutlich beobachten, wie Korn von seiner Position kurzzeitig zurück wich. 'Der Rest sollte jetzt relativ...' Jetzt zuckte er selber kurz, als er beim umdrehen eine entfernte Gestalt in einem Haus ausmachte, die ebenfalls etwas wie eine Waffe zu halten schien. Und ebenfalls schwarz gekleidet war. 'Gin...?' „Wie... Fußbälle?“ „Jemand schießt, unmittelbar vor den Raketen, mit voller Wucht Fußbälle auf die Bäume, um sie zum zittern zu bringen.“ „Und dieser jemand...“, fügte er nach einer kurzen Pause mit leicht ironischem Unterton hinzu, „...ist Shuichi Akai!“ „Akai?! Verdammt, er ist also wirklich in der Nähe!“ „Moment....“ Korn klang sichtlich verunsichert. „Woher hat Akai die Fußbälle und warum... ausgerechnet... Fußbälle überhaupt?“ „Keine Ahnung. Das ganze ist mehr als merkwürdig, aber zumindest keine Zauberei.“ „Die beiden Zielpersonen nähern sich jetzt bereits dem Eingang.“ Korn war versucht, die unbefriedigende Antwort unbesehen runter zu schlucken und den Plan weiter zu verfolgen. „Sei es drum. Er hat lediglich dafür gesorgt, dass wir ganz in unserem ursprünglichen Plan bleiben. Und so wie es aussieht, wird uns Akai dann sehr bald nicht mehr stören können.“ „Und solange, bis das der Fall ist, wissen wir nun, wo er sich befindet.“, fügte Chianti mit düsterem Lächeln hinzu. Dieses wurde nur von Gins Blick in seiner Bösartigkeit noch übertroffen. 'Hmmm... wie ich es mir dachte.' Ran blieb stehen und auch Shinto ließ sich ohne weiteres wieder von ihr absetzen, blickte mit ihr nach vorne. Sie standen kurz vor der letzten Baumreihe auf der Waldseite, die direkt gegenüber vom Eingang war; keine 50 Meter geradeaus, dann würden sie den Park verlassen. Alles genau, wie es die Organisation wollte. Rückblickend ein nicht nur äußerst komplizierter Plan, wie Ran feststellte, sondern auch einer, der ganz offen ein sehr intelligentes Opfer erforderte, welches die Intentionen erkannte. Und das sollte Shinto Ajusawa wohl sein. Sie selbst hätte mittlerweile sich und andere Personen in ihrer Nähe viel mehr gefährdet. Dennoch, es schien ihr irgendwie suspekt, wie viel Aufwand die Organisation betrieb. Und wofür genau? Um ihn lebend zu kriegen...das ginge doch sicher auch einfacher. Ihn mal von der Straße wegfangen ist doch kein Thema bei einem einzelnen Jungen. Warum hier, warum jetzt, warum auf so umständliche Weise? Kurz zusammengefasst, was war so wichtig daran, ihn genau heute und nicht gestern oder morgen zu schnappen, dass sie so weit gehen mussten in ihren Plänen und eher riskierten, dass er eine Dummheit begehen würde und dann getötet werden müsste, was sie ja angeblich nicht wollten? Sie wurde daraus nicht schlau. Auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, wie diese Leute zu denken, musste es doch einfachere, effizientere Wege geben an dieses falsche Kind ranzukommen. „Deine Wunde blutet doch heftig.“, meinte Shinto plötzlich besorgt. Sie sah verwundert an ihrem Bein runter. Durch das Laufen wurde es stärker belastet, so dass mehr Blut raus floss, welches aufgrund der Trägheit und des Luftwiderstandes sich breitflächig auf der hinteren Hälfte ihres Beines unterhalb der Schusswunde verteilt hatte. „Ach, wirklich nicht so schlimm.“, kommentierte sie gelassen. Und dies konnte sie auch wahrheitsgemäß. Als Karatekämpferin war sie solche kleinen Schnittwunden gewöhnt und konnte damit umgehen, ohne eingeschränkt zu sein in ihren Bewegungen. Sie holte ein Taschentuch heraus, wischte das Blut unter der Wunde, die selbst nicht mehr blutete, weg, und sah wieder zu ihm. „Ist aber so besser, sonst fällt es nur unnötig den Leuten am Eingang auf.“ „Mhm... dann wollen wir jetzt durchgehen?“ „Wir müssen, nehme ich an. Auch wenn ich nicht ganz genau weiß... wohin dann.“ „Sie werden sich schon etwas überlegt haben, um uns den Weg zu weisen. Wobei... ich vermute mal...“ „Ja?“ Er überlegte kurz, schüttelte dann den Kopf „Ach schon gut. Wir werden sehen.“ Er legte seine Hand wieder in ihre; er zitterte leicht. Sie drückte ihn fest, versuchte ihm Mut zu machen. „Na los.“ Als sie die Bäume hinter sich ließen, traten zwei Gestalten wenige Meter hinter ihnen ins Sichtfeld. Akai zog augenblicklich den linken Schuh von Conan aus und warf ihn ihm zu, bevor er sein Handy zückte und parallel zum sprechen eine SMS eintippte. „Das tut ziemlich weh, wenn man nicht dran gewöhnt ist.“ „Sorry, aber es hat geklappt.“ „Stimmt, was mich fast ein wenig verwundert.“ „Wirklich ein origineller Trick, mon petit prince.“ Erschrocken wandten sich beide um. Mireille Bouquet und Kirika Yuumura waren ebenfalls, wie aus dem nichts, plötzlich aufgetaucht und standen je vor einem Baum, etwa fünf Meter voneinander entfernt. „Ich bin echt beeindruckt.“ „Sie...“, gab Conan nur verkrampft zurück. „Aber sag... was willst du jetzt eigentlich machen, wenn Ran nun auf freiem Feld steht, wo du ihr nicht mehr so nahe kommen kannst und die Organisation jederzeit abdrücken kann? Jetzt, wo sie auch ihre Bedeutung als Botin, die Shinto schneller an seinen Bestimmungsort bringen kann, für die Organisation verloren hat und sie keinen Grund mehr haben, sie am Leben zu lassen... was... hast du nun vor?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)