Nachtglitzer von Pusteblume1991 (AltairxAlena) ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4: Morgenschleier ------------------------------------ Kapitel 4: Morgenschleier Diese Nacht hatte sie noch schlechter verbracht als die Vorherige. Lag es daran, dass sie sich Sorgen um ihre Familie machte? Wahrscheinlich. Zudem dachte sie darüber nach, was sie in dem Ganzen für einen Platz hatte. Was man mit ihr tun würde? Sie hatte keine Ahnung, was diese Menschen in der Lage waren zu tun. Würden sie über Leichen gehen? Alena seufzte und musste einmal mehr feststellen, dass sie das in letzter Zeit eindeutig zu häufig tat. Unruhig rutschte sie immer wieder auf dem Boden hin und her. Diese grässliche Ungewissheit war für sie schwerer zu ertragen, als wenn sie gewusst hätte, was auf sie zukommen würde. So konnte sie nur beten, dass es bald Tag wurde und sie hoffentlich ihre Familie wiedersehen könnte. Würde man sie eventuell sogar gehen lassen? Würde man herausfinden, dass ihr Vater unschuldig war? Sie seufzte abermals, ehe das Geräusch der Kerkertür sie erstarren ließ. Daran würde sie sich wohl nie gewöhnen. Angespannt lauschte sie den beinahe lautlosen Schritten, ehe eine in Weiß gekleidete Person an ihrer Zelle erschien. In der einen Hand hielt sie Brot, während sie mit der anderen die Zellentür öffnete und eintrat. „Hier!“ Altair – mittlerweile hatte Alena sich die Namen und die dazu gehörigen Stimmen einiger Personen merken können – ging vor dem Mädchen in die Hocke. „Iss!“ „Ich möchte meine Familie sehen.“ Wie konnte er nur denken, dass sie nun etwas essen wollte. „Ich sagte, iss!“ Seine Stimme wurde schärfer, sodass sie sich fügte und widerwillig etwas des Brotes aß, während Altair sie dabei betrachtete. Als sie aß, huschten ihre Augen immer wieder zu Altair herüber. Hatte sie etwas im Gesicht? Oder warum sah er die ganze Zeit zu ihr herüber? „Darf ich nun meine Familie sehen?“, fragte sie flüsternd, als sie mit dem Essen fertig war. „Du möchtest sie im Moment nicht sehen.“ Altair erhob sich. „Doch, möchte ich. Bitte.“ Er zögerte. „Dann komm. – Ich habe dich gewarnt.“ Sie erhob sich eiligst, um ihm keinen Grund zu geben, sie wieder am Oberarm durch die Gänge zu ziehen. Schweigend folgte sie ihm, den Gang entlang, die kleine steinerne Treppe hinauf. An der Kerkertür blieb sie dann jedoch wie angewurzelt stehen. Ihre Augen nahmen das Geschehen vor ihr wahr und doch wollte ihr Gehirn nicht wirklich registrieren, was sie da gerade sah. Erst der Schrei ihrer Mutter brachte wieder Bewegung in ihren nun zitternden Körper. Eilig schritt sie auf die Mitte des Hofes zu, wurde jedoch nach wenigen Metern von einer Hand an ihrem Handgelenk daran gehindert weiterzugehen. „Lasst mich!“ Alena riss und zerrte, doch ihr Gegenüber dachte nicht daran, sie loszulassen. „Du kannst ihnen nicht helfen!“ „Monster!“, schrie sie, während Tränen unaufhaltsam an ihren Wangen hinabglitten. Warum tat man das ihrer Familie an? Alenas Gegenwehr erschlaffte. Allein Altair, der sie noch immer hielt, hinderte sie daran zu Boden zu fallen. „Ihr seid Monster“, schluchzte sie. „Ah Altair. Kommt näher.“ Al Mualim winkte den Assassinen zu sich, der noch immer Alena am Oberarm festhielt. In seiner Reichweite angekommen, ergriff der Ordensmeister ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. „Siehst du Mädchen, niemand kommt uns ungestraft davon.“ Sie zuckte bei dem Schrei ihres Vaters zusammen. „Warum tut Ihr das? – Ihr seid ein Monster.“ Das junge Mädchen fiel unter Al Mualims Ohrfeige in sich zusammen. „Rede gefälligst nur, wenn ich es dir erlaube!“ Er wandte sich wieder dem Schauspiel zu. „Das reicht Faruk!“ Der Assassine hielt in seiner Tätigkeit inne. Langsam ließ er die Hand samt Peitsche sinken und trat etwas zurück. Al Mualim ging zu Alenas Vater, welcher bereits am Boden kniete. Teils gelangweilt, teils gespielt traurig wandte er sich an ihn. „Willst du uns nicht sagen, was du weißt? Du würdest deiner Familie eine Menge Pein ersparen. Sicherlich könnten wir uns auf eine gerechte Strafe für euch einigen.“ Hasim, Alenas Vater, schüttelte träge den Kopf. „Nichts wird mich dazu bringen, Euch etwas zu erzählen.“ Der Ordensmeister furchte die Stirn. „Du solltest vorsichtig sein mit dem, was du sagst! Deine Frau und dein Sohn scheinen dir egal zu sein, aber wie steht es mit ihr?!“ Dabei deutete er auf Alena, die etwas abseits stand und aus tränenverschleierten Augen zu ihm herüber sah. „Ist es dir egal, was wir alles mit deiner hübschen Tochter anstellen könnten?“ Er bemerkte wie Hasim zögerlich nickte. Al Mualim seufzte. „Das ist traurig.“ Der schwarzgekleidete Assassinenmeister bedeutete Altair mit einer einfachen Handbewegung, näher zu kommen. „Altair, bringt mir das Weib!“ Alena zitterte, während sie von dem Assassinen nach vorn gezogen wurde. Was hatten diese Leute vor? Was wollte man von ihr? Sie keuchte erschrocken, als Al Mualim sie plötzlich am Oberarm fasste und in eine kniende Position drückte, ehe ihre Handgelenke zusammengebunden und an einem Metallring befestigt wurden, der in den Stein gehauen war. Hektisch sah sie sich nach ihrem Vater um. Warum tat man ihr das an? „Faruk fang an, doch bitte beachte, dass du sie nicht umbringst. Wir brauchen das Weib noch.“ Al Mualim hob die Hand, um dem Assassinen mit der Peitsche zu zeigen, dass er beginnen konnte. Was dieser sicherlich auch genießen würde. Als die Peitsche das erste Mal auf ihrem Rücken aufschlug, schrie sie wie nie zuvor. Alle Luft wurde aus ihren Lungen gedrückt, sodass sie begann, immer hektischer zu atmen. Alena sackte beim zweiten Peitschenhieb in sich zusammen. Es war als würde man ihr die Haut vom Rücken ziehen. Weitere drei Hiebe musste sie über sich ergehen lassen. Ihre Umgebung nahm sie schon fast gar nicht mehr war. Alles drehte sich um den Schmerz und den Willen nicht bewusstlos zu werden. Sie hörte, wie der Meister mit ihrem Vater redete. Irgendetwas davon, dass er ihm erzählen sollte, was er wusste. Ihr Vater schüttelte wahrscheinlich den Kopf, denn es folgten weitere Hiebe. Wäre sie noch in der Lage gewesen mitzuzählen, hätte sie gewusst, dass es fünf waren. Immer öfter umfing sie Schwärze, die sie jedoch krampfhaft zurückdrängte. Dass sie bei jedem Hieb schrie, bemerkte sie nicht einmal. Abermals entstand eine Pause, dann wieder diese Schmerzen, ehe es endgültig schwarz um sie herum wurde. Ihre Augenlider zuckten, ehe sie das Geräusch von tropfendem Wasser vernahm. Was war passiert? Sie erinnerte sich nur noch an die ersten Peitschenhiebe, danach war alles verschwommen. Lag sie schon lange hier? Wer hatte sie hierher gebracht? Wo war sie? Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, öffnete sie ihre Augen und blickte an eine steinerne Wand, da man sie auf den Bauch gelegt hatte. Das Geräusch der Ratten veranlasste sie dazu, sich eiligst erheben zu wollen, doch ihr Rücken protestierte schmerzhaft pochend. Alena zog scharf die Luft durch den Mund ein und blieb auf allen vieren knien. „Du solltest dich nicht bewegen.“ Sie seufzte. Warum war er hier? Wollte er sich etwa an ihrem Leid ergötzen? „Verschwindet“, presste sie schwer atmend zwischen den Zähnen hervor. Er sollte sie nicht so sehen. Sie durfte nicht schwach sein. Der Mann schien ihre Worte strikt zu ignorieren, denn er öffnete die Zellentür und trat ein. „Lass mich dir helfen.“ Er kniete sich neben Alena, welche jedoch prompt den Kopf schüttelte. Sie brauchte keine Hilfe! Und Hilfe von diesen Menschen wollte sie schon gar nicht. „Ich brauche keine Hilfe! Geht, ich komme alleine zurecht.“ Abermals versuchte sie, sich aufzurichten, doch es scheiterte wieder. Altair betrachtete das Ganze schweigend. Dieses Weib war störrisch keine Frage, doch leider war sie auch genauso dumm. Wenn man die Wunden nicht behandeln würde, würden sie sich sicherlich entzünden. Deswegen legte er die Verbände und das Tuch samt der Wasserschale beiseite, ehe er ihr mit geschickten Griffen Beine und Füße wegzog. Sie keuchte, als sie auf dem Boden aufkam und die Luft aus ihren Lungen gedrückt wurde. Das Weib wollte sich wieder aufrichten, doch er hielt sie mit den Händen am Boden. „Weib, entweder du bleibst ruhig liegen, oder ich werde Gewalt anwenden müssen.“ „Bastard“, fluchte sie, blieb jedoch liegen als er seine Hände von ihren Schultern nahm. Er benetzte das Tuch mit Wasser, um ihr die Wunden zu säubern. Sie stieß einen zischenden Laut aus, als er begann den ersten Striemen zu reinigen. Unbeirrt machte er weiter. Immerhin brauchten sie noch Informationen und die würde man wohl kaum bekommen, wenn sie halbtot war. Deswegen – und nur deswegen – half er ihr aus freien Stücken! „Euer Freund musste auch so fest zuschlagen.“ Ihre Stimme zitterte, sicherlich musste sie sich beherrschen um nicht zu weinen. Altair warf ihr einen kurzen prüfenden Blick zu, den sie zum Glück wegen der Kapuze nicht sehen konnte. „Faruk macht keine Unterschiede zwischen Mann und Frau bei solchen Angelegenheiten.“ Sie atmete schwer. „Aber Ihr?“ Das klang spöttisch, wie er feststellen musste, doch war es auch nicht weiter verwunderlich. Die Antwort blieb er ihr dennoch schuldig. „Zieh dich aus“, erörterte er trocken und spürte wie sie sich prompt unter seiner Hand versteifte. „Niemals!“ Altair rieb sich genervt mit der Hand über die Stirn, ehe er ihr erklärte: „Ich habe kein Interesse an deinem Körper, doch ich muss den Verband anlegen.“ Und wie sollte er das tun, wenn sie das Gewand trug? „Nein!!“ Störrisches Weib. Kurzerhand riss er sie in die Höhe und zog ihr in derselben Bewegung das Kleid von den Schultern. Sie wandte ihm schnell den Rücken zu und doch sah er noch, wie sie errötete. Mit flinken Griffen legte er ihr den Verband an und knotete ihn zusammen. „Du kannst dich wieder ankleiden.“ Alena zog sich hastig das Kleid – oder eher das, was davon übrig war – über die Schultern. Das Ganze war ihr so unangenehm. „Danke“, sagte sie dennoch, immerhin hatte er ihr geholfen, wenn auch sicherlich nicht aus reiner Nächstenliebe. Altair nickte lediglich, ehe er sich erhob. Mit den Worten „Ich werde dir noch etwas zu essen bringen“ verschwand er dann auch schon, nur um nach wenigen Minuten wieder in die Zelle zu treten. „Lebt meine Familie noch?“ Die Worte waren einfach so aus ihr herausgesprudelt. Der Mann – Altair – nickte. „Sicherlich tun sie das.“ Alenas Augenbrauen zogen sich zusammen. So wie er es sagte, schien es das Normalste der Welt zu sein. „Natürlich, Ihr müsst sie ja noch weiter quälen.“ Altairs Hand zuckte. „Weib, passe auf wie du mit mir redest!“ Sie sollte sich wirklich lieber zusammenreißen. Er warf ihr das Brot vor die Füße und verschwand dann. Er war nicht der Typ, der Frauen schlug, doch er müsste sich irgendwo abreagieren. Da kam ihm das Novizentraining gerade recht. Sonne begrüßte ihn, als er die Kerkertür hinter sich schloss und schnellen Schrittes zum Übungsplatz schritt. „Altair.“ Doran kam ihm ein Stück entgegen. „Wie ich sehe, wart Ihr bei dem Weib.“ Er nickte. „Al Mualims Befehl“, log er. Nun lag es an Doran zu nicken. „Er erwartet Euch.“ Altair seufzte leise. Da musste das Training noch etwas warten, immerhin war es nicht klug, seinen Meister zu verärgern. „Ich Danke Euch.“ Damit wandte er sich ab und lief die Treppen zum Schloss hinauf, wobei ihm plötzlich das Bild des Mädchens im Kopf erschien, wie sie kauernd auf dem Boden lag. Doch das schob er schnell beiseite, als er vor dem Schreibtisch seines Herrn stehen blieb. Immerhin hatte er ihr nur geholfen, weil sie noch nützlich war und aus keinem anderen Grund...! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)