My angel & my demon von Rosenmaedchen (It is what it is. [♥]) ================================================================================ Kapitel 21: Temptation ---------------------- Versuchung Es schlug Mitternacht. Kalter Wind blies ihr ins Gesicht, ließ ihre Haare sanft wehen. Sie bekam eine Gänsehaut und fröstelte leicht. In ihrem dünnen Nachthemd und nach diesem gewaltigen Regenschauer, der die Luft stark abgekühlt hatte, war das eigentlich kein Wunder. Sie sah hinunter auf die Lichter der Stadt und ließ ihre Gedanken schweifen. Seit zwei Wochen hatte sie ihn nicht gesehen. Er hatte gesagt, sie würden sich schon bald wiedersehen. Doch bisher war nichts passiert. Ein leises Seufzen entfuhr ihr. Vielleicht lag es auch an dem Streit mit ihrem Vater, der darauf gefolgt war. Er hatte ihr den Umgang mit ihm verboten. Vielleicht hielt er alles, was von Juan kam, von ihr fern. Damit sie sich wirklich nicht wieder sahen. Bei dem Gedanken traten ihr Tränen in die Augen. Sie konnte nicht ohne ihn, dessen war sie sich schon so lange sicher. Schon ihr gesamtes Leben lang. Und jetzt, da er sich endlich für sie interessierte, verhinderte ihr Vater alles. Das Leben war einfach nicht fair! Wieso dachte er nur, dass Juan genauso war, wie alle anderen? Gut, vielleicht war sie da auch etwas naiv und vertraute Juan zu sehr, aber mit Sicherheit irrte ihr Vater sich einfach. Er würde ihr niemals absichtlich weh tun. Das hatte er ihr versprochen. Nur davon wusste Victor leider nichts und vermutlich würde er es auch nicht glauben. Das Schlimmste war, dass sie nicht mehr allein aus dem Palast raus kam. Sie stand, wie ihr angedroht wurde, ständig unter Beobachtung. Und auch wenn ihr Vater sie in Sicherheit wiegte und sie allein hinaus durfte, wusste sie, dass sie von seinen Wachen beobachtet wurde. Sie konnte ja nicht mal mit Duncan reden, damit er daran etwas ändern konnte! Sie lehnte sich an das Geländer ihres Balkons und summte eine leise, traurige Melodie vor sich hin. So tief in Gedanken versunken, hatte sie fast nicht diese Aura bemerkt, die plötzlich da war. Sie wusste, dass es keiner der Wachen ihres Vaters war und auf Anhieb schlug ihr Herz schneller. Sie kannte diese Aura nur zu gut. Die Prinzessin würde sie unter tausenden wiedererkennen. Aber es war nicht möglich, dass er hier war, er konnte doch nicht an den dutzenden Wachen vorbeigekommen sein? Angst überkam sie, dass das alles nur Einbildung sei, und als die Aura sich genau hinter ihr befand, wusste sie nicht, was sie tun sollte. Sollte sie sich umdrehen, um dann vielleicht enttäuscht zu werden, weil dort rein gar nichts war? Oder würde sie sich umdrehen, und er stand da und empfing sie mit offenen Armen? Oder sie drehte sich nicht um, irgendjemand anderes stand da und schlitzte ihr die Kehle auf. Sie unterdrückte ein Lachen, was irrwitzigerweise fast aus ihr herausgebrochen wäre, aufgrund ihrer wirren Gedanken. Sie strich sich über ihre Wangen, damit man ihr die Tränen nicht ansah, welche sie vergossen hatte und drehte sich langsam herum. Ihr Herz schien einen Salto zu machen, denn sie empfand keine Enttäuschung, nicht im Geringsten. „Hola Prinzessin.“ Seine Stimme war leise und bedacht, wie ein zärtliches Flüstern. Er war sich sehr wohl der Gefahr bewusst, die er hiermit auf sich nahm. Und Lilith auch. Trotzdem war es ihr egal. Sie strich sich ungläubig durch die Haare und erwiderte leise: „Was machst du denn hier? Wenn mein Vater dich sieht, wird er ausrasten, Juan!“ Am Ende hob sich ihre Stimme leicht. Sofort legte Juan seinen Finger auf ihren Mund. „Sch.“ Sie verstummte sofort und sah in seine Augen, welche noch dunkler wirkten als sonst. „Werde bitte nicht wieder laut. Nicht, dass jemand auf uns aufmerksam wird.“ Jedes Wort war ein Flüstern. Lilith nickte als Antwort, worauf er sanft seinen Finger von ihrem Mund nahm. Zärtlich, als ob sie zerbrechen könnte, legte er seine Hände an ihre Taille und flüsterte wieder an ihr Ohr. „Ihr habt euch gestritten, oder?“ Sie streckte sich etwas nach oben, damit sie auch seinem Ohr näher kam. „Ja. Er hat mir den Umgang mit dir verboten. Du musst wirklich von hier verschwinden, Juan. Wenn dich jemand sieht wird mein Vater dich sicher einsperren lassen. Und das möchte ich nicht.“ Er strich über ihre Wange und ließ seine Hand anschließend dort ruhen. Sie schmiegte ihre Wange leicht in seine Handfläche. „Es ist mir egal, was dein Vater mit mir machen will. Ich musste dich einfach sehen, ich halte es kaum ohne dich aus. Alles an mir vermisst dich, Lilith. So schlimm, dass ich keinen Schlaf mehr finde.“ Ein überraschter Laut kam über ihre Lippen. „Das geht mir ganz genauso.“ In ihrer Stimme konnte er trotzdem eine Art Überraschung heraushören. „Was überrascht dich, mi corazón?“ Ihr wurde ganz warm und ein Lächeln kam auf ihre Lippen, als sie hörte, wie er sie genannt hatte. Mein Herz. Ihr wurde heiß und sie spürte förmlich, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. „Du hast mich wirklich vermisst?“ Liebevoll streichelte Juan über ihre Wange. „Aber ja doch. Lilith, ich habe mich in dich verliebt.“ Er musste lächeln, als ihr Mund leicht aufklappte. „Mach den Mund wieder zu.“ Dann verschwand sein Lächeln wieder und es wirkte, als würde Unsicherheit in seine Augen treten. „Ich habe in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht, weil ich mir nie wirklich sicher war, was ich für dich empfinde. Ich war mir nicht sicher, wie das wegen deinem Vater werden sollte, oder wegen mir selbst. Aber ich liebe dich, Lil, und ich würde alles für dich tun.“ Die letzten Tage hatte er krank gemacht und sich zu Hause den Kopf zerbrochen, was das mit ihm und der Prinzessin nun wirklich war. Bis er zu diesem Ergebnis kam. Er liebte sie, aufrichtig. Vielleicht kann sie ihm sogar über seine Bindungsangst hinaus helfen. Ihr traute er alles zu. Als die Prinzessin immer noch nichts erwiderte, fügte er, schon beinahe verzweifelt, noch hinzu: „Lilith, mir sind alle Warnungen egal. Ich will dich, mi corazón, mit allen Problemen und mit allen Gefahren.“ „Ich verstehe dich nicht.“ Sanft streifte sie seine Hand von ihrer Wange und schüttelte leicht den Kopf. „Ich verstehe dich absolut nicht.“ Juan rang um seine Fassung. „Wieso? Ich denke, dass ist das, was du dir wünschst?“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Schon, aber ich werde aus dir einfach nicht schlau. Mal ist es so, und mal so. Was ist die Wahrheit, Juan?“ Zunächst schwieg er. Anschließend folgte ein Seufzen und er fuhr sich durch die Haare. „Du möchtest die Wahrheit hören?“ „Ja.“ „Ich habe seit meiner Kindheit Bindungsängste. Deswegen kann ich nie lange eine Freundin haben und ziehe mich eigentlich emotional zurück. Deswegen war ich auch so zu dir, ich konnte mich nie entscheiden, was ich tun soll. Aber ich versuche dagegen anzukommen. Ich mache eine Therapie, für dich, damit ich mein Wort halten kann. Mir ist es mit dir so ernst wie noch nie in meinem Leben. Das ist die Wahrheit.“ Leichte Tränen traten in ihre Augen, doch sie wischte sie sofort weg. „Das tut mir leid für dich. Ich verstehe dich voll und ganz, aber du sollst es wirklich ernst meinen und ich bin mir da, um ehrlich zu sein, einfach momentan nicht sicher. Auch wenn du es sagst. Ich möchte nicht verletzt werden. Beweise mir, dass du es ernst meinst, oder ich hole die Wachen.“ Juan zog sie enger an sich, streichelte einmal ihre Wirbelsäule entlang. Dann zog er sie sanft am Kinn näher zu sich und küsste sie so liebevoll und so sanft, wie noch niemals zuvor. Dadurch traten Lilith wieder Tränen in die Augen. Wie hatte sie nur an ihm zweifeln können! Es war wie ein Traum, dass er sie liebte und sie nun zusammen sein konnten, wenn man Victor wegließ. Sie versuchte, genauso gefühlvoll den Kuss zu erwidern. Schließlich löste Juan sich von ihr und strich ihr lächelnd die neuen Tränen weg. „Du würdest doch niemals die Wachen rufen, damit sie mich festnehmen.“ Sie musste leise über sich selbst lachen. „Du hast ja recht.“ Nach einer innigen Umarmung flüsterte Juan an Liliths Ohr: „Kommst du mit zu mir?“ Verblüfft sah Lilith ihn an. „Jetzt noch?“ „Klar, warum nicht?“ Vorsichtig und leise zog Lilith ihn an der Hand mit rein. „Ich werde bewacht, wie ein Schmuckstück. Ich komme hier nicht ungesehen heraus, Juan. Und mein Vater wird Fragen stellen, wenn ich plötzlich weg bin.“ Sie schloss die Balkontür hinter sich, als sie im Wohnzimmer waren. „Ich kriege dich hier ungesehen raus. Niemand wird bemerken, dass du die Nacht über nicht da warst.“ Lilith lächelte und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. „Dann komme ich nur zu gerne mit. Aber was mach ich wegen meinem Vater?“ „Schreib ihm doch einen Zettel, dass du bei Samantha schläfst. Hat sich halt kurzfristig ergeben, oder so.“ Die Prinzessin nickte und machte sich daran, ihrem Vater einen Zettel zu hinterlassen, welchen sie dann außen an ihre Tür klebte. Dann schloss sie die Tür ihrer Wohnung gleich ab. Es sollte niemand ungebeten hineingelangen. In der Zwischenzeit hatte Juan ein paar Sachen für sie zusammengesucht und in eine Handtasche gepackt. „Ich hab einfach mal was eingepackt, wo ich denke, dass du es brauchst.“ „Ist vollkommen in Ordnung. Aber jetzt zieh ich mich nicht nochmal um, oder ist das nötig?“ Juan besah sie sich, in ihrem kurzen, dünnen Nachthemd, und grinste. „Nein, also von mir aus kannst du gern so bleiben.“ Lilith lachte, musste sich aber schnell besinnen, da niemand wissen sollte, dass sie erstens, noch hier war und das mit ihrem Zettel nicht übereinstimmte und zweitens, sie mitten in der Nacht lachen musste und sie das nicht erklären konnte. Juan kam abschließend zu ihr – ihre Handtasche schon in den Händen, was an ihm sehr komisch aussah – legte die Arme um sie und ließ eine seiner Hände auf ihren Po wandern. Lilith konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Juan, du spielst mit dem Feuer.“ Sie hörte ihn leise Lachen, sein Körper vibrierte dabei. „Solange mein Preis heiß ist, mach ich das sehr gern.“ Er drückte sie sanft zurück und sah sie ernst an. „Auch was deinen Vater angeht, wir schaffen das. Ich werde um dich kämpfen, mi corazón.“ Wieder lächelte sie, bevor sie ihn küsste. Eindeutig konnte sie nun den schönsten Tag ihres Lebens benennen, oder wohl eher, die schönste Nacht ihres Lebens. Sie hatte sich noch nie so gut gefühlt, wie in diesem Moment. Und sie hoffte sehr, dass dieses Glückgefühl noch lange anhalten würde. Sie konnte der Versuchung, eine Beziehung mit Juan anzufangen, einfach nicht widerstehen. Die Zeit würde zeigen, wie hoch der Preis dafür war. Victor saß in seinem Arbeitszimmer im Palast und war mit Papierkram beschäftigt. Meistens ließ er diesen von seinen dutzenden Angestellten erledigen, jedenfalls von denen, denen er blind vertrauen konnte. Das waren wiederum nicht sehr viele. Irgendeine Veränderung fand in den letzten Tagen bei seiner Tochter statt. Es störte ihn nicht, dass sie oft bei Samantha war. Er konnte es irgendwo nachvollziehen, dass sie sich von ihm eingeengt fühlte. Nur er wusste nicht immer, wie er mit ihr umgehen sollte. Er wollte sie doch nur schützen. Sie war sein Mädchen, seine einzige Tochter. Er hatte nur noch sie. Und doch hatte er öfters das Gefühl, dass er zu hart zu ihr war. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass sie soviel Zeit mit Samantha verbrachte. So würde Samantha nicht auf die Idee kommen, doch noch auf die andere Seite zu wechseln, jetzt, wo ihr Angriff auf den Himmel schon in der heißen Planungsphase war. Und Lilith hatte zum ersten Mal eine wirkliche Freundin, die sie schon so lange braucht. Sie war das, was Lilith immer gefehlt hatte. Als er den nächsten Stapel Dokumente beiseite räumte, viel etwas klirrend zu Boden. Glas splitterte. „Verdammt.“ Er bückte sich und hob den Bilderrahmen auf, der ihm nicht einmal bekannt vorkam. Doch als er ihn umdrehte, ließ er ihn wieder fallen. Er dachte, dass er damals alles weggeworfen hatte, was ihn an sie erinnert. Aber er hatte sich getäuscht. Auf dem Bild war er abgebildet – und mit ihm eine blondhaarige Frau. To be continued. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)