Nachtglitzer von Pusteblume1991 (AltairxAlena) ================================================================================ Kapitel 11: Kapitel 11 - Peitschenhieb -------------------------------------- Kapitel 11 – Peitschenhieb Seufzend ließ sie die Kleidung in ihren Händen sinken, ehe sie sich einmal mit der Hand über die Haare fuhr. Bisher war der Tag nicht wirklich gut für sie verlaufen, aber es war ja nun auch erst einmal fast Mittag. Vielleicht würde es ja noch besser werden. Nachdem sie unsanft von Doran geweckt und zum Speisesaal begleitet worden war, wartete dort schon Altair auf sie. Sie war sich nicht sicher, aber es kam ihr vor als wolle er schauen, ob sie ihr Versprechen wirklich hielt. Sie hatte an diesem Morgen mehr gegessen als wahrscheinlich in der ganzen Zeit die sie bereits hier war zusammen. Er hatte immer wieder zu ihr herüber gesehen, sodass ihr das Essen schon schwer fiel. Auch wenn sie sein Gesicht nicht hatte erkennen können, war sie sich sicher gewesen, dass er sie aus zusammengekniffenen Augen angesehen hatte. Generell war die Stimmung etwas seltsam gewesen, doch woran das lag, hatte sie nicht bestimmen können. Auf dem Weg zu Devra war sie dann so in Gedanken darüber gewesen, dass sie gar nicht auf den Weg geachtet hatte. Sie schreckte erst aus ihren Gedanken, als ihr Fuß umknickte und sie der Länge nach zu Boden fiel. Der grobe Sand schürfte ihr Knie auf, das auch jetzt noch brannte. Etwas Schlimmes schien es jedoch nicht zu sein. Nachdenklich sah Alena auf die Kleidung in ihrer Hand. Devra war heute Morgen ruhig gewesen und Alena war sich nicht sicher, ob es an gestern Abend lag oder ob sie heute einfach nur einen schlechten Tag hatte. Aber nun saß sie hier in Devras Stube und durfte die Kleidung der Assassinen flicken. Bis auf das Geräusch, das die Nadel verursachte, wenn sie durch den Stoff gezogen wurde, war es still. Selbst von draußen drangen nur ab und an Geräusche herein. Abermals frustriert seufzend legte sie die Kleidung beiseite und stand auf. Ihre Beine fühlten sich schwer vom ganzen Sitzen an und kribbelten unangenehm, als sie sich erhob. Alena blickte aus dem Fenster, während ihre Augenbrauen sich immer mehr zusammenzogen. Was war da los? Sie streckte ihren Hals, um das Geschehen besser sehen zu können, doch es war zu weit weg. Um mehr erkennen zu können, lief sie rasch aus der Hütte und blickte zum Dorfplatz. Eine Menschentraube schien sich um irgendetwas zu versammeln. Was ging dort vor sich? Langsam und eher unsicher lief sie den Weg, der von Devras Hütte zum Dorfplatz führte, entlang. Einige der Menschen unterhielten sich hektisch, andere lachten, wieder andere sahen betroffen aus, das erkannte sie, als sie an den ersten Leuten vorbeiging. Vorsichtig drängelte sie sich zwischen den Menschen hindurch, die ihr nicht wirklich Platz machten. Was konnte nur so interessant sein? „Alena.“ Die Angesprochene fuhr herum und blickte prompt in dunkle Augen. „Was geht hier vor, Devra?“ Devra packte Alena am Arm. „Es ist besser, wenn wir gehen und uns das nicht ansehen.“ „Was ansehen?“, fragte Alena verständnislos. Was war denn los? Alena blickte Devra eindringlich an. Sie schien nervös und etwas betroffen. Ihre Stirn hatte sich in Falten gelegt. „Sie lassen jemanden auspeitschen. Das willst du nicht sehen.“ Devra zog nochmals an Alenas Hand. „Wen lassen sie auspeitschen?“, sie erinnerte sich noch gut an das eine Mal, als sie selbst ausgepeitscht wurde. Es war, als würde einem die Haut vom Körper gezogen werden, ehe man darauf herumdrückte. Nein, das wünschte sie niemandem. Devra setzte zu einer Antwort an, doch da ertönte ein klagender Laut, der Alena durch Mark und Bein ging. Die Schreie wurden lauter, vermischt mit einem Schluchzen. Alena erstarrte. „Devra? Wen peitschen sie aus?“, das klang keineswegs nach einem erwachsenen Mann. Zumal niemand der Erwachsenen sich die Blöße geben würde, zu weinen. „Er hat einen Apfel gestohlen.“ Alena seufzte. Devra würde ihr wohl nicht sagen, wer da ausgepeitscht wurde. Entschlossen riss sie sich von der anderen los. „Wenn du es mir nicht sagst, dann gehe ich selbst nachsehen.“ Abermals fing sie an, sich an den anderen Menschen vorbei zu drängeln. Als sie vorn angekommen war, blieb sie entsetzt stehen. Ihre Augen weiteten sich, während ihr Blick der niedersausenden Peitsche folgte und hinterher an dem kleinen Jungen hängen blieb. Verängstigt kauerte er auf dem Boden, der Rücken ganz blutig. Wie konnte man einem kleinen Kind so etwas nur antun? Wer konnte einem Kind so etwas nur antun? Durch ihren Kopf zuckte ein Name: Faruk. Sicherlich würde der Assassine davor nicht zurück schrecken. Der kleine Junge blickte hilfesuchend in die Menschenmenge. Suchte womöglich nach seiner Mutter oder seinem Vater. Es war grauenvoll. Entschlossen löste sie sich aus der Menge und lief, so eilig sie konnte, auf den Assassinen mit der Peitsche zu. „Nicht“, bat sie, während sie den Arm festhielt, der die Peitsche schwang. „Bitte lasst ihn. Er ist doch nur ein Kind.“ Der Assassine machte sich grob von Alena frei, sodass diese einige Schritte zurücktaumelte. „Haltet Euch da raus Weib.“ Abermals traf die Peitsche auf den Rücken des Jungen. Ihre Augen verengten sich. Faruk. „Hört auf!“ Alena hörte die klagenden Laute des Jungen. Er war doch nur ein Kind. Ein weiterer Assassine kam heran, umfasste grob ihren Oberarm. „Holt Al Mualim!“, schrie er einem weiteren zu. Alena zerrte an ihrem Arm, doch der Griff lockerte sich keineswegs. „Fünf“, ertönte es von dem anderen Assassinen, der die Peitsche wieder an seinem Gürtel befestigte. „Bringt das Balg weg.“ Die Mutter, oder vielleicht auch die Schwester, trat an den Jungen heran und führte ihn vom Platz und damit weg von den Schaulustigen. „Ich übernehme.“ Faruk trat an Alena heran und umfasste ihr Handgelenk härter, als es nötig gewesen wäre. Der andere ließ sie los und verschwand. „Du Monster“, flüsterte sie noch immer erschrocken. Wie konnte jemand nur so grausam sein? Faruk neben ihr lachte. „Es wird mir ein Vergnügen sein, dir eine Lektion zu erteilen.“ Er hatte sich etwas vorgebeugt, sodass sein warmer Atem unangenehm auf ihrer Haut brannte. „Lektion?“, murmelte sie. Was meinte er? „Dachtest du wirklich, du kommst ungestraft davon?“ Alena schüttelte den Kopf. „Ich habe nichts gemacht.“ Wovon redete er da? „Du hast dich eingemischt, Weibsbild.“ Alena kam nicht mehr dazu, etwas zu sagen, denn die Menschenmenge teilte sich. Das Erste, was sie erkannte, waren eine schwarze Robe und ein langer weißer Bart. Al Mualim. Hinter ihm zwei weitere Assassinen. Ihr Blick schweifte weiter nach hinten. Devra stand erschrocken da und schüttelte den Kopf, mit ihrem Mund formte sie vier Worte. „Was hast du getan?“ Alena zuckte mit den Schultern und signalisierte ihr somit, dass sie es selbst nicht wusste. Alena war viel zu verwirrt um noch irgendetwas zu realisieren. Erst als Al Mualim direkt vor ihr stand und ihre Wange daraufhin höllisch schmerzte, kam sie halbwegs wieder zu sich. „Ich sagte dir schon einmal, dass du mich nicht ansehen sollst, Weib.“ Al Mualim sagte es so ruhig, als würde er vom Wetter reden. Er war verrückt! „Was ist hier los, Faruk?“, wandte er sich dann an den Assassinen, der ihren Oberarm noch immer schmerzhaft festhielt. „Verzeiht Meister“, Faruk neigte leicht seinen Kopf. Nur zu gerne hätte sie sein Gesicht gesehen. „Aber das Weibsbild mischte sich ein. Sie verdient eine Strafe.“ Alena konnte beinahe die Vorfreude heraushören, die in seiner Stimme mitschwang. Faruk hatte nie einen Hehl daraus gemacht, wie sehr es ihn erfreuen würde, ihr weh zu tun. Al Mualims Augen fixierten sie, ohne dass sie es wusste, da sie ihren Kopf starr zu Boden gerichtet hatte. Unsicherheit und auch Angst spiegelten sich in ihrem Gesicht wieder. Die Sonne brannte unangenehm auf ihrem Kopf, während der Wind nur eine geringe Abkühlung verschaffte. Al Mualim seufzte, ehe er sprach. „Hier herrschen Regeln, Mädchen“, er klang beinahe wie ein Vater, der einem Kind etwas erklärte. „Wer sich diesen Regeln widersetzt, wird bestraft.“ Noch immer klang seine Stimme freundlich und ruhig. „Deswegen lasse ich dir fünf Peitschenhiebe zuteilwerden, damit du das nächste Mal zweimal nachdenkst, bevor du dich irgendwo einmischst.“ Alenas Herz stockte. Ihr Rücken brannte unangenehm, in Erwartung dessen was gleich passieren würde. „Faruk“, war alles, was Al Mualim noch sagte, ehe er sich wieder umdrehte und ging. Die beiden Assassinen, die ihn hierher begleitet hatten, folgten ihm zurück. Niemand würde ihr helfen. Warum auch? Sie war selbst schuld. Faruk stieß sie unsanft von sich, sodass sie taumelte und schließlich das Gleichgewicht verlor. Faruk stand hinter ihr, bevor sie überhaupt die Chance hatte sich wieder aufzurichten. Ein reißendes Geräusch ertönte, als er ihr Gewand am Rücken aufriss. Unwillkürlich zitterte sie. Sie verharrte in der Hocke, die Arme um die Knie geschlungen. Sie spürte den Wind in ihrem Haar, Devras dunkle Augen, die mitfühlend auf ihr ruhten, ehe etwas surrte und auf ihren Rücken traf. Vor Schmerz schloss sie die Augen, versuchte die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Eins. Die Luft wurde aus ihren Lungen gedrückt, das Atmen fiel ihr schwer. Zwei. Alles begann sich zu drehen und verschwamm. Drei. Alena atmete einmal tief ein, sie würde nicht umkippen. Die Blöße würde sie sich nicht geben. Sie wimmerte. Vier. Mit dem fünften Schlag entwich ihr ein Laut des Schmerzes und sie kippte um, war jedoch noch immer bei Bewusstsein. Die Menschentraube löste sich auf, als sie sicher waren, dass es nichts mehr zu sehen gab. Selbst Faruk drehte sich einfach um und verschwand. Einzig Devra kam zu ihr hingeeilt und fiel vor Alena auf die Knie. „Mein Gott“, hauchte sie. „Sei vorsichtig. Ich helfe dir.“ Nur mühsam kam Alena wieder hoch. Es schmerzte noch mehr als beim ersten Mal, das hatte sie nicht für möglich gehalten. „Was hast du dir nur gedacht?“ Alena zischte, als ihre Haare auf einen der Striemen fielen. „I-ich..musste dem… Jungen helfen.“, selbst das sprechen fiel ihr schwer. „Komm.“ Ihren Kopf hatte sie auf ihren Armen abgelegt, während ihre Arme sich auf dem Tisch in Devras Stube abstützten. Devra war vorsichtig, als sie Alena die Striemen säuberte, aber dennoch brannte es höllisch. Alena hörte Devra immer wieder seufzen und immer wieder murmelte sie etwas vor sich her, das Alena bei ihren Schmerzen aber nur halb mitbekam. Immer wieder fragte sie sich, was sie denn falsch gemacht hatte? War es nicht richtig gewesen, dem kleinen Jungen zu helfen? Er war doch vielleicht gerade mal fünf Jahre alt gewesen, lebte sicherlich auf der Straße, vielleicht hatte er auch keine Eltern mehr. Wegen eines Apfels hatte man ihm das angetan. Alena schüttelte den Kopf. Sie verstand es nicht. Eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und tropfte auf den Tisch. Ihre Eltern hatten ihr immer gesagt, dass man anderen helfen musste, soweit man eben konnte. Und das würde sie. Das Knarren der Tür ließ sie träge ihren Kopf heben. „Was wollt Ihr hier?“ Devra hatte das mittlerweile rote Tuch in die Wasserschale zurückgelegt und sich erhoben. Sie schien alles andere als erfreut. „Es ist unhöflich, in andere Häuser ohne Erlaubnis einzutreten“, meckerte sie weiter, ohne jegliche Angst vor dem Assassinen. „Geh beiseite, Weib.“ Der Assassine trat vollends ein und schloss die Tür, ehe er die Kapuze von seinem Kopf zog. „Doran“, zischte Alena, da sie gerade eine weitere Schmerzenswelle durchflutete. „Zeig her, Weib.“ Der Assassine trat hinter sie, strich ihr vorsichtig das Haar beiseite und betrachtete die Striemen. „Faruk hat wie immer ganze Arbeit geleistet.“ Alena seufzte. Das hatte sie auch bereits festgestellt. Devra schnaubte. „Man muss auch nicht sofort zu solchen Methoden greifen, Assassine.“ Aus ihrem Mund hörte sich das Wort wie eine Beleidigung an. „Schweig, Weib!“, meinte er herrisch und hob dabei die Hand. Alena konnte sich jedoch nicht wirklich vorstellen, dass er ernsthaft dazu fähig gewesen wäre, Devra zu schlagen. Und das tat er auch nicht. Er ließ die Hand wieder sinken und drehte sich erneut mit einem fragenden Gesicht zu Alena herum. „Kannst du laufen?“ Alena nickte. Wenn es sein musste, würde sie es sicherlich schaffen. „Dann komm.“ Doran zog sich seine Kapuze über den Kopf. „Wohin?“, fragte Devra und stellte sich dem Assassinen in den Weg. Es war wirklich nett von ihr, sich solche Sorgen um sie zu machen. „In die Burg, Weib. Dort kann ich sie besser verarzten.“ Alena lächelte Devra an. „Schon in Ordnung. Wir sehen uns morgen“, meinte sie, als Devra Alena einen fragenden und ebenso besorgten Blick zuwarf. „Ich erwarte dich dann morgen, Alena.“ Die Nachricht dahinter war für jeden verständlich gewesen. Kommst du morgen nicht, mache ich mir Sorgen und werde zu dir kommen. Alena nickte. Devra brauchte sich keine Sorgen machen. Etwas Schlaf würde sie sicherlich schnell wieder gesund machen. Sie brauchte nur etwas Ruhe und vielleicht einen sauberen Verband. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)