Im Schatten der Vergangenheit von Vanima ================================================================================ Kapitel 2: Die Geschichte beginnt --------------------------------- „Fahren wir jetzt endlich?“ fragte Jade ungeduldig und trommelte mit ihren Fingern auf die Sofalehne. Schon den ganzen Morgen saß sie da und wartete mit ihren beiden Freunden Delia und Dave auf etwas, bei dem sie nicht wusste, was es eigentlich war. „Wir warten noch.“ Erwiderte Dave nur. „Ja, das hab ich schon kapiert, aber auf was denn? Wollt ihr mich nicht endlich mal aufklären?“ Jade stand auf und begann im Wohnzimmer auf und ab zu laufen. „Das wirst du schon früh genug merken.“ Meinte Delia und grinste. „Es gefällt mir aber nicht, dass ihr so geheimnisvoll tut und euch dann auch noch darüber freut.“ Gab Jade zurück. „Es macht nur Spaß, weil du so schön herum meckerst und nervös durch die Gegend rennst.“ Dave lachte. „Du bist blöd.“ Jade verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Du ja auch.“ Erwiderte Delia sofort, was für Jade schon lange nicht mehr verwunderlich war, da Delia seit zwei Monaten mit Dave zusammen war und ihn selbst bei den kleinsten Kleinigkeiten schützte. 'Seltsam, dass sie gerade mit Dave zusammen ist.' Überlegte Jade in Gedanken. 'Aber auf der anderen Seite... passen sie richtig gut zusammen.' Dachte sie, während sie die beiden beobachtete. 'Sie haben wenn ich drüber nachdenke genau die Beziehung, von der ich immer geträumt hab.' Fügte sie traurig hinzu. 'Aber wenn man bedenkt, wie es war, als ich sie kennen gelernt hab, ist es schon verwunderlich, dass sie sich nicht schon längst die Köpfe eingeschlagen haben.' Sie konnte sich noch so gut an ihren ersten Tag in der neuen Schule erinnern, als wäre es erst gestern gewesen, obwohl es nun schon über zwei Jahre her war. Genau an dem Tag hatte sie Delia zum ersten Mal getroffen, die ihr geholfen hatte sich in den Klassenräumen und Fluren zurechtzufinden. 'Delia und Dave haben sich an dem Tag auch gestritten.' Fiel Jade schmunzelnd ein. 'Und das nur wegen eines blöden Schulhefts.' Sie musste ein Kichern unterdrücken, die zwei hatten sich fast geprügelt, um dann festzustellen, dass das Heft doch an seinem eigentlichen Platz in Delias Spind lag. Auch ihn hatte sie an diesem Tag vor zwei Jahren kennen gelernt, er hatte genau wie sie versucht den Streit zwischen Delia und Dave zu schlichten, was keinerlei Erfolg zeigte und sie zwang aufzugeben und stumm darauf zu achten, dass das Ganze nicht eskalierte. 'Er war wirklich nett, ich hab ihn von Anfang an gemocht und ich konnte mich auch wirklich gut mit ihm unterhalten, bis er mit Svenja zusammen kam…' „Wach endlich auf Jade, wir können fahren.“ Delia stand direkt vor ihr und versuchte angestrengt ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. „Was?“ fragte Jade verwirrt, sie war so in Gedanken gewesen, dass sie ihren Campingausflug schon fast vergessen hatte. „Wir können fahren.“ Wiederholte Delia. „Wir sind komplett.“ „Wir sind komplett?“ Jade verstand diesen Satz nicht, waren sie nicht schon die ganze Zeit komplett gewesen? „Tut mir leid, dass ich so spät bin.“ Entschuldigte sich Jemand, dessen Stimme Jade selbst aus einer riesigen Menge heraus erkannt hätte. „Dan?“ sie wirbelte überrascht herum. „Ja, was dachtest du denn?“ erwiderte er und zog die Brauen hoch, Jades Herz setzte einen Schlag lang aus. „Du... du kommst mit?“ wollte sie verwirrt wissen. „Wir haben uns einen kleinen Spaß erlaubt und ihr nichts davon erzählt, dass du doch mitkommst.“ Mischte sich nun Dave ein, der sich das Lachen nicht verkneifen konnte. 'Das gibt’s doch nicht.' Dachte Jade und warf ihm einen bösen Blick zu. „Sieh’s doch als Chance ihm endlich näher zu kommen.“ Flüsterte Delia neben ihr lächelnd. „Vergiss es, du weißt, was er von Mädchen hält und dass sein Vertrauen immer noch weg ist.“ Erwiderte Jade ebenfalls im Flüsterton. „Dann zeig ihm, dass du anders bist, du hättest nämlich auch einen guten Grund niemandem mehr zu vertrauen. Und tust du es deswegen?“ Delia warf ihr einen Blick zu. „Spring endlich über deinen Schatten und zeig ihm, dass du ihn magst.“ „Du hast leicht reden, du bist schon mit Dave zusammen.“ Murmelte Jade. „Sagt mal was flüstert ihr denn die ganze Zeit?“ wollte Dan wissen und warf den Beiden einen Blick zu, Jade errötete, als er sie einige Momente länger musterte. 'Vielleicht hat Delia doch nicht so Unrecht...' überlegte sie hoffnungsvoll, aber sie verwarf den Gedanken sofort. 'Er liebt mich nicht, ich will nur, dass es so ist. Ich muss aufhören damit.' Redete sie sich zu. „Nichts was euch Jungs etwas angeht.“ Meinte Delia grinsend. „Gut von mir aus.“ Gab Dan zurück und wandte sich zur Tür. „Wollen wir nicht langsam los?“ „Doch, wenn alle fertig sind, können wir fahren.“ Antwortete Dave und sah zu Delia und Jade. „Ich bin fertig.“ Erklärte Delia und hob ihre Tasche vom Boden auf. „Ich auch.“ Stimmte Jade zu und tat es ihrer Freundin gleich. Danach verließen die Vier das Haus, vor dem bereits Daves kleiner Peugeot stand, er war der einzige der Freunde der schon volljährig war und auch einen Führerschein besaß. „Na los, steigt ein.“ Rief er fröhlich und ließ sich auf den Fahrersitz fallen, Delia setzte sich wie nicht anders erwartet neben ihn und Jade und Dan nahmen auf dem Rücksitz Platz. Jade ließ sich tiefer in den Sitz sinken, soweit, dass ihre hüftlangen, schwarzen Haare ihr Gesicht vor Dan verbargen. Sie war schon wieder rot geworden, diesmal bei der Vorstellung ungefähr acht Stunden direkt neben ihm zu sitzen. 'Schlag ihn dir endlich aus dem Kopf.' Ermahnte sie ihr Verstand. 'Allerdings ist verliebt sein nichts Schlimmes und ich werfe mich ihm ja auch nicht an den Hals.' Sie lächelte und die Zweifel verschwanden. Es war Sommer und sie würde jetzt für drei Wochen mit ihren Freunden in ein Camp fahren, es war dumm jetzt traurig zu sein, sie sollte die Zeit genießen, die vor ihr lag. Etwas mehr als sieben Stunden später, es war schon fast sieben Uhr abends, waren sie nicht mehr weit von ihrem Ziel entfernt. Die ganze Zeit über war Jade sehr ruhig gewesen und hatte sich kaum an den Gesprächen der anderen beteiligt. Delia hatte ihr nur ein paar besorgte Blicke zu geworfen, sie aber in Ruhe gelassen und auch die beiden Jungs hatten gemerkt, dass sie ein bisschen für sich sein wollte, soweit das in einem kleinen Auto zumindest möglich war. Nun war es still im Auto, Dan und Delia waren eingeschlafen, Dave fuhr noch immer und Jade las. „Was liest du denn da?“ fragte Dan, der anscheinend doch nicht so fest geschlafen hatte, wie Jade vermutet hatte und musterte fragend ihr schwarz eingebundenes Buch. „Eines meiner Lieblingsbücher, ich hab’s garantiert schon tausend Mal gelesen, aber ich find’s immer noch fantastisch.“ Erklärte Jade. „Um was geht’s denn darin?“ wollte er neugierig wissen. „Das ist ein bisschen kompliziert, also kurz zusammen gefasst, ein Mädchen ist die Hauptperson und plant eine Party für ne Freundin, die sie gerade erst wieder getroffen hat, nachdem vor einem Jahr deren Freund umgebracht wurde. Sie, also die Hauptperson, kriegt aber n Haufen Drohungen und wird sogar fast umgebracht. Erst am Schluss auf der Party kommt dann alles raus. Was ich total cool find ist, dass man so gut wie nie drauf kommt, wer der Mörder ist, immer erst am Schluss.“ Erklärte sie und schüttelte den Kopf. „Ich hab erst bei ein oder zwei Büchern vorher raus gefunden, wer es war. Aber das Beste an den Büchern ist eben, dass sie überhaupt nicht kitschig sind oder da Liebestragödien vorkommen, so was kann ich nicht leiden.“ „Du bist echt seltsam.“ Meinte er und sah sie irritiert an. „Normalerweise lieben Mädchen doch solche Liebesbücher mit viel Dramatik. Wie kommt’s, dass du ausgerechnet das komplette Gegenteil magst?“ „Mmh, das ist ne gute Frage. Ich glaube ich mag solche Krimis, weil sie realistischer sind. In den typischen Mädchenbüchern ist immer alles perfekt. Zwei lieben sich, kommen nach minimalen Schwierigkeiten zusammen und sind ewig glücklich. Ich glaub an so einen Schwachsinn nicht, nichts ist perfekt und das wird es auch nie sein. Ich will nicht in einer Illusion leben, wie die meisten Mädchen und so die Realität vergessen. Das Leben ist nun mal hart und damit muss man umgehen können oder man lebt in Träumen und geht unter.“ Erklärte Jade ernst. „Du hast recht, aber es ist komisch so etwas gerade von einem Mädchen zu hören. Du bist wirklich anders.“ Er warf ihr einen kurzen Blick zu und sah dann gedankenverloren aus dem Fenster. 'Ist das anders sein jetzt gut oder nicht?' Fragte sie sich verunsichert und beobachtete ihn verstohlen aus den Augenwinkeln. 'Es war ganz bestimmt kein Kompliment.' Sagte sie sich selbst. 'Hör auf dir Hoffnungen zu machen.' Ein bisschen müde und angeschlagen wegen der langen Fahrt steckte sie schließlich ihr Buch zurück in ihre Tasche und lehnte sich gegen die kühle Fensterscheibe. Nachdenklich betrachtete Jade die vorbeiziehenden Wiesen und Felder, auf denen das Getreide im Wind leicht hin und her schaukelte. 'Das ist wunderschön.' Dachte sie und öffnete das Fenster, um sich die warme Brise ins Gesicht wehen zu lassen, während sie den atemberaubenden Sonnenuntergang beobachtete. „Das ist traumhaft.“ Bemerkte Delia leise und warf Jade einen Blick zu. „Findest du nicht auch?“ „Sonnenuntergänge sind immer wunderschön.“ Erwiderte Jade lächelnd. „Ich hab seit zwei Jahren jeden Tag den Sonnenuntergang gesehen, aber der ist wirklich fantastisch.“ „Wirklich jeden?“ wollte Delia grinsend wissen. „Na ja, ich hab schon ein paar verpasst, wenn ich grade mit dir oder mit euch allen unterwegs war, aber normalerweise saß ich jeden Tag abends auf dem Dach.“ Erklärte Jade schulterzuckend. „Es ist irgendwie seltsam, dass die meisten Menschen so was schon gar nicht mehr richtig wahrnehmen.“ Fügte sie nachdenklich hinzu. „Ja es ist grausam, dass die Menschen so wenig Sinn für das Schöne haben.“ Meinte Dave mit gespieltem Bedauern und schüttelte den Kopf. „Du bist so unromantisch.“ Empört versetzte ihm Delia einen kleinen Stoß in die Seite. „Hey.“ Kichernd zuckte er zusammen und das Auto schwenkte kurz zur Seite. „Könntet ihr das bitte lassen?“ rief Jade energisch als Dave nach einem weiteren Knuff das Lenkrad einen Moment lang losließ und der Wagen mit einem Schlenker kurz die Gegenfahrbahn kreuzte. „Wir machen doch nur Spaß.“ Entgegnete Dave lachend. „Das ist aber nicht mehr lustig, wenn du diese Kiste gegen den nächsten Baum manövrierst.“ Mischte sich nun auch Dan ein. „Ich fahr schon nicht gegen einen Baum.“ Beruhigte Dave ihn immer noch grinsend. „Bei deinem Fahrstil würde mich das nicht wundern.“ Murmelte Dan. „Hey seht mal da vorne.“ Delia deutete plötzlich nach vorne, wo der Anfang eines Waldes zu erkennen war und vor dem ein großes Schild stand: Camp Moonlake 30km „Endlich wir sind gleich da.“ Rief Delia begeistert. „Camp Moonlake wir kommen.“ Dave fuhr lachend ein wenig schneller und Jade konnte nur einen kurzen Blick auf eine seltsame Gestalt werfen, die auf einem Baum direkt an der Straße saß. 'Hab ich mir diesen Typen jetzt nur eingebildet oder war er wirklich da?' Fragte sie sich irritiert. „Du hast diese Person auch gesehen, oder?“ fragte Dan leise und beugte sich ein wenig zu ihr herüber, um aus dem Fenster sehen zu können. „Da war wirklich jemand?“ erwiderte sie überrascht. „Ja, ich kann mir nur nicht erklären, was jemand hier tun sollte, der Anmeldeplatz ist schon zwei Kilometer entfernt und das eigentliche Camp sogar noch einige mehr. Und außerdem glaube ich kaum, dass man sich allein soweit von den Zelten entfernen darf.“ Dan schüttelte nachdenklich den Kopf. „Du hast Recht, das ist wirklich verdammt seltsam.“ Stimmte Jade langsam zu. „Vielleicht sollten wir jemandem sagen, dass wir hier eine Person allein gesehen haben, womöglich ist einfach nur einer der Camper ausgebüchst und hier gelandet und die Betreuer suchen ihn schon überall.“ „Irgendwas sagt mir, dass das kein einfacher Camper war.“ Meinte Dan und lehnte sich zurück. „Wir sollten vorsichtig sein, ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache.“ „Meinst du, dass diese Person vielleicht irgendetwas vorhat?“ hakte sie nach, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Ich weiß nicht, aber irgendwas ist da sicher faul. Es ist gefährlich allein in einem Wald herumzulaufen, das sollte eigentlich jeder wissen. Also warum spaziert hier jemand durch die Gegend und springt auf Bäumen herum?“ fragte Dan, doch er sprach mehr zu sich selbst als zu Jade. „Hey, wir sind da Leute.“ Rief Dave plötzlich und deutete auf ein kleines Haus, vor dem ein älterer Mann saß. Dahinter konnten die vier eine Menge Autos und Busse erkennen, die auf einer großen Lichtung geparkt waren und einige Betreuer und Camper eilten aneinander vorbei. „Sieht ziemlich hektisch hier aus.“ Meinte Delia stirnrunzelnd, während sie langsam auf den Mann zufuhren, der sich schließlich von seinem Stuhl erhob und zu ihnen ans Auto trat. „Was wollt ihr hier?“ fuhr er sie an. „Wir gehören zu den Campern.“ Erwiderte Dave etwas verunsichert durch den wüsten Ton des Mannes. „Name?“ fragte dieser unfreundlich und nahm eine Liste zur Hand. „Also ich bin Dave Martin und das sind Delia Stark, Jade Dillen und Dan Weiß.“ Stellte Dave sich und seine Freunde vor. „Parkt euren Wagen und fahrt mit den anderen weiter.“ Erklärte der Mann knapp und ließ sich wieder auf seinem Stuhl nieder. „Was war das denn für ein komischer Typ?“ Delia schüttelte verständnislos den Kopf. „Er scheint Besucher nicht wirklich zu mögen.“ Meinte Dave, der bereits das Auto parkte. „Er scheint seinen Job nicht zu mögen.“ Entgegnete Dan grinsend. „Irgendwie gefällt mir dieser Mann nicht.“ Nachdenklich warf Jade dem Wachmann, der starr geradeaus schaute, einen Blick zu. „Liegt wohl daran, dass er nicht gerade hübsch ist.“ Kicherte Delia. „Das hab ich gar nicht gemeint.“ Seufzte Jade genervt. „Sein Verhalten ist komisch, er ist irgendwie unheimlich. Und habt ihr erst die silberne Halskette gesehen?“ „Welche Halskette?“ wollte Dan sofort wissen. „Es war ein Totenkopf dran und darin war irgendeine Flüssigkeit, irgendwas Dunkelrotes.“ Antwortete Jade langsam und sah wieder die lange, silberne Kette vor sich, an der ein ebenfalls silberner Totenkopf gehangen hatte und in dem diese gruselige, rote Flüssigkeit hin und her geschwappt war. „Der Typ im Wald hatte auch eine silberne Kette an, mehr hab ich aber nicht erkannt.“ Erklärte Dan und riss sie so aus ihren Gedanken. „Wirklich? Denkst du, dass die beiden vielleicht zusammen gehören könnten?“ fragte Jade beunruhigt, dann kam ihr plötzlich ein Gedanke. „Was wenn es noch mehr von ihnen gibt und die was vorhaben?“ „Sagt mal von was redet ihr eigentlich?“ mischte sich Dave irritiert ein und sah von Dan zu Jade. „Vorhin, als wir gerade in den Wald gefahren sind, haben wir beide einen Typen gesehen, der auf einem Baum saß.“ Erklärte Jade nach einem kurzen Blick zu Dan. „Und was ist daran so seltsam?“ fragte Dave gelangweilt. „Ich weiß nicht, vielleicht die Tatsache, dass jemand allein um die 30 km weit vom Camp entfernt war.“ Entgegnete Jade bissig. „Irgendwas war an dem Typ faul und der Wachmann da vorne benimmt sich auch komisch.“ „Ihr wollt doch nur ein bisschen Abenteuer hier reinbringen.“ Meinte Dave und grinste. „Ihr reimt euch nur eine Verschwörungssache zusammen, um das Ganze hier spannender zu machen.“ „Das stimmt nicht.“ Rief Jade gereizt, Dan legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Lass gut sein.“ Murmelte er leise und schüttelte den Kopf. „Sie wollen diesen Urlaub einfach genießen und egal was du ihnen sagen wirst, sie werden dir diese Geschichte nicht glauben.“ „Sollen sie nur, ich werde auch allein rausfinden, was hier läuft.“ Jade lächelte entschlossen. „Ich krieg das allein hin, ich brauche keine Hilfe.“ Fügte sie hinzu und zog mit einem Ruck ihre Tasche und ihren Schlafsack aus dem Kofferraum von Daves Wagen. „Ob du Hilfe brauchst oder nicht, ist mir egal, ich will genauso wie du wissen was hier los ist. Also versuch gar nicht erst allein nachzuforschen.“ Dan hob nun ebenfalls seine Tasche aus dem Kofferraum und gesellte sich zu Dave, der bereits seine Tasche in der Hand hielt. „Was läuft denn da plötzlich zwischen dir und Dan?“ Flüsterte jemand kichernd, als Jade sich umdrehte, sah sie Delias grinsendes Gesicht vor sich. „Gar nichts läuft da. Was denkst du denn schon wieder?“ stieß Jade entrüstet hervor. „Das was man da denken kann.“ Entgegnete Delia frech. „Ihr habt im Auto miteinander getuschelt und diese seltsame Sache habt ihr euch auch zusammen ausgedacht. Es wundert mich, dass ihr euch auf einmal so gut versteht und du dann behauptest, dass da nichts ist.“ „Erstens, wir haben uns das nicht ausgedacht, da war wirklich so ein komischer Typ im Wald und zweitens, zwischen Dan und mir läuft rein gar nichts und ich werde ihn auch garantiert nicht anmachen.“ Erklärte Jade und folgte den beiden Jungs zu einem der Busse, während Delia neben ihr herlief. „Wenn du so die nächsten Jahre weiterleben willst, bitte.“ Meinte Delia seufzend und holte zu Dave auf. 'Sie weiß nicht, was es heißt Angst zu haben enttäuscht oder verletzt zu werden.' Dachte Jade und beobachtete ihre beste Freundin, die mit Dave Hand in Hand zu einem der Betreuer schlenderte. 'Ich hoffe für sie, dass sie nie die Erfahrung machen wird.' Langsam gesellte sich Jade wieder zu ihren Freunden. „Und ihr seid?“ eine junge Frau tauchte mit einem Klemmbrett vor ihnen auf und Dave wiederholte, was er zu dem Wachmann gesagt hatte. „Euer Bus ist da drüben, ihr müsst allerdings noch eine Weile warten.“ Sie deutete zu einem alten, klapprig aussehenden Bus, in dem schon einige Jugendliche Platz genommen hatten. „In Ordnung.“ Die Vier taten wie ihnen geheißen und stiegen, nachdem sie ihr Gepäck verstaut hatten, in den Bus ein. Delia ließ sich neben Dave auf einen Sitz fallen und sank sofort erschöpft tiefer in das Polster. Im hinteren Teil des Busses bemerkte Jade eine Gruppe von Mädchen, die ausgelassen schwatzten und lachten und verstohlen einen Jungen beobachteten, der allein ein Stück vor ihnen saß. 'Irgendwas stimmt doch nicht mit ihm.' Vermutete sie misstrauisch. 'Er kommt mir irgendwie seltsam vor.' Sie musterte ihn ein wenig genauer und bemerkte die gleiche Totenkopfkette, wie die des Wachmannes. 'Dan hat recht, da stimmt wirklich was nicht, es muss eine Verbindung zwischen den dreien geben. Was hat das zu bedeuten?' Als hätte er ihren Blick gespürt, hob der fremde Junge plötzlich den Kopf und sah sie direkt an. Sein Blick wanderte an ihr hinunter, er grinste und deutete mit einem Kopfnicken auf den Sitz neben sich. Sie trat erschrocken einen Schritt zurück und stieß gegen Dan, der direkt hinter ihr stand. „Hey.“ Rief er überrascht aus, während Jade sich schon hastig auf einen Sitz fallen ließ und ihn schnell neben sich zog. „Was ist denn los?“ wollte er irritiert wissen. „Hast du den Jungen da hinten gesehen?“ fragte sie flüsternd, ihre Stimme überschlug sich fast. „Ja, er schien dich nicht ganz uninteressant zu finden.“ Meinte Dan beiläufig, doch sie glaubte einen seltsamen Unterton raushören zu können, ganz sicher war sie sich aber nicht. „Wieso? Was ist mit ihm?“ „Er trug auch so ne Kette mit einem Totenkopf dran.“ Wisperte sie hektisch. „Was?“ nun war seine Neugier geweckt und er warf einen kurzen Blick nach hinten. „Er sieht immer noch hierher.“ Bemerkte er leise. „Bist du sicher? Vielleicht guckt er ja nur zufällig in unsere Richtung.“ Meinte sie wenig überzeugend. „Nein, er beobachtet dich und die Mädchen da hinten scheinen nicht wirklich begeistert zu sein.“ Er grinste. „Ich mag’s nicht, wenn man mich beobachtet.“ Murmelte sie und ließ sich tiefer in den Sitz sinken. „Können wir jetzt wieder dazu kommen, dass er die gleiche Kette trägt wie der Wachmann und wahrscheinlich auch der Typ aus dem Wald?“ „Okay, okay.“ Er riss seinen Blick von dem fremden Jungen los und wandte sich wieder ihr zu. „Was denkst du, ob die wirklich was vorhaben?“ fragte sie flüsternd. „Ich weiß es nicht, aber irgendwas ist schon faul, oder? Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass so unterschiedliche Typen zufällig die gleiche Halskette anhaben. Und was ist mit dem Typ den wir im Wald gesehen haben? Ich kann mir einfach nicht erklären, was der da gemacht hat.“ Dan schüttelte ahnungslos den Kopf. „Natürlich ist es kein Zufall, dass die komplett unterschiedlich sind, so fällt überhaupt nicht auf, dass sie zusammen gehören und sie treiben sich auch noch an völlig unterschiedlichen Orten rum. Der, den wir als erstes gesehen haben, beobachtet doch anscheinend die Straße, der Wachmann überblickt den Anmeldeplatz und der seltsame Junge wird anscheinend das Camp im Auge behalten, es wird kaum auffallen, wenn er sich alleine herumtreibt.“ Erklärte sie leise und schnell. „Also muss es irgendjemand auf das Camp abgesehen haben.“ Mutmaßte Dan stirnrunzelnd. „Oder auf die Camper.“ Ergänzte Jade und sah ihn an. „Wir müssen was unternehmen, bevor irgendetwas Schlimmes passiert, ich glaub nämlich kaum, dass die nur zum Spaß hier sind.“ Fügte sie ernst hinzu. „So Leute, setzt euch hin, wir fahren jetzt zum Camp.“ Flötete eine weibliche Stimme und Jade wandte sich der Frau zu, die gerade den Bus betrat, sie war vielleicht ein paar Jahre älter als Jade und ihre Freunde und trug braune Bermudas und ein weißes, eng anliegendes Top, das ihre schlanke Figur und ihre gebräunte Haut betonte. Schließlich fuhr der Bus ruckelnd los und die blonde Betreuerin ließ sich hinter dem Fahrer auf einen Sitz fallen. Überrascht stellte Jade fest, dass der Bus nun gefüllt war mit anderen Jugendlichen etwa in ihrem Alter. „Du behältst den Jungen im Auge und ich versuch was über die anderen beiden herauszufinden und ob noch mehr in der Nähe sind.“ Murmelte Jade Dan zu. „Wieso soll ich diesem Typen hinterher spionieren?“ wollte er beleidigt wissen. „Ich bin ihm schon aufgefallen, er wird es merken, wenn ich ihn verfolge.“ Erklärte Jade ruhig. „Aber sei bloß vorsichtig, er sieht nicht gerade dumm aus, wenn er was merkt, wird es garantiert gefährlich für dich.“ „Er wird mich gar nicht erst sehen.“ Meinte Dan lässig. „Sei dir da nicht so sicher, er wird garantiert nicht darauf vertrauen, dass niemand etwas bemerkt. Wenn die wirklich was vorhaben, wird er wohl extrem vorsichtig sein und auch nur aus dem Camp verschwinden, wenn er sich ganz sicher ist, dass niemand ihn beobachtet oder ihm folgt.“ Erklärte sie warnend. „Ich krieg das schon hin, keine Sorge.“ Beschwichtigte er sie. „Aber wie willst du rauskriegen, ob noch mehr in der Nähe sind? Ich mein die werden sich ja sicher versteckt halten.“ Er sah sie fragend an. „Das lass mal meine Sorge sein, ich hab schon eine Idee und wenn ich was herausfinde sag ich dir auf jeden Fall bescheid.“ Sie lächelte entschlossen und warf einen Blick aus dem Fenster. Die Straße, auf der sie fuhren war gerade mal ein wenig breiter als der Bus selbst und die hohen Eichen und Buchen überragten ihn um ein gutes Stück, sodass die Sonne von hier gar nicht mehr zu sehen war. „Ich wette, dass hier auch mindestens einer dieser Typen irgendwo ist und diesen Weg beobachtet.“ Meinte Jade leise und musterte jeden Baum genau, doch sie konnte nichts sehen, was darauf hinwies, dass jemand sich dort aufhielt. Nach etwa einer halben Stunde wurde der Weg breiter und öffnete sich schließlich in eine große Lichtung, auf der Jade eine Menge Zelte erkennen konnte, die in kleinen Grüppchen zu je fünf Zelten angeordnet waren. „So Leute, bevor ihr gleich rausstürmt und euch umseht muss ich euch noch kurz einiges erklären. Also erstens, wenn ihr gleich aussteigt, werde ich euch eure Zeltnummer, die ihr euch merken solltet, sagen. Ihr solltet dann mit eurem Gepäck gleich euer Zelt beziehen, da das Abendessen bereits um acht Uhr beginnt und ihr dort noch genauere Informationen über den Ablauf der nächsten drei Wochen erhalten werdet. So als nächstes bekommt ihr alle einen Plan, des Zeltplatzes, um euch besser zurecht zu finden.“ Die junge Betreuerin lief nun durch den Bus und verteilte die Pläne, von denen sie gesprochen hatte, nach einer Weile fuhr sie fort. „Ihr werdet die Zeit hier in Gruppen verbringen, in denen ihr verschiedene Aktivitäten und Exkursionen durch den Wald unternehmen werdet, die Zelte sind so eingeteilt, dass immer zehn Leute eine Gruppe bilden, wir haben natürlich berücksichtigt, wenn jemand mit einem Freund oder einer Freundin in einer Gruppe sein wollte. Wenn ihr noch irgendwelche Fragen habt, könnt ihr euch gleich bei mir melden, aber vorher sucht euch erst mal euer Gepäck zusammen.“ Nach ihrer Erklärung warf sie ihnen allen ein strahlendes Lächeln zu und verließ den Bus. Nach und nach erhoben sich die Jugendlichen und auch Jade und die anderen stiegen nun aus dem Bus aus. Es dauerte lange, bis die vier Freunde endlich ihr Gepäck in den Händen hielten und nur noch wenige andere waren noch hier, die meisten waren schon auf dem Weg zu ihren Zelten. Nervös bemerkte Jade, dass der seltsame, fremde Junge in ihrer Nähe stand und sie mit seinem Blick durchbohrte, es kam ihr so vor als schien er sie zu kennen. 'Das kann nicht sein, ich hab ihn noch nie gesehen, er muss ahnen, dass ich irgendwas weiß und deshalb beobachtet er mich.' Sie wandte sich mühsam von ihm ab und bemerkte, dass Dan, Dave und Delia sich schon auf den Weg zu den Zelten machten. „Na los Jade, beeil dich mal.“ Delia wandte sich ungeduldig zu ihr um. „Geht schon mal vor ich komm gleich nach.“ Rief Jade ihr zu und drehte sich wieder um. „So an diesem Punkt, werde ich euch aus Dans Sicht den weiteren Verlauf erzählen, denn seine Gedanken und Gefühle sind auch sehr interessant.“ Meinte Lucy sanft lächelnd. Dan war gerade mit seinem Gepäck beschäftigt, als er eine leise Stimme hörte, die seinen Namen murmelte. Verwirrt sah er zum geschlossenen Zelteingang, Dave und Delia konnten es kaum sein, sie waren schon vor etwas mehr als einer viertel Stunde zum Essen in den Speisesaal gegangen. Ob er sich vielleicht verhört hatte? „Dan? Bist du da drin?“ diesmal erkannte er die Person, die gesprochen hatte und zog erstaunt die Zeltplane beiseite. „Wo warst du die ganze Zeit?“ fragte er und musterte Jade, während er zu ihr nach draußen trat. „Ich hab mich ein bisschen umgesehen.“ Sie zuckte mit den Schultern und wieder fiel Dan auf, wie schön sie aussah, mit den langen, tiefschwarzen Haaren und ihren klaren, blauen Augen. Sie hatte die Figur eines Models und eine schöne, gebräunte Haut, wodurch sie bei vielen Jungs sehr beliebt war. An ihrer gemeinsamen Schule waren viele Typen hinter ihr her, doch hatte sie, soweit Dan wusste, nie eine Beziehung mit einem von ihnen gehabt. Und er musste sich eingestehen, dass auch er sie nicht ganz uninteressant fand. Er mochte ihre geheimnisvolle und unvorhersehbare Art, an einem Tag war sie nach außen hin selbstsicher und wirkte sehr viel stärker, als man es ihr zutrauen würde und an einem anderen sah sie wieder so traurig und zerbrechlich aus, wie er sie vor ungefähr zwei Jahren kennen gelernt hatte. Er hatte nie herausgefunden, warum sie so häufig traurig und verschlossen war, sie hatte ihm nie auch nur eine Kleinigkeit von ihrer Vergangenheit erzählt und manchmal ertappte er sich dabei, wie er sie verstohlen musterte und darüber nachdachte, was sie wohl für Geheimnisse verbarg. 'Ich mag sie mehr als nur eine Freundin.' Stellte er fest, allerdings saß die Angst, noch mal verletzt zu werden, noch zu tief, als dass er sich ihr hätte öffnen können. 'Wie konnte ich mich nur mit Svenja einlassen, obwohl mich jeder vor ihr gewarnt hatte? Ohne sie wäre wahrscheinlich einiges anders gekommen.' Er schüttelte leicht den Kopf. „Dan? Ist was?“ riss Jade ihn schließlich verunsichert aus seinen Gedanken, er bemerkte, dass sie errötet war und ihm wurde bewusst, dass er sie die ganze Zeit angestarrt hatte. „Entschuldige, ich hab grad über etwas nachdenken müssen. Was hast du gesagt?“ er sah sie betreten an und schob seine verwirrenden Gedanken beiseite. „Ich hab gesagt, dass ich etwas herausgefunden habe.“ Wiederholte sie und musterte ihn genau, als wollte sie herausfinden, was mit ihm los war. „Was? Wie hast du das denn jetzt schon hingekriegt?“ wollte er überrascht wissen. „Ich hab eben ein bisschen herumgeschnüffelt.“ Meinte sie und sah ihn immer noch ein wenig verwirrt an. „Ich bin in das Büro der Campleiterin eingebrochen und hab mir die Akten angesehen.“ Erklärte sie schnell, als sie seinen ungeduldigen Blick bemerkte. „Du hast was?“ er war sprachlos, nie hätte er gedacht, dass sie je etwas Verbotenes tun würde und nun erzählte sie ihm, dass sie bei jemandem eingebrochen war. „Ich wollte herausfinden, wer der Wachmann ist und ob er irgendetwas mit diesem seltsamen Jungen aus dem Bus zu tun hat. Und da hab ich mich eben dort ein wenig umgesehen.“ Erwiderte sie ruhig. „Aber über die Beiden gibt es nicht viel zu wissen, nur eines kommt mir irgendwie seltsam vor, beide haben keine Eltern mehr. Es ist sehr ungewöhnlich, dass in den Akten so viel Persönliches über die Camper drinsteht, obwohl das gar nicht üblich ist. Dieser seltsame Typ ist übrigens in unserer Gruppe und heißt Daniel. Und ich hab von Sabrina ne Karte vom ganzen Wald bekommen, die könnte uns auch ein ganzes Stück weiterbringen.“ Mit diesen Worten holte sie ein zusammengefaltetes Stück Papier aus ihrer Tasche und breitete es auf dem Boden aus. „Hier ist das Camp.“ Sie deutete auf einen etwas größeren Fleck, den Dan als die Lichtung auf der sie sich befanden identifizierte. „Und hier in der Umgebung gibt’s anscheinend ein Haufen Höhlen, ich wette darauf, dass sich in einer einige dieser Typen mit den Totenkopfketten aufhalten.“ Sie richtete sich zufrieden auf. 'Wir sind nicht mal eine Stunde hier und sie hat anscheinend dieses Rätsel schon fast gelöst.' Dachte er kopfschüttelnd. „Und was hast du jetzt vor?“ fragte er dann, da ihm nichts Besseres einfiel. „Ich werde mir heute Abend noch ein paar von diesen Höhlen genauer ansehen, vielleicht hab ich Glück und finde noch etwas heraus.“ Sie faltete die Karte wieder sorgfältig zusammen und steckte sie wieder zurück in ihren Rucksack. „Warte mal, du willst doch wohl nicht etwa allein in den Wald?“ Wollte er mit einem unguten Gefühl wissen. „Doch natürlich, was dachtest du denn?“ sie hob überrascht eine Augenbraue. „Das ist doch viel zu gefährlich.“ Erwiderte er laut. „Ich bin jahrelang mit meinem Vater jedes Wochenende in den Wald gefahren, um zu campen. Einmal hab ich ihn verloren und hab mich verirrt, ich war fünf Tage allein, bevor ich meinen Vater wieder gefunden habe. Damals war ich erst sieben, ich hatte furchtbare Angst und habe fast nicht geschlafen, aber ich hab auch herausgefunden, dass der Wald bei Weitem nicht so gefährlich ist, wie man denkt und mittlerweile finde ich mich in der Nacht fast besser zurecht als am Tag. Außerdem ist die Gefahr, dass mich jemand sieht geringer, wenn ich allein bin.“ Erklärte sie leise. „Es sind die Menschen, die gefährlich sind und vor denen man sich in Acht nehmen sollte.“ 'Das ist das erste Mal, dass sie mir etwas über ihre Vergangenheit erzählt.' Bemerkte er überrascht. 'Allerdings frag ich mich, was sie mit dem letzten Satz gemeint hat.' Fügte er nachdenklich hinzu und musterte sie kurz. Sie hatte sich von ihm abgewandt und verschwand in dem Zelt, das sie sich mit Delia teilte. „Jade? Kann ich dich was fragen?“ er trat ein paar Schritte näher und beobachtete wie sie mit flinken Bewegungen einige Dinge in eine kleine Tasche packte. „Was machst du denn da?“ wollte er stirnrunzelnd wissen. „Ich nehme ein paar Dinge mit, für den Notfall.“ Erklärte sie nur. „Für welchen Notfall?“ misstrauisch sah er dabei zu wie sie sich die Tasche umhängte und wieder aus dem Zelt heraustrat. „Na ja, falls ich mich verlaufe oder im schlechteren Fall, ich einem von diesen Typen begegne.“ Erwiderte sie schulterzuckend. „Was wolltest du denn wissen?“ „Ähm…was?“ fragte er etwas verwirrt nach. „Du wolltest mich doch was fragen, oder?“ sie zog die Brauen hoch, während sie ihre langen Haare zusammenband. 'Warum muss sie nur immer ihre Haare zusammenbinden? Es sieht doch viel schöner aus, wenn sie sie offen lässt.' Schweifte er nachdenklich ab, dann schob er kopfschüttelnd den Gedanken beiseite. „Ich…ähm… wollte wissen, was mit deinen Eltern ist. Delia hat mir erzählt, dass du nicht bei ihnen lebst, sondern bei deiner Tante und ich hab dich auch noch nie über sie reden hören.“ Er musterte ihr schmales Gesicht, auf das nun ein trauriger Ausdruck trat. „Sie sind gestorben, vor zwei Jahren.“ Erklärte sie leise und wandte den Blick ab. „Seitdem wohn ich bei meiner Tante.“ „Oh, tut mir leid. Ich…“ „Du kannst ja nichts dafür.“ Unterbrach sie ihn kopfschüttelnd, dann hielt sie plötzlich inne. „Wir werden beobachtet.“ Flüsterte sie kaum hörbar, sodass Dan Mühe hatte sie zu verstehen. „Was?“ rief er überrascht aus und sie legte einen Finger an die Lippen, dann beugte sie sich näher zu ihm vor. „Ich bin wahrscheinlich in ein, zwei Stunden wieder zurück. Sag Dave und Delia nicht, warum ich weg bin und pass bitte auf, dass ‚er’ mir nicht folgt.“ Mit diesen Worten drückte sie leicht seinen Arm und verschwand hinter einem Zelt. 'Wen hat sie damit gemeint?' Fragte er sich irritiert, doch im nächsten Augenblick trat der fremde Junge, der ihnen schon im Bus aufgefallen war, hervor und beantwortete somit seine Frage. „Ist Jade wegen mir verschwunden?“ wollte er mit einem herablassenden Lächeln wissen und kam näher. „Woher kennst du ihren Namen?“ entgegnete Dan misstrauisch, doch der Junge, der, soweit Dan sich erinnern konnte, Daniel hieß, ging nicht direkt auf seine Frage ein. Stattdessen ging er noch ein paar Schritte auf Dan zu und blieb schließlich direkt vor ihm stehen. „Es ist nie schlecht den Namen eines hübschen Mädchens zu kennen.“ Meinte er schließlich nur. „Man weiß ja nie, was draus wird.“ „Du kennst sie doch gar nicht.“ Rief Dan wütend aus. „Und du glaubst sie zu kennen?“ Daniels Lächeln verwandelte sich in ein hämisches Grinsen und er musterte Dan mit seinen dunklen Augen, die mehr zu verbergen schienen als man erahnen konnte. „Ich find’s süß, dass Dan sich solche Sorgen um Jade macht.“ Schwärmte Anna. „Ich wünsche mir, auch mal so jemanden kennen zu lernen.“ „Typisch Mädchen.“ Alex schüttelte seufzend den Kopf. „Mich interessiert eher dieser Daniel, ich finde den total seltsam.“ Fügte er nachdenklich hinzu. „Ich glaube, dass der wirklich noch mehr zu verbergen hat, als Dan und Jade vermuten.“ Er sah Lucy fragend an, doch sie schenkte ihm nur ein rätselhaftes Lächeln und fuhr mit ihrer Geschichte fort. Lautlos tauchte Jade in den Schatten einer Buche und verharrte dort. Ein Knacken ließ sie zusammenfahren, angespannt horchte sie in die Stille. 'Da war bloß ein Tier, beruhig dich Jade.' Redete sie sich zu, doch die Anspannung blieb. In dem fahlen Mondlicht konnte Jade nicht viel weiter als ein paar Schritte sehen und sie musste deshalb sehr behutsam vorgehen, um keinen Höllenlärm zu verursachen. Doch nachdem sie zweimal Stimmen in ihrer Nähe gehört hatte, hatte sie ihre Taschenlampe komplett ausgeschaltet und war im Dunklen weitergelaufen. Nur wenn sie hin und wieder ihre Karte zur Orientierung hervorholte, ließ sie den Lichtstrahl kurz über das weiße Papier wandern. Und auch jetzt ließ sie sich leise auf den Boden sinken und zog ihre Karte zu Rate, konzentriert huschte ihr Blick über das Papier. 'Ich glaube es ist besser, wenn ich langsam zurückgehe, es ist schon viel zu spät, um noch etwas zu finden.' Beschloss sie, während sie langsam die Müdigkeit vom langen Laufen zu spüren begann. Als sie ihre Karte wieder in der Tasche versinken ließ und auch wieder die Taschenlampe ausknipste, konnte sie plötzlich leise Stimmen in ihrer Nähe hören. „…bin mir ganz sicher, dass ich da ein Licht gesehen hab.“ Die Stimme schien von einem Baum zu kommen. Ängstlich drückte sich Jade in den Schatten eines mächtigen Stammes. „Du Schwachkopf hast dir das mal wieder nur eingebildet.“ Meinte eine andere Stimme genervt. „Nein, wirklich. Da war was.“ Beharrte der Erste stur. „Dann guck von mir aus nach, aber ich geh wieder zurück.“ Der Zweite seufzte laut und Jade konnte einen dumpfen Schlag und kurz danach ein Rascheln hören, sie vermutete, dass der Mann vom Baum gesprungen und ins Unterholz davongelaufen war. „Idiot.“ Murmelte nun der Verbliebene und sprang ebenfalls vom Baum. Zu Jades Entsetzen kam er direkt auf sie zu. 'Oh nein, was mach ich denn jetzt?' So leise sie konnte wich sie zur Seite aus. „Komm raus, ich weiß, dass du hier bist.“ Flötete der Unbekannte leise. Jade keuchte überrascht auf, als sie gegen einen anderen Baum stieß. „Aha.“ Triumphierend tauchte der fremde Mann vor ihr auf, entsetzt schlug sie die Hand vor den Mund. Soweit Jade das beurteilen konnte, war er noch recht jung, um die 20 Jahre, vielleicht auch ein bisschen jünger und über einen Kopf größer als sie selbst. Als sie sein Gesicht näher betrachtete, stockte ihr der Atem. Unzählige, tiefe Narben, die Jade trotz des wenigen Lichts erkennen konnte, verunstalteten dort seine Haut und zogen sich teilweise zentimeterlang über sein Gesicht. 'Was ist bloß mit ihm passiert?' Fragte sie sich und ein Stich des Mitgefühls durchfuhr sie. Sie beobachtete wie der junge Mann in einer Tasche, die er über der Schulter hängen hatte, kurz herumkramte und schließlich etwas herauszog, was sie nicht genau erkennen konnte. Als ihr einen Moment später ein greller Lichtstrahl ins Gesicht fiel, war ihr klar, dass es sich um eine Taschenlampe handelte. „Was haben wir denn hier?“ der Lichtkegel senkte sich ein wenig und Jade konnte nun den Unbekannten genauer sehen. Er war schlanker als sie gedacht hatte und trug eine dunkelblaue, schmutzige Jeans und ein schwarzes Sweatshirt. Er hatte etwas längere, tiefschwarze Haare, die ihm weit ins Gesicht fielen, wahrscheinlich um möglichst viele der zahlreichen Narben zu verbergen. 'Ohne diese schrecklichen Narben würde er eigentlich richtig gut aussehen. Ich frage mich, was er nur durchmachen musste, das müssen unerträgliche Schmerzen gewesen sein.' Überlegte sie voller Mitleid und bemerkte zufällig die silberne Halskette mit dem Totenkopfanhänger, die er um den Hals trug. 'Er ist also auch einer von ihnen.' Stellte sie fest. „Es gibt also tatsächlich mehr von euch.“ Fügte sie laut hinzu. „Du weißt von uns?“ er sah sie überrascht an. „Er hat uns vor dir gewarnt. Er hat gesagt, dass du schlau bist und dass wir vorsichtig sein müssen, allerdings hätte ich nicht damit gerechnet, dass du so schnell von uns erfährst. Ich fürchte wir waren nicht vorsichtig genug, was unsere Tarnung angeht.“ Er schüttelte seufzend den Kopf. „Aber auch du warst sehr unvorsichtig, du bist nicht mal einen Tag hier und ich hab dich schon erwischt. Tut mir leid, aber wir sollen dich zu ihm bringen, wenn du uns auf die Schliche kommst.“ Bevor Jade reagieren konnte, stand er direkt hinter ihr und hielt ihr ein Messer an den Hals. „Du hättest dich besser um deinen eigenen Kram kümmern sollen.“ Flüsterte er bedrohlich. „Aber jetzt ist es zu spät.“ „Was ist mit dir passiert?“ wollte sie leise wissen. „Von was hast du diese Narben?“ Sie erkannte sofort, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte. Seine Hand begann zu zittern und die scharfe Klinge schnitt ihr leicht in die Haut. Langsam legte sie ihm eine Hand an den Arm, mit dem er das Messer hielt und drückte ihn ein wenig von ihrem Hals weg, um sich zu ihm umzudrehen und ihn direkt ansehen zu können. „Das müssen höllische Schmerzen gewesen sein, ich kann mir das wahrscheinlich gar nicht vorstellen.“ Meinte sie mitleidvoll und sah ihn an, er war wie versteinert und erwiderte ihren Blick sprachlos. „Ihr seid so was wie eine Sekte, nicht wahr? Und du bist ihr beigetreten, weil irgendetwas Schlimmes in deiner Vergangenheit passiert ist, was dich an allem und jedem hat zweifeln lassen. Was auch immer ihr tut hat dir einen Sinn gegeben weiterzuleben.“ Fügte sie hinzu und sie konnte an seinem Gesicht ablesen, dass sie genau ins Schwarze getroffen hatte. Schockiert wich er vor ihr zurück. „Woher…? Wie…?“ begann er, doch er brachte keinen Ton heraus. „Wie ich das wissen kann? Hast du dir mal überlegt, dass du nicht der Einzige bist, dem was Schlimmes passiert ist? Es gibt viele Menschen, die Schreckliches erlebt haben. Du bist nicht so allein, wie du glaubst.“ Sie wandte sich traurig ab, er starrte sie unverwandt an und senkte schließlich das Messer. „Geh, verschwinde, ich lass dich laufen.“ Murmelte er so leise, dass Jade glaubte sich verhört zu haben. „Was?“ sie musterte ihn irritiert. 'Meint er das ernst?' Sie war mehr als verwirrt. „Aber wenn das jemand herausfindet, bekommst du wirklich Probleme.“ Meinte sie kopfschüttelnd. „Da jeder mich für einen Idioten hält, glaubt wohl niemand, dass ausgerechnet ich dich erwische, also wird mich auch keiner fragen, ob ich was entdeckt hab.“ Erwiderte er und lachte zynisch, dann kam er wieder näher und hielt ihr ein Tuch entgegen. „Hier, für deinen Hals, der Schnitt blutet immer noch, tut mir leid.“ Schließlich wandte er sich ab und lief davon. „Warte, woher weiß ich, dass sie dir nicht doch was tun werden?“ wollte sie wissen und versperrte ihm schnell den Weg. „Wenn mir nichts zustößt, sehen wir uns wieder.“ Flüsterte er und war urplötzlich verschwunden, überrascht drehte sie sich um sich selbst. 'Wie konnte er nur verschwinden, ohne dass ich gesehen habe wohin?' Fragte sie sich und machte sich kopfschüttelnd auf den Weg zurück ins Camp. 'Die anderen fragen sich sicher schon wo ich stecke.' Vermutete sie und beschleunigte ihre Schritte. Als sie nach etwa einer halben Stunde aus dem Wald heraustrat und die Lichtung wieder vor sich sah, atmete sie tief ein. Die Anspannung viel mehr und mehr von ihr ab, je weiter sie zwischen den Zelten hindurch lief. 'Beruhig dich Jade, er hat dich laufen lassen, es ist alles in Ordnung.' Redete sie sich ein, um nicht darüber nachdenken zu müssen, was alles noch passieren konnte. Und zu allererst, was diesem fremden Jungen, der sie hatte laufen lassen, passieren konnte. 'Und ich kenn noch nicht mal seinen Namen.' Fiel ihr nachdenklich ein. 'Wenn diese andere Person ihn jetzt beobachtet hat…?' Sie konnte diesen Gedanken einfach nicht loswerden. „Ihm wird es schon gut gehen.“ Rief sie laut aus, um ihre düsteren Gedanken zu vertreiben. „Ach ja? Wem denn?“ Daniel tauchte plötzlich vor ihr auf und grinste sie an. Wieder hatte sie das Gefühl, dass er sie zu kennen schien. „Ich hab diesen Dan getroffen, er scheint ziemlich nett zu sein.“ Fügte er hinzu und grinste noch breiter, seine Worte erinnerten sie wieder daran, dass sie Dan mit Daniel allein gelassen hatte. Sie beeilte sich an Daniel vorbeizukommen und beschleunigte weiter ihre Schritte. „Dan?“ rief sie beunruhigt, bevor sie richtig vor seinem Zelt stand. „Bist du da?“ Die Zeltlasche öffnete sich und sie seufzte erleichtert, doch es war Dave, der heraustrat und nicht Dan. „Hy Jade, was gibt’s denn?“ wollte er lächelnd wissen und trat ganz nach draußen. „Weißt du wo Dan steckt?“ wollte sie hastig wissen. „Hab keine Ahnung, er ist schon eine ganze Weile verschwunden.“ Erwiderte Dave schulterzuckend. „Und er hat nicht gesagt, wo er hin wollte?“ hakte sie nach. „Nein, ich hab nur mitgekriegt, wie er mit Daniel geredet hat und als der dann gegangen ist, ist er auch verschwunden.“ Erklärte er nachdenklich. „Sag mal was ist eigentlich los?“ „Ähm nichts, wir sehn uns später.“ Ohne ihm noch eine richtige Antwort zu geben, drehte sie sich um und durchsuchte das Camp nach Dan. 'Er ist ganz sicher Daniel gefolgt.' Dachte sie mit einem unguten Gefühl im Magen. Erschöpft blieb sie schließlich am Rand der Lichtung stehen, sie hatte jeden Winkel durchsucht und jeden ausgefragt, der ihr begegnet war und trotzdem keine Spur von Dan entdeckt. Seufzend ließ sie sich gegen den nächst besten Baum sinken und lehnte das Gesicht gegen die kühle Rinde. 'Wo bist du nur, Dan?' Fragte sie sich in Gedanken und schloss besorgt die Augen. Benommen öffnete Dan die Augen und sah sich blinzelnd um, viel konnte er nicht erkennen, dafür war es zu dunkel. Allerdings konnte er das weiche Moos spüren, auf dem er lag und das leichte Rauschen der Bäume hören, die sich in der milden Brise ein wenig regten. Als er sich langsam aufsetzte, fuhr ihm ein heftiges Stechen durch den Kopf und ein heftiger Schwindel erfasste seinen gesamten Körper. Vorsichtig hob er die Hand an die Stirn, Übelkeit übermannte ihn und er zog sie schnell wieder zurück. Etwas Warmes und Klebriges überzog nun seine zitternden Finger. 'Ich blute.' Wurde ihm bewusst. 'Was ist bloß passiert?' Nur langsam erinnerte er sich daran, dass er Daniel gefolgt war, nachdem dieser sich so seltsam benommen hatte. 'Kennt er Jade etwa?' Überlegte Dan und schüttelte nachdenklich den Kopf. Er bereute diese Geste allerdings sofort, denn ein stechender Schmerz fuhr ihm durch seinen ohnehin schon malträtierten Kopf. 'Ich bin Daniel gefolgt und was dann?' Er überlegte angestrengt. 'Er ist in den Wald gelaufen und ich bin ihm hinterher.' Führte er in Gedanken weiter, plötzlich erinnerte er sich wieder an die Schritte, die er hinter sich gehört hatte. 'Jemand hat mich nieder geschlagen.' Erinnerte er sich nun und stand langsam auf. 'Ich muss Jade warnen.' Bevor er auch nur einen Schritt weitergehen konnte, hörte er in der Nähe jemanden leise murmeln. Er trat näher heran, um besser verstehen zu können und erstarrte als er die Stimme erkannte. 'Ist das etwa Jade?' Vorsichtig stieg er über einen Baumstamm, der ihm im Weg lag. 'Mit wem spricht sie denn da?' Er blieb stehen und horchte. „Lass sie in Ruhe, sie hat doch nichts getan.“ Ertönte Jades leise, ängstliche Stimme. „Geh weg von ihr, lass sie.“ Sie wurde lauter und hysterischer und Dan beeilte sich die Stelle zu erreichen, an der er Jade vermutete. Doch bevor er das Camp vor sich sah, zerriss ein schriller Schrei die nächtliche Stille. 'Jade!' Ohne auf den pochenden Schmerz in seinem Kopf zu achten, rannte er los, schlug achtlos Zweige beiseite und stolperte über den unebenen Waldboden. Eine Ewigkeit später wie es ihm schien, obwohl es nur ein paar Sekunden gewesen waren, ließ er den letzten Baum hinter sich und hatte nun das Camp vor sich. Fast wäre er über eine am Boden kniende Gestalt gestolpert. „Jade?“ er ließ sich neben ihr zu Boden sinken und sie hob den Kopf, er sah, dass sie weinte. „Was ist denn passiert?“ „Ich hab nur geträumt. Nicht so schlimm.“ Gab sie ausweichend zur Antwort. „Was ist denn mit dir passiert? Du blutest.“ Lenkte sie das Thema schnell auf ihn und wischte sich möglichst beiläufig eine Träne von der Wange. „Red doch mit mir, Jade, ich will dir doch nur helf…“ „Wer hat denn geschrieen?“ unterbrach jemand Dan und der Strahl einer Taschenlampe wanderte vom einen zum anderen, möglichst unauffällig senkte Dan den Blick, er hatte keine Lust zu erklären, wieso er verletzt war. „Ich.“ Meldete sich Jade leise zu Wort. „Ich muss hier eingeschlafen sein und hab schlecht geträumt.“ Fügte sie knapp hinzu. 'Manchmal wünschte ich, ich könnte sie wenigstens ein bisschen verstehen.' Überlegte Dan seufzend. Als die Taschenlampe ihm nicht mehr ins Gesicht leuchtete, konnte Dan den jungen Mann erkennen. Er hatte kurze, blonde Haare und einen schlanken, durchtrainierten Körper. Seine Größe und seine vielen Muskeln wirkten in dem fahlen Licht sehr beeindruckend. Aber Dan war sich sicher, dass er am Tag kaum weniger bedrohlich aussah. 'Er muss der Nachtwächter sein.' „Und was machst du hier?“ der junge Betreuer warf Dan einen misstrauischen Blick zu. „Ich hab sie gesucht.“ Erwiderte er und hoffte, dass der Mann nicht weiter nachfragte, er wollte ihm auf keinen Fall erzählen, dass er bewusstlos geschlagen wurde. Im Grunde war es ja aber auch wahr, dass er sie gesucht hatte, allerdings erst nachdem sie geschrieen hatte. „Okay, dann geht langsam zurück in eure Zelte, es ist schon spät.“ Der Betreuer wandte sich von den beiden ab und drehte weiter seine Runden im Camp. „Wo warst du verdammt noch mal?“ wollte sie wissen und stand ruckartig auf, er war sich nicht sicher, ob sie jetzt sauer auf ihn war oder besorgt um ihn. „Was meinst du?“ erwiderte er gespielt ahnungslos und beobachtete genau ihre Reaktion. „Ich komm zurück ins Camp, begegne wie auf Stichwort zuerst Daniel und erfahre von Dave, dass du kurz nach ihm verschwunden bist. Wo bitte warst du die ganzen Stunden?“ fuhr sie ihn heftig an. 'Okay ich vermute mal, dass sie sauer ist.' Stellte er kopfschüttelnd fest, allerdings verursachte diese Bewegung ein heftiges Schwindelgefühl, seine Sicht verschwamm und er nahm nur am Rande wahr, wie er gefährlich zur Seite schwankte. Ruckartig fuhr Dan aus dem Schlaf und rieb sich die pochende Stirn. Überrascht hielt er inne, als er den Verband bemerkte, der wie ein Stirnband um seinen Kopf gebunden war. „Du bist wach?“ es war mehr eine Feststellung als eine Frage. „Wie geht es dir?“ erst nach kurzem Überlegen fiel ihm ein woher er diese Stimme kannte. „Jade?“ stirnrunzelnd sah er sich um und als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er, dass er sich in einem Zelt befand und neben ihm Jades undeutliche, schlanke Gestalt saß. „Wo sind wir?“ wollte er irritiert wissen, er konnte sich nicht erinnern wie er hierher gekommen war. „Wir sind in dem Zelt, das ich mir eigentlich mit Delia teile.“ Erwiderte sie knapp. „Und wo ist sie dann?“ Dan war nun noch verwirrter als zuvor. „Sie liegt zusammen mit Dave in eurem Zelt und schläft tief und fest. Und da ich sie nicht wach gekriegt hab, musst du eben hier schlafen, bis wir das morgen mit ihnen klären können.“ Erwiderte Jade und seufzte. „Wie geht es deinem Kopf?“ „Besser, hast du ihn mir verbunden?“ fragte er nach und musterte das, was er von ihr erkennen konnte. „Natürlich, du hast mir ja keine andere Wahl gelassen. Was ist eigentlich passiert, nachdem ich gegangen bin? Dave konnte mir nur sagen, dass du kurz nach Daniel verschwunden bist.“ Sie kramte in ihrer Tasche und zog einen kleinen Gegenstand heraus, den sie zwischen sich und Dan legte. Plötzlich erhellte ein mattes Licht, das von dem kleinen Ding ausging, Jades müdes Gesicht. „Ich bin ihm gefolgt, etwa eine halbe Stunde lang vielleicht auch ein bisschen länger. Er ist quer durch das Camp gelaufen und irgendwann dann abrupt in den Wald marschiert. Irgendjemand ist mir allerdings gefolgt und als ich mich umgedreht hab, hat mir jemand etwas über den Kopf gezogen. Anscheinend war ich dann eine Weile ohnmächtig, ich bin erst wieder aufgewacht, als es schon dunkel war. Ich hab deine Stimme gehört und bin ihr gefolgt, bis du geschrieen hast. Ich dachte dir wäre irgendetwas passiert, also bin ich sofort losgerannt und den Rest kennst du ja.“ Nachdem er geendet hatte, dachte er noch einmal über den vergangenen Tag nach. 'Wir sind nicht mal einen Tag hier und ich hab schon mehr erlebt als in meinem ganzen Leben.' Dachte er kopfschüttelnd und vergaß dabei wieder ganz seine Wunde, er stöhnte auf, als ihm der Schmerz durch den Kopf fuhr und versuchte angestrengt nicht wieder bewusstlos zu werden. Eine kühle Hand legte sich zaghaft auf seine Wange, ein Kribbeln lief durch seinen Körper und das Pochen in seiner Stirn verebbte langsam wieder. „Du siehst gar nicht gut aus.“ Meinte Jade leise und er konnte undeutlich ihr besorgtes Gesicht erkennen. „Und es sieht so aus, als hättest du auch noch Fieber.“ Fügte sie hinzu und erhob sich langsam. „Nein, bleib hier.“ Flüsterte er matt und ohne zu wissen warum, griff er nach ihrer Hand. Er spürte wie sie zusammenzuckte und ihre Hand zurückzog, dann ging sie noch einmal vor ihm auf die Knie. „Ich geh nur kaltes Wasser holen, ruh dich besser noch ein wenig aus.“ Stirnrunzelnd schob sie seine Haare zur Seite und musterte kurz sein Gesicht. „Es blutet immer noch, ich sollte wohl besser den Verband auch noch wechseln.“ „Lass, es geht schon.“ Murmelte er, während sie erneut aufstand. „Ich bin gleich wieder da.“ Versprach Jade, dann öffnete sie die Zeltlasche und verschwand in der Dunkelheit. „Armer Dan.“ Meinte Anna. „Es hat ihn ganz schön übel getroffen. Aber ich frag mich, wie Daniel ihn überlisten konnte.“ „Ganz einfach, es muss noch jemanden im Camp geben, der zu dieser Sekte gehört und der hat Dan niedergeschlagen, bevor dieser zu viel herausfinden konnte.“ Erklärte Alex. „Stimmt’s Lucy?“ er warf Lucy einen fragenden Blick zu. „Gut bemerkt Alex, es gibt noch jemanden, der sich im Camp aufhält und den Lauf der Dinge überwacht.“ Stimmte diese nickend zu. „Jemand, der aus dem Verborgenen heraus agiert und noch unerkannt bleibt.“ Fügte sie lächelnd hinzu. „Und das ist wirklich passiert?“ fragte Anna skeptisch nach. „Das Ganze kommt mir nämlich ziemlich komisch vor.“ „Ich versichere dir, dass alles was ich gesagt habe und noch sagen werde nicht erfunden oder gelogen ist.“ Schwor Lucy feierlich und hob dabei die rechte Hand, dann ließ sie sie lächelnd wieder sinken und fuhr mit ihrer Erzählung fort. „Mit hämmerndem Herzen stand Jade vor dem Zelt, in dem Dan sich noch aufhielt. 'Wieso hat er plötzlich meine Hand genommen?' Überlegte sie aufgewühlt und schüttelte energisch den Kopf. 'Er hat Fieber und wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung, er ist einfach nur durcheinander.' Sie atmete noch einmal tief durch, drückte die leere Wasserflasche und das Handtuch an die Brust und lief zwischen den Zelten hindurch zum Waschraum. Im Camp war es ruhig, bis auf das gelegentliche Rascheln einer Zeltplane und dem Schnarchen einiger Camper. Leise huschte Jade zwischen den Zelten hindurch, möglichst darauf Bedacht keinen Lärm zu machen. Der Waschraum lag am Rande des Camps direkt neben dem Büro der Leiterin. Als sie nun die Tür langsam aufdrückte und nach dem Schalter tastete, konnte sie neben sich aus dem Wald ein leises Knacken hören. Angespannt fuhr Jade herum und horchte auf Schritte, doch es herrschte wieder Stille, bis ein lauteres Knacken zu vernehmen war. Schließlich trat eine Gestalt aus dem Schatten des Waldes. Instinktiv glitt Jade in den Waschraum und drückte sich gegen die Wand. Vorsichtig spähte sie hinaus und erkannte im Mondlicht Daniel, der lautlos durch die Zeltreihen schlich und letztendlich aus ihrem Blickfeld verschwand. Erleichtert stieß sie die Luft, die sie unbeabsichtigt angehalten hatte, wieder aus. 'Zum Glück hat er mich nicht gesehen.' Dachte sie seufzend und trat langsam an eines der Waschbecken. 'Aber ich frag mich, was er um diese Zeit noch im Wald gemacht hat.' Überlegte sie misstrauisch und ihr fielen wieder all ihre seltsamen Beobachtungen ein, während sie die Flasche mit kaltem Wasser füllte und das Handtuch anfeuchtete. Damit lief sie wieder zurück zu ihrem Zelt, schob die Plane beiseite und schlüpfte hinein. Die kleine halbrunde Lampe, die sie kurz zuvor eingeschaltet hatte, beleuchtete noch immer das Zelt und warf Jades und Dans Schatten merkwürdig verzerrt an die Wände. Langsam ließ sie sich vor ihm auf die Knie sinken, er saß immer noch aufrecht auf seinem Schlafsack und sah sie abwesend an. 'Er ist immer noch so heiß.' Bemerkte sie, als sie eine Hand auf seine Wange legte. „Deine Hand ist kalt.“ Meinte er leise. „Meine Hand ist nicht kalt, du bist heiß.“ Erwiderte sie und schüttelte leicht den Kopf. „Du solltest doch besser zu einem Betreuer gehen.“ „Es geht mir gut.“ Beharrte er stur, klang aber nicht sehr überzeugend. „Ich will jetzt endlich wissen, ob du etwas raus gefunden hast oder nicht, du warst schließlich eine Ewigkeit weg.“ „Ich erzähl’s dir morgen, wenn es dir besser geht.“ Sie reichte ihm das nasse Handtuch. „Hier, für deinen Kopf, damit dein Fieber wenigstens ein bisschen sinkt.“ „Danke.“ Murmelte er und hielt sich den kühlen Stoff ins Gesicht. Langsam ließ er sich auf seinen Schlafsack zurücksinken. 'Er sieht ziemlich krank aus.' Fand sie und musterte besorgt sein verschwitztes Gesicht und seinen Brustkorb, der sich unregelmäßig schnell hob und senkte. 'Es geht ihm bestimmt nicht gerade gut.' Ein leises Stöhnen kam ihm über die Lippen und sie beobachtete, wie sein Körper sich verkrampfte. 'Ich hätte ihn nicht hinter Daniel herschicken dürfen, ich hätte wissen müssen, dass er ihn bemerken würde. Wenn ich ihm selbst gefolgt wäre, wäre wenigstens Dan nichts passiert.' Schuldbewusst legte sie ihm eine Hand auf die verbundene Stirn und schloss erschöpft die Augen. 'Schlaf jetzt.' Murmelte sie in Gedanken. 'Schlaf und werde schnell wieder gesund.' Als sie ein warmes Kribbeln in der Hand spürte, die noch immer auf Dans Kopf ruhte, zog sie sie überrascht zurück und konnte noch kurz einen hellen Schimmer in ihrer Handfläche sehen. 'Was war das?' Fragte Jade sich irritiert, doch noch bevor sie sich weitere Gedanken darüber machen konnte, verschwamm ihre Sicht und Müdigkeit und Erschöpfung überschwemmten ihr Bewusstsein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)