Die Laborantin von Samehada ================================================================================ Kapitel 1: ----------- "M8 nach Eisenstadt fährt ein, bitte Vorsicht." Die Stimme aus den Lautsprechern drang hallend durch den ganzen Bahnhof. Sylvia trat mit nachdenklichem Blick einen Schritt zurück und wartete bis die Schwebebahn vollkommen zum Stillstand gekommen war. Ein seltsames Gefühl bemächtigte sich ihrer, nun, da sie hier stand. Es war eine Art Angst, gepaart mit Aufregung und Lust. Wie vor ihrem ersten Kuss und einer schwierigen Prüfung zugleich. Fast automatisch schob sie den rechten Ärmel ihres Mantels nach oben. Die junge Frau hielt die kleine silberne Scheibe, die in einer schmalen Halterung an ihrem Unterarm angebracht war, über ein Holodisplay an der Tür der Bahn. Noch einmal wandte sie den Kopf, um sich auf dem Bahnsteig umzusehen. Nie zuvor hatte sie darin eine Notwendigkeit gesehen, doch heute war dies anders. Die steril-weißen Wände des Bahnsteiges waren eintönig und fantasielos, Werbeplakate priesen nach eigener Aussage vielfältige, unverzichtbare Waren an, welche kein Mensch wirklich brauchte. Es war wie immer. "Vielen Dank, die ÖIB wünscht gute Fahrt", flötete eine synthetische Stimme aus einem Lautsprecher über dem Holodisplay. Nach einem missmutigen Blick auf die virtuelle Intelligenz, welcher sie gerade einige Beets in den Rachen geschoben hatte, beeilte sich Silvya den Wagen zu betreten. Ein leichtes Kitzeln am ganzen Körper zeigte ihr, dass sie sich nun im Inneren des Trägheitsdämpfungsfeldes befand, welches die Bahn ausfüllte. Diese Gefühl war immer aufs Neue grauenhaft, fand sie, fast als würde man mit Honig besprüht werden. Doch hielt es glücklicherweise nur einige Sekunden an. Natürlich war die Bahn gefüllt bis auf den letzten Stehplatz. "Verdammter Mist, elender..." murmelte Silvya, während sie sich durch die Menge schob um einen einigermaßen bequemen Platz zu finden. Genervt lehnte sie sich schließlich an die Bordwand neben einem der wenigen Fenster, welche außer den Werbeholos, die überall an den Wänden prangten die einzige Art der Ablenkung darstellten. Der Zug fuhr bereits wieder, sie hatten Graz verlassen und befanden sich auf der Überlandtrasse Richtung Eisenstadt. Seufzend zog sie aus ihrer braunen Handtasche ihren PDA und schob Dateien über das Display. "Hm, allgemeine Laborhilfe..." las sie von ihrem Dienstplan, welcher gerade geöffnet auf ihrem Datenassistent zu sehen war. "Putzfrau und Mädchen für alles also wieder... Kannst du dir in den Hintern schieben Ardenberg..." dachte sie missmutig, während das Gesicht ihres Chefs vor ihrem geistigen Auge eine Predigt über Kompetenz und Zuverlässigkeit hielt. In Wirklichkeit waren diese für ihn vordergründig wichtigen Attribute nur immer wieder eine Ausrede, weibliche Mitarbeiter an der mehr als kurzen Leine zu halten. "Und die sabbernden Mitglieds-Fiffis bekommen wieder die interessanten Forschungsarbeiten... typisch..", murmelte Silvya gehässig, schloss den Plan und steckte das Gerät mit einem Ruck in die Handtasche zurück. Diese Bevorzugung war nun aber endlich vorbei. Sylvia dachte noch einmal an die schlimmsten Situationen zurück. Kaffeemädchen für männliche Assistenten... Putzfrau... Reißwolfbedienerin... Bilder schossen ihr durch den Kopf und jedes davon versetzte sie mehr in Rage. Plötzlich begann ihre Tasche zu vibrieren und laut zu piepen. Erschrocken nestelte sie ihren PDA wieder heraus, starrte auf das Display. Es war der Termin, welchen sie vor ein paar Tagen eingestellt hatte. Kurz nach dem Gespräch mit einem Mann, der ihr ein sehr interessantes Angebot gemacht hatte. Erst war sie ein wenig skeptisch gewesen mit einem Mitarbeiter von "Mertens Pharma" zu reden, einem der schärfsten Konkurrenten der Ardenberg Laboratorien. Doch sie hatte das überraschende Vergnügen gehabt, einem charmanten jungen Mann gegenüber zu sitzen, der ihr sehr genau erklärte, aus welchem Grund dieses Gespräch erbeten worden war. Silvya lehnte ihren Kopf an die Bordwand, starrte an die langweilige weiße Decke und versuchte sich zu erinnern. Alles hatte vor zwei Woche begonnen. Dieser adrette Kerl hatte an einem Samstag einfach so vor ihrer Tür gestanden und ihr einen Umschlag überreicht. "Ich hoffe Sie finden unser Angebot angemessen", hatte er mit einem kurzen Lächeln noch gesagt, und war wieder verschwunden gewesen. In diesem Umschlag hatte sich ein Angebot befunden, welches auszuschlagen Silvya unmöglich gewesen war. Mit großen Augen hatte sie auf das Papier gestarrt, ungläubig den Kopf geschüttelt. Einige Male war der Zettel zerknüllt im Papierkorb gelandet, nur damit sie ihn dann wieder herausfischen und anstarren konnte. Und sie hatte sich entschlossen zu dem Termin, welcher ihr in der Nachricht angeboten worden war, zu erscheinen. Die Adresse gehörte zu einem der teuersten Restaurants in der Stadt, und wieder war es der junge, adrett gekleidete Kerl, welcher an einem der Tische saß. Als er Silvya sah, stand er auf und nickte ihr knapp zu. "Schön, dass Sie gekommen sind", sagte er freundlich, als er ihren Sessel zurecht gerückt hatte und sich dann seinerseits wieder hinsetzte. "Nun, ich war von Ihrer Nachricht durchaus angetan", versuchte Silvya souverän zu bleiben. "Doch wie kommen Sie gerade auf mich?" "Das hat einige Gründe", setze der junge Mann zu einer Antwort an. "Sie sind eine junge aufstrebende Laborantin, sind in näherer Umgebung zu unserem Hauptsitz wohnhaft und Sie arbeiten... im Moment noch... für die Konkurrenz." Bei diesen Worten hob er sein Weinglas. "Nachdem Sie in Ihrer jetzigen Position ja offensichtlich nicht allzu viele... Perspektiven haben, dachten wir uns, es könnte Sie interessieren", fügte er arrogant hinzu, bevor er Silvya zuprostete und einen Schluck daraus nahm. "Sie hören sich an wie ein verdammter Verwaltungsbeamter", klatschte sie ihm trocken ins Gesicht. "Falls Sie ebenfalls den Fehler begehen wollen, mich zu unterschätzen, sollten Sie sich vielleicht mit den Ardenberg Labs zusammenschließen, die sind darin schon recht versiert." Silvya stand auf, ihr Herz raste vor Wut und Unsicherheit. Am liebsten hätte sie den Inhalt ihres Wasserglases großzügig auf dem teuren Jackett ihres Gegenübers verteilt. Doch die Neugier hielt sie zurück. "Ich möchte mich in aller Form entschuldigen, sollte dieser Eindruck entstanden sein", sagte der junge Mann ehrlich betroffen. "Bitte, setzen Sie sich doch und ich erkläre Ihnen warum Sie heute hier sind." Wieder wallte Zorn in Silvya auf und ließ sie zögern. Sie mochte es nicht wenn man ihr den Wind aus den Segeln nahm. Was sie aber am meisten beunruhigte, war die arrogante Versöhnlichkeit, die dieser gelackte Schniegel offensichtlich bis zum Erbrechen geübt hatte. "Na schön...", murmelte sie angespannt, setze sich wieder und stellte herausfordernd die Ellbogen auf den Tisch. "Dann erzählen Sie mal, warum bin ich heute hier?" Der leichte Sarkasmus in ihrer Stimme prallte an ihrem Gegenüber nutzlos ab. "Nun..." Der junge Mann setzte sich ein wenig aufrechter hin und lehnte sich auf den Tisch. "Wie Sie ja in unserem Schreiben gelesen haben, möchten wir Ihnen eine Stelle anbieten. Und zwar nicht mit allgemeinem Vertrag, sondern als Forschungsassistentin in den Sparten Biochemie und Molekularbiologie." Silvyas Augen weiteten sich. "Nun das... ist mein Gebiet, ja", meinte sie. Die Überraschung war ihr anzusehen. "Doch, die Sache ist an eine Bedingung geknüpft", fügte ihr Gegenüber noch hinzu. "Ja. Natürlich." Silvya war erleichtert. Da war nun endlich die Schublade, in die sie dieses Angebot stecken konnte. Ihr Selbstvertrauen und ihre Sturheit waren auf einen Schlag wieder hergestellt. Sie stand auf und warf sich die Handtasche über die Schulter. "Vielen Dank für Ihre Zeit, wie auch immer Sie heißen mögen", meinte sie lapidar. "Aber ich bin an solchen Dingen nicht interessiert." Als Silvya sich gerade abwenden wollte, zog der für sie noch immer völlig undurchsichtige Mann einen Umschlag aus seinem Jackett. Er wog ihn kurz prüfend in der Hand und schob ihn dann über den Tisch. "Das ist Ihre Abfindung. Nachdem Sie sicherlich mit den Geschäftspraktiken der Ardenberg Labs vertraut sind, wissen Sie auch, dass Sie dort nur mit jahrelangem Rechtsstreit etwas erreichen würden." Silvya zögerte. Natürlich wusste sie das. Verdammt, sie hatte sogar einige Male selbst miterlebt wie sehr ihr jetztiger Arbeitgeber offensichtlich am Ruin seiner ehemaligen Mitarbeiter interessiert war. Langsam stellte sie ihre Tasche wieder ab und setzte sich. Das Kuvert lag direkt vor ihr auf dem Tisch. Zögernd griff sie danach. "Wie viel ist da drin?", fragte sie ernst. Der Mann lachte. "Nun, da Sie schon davon ausgehen es sei Geld, muss ich nicht viel länger um den heißen Brei herum reden. Sehen Sie doch nach." Er grinste sie an. "Dieser Kerl hält mich tatsächlich für dämlich...", dachte Silvya. "Was zur Hölle soll es denn sonst sein, wenn nicht Geld... " Langsam löste sie die Lasche aus dem Umschlag und öffnete ihn. Wie erwartet lag darin ein Bündel, doch es waren keine Geldscheine. Behutsam zog sie das Papier heraus und entfaltete es. Eine Minute war es still an ihrem Tisch. Der junge Mann brach schließlich das Schweigen. "An Ihrem Gesichtsausdruck sehe ich, dass Ihnen Ihre mögliche Abfindung gefällt?" fragte er, doch es war mehr eine Feststellung. Und er hatte durchaus recht damit, wie Silvya eingestehen musste. "Das sind... Anteilsscheine?", fragte sie ungläubig. "So ist es." Er zündete sich umständlich eine Zigarette an und starrte über den Tisch. "Anteilsscheine der Mertens Pharma, richtig. Was Sie da in der Hand halten, repräsentiert ein Prozent der gesamten Firma." Vorsichtig tippte er mit der Zigarette an den Rand des bereitstehenden Aschenbechers. "Bei Mertens arbeiten im Moment Chemiker, Biologen und Laborassistenten. Jeder davon besitzt ein Prozent des Betriebes", fügte er hinzu. "So verhindern wir nachlassende Motivation, was den persönlichen Einsatz für die Firma betrifft.“ "Und was ist mit Ihnen?" wollte Silvya wissen. Ein ungutes Gefühl hielt sich standhaft in ihrer Magengrube. Doch ob dies nur die Angst vor zu viel Veränderung war, konnte sie im Moment nicht sagen. "Was bekommen Sie dafür, mir hier Honig ums Maul zu schmieren? Sie sind doch kein Chemiker oder dergleichen." "Nun, da haben Sie recht." Der junge Mann lächelte wieder, diesmal jedoch fand Silvya keine aufgesetzte Künstlichkeit darin. "Auch ist es nicht so, dass ich für meine Arbeit ein Prozent der Firmenwertpapiere erhalte, wie Sie. Falls Sie sich dazu entschließen uns eine Chance zu geben, versteht sich." Er lehnte sich zurück und betrachtete Silvya mit leicht schräg gelegtem Kopf. "Mein Name ist Stefan Mertens. Mir gehört dieser Betrieb. Und es würde mich persönlich sehr freuen, Sie in unserer Belegschaft begrüßen zu dürfen." "Nächster Halt: Lanzenkirchen." Die künstliche Stimme der Ansage riss Silvya aus ihren Gedanken. Sie hatte sich in diesem Gespräch letztes Wochenende beinahe zum Affen gemacht, obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, souverän und unnahbar zu bleiben. "Soviel zu meiner Coolness...", murmelte sie sarkastisch. Die Reihen der Passagiere hatten sich deutlich gelichtet und zu ihrer Überraschung fand Silvya einen Sitzplatz, direkt an einem der spärlichen Fenster. Auch wenn die Landschaft draußen so schnell vorbeizog, dass ein Blick darauf fast nicht lohnenswert war, war es doch eine Ablenkung für ihre rasenden Gedanken. Eine Beschäftigung, die ihre schwelenden Sorgen zu ersticken und ihr Gemüt zu beruhigen vermochte. Wieder fiepte das PDA in ihrer Hand. Wieder der Termin, den sie vor einigen Tagen eingetragen hatte. Sie zögerte. Noch einmal sah sie in die schemenhafte, vorbeihuschende Landschaft hinaus. Unmittelbar außerhalb des Zuges war sie nur ein wirres Farbengemisch, verworren und nicht zu deuten. Allein die weiter entfernten Berge waren einigermaßen klar erkennbar. Für Silvya waren sie stets wie ein Fels in der Brandung, unnahbar und entgegen allen Witterungen standfest. Zu einem plötzlichen Entschluss gekommen, klickte sie eine Kombination von Tasten auf dem Holodisplay des Assistenten. Ihr Blick wich dabei nur kurz von den massiven Gebirgszügen, den letzten Ausläufern der Kalkalpen vor dem flachen Burgenland. Im Geiste sah sie Bilder ihrer neuen Beschäftigung. Sah sich selbst Entscheidungen treffen, Verantwortung tragen. Das tun, wofür sie jahrelang ausgebildet worden war. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen als sie sich daran erinnerte, wie ihr designierter neuer Arbeitgeber, Herr Mertens, sie am Tag nach dem Abendessen in seinem Pharmabetrieb herumgeführt und vorgestellt hatte. Das acht oder neunstöckige Gebäude war schon von außen imposant gewesen, doch die Einrichtung hatte der jungen Laborantin fast den Atem geraubt. "Wir legen großen Wert auf Hygiene und die Unversehrtheit unserer Mitarbeiter.", hatte ihr Mertens lächelnd erklärt. "Die Sicherheitseinrichtungen haben fast ebensoviel Kapital wie die Laborausstattung selbst verschlungen." Silvya schüttelte erstaunt den Kopf. "Bei dieser Ausstattung will das auch was heißen", meinte sie, während ihr Blick durch ein von einer transparenten Kunststoffscheibe abgeschottetes Biochemielabor wanderte. Sind das Plasmadiffusionspumpen?" sie wies auf einen mit ventilartigen Gebilden befüllten Glasschrank. "So ist es", bestätigte Mertens überrascht. „Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht." Silvya lachte humorlos. "Wenn Sie wüssten wie oft ich Ardenberg gebeten habe endlich die alten Öldiffusoren durch neuere zu ersetzen. Aber keine Chance. Die Projekte, die ich betreuen durfte, bekamen nur drittklassige Ausrüstung zugewiesen." Missmutig wandte sie sich ab und starrte den Flur entlang. "Nun ja, darüber müssen Sie sich ja jetzt keine Gedanken mehr machen", meinte Mertens. "Falls Sie unser Angebot annehmen, versteht sich", fügte er hastig hinzu, als er Silvyas lauernden Blick bemerkte. "Sagen Sie, gestern behaupteten Sie doch, jeder Mitarbeiter bekäme Anteilsscheine im Wert von einem Prozent der gesamten Firma?", fragte Silvya misstrauisch. "So ist es auch", bestätigte er. "Aber in diesem Gebäude arbeiten doch sicherlich weit mehr als hundert Leute. Rein rechnerisch bekommen wir da ein kleines Problem, finden Sie nicht?" Silvya bemühte sich nicht allzu ironisch zu klingen. Mertens lachte laut und herzlich. "Da haben Sie recht", presste er glucksend hervor. "Doch das liegt daran, dass in diesem Gebäude fünf verschiedene Firmen untergebracht sind. Sehen Sie." Er wies mit einer Hand zur linken Seite des Flurs, an dem man durch eine Panoramascheibe in die Mitte des Gebäudes sehen konnte. Im Inneren öffnete sich eine weite Empfangshalle, die sich in der Höhe sicherlich bis zum siebten Stock hinauf zog. "Ich habe mir stets zum Ziel gemacht, von so wenigen Institutionen wie möglich abhängig zu sein. Ich empfand es als... nun... beruhigend zu wissen das meiste selbst tun zu können." Mertens zeigte auf die gegenüberliegende Seite des großen Saals. "Dort drüben befindet sich meine Anwaltskanzlei. Patent- und Steuerrecht." Er lächelte Silvya vielsagend an. " Darüber die Administration von Mertens Pharma und in den oberen Stockwerken Firmen für kleinere Nischenprodukte, hauptsächlich für die Unterhaltungsbranche. Und...", er hob belehrend seinen rechten Zeigefinger "...natürlich auch die Werbeagentur." Die beiden setzten sich langsam wieder in Bewegung. "Und um Ihre Frage zu beantworten, in keiner dieser Firmen arbeiten mehr als vierzig Leute. In den Labors sind es sogar nur zwanzig.“ Wieder lächelte er sie an. „Also ist die Ein-Prozent-Regelung kein Problem." "Sie scheinen an alles gedacht zu haben, Herr Mertens." Sie erwiderte sein Lächeln. "Wirklich sehr beeindruckend." "Freut mich, wenn es Ihnen zusagt.", erwiderte er mit ehrlichem Lächeln. "Falls ich Ihnen hiermit unsere Gesellschaft etwas schmackhafter machen konnte ist meine Arbeit vorerst getan. Sollten Sie also einen Wechsel in Betracht ziehen...", Mertens blieb an einer zweiflügeligen Tür stehen. Auf dem kleinen Schild stand "Geschäftsleitung" geschrieben. "...bleibt nur noch ein kleines Detail zu besprechen." Silvya starrte noch einmal auf den PDA in ihrer Hand. Der Termin war bestätigt, das dazugehörige Signal übermittelt. Sie war verwundert keine Aufregung mehr zu verspüren, keine Angst oder Zweifel. Die einzige Emotion in ihr war Erleichterung. Und eventuell ein klein wenig Vorfreude. Erst jetzt fiel ihr auf, dass die Wolkendecke aufgebrochen war und hier und da Lichtstrahlen auf die triste Landschaft fielen. Dies konnte durchaus zum Grund haben, dass hier nun keine Berge mehr waren, an denen sich die Wolken stauen konnten, doch Silvya sah es als Zeichen der Besserung in ihrem Leben. Eines von vielen Zeichen der letzten Tage. "Nächster Halt: Eisenstadt." flötete die künstliche Stimme wieder aus den Lautsprechern. Das war ihre Station. Sie stand auf, rückte ihre Tasche zurecht und begab sich zu den Drucktüren der Bahn. "Oh Verzeihung!" Unsanft wurde Silvya zur Seite gestoßen, fing sich jedoch gleich wieder. "Haben Sie sich was getan? Ich bitte um Entschuldigung, ich war zu sehr in mein Buch vertieft." Der Mann, der sie angerempelt hatte, legte ihr besorgt eine Hand auf die Schulter und schaute sie mit großen Augen an. "Nein, nein, es ist alles in Ordnung", lächelte Silvya. "Kann ja passieren." Sie rückte ihre kleine Tasche zurecht und wandte sich um, um durch die mittlerweile geöffneten Türen die Bahn zu verlassen. Ein kühler Wind blies hier durch den offenen Bahnhof und sie zog ihren Mantel enger um sich. "Verzeihen Sie...", sprach sie der Rempler von zuvor noch einmal an. "... ich weiß, das klingt jetzt etwas aufdringlich, aber... es ist kalt und ich würde mich gerne entschuldigen. Darf ich Sie auf eine Tasse Kaffee einladen?" Silvya schaute ihn einige Sekunden lang nur an. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er überraschend gut aussah. Sein Lächeln war sympathisch und er war in einen etwas alternativ aussehenden Halbmantel gekleidet. Die Kapuze eines Hoodies, den er darunter trug, hatte er der Kälte wegen über den Kopf gezogen. "Naja..." Sie überlegte kurz. Eigentlich hatte sie nichts vor und ein Quasi-Date war der perfekte Abschluss dieses auch jetzt schon sehr erfreulichen Tages. "Ach was soll´s, sehr gern", antwortete sie freundlich. "Wunderbar! Ah, Hannes ist mein Name", stellte sich der Halbmantel vor. "Silvya Meyer", tat sie es ihm gleich und reichte ihm die Hand, welche er lächelnd ergriff. "Freut mich sehr." "Es gibt ein sehr gutes Cafe am Bahnhofsplatz, ist Ihnen das recht?", fragte er. Silvya nickte. "Gerne." Als die beiden gemeinsam die Bahnhofshalle entlang schritten, blieben sie kurz an einem Monitor stehen, der offensichtlich einen Unfall zeigte. Einige brennende Gebäude war zu sehen und mehrere Feuerwehrwägen, welche sich noch vergebens bemühten, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. "...erschütterte eine Explosion die Laboratorien der Ardenberg Forschungseinrichtung. Der Besitzer, Herr Ardenberg und eine Forschungsassistentin werden noch vermisst." Die syntethische Stimme des Sprechers kommentierte das Inferno ausdruckslos. Hannes schüttelte den Kopf. "Furchtbar...", meinte er ernst. "Ja..." bestätigte Silvya, während sie sich lächelnd an seinem linken Arm einhängte und ihn sanft Richtung Ausgang zog. "...eine echte Tragödie." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)