Around the Sun von Autorentraining ([Jahreskalender 2011]) ================================================================================ NOVEMBER - Autumn Letters ------------------------- Informationen: Thema: November Autor: Fandom: Eigene Serie Wortzahl: ~ 2.6oo Worte -- Autumn Letters Auszüge aus Briefen an James Finns von Mary Jayson James Finns 12 Chesterfield Rd Brentford, London Greater London W4 3HG United Kingdom 5.November […] Und mein Herz schlug hoch, als ich seinen Namen hörte. Theos Namen. Ich wusste sofort, dass wenn er hier war, du nicht weit sein konntest und dieser Gedanke ließ Gefühle in mir hochsteigen, die ich kaum erklären kann, es ist wie ein Hoch nach einem langen Tief, es fühlt sich an wie Schweben – ich schwebe James, ich schwebe – und du bist der Grund dafür. Ich konnte die Bar, in der ich die letzte Stunde mit Megan und ihrem Freund verbracht habe, nicht schnell genug verlassen. Wir haben uns nur spärlich begrüßt, ich kann nicht leugnen, dass ich nicht etwas enttäuscht war, aber ich verstand schon, du musstest dich zu allererst um Theo kümmern – der wie immer hoffnungslos betrunken an einer Hausmauer lehnte und sich mit einem der Türsteher stritt – er ist immerhin dein bester Freund. Gemeinsam wollten wir uns auf den Weg machen in eine andere Bar, du bist mit Theo vorangegangen und ich blieb noch zurück und musste auf Emma warten, die mit einem Jungen losgegangen war, um Zigaretten zu besorgen. Heimlich habe ich gehofft, dass du dich umdrehst, James – mir war egal, dass Theo an deiner Schulter hing, als wärst du sein Fels in der Brandung – und du warten würdest. Du hast es nicht getan. Ich wartete mit Elisabeth auf Emma. Und du warst nur noch ein dunkler Fleck am Ende der Straße. […] Als ich die Bar betrat, sah ich dich mit diesem Mädchen – du hast ihr eine Zigarette angezündet, ich konnte nicht verstehen, was du mit ihr geredet hast, »Wer war sie?«, wollte ich jemanden fragen, »Warum ist sie bei dir?« Und ich nicht? – und wandte meinen Blick einfach ab. Ich war eifersüchtig. Bin es jetzt noch. Auf das blonde Mädchen mit der Zigarette, zu der du dich runtergebeugt hast, damit du sie besser verstehst, ich erinnere mich noch an ihr dummes Lachen und wie sie dich angesehen hat, diese blöde Gans. Alles habe ich in diesem kurzen Moment in mir aufgesogen. Oh Gott. Warum passiert das mir? […] Später saßen wir gemeinsam an einem Tisch, du hast mir Theos Sachen anvertraut, die du ihm weggenommen hast, denn Theo machte oft unüberlegte Sachen mit seinem Handy –rief Freunde an, die bereits tief und fest schliefen, schrieb SMS mit hunderten von Fehlern, sodass sie kaum zu entziffern waren – und vor allem mit seinem Geld. Du hast gesagt, dass du schnell weg musstest. »Zu ihr?«, wollte ich nachhaken, doch ließ es bleiben, lachte nur und sagte: »Natürlich.« Du hast gelächelt. Ich musste auch lächeln. »Ach, du bist so lieb, Mary. So lieb«, hast du gesagt und bist verschwunden. […] Ich schreibe dir das hier, weil ich will, dass du dich erinnerst. Warum? Weil ich das Gefühl habe, dass du es nicht kannst. Erinnerst du dich, wie meine Stirn deine berührt hatte und wir miteinander herumalberten und lachten? »Du bist so lieb, Mary.«, hast du gesagt, James. So lieb. Und was jetzt, James? Weil ich denke, dass du auch lieb bist. Ich denke, dass ich dich lieb habe. Ich glaube, dass ich mich in dich verliebe. Und du? Hast du mich auch lieb?? Verliebst du dich gerade in mich? Oder bin ich einfach nur LIEB. […] Ende des Briefes des 5.Novembers James Finns 12 Chesterfield Rd Brentford, London Greater London W4 3HG United Kingdom 12. November Liebster James. Ich liebe dich. Ich liebe dich! Ich liebe dich so sehr. Und so. Und noch viel mehr! Ich will dich stundenlang umarmen, mich in deiner Halsbeuge verstecken und an dir riechen. Du riechst so gut. Wie der Herbst. Ich möchte deine Hand nehmen und sie nie wieder loslassen, während wir durch den Park in der Nähe deines Hauses spazieren gehen – ich will, dass es jeder sieht! – und wenn wir abends weggehen, will ich, dass du mich an die Wand einer Hausmauer drückst und mich so lange küsst, bis ich keine Luft mehr bekomme und lachen muss, ich versuche dir zu sagen, dass du aufhören sollst – Stopp! – aber du hörst nicht auf, lächelst mich nur verschmitzt an und beginnst von neuem mich zu küssen. Mir wird ganz warm. Du hältst den ganzen Abend meine Hand, das Mädchen mit der Zigarette ist da und sieht uns an, sieht, dass wir zusammen sind und nimmt es hin, wie es ist. Ich will ihr nichts Böses. Solange du mich küsst und sie nicht ansiehst. In meinen Träumen habe ich dich schon so oft geküsst. In meinen Träumen. Und wenn ich morgens aufwache und mir bewusst wird, dass es wieder ein Tag sein, an dem ich dich nicht sehen würde, will ich wieder zurück ins Bett um wenigstens weiter träumen zu können. Ich blicke auf mein Telefon und hoffe auf eine Nachricht von dir. Nichts. Ich schalte den Computer an und checke meine Emails. Nichts. Ich warte. Noch immer nichts. Die ganze Woche nichts. Bis Freitag. Oder manchmal Samstag. Die Hoffnung dich beim Ausgehen wieder zusehen. Aber die Gewissheit habe ich nie. Ich habe deine Nummer. Ich rufe dich nie an. Ich kann dir nicht sagen, was ich fühle, James. Deswegen schreibe ich dir. Alles Liebe, James. Ich liebe dich. Heute wie gestern. Heute wie morgen. Heute wie jetzt gerade in diesem Augenblick, in dem mein Herz schlägt. Ich schwebe, James. Wenn ich die Augen schließe. Deine Mary Ende des Briefes des 12.Novembers James Finns 12 Chesterfield Rd Brentford, London Greater London W4 3HG United Kingdom 20.November […] dann hatte ich dieses Kleid an, in das ich heute vermutlich nicht mehr rein passe, es war damals schon unglaublich eng und im letzten Jahr habe ich ungefähr drei Kilo zugenommen, aber das interessiert dich vermutlich nicht. Nein, das interessiert dich bestimmt nicht, James, tut mir furchtbar leid! Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist, es ist nur manchmal vergesse ich beim Schreiben dieser Briefe, dass sie an dich gehen sollen. Tut mir Leid, James. Ich liebe dich! Auf jener Feier habe ich es das erste Mal gespürt. Wir sind nebeneinander gestanden und haben irgendein Spiel gespielt – keine Ahnung mehr was es war – du hast dich plötzlich umgedreht und hast mich… auf die Wange geküsst. Ich bin mir sicher, dass du meine Lippen getroffen hättest, hätte ich mich nicht auch für einen kurzen Moment bewegt und deine Wange getroffen. So ein Dilemma! Hätten wir uns damals geküsst, wäre heute vielleicht vieles anders. Besser. Einfacher? Wir waren beide betrunken. Du wahrscheinlich – seien wir ehrlich – mehr als ich. Ich konnte mich am nächsten Morgen an dieses Ereignis erinnern. Letzten Herbst. Elisabeths Geburtstagsfeier im November. Ich kann mich heute noch daran erinnern. Und kannst du es? Weil du musst wissen, dass ich dich liebe. Ich muss es dir sagen. Ich liebe dich! Ich liebe dich. Ich. Liebe. Dich. […] Manchmal glaube ich, dass du nur mit mir sprichst, wenn du betrunken bist. Ich weiß, dass du gerade lachst. Lach nicht! Ich meine das todernst. Oder ist es umgekehrt? Rede ich nur mit dir, wenn ich betrunken bin? Vielleicht. Aber ich habe zu große Angst davor, was du von mir und vor allem über mich denkst, ich bin dann nicht locker genug und gebe lauter wirres Zeug von mir, aber wenn ich etwas getrunken habe, geht so vieles einfach… leichter. Ich mache mir keine Gedanken mehr über diese Dinge. Du lachst schon wieder, nicht wahr? Na gut, ich gebe zu, ich bin vermutlich nicht besonders in der Lage zu denken, wenn ich zu viel Alkohol konsumiert habe, aber nicht nur ich! Du doch auch. Wir beide. James, ich… […] Weißt du, ich habe angefangen diese Briefe zu schreiben um ein Geständnis abzuliefern. Nicht unbedingt für dich. Ja, natürlich, sind die Briefe an dich adressiert, deine Adresse – ich kann sie bereits auswendig – steht auf allen geschrieben. Jeder von ihnen besitzt eine eigene Briefmarke, die fertigen sind bereits zugeklebt, aber abgeschickt habe ich sie nicht. Ich werde es auch nicht tun. Helen hat dir einmal einen Liebesbrief geschrieben, ihr wart gute Freunde und du hast ihre Gefühle nicht erwidert und ihr hattet eine Zeit lang Probleme euer freundschaftliches Verhältnis aufrecht zu erhalten. Natürlich, weiß ich, dass ihr damals erst dreizehn wart! Na und? Ich will diesen Fehler nicht begehen. Ich will nicht, dass wir unsere Freundschaft – obwohl, nicht einmal das kann ich unser Verhältnis wirklich nennen, oder? – aufs Spiel setzen. Das letzte Mal habe ich dir im Sommer geschrieben – vor Monaten! – und selbst das – eine Einladung zu einem Nachmittag am See mit unseren Freunden – hat mich viel Überwindung gekostet. Ich habe Angst vor dir, James. Weil du mir so viel bedeutest. Und ich wollte das lange nicht wahrhaben. Du bist ein Freund von meinen Freunden, weißt du? Es ist komisch. Wenn wir eine Zeit lang zusammen wären, wären wir glücklich. Und wenn wir wieder auseinander gehen würden, würden all diese gemeinsamen Freunde zwischen uns stehen. Es wäre dann wie bei Elizabeth und Frank. Man musste sich für eine Seite entscheiden, egal wie oft jeder behauptete, er wäre noch mit beiden befreundet, es stimmte nicht, war schlichtweg gelogen. So funktioniert das nämlich alles nicht. Es mag dumm, voreilig, ja schlichtweg paranoid klingen, dass ich mir schon Gedanken darüber über unsere Trennung mache, obwohl wir nicht einmal annähernd zusammen sind. Aber ich bin so, wie ich bin, James. Ich weiß nicht, ob ich das Risiko eingehen kann, Freunde zu verlieren, die sich zweifelsohne im Fall unserer Trennung für dich entscheiden würden. Oh Gott, wie das klingt! Ich hab dich noch nicht einmal (wirklich) geküsst! Und schon kommt so was von mir. Ich weiß, was du jetzt sagen würdest. »Ach, du bist so lieb, Mary.« Ha! Will ich aber nicht sein! haha hahahahaha hahahahahahahahahahaha Das ist doch alles Schwachsinn, was ich hier mache. Morgen sind diese Briefe weg. Was schreibe ich überhau- (nicht entzifferbar) Ende des Briefes des 20.Novembers Ende der Auszüge aus den Briefen an James Finns 21.November Ein kühler Wind wehte durch ihr Haar, als sie den Weg von der Subwaystation nach Hause bestritt. November war ein kalter – regnerischer, aber vor allem kalter – Monat. Mary mochte ihn trotzdem. Wenn sich die Blätter verfärbten und langsam vom Baum fielen und die Temperaturen sanken, sodass man sich an besonders kalten Tagen nichts sehnlicher als einen warmen Tee und eine kuschelige Decke herbeiwünschte. November. Der Vorbote des Winters. Sie betrat ihr Haus. Es war Mittwoch. Viel zu lange bis Freitag. Gestern hatte sie ihren letzten Brief an James Finn geschrieben – ihre erste wahre, große Liebe, ihr Seelenverwandter und ihre Obsession seit ungefähr einem Jahr – und hatte ebenso am Tag zuvor beschlossen sie alle auf einmal zu vernichten. Am besten verbrannte sie sie, denn der Müllkorb – so hatte sie heute in der Schule überlegt – war kein sicherer Ort. Ihre Schwester könnte die Briefe finden. Oder noch schlimmer: ihr jüngerer Bruder. Sie schüttelte ihren Kopf und wollte gar nicht daran denken, was diese Situation für Konsequenzen mit sich bringen würde. »Mum, ich bin zu Hause!« Mary erwartete keine Antwort, sie machte ihre Präsenz eher aus Gewohnheit bekannt, denn sie wusste, irgendwo im Haus konnte sie ihre Mutter - die erleichtert war, dass ihre Tochter erneut wohlbehalten aus der gefährlichen Großstadt nach Hause zurückgekehrt war – hören. Bevor sie jedoch die Treppen nach oben in ihr Zimmer erklimmen konnte, entschied sie sich, einen Abstecher in die Küche zu machen, um sich etwas zu Essen mitzunehmen. Ihre Mutter stand dort und kochte bereits das Mittagessen - Nudeln mit irgendeiner Soße – was das Essen betraf, war sich jeder in der Familie einig: Hauptsache schnell, einfach und gut. »Hey Mum, wie war dein Tag?«, fragte Mary ihre Mutter und griff nach einem Apfel, der in der Obstschale am Fenster lag, vor dem jene stand. »Ganz okay«, meinte diese, als sie konzentriert das Gemüse für die Soße zubereitete. »Ich war einkaufen. Habe deinen Bruder ins Fußballtraining gebracht und einen Abstecher zu Post gemacht.« Marys Stirn kräuselte sich nachdenklich, als sie in den Apfel biss und genüsslich den Saft aufsog. »Warum zur Post?«, hakte sie nach. »Na«, begann ihre Mutter, sah ihre Tochter kurz an, als wäre es die offensichtlichste Sache der Welt. »Wegen deinen Briefen.« Mary ließ den Apfel fallen. Ihr wurde Schwarz vor Augen. »Mary? Alles in Ordnung? Ich habe die Briefe an diesen James weggeschickt. Sie lagen doch auf deinem Schreibtisch, frankiert!« Sie horchte ihre Mutter nicht mehr zu, sondern rannte aus der Küche – aschfahl im Gesicht – raus auf die Straße. Es hatte zu regnen begonnen. Nichts konnte ihr gleichgültiger sein. Sie rannte. 22.November Gestern hatte sie sich eine Erkältung eingeholt, als sie zur Post gerannt war um zu versuchen die Briefe, die sie die letzten Wochen an James geschrieben hatte, aufzuhalten. Doch der Postbeamte konnte ihr nur schlechte Nachrichten überbringen: Die Briefe waren bereits auf dem Weg, da sie gerade noch rechtzeitig abgeliefert worden waren. Er fragte außerdem besorgt nach ihrem Wohlbefinden, doch sie winkte nur ab und machte sich langsam – jede Bewegung schien schwerfällig, sie fühlte sich wie in Trance versetzt – auf den Weg nach Hause. Sie wechselte mit ihrer Mutter kein Wort. Es hatte ja doch keinen Sinn, ihre Situation zu erklären. Am liebsten würde sie für immer in ihrem Bett bleiben. Doch an diesem Tag wusste Mary nicht, dass ein Brief von einem gewissen James Finn geschrieben und bereits am nächsten Tag abgeschickt werden würde. Mary Jayson 20 Claremont Road London Greater London N6 5BY United Kingdom Liebe Mary, Als ich deine Briefe erhielt, wusste ich nicht, was ich davon halten sollte (Mary stockte der Atem, als sie seine schnörkelige Schrift las). War das ein Scherz? (Mary schüttelte kräftig ihren Kopf) Weil ich finde nicht, dass man darüber scherzen sollte. (Mary nickte). Ich erinnere mich an das Mädchen mit der Zigarette. Ich erinnere mich an Theo. Ich erinnere mich an dich und an deine Stirn, die sich an meine drückte. (Marys Herz begann zu pochen) Ich erinnere mich an Elizabeths Geburtstagsfeier und den fast-beinahe Kuss – solche Wörter zu schreiben ist furchtbar eigenartig, aber ich denke, wahrscheinlich noch immer besser, als darüber wirklich zu reden - und war überrascht, dass du dich an ihn erinnerst. Ich wusste nicht, dass du so empfindest. (Mary schossen Tränen in die Augen) Weil, wenn ich es gewusst hätte, wäre wahrscheinlich vieles anders. Du hast recht. Es ist viel einfacher einen Brief zu schreiben, von dem man nicht glaubt, dass ihn ein anderer jemals liest. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass du ihn gerade wirklich liest. Sitzt du auf der Couch im Wohnzimmer? In der Küche? Oder in deinem Schlafzimmer auf dem Bett? Mary. Was ich dir eigentlich sagen will – um nicht weiterhin um den heißen Brei herumzureden, weil den Scheiß braucht keiner (Mary lachte, denn so etwas konnte nur er in einen Brief schreiben) – ich mag dich. Du bist wirklich lieb. Das meine ich so. Nicht anders. Lieb wie in Liebe. Ich glaube, ich verliebe mich in dich. Scheiße, wie das auf Papier aussieht. Ich hoffe, ich sehe dich Freitagabend. In der Bar. Diesmal werde ich auf dich warten – Scheiß auf Theo – und nicht mehr dieser Fleck am Ende der Straße sein. Ja, so beende ich meinen Brief tatsächlich, Mary. (Mary weinte und lachte und sprang in die Luft, den Brief in der Hand, so dass sie die letzten Zeilen erst viel später las, denn sie machte sich sofort bereit für den Abend) Ich warte auf dich. Alles Liebe, Dein James P.S Ich liebe dich auch. Wenn die Blätter von den Bäumen fallen und es langsam Zeit für einen warmen Tee und eine kuschelige Decke wird, dann kommt die Zeit, in der Mary Jayson an ihre Briefe denken muss, die sie einst im November geschrieben hat. Und wenn es kurz davor ist, Winter zu werden, die Temperaturen sinken und die eisige Luft langsam den Schnee mit sich bringt, so liegt sie an jenen Nächten zufrieden in einem Bett, der Briefempfänger stets an ihrer Seite. |Fin| Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)