Zum Inhalt der Seite

he loves you

Rose & Scorpius
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

heißt er liebt dich nicht.

              
 

               

            He loves you means he loves you not.
 

Es gibt diese drei simplen Worte, die jedes Mädchen einmal, zweimal – ach was – ständig vom Jungen ihrer Wahl hören möchte. Es ist nämlich genau der Satz, der jedes Herz schneller schlagen lässt, der einem die Röte ins Gesicht malt, der den Atem stocken und die Euphorie Überhand gewinnen lässt. Genau die Floskel, die unserem Leben – so kompliziert es sich auch gestalten möge, so unverstanden wir uns auch fühlen – einen Moment der uneingeschränkten Glückseligkeit beschert. Denn wenn wir darum wissen, geht es uns gut. So einfach. Doch in der Realität war es ein oft fruchtloses, trauriges Spiel, denn obgleich man für den Augenblick berauscht, hingerissen und ekstatisch war – so hielt dieses Hochgefühl vielleicht etwas mehr als einen Wimpernschlag an. Dann war es vorbei. Alles, so unerwartet. Und zurück blieben die Überreste der Naivität und Leichtgläubigkeit – die uns dazu verführt hatten, etwas zu glauben, das doch bei genauerer Betrachtung so beschämend haltlos und unglaubwürdig gewesen war – in Form eines massakrierten, episodisch toten Herzens. Das war das Ende, wenn man sich in ihn verliebte.
 

Wenn man an Scorpius Malfoy dachte, sah man – je nachdem welchen Geschlechts man angehörte und welcher sexuellen Ausrichtung man war – unterschiedliche Dinge.
 

Die Jungen nannten ihn zuweilen einen Konkurrenten. Zu Recht, denn wenn man mit ihm um die Gunst und das Herz eines Mädchens buhlte, dann ging er schlichtweg immer als Sieger aus diesem Zeitvertreib hervor. Einige andere konnten erzählen, wie trinkfest er doch war und fast alle wussten, welchen Whiskey man ihm zum Geburtstag zukommen ließ. Ein paar andere warnten wieder andere davor, was mit ihnen passiert war, als sie dessen kleiner Schwester zu nahe gekommen waren – insofern sie sich nach dem Erwachen im Krankenflügel noch an jene Belanglosigkeit hatten erinnern können.
 

Die Mädchen sahen in Scorpius Malfoy weit mehr als nur das Offensichtliche. Dies war der Tatsache zu verschulden, dass sie mehr wollten, als sie je bekommen würden. Schlichtweg weil Unsereins in anderen Dimensionen dachte. Nicht so einfach. Mit mehr als nur einem Funken Naivität. Doch der Traum lag so nahe, wenn man ihn beobachtete. Die Versuchung war zu groß. Und man ließ sich verführen von der bloßen, leichten Vorstellung, er sei der feste Freund. Der Verlobte. Der Ehemann. Der Vater der gemeinsamen Kinder. Man sah ihn in jeder erdenklichen Rolle an der eigenen Seite und verlor so den Faden für die Realität.
 

Man stelle sich vor, es gäbe einen Vogel mit goldenen Federn, so kostbar, so unglaublich einmalig, und man wolle ihn für sich haben; man fange ihn also ein und sperre ihn in einen ebenso schönen, goldenen Käfig. Das Resultat davon wäre, dass der Vogel seine Federn verlieren würde, alles, was ihn so schön macht, denn lediglich frei ist es ihm vergönnt, sich entfalten zu können. So zu sein, wie er ist. Das zu sein, in das man so vernarrt, so verliebt ist.
 

Doch man ist benebelt, wenn man erst einmal sein Herz an Scorpius Malfoy verloren hat und die Logik verfiel in einen tiefen Schlaf. Wie bei Dornröschen, dem Muggelmärchen – mit dem winzigen Unterschied, das kein Kuss sie zurückholen, sondern eher das gebrochene Herz sie wachrütteln würde.
 

Letztendlich war es egal, ob man nun den Erben, den Quidditchkapitän, den Jahrgangsbesten, den Rumtreiber oder den kurzweiligen, festen Freund ihn ihm sah, denn etwas fehlte immer. Alles an ihm zu entdecken, zu realisieren, fiel den meisten schwer und gestaltete sich für viele als ganz unmöglich. Denn nur Wenige - eine kleine Auswahl an Menschen - kannten ihn wirklich. So richtig. Und dennoch nicht voll und ganz. Denn das war nur einer Person vorbehalten – mir. Rose Weasley.
 

Ich sah in Scorpius den, der die perfekten Vergessenszauber ausführen konnte. Den, der mehrere Arten des Lächelns auf sein Gesicht zauberte, je nach dem was er wollte – das Ehrliche, das Böse, das Verführerische – er konnte sie alle. Er war der, dem man ein Geheimnis anvertrauen konnte, ohne Gefahr zu laufen, dass es am nächsten Tag die ganze Schule oder wahlweise die ganze Familie wusste. Der, dem Großmutter Molly immer das erste Stück Kuchen gab, weil sie ihn ganz reizend fand. Seine Geschichten amüsierten selbst Dad und seine Komplimente, die er gegenüber meiner Mutter ganz verschmitzt äußerste, ließen sie zuweilen leicht rot anlaufen. Er war ein Regelbrecher, ein Rumtreiber, der trotzdem noch Zeit fand, um meine Geschichten zu lesen, die ich ab und an verfasste. Scorpius äußerte mir gegenüber Kritik und beschönigte nichts. Und er konnte tanzen – wie ein Gott, hatte ein Mädchen einmal behauptet. Doch ich blieb bei dem Schlichten – er konnte tanzen.
 

Manchmal hatte mich in der Vergangenheit das Gefühl beschlichen, dass sich in ihm die pure Perfektion niedergelassen hatte, doch wenn sich die trügerische Faszination legte, hatte ich auch die kleinen Fehler an ihm entdeckt. Bis ich sie alle kannte, auswendig. Bis ins kleinste Detail.
 

Es gibt also diese drei simplen Worte, die jedes Mädchen von ihm hören möchte. Hingegen jeder vielleicht möglichen Erwartung fiel es ihm nicht schwer, es zu sagen. Ganz und gar nicht. Doch wenn immer Scorpius tat, was jedes Mädchen wollte – nämlich jene drei, berüchtigten Worte sprach, dann prognostizierte ich zu Recht den frühen Zerfall des seichten, rosaroten Schlösschens einer jeden Dame. Denn wenn er sagte, er liebte sie, dann hieß das, er liebte sie nicht.
 

Ich sinnierte darüber und kam letztendlich zu dem Schluss, dass er jemanden brauchte, der diese Worte nicht unnötigerweise von ihm verlangte. Doch mit meiner Erkenntnis blieb ich allein und würde es auch, denn ein Bericht über Malfoys Anatomie konnte ich nicht an jedes Schwarze Brett in Hogwarts pinnen. Zudem hatte ich keinerlei Ahnung davon, wie Muggelleuchtreklamen funktionierten und so behielt ich meine Rolle als beste Freundin während der gut zweiwöchentlich stattfindenden Dramen tadellos bei. Ich war die, welche von weinenden und obendrein eifersüchtigen Kratzbürsten verfolgt wurde, die ernsthaft in Erwägung zogen, ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Auch wenn es mir etwaige Male wiederstrebte, bestärkte ich sie niemals in ihrem Vorhaben vom Astronomieturm zu springen, was sie selbstverständlich ausgerechnet mir anvertrauten. Lächerlich. Und leider änderten sich die Zustände mit unserem Abgang in Hogwarts kaum merklich – zuweilen es sich als positiv entpuppte, dass ich nicht mehr jede seiner Bekanntschaften kennenlernen musste und den meisten das Gesicht zur besten Freundin fehlte – was mir großen Übel ersparte.

Trotzdem blieb in mir das große Mysterium ungelöst, weshalb die Frauen allesamt nur auf die Bestätigung seiner Liebe aus waren. Es mochte sein, dass es die drei schönsten Worte waren. Auf den ersten Blick. Dass sie Sicherheit gaben. Für den ersten Moment.
 

Die beste Freundin von Scorpius Malfoy zu sein, bescherte mir viele Augenblicke mit drei-Wort-Sätzen. Zahlreiche. Besondere. Alle ohne das Wort Liebe und doch mit soviel gesagt.
 


 

»Ich brauche dich.«
 

Ein Blinzeln genügte und meine Träumerei löste sich auf. Ich realisierte seinen warmen Atem an meinem Ohr, spürte seinen Körper direkt hinter mir und intuitiv ahnte ich bereits, dass nichts Gutes folgen würde. Mein Instinkt trog mich so gut wie nie. Schon gar nicht in der Kombination mit Elfenwein. Zuerst warf ich ihm nur ein Lächeln über meine Schulter und sah dabei zu, wie sich seine Lippen ganz sacht verzogen, bis sie in dem leicht durchtriebenen Grinsen verharrten, das ich so gut bei ihm kannte.
 

»Was ist los? «, fragte ich schlicht und nahm einen kleinen Schluck aus meinem fast leeren Glas. »Eine Exfreundin, die mich seit geraumer Zeit verfolgt«, raunte er belanglos und mir stieg sein unvergleichlich sinnlicher Geruch gemischt mit dem Aroma von Feuerwhiskey in die Nase. Bereitwillig ließ ich es zu, dass er den Barhocker so drehte, dass ich vor ihm saß. Mein Blick wanderte kurz prüfend über sein Gesicht, bevor ich die Beine auseinander schob und er näher rückte, eine Hand auf meinem Oberschenkel ruhend. Es mochte obszön wirken für die Wenigen, die uns in diesem Moment Beachtung schenkten, doch für uns beide war es lediglich ein Spiel, eine seiner Taktiken, die wir danach wegwerfen würden, weil sie mit diesem Abend verbraucht wäre, ausgedient hätte.
 

»Von welcher Seite? «, murmelte ich nur und mein Blick versank ein paar unauffällige Sekunden lang in dem metallischen graublau seiner Augen. »Rechts.«
 

Ich neigte den Kopf, suchte nach einer aufbrausenden Schönheit, die bei unserem Anblick das Gesicht verlor und entdeckte tatsächlich eine junge Frau, die ich mit unserer Schulzeit und dem Haus Ravenclaw assoziierte - doch die Namensliste aller Bekannten hatte ich nach der Schulzeit bis auf ein paar Wenige gänzlich aus meinem Kopf gelöscht. Scorpius hauchte mir einen Kuss auf die Wange, wie wir es taten, wenn wir uns lange nicht mehr gesehen hatten. Mit dem Unterschied, dass wir es an diesem Abend schon getan hatten und für gewöhnlich begrüßten wir uns nur einmal. Ich sah, wie sie beschämt auf dem Absatz kehrt machte und wieder inmitten der Massen verschwand. Und trotzdem ließ ich zu, was als nächstes geschah – denn es war überfällig gewesen. So einfach.
 

Scorpius küsste mich, so als wäre nichts dabei. Als wäre es nicht das Merkwürdigste, das zwischen besten Freunden vorfallen könnte, sondern das Natürlichste von der Welt. Es war das erste Mal, dass er meine Lippen küsste. Und es war berauschend. Denn ich spürte eine unbändige Hitze in mir aufsteigen, während meine Fingerspitzen kribbelten, als würden eintausend kleine Eisspitzen sich geradewegs hineinbohren wollen, sodass ich sie in schließlich in seinem Haar vergrub. In seinem weichen, blonden Haar, das ich mit Vorliebe jedes Mal durcheinanderbrachte, wenn immer er einen Scherz auf meine Kosten machte. Und auch nur dann. Doch in diesem Moment war es von gänzlich leidenschaftlicher Natur. Seine Hände ruhten auf meiner Hüfte, als seine Zunge vorsichtig über die Konturen meiner Lippen fuhr und in dem kurzen Moment, als sich unser Atem vermischte, ich seinen vertrauten, anziehenden Duft inhalierte, zuckte etwas in mir gleichsam zurück. Sein nonchalantes Auftreten hatte meinen Verstand geradezu verführt, in Tiefschlaf zu verfallen, doch ich hatte das, für das Rose Weasley so berüchtigt war, retten können. Ich löste mich von ihm. Und es tat weh.

Ich wusste nicht, was mich mehr bestürzte – dass es mir nur knapp vermocht gewesen war, uns vor diesem Fehler zu bewahren oder aber das neu erlangte Wissen darum, wie einfach es war, Scorpius Malfoy zu verfallen.
 

»Sie ist weg «, wisperte ich tonlos und bemühte mich vergeblich um Contenance. Die Röte in meinem Gesicht, der ich mir so stechend bewusst wurde, verriet ihm mit Sicherheit, wie aufgewühlt ich während dieser Sekunden wirklich war. Scorpius sah mich einfach nur an und es war mir nicht möglich, diesen Blick zu deuten. Bis er sich darauf besann, mir noch ein Glas Elfenwein zu spendieren. Wieder der Alte zu sein. Und ich zweifelte nicht daran, dass es ihm gelang.
 

Es wäre eine Lüge, zu sagen, mein Herz hätte diesen Kuss ohne Schaden überstanden.
 


 

»Tanz mit mir.«
 

Es war auf der Hochzeit unserer besten Freunde. Sechs Monate nach dem ersten Kuss. Ein halbes Jahr hatten wir uns nicht gesehen und nichtsdestotrotz verursachte seine Stimme in mir ein wohliges Kribbeln. Lediglich Eulenkontakt hatten wir gepflegt, so gut es eben ging mit Scorpius, der Briefeschreiben verabscheute. Er wusste immer, wo ich war. Ich studierte in London, lebte dort, doch sein Aufenthaltsort gestaltete sich mir oft als ein großes Rätsel. Die Welt entdecken, das hatte er gewollt und seither kamen die Eulen aus allen Himmelrichtungen, von überall her. Albus hatte zuerst geglaubt, er würde es nicht einmal mehr auf die Hochzeit seines besten Freundes schaffen und je mehr ich ihm gut zugeredet hatte, umso mehr schien Al meine Hoffnung zu absorbieren - bis ich keine mehr besaß. Doch er war da gewesen und wir hatten uns gegenüber gestanden und gelächelt. Vorsichtig und ehrlich. Wie Braut und Bräutigam als Brautjungfer und Trauzeuge – weiter voneinander entfernt.
 

Wir waren gerademal zwanzig Jahre alt und dessen ungeachtet hatten unsere Freunde sich dafür entschieden, ihr Leben zu teilen. Es kam mir unwirklich vor. Wie ein Märchen. Mit dem Unterschied, dass es für meine beste Freundin zur Realität geworden war und ich beneidete sie. Gönnte es ihr.
 

Ich legte meine Hand in seine und er zog mich näher zu sich heran, sodass sein Atem mein Gesicht streichelte. Mein Blick wanderte zu ihm hoch und ich bemerkte das Funkeln seiner Augen, in dem stetig soviel Begeisterung aufleuchtete und das ich vermisste. Ich hatte Sehnsucht nach ihm gehabt. Tiefe, schreckliche, den Atem raubende Sehnsucht.
 

»Bist du größer geworden?«
 

Seine Augenbraue zuckte gefährlich und ich lachte kurz auf, als mir bewusst wurde, wie er meine Frage interpretiert hatte.
 

»Wohl kaum«, murmelte er und ich hörte das unsichtbare Grinsen aus seiner Stimme geradezu heraus. »Du bist noch schöner geworden.«
 

Das Kompliment traf mich so unvermittelt, dass ich inmitten der tanzenden Paare wie festgewurzelt verharrte und meine Fassade der wohl eingeübten Selbstbeherrschung zu bröckeln begann. Darauf fand ich keine Erwiderung, denn Rose Weasley war schlichtweg sprachlos.

»Scorpius«, hauchte ich und vergaß im nächsten Moment schon wieder das, was ich eigentlich hatte sagen wollen.
 

»Rose«, erwiderte er leise und seine Hand wanderte sanft über meinen unbedeckten Rücken. Wieder hinterließ jede Berührung auf meiner Haut ein Gefühl von splitterndem Eis gegen das mein Innerstes warm, gar feurig ankämpfte.
 

»Gehst du wieder?«, fragte ich und fürchtete die ehrliche Antwort. Denn wenn sie Nein lauten würde, dann könne er mich haben, dann wäre es egal. Dann lag es in seiner Hand, mich kaputt zu machen und mir ein rosarotes Zuckergussschloss zu bauen, das er danach wieder abriss. »Ja.«
 

Ich nickte knapp, bevor ich mich von ihm befreite. Und meine Träume der kommenden Wochen handelten ausschließlich von einer Person.
 


 

»Schlaf mit mir.«
 

Es waren drei Worte, die meinen Körper erzittern ließen. Drei bloße Worte, die mich in Versuchung trieben. Doch ich schüttelte alle Bilder, alles, was mir in den Sinn kam, einfach ab. Ich kämpfte mich zurück zu dem letzten verbliebenen Tropfen Besinnung und hoffte, mein haltlos verwirrter Blick wäre ihm genug. Denn ich wusste nicht, ob ich Worte finden würde. Zudem fürchtete ich um mein Herz. Es wollte enthusiastisch viel zu sehr die Antwort geben, von der ich mir so sicher war, dass sie mich zerstören würde und mein Selbsterhaltungstrieb setzte ein in Form meines Verstandes. Der mich zurückhielt. Der es konnte. Für den Moment.
 

»Scorpius«, sagte ich verzagt und meine Stimme klang hauchdünn, war kaum zu hören, wie ich glaubte, da mein Herz einfach viel zu laut in meiner Brust schlug. Als wolle es explodieren, als sehe es nur darin meine einzige Chance. Unsere Blicke verschmolzen miteinander und abrupt wurde mir klar, dass wir uns zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart verrannt hatten. Wir hatten verloren, was wir gewesen waren. Die Zeit und räumliche Trennung schienen unsere Beziehung auf eine andere Ebene gehoben zu haben, denn nicht anders konnte ich mir erklären, dass er so unablässig durch meine Träume streifte, dass meine Gedanken sich beständig um ihn drehten, dass ich mich auf diese fremde Art so unaufhaltsam zu ihm hingezogen fühlte und dass ich mehr wollte, als ich verdiente. Mehr, als ich verlangen durfte.
 

Es war ein Samstagabend, fast genau zwei Monate lag die Hochzeit nun zurück, und obgleich ich nicht mit wirklich vielem gerechnet hätte, wäre die letzte Möglichkeit, die ich ins Auge gefasst hätte, gewesen, dass Scorpius Malfoy vor meiner Tür stand und auf mich wartete. Meines Wissens nach reiste er durch Ägypten.
 

»Was führt dich her?«, fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Vielleicht wirkte es kindisch, doch es sollte lediglich schützen. Alles, was kostbar war. Den Höflichkeitsregeln zum Trotz blieben wir weiter an meiner Tür stehen. Zum einen, dachte ich gar nicht daran, ihn hineinzubitten, weil ich es rechtzeitig vergessen und er die schlimmen Worte zu schnell fallen gelassen hatte und zum anderen konnte ich es fortan nicht nachholen, weil ich in meiner winzigen Studentenbude zwei Schritte zurücktreten musste, um schon aufs Bett geschubst werden zu können. Einfach zu riskant.
 

»Anweisung meines Vaters«, meinte er nur und interessiert wanderte meine Augenbraue in die Höhe. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, als er sich nonchalant gegen den Türrahmen sinken ließ. »Ich bleibe in London, Rose.«

Der Drang ihn an mich zu ziehen, wurde unausweichlich. Nichts zu tun, schmeckte mit einem Mal falsch. Die Möglichkeit lag mir bitter auf der Zunge, sodass ich den Blick einfach heben, die Augen zusammenkneifen musste.

»Wirklich?«

»Mit Sicherheit.«

»Ist es auch das, was du willst?«, fragte ich zaghaft und der Schalk blitzte mir aus seinen Augen entgegen. »Kommt drauf an.«

Er beugte sich näher zu mir und leicht lehnte ich mich vor, sodass uns nur noch ein paar Millimeter voneinander trennten.
 

»Willst du mich?«
 

»Ja«, hauchte ich wahrheitsgemäß. So einfach. Doch gleichsam wusste ich auch, dass mein Herz ihn nicht mehr nur als Freund wollte. Sein Grinsen wurde triumphierend, gar zufrieden.
 

»Ich will dich.«
 

Und dann küsste ich ihn zum ersten Mal. Ganz kurz und ganz sanft nur berührten meine Lippen seine, bevor ich mich räuspernd zur Seite drehte und ihm Einlass gewährte. »Mein Dad will eigentlich nicht, dass ich Jungen in mein Zimmer lasse.«
 

Verschmitzt drehte er sich zu mir um und erwiderte nur süffisant: »Ron mag mich.«
 

»Schlaf mit mir.«
 

»Du wiederholst dich, Scorpius«, sagte ich nur und als er begann, meinen Hals zu umgarnen, spürte ich genau, wie meine Fassade Risse nahm. Die Kleinen der gefährlichen Sorte. Er hauchte Küsse auf meinen Nacken und die Contenance zu währen, fiel mir mit jeder weiteren Sekunde schwerer. Ich stützte mich auf dem Waschbecken ab und versuchte meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, doch es misslang mir kläglich und als ich den Kopf hob und in den Spiegel blickte, tauchten seine Augen in meine ein. So fühlte es sich an. Und es raubte mir den Atem.
 

»Du willst es.« Seine Stimme war warm, verführerisch mit einem Hauch Arroganz. Ganz der Malfoy eben. Ich lächelte schwach und fühlte mich zu kraftlos dafür, ihm die Stirn zu bieten. Doch gleichsam zu stark, um mich fallen zu lassen. Seine Arme umfassten mich vorsichtig und er vergrub das Gesicht in meinem Haar. So zärtlich, dass mein Herz fast davon zu flattern drohte.
 

Ich betrachtete unser Spiegelbild und mit dem nächsten Wimpernschlag erschien mir alles, was passiert war, das Richtige gewesen zu sein. Es könnte funktionieren. Wir könnten der Welt zeigen, dass eine Liebe zwischen einem Malfoy und einer Weasley möglich war. Doch vor allem könnten wir es uns selbst beweisen.
 

Ich bemerkte zu spät, dass seine Finger sich um mein Kleid geschlungen hatten, während seine Lippen noch immer meinen Hals liebkosten, und es nun vorsichtig hochzogen. Für einen Moment verlor mein Herz seine Melodie, nur um im nächsten Augenblick, als ich mich stürmisch zu ihm umdrehte und er seine Lippen mit meinen versiegelte, im selben Rhythmus mit seinem zu schlagen.

Und plötzlich teilten sich zwei Herzen eine Melodie. Nun gab es jemanden, der mich finden konnte, wenn ich mich verlor. Mit dem Gefühl der Geborgenheit ließ ich mich fallen.
 


 

»Zieh zu mir.«
 

Ich las gerade die Notizen einer Freundin aus dem Seminar für Kräuterheilung durch, das ich geschwänzt, da Scorpius mich dazu verleitet hatte und realisierte erst nach bereits fünf verstrichenen Sekunden, was er gesagt hatte. »Wieso?«, fragte ich schlicht, währenddessen meine Magensäfte bei der bloßen Vorstellung vor Euphorie Achterbahn fuhren und er zog zur Erklärung nur ungläubig die Augenbrauen zusammen. »Das hier kann ja wohl kaum dein Ernst sein.«
 

Er lag auf meinem Bett und hatte gut Reden – von seinem jetzigen Blickwinkel aus hatte er auch nur die schlechten Seiten dieses Zimmers gesehen.

»Es hat Vorteile, hier zu wohnen«, erklärte ich ihm und schob die Notizen zurück in meine Tasche.

»Nenn mir einen«, forderte er mich auf und fieberhaft überlegte ich nach einem guten Grund, der seine Meinung entkräftigen konnte. Leichter gesagt, als getan.
 

»Die Uni ist praktisch um die Ecke.«

»Hast du das Apparieren verlernt?«

»Mein Vater?«

»Mag mich.«

»Meine Mom-«

»Mag mich noch mehr.«
 

»Hast gewonnen«
 


 

»Willst du Kinder
 

Meine Zauber verloren ihre Wirkung, als mir die Konzentration abhandenkam und es dauerte nicht lange, bis Scorpius und ich inmitten großer, babyblauer Wattebällchen standen, die uns in ihrer Fülle beinahe zu den Knien reichten. Und das Wohnzimmer, in dem wir die Willkommen Baby – Party ausrichteten, war nicht gerade klein. Vielleicht hätte ich mir mehr Gedanken darum gemacht, ob ich es nicht eventuell übertrieben hatte – doch seine Frage riss mich aus der Bahn.

»Natürlich.« Schlicht und ehrlich. Er verschränkte die Arme und legte den Kopf schief, während die Wattebauschen langsam wieder an die Decke schwebten. Scorpius war der, dem nonverbale Zauber noch immer besser gelangen. Wie es um die Vergessenszauber stand, vermochte ich nicht zu sagen.
 

Seit zehn Monaten lebten wir zusammen und seit etwa fünf wussten wir von Alice‘ erster Schwangerschaft – erster, weil ich als beste Freundin wusste, dass sie eigentlich fünf Kinder wollte. Ob sie den Plan beibehielt, wenn der angehende Quidditchtreiber – dem Treten nach zu urteilen – auf der Welt war, blieb jedoch noch für einige Stunden ungewiss. Wie es sich für die erste Brautjungfer und Patentante in spé gehörte, war es mir vorbehalten, die Babyparty zu organisieren.
 

»Wie werden sie ihn eigentlich nennen?«, fragte Scorpius und ich warf ihm einen missbilligenden Blick zu, da ich ihm die Varianten bereits etliche Male in verschiedener Konstellation aufgesagt hatte. Ich zuckte mit den Schultern. »Harry oder Neville oder beides oder vielleicht auch Charlie oder Arthur.«

Ich bemerkte belustigt, wie Scorpius den Mund verzog. »Immer diese zwei, drei Namen – einer reicht ja wohl aus.«
 

»Hast recht, Scorpius Hyperion«, lachte ich und ließ mich in die weichen Kissen des Sofas sinken. Er verdrehte die Augen. »Wieso fragst du mich, ob ich Kinder will?« Die Worte stolperten über meine Zunge, ohne dass ich sie hatte zurückhalten können.
 

»Es wäre doch optimal, wenn unser Kind mit Harry Neville Charlie Arthur nach Hogwarts gehen könnte«, erwiderte Scorpius und fiel nonchalant neben mich. Manchmal konnte ich nicht glauben, wie blind ich in den Hogwarts Jahren und selbst die Jahre danach noch gewesen war. Dass ich nicht gesehen hatte, was so offensichtlich gewesen war.

»Bist du schwanger?«, fragte ich ihn amüsiert und küsste ihn. Zärtlich zart. »Wir müssten jetzt schon anfangen, um sie noch in denselben Jahrgang zu bekommen«, wand ich ein und zuweilen nahm mir sein Duft noch immer die Fähigkeiten des gradlinigen Denkens – es war so einfach, sich bei ihm fallen zu lassen.
 

»Das können wir doch«, raunte er und brachte mich mit der bloßen Vorstellung in Merlins Paradies.
 


 


 

»Heiratest du mich
 

Alice schnappte nach Luft, als ich meine schrecklich gute Imitation des Malfoys beendete und klatschte begeistert in die Hände. »Das ist doch fabelhaft«, rief sie und in ihrem Gesicht konnte ich bereits sehen, für welche Blumenarrangements sie sich in diesen Augenblicken entschied.
 

Ich schüttelte den Kopf und beherrschte mich, um meine Wut nicht gänzlich überschwappen zu lassen. »Du weißt nicht, warum er gefragt hat!«

»Zur Absicherung?«, vermutete Alice und ich warf ihr prompt einen misstrauischen Blick zu.

»Touché«, sagte ich und mich wunderte ihr präzises Wissen darum.

»Hat dir Al etwas erzählt?«

»Nur dass Scorpius dich fragen wollte, falls ihr mal Kinder habt – aber Merlin bewahre, lasst Euch ja Zeit damit.«
 

Sie ließ sich in die Kissen zurücksinken und betrachtete das Wechselbad der Gefühle auf meinem Gesicht ruhig. Ich warf ihr einen schuldbewussten Blick zu und es dauerte einen Moment, bis sie realisierte, was er bedeutete.

»O«, feixte sie. »Und heiratest du ihn?«
 

Ich verdrehte die Augen und legte den Kopf schief, überlegend, der aufgeregten Alice ein wenig die Röte ins Gesicht treibend. »Natürlich«, sagte ich schließlich und fuhr mir über den Bauch.
 


 

So geschah es, dass es einem Mädchen möglich war, das auf den ersten Blick Unmögliche zu erreichen. Den Vogel mit den goldenen Federn an ihrer Seite zu halten und ihn auf eine Weise zu lieben, die ihm nicht das Gefieder raubte.

Und so wurde Scorpius Malfoy mein fester Freund, mein Verlobter, mein Ehemann und der Vater meiner Kinder. Ohne auch nur einmal zu sagen, wie sehr er mich liebte. Schlichtweg weil ich darum wusste, es spürte. Wenn immer er mich ansah. Wenn er bei mir war.

Irgendwann sagte er es doch. Einfach so. Und ich musste meine Theorie überarbeiten. Denn mein rosarotes Schlösschen ging nicht zu Bruch.
 

Und er liebt dich, hieß mit einem Mal, er liebt dich. Weil es der Wahrheit entsprach.
 

            Ende.
 


 

- Die Idee habe ich mir während der letzten Matheprüfung auf den Block gekrakelt. Ich hoffe, es hat Euch gefallen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (27)
[1] [2] [3]
/ 3

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kommi-Kermit
2015-01-26T21:30:51+00:00 26.01.2015 22:30
Episch großartig! Ehrlich, ich bin dermaßen schwer begeistert ♥
Ich weiß nicht, wie oft ich deine Geschichte schon gelesen habe- oft. Seee~hr oft. Und ich bekomme einfach nie genug davon! Ich liebe es, wie sich die Beziehung zwischen Rose und Scorpius entwickelt. Das ist so anders, als in den meisten anderen FFs zu den beiden und doch irgendwie so passend und hach! Die Atmosphäre zwischen den beiden ist einfach fantastisch, Suchtfaktor hoch zehn!

Außerdem liebe ich deinen Schreibstil. Ich bin selten wunschlos glücklich mit jemandes Wortwahl, aber bei dir gibt es wirklich nix zu meckern. Auch die Drei-Worte-Idee ist genial und der Schluss, der so toll zum Anfang passt- perfekt.

Lange Rede, kurzer Sinn, lass mich Harfe zitieren: !Ich liebe es. Soll in diesem Fall heißen: Ich liebe es."

Viele Grüße,
Kermit
Von:  schneewittchen00
2013-10-31T20:01:41+00:00 31.10.2013 21:01
uaaaa! überall Gänsehaut :D
solche guten Einfälle hätte ich gerne in meiner nächsten Physikprüfung -.-
Von:  Harfe
2013-05-16T20:56:01+00:00 16.05.2013 22:56
Ich liebe es. Soll in diesem Fall heißen: Ich liebe es. ;D
Zuckersüß und immer wieder zum Schmunzeln, so soll es sein.

Danke
Fe
Von: abgemeldet
2012-06-17T23:03:01+00:00 18.06.2012 01:03
Hallo :D
Was für eine tolle Geschichte. Du hast sie sehr schön beschrieben. Ich fühle mich von der Geschichte mehr als nur verzaubert. Ich glaube, ich habe mich verliebt. Und zwar richtig. Du hast Rose und Scorpius so toll beschrieben, dass ich glatt dahin geschmolzen bin. Insgesamt super Handlung und super Schreibstil.

Grüße
B00UNTY
Von: abgemeldet
2011-01-05T12:23:41+00:00 05.01.2011 13:23
Hi!

Ich bin wirklich total überwältigt! Das war wundervoll, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Großes, großes Kompliment!
Vor allem: Bei der Matheprüfung...? oO

Deine Wortwahl war sehr schön, es passte zu der bedächtigen, (meistens)widerstandsfähigen Rose, die ich mir am liebsten ausmale - eine Mischung aus Hermine und Ginny.
Die Sätze mit den drei Worten waren sehr passend und ich glaube auch, dass es mehr bedeutet, solche Dinge zu hören, als ein ständiges "Ich liebe dich". Denn auch, wenn man das gerne hört, entspricht es nicht immer der Wahrheit - allein, weil man nicht von einer Sekunde auf die andere lieben kann.

Auch ein paar Lacher waren dabei und es war auf keinen Fall zu kitschig. Es war traumhaft! ♥

Hoffentlich liest man sichj mal! ;D


Liebste Grüße,
deine Heaven~...
Von:  santos-w
2010-12-19T21:56:05+00:00 19.12.2010 22:56
Hammer!!
Da sieht man mal wieder, das man nicht um bedingt diese drei Wörter hören muss, um zu wissen das sie stimmen^^
ich finde, das hast du ganz klasse gemacht XD

Lg santos-w
Ps: wünsche mir ganz doll noch mehr solcher geschichten von den beiden *grins*

Von: abgemeldet
2010-12-12T12:06:14+00:00 12.12.2010 13:06
Wow diese Geschichte ist einfach super~♥

Von:  Natsuki-chan94
2010-09-08T20:01:33+00:00 08.09.2010 22:01
Die Geschichte ist super.
Das dir so etwas bei Mathe in den Kopf kommt^^
Dein Schreibstil gefällt mir wirklich sehr gut.
Mach weiter so
LG Natsuki
Von: abgemeldet
2010-07-21T12:57:54+00:00 21.07.2010 14:57
Und so etwas fällt dir während einer Matheprüfung ein xD?
Ich weiß nicht ob ich das bewundernswert oder beängstigend finden soll ;-)

Nein, ernsthaft- ein wirklich wunder, wunder, wunder, wunderbarer OneShot! Wenn ich alles aufzählen würde, was mich schlicht begeistert hat, ich könnte gleich eine Runde Copy-Paste veranstalten ^^

Du hast einen unglaublich tollen Schreibstil und auch die Story war, mit einem Wort, überwältigend. Überwältigend gut, überwältigend fesselnd, überwältigend toll!

Ich kann mich TheCat nur anschließen, ich mag es wenn bei den beiden aus bester Freundschaft mehr wird- und sowohl Scorpius als auch Rose sind dir sowas von gut gelungen!

Ein großes, großes Lob, wirklich herrlich!
Von:  kiks
2010-07-17T21:35:37+00:00 17.07.2010 23:35
Ich muss sagen, ich liebe es, wenn sie beste Freunde sind und es ist von Anfang an klar gewesen, dass da mehr kommen würde. Wie Rose über den Gott philosophiert, das macht das ganze so anschaulich. Und dass man solch ein Spiel mit seinem besten Freund nicht spielt ist klar, denn egal wie oft man so tut, als wäre man zusammen, irgendwann passiert wirklich so etwas.

Ich liebe die Vielseitigkeit der drei Worte. Besonders das »Schlaf mit mir.« hat mich fasziniert und auch ein wenig schockiert. Ich find‘s auch toll, dass der kleine Weltreiser bleibt, auf der Hochzeit hab ich schon befürchtet sie muss nun trauern.

Auch die nächsten Worte fand ich toll - Kinder. Komische Frage von einem Mann, aber typisch irgendwie. Ich mag Harry Neville Charlie Arthur. Der Name ist doch gut, für ein Kind!

Das Ende war toll. Ich mag den Vergleich mit dem goldenen Vogel und ich mag‘s besonders, wenn Scorpius nicht allzu kitschig wird und seine Liebe einfach anders beweist. Der One Shot ist ein Traum!


Deine Stil und deine Wortwahl sind wie immer köstlich. So einfach und wunderbar zu lesen, dass man es einfach lieben muss!

kiks


Zurück