Das Schwert der Macht von Niduan (Ein langer Weg zum eigentlichen Ich und zum Leben...) ================================================================================ Kapitel 1: Die Außenseiterin ---------------------------- Von der Familie König konnte man nicht behaupten, dass sie normal waren. Die Familie besaß ein Schloss auf einem sehr hohen Hügel, an dessen Fuß ein kleines Dorf lag. Ludwig König war ein sehr bekannter Schriftsteller, dessen Bücher in fast allen Sprachen gedruckt worden waren. Er wirkte wie ein englischer Lord mit seinen blauen Augen, dem schlanken elastischen Körperbau und den schulterlangen silbrigen Haaren. Romina König, seine Frau, war eine äußerst berühmte Schauspielerin in der Oper der nächsten Großstadt. Sie war schlank, braunäugig und hatte lange schwarze Haare. Die beiden waren sehr beschäftigt mit ihrer Arbeit und hatten kaum Zeit für ihre vier Kinder. Die beiden Größten, Alexander und Andreas, waren Zwillinge und glichen sich wie ein Ei dem anderen. Sie waren beide 18 Jahre alt, hatten beide blaue Augen, blonde Haare und waren sehr sportlich. Andreas machte eine Ausbildung zum Polizisten (er wollte unbedingt Detektiv werden) und Alexander arbeitete als Lehrling bei einem sehr großen Schreinereibetrieb. Franziska König war genau so schön wie ihrer Mutter, aber erst 17 Jahre alt. Sie arbeitete, wie ihre Mutter, in der Oper der nächsten Stadt. Sie spielte aber nur in Musicals mit. Ihren größten Erfolg bisher hatte sie mit „Cats“ erreicht. Ihr Ziel aber war „Tanz der Vampire“! Und zum Schluss kam noch Katharina König. Sie war 15 Jahre alt und ging in den Mittlere Reife – Zug der Großstadtschule. Sie war das Nesthäkchen der Familie. Sie hatte dunkelblonde Haare und graugrüne Augen. Sie war nicht so hübsch und schlank wie ihre Mutter und ihre Schwester, aber dafür eine sehr gute Malerin. Da niemand von ihrer Familie Zeit für sie hatte flüchtete sie sich in Bücher. Meistens saß sie alleine in der Bibliothek des Schlosses und las. Auch in der Schule war sie immer alleine. Sie hätte alle möglichen modernen Sachen wie Hüfthosen, Stöckelschuhe, die neuste Schminke, die teuerste Handtasche und die angesagtesten Schmuckteile haben können. Aber das alles gefiel ihr nicht. Sie hasste Hüfthosen und verabscheute Schminke. Und das was sie wollte, bekam sie nicht! Sie wünschte sich, mehr als alles andere, das irgend jemand mal Zeit für sie hatte! Aber das war so gut wie nie der Fall. Tagsüber war sie alleine in dem großen Schloss. Ihr Vater war zwar da, aber der saß die ganze Zeit über in seinem Arbeitszimmer und schrieb an seinen Krimis und dabei sperrte er sein Arbeitszimmer zu. Andreas und Alexander kamen erst am Abend nach Hause und Franziska und die Mutter erst mitten in der Nacht. Im Dorf hatte Katharina keine Freunde, da es in ihrer Altersgruppe niemanden gab. Es gab nur Kleinkinder und ältere Jugendliche, die gerne ausschweifende Partys feierten. So etwas fand Katharina blöd. Zur Zeit waren alle außer Haus. Katharina war in der Schule und ärgerte sich mit den Zicken in ihrer Klasse herum. Andreas war in der Polizeischule und Alexander war im Betrieb. Franziska und ihre Mutter probten gerade in der Oper für „Mamma mia!“ und der Vater war bei einem Verlag, wegen eines neuen Buches. Müde saß Katharina auf ihren Platz und sah an die Tafel. Komplizierte Gleichungen mit x und y standen dort. Sie verstand sie einfach nicht, vor allem, wenn das x im Nenner eines Bruches war. Sie dachte sehnsüchtig an die Bücher in der Bibliothek. „Wäre ich doch nur dort!“, dachte sie traurig und hörte die Oberzicke der Klasse lachen. Die Gong erlöste sie für die Pause. Sie stand, wie immer, alleine in einem Eck des großen Hofes und beobachtete die vergnügten Kinder. Einige spielten Gummi Twist und Fußball. Die Mädchen aus ihrer Klasse waren immer zusammen, sie klebten wie Kletten aneinander, lachten und erzählten zusammen. Sie versuchten auch immer die gleichen Noten zu schreiben! Aber Katharina war sich nicht sicher, ob sie wirklich so dicke Freundinnen waren, wie sie taten. Sie hatte schon öfter gehört, wie sie über abwesende Mädchen lästerten. „Jetzt bin ich schon einen Monat in dieser Klasse und niemand beachtet mich. Weshalb hat sich Papa diesen doofen Traum erfüllt und sich ein Schloss gekauft? In der alten Stadt hatte ich wenigstens eine beste Freundin. Hier meiden mich alle! Dabei kann man nicht sagen, dass ich verwöhnt bin! Aber, wie soll ich mich hier durchsetzten? Die machen mich nieder! Und ich hab niemanden, dem ich meine Sorgen anvertrauen kann.“, dachte Katharina traurig und biss von ihrem Pausenbrot ab. Plötzlich sprang der Ball der Jungs zu ihr herüber. „Hey! Schieß rüber!“, schrie der große schwarzhaarige Michael zu Katharina herüber. Sie schoss den Ball hart zurück und freute sich innerlich wie eine Schneekönigin, dass er sich mit einem Winken bedankte. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, dass die Mädchen schon wieder Gift versprühten. „Das passt denen schon wieder nicht!", dachte Katharina besorgt. Sie bekam die Boshaftigkeit der Mädchen immer wieder zu spüren. Heute wurde sie beinahe auf der Treppe hinunter gestoßen! Sie unterdrückte die Tränen und ging ins Klassenzimmer. Gerade noch konnte sie ihre Schultasche aus dem Waschbecken fischen und vor dem Wasserstrahl retten. Als nach weiteren vier Stunden endlich der Schlussgong ertönte und sie ins Wochenende entließ, fühlte sie grenzenlose Erleichterung. Sie musste jetzt nur noch die Busfahrt überstehen, dann hatte sie es geschafft und hatte zwei Wochen lang Ferien. Katharina zog sich an und lief hinunter zur Bushaltestelle. Es dauerte noch etwas, bis der Bus endlich kam. Katharina zeigte ihren Ausweis, ging nach hinten und setzte sich auf einen freien Platz. Die Zicken saßen schon ganz hinten, wo sie sich sehr cool fühlten. Sie tuschelten und kicherten miteinander. „Bald, bald hab ich es geschafft!“, dachte Katharina und krampfte ihre Hand zur Faust zusammen. Nach zwanzig Minuten stand sie auf und drückte die „Stop“ – Taste. Der Bus hielt und sie stieg aus. Vor ihr lag ein Weg von einem Kilometer, quer durch das Dorf und den Hügel hinauf. Sie ging langsam und dachte über das Wochenende nach. „Mama und Franzi werden wieder mal müde sein. Papa wird schreiben und die beiden Großen müssen lernen. Und ich bin wieder allein mit meinen Büchern.“ Nach einer Viertelstunde erreichte Katharina endlich das große Schlosstor und öffnete es mit einem großen Schlüssel, der unter einer Steinplatte lag. Sie schloss das Tor dann wieder ab. Erleichtert öffnete sie die kleine Tür (sie war eigentlich groß, aber im Vergleich zum Tor war sie klein) die in eine schöne Eingangshalle mit einer Marmortreppe und dicken, wertvollen Teppichen führte. Sie warf ihre Schultasche an die Treppe, zog ihre Jacke aus und schleuderte die Schuhe von ihren Füßen. Sie lauschte einen Moment in das Schweigen. Normalerweise konnte sie hier den Computer ihres Vaters hören, aber der war nicht da. Katharina seufzte und ging in die Küche um sich etwas zu Essen zu kochen. Sie suchte sich aus dem großen Kochbuch etwas heraus und machte es. Gerade als sie den Tisch deckte kam ihr Vater in die Halle gestürmt. „Papa!“, rief Katharina glücklich und rannte in die Halle, „Willst du ...“ Weiter kam sie nicht, ihr Vater rief hektisch, „Keine Zeit, muss arbeiten!“ Dann verschwand er in seinem Arbeitszimmer, der Schlüssel wurde im Schloss herum gedreht. Katharina seufzte tief und ging langsam zurück in die Küche. Das Ristotto war etwas angebrannt. Sie zog es vom Herd und stellte es auf den Tisch. Traurig setzte sie sich und löffelte langsam das Ristotto. Sie brauchte für den einen Teller eine halbe Stunde. „Ferien und dann noch Hausaufgaben!“, sagte sie verbittert, als sie in ihrem Zimmer ihre Schulhefte auf den Schreibtisch knallte, „Mathematik, Englisch, Deutsch und dann auch noch Sport – Lernblättern!“ So was Blödes, der Tag war gelaufen. Erst morgen konnte sie wieder in die Bibliothek. Katharina gähnte und schlug ihr Mathe – Buch auf. Gleichungen mit der Unbekannten x stand dort als Überschrift, und in ihrem Merkheft standen noch einige Notizen aus dem Unterricht : x isolieren, Punkt vor Strich, bei negativem x mal (-1). Die Aufgaben waren sehr kompliziert geschrieben und irgendwie verdreht. Katharina mühte sich Stunden mit den Hausaufgaben ab, bis sie die Eingangstür hörte. Sie stand auf und verließ ihr Zimmer. Von dem offenen Gang, mit Geländer, aus konnte sie direkt in die große Eingangshalle sehen. Es waren Andreas und Alexander, die sich eben die Jacken auszogen. „Hallo, Schwesterchen!“, rief Andreas lachend und warf seinen Mantel an die Garderobe. „Hallo!“, antwortete Katharina, „Ich hab` Ristotto gemacht! Steht in der Küche.“ „Danke!“, rief Alexander hinauf und rannte in die Küche, „Heute ist der Imbisswagen nicht gekommen!“ „Fresssack!“, lachte Andreas und sah zu Katharina hinauf. „Kannst du mir die x-Gleichungen erklären?“, fragte Katharina hoffnungsvoll. Andreas sah auf die Uhr und meinte: „In einer Stunde komm ich hoch.“ „Gut!“, meinte Katharina erleichtert und ging in ihr Zimmer zurück. Sie ließ sich auf ihr Bett fallen und sah auf den Wecker. Es war kurz nach 7 Uhr. Katharina streckte sich und fischte ein Buch unter ihren vielen Kissen und Kuscheltieren hervor. Es war eine Abenteuergeschichte über Dämonen und Magier. Katharina las so etwas am liebsten. Sie träumte sich immer in die Geschichte hinein und erfand weiter kurze Abenteuer dazu. Aber zum Aufschreiben war sie immer zu faul. Das war etwas für ihren Vater, den berühmten Autor. Katharina legte das Buch zur Seite und drehte sich zur Wand. „Mama und Franzi werden morgen ewig schlafen. Ihre letzte Vorstellung heute Nacht beginnt um elf Uhr.“, dachte sie niedergeschlagen, „Papa wird ewig schreiben und nur zum Essen kommen. Alex und Andi werden wahrscheinlich zu ihren Freundinnen gehen und dazwischen mal lernen, und das heißt im Klartext, dass ich wieder einmal ganz alleine bin. Das gesamte Wochenende lang.“ Katharina schwang sich mit einer einzigen Bewegung aus ihrem Bett und trat vor ihren Spiegel. Die Nase war übersäht mit Mitessern und an der Schläfe war eine blutige Stelle, dort hatte sie sich aufgekratzt. Seufzend nahm sie ihre Haarbürste und fuhr sich durchs Haar, es glänzte wie ein Spiegel. „Verdammt, ich glänze schon wieder so blöd!“, dachte sie und zog ein Papiertaschentuch aus der Verpackung. Sie wischte sich das Gesicht ab und sah sich wieder an, die Mitesser wirkten nicht mehr so groß. Plötzlich ging die Tür auf und Andreas kam kauend herein, „Dann zeig mir doch einmal die Gleichungen!“ Er lachte und sah sich Katharina`s Mathebuch an. Katharina zeigte ihm die Aufgaben und schrieb die Ansätze, die er ihr diktierte und erklärte, auf ein Schmierblatt. Danach half er ihr noch bei Englisch. Den ganzen Abend übte Katharina zusammen mit Andreas Englisch und Gleichungen auflösen. Als es schon zehn Uhr war, beendeten sie die Nachhilfe und Katharina ließ sich todmüde auf ihr Bett fallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)