Wie Hunde ihr Herrchen erziehen von Pluesch-Pueppie (oder wie man Kaiba beibringt, dass er auch nur ein Mensch ist) ================================================================================ Kapitel 1: Weihnachtsgefühle ---------------------------- Ich fühle mich ganz und gar nicht wohl. Die Ärmel sind zu lang, an den Schultern kneift es beim tiefen Einatmen und dieses Hemd ist definitiv zu weiß – es wartet nur darauf sich mit Bowle bekleckern zu lassen. Nein, ich habe noch nie in Saus und Braus gelebt und hatte auch genügend Zeit mich bestens damit abzufinden aber heute, ja ausgerechnet heute muss sich unser nicht vorhandener Wohlstand in meinem preiswerten Anzug manifestieren. Der schwarze Stoff glänzt – aber er hat keinen edlen, matten Glanz wie zum Beispiel Tristans brauner Anzug mit den feinen Nadelstreifen und er glänzt auch nicht so beabsichtigt provokant wie Dukes weißer Satinanzug. Er glänzt billig und verrät damit allen, die es nicht wissen wollen oder eher sollen, dass er aus 100% Viskose ist. Wieso müssen auch alle so viel Wert auf diesen albernen Weihnachts’ball’ legen? Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich mich in Jogginghose und T-Shirt hierher bequemt. Angemessene Garderobe hat es geheißen – was halten sie denn für angemessen, werte Veranstalter? Meinen Viskoseanzug sicherlich nicht, das kann ich euren gerümpften Nasen ablesen. „Willst du den ganzen Abend neben der Bowlenschale kampieren, Joey? Komm doch mit Tanzen!“ fordert Tristan mich auf. Soweit lass ich es aber nicht kommen – ich werde mich an der Modenshow dort auf der Tanzfläche ganz gewiss nicht als schlechtes Beispiel beteiligen. Außerdem sind die Bowle und ich gerade dabei uns näher kennen zu lernen – diese Bekanntschaft möchte ich noch vertiefen. „Nee, lass mal, Alter…“ verlässt es missmutig meine Lippen. Tristan verdreht die Augen. „Das du auch ausgerechnet heute Migräne kriegen musst…“ mit den Worten wendet er sich wieder ab und verschwindet in dem bunten Kleidergemenge. Migräne? Ja, richtig. Ich hatte mich bei Tristans erstem Versuch mich auf die Tanzfläche zu kriegen mit Migräne rausgeredet. Also entweder hab ich das so schnell vergessen, weil ich nie davon ausgegangen bin, dass er mir das abnehmen würde, oder weil die Bowle und ich uns schon näher gekommen sind, als angenommen. Ich beobachte Tea und Tristan beim Tanzen – hübsch sehen sie zusammen aus. Jedes Jahr sind sie nach diesem Weihnachtsschnack hier über ein paar Wochen Feuer und Flamme füreinander und dann verfliegt es wieder. Wie es scheint bleibt mir der liebestolle Tristan dieses Jahr auch nicht erspart, denn so reizend wie unser Quotenmädel ihn von unten durch ihre Wimpern anzwinkert, wird sein Puls jetzt schon weit über die gesunden Maße hinaus sein. Ohja, und jetzt der beste Teil des Abends. Das hatte mir gefehlt. Schon von weitem sehe ich, wie sich die Menge teilt um einem braunen Haarschopf - unnötig zu erwähnen - dass er perfekt gestylt ist, Platz zu machen. Die Damenschaft um mich herum gibt undefinierbare Seufzer und Laute von sich. Sie schmachten ihn an. Mehr als die Hälfte von ihnen hat an diesem Abend viele Stunden damit verbracht sich nur für ihn schön zu machen, in der Hoffnung, dass er sie eines Blickes oder sogar eines Tanzes würdigen wird – nur um später festzustellen, dass dieser Großkotz sich auch dieses Jahr nicht dazu herablassen wird. Ich habe währenddessen natürlich Stoßgebete gen Himmel geschickt, dass irgendein „wichtiges Meeting“ ihn von diesem Quatsch hier fernhalten wird, aber dass der Herr es nie besonders gut mit mir gemeint hat bestätigt sein Aufkreuzen ein weiteres Mal. Seto Kaiba trägt natürlich einen maßgeschneiderten Anzug, der höchstwahrscheinlich mehr gekostet hat, als alle Klamotten, die ich besitze, je besessen habe und je besitzen werde zusammen. Er besieht das Spektakel ähnlich, wie ich es getan habe, als ich die Sporthalle betreten habe. Er sieht etwas angeekelt aus. Mokuba, den ich erst sehe, als die beiden sich in meiner unmittelbaren Nähe befinden, sieht fasziniert aus. Ob er seinen Ekel durch Faszination versucht zu verdecken, oder ob er wahrlich so begeistert ist, wie er aussieht, kann ich von hier aus nicht erkennen. An einem unbestimmten Punkt bleiben die Kaibabrüder stehen und während Mokuba sich schon dem nächsten Klassenkameraden zuwendet, durchforstet Kaiba die übertrieben kitschig dekorierte Halle mit seinem Blick. Er scheint etwas zu suchen. Ich bin bemüht seinem Blick zu folgen und merke, dass er an meinen Freunden hängen bleibt, die gerade in einem kleinen Kreis zusammen tanzen, so wie viele andere Grüppchen auch. Mich beschleicht der üble Verdacht, dass er nach mir sucht und mit dem Verdacht einher geht das Bedürfnis mich unter den reich gedeckten Tischen, die sich neben mir erstrecken zu verstecken – mit der Bowle, versteht sich. Ich gebe dem albernen Drang nicht nach und warte stattdessen ungeduldig darauf, dass er mich endlich entdeckt, wir uns unseren Streit liefern können – denn der wird heute früher oder später sowieso noch stattfinden – und er mich dann wieder alleine lässt. Nein, heute habe ich keine Lust auf Zoff. Ah, jetzt hat er mich. Sein strichförmiger Mund verzieht sich zu einem süffisanten Grinsen und er setzt sich in Bewegung. Innerlich verdrehe ich die Augen und frage mich, warum es keinen Tag gibt, an dem er mich mal in Ruhe lassen kann – ach ja, richtig. Das tue ich bei ihm ja auch nie. Widerwillig bereite ich mich auf den Schlagabtausch vor. Ich straffe meine Schultern – schlechte Idee – die Nähte meines Sakkos knacken verdächtig; richte mich auf und lehne den Arm herausfordernd auf dem Buffettisch ab. Was daran herausfordernd sein soll? Es wäre auf jeden Fall weit weniger herausfordernd, wenn ich vor mich hinschwanken würde, was wiederum der Arm auf dem Tisch verhindert. Als der Schnösel dann in voller Größe vor mir erscheint überlege ich kurz, ob ich aufstehen soll, damit er nicht von so weit oben auf mich herab sehen kann. Die Tatsache, dass er sich vor meinen Augen zwei – drei – wow, sogar vierteilt, überzeugt mich aber davon sitzen zu bleiben. Ich ziehe meine Augenbrauen erwartungsvoll nach oben – als würde ich den Anfang machen, wenn er hier antanzt – aber er enttäuscht mich nicht. „Du siehst nicht aus, als ob du dieses furchtbare Exemplar eines Kleidungsstücks gerne ausführst.“ sein Grinsen wird ein ganzes Stück breiter. „Und wage es ja nicht das als Anzug zu schimpfen.“ Fügt er noch an. „Seit wann interessiert es dich, was ich gerne tue, Saftsack?“ Ja, das frage ich mich wirklich – merkwürdige Art ein Streitgespräch zu beginnen. „Oh, in diesem Fall gibt es mehrere Gründe: Hättest du wild gestikulierend abgestritten, dann hätte ich dich mit deinem grenzenlos getrübten Selbstbildnis aufziehen können, was offenbar sogar dazu führt, dass dir entgeht, was für einen schmerzhaft hässlichen Anblick du bietest.“ Das hässlich betont er dabei mit besonders viel Inbrunst. Nach einer kurzen Pause, die er mir vermutlich lassen wollte, damit ich seinen Worten folgen kann, fährt er fort: „Da du jedoch nicht abgestritten hast, nehme ich an, dass ich richtig liege und du diese aus Stoff gefertigte Augenfolter keineswegs gerne trägst. Jetzt labe ich mich einfach daran, dass du dich unwohl fühlst.“ Okay, das saß – ohne Frage. Das hat mich aber sonst nicht davon abgehalten zu kontern. Dass ich es dennoch nicht tue schiebe ich auf meinen Alkoholpegel und zucke mit den Schultern, während ich meinen Pappbecher leere. Ich wende mich wieder der Bowle zu, um mir nachzuschenken, kann aber noch erkennen, wie Kaibas rechte Augenbraue für den Bruchteil einer Sekunde gen Haaransatz wandert. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er sich abwendet. „Schwach, Köter!“ zischt er im Gehen. Danke, meine schlechte Leistung wäre mir vermutlich nicht aufgefallen, wenn du sie nicht noch einmal erwähnt hättest. Warum ich ihm das nicht hinterher rufe, weiß ich auch nicht Nach kurzer Zeit kann ich seinen Kopf zwischen all den turmähnlichen Hochsteckfrisuren nicht mehr ausmachen und merke, dass meine vorher unbemerkte Anspannung nachlässt. Ich fahre mir mit einer Hand durchs Gesicht und seufze lauter als beabsichtigt. Es steht ganz außer Frage, dass ich hier schnellstens weg sollte, denn ich bin dabei mich gnadenlos abzuschießen. Joseph Jay Wheeler sollte sich niemals gnadenlos abschießen – das geht nie gut aus. Ich warte einfach bis Duke geht, der nimmt sicher ein Taxi – dann kann ich ein Stück mitfahren. ~ „Kaiba is einfach der größte Arsch der Welt! Immer wenn er mich sieht beleidigt er mich nur! Kann der denn nie nett sein?“ Ich hänge mehr schlecht als recht über Yugis Schulter und versuche ihm zu erklären, dass Kaiba ein ganz gemeingefährlicher, fieser Sack ist, während der kleine Spielekönig mich an die frische Luft bringt. Nachdem ich mich mit Michael Jackson- und Usher-Tanzeinlagen zum Gespött der gesamten Schule gemacht habe, hielten die anderen es wohl für besser, wenn ich ein bisschen nach draußen gehe – unsinnige Idee, wenn ihr mich fragt. Wenn die Luft denn „frisch“ und nicht erbarmungslos eisig wäre, dann hätte das vielleicht ja einen positiven Effekt – aber so bekomm ich nur Kopfschmerzen. „Ich weiß, dass du das nicht hören willst, Joey, aber ich denke, dass Kaiba immer wieder zu dir kommt, weil du im Grunde der Einzige bist, der sich überhaupt mit ihm unterhält. Da ihr euch aber von Anfang an nur gezankt habt, kann er ja jetzt nicht einfach zu dir kommen und dich fragen, wie es dir geht. Verstehst du, was ich versuche dir zu sagen, Joey? …Joey? Alles okay?“ „Jo, ich muss nur kurz kotzen!“ presse ich hervor. „Oh!“ entweicht es Yugi und ich höre, dass er einige Schritte zurück weicht. ~ Ich hätte die Feier verlassen sollen, nachdem ich meinen Mageninhalt in den Schulbeeten entleert hatte – ohne Umschweife, ohne Duke fragen zu wollen, wann er endlich aufbricht. Wäre ich gegangen, dann würden Yugis Worte jetzt nicht in meinen Ohren widerhallen, während ich Seto Kaiba ansehe. Er steht am Rande des Tumults – alleine – an der Wand. Er besieht sich das Spektakel, wobei er sieht vielmehr durch das Spektakel hindurch. Er sieht gelangweilt, genervt und vor allem unerträglich einsam aus. Ich spüre wie mein Herz überquillt vor lauter Bedürfnis ihm Gesellschaft zu leisten. Als er sich dann auf einem Stuhl niederlässt und augenscheinlich seufzt, überkommt es mich – ich verlasse Yugis stützende Seite und setze mich stolpernd in Bewegung. Ich habe das Gefühl, dass sich die Menge vor mir teilt, wie das Wasser es einst vor Moses tat und ich bin beflügelt durch das Gefühl im Begriff zu sein, das Richtigste in meinem Leben zu tun. Ich ignoriere, dass Yugi mir nachläuft, mich scheinbar vor Dummheiten bewahren will. Das ist okay, er kann nicht wissen, dass ich Kaiba keineswegs eine verpassen will für seine Unverschämtheit – nein er versteht nicht, dass ich mich auf einer weltbewegend wichtigen Mission befinde. Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, dass Tristan und Tea, an denen ich vorbei schreite, mir ungläubig nachsehen. So wie jeder Mensch, der einen klaren Verstand sein Eigen nennen kann, sehen wohl auch die beiden, dass ich dabei bin, mit strahlender Vorfreude in mein Verderben zu rennen – aber ein klarer Verstand hat auch mir jahrelang den Blick auf die jetzt so offensichtlichen Tatsachen genommen. Ich hatte angenommen, dass Kaiba mich fertig macht, weil meine Anwesenheit ihn nervt, weil er mich für unterbelichtet hält, weil er glaubt ich sei ein leichtes Opfer… Aber Yugi hat Recht – wie konnte ich das übersehen. Ich spute mich, da ich das Gefühl habe, dass mir die Zeit davonrennt und Kaibas Herz gerade dabei ist endgültig einzufrieren und ich der Einzige bin, der das aufhalten kann. Noch zwei große Schritte und - ich bin da. Kaiba sieht mich an, zieht zuerst die rechte und dann die linke Augenbraue nach oben. Ich kann in seinen Augen erkennen, dass er von mir den ersten Schritt erwartet – der erste Schritt in eine tiefe Freundschaft. Ich gehe noch einige Schritte auf ihn zu, halte erst als meine Oberschenkel die seinen umschließen. Dann lasse ich mich auf seinem Schoß nieder, lege in derselben Bewegung meine Arme um seine Schultern und bette mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Ich spüre, wie er sich versteift und ich verstehe das – kommt ja schließlich alles ein wenig plötzlich. Nebenbei scheint auch die komplette Sporthalle auf uns aufmerksam geworden zu sein und bedenkt uns mit angespanntem Schweigen. Sicher, unserem sonstigen Verhalten nach zu urteilen, könnte das hier von außen auch als ein Mordanschlag gewertet werden. Kaiba meldet sich zu Wort: „Was… soll das werden, wenn es fertig ist…Köter?“ seine Stimme klingt zittrig und – tatsächlich – er zittert. „Dein Hündchen möchte ein paar Streicheleinheiten!“ Das Zittern wird stärker. Ich bin mir sicher, dass er sehr nervös ist in diesem Augenblick und ich muss zugeben, dass ich es auch bin. Zur Beruhigung streiche ich über seine Haare und – verdammt! – sie sind seidig glatt. Endlich merke ich, wie er seine Arme hebt, um die Umarmung zu erwidern. Ich reibe meine Nase noch etwas enger an seinen Hals und atme seinen, zugegebener Maßen sehr guten Aftershave ein. Ich spüre seine Hände auf meinen Schulterblättern – er lässt sie dort ruhen und erneut entgeht mir nicht, wie stark er zittert. Ich muss grinsen, denn es ist beinahe niedlich wie unsicher ein Seto Kaiba sich angesichts einer Kuschelattacke verhält. Doch dann krallen sich seine Hände in den 100% Viskosestoff meines Sakkos, reißen daran bis die Nähte drohen nachzugeben. Er hievt mich von sich und in einer Bewegung, die so schnell war, dass ich sie nicht gesehen habe, krallen seine Hände nicht mehr in meinem Sakko, sondern in meinem Hemdkragen. Die Traube von Schaulustigen, die sich in der kurzen Zeit gebildet hat, zieht die Luft zischend ein, was bei der Menge zu einem ziehenden und lauten Geräusch wird. Die Musik scheint aus zu sein. Ich horche genauer hin und – tatsächlich – die Musik ist aus. Es ist so still, dass man eine fallende Stecknadel hören könnte. Kaibas eiskalter Blick nagelt mich fest und sein Griff zwingt mich dazu ein leichtes Hohlkreuz zu machen. Sein Gesicht ist meinem so nahe, dass ich seinen stoßartigen Atem spüren kann. „Hör jetzt genau hin, Wheeler, denn ich werde das nur einmal sagen.“ seine Worte sind ein kaum hörbares Zischen, dass mir die Nackenhaare aufstellt. „Punkt eins: Du wirst nie mein ‚Hündchen’ sein, denn niemand, ich wiederhole, NIEMAND will so eine verlauste, einfältige, unerzogene, stinkende und nichtsnutzige Promenadenmischung wie dich als sein Eigen bezeichnen. Punkt zwei: Deine Schmusebedürfnisse solltest du in Zukunft bei jemand anderem ausleben – auch wenn ich bezweifle, dass es jemanden gibt, der sich deiner annehmen würde. Punkt drei und damit der letzte Punkt – und jetzt pass GENAU auf, was ich dir sage: Wenn du es noch einmal wagst mir derart nahe zu kommen, und es ist mir VOLLKOMMEN egal in welchem Zustand du dich befindest – ob unter Alkohol- oder sonstigen Drogeneinflüssen, dann werden meine Anwälte dich auseinander nehmen. Und wenn sie mit dir fertig sind, dann wirst du nicht mal mehr das Geld haben dir so einen widerwärtig billigen Anzug zuzulegen – nein ich verbessere mich – du wirst dir wünschen niemals geboren worden zu sein. Hast du mich verstanden?“ Während seiner Rede haben alle Menschen in dieser Halle die Luft angehalten – eingeschlossen meiner selbst. Ich nicke. Als er meinen Kragen loslässt sacke ich auf die Knie und er verschwindet innerhalb weniger Sekunden in der Menge, die er nun aufgeregt flüsternd zurücklässt. Jetzt bin ich derjenige der zittert. Ich hatte gerade Angst, große Angst, Todesangst. Ich merke wie sich jemand unter meine Arme hakt und mir aufhilft. Es ist Tristan. „Alter, was ist in dich gefahren? Bist du noch bei Sinnen??“ Ich schüttele langsam den Kopf. Nein ich bin nicht mehr bei Sinnen und ich will nach Hause. Als hätte Duke meine Gedanken gehört nimmt er Tristan die Last ab, die über seiner Schulter hängt – ja, das bin ich – und sagt, dass er jetzt ein Taxi rufen wird und mich nach Hause bringt. Das hätte er schon vor einer halben Stunde tun sollen. Ich wage es nicht irgendetwas zu sagen, weil ich befürchte, dass meine Stimme versagen würde. Yugi kommt auf mich zu gehechtet und sieht mich mit besorgten, großen Kulleraugen an. Ich zwinge mich zu einem schiefen Grinsen und nicke ihm zu, damit er gleich ausgelassen weiter feiern kann. Als Duke mich aus der Halle heraus begleitet steht das Taxi bereits vor der Tür und die Musik läuft wieder. Die Masse scheint sich erholt zu haben – im Gegensatz zu mir. Morgen wird es DAS Gesprächsthema sein – da bin ich mir sicher. Kapitel 2: Der Montag danach (1) -------------------------------- Heute ist Montag. Der Montag nach dem Weihnachtsgedöns. Es ist nicht so, als ob ich Montage jemals gemocht habe aber dieser Montag verspricht als einer meiner schlimmsten in die Geschichte einzugehen. Es ist nicht die Tatsache, dass ich mich schon wieder spurten muss, um noch pünktlich zum Unterricht zu erscheinen – dann wäre jeder Tag mein schlimmster… Nein – die Tatsache, die diesen Tag zu einem meiner schlimmsten machen wird, ist folgende: Ich bin noch nicht mal in Sichtweite der Schule angekommen, aber schon jetzt laufen vor mir zwei Tussis, die sich bereits zum siebten Mal zu mir herumdrehen und aufgeregt tuscheln. Eigentlich müsste klar sein worüber sie reden, denn ich habe letzten Freitag für Klatsch und Tratsch gesorgt, der das nächste halbe Jahr überleben könnte. Aber zu allem Überfluss kann ich mir eben nicht sicher sein, dass sie ihre lipglossgeschminkten Mäuler wirklich darüber zerreißen oder vielmehr über das Veilchen, das mein linkes Auge in einem tiefdunklen violett ziert und die kleine Platzwunde, die es sich darüber am Ende meiner Augenbraue gemütlich gemacht hat. Ja, dieser Umstand führt zu der Annahme, dass heute wirklich kein schöner Montag für mich herausspringt – Kaiba wäre stolz auf diese Formulierung! Ich seufze tief. Was denke ich eigentlich? Kaiba kann mich mal kreuzweise! Da versuch ich einmal nett zu ihm zu sein – zugegeben war das nicht ganz freiwillig – und er droht mir gleich mit seinen Staranwälten, die wahrscheinlich alle einen noch viel größeren und dickeren Stock im Arsch haben als er! Ein wütendes Schnaufen, das von keinem anderen als mir stammen kann unterbricht meine Gedanken. Warum droht er mir nicht mit seinen Brechern in den schwarzen Yakuzaanzügen, die sich normalerweise um seine „unkooperativen Geschäftspartner“ kümmern? Über deren Besuch hätte ich mich am Wochenende vermutlich sogar gefreut – sie hätten mir auf jeden Fall diesen schrecklichen Montag erspart. Woher ich von denen weiß? Naja, ich gehe einfach davon aus, dass er solche Leute beschäftigt. So ein skrupelloser Eisklotz macht sich doch nicht selbst die Finger schmutzig. Aber was sag ich da? Ich war je bereits zu dem Schluss gekommen, dass sowieso alles meine Schuld ist. Hätte ich nicht so viel getrunken, müsste ich jetzt nicht darüber nachdenken in welchem Erdboden das Versinken besonders leicht wäre. Mein Dad hatte schon recht damit mich ordentlich zu Recht zu weisen, als Duke mich komatös zuhause abgeliefert hat. Auch wenn es beinahe absurd ist, dass er mir eine überzieht, weil ich mich in dem Zustand nach hause komme, in dem er sich 24-7 befindet. Was solls, wie spät haben wirs eigentlich? Ein Blick auf meine einst sehr edle und teure Armbanduhr, die von einem Sprung quer über dem Bedeckungsglas geziert wird, verrät mir, dass ich es mit Ach und Krach noch schaffen könnte – also nehme ich meine Beine in die Hand, überhole die beiden Barbies vor mir und renne durch den Haupteingang. Zum Glück muss ich nicht weit laufen – wir haben Geschichte im ersten Stock. Als ich im entsprechenden Flur angekommen bin, werde ich langsamer, denn die Tür steht noch offen – ich hab also tatsächlich Glück. Je näher ich der Tür komme, desto größer wird mein vorher verdrängtes Unbehagen. Vielleicht hätte ich mich doch ein paar Tage krankschreiben lassen sollen – ach Quatsch – als hätten in ein paar Tagen alle vergessen, was ich auf der Weihnachtsfeier abgezogen habe. Ich muss da jetzt durch – zumal wir diese Woche ein paar Zwischenprüfungen schreiben – wann war noch mal die erste? Als ich gerade mit bestimmten Schritten – mein Blick gen Boden gerichtet – den Raum betreten will, geht alles ganz schnell. Zwei getaumelte Schritte und ein genervtes Schnauben später – welches meinen Mund übrigens nicht verlassen hat – richte ich meinen Blick nach oben und sehe in zwei eisblaue Augen, die mich mit einem Maß an Verachtung durchbohren, das mir vorher noch unbekannt war. Ich lache trocken auf, als mir klar wird, welch Ironie da im Spiel ist, dass ich ausgerechnet in ihn rein laufe. Gerade als ich ihn anschnauzen will, dass er mehr aufzupassen hat, weil er schließlich nicht alleine auf der Welt ist, bemerke ich die starren Blicke meiner Klassenkameraden, die diese Situation gebannt beobachten. Mich beschleicht das Gefühl, ganz kleine Brötchen backen zu müssen. „Wheeler, du siehst heute ganz besonders erbärmlich aus.“ stellt Kaiba nüchtern fest. Mit dem Wissen, dass er auf mein malträtiertes Gesicht anspielt und damit auch der einzige sein wird, der heute ein Wort darüber verliert, trete ich einen Schritt zur Seite, um ihm Platz zu machen. „’Tschuldigung.“ presse ich kleinlaut hervor und warte darauf, dass sich ein tiefer Abgrund unter mir auftut. Ich ernte einen ungläubigen Blick und ein darauf folgendes Schulterzucken seitens Kaiba. Kurz darauf zeugt nur ein Luftzug davon, dass er eben noch vor mir gestanden hat. Einige Sekunden später vernehme ich seine Stimme erneut: „Ich werde heute nicht an ihrem Unterricht teilnehmen können. Mein Assistent hat mich soeben davon in Kenntnis gesetzt, dass ein nicht registrierter Datenaustausch auf dem Hauptserver der Kaiba Corp. stattgefunden hat. Meine Person ist gefragt um Urheber und mögliche Konsequenzen dieses Zwischenfalls ausfindig zu machen.“ Ich höre nicht mehr was meine Lehrerin antwortet, denn ich bin auf dem Weg zu meinem Sitzplatz und somit im Begriff die erste Hürde dieses Tages in Angriff zu nehmen: Meinen Freunden erklären, was am Freitag in mich gefahren war. Yugi lächelt mich an, als würde er sich genötigt fühlen seine bloße Anwesenheit zu entschuldigen. Tristan hingegen sieht mich gar nicht an. Seine Arme sind abwehrend vor der Brust verschränkt und sein Gesicht ist demonstrativ von mir abgewandt. Diva-Tristan hat mir gerade noch gefehlt. Ich seufze resignierend als ich mich zwischen ihm und Yugi niederlasse. Daraufhin schnaubt er auf und dreht seinen Kopf noch ein Stück weiter von mir weg, wenn das überhaupt noch möglich ist. Ich muss mich stark zusammenreißen um nicht zu Grinsen – Tristans Lächerlichkeit ist in diesem Zustand kaum noch zu übertreffen. Er ist sauer auf mich – aus mir schleierhaften Gründen. Je nach Grad der Verärgerung kann ich jetzt damit rechnen, dass er mich zwischen zwei Stunden und vier Tagen ignorieren wird. Vier Tage sind die Höchstleistung bisher – warum ihm nicht klar war, dass ich Serenity niemals mit ihm weggehen lasse, verstehe ich bis heute noch nicht. Kaffeetrinken – darüber lässt sich ja noch reden aber sie gleich mit in ne Disco zu schleppen, wo jeder zweite Kerl auf sie losgeht? Das Mädchen ist minderjähriger als ich es bin – also bitte! Unsere Lehrerin betritt den Raum, ordnet ihre Sachen, beginnt den Unterricht zügig und bewahrt mich somit vorerst vor der Erklärungsnot. Sie kündigt an, dass dies die letzte Unterrichtseinheit vor der Zwischenprüfung sei und mir wird klar, dass meine Konzentration und Aufmerksamkeit gefragt ist. Leider besieht Tea mich schon jetzt mit einem belehrenden Blick und Tristans vehemente Nichtbeachtung lenkt mich auch ab. Dass solch wichtige Termine sich immer dann aufdrängen, wenn meine Aufmerksamkeit von ganz anderen Sachen gehalten wird, muss ein weiterer Streich sein, den mein Leben versucht mir zu spielen. So sehr ich auch versuche die Zeitleiste an der Tafel zu entschlüsseln – es gelingt mir nicht. Das leise Tuscheln von Yugi, der sich offenbar gerade mit dem Pharao unterhält bringt mich aus dem Konzept. Solange ich in der ersten Stunde nicht mit Tristan rumalbern kann, schlägt diese mich immer zurück in die Müdigkeit und ein Gähnen kann ich mir nicht verkneifen. Ich wische die aufkommende Tränenflüssigkeit aus den Augenwinkeln und blicke auf das Arbeitsblatt, der herumgegangen ist. Einen Quelltext auf Kernaussagen untersuchen. Ich schätze, dass die Grundvorrausetzung für diese Aufgabe das Lesen des Textes ist, doch genau daran scheitere ich. Die Buchstaben tanzen und verschwimmen abwechselnd vor meinen Augen. Jeden Satz muss ich dreimal lesen, bevor der Sinn bei mir ankommt. Anders als Kaiba vermuten würde, liegt das keineswegs an meiner Dummheit, sondern an dem dicken Brett, das offenbar vor meine Stirn genagelt ist. Hätte ich bloß die Thermoskanne mit dem ekeligen, schwarzen Zeugs – besser bekannt als Kaffee – nicht zuhause auf dem Küchentresen stehen lassen. Denn so ekelig ich das Zeug auch finde, so sehr weiß ich seine Wirkung in solchen Momenten zu schätzen. Ich vernehme Tristans Stimme irgendwo weit weg. Erst als er scheinbar zum wiederholten Male meinen Namen an mein Ohr zischt, merke ich, dass er mit mir spricht. Hätte ja niemand ahnen können, dass er jetzt schon aufhört mich mit Ignoranz zu strafen. „Huh?“ ich sehe ihn fragend an. „Bist du weggepennt, oder was?“ er klingt etwas verärgert – selbstverständlich – man sollte schließlich aufmerksamer Beobachter sein, wenn er schon mal Gnade walten lässt. „Ja, etwas – erste Stunde halt.“ „Sag mal, hast du dir Mathe noch mal angeguckt?“ „Hatten wir was auf?“ frage ich entrüstet. Tristan verdreht die Augen und seufzt. „Joey, wir schreiben gleich die Zwischenprüfung in Mathe!“ Ich sehe ihn an, bis sich mir der Sinn seiner Worte erschließt. Meine Kinnlade klappt ohne mein Zutun auf. Als mir dann klar wird, dass diese Zwischenprüfung für mich außerordentlich versetzungsgefährdend ist – wobei nein, viel eher meine letzte Chance um versetzt zu werden – verlässt ein tonloses „Shit.“ meinen Mund. ___________________ Tut mir Leid, dass ihr so lange warten musstet. Ich habe das Kapitel schon lange fertig, allerdings bis eben nur auf dem Papier. Jetzt konnte ich mich endlich dazu durchringen es abzutippen. Als kleiner Trost: Bin mit dem dritten Kappi auch bereits fertig - muss halt nurnoch abtippen ;D Hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen. Eure Plüschi Kapitel 3: Der Montag danach (2) -------------------------------- Tristan seufzt theatralisch und schiebt mir ein Stück Pappe zu, das verdächtig nach einem Bierdeckel aussieht. Ich drehe das Stück mehrmals in der Hand um festzustellen, dass Tristan den Deckel bis in die kleinste Ecke mit Formeln zugeschrieben hat. Ich sehe ihn wieder an. Er hält in der einen Hand einen verpackten Kaugummistreifen, in der anderen eine Büroklammer und grinst stolz. Schnell verstehe ich was Kaugummi, Büroklammer und Bierdeckel gemeinsam ergeben und grinse schief zurück. „Ich weiß nicht wie weit dein Wissen in Mathe reicht und somit auch nicht, wie weit dir der Spicker weiterhelfen kann – ist ja eigentlich für mich gedacht gewesen.“ Erst jetzt fällt mir das Opfer auf, das Tristan für mich bringt. „Wow, Kumpel! Du rettest meine Versetzung und riskierst gleichzeitig deine gute Note?! Du bist ein Held!“ sprudelt es aus mir heraus. „Alter, freu dich nicht zu früh! Weißt du überhaupt wann du welche Formel anwenden musst? Das steht da nämlich nicht drauf.“ gibt Tristan zu bedenken. Ich fange wieder an den Bierdeckel in meiner Hand zu drehen, lasse meinen Blick über die Buchstaben und mathematischen Zeichen gleiten. Dann lehne ich mich zurück und seufze tief. „Ich bin verloren.“ stelle ich fest. „Du brauchst ne gute vier für die Versetzung?“ fragt Tristan und ich nicke geknickt. „Das kriegen wir hin – du kriegst in der Freistunde nen Crashkurs!“ Tristan hebt siegessicher eine Faust in die Höhe. „Das ist lieb gemeint, Alter aber in 45 Minuten kann man nicht drei Jahre vollständiges Unverständnis aufholen.“ werfe ich ein. „Wie gut, dass in den Zwischenprüfungen auch nicht das Wissen der letzten drei Jahre abgefragt wird – das verwechselst du mit den Endprüfungen. Heute wird nur der Stoff aus dem bisherigen Schuljahr verlangt. Für die Endprüfungen suchst du dir jemanden, der gut in Mathe ist“ er deutet auf Tea „und dann siehst du zu, dass du das nächste halbe Jahr paukst!“ Ich nicke ihm dankbar zu. Wenn meine Freunde mir nicht ständig den Arsch retten würden, wäre ich sicherlich schon drei Mal im hohen Bogen von der Schule geflogen. Ich bin zwar noch nicht ganz überzeugt davon, dass die Freistunde mich rettet aber mir wird nichts anderes übrig bleiben. Die Stunde zieht sich in die Länge wie ein Kaugummi und immer wieder muss ich lange Minuten überbrücken, in denen ich drohe wegzunicken. Gerade als meine Augen zum wiederholten Male zufallen läutet die Schulglocke zum Stundenende beziehungsweise zum Beginn meiner Nachhilfestunde a la Taylor. „Wir bleiben am besten einfach hier, dann vertrödeln wir keine wertvolle Zeit beim Platz suchen in der Kantine.“ Ich stimme ihm nickend zu und bemühe mich meine Gehirnzellen zu ordnen, indem ich meine Nasenwurzel massiere. Yugi und Tea erheben sich gemächlich. „Wir bleiben um Mathe zu lernen!“ erklärt Tristan unser behagliches sitzen Bleiben. „Damit fangt ihr ja früh an.“ zetert Tea. Yugi lächelt entschuldigend – wie immer. Um uns herum entsteht nun ein geschäftiges Treiben. Viele beklagen sich über die anstehende Prüfung, ihre Unkenntnis auf dem gefragten Gebiet oder einfach über Müdigkeit – ich schließe mich in allen drei Bereichen an. Mein braunhaariger Kumpel kämpft unterdessen mit seiner Schultasche, die scheinbar nur ungern die Mathesachen freigeben will. „Du solltest dir ne größere Tasche zu legen.“ kommentiere ich die Szenerie. Tristan schüttelt den Kopf als er endlich Mathebuch und –heft erbeutet hat. „Klappt doch alles wunderbar!“ ~ Ich blicke kurz auf, um die Uhrzeit erneut zu prüfen. Noch 15 Minuten bis Prüfungsbeginn. Tristans Erklärungen sind der Wahnsinn – ich glaube ich kann Mathe! Auf jeden Fall versuche ich mich gerade an einer Beispielaufgabe und mache ganz ohne Hilfe alles richtig bisher. Tristan bedenkt mich mit einem anerkennenden Blick, als ich ihm die vollendete Rechnung rüber schiebe und er das Ergebnis als richtig abhakt. Die Tür zum Klassenraum öffnet sich und wir halten beide den Atem an, weil wir wohl beide befürchten, dass mein Crashkurs nun ein jähes Ende nehmen wird – dank unserem Matheteufel. Dass dem nicht so ist, bestätigt schon die Laptoptasche, die zuerst zu sehen ist. Hinter ihr betritt dann Seto Kaiba den Raum, richtet sofort den Blick auf uns und schnaubt darauf verächtlich. Ohne mein Zutun habe ich mich in eine leicht geduckte Haltung begeben, als Kaiba die Tür durchschritt, aus der ich mich nun wieder aufrichte. Mein Blick ruht angespannt auf ihm, als er sich auf seinem Pult häuslich einrichtet: Laptop und Thermoskanne – fertig ist der personalisierte Arbeitsplatz eines Kaibas. Als Tristan sich räuspert, wende ich mich wieder meinem karierten Collegeblock vor mir zu. „Wir haben jetzt noch zehn Minuten, du solltest am besten noch ein paar dieser Aufgaben rechnen. Es bleibt keine Zeit mehr dir noch ein Unterthema zu erklären, also festige einfach das, was du jetzt verstanden hast.“ instruiert Tristan. Ich nicke, während er auf meinem Collegeblock drei Gleichungen formuliert, die es zu lösen gilt. Die Anwesenheit von Kaiba bringt mich mächtig durcheinander. Als würde er magnetische Störungswellen aussenden, auf die ich ausschlage. Schon bei der ersten Gleichung muss ich Tristan wieder um Hilfe bitten, obwohl es genau derselbe Aufgabentyp der vorigen Aufgabe ist – mit anderen Zahlen versteht sich. Meine Fragerei bleibt auch von dem CEO vor uns nicht unkommentiert. Immer wieder schnaubt er verächtlich um wortlos zu erklären, wie unsinnig meine Fragen sind. Er hat gut Reden – er kann ja alles. Ist wahrscheinlich jeden Tag mit höherer Mathematik beschäftigt in seiner Firma. An jedem anderen Tag wäre ich wohl schon bei einem Augenbrauenzucken seinerseits explodiert – so angespannt wie ich gerade bin. Aber heute ist das eine andere Spannung, keine die mich aggressiv macht, sondern eher eine, die mich ganz klein mit Hut werden lässt. Irgendwann stemmt Kaiba sich von seinem Pult ab, greift sich seinen Stuhl und positioniert ihn kurzerhand vor meiner Nase. Ungefragt reißt er sich meinen Collegeblock unter den Nagel und besieht sich meine Ergebnisse. Unterdessen hat mein Herz sich entschieden heute einen Ruhetag einzulegen. Kaiba greift nach dem Kugelschreiber, der locker zwischen meinem Daumen und Zeigefinger ruht. Er fängt gerade an irgendwelche Notizen neben meine Aufgaben zu schreiben, als ich feststelle, dass uns auch hier Welten voneinander trennen. Seit der Grundschule hat sich meine Schrift nicht wesentlich verändert – sie ist nur etwas unsauberer, weil ich schneller schreibe als damals. Seine Schrift hingegen ist schwungvoll, klein und unendlich sauber. Jeder Buchstabe ist im selben Winkel geneigt und trotzdessen er sehr zügig schreibt ist jedes Zeichen perfekt geformt und lesbar. Während ich meine Begeisterung kaum noch hinterm Berg halten kann, scheint Tristan seine Stimme wieder gefunden zu haben. „Was soll denn der Scheiß, Kaiba?“ Kein geistreicher Einwand – aber berechtigt. „Sei still, Taylor! Wenn du schon versuchst der Töle hier Mathe beizubringen, dann mach es wenigstens richtig. Ist ja nicht mit anzuhören, was du für eine abenteuerliche Art von Fragenbeantwortung an den Tag legst.“ Tristans Stimme scheint sich wieder zu verabschieden – er presst nur noch ein gequältes „Machs doch besser!“ zwischen seinen Zähnen hervor. Kaiba nickt darauf knapp und sieht dann vollkommen unvorbereitet und mit einer atemberaubenden Intensität in meine Augen. Ich fühle mich verpflichtet Tristan zu verteidigen und ergreife das Wort: „Er hat sich bemüht!“ Diesen halbherzigen Einwand übergeht er ohne mit der Wimper gezuckt zu haben. „Hörst du mir zu?“ fragt er, weil ich wahrscheinlich nicht den Eindruck mache, als sei ich aufnahmefähig. Ich gebe aber ein etwas tonloses „Ja.“ von mir und warte darauf, dass er anfängt. _____________________________ Entschuldigt bitte, dass dieses Chap so kurz geraten ist. Ich finde einfach kaum Zeit abzutippen - hätte ich nicht an dieser Stelle aufgehört, dann wäre die nächste Schluss-möglichkeit noch Meilen vorraus. Und ich brauche Schlaf! Vergebt mir - das nächste Kapitel mach ich dafür extralang!! ;D Liebste Grüße Plüschi PS: Danke für die unendlich lieben Kommis! Hätte ich euch nicht, dann würde mir die Lust sicher schnell vergehen!! Merci, merci!! ♥ Kapitel 4: Der Montag danach (3) -------------------------------- Ich scheine Kaiba nach wie vor sehr begeistert anzusehen, denn als er seine Erklärung abgeschlossen hat und zu mir aufsieht, wandert seine rechte Augenbraue gefährlich weit nach oben. „Fang ja nicht an, mit deinem Schwanz zu wedeln.“ warnt er mich. „Ich will dir nur ungern deine Illusionen rauben, Wheeler, aber ich habe dir lediglich einen Bruchteil beigebracht, von dem, was du heute wissen musst.“ „Ja, aber ich habe es verstanden! Und außerdem,“ ich zeige auf die Uhr „hast du mir dieses Bruchdings in weniger als fünf Minuten erklärt!“ Ich merke, wie meine Arme schon wieder unkontrolliert in der Gegend herumfliegen, um meiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Kaiba schüttelt mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen den Kopf und begutachtet dabei die Tischplatte vor ihm. Dann sieht er auf und fixiert Tristan. Er nickt ihm einmal zu und steht in derselben Bewegung auf. Als er seinen Stuhl packt um ihn zurück an sein Pult zu stellen zischt er „Besser gemacht.“. Als Tristan und mir sich der Sinn dahinter zeitgleich erschließt springt er auf und versucht Kaiba übers Pult hinterher zu hechten. Sehr halbherzig halte ich ihn an seinem Unterarm fest und er setzt sich etwas widerwillig wieder hin – jedoch nicht ohne vorher noch furchterregend zu Grollen. Ein gepresstes „Unverschämter Geldsack!“ verlässt seine Lippen und sein vorwurfsvoller Blick huscht zu mir herüber. Kaiba setzt sich unterdessen unbeeindruckt wieder an seinen Laptop und ich habe das Gefühl, dass das monotone Getackere der Tastatur einsetzt noch bevor er Platz genommen hat. Ich neige meinen Kopf leicht zur Seite, in der Hoffnung, dass die Situation weniger befremdlich wirkt, wenn ich sie aus der Schieflage überdenke. ~ Meine Wangenmuskulatur schmerzt schon – ich kann einfach nicht aufhören über beide Ohren zu grinsen. „Hey, Joey! Deine Klausur scheint ja gut gelaufen zu sein!?“ Yugi holt mit ein paar flotten Schritten zu mir auf und sieht mich an. Ich schultere mir meinen Rucksack auf, verknote die Hände hinter meinem Kopf und zeige Yugi eines meiner Zahnweißlächeln. „Also meine Versetzung ist das Mindeste, was ich mir mit der Prüfung raus gehauen habe.“ stelle ich klar und zwinkere Yugi dabei zu. „Zum Glück! Wir hätten dich wirklich vermisst, wenn du es nicht geschafft hättest!“ während er das ungewohnt laut sagt, entschuldigt sich sein Lächeln schon wieder für die Euphorie, die in ihm hoch gebrodelt ist. Manchmal frage ich mich, was dieser Junge schon alles mitmachen musste. Von Natur aus ist kein Mensch so schrecklich verunsichert – das steht fest. Ja, ich habe es tatsächlich geschafft. Ich kann mich nicht dran erinnern, dass ich jemals so viele Aufgaben beantworten konnte bei einer Matheprüfung. Meiner Versetzung scheint nichts mehr im Wege zu stehen und die popelige Stunde Hauswirtschaftslehre bringe ich jetzt auch noch Ruckizucki hinter mich. Aber erstmal gibt’s jetzt ne wohlverdiente Pause, denke ich mir, als ich die Tür zum Treppenhaus aufdrücke und Yugi – ganz der Gentleman – den Vortritt lasse. Kaum setze ich den ersten Schritt auf die Stufen rauscht jemand in unmenschlicher Geschwindigkeit an mir vorbei. Der entstehende Lufthauch sorgt dafür, dass sich meine Nackenhaare aufstellen und mir ein Schauder zwischen den Schulterblättern entlang läuft. Natürlich ist der Verursacher kein geringerer als mein improvisierter Versetzungsretter. Er verschwindet, ohne sein Umfeld auch nur eines Blickes zu würdigen, in der Menschenmasse. Nach wie vor erscheint es unwirklich, dass wir vor eineinhalb Stunden noch friedlich voreinander saßen – angesichts des vergangenen Freitags wirkt es sogar unmöglich. Ich vertraue meinen Sinnen jedoch so weit, dass es kein Hirngespinst sein kann, sondern wirklich stattgefunden hat. Tristan bestätigt mich, denn er knurrt so laut, dass es viele bedrohliche Wachhunde in den Schatten stellt, als er Kaiba erblickt – und da soll noch mal jemand behaupten ich sei der ‚Köter’. Wir lassen uns, wie immer, vom Strom der vielen Schüler mitziehen, die sich den Weg zur Kantine bahnen. Noch bevor wir durch die Tür schreiten, spüre ich allerlei Blicke in meinem Nacken. Damit wäre dann die Freude über die Klausur beiseite geschoben und das Schamgefühl wieder allgegenwärtig. Jede Menschentraube an der wir vorbei gehen scheint schlagartig zu verstummen – jedoch nicht früh genug um mir Gesprächsfetzen wie: ‚…das blaue Auge hat er bestimmt von Kaiba.’ (Als würde dieser schmächtige Sesselpupser es mit mir aufnehmen können); ‚Das wird bestimmt ein Nachspiel haben’; ‚Ist das nicht der…’ zu ersparen. Tristan, Tea und Yugi setzen sich an den freien Teil eines Rundtisches, lassen mir aber keinen Stuhl mehr frei, so dass ich auf dem Tisch selbst Platz nehme. Teas Blick, der mich bedrohlich zu durchbohren scheint, verrät mir, dass ich nun der Fragerei seitens meiner Freunde nicht mehr ausweichen kann. Ich vermeide es Tea anzusehen, weil ich weiß, dass sie augenblicklich anfangen würde los zu plappern, sobald sich unsere Blicke treffen. Ich weiß, dass das reine Zeitschindung ist, denn Tea holt schon Luft, um genügend davon in ihren Lungen zu haben für den folgenden Redeschwall. „Joey, das am Freitag ging wirklich zu weit! Du solltest deine Fehde mit Kaiba endlich begraben. Irgendwann wird das noch zu deinem Todesurteil!“ Kurz überlege ich, ob ich sie einfach übergehen sollte, denn was ich darauf antworten soll, weiß ich selbst nicht so genau. Wie so oft spricht mein Mund jedoch bevor ich es ihm erlaube. „Ich weiß ja, dass Kaiba gar nicht so übel ist.“ Meine Stimme klingt sehr unterwürfig und ich glaube selbst nicht so recht, was ich da gesagt habe. Gerade will ich ansetzen zu der Rekonstruktion des Abends – dass ich ja nur nett sein wollte und Kaiba jener welcher war, der etwas giftig darauf reagiert hat, als mir mit einer unbeschreiblichen Wucht die Luft aus den Lungen gepresst wird und nur ein ersticktes Husten meinen Mund verlässt. „Alter, ich wusste schon immer, dass du der King bist!“ Ich drehe mich um, mein Gesicht nach wie vor schmerzverzerrt und ich blicke in die Augen des Urhebers meines pochenden Schulterblattes: Hitaka. „Yamada hat mir von deiner Aktion am Freitag erzählt. Ich bin ausgerastet, man! Einfach absolut furchtlos, Wheeler! Endlich hast du dem Giftspucker mal gezeigt wer die Hosen anhat!“ Hitakas Augen funkeln vor lauter Begeisterung und langsam wird mir klar, dass niemand die wahren Beweggründe für meine spontane Umarmung begriffen hat. Das im Erdboden versinken kann ich mir also sparen – ich werde gerade sogar als Held gefeiert, wie es scheint. Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus und ich muss mir mit aller Kraft verkneifen ihm jodelnd zuzustimmen. Teas wachsamer Blick ruht nämlich auf mir und die wäre vermutlich nicht so begeistert wenn ich Hitakas Theorie zustimme, die besagen würde, dass die Umarmung nichts weiter war als eine Provokation. Ich lasse Hitaka also die Ehre zukommen noch ein wenig mein grenzdebiles Grinsen bestaunen zu dürfen, bevor er die Frage stellt, vor der es mir graust, weil ich nicht weiß, wie er reagiert, wenn ich sie einfach mit Nein beantworte. „Man, Wheeler! Wir sollten mal wieder was starten! Hast du nicht Bock mal wieder auf nen Freitag mit uns los zu ziehen? Wir ham da so ne ganz geile Kneipe für uns entdeckt – die wär was für dich!“ Nach kurzer Pause fügt er noch an: „Taylor kann sich natürlich auch anschließen!“ sein Grinsen nimmt diabolische Züge an, während er Tristan fixiert. Auch ich suche nun Tristans Blick um möglicherweise eine Hilfestellung von ihm zugezwinkert zu kriegen, doch ich hoffe vergeblich. Nachdem er eine ganze, angespannte Weile dem Blick Hitakas standgehalten hat, wendet er sich nun wieder stumm seinem Essen zu. „Bloß nicht vor Begeisterung platzen, Taylor.“ scherzt Hitaka mit feindseligem Unterton. Ich nutze die Chance und werfe schnell ein: „Ey sorry, ich hab momentan echt viel zu tun mit den Zwischenprüfungen und so. Wenn ich mich jetzt nicht reinhänge, dann bleibe ich hängen.“ Er mustert mich unangenehm lange, bis er wieder sein typisches Grinsen auflegt. „Mach dir keinen Stress, Streberlein! Meld dich einfach mal, wenn du wieder n bisschen Luft hast!“ während er diese unumstößliche Aufforderung ausspricht wendet er sich schon zum Gehen und winkt noch einmal in die Runde, bevor er sich gänzlich umdreht. Ich seufze erleichtert doch noch bevor sich die Entspannung voll ausbreiten kann höre ich schon die neckende Stimme von Duke, der das Spektakel gerade aus sicherer Entfernung begutachtet hat und sich nun in Begleitung von Ryou zu uns gesellt. „Joey, du solltest mal beweisen, dass du Eier in der Hose hast und den Jungs sagen, dass du nichts mehr mit denen am Hut haben willst – so wie Tristan!“ Ich schließe kurz die Augen um nicht mit ansehen zu müssen, wie der Rest meiner Freunde dem Würfelfreak nickend zustimmt. „Halt den Rand, Duke! Ich hab keine Lust Monate lang terrorisiert zu werden – ist doch alles im Lot.“ zische ich zu ihm herüber – er hat gut Reden. Er hat keine Ahnung, zu was diese „Jungs“ fähig sind. Ich hingegen kann’s aus erster Hand berichten. Schließlich war ich mal einer von ihnen – genau wie Tristan. „Ich sag’s doch, keine Eier in der Hose.“ Flüstert Duke zu Ryou – gerade noch laut genug, dass ich es nicht überhören kann. Ryou gluckst und errötet leicht – ich vermutlich auch, denn ich unterdrücke den Impuls Duke fest auf sein makelloses Katzengesicht zu schlagen. ~ Nach rekordverdächtigen 2 Minuten Hauswirtschaftslehre wurden Tristan und ich aufgrund von Unterrichtsstörung auseinander gesetzt. Das bringt mich nun in die Position mit zwei hübschen Mädels zusammen arbeiten zu müssen – schade für mich, wirklich schade. „Joey warum grinst du denn so?“ fragt Janine zuckersüß. Ihre Augen nehmen dabei diese herrliche Halbmondform an, wie immer, wenn sie lächelt. Ich komme nicht umhin leicht zu erröten. Die kleine Halbamerikanerin ist eine echte Augenweide. Sie ist freundlich, lacht viel und herzlich und versteht sowohl was von Manieren als auch vom Spaß haben. Müßig zu erwähnen, dass sie erfolgreich auf einen 1,2 Durchschnitt zusteuert. Sie ist halt so ne richte Traum-Schwiegertochter – auch wenn ich es für unwahrscheinlich halte, dass mein Dad sich darüber Gedanken macht, wer sich gut an meiner Seite machen würde. „Ach, nur ein bisschen Kopfkino!“ rede ich mich zwinkernd heraus. Chancen mal ich mir keine aus, aber ein bisschen flirten wird ja nicht verboten sein – und das scheint sie auch so zu sehen. Sie wendet sich mir zu, blickt von unten zu mir herauf und ihr Lächeln nimmt eine laszive Note an, welche mir äußerst gut gefällt. „Dürfte ich denn wissen, was für ein Filmchen dir so ein breites Grinsen ins Gesicht zaubert?“ Meine Herzklappen flattern vermutlich wie ein Segelmast im Westwind. Ich rufe mir ein paar Tipps ins Gedächtnis: Rar machen ist die Devise. Betont lässig winke ich ab. „Ach, ich hab mir nur gerade vorgestellt wie Tristan wohl in diesem Stoff hier“ ich deute auf einen grell-grünen mit pinken Pünktchen „aussehen würde.“ lüge ich und lege dabei mein bestes Zahnweiß-Lächeln auf. Sie kann den Hauch von Enttäuschung nicht verbergen – also klappt Dukes Taktik tatsächlich: Jede noch so eindeutige Situation entschärfen und bloß nicht andeuten, dass man sie wirklich gut findet. Bei ihm klappt’s! Gut – er hat mehr Kohle aber dafür sehe ich besser aus. „Soo, was sollen wir denn damit anstellen?“ betont ahnungslos deute ich auf die Materialien, die vor uns liegen und grinse sie an. Sie lacht verhalten. Super! Oh, und wie wahnsinnig gut ihr das steht. „Also, wir sollen eine Patchwork-Arbeit erstellen mit einem Muster, das auf beiden Seiten des genähten Objektes wiederkehrt.“ sie hält zwei Stoffe aneinander, um es anschaulicher zu machen. „Was wir daraus nähen ist uns aber frei überlassen.“ Ich sehe wie ihre Freundin sich etwas aufrichtet, um etwas einzuwerfen – ich lasse es aber nicht dazu kommen, damit ich noch einen Gentlemanspruch raus hauen kann: „Ich trage die Sachen, die wir hier machen sowieso nie – also nähen wir doch etwas, was euch gefällt?!“ Janine lächelt wieder ihr Halmondlächeln und ich fange schon an zu glauben, dass ich mir vielleicht doch die ein oder andere kleine Hoffnung machen könnte. „Oho, ganz der Gentleman.“ Höre ich eine unverkennbar arrogante Stimme schräg hinter mir. Ich schließe kurz die Augen und wäge ab, was für und was gegen einen Konter spricht. Dann verknoten sich meine Gedanken und ich drehe mich kurzerhand zu ihm herum. „Nur weil ich keinen Stock im Arsch habe, musst du nicht davon ausgehen, dass ich keine Manieren hätte!“ knurre ich in seine Richtung, ohne ihn dabei direkt anzusehen. „Na, nicht gleich ausfallend werden, ungezogene Töle! Ich bin zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass du keine Manieren hast auch wenn es offensichtlich ist, dass deine Knigge lückenhaft ist – ich frage mich nur wohin sie sich letzten Freitag verabschiedet hatten.“ Das ist eine miese Provokation von Kaiba. Jetzt wo er das Thema anspricht, bleibt mir ein dicker Kloß im Hals stecken und die Pause meinerseits ist schon viel zu lang, als dass man sie noch als wirkungsvoll bezeichnen könnte – vielmehr verrät sie, dass ich sprachlos bin. Kaiba seufzt genervt und will sich gerade abwenden, doch bevor er sich ganz umgedreht hat fällt mir ein, wie ich meine Pause doch noch wirkungsvoll gestalten kann: „Es tut mir Leid.“ Wie vom Blitz getroffen fährt Kaiba wieder zu mir herum und taxiert mich mit seinen blauen Augen. In seinem Kopf rattert es gewaltig. Ich kann förmlich sehen, wie die Zahnräder hinter seinen Pupillen ineinander greifen und heiß laufen. „Was war das?“ zischt er ungehalten. „Es tut mir Leid!“ wiederhole ich und klinge dabei fast vergnügt. „Was sollte dir Leid tun, Wheeler?“ seine Stimme wird immer schneidender. Am Rande meines Bewusstseins stelle ich fest, dass es schon wieder verdächtig ruhig um uns herum ist – wieder achten alle auf unsere kleine Auseinandersetzung. „Naja, das mit Freitag. Ich war echt dudeldaddeldicht – und dass ich dich eben angepampt habe tut mir auch Leid. Hast mir schließlich den Arsch gerettet bei Mathe!“ ich grinse schief und lasse mir nicht anmerken, dass sein durchdringender Blick mich ganz schön nervös macht – aber verdammt! Ich habe Seto Kaiba gerade vorbildlich aus dem Konzept gebracht – das war’s wert! Er fängt sich recht schnell wieder, zumindest entnehme ich das seinem Grinsen. „Dein urplötzliches Verständnis für Mathe muss noch einige andere, vorher ungenutzte Hirnteile ich Gang gebracht haben, Wheeler! Wobei ich die Formulierung ‚Versetzung gerettet’ bevorzugen würde. Dein ‚Arsch’ wäre den Aufwand nicht wert gewesen.“ Sofort fällt mir eine Unschlüssigkeit in seinem Konter auf – das muss genutzt werden. „Achso, aber meine Versetzung ist dir wichtig genug, um dich dazu herabzulassen, mir Mathe beizubringen?“ ich stemme erwartungsvoll meine Hände in die Hüfte. Er zieht beide Augenbrauen nach oben. „Das solltest du doch daraus schließen können, dass ich dir Mathe ‚beigebracht’ habe, oder etwa nicht?“ Jetzt ist es an mir, meine Zahnräder in Gang zu setzen – er lässt mir auch die Zeit dazu und steht geduldig vor mir. „Soll das also ‚ja’ heißen?“ frage ich mit einem gesunden Batzen Skepsis. Jetzt schüttelt er den Kopf, dreht sich zum Gehen und beginnt seine Nasenwurzel zu massieren. Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?? _____________________________________________________________ Soo, nach langer Wartezeit endlich mal wieder ein Kapitel. Ich werde es euch ersparen mich zu rechtfertigen. ;D Ich hoffe es hatte eine angemessene Länge. By The Way ist es noch nicht gebetat - also falls ihr Fehler findet könnt ihr sie gerne in nem Kommi vermerken! Wir kommen dem ersten Höhepunkt der Geschichte näher - falls das wen interesiert! Hoffe es hat gefallen! Kapitel 5: "Unschön" -------------------- Die Stunde will offenbar kein Ende nehmen. Nach meiner kleinen Auseinandersetzung mit Kaiba redet Janine auch nur noch sporadisch mit mir. Da wir eine Dreiergruppe bilden, die Aufgabenstellung jedoch nur auf Zweiergruppen ausgelegt ist, habe ich entsprechend wenig zu tun und langweile mich – was die Stunde nicht schneller enden lässt. Meine Gedanken schweifen ab und ich frage mich, was heute Nachmittag so für mich ansteht. Als mir klar wird, dass ich rein gar nichts zu tun habe, beschließe ich, das schnell zu ändern. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit meinen Alten nach vier noch in unserer Bruchbude anzutreffen recht gering ist, so möchte ich meinen Tag ganz gewiss auch nicht alleine in ihr verbringen. Da sind wir uns wohl recht ähnlich: Solange man nicht da ist, sieht man auch nicht das Chaos und die vielen baufälligen Stellen. Nachdem ich diesen Gedanken zu Ende gedacht habe wandert mein Blick ohne mein Zutun zu Tea und Tristan, die selbstverständlich zusammen arbeiten. Wie nicht anders zu erwarten sind sie alle beide leicht errötet, kichern unentwegt und turteln sich unaufhörlich an. Ich bin mir allerdings sicher – und das tut mir Leid Leute – sie werden auch dieses Jahr nicht zusammen kommen. Unbewusst schweife ich weiter ab und sehe, dass Kaiba mit Bakura zusammen arbeitet – wenn man das Zusammenarbeit nennen kann: Bakura hat die Arme hinterm Kopf verschränkt und räkelt sich genüsslich auf seinem Stuhl zurecht – seine ganze Aufmerksamkeit gilt der Arbeitsgruppe vor ihm – Ryou und Duke. Kaiba schneidet währenddessen akkurat Stoffstückchen zurecht, kettelt sie und fügt sie letztendlich zusammen. Er alleine ist mit seiner Arbeit schon weiter als meine komplette Dreiergruppe – wie genau er das anstellt verstehe ich nicht. Ich zerbreche mir allerdings auch nicht sehr lange den Kopf darüber, denn ich merke, dass Bakura seinen Blick auf mich gerichtet hat. Als sich unsere Augen treffen zucken seine Mundwinkel nach oben und er zwinkert mir zu. Wäre dieser Kerl nicht so selten wahnsinnig, könnte man das Zwinkern als eine nette Geste werten, da er nun aber selten wahnsinnig IST, weiß ich, dass er mir nur zu verstehen gibt mich erwischt zu haben. Ja und ich fühle mich tatsächlich ertappt. Mein Kopf nimmt gerade möglicherweise einen leichten Rot-Ton an – auf jeden Fall wird mir warm und das Grinsen des altägyptischen Diebs wird breiter. Minuten nach unserem kurzen Blickduell spüre ich immer noch die aufmerksamen Blicke in meinem Nacken. Ich fühle mich in meinem Tun eingeschränkt und auf unangenehme Art und Weise beobachtet, daher überlege ich kurz, wie ich ihn überlisten kann. Zuerst muss ich IHN ertappen, wenn er mich anstarrt und dann unentwegt zurück starren. Als ich mich umdrehe klappt der erste Teil des Plans sofort – Bakura sieht mich an. So wirklich ertappen tu ich ihn jedoch nicht, zumindest sieht er nicht beschämt zur Seite, wie ich gehofft habe, viel eher bedenkt er mich mit einem süffisanten Grinsen der Kaiba-Klasse. Punkt zwei des Plans funktioniert auch nicht so, wie ich es mir gedacht habe. Ich schaue ihn zwar ohne Unterbrechung an, allerdings macht er auch keine Anstalten weg zu sehen – ich befürchte fast, dass ich vor ihm werde aufgeben müssen. Dann ballt er seine Hand zu einer leichten Faust, wie es scheint und beginnt sie an seinem Mund vor und zurück zu bewegen. Zuerst verstehe ich nicht ganz, als er jedoch zusätzlich im selben Takt mit seiner Zunge die Innenseite seiner Wange ausbeult wird mir klar worauf er anspielt und es kommt mir unwillkürlich der Gedanke, ob wir dafür nicht etwas zu alt sind – ein Grinsen kann ich mir aber dennoch nicht verkneifen. Jetzt schließt er zwischenzeitlich genüsslich die Augen und deutet auf Kaiba und mich – Moment! Er deutet zwischen mir und Kaiba hin und her, während er ein imaginäres Glied zur Ekstase lutscht?! Das Grinsen weicht augenblicklich einer pikierten gerümpften Nase – man sagt mir, dass ich meiner Mutter besonders ähnlich sehe, wenn ich das tue. Vor meinen Augen tun sich Bilder auf, die mir Zornes- und Schamesröte ins Gesicht treiben und die Tischplatte vor mir wird außerordentlich interessant. Erst als die dämonische Lache, die keinem geringeren gehören kann als Bakura höchstpersönlich, in meinen Ohren sehr dumpf und leise klingt, bemerke ich, dass ich meine Hände krampfhaft an sie drücke. Ich verfluche den Dieb innerlich, mach jedoch eine Notiz an mich selber: „Versuch nie wieder Bakura zu überlisten, sonst überlistet er dich.“ Das ist ungefähr gleich zu setzen mit: „Lege dich niemals mit Seto Kaiba in einem Wortduell an, denn du wirst den Kürzeren ziehen.“ Ich hoffe, dass ich mich an die Bakuranotiz eher zu halten vermag. ~ Staunend blicke ich umher – ja, unsere Schulbibliothek ist weit größer, als in meiner Erinnerung. Das letzte Mal muss ich hier gewesen sein, als wir zwecks des ersten Schultages einmal rund geführt wurden in dieser Anstalt. Nur vom Hörensagen habe ich erfahren, dass dieser Raum hier mit reichlich Recherchematerial für Referate diverser Thematiken bestückt ist. Vielleicht hätte ich mich schon früher daran vergreifen sollen und warum ich erst jetzt – ein halbes Jahr vor meinem Abschluss - hier aufkreuze hat folgende Gründe: Zum einen muss ich in nahe gelegener Zukunft ein Physikreferat halten und zum anderen habe ich trotz mehrfachen Anläufen keine andere Nachmittagsbeschäftigung gefunden. Alle haben heute schon etwas vor, etwas, wobei ein Joey eher fehl am Platze wäre. Es sei denn, Tea und Tristan sind scharf drauf, dass einer im Kino die ganze Zeit ausruft, wie heiß die Schnitten im Film doch sind und damit jeden Anflug von Romantik im Kern zunichte macht. Ich könnte natürlich auch mit Yugi und seinem Großvater nach Yokohama fahren in einen Kartengroßhandel. Allerdings hat Yugi leise zu bedenken gegeben, dass ich vermutlich ein paar Händler dort verärgern könnte, was wiederum geschäftsschädigend für seinen Alten wäre. Es ist ja nicht so, als würde er nicht aus Erfahrung sprechen. Sicherlich bliebe mir da noch die ein oder andere Möglichkeit der Freizeitbeschäftigung aber es ist doch auch mal ein vorbildlicher Anlauf, etwas für die Schule zu machen. Wie vorher schon angemerkt – reichlich spät aber wie sagt man immer? Besser spät als nie. Miterweile habe ich den Naturwissenschaftsbereich gefunden, zwischen all den hohen Regalen. Während ich also versuche mit den Buchtiteln etwas anzufangen und sie mit meinem Referatsthema in Einklang zu bringen, drifte ich gedanklich in den tiefen See des Selbstmitleides ab. So vorbildlich meine Beschäftigung auch sein mag, so sollte ein Joseph Jay Wheeler, Herr über Liebe und Freundschaft, doch eigentlich nicht nötig haben sich hiermit abzugeben. Eigentlich sollten alle meine Freunde, zumindest ihren eigenen Prinzipien nach, jetzt für mich da sein. Zugegeben ich habe ja nicht einmal beiläufig erwähnt, dass es mir heute weit weniger gut geht, als es den Anschein machen würde – aber… muss ich das denn aussprechen? Ist mein lädiertes Gesicht denn nicht Grund genug, wenigstens mal nach zu fragen, wo ich mir das eingefangen habe? Aber genau das ist es eben, sie wissen ja alle, woher ich das habe. Sie wissen, dass ich mich nicht mehr mit den Straßenjungs rumschlage – also kann es nur von zuhause kommen. Und genau deswegen müssten sie jetzt hier sein. Ich atme das Gefühl der Enttäuschung wieder weg und greife dann blindlings nach drei Büchern, klemme sie mir unter den Arm und schreite weiter vor in die Untiefen der Bibliothek um mir ein plauschiges Plätzchen zu suchen. Hier und dort stehen neben den Regalen Rundtische mit einer Leselampe drauf - alle verlassen. Kein Wunder bei dem Anblick den die Stühle bieten – da machen unsere Küchenstühle ja einen stabileren Eindruck. Als ich das letzte Regal hinter mir lasse, erstreckt sich vor mir der Ort, an dem sich der letzte Rest Menschlichkeit zurückgezogen hat. Zu meiner linken sieht es frisch renoviert aus: Die Wand ist in einem pastelligen Grün gestrichen und einige kluge Zitate sind als Wandtatoos aufgebracht worden. Davor ist eine Ansammlung von bunten Sitzkissen und schnittigen Kunststoffsesseln, die zu einer Art Sitzecke zusammengerafft wurden. Zu meiner rechten hingegen führt sich der altmodisch-gemütliche Bibliothekenstil fort. Drei lange, aneinander gereihte Tische – beidseitig bestuhlt - erstrecken sich vor mir. Kleine weiße Platzdeckchen und urige Leselampen geben zusammen mit den dunkelrot gepolsterten Stühlen einen gewissen Internatsstil ab – zumindest stelle ich mir ein Internat so vor. Als meine anfängliche Begeisterung wieder etwas verebbt begutachte ich meine Gesellschaft. Die neue Sitzecke ist ungenutzt aber an den langen Tischen sitzen drei Personen: Direkt vor mir ein junges Mädchen mit einer überdimensional großen Brille und am anderen Ende des Tisches sitzen zwei Herr- … Moment! Jetzt möchte ich auf dem Absatz wieder kehrt machen. Nein, der große Herr da oben erlaubt sich zu viele Späße mit mir – langsam ist es einfach nicht mehr witzig. Kaiba. Ich überlege kurz, ob ich dem Drang umzukehren einfach nachgeben soll, verwerfe den Gedanken aber schnell wieder. Er ist schließlich nicht allein und er wird sich in der Gegenwart unseres stellvertretenden Schulleiters auch sicher nicht dazu herablassen ein Wortgefecht mit mir auszutragen. Ich bewege mich fast schleichend an dem langen Tisch vorbei – geradewegs auf die Sitzecke zu – dabei lasse ich ihn nicht aus den Augen. Er scheint seinem Gegenüber irgendeinen wichtigen Zettel zu erklären – zumindest deutet er mit einem Kugelschreiber auf verschiedene Textstellen, so wie er es vorhin in meinem Matheheft gemacht hat. Er sieht kurz auf, mir geradeheraus in die Augen. Ich erstarre nur für den Bruchteil einer Sekunde in meiner Bewegung, ein Bruchteil der ihm aber nicht entgeht. Wohlmöglich hätte kein anderer das Zucken seiner Mundwinkel bemerkt, das mit Sicherheit nicht länger angedauert hat als meine Starre. Innerhalb der wenigen Sekunden in denen wir uns ansehen machen wir einen kurzen Waffenstillstand aus und belassen die Situation dabei. Er wendet sich wieder dem Stellvertreter zu und ich mich meiner Sitzecke. In meinem Kopf wähle ich schnell, aber sorgfältig eines der Sitzkissen aus, das mit meinem knackigen Hintern beehrt wird. Ein Tisch wäre zwar im Allgemeinen nicht übel, aber der ohnehin brüchige Frieden muss ja nicht herausgefordert werden. Nach Zoff mit Kaiba ist mir heute nicht mehr. Neben meinem blauen Sitzkissen lasse ich den zerfledderten Rucksack fallen und mich hinterher genau in das Sitzkissen. Der Reis, oder mit was auch immer dieser Sack gefüllt ist, knirscht unter meinem Gewicht und ich höre Kaiba dezent aufstöhnen. Ohne ihn weiter zu beachten ziehe ich den Reißverschluss von meinem Ranzen auf, ohne auf den verursachten Lautstärkepegel zu achten, und hole meinen Collegeblock heraus. Nach einigen Dreh und Wendeaktionen habe ich eine gemütliche Mischung aus Sitz- und Liegeposition gefunden und schmökere in „Basiswissen Physik“ herum. Mich lässt das Gefühl nicht los, dass ich all die Sachen, die hier vor mir abgebildet und beschrieben sind, schon seit vielen Jahren zu meinem Allgemeinwissen zählen können müsste. Außerdem tritt das gleiche Phänomen auf, wie schon in meinem Mathecrashkurs. Meine Konzentration schwächelt enorm. Ich spüre Kaibas Blick ununterbrochen auf mir, doch wenn ich hinsehe, sieht er hochkonzentriert auf die Unterlagen vor ihm und befindet sich nach wie vor im Gespräch mit dem Schulheini, der ihm nicht so gut folgen kann, wie es scheint. Ich hingegen scheine eine Paranoia zu entwickeln – Verfolgungsangst und so. Nach einiger frustrierender Zeit, in der ich keine 10 Zeilen durchlesen konnte, ohne dass Buchstabensalat in meinem Kopf entstand, sehe ich in meinem Augenwinkel, dass die beiden Herren sich erheben und sich knapp verneigen. Herr Stellvertreter läuft an mir vorbei und wirft mir einen kurzen, eindeutig abwertenden Blick zu. Ja, wir beide kennen uns schon ganz gut. Nicht erst einmal saß ich bei ihm und seinem Chef im Büro. Kaum ist er außer Sichtweite setzt Kaiba sich wieder und ich frage mich, ob er nicht irgendein wichtiges Gedöns in seiner Firma zu erledigen hat – dann wäre meine wertvolle Zeit hier nicht ganz so sinnlos vergeudet. Ohne meinen stummen Wunsch zu beachten, holt er offenbar den Laptop aus seinem Koffer und fährt ihn hoch – all das höre ich eher, als dass ich es sehe. Er räuspert sich unnötig laut und ich unterdrücke den Impuls ihn zu fragen, ob er seinen vornehmen Auswurf nicht leiser entfernen könnte. Eine äußerst drückende Stille breitet sich im Raum aus – ab und zu durchbrochen von Tastaturgetacker und dem Umschlagen von Buchseiten. Eigentlich eine gute Vorraussetzung um sich konzentrieren zu können aber neben der Frage, ob Kaiba und ich jemals so dicht beieinander saßen ohne uns anzufahren – denn das kriegen wir meist nicht mal im Unterricht zustande – kann ich nach wie vor noch nichts mit dem Text vor mir anfangen. Langsam beginne ich zu befürchten, dass der Hieb von meinem Vater was in meinem Kopf kaputt gemacht haben könnte. Synapsen zerstört und so. Außerdem spüre ich schon wieder seinen Blick im Nacken. Ich überlege nicht lang und drehe mich ruckartig zu ihm – diesmal erwische ich ihn. Wenige Sekunden halte ich seinem Blick stand, bis ich wegsehen muss, weil ein Schauer zwischen meinen Schulterblättern entlangsaust. Kaiba schnauft kurz verächtlich, bevor er meinen Namen klar, laut und deutlich ausspricht: „Wheeler.“ Ich bin nicht ganz sicher, ob ich reagieren soll - es klingt mehr nach einer Feststellung, denn einer Frage. „Dein derzeitiges Betragen ist außerordentlich lächerlich.“ Er lässt das Gesagte wirkungsvoll im Raum stehen, bevor er weiter spricht. „Dein zwanghaft friedliches Verhalten lässt dich ziemlich schuldbewusst erscheinen und ich erachte dies nicht als dein Ziel. Korrigiere mich, sollte ich falsch liegen.“ Ich glaube jetzt wäre es angebracht und auch auf keinen Fall überreagiert, wenn ich etwas erwidere. „Schuldbewusst?! Welcher Schuld sollte ich mir denn bewusst sein, Kaiba?“ spucke ich ihm ungehalten entgegen. „Das frage ich dich, Wheeler. Was veranlasst dich dazu so scheu und zurückhaltend zu sein, wie ein Golden Retriever Welpe?“ fragt er mit nüchternen Stimmlage – demonstriert mir seine Überlegenheit mit der Ruhe, die er im Gegensatz zu mir behält. „Man, Kaiba! Freitag willst du mir noch deine Anwälte auf den Hals hetzen, weil ich dir zu nahe komme und heute beschwerst du dich, weil ich dir aus dem Weg gehe? Entscheide dich mal, wie es dir recht ist! Nicht, dass es mich interessieren würde – aber verdammt!“ ich weiß, dass ich weitaus lauter bin als nötig und die Verzweiflung, die in meiner Stimme mitschwingt auch nicht in diesen Konflikt hier gehört. Natürlich ist das Kaiba nicht entgangen, was mir einen recht undefinierbaren Blick einbringt, der aber in erster Linie von einer gesunden Portion Unglaube geprägt ist. Ich habe das dringende Bedürfnis mich zu rechtfertigen, wenn vielleicht auch unnötiger Weise – doch bevor ich überhaupt darüber nachdenken kann übernimmt mein Mundwerk alles weitere: „Ich hatte ein echt beschissenes Wochenende! Angefangen mit der ganzen Geschichte am Freitag - Stockbesoffen werde ich zuhause abgeliefert, was meinem Alten nicht gerade friedlich gestimmt hat!“ ich deute auf mein demoliertes Auge, das wie gerufen anfängt zu schmerzen. „Dann wollte ich erst gar nicht herkommen heute aber ich kann mir ja nicht noch mehr Fehlstunden leisten – da hat Tea schon Recht!“ ich hole kurz Luft und registriere, dass Kaiba jetzt gänzlich irritiert zu sein scheint. „Überall in der Schule werden mir feindselige Blicke zugeworfen und sicher, ich hätte am Freitag ja nicht so viel trinken müssen aber es ist nicht fair, dass meine Freunde mich jetzt alleine damit sitzen lassen und ich ausgerechnet dir, dem stock-im-arschigen Geldsack all den Mist um die Ohren hauen muss.“ Ab der Beleidigung versagt meine Stimme und bricht am Ende des Satzes vollends ab. Ich bemerke, dass es sich richtig gut anfühlt, das mal von der Seele zu sprechen – wenn man außer Acht lässt, dass Kaiba denkbar ungeeignet ist um sich die Sorgen vom Herzen zu reden. Beinahe habe ich das Bedürfnis zufrieden zu grinsen. Der ungeeignete Kaiba nimmt seinen Blick nicht von mir, scheint sich jedoch innerlich zu ordnen – im Gegensatz zu mir. Mein Gesicht ist wahrscheinlich puterrot vor lauter Aufregung und als mir klar wird, was ich da gerade verzapft habe muss ich unwillkürlich schlucken. Natürlich habe ich mir gerade mein eigenes Grab geschaufelt, mich schon mal reingelegt und Kaiba den Spaten freudestrahlend in die Hand gedrückt, damit er mich auch wieder zuschaufeln kann. Ich vermag es immer noch nicht Kaibas Gesichtsausdruck zu deuten aber er sieht nicht so aus, als würde ihn mein Gefühlsausbruch amüsieren. Viel eher scheint er sich ernsthafte Gedanken zu machen, wie er mit diesen unvorbereiteten Emotionsbekundungen umgehen sollte. Er seufzt leicht ein Zeichen der Überforderung, was eigentlich nur mir gegenüber Anwendung findet. Endlich wendet er den Blick von mir ab und massiert seinen Nasenrücken – noch so ein Überforderungszeichen. Ich sehe mich derweil hilfesuchend im Raum um, vielleicht tut sich ja irgendwo ein Loch im Boden auf. Alles was ich jedoch finde, sind zwei große Augen hinter einer noch größeren Brille, die gespannt auf mir ruhen. Das hast du ja mal wieder geschickt angestellt Joseph Jay Wheeler. Alle dachten die Peinlichkeit deiner Gesamtsituation sei nicht mehr zu toppen aber du schaffst das Undenkbare! Du kannst dich noch tiefer in den Mist reiten. Ein zweifelhaftes Talent. Als ich höre, wie Kaiba sich räuspert bemühe ich mich wieder im Hier und Jetzt anzukommen. Jetzt würgt er mir einen rein – so richtig. In biblischem Ausmaß. Kurz überlege ich, ob ich meine Augen schließen soll, für das was folgen wird. Ich beschließe aber letztendlich es wie ein Mann über mich ergehen zu lassen – denn er hat ja Recht: Es war feige ihm auszuweichen. „Das klingt unschön.“ Ich brauche einen Moment um zu realisieren, dass er das wirklich gesagt hat. So, meine Damen und Herren es ist offiziell – der Tag des letzten Gerichts naht, die Hölle ist zugefroren. Mein Atem geht fast stoßweise, während ich ihn aus vermutlich tellergroßen Augen anstarre. Er besieht den Laptop vor sich mit gespieltem Interesse – ihm ist die Situation offenbar auch nicht ganz genehm. Noch bevor ich das zu ende denken kann werde ich durch einen fremd klingenden, erstickten Laut abgelenkt. Er wiederholt sich noch zwei Mal, bis ich merke, dass ich der Ursprung bin. Ich lache. Wobei es ein ziemlich komisches Lachen ist – ein gruseliges Lachen. „Unschön.“ Wiederhole ich mit zittriger Stimme. „Das ist nicht unschön, Kaiba. Das ist ziemlich große Scheiße.“ Und während ich das so sage, merke ich es zum ersten Mal selber wie scheiße das alles ist. _____________________________________________________________ Halli Hallo!! Nach langer Wartezeit mal wieder ein Kapitel. Ich habe in meiner Geschichtenplanung ne Menge umgeworfen und da das hier der Auftakt zu allem weiteren wird musste ich auch an dieser Szene sehr lange rumwerkeln, bis sie mich zufrieden gestellt hat und mit dem zukünftigen Verlauf auch zusammen passt. Ich hätte das sicherlich auch schneller schaffen können aber ich bin nunmal ein fauler Sack und kann mich immer nur phasenweise begeistern. Ich möchte jetzt ein paar Kleinigkeiten anmerken: Ich verneige mich tief vor meinen Lesern und den fleißgen Kommentarschreibern - denn auch wenn ich diese Story nicht so schnell fortsetze wie ihr es verdient hättet, kann ich euch trotzdem nicht genug danken für euer Interesse!! Ihr haltet die Geschichte am Leben (und das sagt sie nach so wenigen Kapiteln...). Des Weiteren ist dies der Punkt, ab dem ich nichts mehr vorgeschrieben habe - was glaube ich ganz zuträglich zu meiner Motivation ist. ;D Aaaaußerdem studiere ich jetzt und inwiefern sich das positiv oder negativ auf die Geschichte auswirkt, kann ich noch nicht sagen. :D Aber es ist auf jeden Fall total toll an den Uni!! >___< Ich stell euch ein paar Leckereien hin und hoffe auf ein kleines Feedback! Merkt man, dass die Geschichte überdacht wurde? O_o Ich hoffe es gibt keinen allzu knarzigen Übergang. Ich liebe euch! PS: Ich habe keinen Betaleser - also falls das jemand übernehmen möchte, dann kann er sich gerne bei mir melden! Ansonsten schreibt mir einfach offensichtliche und störende Fehler in die Kommis! :D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)