Eins plus eins macht drei! von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 18: Prüfungsvorbereitungen ---------------------------------- @ : Nein, die „Vertretung“ kommt erst in Kapitel 20. Wobei ich persönlich die Konstellation alles andere als eklig finde. :D @ : Ich schätze mal, Naruto ist nach einer dreistündigen Sitzung auf dem Klo eingeschlafen, weil er mal wieder schlechte Milch getrunken hat. ;D Ach ja, du hast mich mal wieder zum Schmunzeln gebracht (bei den Drabbles inbegriffen). Manchmal darf es also gerne auch Schwachsinn sein. :) @ : Hoffentlich kannst du mit Genma auch was anfangen. Ja, die Coolness hat einen Namen! :D @ all: Feedback ahoi! Fühlt euch herzlich von mir gedrückt! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 18: Prüfungsvorbereitungen „Was hältst du von diesem Kleid? Sieht doch gut aus, oder?“ Temari seufzte innerlich. Seit einer geschlagenen Dreiviertelstunde wälzte sie eher unfreiwillig zusammen mit Yoshino Kataloge für Umstandsmode durch und hatte es immer noch nicht geschafft, ihre Euphorie auf irgendeine Weise zu bremsen. Sogar ganz im Gegenteil: Jede unmotivierte Antwort, die sie gab, schien die Frau nur noch mehr anzustacheln. Tja, wer auch immer behauptet hatte, dass Schwiegermütter anstrengend und nervig waren, der hatte zweifellos Recht gehabt … Gelangweilt warf Temari einen Blick auf das besagte Kleidungsstück. Das knallbunte Pink der Abbildung tat allein schon beim Hinsehen weh und der Schnitt war ebenfalls überhaupt nicht ihr Fall. Derjenige, der den guten Geschmack erfunden hatte, hatte davon definitiv nichts an Yoshino abgegeben … „Was meinst du?“, hakte diese noch einmal nach Die Mutter ihres ersten Enkels rang sich ein „Nein, lass mal“ ab und linste hoffnungsvoll auf die Uhr. Erst halb eins … Warum in aller Welt fand die nächste Besprechung für die anstehende Chuunin-Auswahlprüfung erst in zweieinhalb Stunden statt? Ach, das Leben musste sie einfach irgendwie hassen. Ansonsten hätte es ihr nicht so eine Schwiegermutter aufgehalst … Yoshino schürzte die Lippen. „Du bist aber auch ein schwieriger Kunde …“ Sie blätterte weiter. „Früher hatten Schwangere lange nicht so eine Auswahl und sie mussten das nehmen, was es gab – egal, wie bescheuert es aussah.“ Temari quittierte ihren Kommentar mit einem genervten Augenrollen, das sie glücklicherweise nicht bemerkte. Wenn ihr etwas auf den Keks ging, waren es Leute, die plötzlich alte Geschichten wie ›Früher war alles soundso‹ auspackten. Den Atem für ein passendes Kontra sparte sie sich aber trotzdem. Es brachte ja ohnehin nichts. Nur einen Moment später hielt Yoshino abermals inne. „Und was ist hiermit?“ Sie betrachtete das Kleid flüchtig. „Besser“, meinte sie anschließend und die Frau atmete schon auf, als sie nachsetzte: „Das heißt, wenn diese grausigen Rüschenbesätze nicht wären. So was hab ich als kleines Mädchen schon nicht gemocht.“ Das Jubeln ihrer Gesprächspartnerin ging in abruptes Schweigen über. Temari vermied es, zu ihr herüberzusehen und starrte lieber an die Zimmerlampe. Nebenbei lauschte sie dem gelegentlichen Rascheln der Katalogseiten, bis sie völlig unerwartet ein „Okay, ich geb es auf“ hörte. Unvermittelt klappte Yoshino das Heft zu und legte es auf den Tisch zu den anderen. „Hast du gehört? Du hast gewonnen!“, setzte sie noch überflüssigerweise nach. Ungläubig wandte sie sich zu ihr um. Träumte sie gerade oder war sie doch vor Langeweile gestorben und im Himmel gelandet? Sie kniff sich kurz in den Unterarm und stellte fest, dass sie noch immer wach und quietschlebendig war. Endlich hatte jemand ein Einsehen mit ihr … „Gewonnen?“, wiederholte Temari sie mit bemühter Fassung und Unschuldsmiene. „Aber ich hab doch gar nichts gemacht.“ Ihr Gegenüber runzelte die Stirn. „Meinst du, ich hab nicht bemerkt, dass dich das hier überhaupt nicht interessiert?“ Sie zuckte nichtssagend mit den Schultern, was der Frau einen weiteren Seufzer entlockte. „Immer dieser jugendliche Leichtsinn“, schimpfte sie los. „Ihr jungen Leute denkt auch überhaupt nicht über die Zukunft nach!“ Okay, jetzt war es also wieder so weit: Yoshinos berühmt-berüchtigten Fünf Minuten, in denen sie alles und jeden infrage stellte, waren angebrochen. „Was haben Klamotten bitte mit der Zukunft zu tun?“, fragte Temari diplomatisch nach. „Darf ich nicht selbst entscheiden, was ich anziehen möchte und was nicht?“ „Sicherlich“, stieß sie mit unnatürlich hoher Piepsstimme aus. „Aber du bist fast im sechsten Monat schwanger! Da musst du dir doch mal so langsam Gedanken darüber machen, wie du dich in ein paar Wochen kleiden willst. Du kannst doch nicht wie ein Penner in ausgewaschenen XXL-T-Shirts auf die Straße gehen.“ Natürlich kann ich das, dachte sie insgeheim, sprach es jedoch nicht aus, um das Konfliktpotenzial nicht noch zusätzlich in die Höhe zu treiben. Stattdessen sagte sie: „Das hab ich auch nicht vor, aber warum soll ich mich verrückt machen, wenn mir meine Sachen momentan noch ganz gut passen?“ Damit hatte sie genau die falsche Antwort gegeben. „Siehst du, du gibst es sogar zu: Momentan sitzt alles noch da, wo es soll. Ich geb dir Brief und Siegel darauf, dass du spätestens in vier Wochen was Neues brauchst und dann stehst du dumm da, weil du nichts Passendes findest.“ Temari war versucht, ihr für diese Äußerung einen Vogel zu zeigen. So einen Schwachsinn hatte sie von ihr lange nicht mehr gehört … „Mach dir darüber mal keine Sorgen. Irgendwas werd ich schon finden, das mich nicht wie ein obdachloser Junkie aussehen lässt.“ Ihr provokanter Unterton war ihr wohl bewusst, doch das war ihr gerade irgendwie egal. „Außerdem wächst das Baby nicht zwanzig Zentimeter auf einmal, sodass mir von jetzt auf gleich gar nichts mehr passt.“ „Schön.“ Yoshino verzog angesäuert das Gesicht, stand auf und fauchte missgelaunt: „Da du meine Hilfe ja anscheinend nicht brauchst, kann ich mir die Mühe auch sparen und gehen.“ Sie stapfte zum Flur herüber, blieb im Türrahmen aber kurz stehen, als würde sie hoffen, dass ihre Schwiegertochter in spe doch noch zur Besinnung kam. Temari blickte sie zuerst allerdings nur mit einem schiefen Lächeln an, konnte der Versuchung, die Frau gänzlich zur Weißglut zu treiben, letztendlich aber doch nicht widerstehen. „Okay“, meinte sie mit übertrieben guter Laune. „Auf Wiedersehen!“ Diese Worte verfehlten ihre Wirkung tatsächlich nicht. Wutschnaubend hechtete Yoshino zur Wohnungstür, stürmte nach draußen und knallte sie hinter sich zu. Erleichtert atmete Temari auf. Nach dieser Aktion hatte sie definitiv erstmal ein paar Tage Ruhe … Sie streckte sich auf der Couch aus und begann ihren Bauch zu streicheln. Mit einem ironischen Grinsen auf den Lippen sagte sie: „Deine Oma hat manchmal wirklich einen Knall.“ Als sie daraufhin eine besonders starke Bewegung spürte, musste sie schmunzeln. „Schön, dass du mir Recht gibst“, setzte sie lachend nach. --- Eine Stunde später saß sie in einem Büro und ging noch einmal die organisatorischen Dinge durch, für die sie zuständig war. Gedanklich hakte sie die erledigten Aufgaben ab und blieb schließlich kurz an der Liste mit den vorgesehenen Unterkünften hängen. Das normalerweise größte Problem war diesmal aufgrund der geringen Teilnehmerzahl ausnahmsweise keins gewesen. Gerade mal hundertvierzehn Genin hatten sich zur Prüfung angemeldet und davon stellte Konoha allein mit einundfünfzig schon fast die Hälfte, sodass lediglich der Rest irgendwo untergebracht werden musste. Und dieser wurde ohnehin nach dem schriftlichen Teil und dem Wald des Todes noch ordentlich dezimiert. Entspannt lehnte sie sich zurück. Bis jetzt hatte sie ihren Teil der Planung immer pünktlich bis zum Beginn des Examens geschafft, aber völlig stressfrei ganze fünf Tage vorher war sie noch nie mit allem fertig gewesen. Tja, es geschahen also doch Zeichen und Wunder. Oder so ähnlich. Anschließend blätterte Temari die Profile der Teilnehmer aus ihrer Heimat durch. Mit nur sieben Teams – wovon vier sozusagen Wiederholungstäter waren, die schon an der letzten Prüfung teilgenommen hatten – war die Ausbeute des Ninja-Nachwuchses dieses Jahr besonders mager ausgefallen. Einerseits konnte sie ja verstehen, dass die Jounin, die als Sensei fungierten, ihre Schützlinge nicht zu schnell einer Gefahr aussetzen wollten und sie erstmal mit leichten C- und D-Missionen Erfahrungen sammeln konnten. Wenn sie dann allerdings daran dachte, dass der letzte große Krieg noch nicht einmal drei Jahre her war, hatte sie nicht mehr ganz so viel Verständnis dafür. Zwar war es so friedlich wie jetzt dank des Bündnisses der fünf großen Shinobi-Mächte nie zuvor gewesen, aber keiner konnte genau sagen, ob nicht irgendwo im Verborgenen der nächste Irre seine Welteroberungspläne schmiedete. Okay, der Großteil der Bijuu war eliminiert worden, sodass eine Katastrophe wie Uchiha Madara sie beschworen hatte äußerst unwahrscheinlich war, doch auch in Friedenszeiten konnte man nicht vorsichtig genug sein. Es hatte sich schon zu oft bestätigt, dass der Freund von heute der Feind von morgen sein konnte. Das hatte ihr auch Baki-sensei immer wieder eingeprägt. Gedanklich schüttelte sie den Kopf. So eine negative Denkweise war vor der Chuunin-Prüfung völlig fehl am Platz. Obwohl … Was würde es für sie bedeuten, wenn Kaze-no-kuni und Hi-no-kuni doch mal wieder aneinander gerieten? Auch wenn sie sich nun für Konoha entschieden hatte, hieß das noch lange nicht, dass sie sich gegen ihre Heimat stellen würde. Nein, sie war keine Verräterin. Sunagakure hatte sie schließlich nicht verlassen, weil es sich dort schlecht lebte, sondern da es für das Baby das Beste war. Aber war es das überhaupt? Nachdenklich kaute sie auf dem Ende ihres Kugelschreibers herum. Warum hatte sie eigentlich nie versucht Shikamaru zu überreden, dass er zu ihr nach Suna zog? Und warum kam ihr diese Möglichkeit erst jetzt in den Sinn? Ha, das war ja mal richtig schön blöd von ihr gewesen … Mit einem amüsierten Grinsen auf den Lippen widmete sie sich wieder dem Ordner, der vor ihr lag, und betrachtete die Fotos der Genin. Alle Gesichter kamen ihr bekannt vor. Die Älteren von vorherigen Prüfungen, die Jüngeren aus der Zeit, an der sie selbst an der Akademie unterrichtet hatte. Auf der letzten Seite hielt sie etwas länger inne. Als Mitglied des Prüfungsausschusses musste sie im Grunde genommen neutral bleiben, aber diese Gruppe lag ihr trotzdem etwas mehr am Herzen als die anderen. Sie schmunzelte. Drei Monate als Aushilfs-Sensei zogen eben doch nicht spurlos an einem vorbei … Sie stand auf, ging zum geöffneten Fenster herüber und ließ ihren Blick nach unten in den Hof des Gebäudes schweifen. Mitarashi Anko, die diesmal ausnahmsweise überpünktlich zu sein schien, saß im Schatten und gönnte sich – wie konnte es auch anders sein? – eine großzügige Portion Dango. Kotetsu und Izumo wiederum lümmelten sich im Gras und ließen sich ihre Butterbrote schmecken und an der Straße machte Morino Ibiki ein paar Kinder, die lauthals herumgebrüllt und ihn beinahe umgerannt hätten, zur Schnecke. Temari fühlte sich beim Anblick dieser Leute schon ein bisschen seltsam. Jahrelang hatte sie mit ihnen – mit dem einen mehr, dem anderen weniger – zu tun gehabt, aber der Gedanke, dass dies die letzte Chuunin-Prüfung mit ihrer Beteiligung war, wirkte doch noch ein wenig befremdlich auf sie. Sie fragte sich ohnehin, wen Gaara wohl als ihre Nachfolge bestimmen würde. Auf Anhieb fiel ihr auch niemand ein, der geeignet – nein, dumm genug – war, um diese undankbare Aufgabe freiwillig anzunehmen. Hätte sie selbst damals gewusst, dass das Ganze so stressig und in so viele schlaflose Nächte ausarten würde, hätte sie sich unter Garantie niemals von ihrem Bruder dazu breitschlagen lassen. Na ja, Letzteres stand ihr in Kürze sowieso wieder bevor, aber wenn sie ihren Schlaf schon opfern musste, dann lieber für ihr Kind und nicht für einen Haufen Zettel. Ja, mit diesem Papierkram konnte sich zukünftig ein anderer herumschlagen. Und diese Person beneidete sie mit Sicherheit nicht. Es klopfte an der Tür. Sie drehte sich um, lehnte sich an die Fensterbank und sagte: „Ja, bitte?!“ Kurz darauf betrat Shiranui Genma den Raum. „Man hat nach mir verlangt?“, fragte er gut gelaunt. Ein Senbon blitzte dabei zwischen seinen Zähnen hervor. Temari begrüßte ihn und meinte: „Gut, dass du kommst. Aber setz dich doch erstmal.“ Der Jounin ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen und musterte sie einen Moment lang. „Bevor es ums Geschäftliche geht: Was ist das eigentlich?“ Sie warf ihm daraufhin einen fragenden Blick zu, bis ihr letztendlich doch ein Licht aufging. „Ach, das meinst du“, erwiderte sie beiläufig. „Ich dachte, das hätte sich inzwischen herumgesprochen.“ Sie setzte sich ebenfalls und platzierte ihre Hand auf ihrem Bauch. „Anscheinend wohl doch nicht. Aber mir erzählt man ja auch nichts“, merkte Genma grinsend an. „Deshalb warst du wohl auch bei den letzten beiden Besprechungen nicht anwesend.“ „Ja, ich trete diesmal ein bisschen kürzer“, antwortete sie mit einem Lächeln, bevor sie schwungvoll zu ihrem Anliegen überleitete: „Womit wir gleich beim Thema wären. Ich hätte nämlich eine ziemlich große Bitte an dich.“ Ihr Gegenüber hob überrascht die Augenbrauen. „Okay“, sagte er langsam. „Dann schieß mal los.“ Temari sah flüchtig in ihren Ordner und begann: „Nun ja, es geht um die Genin aus Sunagakure – oder besser gesagt: um diejenigen, die nach dem Wald des Todes noch übrig sind.“ Da Genma vorerst schwieg, fuhr sie fort: „Aber bevor ich hier groß rumquatsche: Du bist doch nicht als Schiedsrichter vorgesehen, oder?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, um die Endrunde kümmert sich diesmal Raidou. Und die Vorausscheidungskämpfe – das heißt, falls es überhaupt zu ihnen kommt – leitet Iwashi“, erklärte er. „Mit anderen Worten also: Ich hätte nicht so viel zu tun. Das wolltest du doch wissen?!“ „Du hast mich durchschaut“, entgegnete sie lächelnd. „Doch um auf den Punkt zu kommen: Es geht um das Training derer, die das Finale erreichen. Die letzten Jahre hab ich das immer übernommen, aber du kannst dir ja vorstellen, warum ich diesmal lieber darauf verzichten würde.“ „Selbstverständlich.“ Er legte eine kurze Pause ein und sprach dann weiter: „Du möchtest also, dass ich ein Auge auf die Genin werfe.“ „Nur wenn es dir nichts ausmacht und du auch Lust darauf hast“, lenkte sie ein. „Die hätte ich schon. Ein paar Anfänger trainieren ist auf jeden Fall mal was anderes“, meinte Genma rasch. „Ich frag mich nur, wie du gerade auf mich gekommen bist.“ Temari deutete ein Schulterzucken an und sagte: „Na ja, ich kenne dich inzwischen ganz gut und denke, dass du als Autoritätsperson sicher mit ihnen zurechtkommen würdest.“ Der Jounin musste grinsen. „Du weißt wirklich, was ein zielstrebiger Shinobi wie ich hören möchte“, erwiderte er. „Okay, ich mach’s.“ „Wunderbar“, meinte sie begeistert. „Ich hätte wirklich nicht gewusst, wer sonst dafür infrage gekommen wäre.“ Anschließend schob sie ihren Ordner in die Mitte des Tisches, damit er sich zumindest einen Eindruck über seine möglichen Schüler machen konnte. Er überflog nebenbei das erste Profil. „Wenn es nach dem Kennen-Faktor geht, wäre Shikamaru doch geeigneter für diese Aufgabe gewesen, oder?“ Sie lachte. „Das schon, aber bei seiner Motivation würde er den Genin eher beibringen, wie man stundenlang sinnlos in den Himmel starrt, anstatt mit ihnen zu trainieren“, scherzte sie. „Aber mal im Ernst: Ich glaube, mit mir hat er schon genug zu tun.“ „Ich dachte, der theoretische Kram ist größtenteils erledigt“, murmelte Genma beiläufig. „Welche Arbeit hat man euch denn aufgebrummt?“ Temari war von seiner Frage zuerst ein wenig irritiert. Es gab also doch noch ein paar Unwissende … „Ich schätze mal die des Elternwerdens“, antwortete sie schließlich gelassen. Sofort sah er auf. „Also dann seid ihr beide …?“ Sie nickte. „Wusstest du das etwa nicht?“ „Nein, aber wenn ich recht darüber nachdenke, hätte ich auch von selbst drauf kommen können.“ Fragend hob sie eine Augenbraue. „War es denn so offensichtlich?“ „Wenn man – nicht so wie ich – eins und eins zusammenrechnen kann, bestimmt.“ „Na, das will dann ja nicht viel heißen“, entgegnete sie belustigt. „Nun gut, lassen wir das.“ Ihr Blick wanderte wieder auf den Hefter. „Wenn du hierzu irgendwelche Fragen hast, frag.“ Genma blätterte ein paar Seiten weiter und sagte: „Ja, du könntest mir was über die Gruppen der Neulinge erzählen.“ Temari betrachtete die erste Abbildung. An die Drei konnte sie sich nur zu gut erinnern. „Ah, die Chaoten-Truppe“, stieß sie aus. „Auf der Akademie war der eine vorlauter als der andere. Ich weiß nicht, wie es jetzt ist, aber mit den Dreien als Schüler kannst du dich schon mal warm anziehen.“ „Sind sie echt so schlimm?“ „Na, was heißt schon schlimm?“, entgegnete sie schulterzuckend. „So würde ich sie wirklich nicht bezeichnen, aber von den Anfänger-Teams sind sie mit Sicherheit das Schwierigste.“ Der Jounin schwieg. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? „Jetzt mach nicht so ein Gesicht“, meinte sie aufmunternd. „Es hört sich schlimmer an, als es in Wirklichkeit ist. Ich bezweifle ohnehin, dass alle in die Endrunde kommen. Und falls doch, kann ich notfalls immer noch Baki-sensei bitten, sich um sie zu kümmern.“ „Beruhigend …“, nuschelte Genma in einem Anflug Galgenhumor vor sich hin. „Gibt es sonst noch was, das ich über sie wissen sollte?“ „Nein, ansonsten sind sie ziemlich umgänglich, wenn du sie einmal unter Kontrolle hast.“ Seufzend quittierte er ihre Aussage und schlug das Profil des nächsten Teams auf. „Das Zicken-Duo und Asahi“, fing sie zu erzählen an. „Die beiden Mädchen haben sich in der Pause ständig gestritten, nur um zehn Minuten später wieder die besten Freunde zu sein. Im Unterricht waren sie eher unauffällig, aber im Umgang mit Kunai und Shuriken waren beide richtig gut – im Gegensatz zu ihrem Teamkollegen, der mehr der Theoretiker war.“ „Und wie sind sie charakterlich so drauf?“ „Asahi ist etwas ruhiger und Akina und Misaki sind wie zwei Mädchen im pubertierenden Alter eben: Ein bisschen zickig und eigen, aber im Grunde doch nett – solange man kein Elternteil von ihnen ist.“ Genma runzelte bei der Vorstellung die Stirn. „Und bei den Aussichten bekommst du freiwillig ein Kind?“ Temari musste lachen. „Ich hab ja noch eine fünfzigprozentige Chance, dass es ein Junge wird.“ „Ansonsten spreche ich dir im Voraus schon mal mein herzliches Beileid aus.“ „Ich glaube nicht, dass ich das brauche, aber trotzdem danke.“ Sie grinste. Er erwiderte ihre Miene und sagte: „Ganz wie du meinst.“ Anschließend nahm der Jounin die letzte Gruppe in Augenschein. „Honou Shuiro, Suisei Koniro und Hisui Midori“, las er vor. „Ich bin ganz …“ Er unterbrach sich selbst und setzte nach: „Warum strahlst du auf einmal so?“ „Ach“, entgegnete sie und winkte ab. „Die Drei sind einfach nur großartig.“ „Weil sie im Gegensatz zu den anderen pflegeleicht sind?“, nahm er scherzhaft an. „Das vielleicht nicht, aber ich durfte letztes Jahr drei Monate lang ihren Sensei spielen.“ „Was haben sie denn mit ihrem richtigen angestellt?“ „Der hatte einen Nervenzusammenbruch“, meinte sie knapp. Genma blickte seine Gesprächspartnerin skeptisch an. „Also ist das hier ein Haufen Satansbraten oder wie darf ich das verstehen?“ „Nein, nein“, verbesserte sie sich. „Der Mann hatte private Probleme und hat dem Druck nicht mehr standgehalten. Deswegen hat er eine Auszeit genommen und ich bin in der Zeit für ihn eingesprungen.“ Er atmete auf. „Und ich dachte schon … Wenn man das so hört und gleichzeitig an euer Auftreten vor sieben Jahren zurückdenkt, kann man leicht den Eindruck bekommen, dass bei euch in Sunagakure nur irre Freaks herumlaufen.“ „Bescheuerter als ihr sind wir auf keinen Fall“, legte Temari lachend fest. „Wie auch immer. Möchtest du irgendwas über ihre Fähigkeiten wissen?“ Da er zustimmend nickte, begann sie: „Koniro ist ein typischer Nahkämpfer. Er ist überdurchschnittlich schnell und kann sehr gut mit allen möglichen Waffen umgehen. Shuiro hingegen ist besser auf mittlere bis ferne Distanz, beherrscht ein paar nützliche Doton-Jutsu und ist der Denker der Truppe. Und Midori ist im Gebiet des Genjutsu und Suiton äußerst bewandert.“ „Suiton?“, wiederholte Genma. „Das Beherrschen dieses Elements stell ich mir in ihrem Alter ziemlich schwierig vor. Vor allem an einem Ort wie die Wüste, in der es ohnehin schon weniger Wasser gibt.“ „Na ja, es ist nicht so, dass sie – um es mal im Jugend-Jargon auszudrücken – die krassesten Techniken drauf hat, aber sie ist talentiert“, sagte sie. „Den Mizu-Bunshin zum Beispiel beherrscht sie schon recht gut.“ „Bei den Fähigkeiten wundert es mich nicht, dass ihr Ninja aus Sunagakure so einen berüchtigten Ruf habt“, meinte er beeindruckt. „Bei uns gibt es zwar hin und wieder auch Talente, aber im Gegensatz zu eurer Quote ist unsere ein Witz.“ „Das liegt zum größten Teil daran, dass bei uns die Spreu früh vom Weizen getrennt wird und die Methoden andere sind“, gab Temari ernst zurück. „Eine Akademie nach eurem Vorbild wurde bei uns schließlich erst vor ein paar Jahren gegründet. Davor haben sich meist die Eltern um die Ausbildung ihrer Kinder gekümmert und manche Trainingsweisen waren alles andere als vorbildlich. Von daher hält sich meine Begeisterung über unser Image eher in Grenzen.“ Genma überlegte, was er darauf antworten sollte, doch sie kam ihm zum Glück zuvor. „Jetzt hab ich mich aber ganz schön verquatscht“, sagte sie in einem Tonfall, der wieder viel fröhlicher klang. Sie zog dem perplexen Jounin den Ordner regelrecht unter der Nase weg und setzte lächelnd nach: „Die Besprechung fängt gleich an.“ Fast schon panisch sprang er von seinem Platz auf, nur um daraufhin festzustellen, dass er doch noch eine Viertelstunde Zeit hatte. Schweigend stand er einen Moment da. Er wollte nicht unhöflich sein und einfach gehen, genauso wenig wollte er allerdings zur Konferenz zu spät kommen. „Und wie verbleiben wir nun?“, fragte er anschließend. „Ich würde mal sagen, dass wir den Rest bereden, wenn feststeht, wer überhaupt in die Endrunde gekommen ist“, entgegnete sie. „Das macht wohl Sinn“, meinte Genma schmunzelnd und wandte sich zum Gehen. „Wir sehen uns dann gleich.“ Temari, die wieder in die Übersicht der Genin vertieft war, hob die Hand zu einem stillen Gruß. Wenige Sekunden, nachdem er den Raum verlassen hatte, ging die Tür abermals. Diesmal war es Shikamaru. „Brauchst du noch lange?“, fragte er etwas ungeduldig. Sie schüttelte den Kopf. „Du hättest aber nicht die ganze Zeit draußen warten müssen. Genma und ich haben nämlich nichts zu verbergen.“ Er überhörte ihre sowieso nicht ernstgemeinte Äußerung großzügig und meinte eher gelangweilt: „Hab ich irgendeine spannende Geschichte verpasst?“ „Sei bloß nicht so freundlich“, meinte sie etwas bissig. „Entschuldige, aber dieser Tag ist bisher einfach …“ „Na, das kann man ja ganz leicht ändern.“ Sie räumte den Papierkram beiseite, setzte sich auf den Tisch und lächelte eindeutig. Ungläubig sah er sie an. „Hier? Spinnst du?“ „Warum?“, lautete ihre Gegenfrage. „Es ist niemand sonst da, wir haben noch zehn Minuten Zeit und es bringt dich mit Sicherheit auf andere Gedanken. Könnte ich auch vertragen, nachdem mir deine Mutter heute schon psychische Gewalt angetan hat.“ „Womit hat sie dich denn diesmal zugequatscht?“ „Mit rosa Rüschen und blauen Schleifchen. Oder anders gesagt: Sie wollte mir die grässlichsten Kleider aufschwatzen“, erzählte Temari. „Wenn du nachher den Wohnzimmertisch siehst, weißt du, was ich meine. Apropos Tisch: Es sind nur noch neun Minuten. Also jetzt oder nie.“ „Wenn du mich schon so fragst …“, fing Shikamaru an. „Hier niemals!“ „Schade.“ Sie tat enttäuscht. „Hab ich dir schon mal gesagt, dass du überhaupt nicht spontan bist?“ Er zuckte mit den Schultern. „Du sagst doch immer, dass man Berufliches und Privates trennen soll.“ „Was bei uns beiden ja auch so wunderbar geklappt hat, wie man sieht“, merkte sie belustigt an. „Ja“, sagte er. „Glücklicherweise.“ ════════════════════════════════════════════════════ Das hier ist bisher mein absolutes Lieblingskapitel (wie man an der Länge wohl auch erkennen kann). Jeder Dialog – egal ob nun mit Yoshino, Genma (von dem es einfach viel zu wenig Gutes zu lesen gibt) oder Shikamaru – hat mir einen Heidenspaß gemacht. Ich hoffe doch sehr, dass dieses „Gefühl“ euch zumindest im Ansatz erreicht hat. :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)