Wie man sich irren kann von Gwee (Manchmal sollte man auf seine Intuition hören) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ich hasste diese ewige Routine. Seit John und ich zusammen wohnten, war nichts wie es einmal war. Der Alltag hatte uns eingeholt, wir hatten uns schon aufeinander eingespielt und jeder Tag glich dem vorigen. Jedenfalls wenn es um unsere Beziehung ging. John schien damit zufrieden zu sein, denn er beschwerte sich nie. Dabei wünschte ich es mir wirklich. Auch an diesem Abend saßen wir stumm am Esstisch und sprachen kaum ein Wort miteinander. Wie mich das ankotzte. Ich wollte ihm von meinem ganzen Tag erzählen und ihm sagen, dass ich gerne etwas verändern würde. Seit Wochen fühlte ich mich so leblos und leer. Ich wollte ihm nicht auf die Nerven gehen, denn ich wusste, dass er meine Belanglosigkeiten für keinen Heller wert hielt. Er war zufrieden mit der Situation. Und ich nicht. Meine grimmige Miene musste ihm wohl aufgefallen sein, denn John meldete sich zu Wort: „Stimmt irgendwas nicht, Schatz? Du siehst nicht sehr glücklich aus.“ Blitzmerker! Ich wollte ihn nicht anlügen, auch wenn es zwangsläufig zu einem Streit führen würde. „Ich habe über uns nachgedacht.“ Aufmerksam betrachtete ich wie seine Miene sich von besorgt zu wissend und dann zu nachdenklich umwandelte. Schließlich warf er mir einen bösen Blick zu. „Es ist doch alles in Ordnung…nicht wahr?“ Es war mehr eine Drohung als eine Frage, kam es mir vor und ich nickte stumm. Wieder einmal blockte er und ließ mich spüren, wer in unserer Beziehung die Zügel in der Hand hielt. „Aber mir fehlt die Leidenschaft“, meinte ich irgendwann und blickte ihn ohne mit der Wimper zu zucken an. Er schnaubte und zog die Augenbrauen hoch. Aber er schwieg und ich wusste, dass er selbst gemerkt hatte, dass ich Recht hatte. Ich zuckte die Schultern und widmete mich wieder meinem Essen. Er würde noch früh genug einsehen, was für eine Suppe er sich da einbrockte. Denn lange würde ich dieses Spiel nicht mehr mitmachen. Irgendwann hatte auch ich die Nase voll. Vielleicht hatte es anfangs so ausgesehen als würden wir perfekt zusammen passen, aber scheinbar war das alles nur Einbildung gewesen. Wir hatten uns von unserer besten Seite gezeigt und nun, da wir glaubten, dass dies nicht mehr nötig sei, offenbarten wir unser wahres Ich. Aber ich hatte mich trotzdem kaum verändert. Das wusste ich. John war derjenige, der nach der Arbeit seine Ruhe wollte und meine Nähe ablehnte. Es vergingen ein paar Wochen und nichts änderte sich. Mein Entschluss festigte sich von Tag zu Tag und doch fürchtete ich mich vor dem endgültigen Moment. Morgen würde mein Geburtstag sein und ich hatte mir fest vorgenommen spätestens da meine Meinung zu offenbaren. Allerdings wollte ich das erst mit meiner besten Freundin besprechen. Nicole erwartete mich bereits und umsorgte mich allerliebst, bevor wir endlich zum eigentlichen Grund meines Besuches zu sprechen kamen. Ich erzählte ihr wie ich meine und Johns Beziehung empfand und dass ich mit dem Gedanken spielte sie zu beenden. Ich wusste, dass ich mir von ihr die nötige Motivation für meine Entscheidung erhoffte, aber sie fiel aus. Im Gegenteil. Nicole schien total entsetzt und schwieg erst einmal, um wahrscheinlich nachzudenken. „Bist du dir sicher, dass du das tun willst?“, fragte sie dann und klang so als wollte sie nicht, dass ich es tat. „Wieso sollte ich es nicht tun?“ Skeptisch betrachtete ich sie. Wusste sie etwas? Irgendetwas war merkwürdig und ich hatte das Gefühl es würde nur Ärger bringen. „Warte doch noch ein bisschen ab. Vielleicht klärt sich alles von selbst.“ Aber selbst meinen Geburtstag schien er vergessen zu haben. Den ganzen Tag über wartete ich auf einen Anruf, eine SMS, eine E-Mail, ja sogar dass er früher nach Hause kam, aber nichts geschah. Am späten Abend besuchte mich Nicole und versuchte mich zu trösten. „Lass uns weggehen. Wir müssen den Tag doch nicht noch schlecht ausklingen lassen. Bitte!“ Ich nickte nur missmutig und ließ mich von ihr mitschleppen. Sie brachte mich zu einer Disco, doch mir war nicht nach Tanzen. Ich wollte allein sein und meiner Wut freie Luft machen. Aber sie wollte es nicht einsehen. Als wir ankamen, war es aber total finster und ich fragte mich schon, was für eine Schnapsidee Nicole jetzt schon wieder gehabt hatte, doch da ging das Licht an und das erste, was ich sah war ein Banner, auf dem stand „Happy Birthday!“, dann erblickte ich John und mir traten Tränen in die Augen. Er hatte also die letzte Zeit damit verbracht meinen Geburtstag vorzubereiten. Das war so rührend. Den ganzen Abend konnte ich nicht aufhören ihm zu danken. Die Tage vergingen und John schien sich gebessert zu haben. Zwar hatte er sich nicht deutlich verändert, aber ein bisschen und das genügte mir, um zu wissen, dass ich ihm nicht völlig egal war. Doch dann kam der Abend, den ich niemals vergessen würde. Ich war früher nach Hause gekommen und als ich gerade in meine Hausschuhe schlüpfen wollte, hatte ich ein Haarband am Boden liegen sehen. Dann erblickte ich fremde Schuhe und eine fremde Jacke – aber nicht ganz so fremd wie ich erst gedacht hatte. Nicole musste hier sein. Was wollte sie denn? Überrascht trat ich ins Wohnzimmer, fand aber weder John noch Nicole vor. Und dann hörte ich sie. Das Stöhnen war kam zu ignorieren. Mir wurde schlecht und ich scheute mich davor die Tür zum Schlafzimmer zu öffnen. Langsam ließ ich mich aufs Sofa gleiten und starrte wie gebannt auf den kleinen Tisch. Irgendwann hörte ich wie Nicole kicherte und die Tür aufging, aber ich sah nicht auf. Auch John lachte und ich merkte, dass sie im Wohnzimmer standen, allerdings noch viel zu abgelenkt voneinander, um mich zu bemerken. „Die Party war eine gute Idee, nicht wahr, Darling? Das an einem einzigen Tag hinzubekommen war nicht leicht, aber wenigstens ist sie jetzt nicht mehr misstrauisch.“ Beide lachten und Tränen liefen über meine Wangen. Ich verhielt mich aber immer noch still. Was hatten sie noch zu erzählen? Hatten sie weitere Wege gefunden, um sich über mich lustig zu machen? Doch dann verfielen sie in Schweigen und ich glaubte zu wissen, weshalb. Ich blickte auf und versuchte mich an einem Lächeln. „Na, hattet ihr Spaß ohne mich?“ Keiner von ihnen sagte ein Wort. Aber ich wusste, dass sie es nicht bereuten. Warum John mich nicht schon lange verlassen hatte, wunderte mich. Ich hatte es satt. Es war so klar gewesen. Dann stand ich auf und schlüpfte an ihnen vorbei ins Wohnzimmer. Dass sie noch nackt waren, interessierte mich überhaupt nicht. Ich packte meine Klamotten zusammen und fuhr damit fort die ganze Wohnung nach meinen Sachen abzusuchen bis ich einen Haufen Zeug im Wohnzimmer gestapelt hatte. Nicole und John hatten sich nicht gerührt und standen immer noch wie geschockt da. Ich rief Lars an, einen alten Freund von mir, der in meinem Heimatort wohnte, den ich wegen John verlassen hatte. Er würde mich abholen – mitsamt meinem Zeug. Damit hatte ich mit ihnen abgeschlossen. „Werdet glücklich miteinander“, wünschte ich ihnen tonlos, als ich die Wohnung für immer verließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)