Weihnachten von Anevor ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Schnee lag auf dem Dach des kleinen Häuschens. Die Baumgipfel des Waldes rings umher bogen sich unter den Schneemassen gen Boden. Der Rauch quoll aus dem Schornstein und hing über den Baumspitzen. Leise Stimmen drangen durch die verschneite Dämmerung. „Mama! Mama! Wann kommt denn jetzt endlich der Weihnachtsmann!“, zappelnd saß die 6-jährige auf dem Boden und spielte. Nun, zumindest sollte sie spielen. Jedoch war dies kaum Möglich wenn alle 5 Minuten ein und derselbe Satz über ihre Lippen kam. „Später Rosie, später!“, leicht genervt antwortete ihre Mutter. „Wann ist später?!“, tapsend kam das Mädchen angelaufen. „Wenn du schläfst Rose! Und Jetzt lass mich bitte deinen Bruder ins Bett bringen ja?“ „Aber Maamaaa!“, meinte die Kleine schmollend ehe sie wieder in die Küche lief.  Sie konnte ja nicht in die Stube, also musste sie dort spielen. „Kein ‚Aber’ Rose!“, meinte Hermine streng. Schnell hatte sie den erst 15-Monate alten Hugo in sein Bett gebracht und sich versichert, dass er schlief. Lächelnd lief sie in die Küche, ein Buch in der Hand. „Komm her Rosie“, meinte sie: „ Ich les’ dir ein Buch vor!“  Mit einer flüssigen Bewegung hatte die braunhaarige ihre Tochter und deren Teddybär auf den Arm genommen, und war mit ihr in das elterliche Schlafzimmer gegangen. Gemütlich hatte sie sich dort mit Rose auf das Bett gekuschelt und das Buch aufgeschlagen. Leise begann sie zu lesen: “ Vor noch gar nicht allzu langer Zeit, Ich glaube es sind erst ein paar  Jahre gab es in unserer Stadt eine große  Bauaktion. Es sollte ein neues Einkaufszentrum entstehen. Doch es gab ein kleines Problem. Dort, wo es die Planung vorgesehen hatte stand noch ein kleines altes  Haus.  Es war fast leer, doch die 2 Familien die darin wohnten, wollten auch dort bleiben. Dort war alles was sie hatten, dort war ihr zu Hause. Ich  weiß noch genau, es war Sommer als die Pläne vorgestellt wurden und die ersten Familien aus dem Haus auszogen. Erst war es die Familie mit den 2 Kindern, aus dem ersten Stock, dann die beiden alten Leute aus dem Erdgeschoss. Das junge Ehepaar, welches auch im ersten Stock gewohnt hatte, waren die nächsten. Der Sommer ging, der Herbst kam, und nun waren von den ursprünglich 10 Familien nur noch 3 übrig. Doch kaum ging es auf den Winter zu, zog eine weitere Familie aus. Es war tiefer Winter, alles mit Schnee bedeckt, als ich das erste Mal das Haus betrat. Ich war gerade auf dem Heimweg, vom einkaufen als ich sah, das die Haustür nur angelehnt war, und ein kleines Kätzchen hinter der Tür saß und miaute. Ich glaube es war damals kurz nach Silvester. Natürlich wusste ich nicht, wem das Kätzchen gehört, aber ich wollte es nicht einfach hier sitzen lassen. Das konnte ich nicht.  Vorsichtig stellte ich meine Einkaufstaschen in einer überschaubaren Ecke ab und lockte das Kitten  zu mir.  Behutsam hob ich es hoch, als es zu mir kam. „Na du?“, meinte ich:“ Was machst du denn hier so alleine?“ Schnell hatte ich mich entschlossen, dass das arme Ding hier nicht alleine bleiben konnte. Ich steckte es unter meine Jacke die ich vorsorglich etwas ausmachte, damit es sich bewegen konnte und Luft zum atmen hatte. Ich nahm mir meine Einkaufstaschen und machte mich, mit meinem neuen Begleiter auf den Weg nach Hause. Da es schon Abend war, packte ich nur noch meine Einkäufe aus, stellte dem Kätzchen was zu trinken hin und ging dann ins Bett. Als ich am nächsten Morgen aufwachte und die ganze Wohnung nach dem Kätzchen absuchte musste ich feststellen, dass es verschwunden war. Traurig machte ich mich auf den Weg zur Schule. Es war der erste Tag nach den Ferien. Zu dem Zeitpunkt führte mich mein Schulweg noch an dem Alten Haus vorbei. Erstaunt blieb ich stehen als ich dort, genau wie am gestrigen Abend das Kätzchen sitzen sah. Ich war mir ziemlich sicher, dass es das Kätzchen war, dieses weiße Fell mit dem kleinen halbmondförmigen schwarzen Fleck war ein gutes Erkennungsmerkmal. Erschrocken zuckte ich zusammen, als in etwas Entfernung die Turmuhr viertel vor Acht schlug. „Verdammt, ich werde noch zu spät kommen.“, dachte ich mir und lief los.  Genau rechtzeitig kam ich bei der Schule an. Der Tag verging schnell, und als ich mich auf den Heimweg machte kam mir das Kätzchen, kaum war ich in der Nähe des Hauses entgegen.  Mutig lief es mir immer weiter hinterher, bis wir schließlich wieder bei mir vor der Wohnung standen. Schmunzelnd nahm ich das Kitten wieder mit hinein, doch ich dachte mir schon das es am nächsten Morgen wieder weg sein würde. So ging es fast ein ganzes Jahr über, und es war wieder kurz vor Weihnachten. Schnee lag über der Stadt, und es sah nicht so aus als ob es bald weniger werden würde. Noch immer stand das Haus mitten in der Innenstadt, wobei es inzwischen ohne Gas und manchmal auch ohne Wasser war. Doch auch diese Maßnahmen der Stadtwerke brachten die letzten 2 Familien nicht zum Auszug. Von außen wirkte es trostlos, verlassen. Wie jeden morgen kam ich daran vorbei, doch heute wurde ich nicht erwartet. Auch heute war die Tür nicht geschlossen, daran hatte ich mich inzwischen gewöhnt. Ich nahm all meinen Mut zusammen und traute mich hinein. Es war das zweite Mal das ich das Haus betrat, doch während ich damals nur im Eingang stand und Miez, so hatte ich die Katze inzwischen getauft, zu mir lockte beschloss ich heute mich etwas genauer umzusehen, Kaum war ich die erste Treppe hochgestiegen, kam mir der verführerische Duft von Lebkuchen entgegen. Erstaunt sah ich mich um. „Wo kommt der Lebkuchengeruch her?!“, meinte ich zu mir selbst und ging mich umschauen. Doch hier im Ersten Stock war alles Menschenleer. Langsam lief ich die zweite Treppe hinauf dort war der Geruch noch intensiver. Erstaunt blieb ich auf der letzten Stufe stehen, ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit dem was ich hier sah. Mitten im Flur stand ein großer Weihnachtsbaum, der mit verschiedenen Weihnachtsengeln geschmückt war. Diese sahen aus als wären sie alle selbst gebastelt. Selbst kleine Geschenke fand ich darunter. Ich wurde immer neugieriger was das zu bedeuten hatte. Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit einem so schönen Weihnachtsbaum. Leicht zuckte ich zusammen, als ich merkte wie mit jemand auf die Schulter tippte. Es war ein junger Mann, vielleicht ein paar Jahre älter als ich. “Kann ich ihnen helfen?“, meinte er freundlich. „Guten Tag“, sagte ich etwas schüchtern:“ Ich suche meine  nunja eine Katze, sie hat ein ganz weißes Fell nur einen schwarzen Fleck auf der Stirn!“ Ich sah wie der Mann lächelte und dann einfach nur meinte ich solle ihm folgen. Ich hatte keine Angst vor ihm, auch wenn er etwas sehr plötzlich hinter mir stand. „Wie lange kennen sie diese Katze schon?“, fragte er mich interessiert. „Fast ein Jahr warum?, entgegnete ich ihm wahrheitsgetreu. „Nun dieses Kätzchen es ist was ganz besonderes!“, begann er zu erzählen:“ Es ist genau an Weihnachten letztes Jahr geboren, und es hat schon vielen Leuten geholfen einen Schlafplatz, zumindest für eine Nacht zu finden. Wegen dieser Katze kamen wir, das heißt die Bewohner in diesem Haus, auch auf die Idee diesen Weihnachtsbaum aufzustellen. Immer wieder kamen das ganze letzte Jahr über Menschen hier her, die noch ärmer dran waren wie wir es sind. Menschen die keine Wohnung haben, kein Dach über dem Kopf. Auch wenn wir hier kein Gas mehr haben für unsere Heizungen, und manchmal auch kein Wasser mehr, wir können den ärmeren Leuten trotzdem noch etwas bieten.“ Ich lächelte. Ich wusste das Miez etwas Besonderes war, aber wie genau hatte ich bis eben keine Ahnung. Wir waren inzwischen im Keller angelangt. Mir schlug der Duft von Tannennadeln entgegen. Hier unten brannten jede Mengen Kerzen, welche rundherum um eine kleine Hütte standen. Auf einem Tisch stand ein Teller voll mit Lebkuchen und verschiedenen Sorten von Nüssen. Gerade als ein Moment der Stille herrschte hörte ich es aus dem Inneren der Hütte Miauen. Neugierig schaute ich hinein und fand Miez. „Hey meine kleine!“, meinte ich lächelnd:“ Du bist wahrlich ein kleiner Weihnachtsengel!“ Ich ging vor ihr in die Knie und begann sie zu streicheln. „ Du hast hier eine tolle Sache auf die Beine gestellt und das ganze Jahr über den Geist von Weihnachten verbreitet!“, flüsterte ich ihr zu:“ Aber jetzt übernehme ich! Ich werde mich dafür einsetzten, dass das Haus bleibt und das Gas wiederkommt!“ Schmunzelnd stand ich auf und drehte mich zu dem Mann um. „Ich denke dieses Haus hat einen neuen Mieter!“. Ich weiß nicht warum ich mich damals so entschlossen habe. Aber ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war. Als ein paar Tage später erstmal in unserer Schulzeitung, dann jedoch auch in unserer Städtischen ein großer Bericht über die damals noch 2 Familien in dem Haus  und deren Taten stand, bekam auch endlich die Stadtverwaltung die Einsicht und plante das neue Einkaufszentrum um. Nun wohne ich hier, immer noch in diesem Haus, zusammen mit Miez und dem Mann von damals. Ich bin inzwischen mit ihm verheiratet. Wir haben 2 Kinder, mit denen wir jedes Jahr die Weihnachtsengel für an den Baum im Flur basteln und die Geschenke einpacken. Denn ich bringe ihnen von Anfang an die wahre Bedeutung von Weihnachten bei.  Es geht nicht nur um Geschenke, sondern darum etwas für andere zu tun, für andere dazu sein. Auch wenn man diese Leute nicht kennt.“ Lächelnd klappte Hermine das Buch zu. Sie mochte diese Geschichte, und hatte sich gedacht, dass sie Rose auch gefallen könnte.  „Weißt du Rosie, es geht nicht um den Weihnachtsmann, auch wenn es toll ist, dass er uns Geschenke bringt. Wenn du möchtest lese ich dir morgen die richtige Weihnachtsgeschichte vor und dann reden wir noch einmal  über diese hier!“ Die Braunhaarige sah zu ihrer Tochter, welche kurz vor dem einschlafen war und nur noch schwach nickte. „Ich hab dich lieb Mama! Und  morgen gehen wir einkaufen für andere…! Und Weihnachtsengel basteln!“ Schmunzelnd hob Hermine ihr Mädchen hoch und trug sie in ihr eigenes Bett. „Ja…das machen wir morgen! Und jetzt schlaf gut mein Schatz!“ Zufrieden mit dem Ergebnis dieses Vorleseabends ging Hermine in die Stube und packte noch die letzten Geschenke für Rose ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)