Changing Hearts von BellaBlumentopf ================================================================================ Kapitel 2: Ein Morgen wie jeder andere? --------------------------------------- Hörbuch: http://www.youtube.com/watch?v=wN-DZA-yFa8 *************************************************** "Bocchan, es ist Zeit aufzuwachen." Unwillig drehte Ciel Phantomhive seinen Kopf im Kissen herum, als sein Butler die schweren Vorhänge zur Seite schob und so dem unangenehm gleißendem Morgenlicht Einlass gewährte. "Bocchan", erklang die tiefe ruhige Stimmer erneut. "Auch heute gibt es wieder einiges zu tun, Ihr solltet wirklich nicht weiterschlafen." Sebastian beugte sich über seinen grummelnden Herrn und zog ihm ein wenig die Decke von den Schultern, woraufhin der Jüngere seine ungleichen Augen öffnete und ihn missmutig ansah. Für ein paar Sekunden blieben ihre Blicke ineinander verschränkt, dann wandte Ciel sich ab und schlug die Bettdecke eigenhändig zurück. "Möchtet Ihr gleich Euren Tee oder lieber erst ein Bad nehmen?", fragte der Butler freundlich. Ciel gähnte und streckte sich. "Wie immer, meinen Tee bitte." "Sehr wohl." Ihm wurde eine Tasse mit Earl Grey gereicht, an der er vorsichtig nippte. "Was sind die Aufgaben für heute?" Sebastian hatte sich wie immer mit einigen Briefen und Papieren neben ihm postiert und rasselte eine erschreckend langweilige Liste an Dingen herunter - Geigenunterricht, Tanzstunde, Höflichkeitsbesuche. Wie sehr ihn das alles anödete. "Bocchan", holte ihn der Butler aus seinen Gedanken und reichte ihm einen versiegelten Umschlag. Jetzt war Ciel doch interessiert. Ein Brief von Ihrer Majestät! Um welches schmutzige Geschäft es wohl diesmal ging? Mit einem Brieföffner aus Messing zerbrach er das Siegel und besah sich den Inhalt des Schreibens. Eine Mordreihe. Es waren bereits drei Männer im Alter zwischen Achtzehn und Zwanzig auf grausame Weise umgebracht worden. Noch hatte die Bevölkerung nichts davon mitbekommen und der Wunsch der Königin war es, dass dies auch so blieb. "Sebastian, mach mir die Wanne fertig und dann sorge dafür, dass die Kutsche abfahrtbereit ist." Der Butler verbeugte sich leicht: "Yes, my Lord." Ciel sah ihm nach, wie er das Schlafzimmer in Richtung Baderaum verließ. Dann seufzte er und stellte seine Tasse auf dem Nachttisch ab. Er zog die Beine an und umfasste sie mit seinen Armen. Er hatte eben, als Sebastian sich über ihn gebeugt hatte, wieder einmal so ein merkwürdiges Gefühl gehabt. Eine leichte Unregelmäßigkeit des Herzschlages konnte er immer dann spüren, wenn er seinem Butler sehr nahe war. Rührte es daher, dass dieser ein Dämon war und eine natürliche Aura besaß, die Menschen das Fürchten lehren konnte? Doch Ciel wusste, dass es das nicht sein konnte, schließlich war er an Sebastian gewöhnt, er war genau genommen sein einziger Vertrauter. Doch seit jener Nacht an seinem fünfzehnten Geburtstag, als er sich ein Mal die Schwäche erlaubt und sich der Wärme von Sebastians Schulter hingegeben hatte, ertappte er sich manchmal dabei, dass er den Dämon mit den Augen verfolgte, ihn von oben bis unten musterte. Er war sich sicher, dass dies dem Älteren nicht entgangen war, doch wie üblich stellte dieser eine gelassene Miene zur Schau. Und mit eben jener Miene kehrte Sebastian auch jetzt zu ihm zurück. "Es wäre dann alles bereit, Bocchan." Der Junge schlüpfte in seine Hausschuhe, ließ sich von Sebastian den Morgenmantel umlegen und ging ihm voraus ins Badezimmer. Dort stellte er sich vor die Wanne und wartete darauf, dass sein Butler ihn auszog. Selbst im Alter von siebzehn Jahren hatte er diese Angewohnheit noch immer nicht abgelegt, obwohl ihm in letzter Zeit der Gedanke gekommen war, dass er sich ja auch selbst entkleiden könnte. Er befürchtete nur, dass Sebastian, der jede Lüge durchschaute, sofort wissen würde, warum er das tat - da würde auch keine Ausrede helfen. Also nahm er es hin, dass der Ältere ihm das Nachthemd aufknöpfte und von den Schultern strich, sich dann etwas vorbeugte, um die baumwollene Unterhose nach unten zu ziehen. Ciel heftete seinen Blick an die gegenüberliegende Wand und versuchte, seine Atmung ruhig zu halten. Er ärgerte sich über sich selbst. Warum kann ich nicht ganz ruhig und gelassen bleiben wie sonst? Was ist denn schon dabei? Sebastian hat mich immer schon nackt gesehen und mir beim Waschen geholfen... Ach ja, das Waschen. Das musste er jetzt auch noch über sich ergehen lassen. Ohne die dargebotene Hand seines Butler zu beachten, stieg Ciel in das heiße Wasser und setze sich vorsichtig hin. Sebastian entledigte sich mit ein paar Handgriffen seines Fracks und der Handschuhe, legte beides sorgfältig auf einen Schemel und nahm dann die Seife zur Hand. Er setzte sich auf den Wannenrand hinter Ciel und begann dessen Rücken mit Seife und Schwamm abzureiben. In ihrer gewohnt sanften Art kreiste seine rechte Hand über die Schulterblätter, glitt hinauf zum Nacken, wo mit leichtem Druck das Wasser aus dem Schwamm gedrückt wurde; etliche feine Tropfen rannen über den Rücken nach unten, bevor sie in der Unendlichkeit des Wassers verschwanden. Ciel regte sich leicht, als der Schwamm an seiner Wirbelsäule entlang nach unten geführt wurde, bis er auf die Wasseroberfläche traf. "Sebastian, du sollst mich waschen, nicht streicheln", sagte er barsch. Der Dämon hielt inne und antwortete mit einem Lächeln in der Stimme: "Entschuldigt, Bocchan, aber ich wasche Euch genau so, wie ich es immer tu. Mir war nicht bewusst, dass Ihr das als ein Streicheln empfindet. Wie wünscht Ihr gewaschen zu werden?" Etwas überrumpelt schwieg Ciel. Wollte Sebastian ihn auf den Arm nehmen? Er hatte schon einige Male gedacht, dass der Butler beim Waschen länger auf seiner Haut verweilte als notwendig, aber heute war es ihm besonders aufgefallen. Fast, als würde er ihn massieren. Und das sollte sein übliches Prozedere sein? Er brummte. "Mach einfach weiter, Sebastian." "Wie Ihr wünscht." Sebastians Mundwinkel wanderten automatisch wieder nach oben. Erneut tauchte er den Schwamm ins Wasser, wusch Ciels Arme und seine Seiten und ging dann um ihn herum, um ihm seinen Oberkörper von vorne einzuseifen. Als er beim Bauch anlangte, streckte der Jüngere seinen Arm aus. "Gib her, ich mach selber weiter." Das war zumindest nichts besonderes, schon lange - genau genommen seit seinem fünfzehnten Geburtstag - wusch er seine empfindlichste Region selbst. Sebastian überließ er es dann, seine Beine vom möglichen Dreck zu befreien. Ein Weilchen blieb Ciel noch in der Wanne sitzen und beobachtete das Wasser. Sebastian stand neben ihn und wartete stumm. Zierliche Finger malten Kreise auf die Oberfläche. Das Wasser war sehr klar, denn Ciel verbrachte viel Zeit in seinen Räumlichkeiten, wo er kaum Gefahr lief, sich schmutzig zu machen. Seine Haut war so zart und rein wie eh und je. Ihm war schon aufgefallen, dass einige Mädchen und junge Frauen ihm hinterher sahen, wenn er durch Londons Straßen lief. Bisher hatte er dem keine Beachtung geschenkt, aber schon einige Male hatte er sich gefragt, was sein Butler wohl über ihn dachte. Pff, dachte Ciel verächtlich. Warum soll er über mich nachdenken? Wenn er überhaupt einen Gedanken an mich verschwendet, dann ist es sicherlich höhnisch gemeint. Für Sebastian bin ich schließlich nicht mehr als ein weiteres Opfer seines Seelenhungers. Wie um die störenden Gedanken zu verscheuchen, schüttelte Ciel seinen Kopf und erhob sich. Sogleich fühlte er Sebastians Hände an seinen Schultern, die ihm ein großes Handtuch umlegten. Er griff mit beiden Händen danach und hüllte sich leicht zitternd ein. Dann nahm er Sebastians Rechte und stieg aus dem inzwischen lauwarmen Wasser. Auf dem Badezimmerläufer stehend, ließ er sich von dem Schwarzhaarigen trocken reiben. Er verfolgte mit seinen Augen Sebastians Bewegungen, doch als sie unter seinem Bauchnabel ankamen, hielt er ihn erneut auf. Ohne darüber nachzudenken fingen seine Augen den roten Blick des Älteren auf und für einen kurzen Moment war Ciel versucht, seinen Butler in seiner Tätigkeit einfach fortfahren zu lassen. Aber sobald ihm klar wurde, was er da gedacht hatte, griff er nach dem Handtuch und wich Sebastians Lächeln aus. Nachdem er auch das Herzklopfen während des Ankleidens bekämpft hatte, verließ er mit dem treuen Butler an seiner Seite das Anwesen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)