Mondentochter,Sonnensohn von Niduan (Zwei Rassen die sich bekriegen. Und zwei Freunde, die jede Tradition brechen..) ================================================================================ Kapitel 16: Hilarion -------------------- Aleidis lief über den staubigen, trockenen Boden auf den Eingang zum Tal zu und sprang über einen uralten, schwarzen Baumstamm, der schon seit Jahrhunderten hier liegen musste, und stürzte. Sie schlitterte über die Steine und die Erde. Keuchend rappelte sie sich hoch und sah die Blutwölfe, wie sie ihr nachsetzten! Sie musste laufen wie noch nie! „Dumme Kuh!“, rief da eine Stimme und aus dem Wurzelwerk des Baustammes löste sich eine große schlanke Gestalt, „Du hast mein Versteck verraten!“ „Wäre früher oder später eh aufgeflogen!“, rief Aleidis zurück, „Lauf lieber!“ Aleidis lief so schnell wie möglich auf den Taleingang zu und sah nach wenigen Sekunden einen jungen Man, der einige Meter neben ihr lief. Es waren noch etwa 500 Meter bis zum Tal. Aleidis' Lungen brannten und sie konnte ihre bleischweren Beine kaum noch heben! Körperlich war sie eben doch noch ein Mensch und keine Hochelfe. Immer wieder musste sie Haken schlagen, weil ein Blutwolf ihr in den Weg sprang. „Wohin fliehen wir eigentlich?“, schrie der Mann zu ihr herüber und lief einem Blutwolf zwischen den Beinen durch. „In das kleine gebannte Tal mit der Quelle!“, rief Aleidis zurück und wich wieder einem Wolf aus. „Aber...“, begann der Mann. „Nichts aber! Lauf lieber!“, gab Aleidis zurück. Plötzlich sah sie den jungen Mann aus den Augenwinkeln auf sich zukommen. Aleidis wusste nicht, was sie jetzt am besten tun sollte! Noch während sie überlegte riss der Mann sie zu Boden. Aleidis schlug heftig auf den Boden auf und scheuerte mit der ganzen linken Seite über den felsigen Boden. Ihr Tunikaärmel zerriss und sie hinterließ eine Blutspur auf dem Boden. Vor Schmerz halbblind wurde sie von dem Mann auf die Beine gezogen und weitergerissen. Aleidis sah zurück und sah, dass an der Stelle, von der dieser Mann sie weggerissen hatte, ein gigantischer Blutwolf stand. Er hatte sie beschützen wollen. Aleidis und der Mann liefen nun im Zickzack über den Felsenboden auf den Taleingang zu. Aleidis spürte schon eine Kralle eines Blutwolfes in ihren Haaren! Endlich stieß der Mann durch den kleinen, versteckten Taleingang und Aleidis folgte ihm. Der Eingang war nur eine schmale Ritze im Felsen, aber breit genug für Aleidis. Sie lief ein kurzes Stück über Felsen und dann durch Wald! Dort stolperte sie wieder über eine Wurzel und stürzte aus dem Wald heraus in die Talmitte, wo sie regungslos auf dem Bauch liegen blieb. Draußen heulten die Blutwölfe ein schauerliches Lied und sprangen wütend gegen die Felsen. Aber der Bann schlug sie mit einem leisen Fauchen immer wieder zurück. Nach einigen Minuten verschwanden die Blutwölfe endlich und es war fast völlig still. Nur wenige Geräusche erfüllten die Luft. Aleidis keuchte, wie auch der Mann neben ihr. Wasser plätscherte und gurgelte, die Blätter der Bäume raschelten im Wind, und das Gras flüsterte. „Was für ein Ritt!“, keuchte der Mann jetzt und Aleidis rappelte sich langsam hoch, bis sie kniete. Ihr gesamter Körper brannte wie Feuer. Und Blut lief ihren Arm hinab. Unbewusst griff sie nach ihrem linken Arm, aber plötzlich wurde ihre Hand festgehalten! Erschrocken starrte sie in das hübsche Gesicht des Mannes, er hatte ihre Hand gepackt. „Fass die Wunde nicht an!“, warnte er und stand auf, „Wenn du sie anfasst, dann könnte sich die Wunde entzünden! Komm mit, ich werde sie auswaschen.“ Aleidis stand auf und folgte dem Mann einige Meter zum kleinen Fluss, der sich von der Quelle kommend durchs Tal schlängelte. Als sich Aleidis zu dem Mann an den Fluss setzte betrachtete sie ihn näher. Er hatte ein feines, hübsches Gesicht, zwar nicht so fein wie Endoril's, aber trotzdem hübsch. Seine ellenbogenlangen Haare waren tiefschwarz und schimmerten leicht rötlich. Die Augen waren gelb, fast golden und die Pupille stand senkrecht, wie bei einer Katze. Er war etwa 1.90 groß, vielleicht etwas kleiner und trug schwarze kniehohe Stiefel und eine dunkelorange Lederhose, die in den Stiefeln verschwand. Die feste, weite Tunika war feuerrot, darüber trug er noch einen schwarzen Gürtel mit einem Schwert. Die Tunika hatte einen Stehkragen und ein schmaler, gerader Ausschnitt ging bis zum Brutbein hinab. Aleidis kam urplötzlich ein Gedanke! Der Mann wusch nun vorsichtig die Wunden aus, und das tat so weh, dass Aleidis nicht reden konnte. Als die Wunde sauber war holte der Mann aus einem kleinen Beutel an seinem Gürtel ein kleines Keramikfläschchen heraus. „Das wird jetzt weh tun!“, warnte er, „Das Zeug hier sorgt dafür, dass die Wunde schneller verheilt und sich nicht mehr entzündet.“ Aleidis biss die Zähne zusammen, als er die brennende Flüssigkeit auf ihren Arm träufelte und sie vorsichtig verrieb. „So, die dürfte sich nicht mehr rühren.“, meinte er dann, als er das Fläschchen zurück in seine Tasche schob, „Du hast dich tapfer gehalten! Hätte ich von einer Hochelfe nicht gedacht.“ „Du hältst mich also für eine Elfe.“, lächelte Aleidis etwas hinterlistig als sich der Mann zu ihr setzte. „Ja, klar!“, erwiderte er erstaunt. „Dann sieh dir mal das an!“, meinte Aleidis und streifte ihre Haare zurück. Nun sah er ihre Ohren, normale, runde Ohren. „Nein! Du bist ein Mensch?“, fragte er verblüfft. „Fangen wir doch besser mit den Namen an, okay?“, fragte Aleidis, „Ich heiße Aleidis und bin 17 Jahre alt.“ „Okay, ich heiße Hilarion und bin 5825 Jahre alt!“, erzählte Hilarion. „Und ein Dämon?“, fragte Aleidis hoffnungsvoll. „Hoffentlich verpfeifst du mich nicht an die Elfen!“, lächelte Hilarion, „Ja, ich bin ein Dämon! Aber du bist doch kein völliger Mensch, oder?“ Aleidis seufzte und erzählte Hilarion von Aurelia und ihrer Verwandtschaft mit dem Hochelfenkönig Endoril. Und weil es Hilarion interessierte, erzählte sie ihm auch von ihrem ehrgeizigen Vater und von ihren Geschwistern. Nur, dass sie die Mondentochter war, das erzählte sie ihm nicht. „Kann kein Zufall sein, dass wir uns getroffen haben!“, meinte Hilarion lächelnd, „Ich bin der Sohn des Dämonenkönigs, der älteste und damit der Erbe! Leider.“ „Leider?“, fragte Aleidis neugierig nach. „Mein Vater erwartet, dass ich den Krieg gegen die Hochelfen weiterführe. Aber, es gibt doch nichts sinnloseres und hirnverbrannteres als diesen Krieg!“, meinte Hilarion. „Meine Meinung!“, erwiderte Aleidis, „Hast du Geschwister?“ „Ja, drei jüngere und extrem nervige!“, erwiderte Hilarion, „Fruna, Afenju und Loreander! Die gehen mir wirklich so was von auf die Nerven! Sind zwar einige Jahrhunderte jünger als ich, aber legen sich immer noch mit mir an!“ „Kenn ich.“, erwiderte Aleidis, „Aber bei uns bin ich die jüngste.“ Hilarion und Aleidis sprachen miteinander, als würden sie sich Ewigkeiten kennen, als wären sie schon Freunde. Hilarion war sehr vernünftig, nicht so wie sein Vater. Der junge Dämonenprinz hielt den Krieg zwischen den beiden Rassen für völlig überflüssig. Und auch er dachte, dass die Blutwölfe irgendetwas im Schilde führten, sonst hätten sie schon längst mit gesamter Kraft angegriffen. Aleidis und Hilarion unterhielten sich einige Stunden, dann erst trauten sie sich wider aus dem Tal. Aleidis ging über die Ebene zurück in die Elfenstadt und Hilarion ging durch einen Ausgang auf der Dämonenseite zurück zu seiner Familie. Aber sie verabredeten sich gleich wieder für den nächsten Tag. Als Aleidis auf die Wachen zum Hochelfental zuging löste sich ein Reite aus der Reihe der Wachen und stürmte auf sie zu. „Aleidis!“, schrie Rina, die auf dem Pferd saß. Aleidis konnte nicht reagieren. Rina griff im Reiten blitzschnell unter ihren Armen durch und zog sie aufs Pferd! Dann wendeten Rina halsbrecherisch und ritt zurück, durch die Wachen hindurch und zur Elfenstadt. „Warum kommst du ohne Pferd?“, fragte Rina bei Reiten, „Warum bist du verletzt? Haben dich die Blutwölfe angegriffen? Wo hast du dich versteckt?“ „Du willst aber viel wissen!“, erwiderte Aleidis verdattert. Sie saß urplötzlich vor Rina auf dem Pferd und sah die Elfenstadt auf sich zukommen. „Ist doch klar, dass wir uns Sorgen um dich machen!“, erwiderte Rina, „Du bist die neue Mondentochter! Und außerdem bist du mit uns verwandt! Du merkst es vielleicht nicht, aber Vater behandelt dich schon wie seine Tochter! Und er überlegt auch, wie er dir aus dieser schrecklichen Familie helfen kann!“ Aleidis schwieg. Endoril behandelte sie also schon als Tochter, und er wollte sie von ihrer leiblichen Familie wegholen. Sie hätte nicht gedacht, dass sie irgendjemanden mal so wichtig sein würde! Und zwar wichtig im emotionalen Sinne! Ihrem Vater war sie nur wichtig, wenn sie Anwältin wurde, ansonsten war sie ihm doch egal. Und so behandelte er sie auch noch! „Rina! Aleidis!“, rief Endoril aus, als Rina und Aleidis in die kleine Bibliothek traten, „Was ist denn passiert?“ Endoril's Tisch war mit Hunderten von beschriebenen Pergamentblättern übersät. „Sie ist verletzt und ohne Pferd zurück gekommen.“, sagte Rina und sah auf Aleidis. „Gut, dass du sie hergebracht hast, danke Rina.“, erwiderte Endoril und kam zu den beiden, „Ich werde mich jetzt kümmern, okay?“ Rina nickte und verließ den Saal. „Und du kommst jetzt mit!“, meinte der Hochelfenkönig dann zu Aleidis und führte sie in ein anderes Zimmer. Dort waren drei große Apothekerschränke aus hellem, fast weißem Holz, mit dunkelblauen Rankenmustern verziert. Unter einem Fenster stand ein großer Tisch mit einem Stuhl. Endoril rückte den Stuhl heraus und wies Aleidis an sich zu setzten. Die tat es, musste sie ja. „Was hast du nur wieder angestellt?“, wollte Endoril wissen, während er sich durch die Schubladen eines Schrankes suchte. „Ich? Nichts!“, erwiderte Aleidis, „Die Blutwölfe haben mich auf einmal angefallen! Sie haben das Pferd gerissen und ich musste Laufen. Und, bitte frag mich nicht, wie ich ihnen entkommen bin, das versteh ich selber auch nicht so recht.“ Endlich hatte Endoril die blaue Flasche gefunden, die er suchte. Er holte aus einem anderen Schub einen Fetzten Stoff und kam zu Aleidis. „Die haben dich einfach angefallen?“, fragte er, während er von der Flüssigkeit in der Flasche ein wenige auf das Tusch träufelte. „Ja, haben sie!“, erwiderte Aleidis und das war noch nicht einmal gelogen, „Die haben mich angegriffen und ich hab mich eine Weile versteckt und bin dann, als sie wieder weg waren zurück gelaufen!“ „Sie könnten wissen, wer du bist!“, mutmaßte Endoril und tupfte Aleidis' Wunde mit der Flüssigkeit ab. Die brannte furchtbar und es tat höllisch weh! „Tut mir Leid, aber das Zeug hier verschließt die Wunde.“, erklärte Endoril entschuldigend, „Die Wunde dürfte morgen nicht mehr zu sehen sein. Und eine Narbe wird es auch nicht geben!“ Aleidis nickte, eine Narbe wollte sie nicht haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)