My angel & my demon von Rosenmaedchen (It is what it is. [♥]) ================================================================================ Kapitel 12: Forget the pain --------------------------- Den Schmerz vergessen Gedämpftes Licht drang durch die edlen Fenster nach außen und hämmernde Bässe ließen die Glasscheiben vibrieren. Die Wachen waren trotz dessen im Dienst und beobachteten aufmerksam die Umgebung rund um den Palast. Solas lag ruhig da - die Stadt hatte sich schon Schlafen gelegt. Aber im Inneren des Palastes ging es heiß her. Lilith und Samantha hatten mit einigen Bediensteten innerhalb weniger Stunden den großen Tanzsaal perfekt hergerichtet. Es gab Tische und Stühle, ein riesiges Buffet mit allerlei Leckereien, welche die Köche des Palastes zu Ehren der Prinzessin angerichtet hatten. Eine riesige Tresenzeile stand nun ebenfalls dort, wo vier Barkeeper eifrig werkelten und ihre insgesamt zwölf Kellner und Kellnerinnen die Gäste fragten, ob sie denn gerne noch etwas hätten. Auf der Tanzfläche bewegten sich viele Engel im Rhythmus der Musik. Man hörte Flügel rascheln und Gelächter. Der gutbezahlte DJ legte nur angesagte Musik auf, zu der man bestens tanzen und feiern konnte. Sie hallte im ganzen Saal wider und den Bass spürte man im ganzen Körper. Da der Saal immer geschmückt war fiel diese wichtige Aufgabe diesmal so gut wie weg, was Samantha gut hieß aber Lilith schon den halben Tag schmollen ließ. Laut ihr war ‘die schönste Aufgabe überhaupt‘ weggefallen. Aber vor allem eines hatte ihre Laune aufgebessert. Ein alter Freund von Victor hatte der Einladung zugesagt, der unter den Engel sehr bekannt und beliebt war. Sein Name war Jeromé und er begeisterte Lilith schon seitdem sie denken konnte. Diesmal hatte er einen alten Klassiker dabei, der ihn so berühmt gemacht hatte. „Ich glaubs immer noch nicht…“, murmelte Samantha und nippte an ihrem Früchtecocktail. Lilith rückte ihr Kleid in Position. „Was denn?“ „Na, brennende Meerschweinchen!“ Sie schaute die Blondine an. „Dieser Magier, oder was das ist, er hat echt brennende Meerschweinchen!“ Lilith grinste. „Erstens, heißt er Jeromé. Zweitens, er ist ebenso ein Engel wie ich, nur nutzt er seine Fähigkeiten zum Entertainment und drittens, durch die brennenden Meerschweinchen wurde er berühmt.“ Sie kippte den letzten Rest ihres Gin Tonic weg und stellte das Glas auf den Tresen. Samantha schüttelte nur den Kopf und lugte zu diesem Jeromé hinüber, der sich gerade mit weiblichen Engeln unterhielt während sein Meerschweinchen fraß und dabei lustig vor sich hin flackerte. Samantha schaute sich weiter um. Von der Bar aus, an der sie zusammen mit der Prinzessin saß, konnte sie fast den gesamten Saal überblicken. Es waren wirklich alle möglichen Engel zu dieser Party gekommen. Samantha kannte nicht einen von ihnen, aber alle schienen sie zu kennen. Sie hatte natürlich bemerkt, dass über sie getuschelt wurde. Lilith hatte ihr zwar versichert, dass dies nur daher kam, da sie die Auserwählte war und der erste Mensch, der lebend in der Hölle existieren konnte. Aber sie selbst war sich da gar nicht so sicher. Ihre alte Unsicherheit war zurückgekehrt und schüchterte sie ein. Es fühlte sich fast so an wie damals in der Schule, als ihr Leben noch normal war und Yessica sie jeden Tag gedemütigt hat. Es fehlt nur noch so eine wie Yessica, dachte sie sich und sah wieder zur Prinzessin. Beide hatten ihre Kleider an, die sie beim gemeinsamen Shoppen gekauft hatten. Dazu passende Schuhe hatte die Blondine ihr ausgeliehen und ein gepunkteter Haarreifen steckte in ihrem Haar. Lilith trug eine ihrer zig Kronen, die sie galant in ihre, nun gelockten, Haare festgeklemmt hatte. „Ich hab Juan noch nirgendwo entdeckt.“ Lilith sah sich weiter um. In ihren Worten schwang ein wenig Enttäuschung mit. „Mit Sicherheit kommt er noch.“ Jedenfalls hatte er das noch am Vortag zu Samantha gesagt, mit der Begründung, er würde sich doch keine Party entgehen lassen. „Ich hoffe, du behältst Recht.“ Sie biss sich auf die Unterlippe und ließ sich dann noch einen Gin Tonic bringen. Jemand kam zu ihnen, der sich als Duncan entpuppte. Samantha und Lilith wechselten verwunderte Blicke. Lilith wusste, dass Duncan noch nie wirklich ein Partylöwe gewesen war und hatte ihn noch nie irgendwo gesehen, um einfach nur Spaß zu haben. Und als Samantha ihn höflich gefragt hatte, ob er den kommen möchte, hatte er sofort konsequent abgelehnt. Also, wieso war er dann doch gekommen? „Wolltest du nicht zu Hause bleiben?“, fragte die Prinzessin und blickte ihn misstrauisch an. „Eigentlich schon. Nur irgendjemand muss auf euch aufpassen. Es sind einfach zu viele fremde Engel hier.“ Lilith öffnete den Mund, nur Duncan fuhr rasch fort: „Und nein, du kennst nicht alle, die hier sind, Lil.“ Sie warf ihm einen bösen Blick zu und Duncan grinste. Samantha spürte einen Stich in ihrer Brust. Erschrocken fuhr sie auf, als sie bemerkte, was es war: Eifersucht. Sie war wirklich eifersüchtig auf ihre Freundin. Aber Duncan war nun mal zu Lilith ganz anders als zu ihr selbst. Zu ihr war er kalt und distanziert. Aber bei Lilith konnte sie auch andere Seiten an ihm entdecken. Warum mach ich mir darüber überhaupt einen Kopf, dachte Samantha, wobei sie auf Duncans perfektes Gesicht schielte. Die beiden kennen sich schon sehr lange und diese Zeit verband sie nun mal - schon Liliths gesamtes Leben. „Wenn du schon einmal hier bist, kannst du dich ja amüsieren“, meinte Lilith und zwinkerte dem Schwarzhaarigen zu. Dieser grunzte nur und ließ sich neben der Prinzessin auf einen Barhocker sinken. Dann schaute er hinüber zu Samantha, welche aber schnell den Blick gen Boden richtete und bestellte sich anschließend ein Glas Rum. Lilith rutschte auf einmal unruhig von ihrem Hocker. Als Samantha sie ansah brachte sie nur den Namen „Juan…“ heraus. Samantha sah in die gleiche Richtung wie die Prinzessin und erblickte den Spanier. Er sah gut aus, wie immer und seine Kleidung war lässig, sexy und perfekt aufeinander abgestimmt. Ein wahrer Augenschmaus. Als sich die Braunhaarige umsah bemerkte sie, dass dutzende weibliche Blicke auf ihm lagen. Eine braunhaarige Frau mit rotem Glanz im Haar kam zu ihm und mit einem kecken Lächeln versuchte sie ihn zu umgarnen. Sie war sehr hübsch und Juan sprang darauf an und setzte ebenfalls ein charmantes Lächeln auf. Er säuselte ihr irgendetwas zu, worauf sie lieblich Lachen musste. Ein heißer Flirt folgte. Samantha schaute zögernd zu Lilith hinüber. Diese war starr geworden und beobachtete das Spektakel aufmerksam. „Diese Schlampe…“, murmelte die Prinzessin. „Die schmeißt sich ihn immer an den Hals.“ Ihre Stimme war mit Zorn unterlegt. „Fiona kann eben nichts anderes“, kam es von Duncan, der schon sein viertes Glas Rum in sich hinein kippte. Samantha sah wieder zu Lilith zurück, als diese knurrte. Fiona hatte angefangen, Juan zu küssen und er hatte dies erwidert. Sie gaben sich einer wilden Knutscherei hin und bissen sich vor aller Augen rum. „Ich glaub, mir wird gleich schlecht.“ Lilith wendete ihren Blick ab. In ihrer Stimme hatte man jahrelangen Schmerz herausgehört, genauso wie die herbe Enttäuschung darüber, dass Juan, mal wieder, eine andere gewählt hatte und dies so offen zeigte. Wahrscheinlich wird das ein Leben lang so weitergehen, dachte sich die Prinzessin. Ich würde ewig an ihm hängen und jedes Mal verletzt sein, wenn er eine andere berührt und liebt und er würde mich weiter nicht wahrnehmen. Wahrscheinlich irgendwann heiraten und eine Familie gründen, mit einer Frau, der ich am liebsten die Augen auskratzen würde. Er wäre glücklich - und ich? Ich würde ihm ewig nachtrauern, allein bleiben und nie meinen Kindertraum erfüllen können. „Und am Ende einsam sterben…“, flüsterte Lilith verletzt. Samantha rutschte darauf von ihrem Hocker, während die Blondine mit den Tränen kämpfte. Sie lief schnell aus dem Raum und Samantha folgte ihr und holte sie schließlich ein. „Lil…“ Aber die Prinzessin ging weiter, bis sie den Saal verlassen hatten. Erst dann blieb sie stehen und wischte die Tränen weg, die ihr über die Wangen kullerten. „Es geht schon… Das war jetzt eine Kurzschlussreaktion. Ich müsste es eigentlich langsam wissen.“ Samantha war nicht gut im Trösten. Genau genommen musste sie noch nie jemanden wegen irgendwas trösten. Aber sie spürte, dass Lilith den Trost unbedingt brauchte. Sanft legte sie ihr die Hand auf die Schulter und als die Blondine sich umdrehte, zog sie sie in eine Umarmung. „Du kannst nichts für deine Gefühle.“ „Ich weiß. Aber es tut trotzdem so weh…“ Sie löste sich aus der Umarmung und lächelte gezwungen. „Danke, Sammy.“ Lilith schritt zur Treppe. „Ich geh erst einmal hoch, um mich wieder zu beruhigen und mich zu sammeln. Magst du mitkommen?“ Samantha bejahte dies und folgte ihr, als plötzlich die Tür des Saales aufging. „Prinzessin?“, sagte eine männliche Stimme, die Lilith erschrocken zusammenfahren ließ. Aber ihre braunhaarige Freundin drehte sich zu ihm herum. „Das ist unpassend, Juan.“ „No, ich muss mit ihr reden.“ Er versuchte an Samantha vorbeizuschauen. „Bitte, Prinzessin.“ Lilith fing an zu zittern und schloss ihre Hände zu Fäusten. „Nenn mich nicht Prinzessin!“ Ihre Stimme bebte vor Zorn, während die Tränen noch immer über ihre Wangen flossen. Deswegen stand sie auch weiterhin mit dem Rücken zu Samantha und Juan. „Perdón“. Er schien zu zögern, sagte es dann aber schließlich doch: „Lilith, ich würde gern mit dir reden.“ „Nein, lass es einfach.“ Sie wischte sich über die Wangen. „Geh doch wieder zu Fiona. Sie vermisst dich sicherlich schon.“ Argwohn lag in ihrer Stimme. „Aber -“, setzte Juan an, wurde aber sofort wieder unterbrochen. „Sei ruhig! Ich will nichts hören. Lass mich einfach in Ruhe…“ Eilig rannte die Blondine die Treppe hinauf und ließ den Spanier mit der Braunhaarigen zurück. Juan schaute Samantha sprachlos an. Auch sie wusste erst nicht so Recht, was sie darauf noch sagen sollte. „Was hat sie?“, fragte Juan schließlich und Samantha schüttelte nur den Kopf. „Das kann ich dir nicht sagen, tut mir leid. War ein langer Tag.“ Mit diesen Worten verabschiedete sie sich und ging Lilith nach. Sie fand diese dann auch, in der Kammer, wo ihr Vater sämtlichen Alkohol gelagert hatte, den er von seinen Dienstreisen mitbrachte. Alle möglichen Sorten waren dort zu finden. Lilith selbst hatte verheulte Augen, ihr Mascara war dadurch verlaufen und sie schüttete, sehr zum Entsetzen von Samantha, gerade eine komplette Flasche Wodka in sich hinein. Als diese leer war stellte sie sie ab und nahm eine andere. „Nehm dir, was du willst“, sagte sie zu ihrer Freundin und setzte die neue Flasche schon an ihre Lippen. „Lil, das bringt doch nichts“, begann sie, aber Lilith schüttelte nur den Kopf. „Zum Vergessen reicht es völlig. Ist ja auch nicht das erste Mal.“ Und dann trank sie weiter. Überschüttete ihren Kummer und den Schmerz, den Juan immer wieder in ihr verursachte, ohne es zu wissen. Und es würde auf ewig so bleiben. „Noch ein Glas Rum“, sagte Duncan zum Barkeeper und trank sein letztes Glas aus. Wie viele er mittlerweile intus hatte, wusste er nicht. Was er wusste, war, dass er mal wieder einen seiner schwachen Momente hatte. So wie es so viele gab in letzter Zeit. Aber diesmal war es nicht wegen ihr, nein. Dieses Mal war es wegen einem Schmerz, der viel tiefer ging und schon vor über tausendfünfhundert Jahren seinen Anfang gefunden hatte - die ersten Narben entstanden. Durch seine Familie. Was mit ihr passiert war, wusste er bis heute noch nicht. Nach seinem Tod vor sechzehnhunderteinundvierzig Jahren hatte er nichts von seiner Mutter und nichts von seiner Schwester gehört. Wahrscheinlich waren sie nicht einmal Engel geworden. Na ja, seinem Vater geschieh das ganz recht. Ihn vermisste er auch kein Stück. Er starrte das, nun wieder volle, Glas Rum an. Duncan vermisste sie - seine geliebte Schwester. Und seine Mutter. Wie gern würde er sie umarmen, mit ihnen reden oder einfach nur an ihrem Leben teilhaben. Aber nicht an dem seines Vaters. Der konnte ihm gestohlen bleiben. Und dann war da noch etwas. Das Ereignis vor zwanzig Jahren, nach welchem er festgelegt hatte, dass er beim nächsten Tiefschlag seines Lebens sich die Seele nehmen lassen würde. Egal was Victor, Lilith oder sonst jemand sagen würde. Seine Entscheidung stand fest. Bald war dieser Tag, an dem das Unglück vor zwanzig Jahren geschah. Der Tag der Trauer rückte immer näher. Der Tag, wo die frischeste Wunde auf seiner Seele wieder aufgerissen wurde und von neuem zu bluten begann. Er vermisste ihn schrecklich. Die letzte Person, die ihm geblieben war. Sein Bruder Sheridan. Im Krieg gefallen. Das wurde jedenfalls behauptet. Aber seine damalige Freundin war am selben Tag ebenfalls wie vom Erdboden verschluckt worden. Ihre Leiche hatte man nicht gefunden - seine schon. Nein, Duncan glaubte fest daran, dass etwas anderes dahintersteckte. Und er würde es herausfinden. Falls die Erzengel seinen Bruder auf den Gewissen hatten, würde er sie alle umbringen. Ohne Gnade. Ein Knurren unterdrückend kippte er das nächste Glas weg. Er sollte aufhören, seine Wut anzusammeln. Der Dämon fing an, sich bemerkbar zu machen, und das war alles andere als gut. Betrunken und gleichzeitig unter dem Dämon würde er schreckliche Dinge tun. Duncan riss sich zusammen, ließ sich noch einen Rum geben und trank ihn auf Ex weg. Bald müsste er genug haben, um den Schmerz zu vergessen. Nur leider tat er, wenn er betrunken war, immer Dinge, die er im Nachhinein bereute. Deswegen trank er meistens nur zu Hause. Wenn er allein war und niemand seinen Absturz sehen konnte. Aber er war nicht mehr allein. Samantha wohnte bei ihm. Aber all das war ihm heute egal. Sollte doch jeder ihn so sehen können. Wäre sicher auch nicht das erste Mal, dass man bemerkte, dass Duncan innerlich kaputt war. Und so trank er weiter. Er wollte einfach mal alles vergessen, nur ein einziges Mal im Leben! Aber er ahnte ja nicht, was das für fatale Folgen haben würde. To be continued. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)