Come back home von Rabenkralle ================================================================================ 2. Murphy’s Law --------------- 2. Murphy’s Law Wie wild hämmerte Ino auf die Tür ein. Auch als sie bemerkte, dass im Flur das Licht anging, hörte sie nicht auf, sondern gab erst allmählich Ruhe, als sich die Klinke nach unten bewegte. „Du darfst gerne auch die Klingel benutzen“, merkte Shikamaru trocken an und überspielte das unangenehme Gefühl der Überraschung, das sich bei ihrem Anblick in ihm ausbreitete. Noch so eine irre Furie war wirklich das Letzte, was er an diesem Abend gebrauchen konnte … „Sorry“, gab sie zurück und drängte sich unaufgefordert an ihm vorbei in den Flur. Dann stemmte sie die Hände in die Hüften und setzte einen Blick auf, der ihm schon von Yoshino äußerst gut bekannt war. „Wir müssen reden!“, sagte sie bitterernst. Er seufzte und entgegnete gelangweilt: „Und worüber?“ Völlig übertrieben packte ihn seine ehemalige Teamkollegin am Kragen. „Du gehst jetzt sofort zu Temari und entschuldigst dich!“, forderte sie ihn auf. Also darum ging es … Aber was hatte er auch anderes erwarten sollen? Shikamaru entwand sich ihrem Griff und ging rasch auf Sicherheitsabstand. „Warum sollte ich?“, gab er anschließend zurück. „Und überhaupt: Wofür soll ich mich entschuldigen?“ „Für deine saublöde Lebenseinstellung“, antwortete Ino, diesmal wieder deutlich ruhiger. „Wenn du nicht bald zu ihr gehst, passiert noch ein Unglück!“ „Und warum ausgerechnet ich?“ „Weil du der Einzige bist, der sie davon abhalten kann, sich von irgendeinem Typen, den sie nicht mal kennt, schwängern zu lassen.“ „Falls sie wirklich so was Verantwortungsloses vor hat, unterstreicht das nur meinen Eindruck von ihr, dass sie nicht mehr ganz dicht ist“, entgegnete er unbeteiligt. „Also gehst du zu ihr und versuchst ihr das auszureden?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Nein.“ „Wie, nein?“ „Es ist ihr Leben und wenn sie das so will, bitte. Meinen Segen hat sie. Da misch ich mich bestimmt nicht ein.“ „Aber …“, widersprach sie und stockte. Er hatte ja immer schon nicht sonderlich viel Interesse gezeigt, aber dass er plötzlich so über etwas redete, das ihm vor kurzem noch so wichtig gewesen war, hatte sie ihm nicht zugetraut … „Ihr seid gerade mal zwei Tage auseinander!“, regte Ino sich auf. „Wie kannst du nach der kurzen Zeit schon so gefühllos sein?“ Shikamaru zuckte bloß mit den Schultern. „Bist du ein Idiot!“, fauchte sie ihn an. „Du machst mich echt so was von krank!“ Er zog die Augenbrauen hoch und erwiderte: „Schön, dann kannst du dich ja verziehen.“ Wütend rauschte sie zur Wohnungstür und knallte sie wortlos hinter sich zu. Er starrte kurz noch auf die Stelle, an der sie bis eben gestanden hatte. Tja, das hatte sie eben davon, wenn sie sich in Dinge einmischte, die sie nichts angingen. --- Temari wachte erst relativ spät am nächsten Morgen auf. Nach einem Blick auf die Uhr, richtete sie sich verärgert auf, hielt gleich darauf allerdings wieder inne. Ein leichtes Schwindelgefühl machte sich in ihr breit und sie fasste sich automatisch auf die Stirn. Sie war verdammt heiß. Ernüchtert sank sie zurück in ihr Kopfkissen. Natürlich reichte es gerade heute nicht, dass bloß ihr Wecker nicht geklingelt und somit ihren kompletten Zeitplan über den Haufen geworfen hatte – nein, Fieber musste sie auch noch bekommen. Na ja, vielleicht war das die Rache für ihr Verhalten, das die letzten Tage wirklich alles andere als vorbildlich gewesen war … Sie blieb noch einen Moment liegen und raffte sich anschließend eher schlecht als recht auf. Wenn sie gestern nicht diesen Entschluss gefasst hätte, würden sie jetzt keine zehn Pferde aus dem Bett bekommen, doch da sie Konoha schnellstmöglich hinter sich lassen wollte, blieb ihr nichts anderes übrig. Rasch zog sie sich warm an und verließ die Wohnung, um wenigstens den Hokage von ihrer Abreise in Kenntnis zu setzen. So viel Anstand hatte sie sich bewahrt. Es musste schließlich nicht sein, dass sich Gaara und Kankurou unnötig Sorgen machten, weil sie erfahren mussten, dass sich ihre Schwester unangemeldet aus dem Staub gemacht hatte. Draußen schneite es. Dicke Schneeflocken fielen langsam vom Himmel und die, die mit ihrem Gesicht in Berührung kamen, kühlten sie zusammen mit den eisigen Temperaturen auf angenehme Weise. Ja, so konnte sie es mit dem Fieber eine ganze Weile aushalten, da war sie sich sicher. --- Fünfzehn Minuten später – die ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen waren – erreichte Temari das Gelände, auf dem das Gebäude mit dem Sitz des Dorfobersten stand. Missmutig blickte sie kurz auf den rot-golden geschmückten Weihnachtsbaum, in den sie am Vortag so viel Zeit investiert hatte und stellte neidisch fest, dass Sakura auch ohne sie ganze Arbeit geleistet hatte. Aber für solche Scheiß-Dekorationen hatte sie ohnehin noch nie Talent gehabt. Eigentlich wusste sie nicht mal mehr, warum sie sich für den Job freiwillig gemeldet hatte. Obwohl … Natürlich, jetzt fiel es ihr wieder ein: Um sich von dem Mist, der sich vor drei Tagen ereignet hatte, abzulenken. Dumm nur, dass es nicht wirklich funktioniert hatte. Andererseits war es ihre eigene Schuld, wenn sie so kurz vor den Feiertagen ihren Freund ohne Angabe von Gründen aus ihrem Leben verbannte. Vielleicht hätte sie damit besser bis nach Weihnachten gewartet, um sich das Fest nicht so dermaßen zu versauen. So lange hätte sie ihre Schwangerschaft bestimmt noch vor ihm verbergen können. Ein merkwürdiges Kribbeln breitete sich in ihrem Magen aus und sie fragte sich, wann sie zu einem solch widerlichen Menschen geworden war. Wenn sie an ihren Vater dachte, konnte das wohl nur an den Genen liegen. Gaara und Kankurou hatten schließlich auch schon eine gehörige Portion Grausamkeit mitbekommen und warum sollte es bei ihr anders sein? Genau, bei ihr hatte es bloß länger gedauert, bis diese Veranlagung zum Vorschein gekommen war … Mit jedem dieser Gedanken schämte Temari sich etwas mehr. Das waren doch alles nur fadenscheinige Ausreden, um ihr Gewissen zu erleichtern. Klar, es machte es ihr um einiges leichter, wenn sie jemand anderem die schwarze Karte zuschieben konnte, aber unter dem Strich war sie immer noch selbst für ihr Handeln verantwortlich. Und diese Einsicht reichte, damit sie sich selbst als Miststück betiteln konnte, von dem Shikamaru bloß froh sein konnte, dass er es endlich los war. Für einen Augenblick kam ihr in den Sinn, dass es eigentlich noch nicht zu spät war, um das Ganze wieder geradezubiegen, doch – Sie schüttelte den Kopf. Nein, an ihrer Abreise gab es definitiv nichts mehr zu rütteln. Sie beschleunigte ihre Schritte und hielt auf die große Eingangstür zu. Als ihre Sicht durch den Schnee – so glaubte sie zumindest – verschwamm, kniff sie die Lider zusammen, um besser sehen zu können. Nur kurz schärfte sich ihr Bild wieder. Mit schwerem Atem blieb sie vor der Treppe stehen und ein unglaubliches Schwindelgefühl überkam sie. Verdammt, so kurz vor dem Ziel konnte sie nicht schlappmachen … Temari schleppte sich die wenigen Stufen hinauf und streckte ihren Arm nach der Türklinke aus. Doch sie erreichte sie nicht mehr, bevor sie das Bewusstsein verlor. --- Biep, … biep, … biep, … Ein immer wiederkehrendes Geräusch weckte sie allmählich aus ihrer Ohnmacht. Langsam schlug sie die Augen auf. Ihre Umgebung war in ein so helles Weiß getaucht, dass sie sich sofort geblendet fühlte. Erst als das verging und sie sich einigermaßen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatte, erkannte sie, wo sie war. Sie hatte keine Ahnung, wie sie hierher gekommen war, doch irgendjemand musste sie wohl gefunden und ins Krankenhaus gebracht haben. Abermals befasste sie ihre Stirn. Sie war immer noch sehr warm, aber zumindest schien ihr Fieber etwas herunter gegangen zu sein … Als sie ihren Arm zurücklegte, verspürte sie einen leichten Stich. Temari blickte an sich herab und sah ein kleines Pflaster in ihrer Armbeuge kleben. Ein gewisses Unwohlsein stieg in ihr auf. Es war ja bei Weitem nicht so, dass sie Angst vor Spritzen hatte, doch was man ihr injiziert hatte, hätte sie schon gerne gewusst. Nicht, dass es sich noch schädlich auf das Kind auswirkte … „Wie schön, Sie sind endlich aufgewacht!“ Missmutig wandte sie sich zu der Schwester um, die durch die Vorhänge geblickt hatte und nun dabei war, sie zurückzuziehen. Temari antwortete zuerst nicht und schaute aus dem Fenster. Bis auf ein wenig Schneetreiben war es stockfinster. „Wie spät ist es?“, unterbrach sie ihr Schweigen letztendlich, obwohl es sie nicht wirklich interessierte. So oder so hatte viel zu lange geschlafen und es passte ihr überhaupt nicht, dass sie deswegen ihren Plan Konoha ›Auf Nimmerwiedersehen!‹ zu sagen zumindest für diesen Tag begraben konnte. „Gleich ist es halb sieben“, erwiderte die Schwester und setzte sofort entschuldigend nach: „Es wäre mir außerdem lieber, wenn Sie noch über Nacht bleiben würden. Solches Fieber sollte –“ „Kein Problem, auf mich wartet sowieso niemand“, unterbrach Temari sie tonlos. „Übrigens“, fuhr sie normal fort, „Was für ein Mittel wurde mir eigentlich gespritzt?“ „Nur ein harmloses, das das Fieber senken soll“, erklärte sie. Dann sprach sie mit einem Lächeln weiter: „Keine Sorge, es hat keinerlei Auswirkungen auf Ihr Baby.“ Na, wenigstens etwas … Trotzdem gefiel es ihr nicht gerade, dass nun andere von der Sache wussten. Nun ja, besser eine unbekannte Krankenschwester als Sakura oder Ino … --- „Ich hab es gerade eben erst auf der Liste der neuen Einlieferungen gelesen.“ Atemlos kam Sakura ins Zimmer gestürmt und setzte sich auf den nächstbesten Stuhl. „Wie geht’s dir?“ „Wie sonst auch“, entgegnete Temari knapp. „Was machst du auch für Sachen?! Ich will gar nicht daran denken, was hätte passieren können, wenn Kotetsu dich nicht gefunden hätte …“ Man konnte es auch übertreiben … „Und ich will nicht mal ansatzweise daran denken, wie es wäre, dich als Mutter zu haben“, legte sie fest. „Also spar dir dein Was-wäre-wenn-Gequatsche.“ „Deine Laune scheint ja immer noch bestens zu sein“, merkte ihre Freundin ironisch an. „Ich versteh einfach nicht, warum du nicht zu Shikamaru gehst und dich wieder mit ihm verträgst.“ „Jetzt fang nicht auch noch mit dem Scheiß an“, meinte sie gereizt. „Das ist kein Scheiß, wenn es doch so offensichtlich ist, dass du unter der Trennung leidest“, erwiderte Sakura beherrscht. „Also wenn du möchtest, hol ich ihn sofort her, damit ihr euch aussprechen könnt.“ Temari verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich ab. „Danke, verzichte.“ „Gott“, fluchte sie daraufhin los, „warum seid ihr beide bloß so stur?“ „Ach, soll das heißen, dass du ihm auch schon eine deiner Predigten gehalten hast?“ „Ja, ganz recht“, gab sie provokant zurück. „Hast du eigentlich ’ne Ahnung davon, wie sehr du ihn mit deinem Verhalten gekränkt hast?“ „Ich glaube kaum, dass er dir das so gesagt hat.“ „Nein, er hat auch so getan, als würde es ihm gut gehen, aber er ist leider kein besonders guter Schauspieler.“ „Schön für ihn“, meinte sie uninteressiert. „Irgendwann kommt er schon drüber hinweg. Bald muss er eh nicht mehr befürchten, mir irgendwo über den Weg zu laufen.“ „Du willst also tatsächlich zurück nach Suna gehen?“ „Sobald ich wieder aus dem Krankenhaus heraus bin“, bestätigte sie ihr. „Aber, aber –“ „Es gibt kein Aber. Ich hab beschlossen, dass es so am besten für mich ist und Ende.“ „Wie kann ich dich umstimmen?“ „Gar nicht.“ Sakura biss die Zähne zusammen. Dann musste sie eben auf andere Weise argumentieren … Sie holte tief Luft und fragte langsam: „Und was ist mit dem Kind?“ Temari zuckte kaum merklich zusammen. Verdammt, wie kam sie jetzt nur wieder aus der Sache heraus? „Wovon redest du?“, erwiderte sie mit bemühter Fassung, obwohl ihr von der ersten Sekunde an klar war, dass ihr kein vernünftig denkender Mensch die Nichtsahnende abnehmen würde. „Jetzt tu doch nicht so“, meinte Sakura bissig und griff nach dem Krankenblatt, das am Ende des Bettes befestigt war. „Alle, die nichts mit Medizin am Hut haben, verstehen nur Bahnhof, wenn sie hier drauf sehen, aber ich kann es lesen“, fuhr sie fort. „Und hier steht Schwarz auf Weiß, dass du bereits im zweiten Drittel schwanger bist.“ „Ja, und weiter?“, gab sie schulterzuckend zurück. „Soll das etwa ein Grund sein, zu bleiben?“ „Das kann ich nicht beurteilen, aber du kannst doch nicht einfach abhauen, ohne es Shikamaru vorher wenigstens gesagt zu haben!“ Temaris Miene verfinsterte sich. „Warum sollte ich das tun, wenn es gar nicht von ihm ist?“, fragte sie dann. Sakura fühlte sich wie vom Blitz getroffen. „Du willst mir gerade weismachen, dass du ihn betrogen hast?“ Okay, so tief musste sie sich nun wirklich nicht in die Scheiße reiten. Also musste schnell eine Ausrede her … „Nicht wirklich“, legte sie fest. „Wir hatten gerade eine Beziehungspause eingelegt, ich fühlte mich einsam und dann … Na ja, ist es passiert. Shit happens!“ Entsetzt starrte ihre Freundin sie mit halbgeöffnetem Mund an. Als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, fragte sie kritisch: „Shit happens?! Ist das alles, was dir dazu einfällt?“ „Ja, dumm gelaufen, oder?“, erwiderte Temari provokant. „Dümmer geht’s gar nicht mehr“, bestätigte sie ihr. „Jetzt finde ich es aber erst recht so richtig charakterschwach von dir, dass du nicht zu deinem Fehler stehst und ihm deinen Fehltritt wenigstens beichtest.“ „Oh ja, damit er sich noch beschissener fühlt, oder was?!“ „Selbst wenn, bin ich mir sicher, dass er dir verzeihen würde.“ „Red doch keinen Scheiß. Er will in nächster Zeit nicht mal eigene Kinder. Warum sollte er sich also freiwillig um das eines anderen kümmern?“ „Weil er dich bescheuerte Idiotin immer noch liebt, verdammt!“, platzte es aus Sakura heraus. „Und du liebst ihn auch noch, auch wenn du es nicht zugeben willst.“ In Temaris Blick meinte sie einen Hauch Einsicht zu erkennen und sie war sich sicher, dass sie das Eis endlich gebrochen hatte, doch – „Bist du endlich fertig?“, fragte sie gelangweilt. „Oder willst du mir noch ein paar deiner dumm-naiven Ansichten aufdrücken?“ Da Sakura sie nur sprachlos anstarrte, setzte sie nach: „Nicht? Gut, dann brauchst du mich mit deiner tiefrosaroten Brille der kitschigen Liebe ja nicht weiter belästigen.“ Die Angesprochene fuhr wütend herum und sagte entschlossen: „Okay, wenn du es ihm nicht sagst, tu ich es eben.“ „Wenn du das machst, dann –“ „Was dann?“, gab Sakura zurück. „Meinst du etwa, dass mir leere Drohungen Angst machen?“ Dann ging sie. Temari sah ihr widerspruchslos nach und sank zurück aufs Bett. Am liebsten hätte sie das ganze Krankenhaus zusammengebrüllt, doch das hätte nicht mal annähernd gereicht, um ihrer Wut genügend Ausdruck zu verleihen – der Wut auf sich selbst. Was in aller Welt hatte sie nur dazu gebracht, sich in all diese Lügen zu verstricken? Was glaubte sie, letztendlich damit zu erreichen? Etwa, dass die wenigen Menschen, die ihr in irgendeiner Weise etwas bedeuteten, sie hassten? Gründe genug dafür hatte sie in den letzten Tagen jedenfalls geliefert … Sie drehte sich auf die Seite und verkrallte ihre Hand in der sterilen weißen Bettwäsche. Vor wenigen Stunden hatte sie noch geglaubt, dass sie sich unbemerkt aus der Affäre ziehen konnte, um ihr Leben in Suna fortzusetzen. Doch dann war einfach alles schief gegangen, was schief gehen konnte: Angefangen beim Fieber, das ihre Pläne zunichte gemacht hatte bis hin zu der Tatsache, dass Sakura Shikamaru gleich von dem Kind erzählen würde, das angeblich nicht von ihm war. Scheiße, warum hatte Murphy sich heute ausgerechnet sie als sein Opfer aussuchen müssen? ════════════════════════════════════════════════════ Hattet ihr beim Lesen eigentlich auch das Gefühl, dass die beiden echt bescheuert sind (und damit meine ich nicht Sakura und Ino)? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)